Es riecht nach Entendreck und leider nicht nach Dieselmotor, was mich an Urlaub erinnern würde. Wohin ich bald fahren würde, bepackt mit Schlauchboot und Gummiente, die nicht nach Entendreck röche, sondern nach Dieselmotor, Salzwasser, Muschelverendung und vielleicht ein wenig nach Sonnenmilch für Töchter, wenn ich eine Tochter hätte.
Neulich, ich hasse Austern, kauften sich viele Genussmenschen, die sich für solche hielten, des Genießens, der Kultur, aber eigentlich des Images wegen, in der Kleinmarkthalle Austern. Ich kaufte mir keine, nahm aber kostengarnichts deren Schalen mit, um mich in Teilurlaubsdüften zu aalen. Essen können ihn andere. Ich ziehe es vor, Urlaub zu riechen. Hechelt mir gerade ein Pitbull, wild schnaubend und sabbernd, am Arsche vorbei mit dermachtnichtsausrufenden Passanten am anderen Ufer. Nichts für ungut, denke ich Sinn entleerend denkend an Schlauchboot, ohne Diesel fahrend, aber danach duftend, sowie an Austern ohne Inhalt. Aber nur, wenn ich eine Tochter hätte. Nette oder Liesbeth sollte sie nicht gerade heißen. Aber keine Sorge: Sie heißt auch nicht so, weil ich schlicht und einfach keine habe. Ich entzünde eine Zigarette und lass’ den Pitbull mal kräftig ziehen. Da liegt er am Boden, röchelnd und sabbernd. Die unoperierte Nase im Entendreck. Ichmachenichts, rufe ich zurück, weiterrauchend, und breche zu neuen Ufern auf. Die Passanten, die galanten, rennen. Und ich auch. Trotz Rauchen kann ich das noch immer gut. Man sollte Rauchen nicht überschätzen, finde ich.
Auf meinem Weg in die Stadt des Waldes fiel mir ein Campingwagen auf, ganz automatisch, weil er kein Baum war. Krachend splitterte das Holz, und Bäume fielen wie Stecknadeln aus Verankerungen von Anno Dazumal. Der Camper war recht alt und klapprig, aber längst nicht so alt wie die Baumleichen, die ganz und gar nicht klapprig waren, und fein sortiert in Stapeln lagen. Ein Tisch? Vielleicht zwei? Ein paar Schränke, ein Bett vielleicht für eine Nette oder eine Liesbeth, nicht meine? Schlimmer wäre Vertäfelung eines Großraumes. Es gibt nichts Schlimmeres als Vertäfelung von Großräumen, die dann - wie durch Geisteraug’ - um ein mehrfaches schrumpfen. Rein optisch. Rein optisch sieht das Ganze dann – oh, es schießen geneckte Enten vorbei. Ein Enter-ich, ganz grün am Halse, mit seiner farblos unauffälligen Sie an der Seite. Nicht auszudenken, mein Freund liefe mit grünem Schal…und ich farblos unauffällig…Warum schminken sich Menschenfrauen eigentlich? Das ist so oder so wider der Natur! Einmal, weil Entenladies farblich unauffällig sind, und einmal, weil Entenladies sich auch nicht schminken. Nichts jedoch liegt ferner, als sich mit Enten zu vergleichen.
Im Zuge der Emanzipation vielleicht? Befreiung aus der Unauffälligkeit? Wobei sich emanzipierte Frauen in der Emanzenbrutzeit NICHT schminkten. NICHTadrettaussehen war angesagt. Nun macht das Schminken doch wirklich gar keinen Sinn mehr! Klischeeemanzen tragen gerne rot gefärbtes Kopfhaar. Am besten wirkt Henna am Typ Öko Ökalie, keinesfalls am Typ Nette. Die trägt statt rotem Kopfgras lieber bunte Gesichtswälder durch die Städte. Ich beginne, zu verstehen. Der Wind pfeift recht kühl gerade, sodass es mich Müh’ und Willen kostet, eine weitere Zigarette zu entzünden, und die Grade wandern minütlich, so scheint’s mir, in den Keller, wo ich, verhaltensoriginell wie ich bin, meine Leichen begraben habe. „Henry, nein! NEIN! Abmarsch!", pisst eine Brünette ihren Henry an, der sich nun untersteht, mir in den Rücken zu machen.
Also meine Leichen im Keller haben mit Froschlaich und der Kaulquappe an sich rein gar nichts zu tun.
Was macht die Polizei hier am See? Kaum kommen mir gangstrige Gedanken, sind sie auch schon da, immer auf der Hut, die Freunde und Helfer der Stadtleichen. Statt Leichen kann man auch jede Menge anderer Dinge in seinem Keller horten, wenn man einen hat. Selbsteingekochte Marmelade zum Beispiel. Ein paar gute Tropfen. Für Kenner. Eine Tropfsteinhöhle. Für Könner, Geologen und Fantasten. Ein paar Kästen Fanta. Sie würde jederzeit Gäste umtrinken und mit herzlicher Geste willkommen heißen. Entkommene Gäste würden keinen Streit einfangen und der Leichwerdung entgangen sein. So eine Seeoberfläche tut dem Aug’ mal ganz gut. Alles läuft glatt auf den Horizont zu. Da möchte’ ich manchmal gar nicht wissen wollen, was sich darunter so alles verbirgt.
Oberflächen können so beruhigend sein, mächte man sich keine Gedanken. Aber die Macht der Gedanken geht manchmal mit mir durch. Aber, du lieber Himmel, das geht vorbei. Genauso auch wie diese Geschichte, die ich gerade am Schreiben bin. Pointenlos. Da das Leben an sich nicht immer Pointen schreibt. Man kann ja auch einfach nur mal da sitzen und vor sich hin frieren. Ich gehe jetzt einen Beutel Karotten kaufen.
Texte: ...liegt alles in einer Hand, nämlich meiner.
Tag der Veröffentlichung: 22.04.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für Ulli.