Prolog 1
"Räum das doch mal weg, man kann hier überhaupt nicht durch!" motzte Rüdiger Winter statt einer Begrüßung, während er den Einkauf seiner Gattin Sieglinde aus dem Weg trat, den sie gerade reingetragen hatte. Schon während der Schlüssel sich im Schloss drehte, hatte Patrizia das Essen vom Mittag in die Mikrowelle geschoben und beeilte sich nun vor dem Fernseher alles Fürs Abendessen von Herrn Winter vorzubereiten, bevor er wieder nörgeln konnte.Aber natürlich fand Rüdiger Winter immer etwas worüber er meckern konnte. Und am liebsten tat er das bei seiner "Familie".Patrizia brachte das Essen ins Wohnzimmer und wollte sich schnell wieder verziehen, da grunzte er schon wieder. "Was ist das denn für ein Essen?!Wiedermal von Gestern, was? Und dann auch noch Grießbrei! Bin ich schon so senil, dass ihr denkt ich kann nichts mehr kauen, oder was?"Trotzdem schaufelte er sich das Essen in den Mund, als wenn es erst in einer Woche wieder etwas geben würde. Patrizia hatte nicht geantwortet. ( was auch nicht nötig gewesen war.) Hätte sie geantwortet wäre das Thema wieder in eine Diskussion ausgeartet, wie sie schon hunderte geführt hatten und darauf hatte sie nun wirklich keine Lust.Viele würden sich jetzt fragen, wieso sie nicht schon längst abgehauen war, oder klargestellt hatte wie sie behandelt werden wollte. Dafür gab es einen ganz einfachen Grund: Geld. Patrizia lernte Kung-Fu an eine Privatschule und das kostete natürlich. Führerschein, Motorrad und andere Sachen bezahlte ihr Vater ihr nur solange sie mitspielte. Aber Patrizia wusste, dass sie es nicht mehr bis zu ihrem Abschluss aushalten würde. Doch im Moment war Sommer, die Sommerferien rückten näher und damit der Tag an dem sie ihrer geistesgestörten Klasse den Rücken kehren konnte.
Der Familienurlaub eine Woche später brachte das Fass entgültig zum überlaufen. In einem gemieteten Wohnmobil nach Italien konnte ja nur in einer Katastrophe enden. Und in der Tat. Rüdiger terrorisierte Sieglinde Alle anderen terrorisierten Patrizia, die auf dem kleinen Raum fast den Verstand verlor. Nur, weil sie ab und zu im Meer Zuflucht suchen konnte, drehte sie nicht völlig durch. Während sie sich noch den Kopf zerbrach, wie sie abhauen, ihren Abschluss schaffen und genug Geld fürs Kung-Fu kriegen konnte, schaffte Rüdiger es ihren Gedankenkanal vollkommen auszuschalten. Patrizia war gerade dabei trockene Wäsche von der Leine zu nehmen und nasse aufzuhängen. Auf dem einziegn aufgeklappten Gartenstuhl türmte sich die trockene Wäsche. Wegen des schönen Wetters hatte auch Rüdiger sich dazu entschlossen sich mit der Zeitung draußen hinzusetzen. Eigentlich nichts schlimmes. Eigentlich! Aber anstatt sich einen anderen Stuhl aufzuklappen schmiss er die saubere Wäsche vom Stuhl aufs Gras und ließ sich, wohlig seufzend, auf dem Stuhl nieder. Das war zu viel. Erst durfte man Hausmädchen spielen und dann wurde man auch noch wie Aschenputtel behandelt?! Bei Patrizia brachen alle Dämme. So schnell sie konnte rannte sie in ihr Zimmer, griff sich ein paar Klamotte,stopfte sie in ihren Rucksack, scmiss in der Küche noch Verpflegung hinterher und stürmte aus dem Haus.
Sie rannte und rannte, wollte nur noch weg. Weg von all dem Abschaum der sich Familie nannte. Weg von den Leuten, die behaupteten ihre Freunde zu sein. Weg von ihrem ganzen jämmerlichen Leben. Weg von den Verpflichtungen der „Familie“ und der Willenlosigkeit. Einfach nur noch weg. Aber wo sollte sie hin? Zu „Hause“ hatte sie es einfach nicht mehr ausgehalten. Aber jetzt? Sie lief einfach weiter, immer weiter. Achtete nicht mehr darauf wohin sie lief. Bemerkte den Regen nicht, der begonnen hatte in Strömen zu fließen. Fühlte die Einsamkeit jedes einzelnen Tages der vergangenen Jahre. Und dann war es dunkel. Inzwischen nieselte es nur noch und erstaunt stellte sie fest, dass sie vollkommen durch- nässt war. Auf einer Brücke beschloss sie eine Pause einzulegen und setzte ihren Rucksack ab. Sie schaute auf das schwarze Wasser unter ihr und suchte in den Tiefen des wahrscheinlich nicht sehr tiefen Flusses auf eine Erklärung. Auf Antworten auf ihre Fragen. Und dann wurde sie von hinten gepackt. Hände schlossen sich um ihre Kehle und drückten zu. Aber, weil sie so nass war glitschte sie ihrem Angreifer aus den Händen, wie ein Fisch der aus den Händen des Fischers in die Freiheit zu entkommen versucht. Und es klappte. Sie packte die Handgelenke ihres Angreifers und drehte sich zu ihm herum während sie ihm die Arme gleichzeitig schmerzhaft verdrehte. Zumindest dachte sie es wäre schmerzhaft gewesen. Doch dann ging plötzlich ein gemeines Grinsen über das Gesicht des Angreifers während seine Züge sich veränderten. Das Gesicht wurde länger , die Finger zogen sich in die Hände zurück und machten langen, gebogenen Krallen platz, während dichtes schwarzes Fell seinen ganzen Körper überzog. Fasziniert und gleichzeitig entsetzt beobachtete sie wie er seine Verwandlung beendete und einen Satz auf sie zumachte. Er riss sie zu Boden und grub seine Zähne tief in ihre Kehle, als... „Wirst du wohl das Mädchen in Ruhe lassen. Hast du das Abkommen von letzter Woche schon wieder vergessen?“ Der Wolf hob den Kopf und ließ von ihr ab. Und während sich aller Wahrscheinlichkeit nach jemand anders dieses verdammten Wolfes annahm sah Patrizia nur noch rot. Ihre Glieder gehorchten ihr nicht mehr als sie aufzustehen versuchte und sie nahm alles nur noch verschwommen wahr. Zuerst kämpfte sie noch gegen die Bewusstlosigkeit an, doch dann akzeptierte sie sie. Sie war einfach zu müde.
Prolog 2
Texte: Die Rechte liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 16.11.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
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