Überall im Land Anida war Stille und Dunkelheit, als vor tausenden von Jahren ein Wunder geschah, das die Welt für immer verändern sollte. Das kalte Licht des Vollmondes schien auf den Berg Ganis und ließ den Nebelschleicher, der den Boden wie eine leichte Decke umhüllte, silbrig schimmern. Der Himmel war wolkenlos und doch schien er schwer und bedrückend. Trotz des Sternenscheines breitete sich Finsternis in alle Richtungen aus, kroch in jeden Spalt und jedes Loch. Plötzlich fiel ein Stück Dunkelheit herab auf die Erde, in das friedliche Land Anida, auf den schlafenden Rießen Ganis. Sanft küsste es den Boden und eine schwarze Rose wurde geboren. Ihr Stiel, ihre Blätter, ihre Dornen und ihre Blüte waren tiefschwarz. Sofort begann der Nebel um sie ihre Farbe zu wechseln. Sein silbriger Sein wich und ein bedrohliches Schwarz begann sich auszubreiten. Immer weiter, bis in den Himmel. Der Schein der Sterne wurde schwächer, der Mond kleiner, bis kein Licht mehr die Welt beleuchtete. Stille, Dunkelheit und eine Spur Verzweiflung zeichneten diese Nacht. Die Nacht, die diese Welt, wie wir sie kannten, für immer verändern sollte. Der Friede wich dem Krieg, das Glück der Trauer, das Herz dem Stein, das Rot dem Schwarz, die Vergebung dem Hass, die Freunde den Feinden, die Sicherheit der Verzweiflung, das Gute dem Bösen. Wie Perlen des Todes glänzten leicht Tautropfen auf den dunklen Blütenblattern der schwarzen Rose. Ihr süßer Duft breitete sich aus und die frische Luft erhielt ein atemberaubendes Aroma. Leise rauschte in der Nähe ein Fuss in der Finsternis. Sein klares Wasser floss gleichmäßig und sein reine Oberfläche schäumte leicht auf, als sie auf ein paar große, graue Steine traf. Plötzlich fuhr ein Windstoß durch die schwarze Rose und goldener Pollenstaub wurde emporgerissen. Der Luftzug trug die goldenen Diamanten des Bösen zum Fluss und ließ sie langsam und sorgfälltig hineinregnen. Eine Forelle betrachtete des Specktakel, sah von unten die leichten Pollen auf das Dach des Wassers nieseln. Blitzschnell schoss sie auf die Oberfläche zu, öffnete ihr Maul weit. Die kleinen Wellen der Strömung wurden von kleinen Ringen unterbrochen und der ahnungslose Fisch verschwand wieder in Richtung Grund, genau wie eine Polle. Ruhig blieb er an einer Stelle, als die Forelle plötzlich einen stechenden Schmerz wahrnahm. Ihr Herz und Kopf schienen jeden Moment zu platzen. Hilflos wendete sie sich hin und her. Ihre Sicht verschwamm, es wurde düster und der Schmerz immer stärker. Der Fisch wünschte sich mehr als alles andere zu sterben um dieser Qual zu entgehen. Plötzlich glüht ihr Bauch golden auf, erleutete mit einem Blitz des Lichtes den Fluss. Schließlich aber wurde alles dunkler, immer schwärzer, bis jeglicher Schein wieder aus der Nacht verbannt war. Die Augen der Forelle waren nun schwarz, ihre Sicht klar, der Schmerz war verschwunden-genauso wie das einst reine Herz und der Wille der Freiheit. Sie lebte noch, atemte den lebenswichtigen Sauerstoff aus dem Wasser und doch musste ihre Seele weichen, um einem anderen Geist Platz zu machen. Die einst bunten Schuppen waren schwarz glänzend gefärbt und auf ihrer Stirn schimmerte silbern ein Bild einer Rose. Es war nun kein Fisch mehr, wie wir uns einen verstellen, sondern ein Sklave der Ewigkeit, bis sie jemand aus ihren Qualen der Gefangenschaft erlösten würde. Wäre Unsterblichkeit es wert, wenn man seine Freiheit und Willen opfert? Für jene, die geboren wurde, in der dunklen Nacht? Für einen Dämon, einen Herrscher der Nacht, Herrscher des Bösen und einem König bis in alle Zeit und darüber hinaus? Und das einzige, das einem bleib, ist eine Hülle. Hast du dich schon einmal gefragt, wie weit du gehen würdest, damit du weiter beständest, dem Tod zu entweichen? Würdest du den Preis für momentane Unsterblichkeit zahlen und stumm gehorchen, auch wenn dein Meister den Befehl zum Mord anderer oder gar zum Selbstmord gibt? So ist es nicht der Wille, der einen Menschen ausmacht, der sein Tun bestimmt und ihm den Weg seines Lebens zuweist? Aber was wäre, wenn dieser Weg ewig dauern würde, du diesen Weg laufen müsstes, ohne Pause? Deine Füße würden Bluten, deine Beine vor Schmerz zittern und doch müsstest du gehen, ohne Klagen. Nichts würdest du dir mehr wünschen, als erlöst zu werden, doch das wäre unmöglich. Deine Seele wäre verschwunden, tot, aufgelöst und dein Körper von einem Geist besetzt, der dich dem Willen der schwarzen Rose gnadenlos auslieferte. Wärest du bereit, diesen Preis zu zahlen? Den Preis für Unsterblichkeit? Doch auch wenn du dich entscheiden solltest, ein Sklave der Bosheit zu werden, so wärest du verletzlich wie jedes andere Lebewesen mit freiem Willen. Allein dein Alter kenne keine Grenzen. Aber egal welchen Weg du in deinem Leben beschreiten willst, es ist dein Weg.
Texte: Das Recht des Textes unterliegt nur mir.
Tag der Veröffentlichung: 20.03.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Buch meinem Vater, dem ich so viel zu verdanken habe. Papa, ich liebe dich...