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Kapitel 1

5:45. Ashton schaute auf ihren Wecker und grummelte leise vor sich hin. An das früh aufstehen würde sie sich wohl nie gewöhnen. Sie hatte sich schon darauf gefreut gehabt nach der Schule nicht mehr ganz so früh aufstehen zu müssen, da sie nicht immer um acht in der Uni sein müsste, doch daraus wurde nix. Trotzdem fiel es ihr keinesfalls schwer aus dem Bett aufzuspringen und motiviert an den Alltag ranzugehen. Dieser Widerspruch überraschte sie selbst immer wieder. Sie schwang die Beine aus dem Bett und tapste in die Küche wo sie erst einmal das Radio anmachte. Nun schallte fröhliche Musik durch Küche und Badezimmer und das macht auch ihr gute Laune. Dann ging sie ins Bad in dem man sich gerade einmal um die eigene Achse drehen konnte und das auch nur eine Dusche, eine Toilette und ein Waschbecken besaß. Zumindest gab es sogar ein kleines Fenster. Aber für zwei Leute reichte das winzige Bad locker aus und Ashton machte sich daran ihre Zähne zu putzen und schnell zu duschen. 20 Minuten später stand sie bereits wieder in der Küche. Die Kaffee Maschine lief schon und sie durchquerte den Raum, um in das Zimmer ihres Bruders zu gelangen. Vorsichtig betrat sie das Zimmer und öffnete den Rollladen und das Fenster, um Licht und Luft in den Raum zu lassen. „Guten Morgen Jesper“, trällerte sie mit aufgesetzt fröhlicher Stimme und stupste ihren kleinen Bruder mehrmals an. Dieser drehte sich zu ihr und blickte sie schläfrig an. Ashton grinste noch einmal bevor sie sich wieder in Richtung Küche machte. Sie wusste dass es ihrem Bruder noch schwer fiel sich an ihr neues Leben zu gewöhnen, doch das würde mit der Zeit schon kommen. Auch sie hatte es nicht leicht. Schließlich war sie gerade erst zwanzig Jahre jung und einen heranwachsenden aufzuziehen ist keine leichte Aufgabe. Jetzt musste sie sich aber erstmal darum kümmern, dass der dreizehn jährige was zu essen bekam, sich die Zähne putzte und rechtzeitig zur Schule kam. Ein Scheppern riss sie aus ihren Gedanken und es folgte ein „Tschuldigung“ aus dem Badezimmer. Ihm war nur eine Schale runtergefallen, doch der ist zum Glück nichts passiert. Ashton widmete sich wieder dem Frühstück zu und begann Brötchen aufzuschneiden und Orangensaft in ein Glas zu schütten. Die Zeitung lesend und Kaffee trinkend saß sie nun am Küchentisch und wartete auf ihren Bruder. Dieser betrat gerade den Raum. „Ah da bist du ja schon. Setzt dich Jesse, Frühstück ist schon fertig und ich habe dir auch schon dein Pausenbrot gemacht.“ „Danke“ kam die knappe Antwort ihres Gegenübers. Jesper ließ sich nur von seiner Schwester Jesse nennen. Schon als sie Kinder waren nannte sie ihn so, doch niemand anderes durfte das. Jesper fand den Namen Jesse viel zu weiblich. Schweigend saßen sie nun am Küchentisch und frühstückten. Jesper unterbrach zögernd die Stille „Ashton..?“  „Ja?“  „Muss ich da heute wirklich hin? Ich will nicht auf eine Neue Schule gehen.“ Unwillkürlich entfuhr ihr ein Seufzer, was ihr direkt einen bösen Blick meines Bruders bescherte. „Jesse“, versuchte ich mit einem einfühlsamen Ton, denn dieser pubertierende Junge konnte ziemlich stur sein „Darüber haben wir doch schon geredet. Du musst wieder zur Schule gehen. Und auf deine Alte Schule kannst du nicht gehen. Es wäre zu viel Fahrerei und wenn irgendetwas ist weißt du, dass ich nicht so schnell bei dir sein könnte“ Zwar hatte sie extra nicht gesagt ‚falls dir etwas passiert‘ aber trotzdem zuckte der Kleinere kurz zusammen. Doch er fasste sich schnell wieder und antwortete „Ja das weiß ich, aber ich will trotzdem nicht.“ „Jesse ich mag da jetzt wirklich nicht drüber diskutieren. Wir werden gleich gehen. Du wirst in diese Schule gehen!“, kaum waren die Worte draußen fand Ashton sie selbst ein wenig zu hart, doch anscheinend hatten sie ihre Wirkung, denn Jesper nickte nur kurz und widmete sich dann wieder stumm seinem Brötchen. Es war sein erster Schultag seit sie in der Wohnung in Frankfurt eingezogen waren, obwohl die Ferien bereits um waren. Ashton kam an diesem Tag extra mit, denn auch wenn er bereits 13 war, wollte er sie lieber dabei haben.

