Ich bin der Ansicht, dass die deutsche Sprache mehr Wörter braucht.
Vor meinem inneren Auge sehe ich bereits alle armen Deutschlernenden, die sich ohnehin schon genug plagen (hier möchte ich Mark Twain empfehlen, der der Welt Verbesserungsvorschläge in der Cause hinterlassen hat).
Doch ich rede nicht von irgendwelchen Modewörtern, nein, ich bin dafür die Sprache etwas farbenfroher zu gestalten, kurzum, ich plädiere für mehr Metaphern. (Ja, da winden sie sich, die armen Lernenden; um diese tut es mir aufrichtig Leid)
Natürlich kann man so eine Forderung nicht aufstellen, ohne eine Begründung und einen Vorschlag zu liefern.
Hier also die Begründung.
Eine Freundin musste für einen Kurs ein Essay schreiben (machen wir uns nichts vor, das passiert Studenten dauernd, das war noch nicht die Erleuchtung, der ich dieses Schriftstück zu verdanken habe). Ihr Thema: „Sterben auf Englisch“.
Ich weiß ja nicht wie es um ihr Englisch so bestellt ist. Ich habe mir immer eingebildet, dass meins sehr gut sei. Nun ja, was das Leben betrifft vielleicht. Aber das Sterben, das ist eine eigene Welt, da hatte ich wörtlich und bildlich gesprochen zu wenig Erfahrung. Da stapeln sich die Idiome, Synonyme und Metaphern, dass es eine Freude ist. "Kick the bucket", zum Beispiel, oder "buy a farm".
Ja, so stirbt man im englischen Sprachraum. Da fängt unsereins doch zu denken an: das muss es doch im Deutschen auch geben? Und tatsächlich, da besehen wir uns die Radieschen von unten, während wir ins Gras beißen, weil wir den Löffel abgegeben haben. Aber warum, so frage ich mich, gibt es für die einmalige Tätigkeit des Sterbens so viele bunte Ausdrücke und für das Leben nicht?
Meine großartige Erziehung, die sich als kleine Stimme in meinem rechten Hinterkopf bemerkbar macht, meint, dass das Euphemismen sind, also beschönende Begriffe, die den an sich eher unansehnlichen Zustand des tot seins zudecken und schön aussehen lassen wollen, ganz in viktorianischer Tradition. Vorher drehte sich alles um das Bild des vom Wurme zernagten Körpers, dann war der Tod schön und friedlich. Das haben wir uns in der Sprache erhalten. Wir decken das nicht so erfreuliche einfach zu.
Nun gut, (und hier nähern wir uns bereits dem zweiten Teil, dem Vorschlag), wieso gibt es dann nicht mehr Metaphern für ... die Toilette benützen?
Auf Anhieb fallen mir hier natürlich einige ordinäre Ausdrücke ein, ein paar Slangbegriffe, ein bisschen Kleinkindsprache. Doch da will ich jetzt nicht hin, ich nehme die nächste Ausfahrt, die da als Metapher beschildert ist.
Bevor ich da allerdings abbiege, muss ich kurz auf den Pannenstreifen und ihnen die Vorgeschichte erzählen. Steigen wir also kurz aus, damit ich ihnen einen Freund von mir vorstellen kann. Besagter Freund hat es sich scheinbar zur Lebensaufgabe gemacht, meinen Wortschatz zu erweitern, in eine ... sagen wir, nicht alltägliche Richtung. Das meiste, das er mir auf diese Weise angedeihen lässt, verursacht mir dezentes Übelkeitsgefühl.
(besser gesagt die dazugehörigen Erklärungen tun das; sie haben es sicher erraten, die Begriffe stammen hauptsächlich aus dem Sexualbereich und sind mir als kleines naives Landkind weitgehend unbekannt).
Aber hin und wieder sind auch ein paar lustige Begriffe dabei. Das Wort der letzten Woche war "Wassersport". Gerüstet mit meinem Wissen über die Bereiche, aus denen diese Begriffe meistens stammen, wenn sie von besagtem Freund kommen, dachte ich an Duschen oder Badewannen, Seen oder Flüsse. Aber sicher nicht an das, was er damit bezeichnen wollte. Dasselbe nämlich wie mit dem Begriff "Natursekt".
Nun ja, so faszinierend das jetzt auch sein mag, das ist aber nicht das Thema dieses Schriftstückes. Deshalb lasse ich sie jetzt im Ungewissen baumeln, was denn nun Wassersport sein könnte. Ich bin sicher, sie finden es heraus, wenn es sie interessiert.
Ich bin hier, um neue Metaphern zu finden. Metaphern sind Euphemismen, die Tätigkeit auf der Toilette könnte eine Beschönigung vertragen, also bitte, hier meine Vorschläge:
den Porzellanthron besteige
Wassersport betreiben
eine Natursektparty geben
den Thron mit Sekt erfreuen
Hier endet mein Schriftstück, denn wie es der Zufall so will, werde ich mich jetzt in königliche Roben kleiden, um den Thron zu besteigen. Entschuldigen sie mich bitte.
Tag der Veröffentlichung: 07.06.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
danke an euch beide; ihr wisst wer ihr seid