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Nacht der Wölfe


Der Tag war kühl gewesen, und die Nacht versprach klar und kalt zu werden. Am Firmament funkelten die Sterne, und die leuchtende Scheibe des Mondes warf ihr silbernes Licht zur Erde hinunter. Ihre Strahlen wurden in dem langen, glatten Haar eines einzelnen Wanderers reflektiert. Die einsame Gestalt blickte von einem hohen Plateau auf ein kleines, friedliches Dorf hinab. Seine schwarzen Augen wurden von dichten, dunklen Brauen umrahmt, und sie strahlten Macht und Überlegenheit aus. Deswegen oder auf Grund seiner Schönheit blickte auch niemand hinter die schwarzen Locken, welche das bleiche Gesicht des Mannes umgaben. Die umliegenden Felder waren immer noch saftig und grün und boten so einen typischen spätsommerlichen Anblick. Das Rauschen der hohen Halme, welche durch die nächtliche frische Briese hin und her gewogen wurden, wirkte beruhigend und am Horizont erhob sich ein prachtvoller, dichter Laubwald dessen majestätische Bäume sich dem glitzernden Sternenzelt entgegenreckten. Doch durch das fehlende Sonnenlicht wirkten der nächtliche, riesige Wald und die Felder eher bedrückend und unheimlich. Ein Wolf heulte irgendwo Richtung Westen auf und ein anderer antwortete keinen Steinwurf weit von dem Plateau entfernt. Aber das störte den Mann nicht, denn er kannte kein Gefühl der Angst. Seine innere Ruhe brächte ihm einen fragenden Blick einer jeden Patroullie ein, und die Verwunderung würde nicht damit enden. Ein langer, schwerer, schwarzer Umhang umhüllte seinen kräftigen Körper und das geschmeidige Kettenhemd und blockierte so seinen Waffenarm. Nur ein Narr hätte so etwas zugelassen, denn abgesehen von den Wölfen gab es hier auch noch Banditen, welche die Umgebung unsicher machten. Doch diese Gestalt trug auf ihren nächtlichen Wanderungen nicht einmal ein Schwert an der Hüfte. Eine Patroullie würde ihn als Wahnsinnigen abstempeln.... oder als Zauberer. Ihre Vermutungen wären nicht gänzlich falsch gewesen. 

Als die Nacht ihren Lauf nahm und der Mond im Zenit stand, schritt die dunkle Gestalt langsam einen steilen, steinigen Gebirgspass hinab in Richtung Dorf. Trotz der schweren Stiefel, verursachte sie auf dem steinernen Pass keinerlei Geräusche. Ein Beobachter hätte sich selbst vermutlich für taub gehalten, denn selbst die Steine, die den Weg hinab kullerten vermochten die Stille nicht zu durchbrechen. Sein Ziel waren allerdings nicht etwa die einfachen kleinen Behausungen der armen Bauern, sondern die Burg, welche sich etwa eine halbe Meile dahinter befand und deren solide Mauern aus schwerem Stein sich deutlich vom Rest abhoben. Noch während die Person den Pass hinab stieg veränderte sich auf mystische Weise sowohl ihr Körper als auch ihre Kleidung. Die Gestalt wurde durch Myriaden von hell glitzernden, blauen Lichtern umhüllt, welche ihren Körper umschwirrten, als seien sie von eigenem Leben erfüllt. Zunächst wich der schwarze Mantel einem feinen grünen und die langen, dunklen Haare wurden kürzer und heller. Doch damit war es noch nicht getan. Ein verziertes Schwert erschien aus dem Nichts an der Hüfte des Mannes, und seine Gestalt verlor ein wenig an Größe. Der geheimnisvolle Fremde erreichte endlich das idyllische Dorf und ein blonder, exakt gestutzter Vollbart zierte sein vorher glattes Gesicht und ein dicker Bauch kam zum Vorschein an Stelle des durchtrainierten Körpers. Die vorherige Blässe war verschwunden und die Backen des untersetzten Mannes waren nun rose. Mit der Beendigung der Verwandlung verschwanden auch die etlichen Lichter wieder, genauso schnell, wie sie erschienen waren. "Ein lästiger Nebeneffekt", murmelte die Gestalt verärgert zu sich selbst, schließlich wurde ihm durch die hellen Lichter zu viel Aufmerksamkeit zu teil, gegebenenfalls, es schaute überhaupt jemand zu. Ihre Stimme klang dabei, als wäre sie einem Grab entsprungen. Nachdenklich durchschritt er das idyllische Fleckchen Erde, passierte den kleinen Marktplatz und den alten Brunnen, dessen Holzgerüst und Kurbel sich bereits im Verfall befanden. Hier war alles ruhig, denn keine Menschenseele wagte sich zu solch einer Zeit noch auf die einsamen Straßen. Er lies die einfachen Häuser aus Holz und Lehm unbeachtet hinter sich und näherte sich im Schatten riesiger Eichen, welche den Weg zur Burg zierten, seinem eigentlichen Ziel. Hätte ihn jemand auf dem Weg zur Burg beobachtet, wäre diesem etwas schier Unglaubliches aufgefallen. Sobald die Gestalt in den Schatten der Bäume trat, verschwand sie gänzlich vor dem geistigen Auge und konnte erst erneut entdeckt werden, als sie wieder aus den Schatten heraustrat. Diese schienen den Mann zu verschlucken und in so für Außenstehende zu verbergen.

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Tag der Veröffentlichung: 16.03.2012

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