Kapitel 2

„Guten Morgen Frau Schlei. Wie geht es Ihnen?“, begrüßt sie die Rektorin des Goethe Gymnasiums. Ohne eine Antwort abzuwarten schüttelt sie Ashton’s Hand und wendet sich ihrem Bruder zu. „Ah das ist also Jesper. Nett dich kennenzulernen.“ Etwas eingeschüchtert von dem selbstbewussten Auftreten  und dem strengen Aussehen der Lehrerin nickt Jesper ihr nur kurz zu. Frau Meyer, die Rektorin, war groß gewachsen, recht stämmig und hatte ihre schwarzen Haare in einen strengen Dutt gebunden. Sie trug einen Hosenanzug und eine schwarze Brille. Sie sah nicht aus als wäre mit ihr gut Kirschen essen. Ashton versucht jetzt die Aufmerksamkeit der Rektorin durch ein leises aber bestimmtes Räuspern wieder auf sich zu lenken, was ihr auch gelingt. Den Blickkontakt zu Frau Meyer haltend begann sie „Wie Sie sicherlich wissen, war es etwas schwer für uns in den letzen Monaten. Jesper hat im Kinderheim gewohnt und konnte noch nicht wieder die Schule besuchen. Er hatte Privaten Unterricht, doch jetzt wo er wieder bei mir wohnt, kann er auch zur Schule gehen.“ Lächelnd beendete sie ihren Satz und legte schützend einen Arm um ihren Bruder. Zwar schien das unnötig, da er sowieso fast größer war als sie, aber es ging um die Geste und Jesper schien es zu helfen, denn sofort entspannte er sich etwas. „Also gut Jesper. Hier ist dein Stundenplan und eine Art Karte der Schule. Du kannst dich ja später von deinen Klassenkameraden herum führen lassen. Deine Klasse hat gerade Deutsch im Klassenraum bei Frau Peter, die auch deine Klassenlehrerin sein wird, da der Unterricht schon begonnen hat solltest du dich ein wenig beeilen.“ Zwar lächelte aber sie fügte sehr bestimmt, fast schon gehässig hinzu „Du willst doch nicht gleich am Anfang einen schlechten Eindruck hinterlassen, oder?!“ Jesper der durch den Arm seiner Schwester Mut gewonnen zu haben schien, blickte in ihre Augen und antwortete fest „Nein Frau Rektorin.“ Dieser Moment erfüllte Ashton mit einem unglaublichen Stolz, auch wenn sie selbst nicht genau wusste weshalb. „Ich werde ihn zu seinem Klassenzimmer begleiten.“, sagte sie deshalb zu Frau Meyer, die daraufhin nur nickte und sich an ihren Schreibtisch setzte. Ohne ein weiteres Wort verließen die Geschwister das Büro und machten sich auf den Weg. Vor der Tür blieben sie noch einmal stehen. Ashton nahm ihren Bruder liebevoll in den Arm und drückte ihn an sich. Er vergrub seinen Kopf in ihrer Halsbeuge und atmete tief den vertrauten und beruhigenden Duft ein. „Jesse, ich weiß, dass du das schaffst! Ich bin so stolz auf dich.“ „Danke. Ich hab dich lieb“ „Ich dich auch Kleiner.“ Sie lösten sich aus ihrer Umarmung und Ashton klopfte an der Tür, um den Raum gefolgt von ihrem Bruder nach dem ‚Herein‘ zu betreten. „Frau Peter?“, fragte Ashton die junge Frau am Pult. „Ja, was kann ich für Sie tun?“ kam die Antwort. „Dies ist mein Bruder Jesper“  „Ah Jesper, ich habe dich bereits erwartet. Komm her“ Frau Peter wirkte sehr nett, sie war jung und wirklich sehr hübsch. Zwar hatte sie das eine oder andere Kilo zu viel auf den Hüften aber ihre Augen strahlten eine Freundlichkeit aus, die einen direkt aufnahmen und wohlfühlen ließen. Ashton war froh, dass ihr Bruder eine solch nett wirkende Lehrerin bekommen hatte. Frau Peter wusste bereits was vor nun fast vier Monaten passiert war und würde sich sicherlich gut um Jesper kümmern. Unschlüssig blieb Ashton in der Tür  stehen. Sie wartete noch einen Moment und verließ dann auf ein Kopfnicken der Lehrerin hin den Raum. Bevor sie die Tür schloss lächelte sie noch einmal Jesper an, der erleichtert zurück blickte. Zumindest musste sie sich keine allzu großen Sorgen mehr, um ihren Bruder machen.

