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Titel

 

 

 

 

Wo, bitte, geht’s zum Meer?

 

 

XXL - Leseprobe

 

 

 

Zehn Kurzgeschichten

über kleine Urlaubsabenteuer auf Mallorca

 

 

 

 

 

 

 

Copyright © 2013 Alexandra Dannenmann

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

 

Handtuchkrieg auf Mallorca

Der Jesús von Mallorca

 

 

 

 

 

Handtuchkrieg auf Mallorca

 

 

 

Ah, endlich Urlaub. Über mir der ewig strahlend blaue Himmel des Südens. Im Moment zwar ziemlich milchig blau, fast schon grau. Aber egal. Entspannt ausgestreckt auf einer Sonnenliege am Pool unseres Hotels gab ich mich dem Genuss meiner schönsten Wochen des Jahres hin.

Wobei der Gedanke an Zuhause mein Wohlgefühl noch um ein Vielfaches verstärkte. Der Gedanke an meine Kollegen, die mit Sicherheit bereits alle wieder am Telefon hingen, um Aufträge ranzukarren. Und in übertrieben Guter-Laune-Ton Großkunden ums Maul schmierten, selbst wenn nichts ranzukarren war. Oder gerade mal 10.000 Rollen Toilettenpapier. Ich arbeite in einem Papiergroßhandel, der leider auch schon bessere Zeiten gesehen hat.

Aber wem sage ich das. Und ausgerechnet im Urlaub.

Linker Hand von meiner Liege aus gesehen, gab es ein wenig Grün. Nicht zu hoch, die Müllcontainer und die Straße dahinter waren noch einigermaßen zu erkennen. Rechter Hand versperrte mir der ein wenig groß geratene Hotelkomplex die Sicht. Die Sonnenterrasse am Pool dagegen war für meinen Geschmack eher ein wenig zu klein. Die Liegen standen derart dicht, dass der Gedanke an Legehennen-Batterien nicht so ganz abwegig war. Aber sonst gab es eigentlich nichts zu meckern. Im Gegenteil, laut Katalog unseres Reisebüros wurde sogar einiges geboten. Klimaanlage, SAT-TV, Salon, Internetecke, Snack-Bar, Showbühne usw. usw. Wie man sieht, war die Hotelleitung um das Wohl ihrer Gäste stark bemüht.

Ich schloss die Augen für ein kleines Verdauungsnickerchen nach dem bombastischen Frühstück. Alles, was recht ist, aber das können sie, die Spanier, die Mallorquiner genauer gesagt, nämlich Frühstücksbüffets aufbauen. Deutsche Wurst und deutscher Käse, klar, sind natürlich obligatorisch auf Mallorca, aber dass sogar die Butter irgendwie deutsch schmeckte, überraschte mich schon.

Ich döste so vor mich hin. In der Sonne und am hellen Tag, was in meinem Fall höchst ungewöhnlich war. Normalerweise döse ich tagsüber höchstens ein paar Sekunden auf dem Klo besagter Papiergroßhandlung.

Schon klar, so eine Umstellung auf totales Urlaubsfeeling braucht natürlich Zeit. Klimawechsel, Ortswechsel, fremde Kultur und fremde Sprache, da kommt schon einiges zusammen. Aber ich war auf dem richtigen Weg, garantiert, das spürte ich.

Immerhin war ich bereits so weit akklimatisiert, dass ich mir ausmalen konnte, wie es wäre, wenn der Jahresurlaub, wie schon der Name sagt, ein Jahr lang dauerte. Oder noch besser, Urlaub für immer. Meinetwegen in genau diesem Hotel. Andererseits, die Karibik soll ja auch nicht übel sein.

Plötzlich riss ich erschrocken die Augen auf. Irgendwo brüllte irgendwer herum und zwar in meiner Nähe. Sogar unverschämt nah. Und kaum sah ich klarer, stand auch schon fest, direkt neben meiner Liege wurde gebrüllt. Und was der Gipfel war, ein Typ, mindestens achtzig, brüllte mich an. MICH. Der ich nichts weiter verbrochen hatte als ein wenig vor mich hin zu dösen. Mit giftigem Blick brüllte er mich an, zog dabei seine schwarze, zeltartige Badehose noch ein Stück höher, die ohnehin bis zur Brustgegend reichte.