Kapitel 3

Für sie selbst ging es jetzt erst einmal zur Uni. Sie studierte Betriebswirtschaftslehre im zweiten Semester und hatte sich in der letzten Zeit viel mit dem Lernen beschäftigt. Sie konnte einfach nicht mehr still sitzen. In der letzten Zeit hatte sie gelernt, Anträge ausgefüllt, mit dem Jugendamt oder dem Anwalt diskutiert, den Haushalt geschmissen und hin und wieder mal ihre Großeltern besucht. Freizeit hatte sie so gut wie keine mehr und viele ihrer Freunde verstanden das nicht. In der Uni war sie sowieso fast immer alleine. Und die meisten ihrer alten Freunde hatten sich verstreut oder wollten mit ihr nichts mehr zu tun haben. Ashton war das zwar unerklärlich, aber letztendlich egal, sie hatte genug zu tun und war beschäftigt. Sie brauchte niemanden. Sie war stark genug das durchzuhalten, dass wusste sie. Schon wieder hing sie mehr ihren Gedanken nach als dem Dozenten zu folgen. Sie kritzelte in ihrem Block herum ohne wirklich sinnvolles aufzuschreiben. Nach der Lesung rennt Ashton förmlich aus dem Saal, da sie bereits wieder los muss um rechtzeitig an der Schule ihres Bruders zu sein, um ihn abzuholen. Gerade noch so schafft sie es mit dem Klingeln am Tor des Gymnasiums zu stehen. Jesper kommt redend mit einer Gruppe Jungen aus dem Hauptgebäude und lacht mit ihnen. Ashton fällt ein Stein vom Herzen ihn so zu sehen, anscheinend sind seine Klassenkameraden ganz nett und vielleicht findet er ja schnell Anschluss. Lachend läuft er auf mich zu umarmt mich. Einer der Jungs sagt noch „Ah das ist also deine Schwester, sie war ja vorhin auch schon da, ne?!“  „Ja, ist sie“, antwortete Jesper und hing noch hinten dran „also dann, wir gehen dann jetzt.“ Er wendete sich der Gruppe ab, nahm mich an der Hand und zog mich regelrecht zur S-Bahn. „Haha Jesse, was ist denn los? Ich kann schon selber laufen“ „Jaja weiß ich doch“ grinsend ließ er sie los und verlangsamte sein Tempo. „Also soll ich davon ausgehen, dass es gut war?“ „Ja!“ „Siehst du? Wo war denn das Problem? Ich habe dir doch gesagt, dass alles gut wird.“ „Danke!“ Damit war die Konversation vorläufig beendet und in der Bahn hingen beide ihren Gedanken nach, doch Ashton hatte nicht vor ihren kleinen Bruder so einfach davonkommen zu lassen. Sie wollte schon noch ein paar mehr Details wissen, doch darauf würde sie beim Mittagessen zurück kommen. Daheim angekommen gab es Brot und Jesper erzählte etwas von der Schule. Alles in allem konnte man heraus hören, dass er sich sichtlich wohlfühlte an der neuen Schule und seine Klasse wohl sehr cool war. Allerdings hatte er seiner Klasse nicht erzählt weshalb seine Schwester und nicht seine Eltern mitgekommen waren. Auf diese Frage hatte er nur mit den Achseln gezuckt und das Thema gewechselt. Er wollte einfach nicht den anderen sagen müssen, dass er Waise war. Er hatte schlicht Angst vor der Reaktion der anderen. Die Lehrerin wusste es, aber er war ihr dankbar, dass sie es ihm überließ es den anderen zu sagen, oder eben auch nicht. Ashton konnte ihn gut verstehen, schließlich wusste an der Uni auch niemand davon. Nach dem Abwasch schickte sie ihren Bruder zum Hausaufgaben machen und machte sich so schnell wie möglich wieder auf den Weg in die Uni. Am Nachmittag konnte sie sich sehr viel besser auf das Gerede des Professors konzentrieren, jetzt da sie wusste, dass es ihrem Bruder gut ging. Sie war sehr überrascht, dass ihr Bruder sich so gut einfinden würde und das am ersten Tag. Nicht dass sie sich nicht freute, im Gegenteil, sie hätte es nur einfach nicht erwartet. Er hatte in der letzten Zeit sich als schwieriger herausgestellt als erwartet. Für Ashton war es kein Problem, aber sie war die einzige die an ihn heran kam. Er hatte sich an allem festgeklammert, dass ihn an sein altes Leben band. Seine Freunde, das Haus, die Schule. Es tat ihr in der Seele weh, dass sie ihn aus seinem gewohnten Umfeld hatte nehmen müssen, aber es war besser für sie und außerdem sagte die Psychologin vom Jugendamt es tät ihm gut neu anzufangen. Sie zweifelte daran, das war nun alles anders. Und er hatte es nicht gut verarbeitet, dass ihm alles genommen wurde. Man nahm ihm alles, außer seiner Schwester. Sie war wichtig für ihn, wichtiger als alles andere. Und deswegen durfte sie nicht schwach sein. Er hatte sich schwer getan im Kinderheim, weshalb Ashton die Therapie frühzeitig abgebrochen hatte. Sie kam gut zurecht. Das Leben mit ihrem Bruder zusammen fiel ihr leichter als das in der Klinik. Zwar hatte sie keinen geregelten Tagesablauf so wie man ihr es empfohlen hatte, doch die Wohnung war immer sauber und es stand immer Essen auf dem Tisch. Sogar ihre Uni Leistungen waren okay. Klar sie war nicht super, aber schließlich hatte sie auch viel zu tun.

Kapitel 4

Zuhause angekommen war Ashton sehr erschöpft. Der Tag war lang gewesen und einer ihrer Dozenten hatte gestresst wegen der Hausarbeit die für Ende der Woche war. Auch die Bibliothek war voll gewesen, obwohl es bereits acht Uhr abends gewesen war. Jesper hatte sich wie abgesprochen etwas warm gemacht und Ashton räumte seinen Teller in die Spüle. Er lag auf dem Bett und schlief. Nur halb zugedeckt lag er da und den Rollladen hatte er auch noch nicht runtergemacht gehabt. Vorsichtig deckte Ashton ihn zu und hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. Er sah so verletzlich aus. Sein Gesicht war schmerzverzerrt und sie fragte sich, was er wohl träumte. Ob sie ihn wecken sollte? Sie ließ es bleiben und ließ den Rollladen herunter. Sie ging hinüber ins Wohnzimmer das gleichzeitig ihr Schlafzimmer war. Aus Platzmangel mussten sie den Raum doppelt nutzen. Sie hatte ihrem Bruder das Schlafzimmer überlassen, da sie wahrscheinlich eh später zu Bett gehen würde als er. Auf dem Bett sitzend ging sie die Post durch. „Eine Einladung zum Gerichtstermin am 25. November.“ Das war in bereits fünf Tagen! Morgen musste sie unbedingt mit ihrem Anwalt sprechen. Da Anwälte so viel Geld kosteten, übernahmen das ihre Großeltern. Zurzeit hatten sie noch als Vormund agiert, doch sie konnten einfach nicht die Pflege von Jesper übernehmen. Ashton kämpfte nun also um das Sorgerecht ihres Bruders. Es war keine leichte Sache, das Jugendamt hielt sie nicht für fähig das Sorgerecht zu übernehmen. Sie fand das total schwachsinnig, aber aufgrund der abgebrochenen Therapie sind die der Ansicht sie wäre emotional instabil und nicht der richtige Umgang für einen dreizehnjährigen. Glücklicherweise konnten sie und ihr Anwalt bereits das Wohnrecht bekommen und wurden zurzeit noch vom Jugendamt betreut. Nein Betreuung konnte man das eigentlich nicht nenne, es war mehr Überwachung. Aber das würde sie schon noch ändern. Zurzeit war es ihr egal, doch in Zukunft konnte das so nicht weitergehen. Mit dem Gerichtstermin noch in der Hand und in Gedanken beim Jugendamt glitt sie hinüber in einen unruhigen Schlaf der viel zu früh vom Wecker wieder zu Nichte gemacht wurde. Der Wecker klingelt pünktlich um viertel vor sechs und ein neuer Tag brach an. Wie den Tag zuvor lief das Frühstück ab. Diesen Morgen jedoch schickte sie ihren Bruder alleine zur Schule, denn dieser war schließlich kein kleines Kind mehr. Um kurz nach acht fand sie sich singend im Wohnzimmer wieder und saugte gerade. Dienstags musste sie erst am Mittag in der Universität sein, weshalb sie sich diesen Tag zum Putzen nahm. Eine gewisse Regelmäßigkeit pendelte sich in den folgenden Tagen ein. Am Donnerstagabend saßen die Geschwister am Esstisch und Ashton überlegte wie sie ihrem kleinen Bruder am besten vom morgigen Gerichtstermin erzählen sollte. Sie beschloss einfach nicht lange um den heißen Brei herum zu reden. „Jesse, morgen nach der Schule werde ich nicht zuhause sein. Vor der Uni fahre ich noch mal ins Gericht. Es ist nochmal ein Termin angesetzt worden, wegen dem Sorgerecht.“  „Oh“ kam es als knappe Antwort. „Ich werde dir etwas in den Kühlschrank stellen, das kannst du dir dann warm machen, wenn du willst.“  „Du Ash, eigentlich..“  „Ja..? Du nennst mich nie Ash. Was ist los?“  „Naja, eigentlich würde ich gerne mitkommen.“  Jetzt antwortete sie nur mit einem kurzem überraschten ‚Oh‘. Nachdem sie sich gefasst hatte sagte sie „Ehm na klar kannst du mitkommen. Ich hole dich um 11 an der Schule ab.“  „Danke Ashton“  „Kein Problem. Die Großeltern werden mit dem Auto kommen, aber ich werde die Bahn nehmen, wenn du willst kannst du mit ihnen fahren.“  „Nein, nein ich fahre mit dir“ Er setzte ein unsicheres Lächeln auf und schob sich schnell noch eine Nudel in den Mund. Am nächsten Tag, musste Jesper mit seiner Lehrerin über das frühere Gehen reden. Er konnte schließlich nicht einfach verschwinden. Da Ashton aber noch nicht sein Erziehungsberichtigter war, konnte sie ihm auch nicht einfach eine Entschuldigung schreiben. „Frau Peter…?“  „Ja Jesper“ sagte sie und blickte von dem Stapel Papier auf. „Könnte ich kurz mit ihnen reden? Ohne jemanden hier?“  „Natürlich. He Tim, würdest du eben nachsehen ob Malika noch Hilfe beim Tragen des Arbeitsauftrags braucht? Den Rest fegen kannst du auch noch später.“ Auch als Tim durch die Tür verschwand viel es Jesper schwer sich zu entspannen und zu beruhigen. Sein Atem ging etwas schneller als gewöhnlich. Frau Peter wartete geduldig bis er bereit war ihr zu sagen was los war. „Es geht darum, dass meine Schwester heute einen Gerichtstermin hat wegen des Sorgerechts um mich. Sie hat es Ihnen in diesen Brief geschrieben. Sie kann mir aber keine Entschuldigung schreiben, da sie nicht mein Vormund ist, also noch nicht.. Jedenfalls würde ich sehr gerne mit ihr dorthin gehen. Schließlich geht es ja um mich..“ Seine Worte ebbten ab und Frau Peter sah ihn ernst aber freundlich an. „Naja eigentlich geht das nicht, aber wenn dein vorläufiger Vormund mir eine Bestätigung nachreicht ist das okay. Darf ich fragen was genau ist?“  „Naja wie sie wissen bin ich ja eine noch minderjährige Waise und meine Großeltern sind als Vormund langfristig ungeeignet, meine Schwester will also nun das Sorgerecht haben, doch das Jugendamt hält sie für psychisch instabil.“ Jesper fand sich tapfer das alles in einem Satz heraus gebracht zu haben, wollte nun aber nicht weiter darüber sprechen. Frau Peter schien das zu spüren und sagte nur „Nun gut, das verstehe ich. Wann musst du denn gehen?“  Dankbar lächelnd sagte er „Um 11 holt mich Ashton ab“ In diesem Moment kommt Tim wieder herein mit einem Stapel Papier in der Hand im Schlepptau hat er Malika. Beide setzen sich auf ihre Plätze und fangen an miteinander zu tuscheln. Hin und wieder schauen sie zu Jesper hinüber doch ihm ist es egal. Nach dem Klingeln füllt sich der Raum wieder mit schwatzenden Schülern. Nun spürt er aber auch die Blicke anderer auf seinem Rücken. Gerade als er sich fragt was sie wohl haben, bemerkt er, dass es fünf Minuten vor 11 ist und Frau Peter bedeutet ihm gerade, dass er gehen kann. Jesper stand auf und durchquerte den Raum, Frau Peter lächelte ihn an. Doch er spürte, dass jedes Augenpaar ihn verfolgten. Was nur los mit ihnen war?