Überzeugt davon, dass es sich nur um eine Verwechslung handeln konnte, schraubte ich mich langsam in die Höhe. Was ging es mich schließlich an, wenn irgendein Tourist, wovon es reichlich auf den Liegen in meiner Umgebung gab, irgendein Problem hatte. Mein Urlaub war hart erarbeitet, weshalb ich Wert auf gut gelaunte Menschen in meiner Umgebung legte.

„Ja, ja, schon gut. Alles bestens“, versuchte ich den geifernden Menschen zu beruhigen. Leider gelang es mir nicht. Jetzt wedelte er mir sogar mit triefend nassen Zeitungsblättern vor der Nase herum.

Ach so, alles klar. Seine BILD-Zeitung war ihm in den Pool gefallen. So was kommt vor. Obwohl, hygienisch ist das nicht.

Ich versuchte, die Schlagzeile zu entziffern, falls womöglich ein Erdbeben oder eine Pandemie mein Heimatland heimgesucht hatte, aber wegen des heftigen Herumwedelns war gerade mal ein nackter Busen auf Seite 1 zu erkennen.

„Unverschämtheit“, keifte der Typ. Und dass er sich das nicht gefallen ließe. Und überhaupt und dass es so nicht ginge und noch so einiges. Auch von „Verantwortung“ und „Aufsichtspflicht“ und von „sich kümmern“ war die Rede.

Alles klar. „Ich kümmere mich“, sagte ich und verließ schweren Herzens meine Liege und ging hinüber zum Planschbecken, zum Kinderbecken also.

Wobei mich die Frage beschäftigte, wieso dieser Typ über meine Verwandtschaftsverhältnisse so gut informiert war. Wälzte er sich womöglich wie ein Nilpferd auf seiner Liege herum, damit ihm ja nicht entging, wer wohl zu wem gehörte?

Ich gestehe, der Knirps im Kinderbecken gehörte zu mir. Momentan beschäftigt mit dem spannenden Experiment, wie weit kann Wasser fliegen, wenn man ein volles Eimerchen durch die Luft schwenkt.

Überrascht entdeckte ich, dass Wasser sogar erstaunlich weit fliegen kann. Was zur Folge hatte, dass einige Urlauber auf den Liegen neben dem Kinderbecken etwas eingenässt wurden. Eine ältere Dame trocknete sich Gesicht und Frisur, eine andere ihre Liege und gemeinsam beschossen mich die beiden mit Menschenfresserblicken.

Du lieber Himmel und mal ganz im Ernst, was haben wasserscheue und dazu, ihrem Alter nach, kleinkindlose Leute auf den Liegen am Planschbecken verloren? Und auch noch per Handtuch reserviert. Kann ich beschwören. Ich habe die Lappen im Tchibo-Design am Morgen mit eigenen Augen auf verwaisten Liegen herumliegen gesehen.

„Jetzt komm doch mal raus aus dem Wasser, mein Sohn“, sagte ich zu meinem Sohn. Er ist fünf und heißt Nicolas.

Pustekuchen.

Aber vermutlich hatte ich zu leise geredet. Also hob ich meine Stimme. „Raus aus dem Wasser, aber flott.“

Erneut Pustekuchen. Und die Mutter meines Sohnes, die in solchen Situationen einzugreifen pflegt, war noch bei der „Bauch- und Pogymnastik“.

Was blieb mir anderes übrig, als hart durchzugreifen. Ich stieg deswegen höchst selbst in das Becken, in diesen Cocktail aus Kinderpipi und Schlimmerem.

„Magst du ein Eis?“, flüsterte ich meinem Sohn, der sein Eimerchen bereits erneut mit Wasser füllte, ins Ohr. Im Bewusstsein der lauschenden Bande, an der Spitze der Träger einer schwarzen, zeltartigen Badehose direkt hinter mir.

„Aber ein Schlonzi-Eis.“ Eilig stieg mein Söhnchen aus dem Becken. Nicht ohne dabei sein volles Eimerchen auszuleeren. Wobei er jedoch das Becken leider verfehlte, weswegen ein nicht unbeachtliches Rinnsal über

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 20.08.2015
ISBN: 978-3-7396-1015-3

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