Kapitel 5

Für Ashton war der Vormittag zwar eigentlich frei, da es sich für sie nicht lohnte noch vorher in die Uni zu fahren, gestresst war sie trotzdem. Nicht nur das sie heute wieder einmal vor Gericht stand, um für das Sorgerecht zu kämpfen, nein heute war auch noch eine wichtige Lesung die sie eigentlich nicht verpassen durfte. Zudem sollte sie heute ihre Hausarbeit abgeben. Na das konnte ja heiter werden.. Ihr war es ohnehin schon peinlich genug, ein Mädchen aus ihrem Kurs bitten zu müssen ihre Hausarbeit mit abzugeben, aber sie auch noch zu fragen alles für sie mitzuschreiben. Das war eindeutig zu viel. Doch  Ashton hatte keine Wahl, sie brauchte die Informationen und den Termin konnte sie auch nicht einfach verschieben. Nach einem kurzen peinlichen Telefonat machte sie sich auf den Weg zu Jessica, um dieser die Hausarbeit zu bringen. Ashton war überrascht wie offen und freundlich Jessica reagiert hatte. Sie hatte sich bereit erklärt alles mitzuschreiben und sogar vorgeschlagen am Samstag bei ihr in der WG die Notizen durchzugehen. Ashton war dankbar für ihre Hilfe und auch wenn sie lieber nicht mit zu Jessica gegangen wäre, war ihr klar dass sie ihr Angebot annehmen muss, da sie am Ende Schwierigkeiten haben würde es zu verstehen. Von Jessica aus war es nicht weit zur Schule ihres Bruders und kurz vor elf stand sie am Tor und wartete. Jesper kam aus dem Gebäude gehastet und zusammen fuhren sie zum Gericht. Der Termin war für zwölf angesetzt und die Verhandlungen dauerten etwa eineinhalb Stunden. Jesper saß angespannt im Publikum und verfolgte das Geschehen. Nach Ende der Verhandlung nahm er gut gelaunt seine Schwester in den Arm. „Wir haben es so gut wie geschafft!“ rief Ashton froh aus. „Nein Ashton wir haben es geschafft. Ich weiß, dass du ein gutes Zertifikat bekommen wirst und der Psychologe wird schon sehen, dass es dir klasse geht!“  „haha Ja vielleicht hast du ja recht“ Lachend lagen sich die Geschwister in den Armen. Sie hatten es tatsächlich so gut wie geschafft. Letztendlich hatte das Jugendamt eingesehen, dass wenn Ashton regelmäßig einen Psychologen aufsuchen würde und dieser ein positives Gutachten ausstellen würde, sie auch fähig wäre das Sorgerecht zu übernehmen. Endlich mal gute Neuigkeiten! Die Verhandlungen hatten jedoch nicht so lange gedauert wie erwartet und Ashton ging nochmal zur Uni. Am Abend vielen beide erschöpft ins Bett und schliefen lange und tief in dieser Nacht. Den folgenden Tag hatte Ashton eigentlich vor gehabt mit ihrem Bruder zu verbringen. Vormittags gab sie ihm also Nachhilfe und sie machten gemeinsam Hausaufgaben. Nach dem Mittagessen befand bereits in der U-Bahn zu Jessica. Ihr Bruder würde den Nachmittag zuhause verbringen und auch wenn dieser zwar sagte lesen zu wollen, war sie überzeugt er würde fernsehen. Aber ihr sollte es recht sein, sie musste sich jetzt dringend auf den Stoff konzentrieren, den Jessica ihr beibringen wollte. An der Tür klingelte sie bei der Wohnung mit dem Schriftzug ‚Wohngemeinschaft Sonnenschein. Taylor, Jessica, Marco, Lukas‘. Geöffnet würde ihr die Tür von einem hübschen Mädchen mit langen blonden Haaren. „Ah hallo. Du musst Ashton sein. Ich bin Taylor. Nett dich kennenzulernen“ stellte die Fremde sich vor. „Hi Taylor. Ja die bin ich. Ist Jessica da?“  „Natürlich sie ist in ihrem Zimmer, geradeaus und dann das letzte Zimmer ganz hinten rechts.“  „Danke“ mit einem Lächeln ging ich an ihr vorbei und folgte ihrer Anweisung. An der Tür war ein Schild angebracht mit Jessicas Namen in Graffiti geschrieben. Sie stand einen Spaltbreit offen und vorsichtig trat Ashton näher mit einem kurzem Klopfen trat sie in den Raum. Er war klein und vollgestellt mit Jessicas Sachen. Neben der Tür stand ein kleiner Schreibtisch der überhäuft war mit Blättern, Blöcken, Büchern und Ordnern. Gegenüber stand ein großes Bett, das ein wenig an ein Himmelbett erinnerte. Und an der dunkelroten Wand hing ein riesiges Poster ein Band die Ashton nicht kannte. Jessica saß bereits im Schneidersitz auf dem Fußboden, umgeben von Büchern und Notizen. „Ah da bist du ja“ sagte sie strahlend und winkte Ashton zu sich herüber. „Hier hast du ein Kissen, setz dich. Wir können direkt anfangen“ Der kurzen Begrüßung folgte der Unterricht. Ständig gingen sie über die Notizen und besprachen alles doppelt, um ja nix zu vergessen. Als sie fertig waren blickte Jessica auf die Uhr „Du meine Güte! Es ist ja schon fast acht!“  „Echt?“ fragte Ashton lachend „Na wenn ich die Sachen nach so viel üben jetzt noch immer nicht weiß, dann kann ich mir auch nicht helfen“  „Ja das ist wohl war, sag mal Ashton magst du noch etwas essen? Marco und Lukas sind bei Freunden und wir könnten mit Taylor noch etwas essen“  Ashton wollte erst absagen, sie musste nach Hause, Jesper war schon den ganzen Tag alleine. Andererseits hatte sie sich seit langem nicht mehr so wohl gefühlt bei jemand anderem als ihrem Bruder. Sie willigte ein und eine Stunde später saßen sie gesättigt am Tisch und tranken noch ein Glas Wein. Zwischen durch hatte sie ihrem Bruder eine Nachricht geschickt sie würde später nach Hause kommen und er solle nicht auf sie warten. Kurz vor zwölf waren alle drei Frauen jedoch müde und Ashton verabschiedete sich von ihnen, um sich auf den Weg zu machen. Der Abend war schön gewesen und sie hatte den beiden anderen versprechen müssen so etwas vielleicht öfter zu machen. Gut gelaunt kam sie zuhause an und in dieser Nacht träumte sie von gutem Wein und einer gemütlichen Runde mit Taylor und Jessica.

Kapitel 6

Montag früh und Ashton weckte gerade Jesper. Der Morgen verlief wie jeder. Sie waren ein gutes Team geworden, lernten sich gegenseitig zu unterstützen und mehr aufeinander zu achten. Auch wenn Ashton fast alles machte, also den Haushalt führen, versuchte ihr Bruder so gut zu unterstützen wie er nur konnte. Aber ihr war es schon Hilfe genug, wenn er alleine in der Schule zurecht kam. Am Wochenende lernten sie vormittags zusammen und versuchten verpassten Stoff aufzuholen, nachmittags lernte Ashton für die Uni und zwischendurch würde sauber gemacht. Als Pause quasi. Freizeit gab es für sie keine, aber das störte sie kaum bis gar nicht. Wichtiger war, dass es Jesper gut ging.

Als Jesper zur Schule kam setzte er sich auf seinen gewöhnlichen Platz und wartete darauf, dass sein Sitznachbar Tim kam. In der Zwischenzeit wollte er sich mit den anderen Jungs der Clique unterhalten. Zwar gehörte er zu dieser noch nicht, sie schienen aber ihn ganz gut leiden zu können. Die Anderen hatten ihm aber offensichtlich den Rücken zugewandt und redeten so leise, dass dieser nichts verstehen konnte. Er drehte sich wieder nach vorne und erblickte Tim in der Tür, dieser stand unschlüssig im Rahmen bevor er langsam auf seinen Platz zu ging. „Guten Morgen Tim“  „ehm Morgen..“ kam die knappe Antwort. Auch Tim schien nicht in der Stimmung mit Jesper sich zu unterhalten. Jesper fragte sich ernsthaft ob er etwas falsch gemacht hatte, doch bevor er auch nur darüber nachdenken konnte was das wohl gewesen sein konnte, kamen Malika und Laura auf ihn zu. Beide sahen ihn mit einer mitleidigen Miene an und Laura sagte dann zögernd „Du Jesper.. Naja ich weiß nicht so wie ich anfangen soll. Aber ich habe gehört du bist Waise? Tut mir echt leid für dich, aber was ist denn passiert?“ betreten schauten die zwei Teenies auf den Boden. Jespers Gesichtsausdruck wurde hart und sein Körper versteifte sich. Krampfhaft versuchte er nicht zu weinen oder gar irgendwelche Reaktion zu zeigen. Wie hatten sie davon erfahren? Deshalb hatte er es keinem erzählt, er hatte genau diese Reaktion nicht gewollt. Das Mitleid konnten sie sich echt schenken. Erst jetzt bemerkte er, dass das Getuschel verstummt war und auch Tim ihn neugierig von der Seite beobachtete. Leise zischend brachte Jesper gerade noch ein „Schenkt euch eurer Mitleid, das geht euch sowieso nichts an“. In diesem Moment kam Frau Peter herein für den Deutschunterricht. Sie brauchte nicht lange, um zu bemerken, dass etwas nicht stimmte. Mit energischer Stimme fragte sie was los war und Malika und Laura blickten nur betreten zu Boden bevor sie zu ihrem Platz schlichen. Jesper spürte wie ihm trotz des versuchten Widerstands nun die Tränen in die Augen stiegen. Sie sollten ihn jetzt nicht auch noch weinen sehen. Schnell packte er seinen Rucksack und rauschte aus dem Klassenzimmer. Er hatte keine Ahnung wohin er gehen sollte, deshalb blieb er erst einmal auf dem Hof stehen. An die Wand gelehnt, sank er in sich zusammen. Nun konnte er die Tränen nicht mehr aufhalten. Die Erinnerung machte sich in ihm breit und ließ ihn nur noch heftiger aufschluchzen. Ein Geisterfahrer hatte das Auto seiner Eltern frontal erwischt. Sie beide starben bei diesem Zusammenstoß. Jesper wurde aus seinen Gedanken gerissen als er Schritte hörte, er blickte auf und sah mit geschwollenen Augen in das Gesicht seiner Schwester. An der Tür sah er noch Frau Peter stehen, die sich umwandte und wieder hinein ging. Wie lange er wohl dort gesessen hatte? Ashton sagte nichts und setzte sich einfach neben ihn, sie nahm ihn in den Arm und hielt ihn einfach nur fest. Eine gefühlte Ewigkeit saßen sie so da, bis er sagte „Ich vermisse sie einfach so sehr“  „Ich weiß.. Ich vermisse sie auch. Aber du hast mich und ich werde nicht gehen, versprochen!“ Danach schwiegen sie wieder und saßen einfach dort. Irgendwann zog sie ihn hoch und sie verließen das Schulgelände. Gerade noch rechtzeitig bevor der Gong für die große Pause ertönte. Zuhause angekommen legte Ashton ihren Bruder ins Bett und er schlief dort bis in den Abend hinein.

Kapitel 7

Ashton war erschöpft. Als sie den Anruf der Lehrerin bekam saß sie gerade im Hörsaal. Zwar hatte sie ihr Handy immer stumm doch für solche Fälle behielt sie es immer bei sich. So schnell sie konnte hatte sie sich auf den Weg gemacht. Der Professor sah es natürlich nicht gerne, wenn einer seiner Studenten sich kurz nach Beginn aus dem Staub machte, aber sie musste gehen. Sie hatte es so eilig, dass sie auf dem Weg nach draußen ein paar Leute anrempelte, ohne sich umzudrehen ein ‚Tschuldigung‘ murmelnd war sie weiter gegangen. Der Professor hatte sie angestarrt und bereits den Mund geöffnet um zu Fragen oder sie anzumotzen, doch ohne darauf zu achten war sie aus dem Saal gestürmt. Vor der Tür hatte sie dann den Anruf angenommen und Frau Peter versuchte ihr die Situation zu erklären. Kurz darauf war sie bereits an der Schule und hatte versucht ihren Schützling zu trösten. Sie war auch traurig gewesen, aber ihr viel es nicht schwer solche Gefühle auszublenden. Trotz der Erschöpfung musste sie noch sauber machen, da der Dienstagvormittag nun für den Psychologen vorgesehen war. Sie hielt von diesen Schwätzern nicht viel. Sie war fast zweieinhalb Monate in Therapie gewesen aber die konnten ihr auch nicht helfen. Ashton war der Ansicht sie bräuchte keine Hilfe, schließlich kam sie gut zurecht. Erinnern konnte sie sich an eh nichts mehr. Die Ärzte nannten es Teilamnesie. Sie war noch mit Lernen und Putzen beschäftigt und pünktlich zum Abendessen kam Jesper herein getrottet. Schweigend nahmen sie das Essen zu sich, jeder seinen Gedanken nachhängend. Jesper ging direkt wieder schlafen und obwohl Ashton sich liebend gerne auch hingelegt hätte, musste sie die verpasste Lesung irgendwie nachholen. Den folgenden Tag würde sie dafür keine Zeit haben und vor lauter Müdigkeit schlief sie über ihren Büchern ein. Geweckt wurde sie von einer leichten Hand auf ihrem Rücken. Ihr Bruder stand vor ihr mit dem Wecker in der Hand. Es war bereits halb acht und er hatte sich alleine fertig gemacht. „Guten Morgen große Schwester“ sagte er grinsend „gut geschlafen? Den Tisch habe ich schon gedeckt, ich muss jetzt gehen. Wir sehen uns später“ und schon verschwand er durch die Tür nach draußen. Noch etwas verschlafen versuchte Ashton die Situation zu verstehen, ihr wurde bewusst dass ihr Bruder so viel geschlafen haben musste, dass er von alleine rechtzeitig wach wurde. Jesper war stärker als sie erwartet hätte, gestern ging es ihm noch so furchtbar und den Tag drauf ging es schon wieder. Immerhin musste sie sich dann um ihn keine Sorgen machen. Bei dem Psychologen saß sie eineinhalb Stunden für  sinnloses Geschwafel und verbrachte dann den Rest des Tages in der Universität. Das späte Schlafen und frühe Aufstehen in Kombination mit der vielen Arbeit hinterließ seine Spuren. Trotz alledem hatte sie sich auf einen Job als Kellnerin für die Spätschicht beworben. Zwar hatten ihre Eltern eine gutes Erbe hinterlassen doch langfristig würde das nicht reichen und ihr Studium kostete viel Geld. Dazu wollte sie ihrem Bruder etwas bieten können und schließlich war bald Weihnachten. Es würde ihr erstes Weihnachten ohne Eltern werden. Morgen würde sie einen Anruf bekommen mit einer Bestätigung oder Absage, natürlich hoffte sie auf letzteres, auch wenn das noch weniger Schlaf für sie bedeutete. Am Abend erhielt sie einen Anruf Frau Peters. Jesper war bereits zu Bett  gegangen und etwas beunruhigt nahm sie ab. „Guten Abend Frau Schlei, ich hoffe ich störe Sie nicht“  „Nein nein guten Abend was kann ich denn für sie tun?“  „Ich wollte nur wissen wie es ihrem Bruder geht. Nach der Sache gestern und da er heute nicht in der Schule war.“  Ashton stockte für einen Moment, war sich nicht sicher was sie antworten sollte. Ihr Bruder war nicht in der Schule gewesen? Er hatte doch die Wohnung am Morgen verlassen. Sie fragte sich wo er hingegangen sein könnte. „Oh danke für Ihren Anruf Frau Peter, aber ihm geht es schon sehr viel besser. Das gestern war einfach zu viel für ihn. Er hat viel geschlafen und sich gut erholt. Ich verspreche Ihnen, dass er morgen wieder da sein wird.“  „Ah okay, na dann wünschen Sie ihm alles Gute von mir und der Klasse. Ich habe nochmal mit den Schülern gesprochen und sie werden sich dann entschuldigen, sogar einen Kuchen werden sie backen. Aber Sie wissen ja wie das ist, sie sind noch Kinder. Keiner von Ihnen kann sich vorstellen seine Eltern zu verlieren in so einem Alter. Wenn Jesper damit einverstanden ist könnten wir das morgen klären und ich kann auch erklären was mit seinen Eltern passiert ist. Natürlich nur mit seinem und Ihrem Einverständnis.“  „Es ist nicht meine Entscheidung. Er muss wissen was und wie viel er preisgeben will. Ich rede mit ihm morgen früh und rufe sie vor der Schule noch einmal an, okay?“  „Ja das ist super, danke Ihnen. Auf Wiederhören“  „Schönen Abend noch“ Sie würde definitiv nochmal mit Jesper reden! 

Kapitel 8

Am Frühstückstisch stellte Ashton ihren Bruder dann zu Rede. Der dreizehnjährige versuchte offensichtlich den Blick Ashtons zu meiden. „Jesper, du kannst nicht einfach nicht zur Schule gehen und woanders hingehen. Warum hast du mir nichts gesagt.? Du hättest hierbleiben können.“  „Ich wollte dir keine Umstände machen“ antwortete der Jüngere kleinlaut. „Aber Jesper ich mach mir doch nur Sorgen, weshalb bist du denn nicht gegangen?“  Jesper tat so als würde er besonders konzentriert sich seinem Brötchen widmen. „Naja.. ich.. also..“  „Ja?!“  „Ich will deren Mitleid nicht, immer diese Blicke und keiner will etwas mit mir zu tun haben, da sich keiner traut was zu sagen. Das will ich einfach nicht. Deswegen wollte ich ihnen nichts davon erzählen, aber Tim und Malika müssen gehört haben was ich mit Frau Peter besprochen habe wegen letzten Freitag. Sie haben es allen erzählt..“  „Ich kann dich verstehen, Jesper. Aber du musst zur Schule gehen und wenn du einverstanden bist würde Frau Peter deiner neuen Klasse erklären was passiert ist. Deine Klasse will sich außerdem heute bei dir entschuldigen. Sie haben eingesehen, dass sie falsch reagiert haben.“  „Ich mag es nicht erklären müssen, aber es wäre okay für mich wenn sie es erklärt. Schließlich wissen sie es ja jetzt eh schon.“  „Also sind wir uns einig, dass du wieder zur Schule gehst und dass dieses Thema nun erledigt ist“  „Ja..“

In der Schule angekommen wurde Jesper von seiner Klasse mit einem Kuchen empfangen. Damit hatte er nicht gerechnet. Alle entschuldigten sich und nachdem alle platzgenommen hatten erklärte Frau Peter die Situation. Jesper war irgendwie erleichtert, dass sie es nun wussten. Trotzdem hatte er ein Unbehagen bei dem Gedanken wie sie nun mit ihm umgehen würden. Frau Peter die am Morgen bereits mit Ashton gesprochen hatte wusste Bescheid und ließ noch mal deutlich werden, dass sie Jesper normal behandeln sollten. Zwar würde dies sicherlich einigen schwer fallen, doch auch das würde sich mit der Zeit geben.

Ashton arbeitete viel für die Schule und in dem Lokal für das sie die Zusage letztendlich bekommen hatte. Auch ging sie weiterhin zum Psychologen. Dieser konnte ihr wegen ihrer Amnesie noch immer nicht weiterhelfen. Doch vielleicht war es so besser, bestimmt würde sie bald das Sorgerecht bekommen. Sie wollte sich nicht daran erinnern was im Auto geschehen war. Sie wollte sich nicht daran erinnern müssen. Sie war froh, dass ihre letzte Erinnerung  war ins Auto mit ihren Eltern eingestiegen zu sein und das nächste woran sie sich erinnern konnte war das Krankenhaus. Eigentlich wollte sie das auch gar nicht ändern.

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Texte: Der Text ist mir und ich will nicht, dass dieser kopiert wird.
Tag der Veröffentlichung: 04.07.2013

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