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Ein schrilles Pfeifen dröhnt in meinen Ohren. Ich kneife die Augen zusammen und schaue um mich herum. Unter mir Erde, über mir Holz und ich starre auf eine weiße Wand. Ich strecke meine Hand aus und berühre sie. Dann drehe ich mich langsam herum und sehe ein graues Etwas, welches sich hin und her bewegt, in einem rhytmischen Takt, der nicht zu hören ist. Ich gehe darauf zu, doch stoppe abrupt, als ich merke, dass mein Weg zuende ist. Unter mir liegt nur noch ein Loch, welches erst tief unter mir in einem dunkelblauen Boden endet. Ich runzele die Stirn.
Wo bin ich? Was für ein Ort ist das hier? Ich sehe auf und dort ist sie immernoch, diese dunkle Fläche, welche sich immer weiter entfernt von mir. Dann erkenne ich, was es dar stellen soll. Es sind die Beine eines Mädchen, eingehüllt in eine graue Jeans, welche meine Aufmerksamkeit erregt hatte. Sie sind riesengroß, wie die gesamte Gestalt der Person. Sie trägt ein rosafarbenes Top und steht vor einem Spiegel, eine unbekannte Melodie vor sich hin summend. Sie tretet eine Schritt zur Seite und gibt den Blick frei auf mein Spiegelbild. Ich erschrecke und schaue genauer hin. Ich stehe in einem Blumentopf, auf der anderen Seite des Zimmer, am Rande eines überdimensional großen Topfes, in welchem eine rote Blume eingepflanzt ist.
Übernatürlich groß. Oder bin ich einfach nur übernatürlich klein? All die Möbelstücke, welches sich wiederspiegelten, sind groß. So riesig. Ich reiße meinen Mund auf und suche verzweifelt die Statur der jungen Frau, welche im Raum herumwuselt. Sie setzt sich an den Schreibtisch neben mir und schaut in einen weiteren kleinen Spiegel während sie sich die Wimpern tuscht. Es dauert eine Weile bis ich begreife, dass es mein Gesicht ist, das gerade ausgiebig zurecht gemacht wird. Dieses andere ich erhebt sich wieder, nimmt eine Bürste zur Hand und kämmt gedankenverloren ihr Haar. Wie abwesend starrt sie sich an, bis sie inne hält und die Bürste auf den Boden fallen lässt, mit einem lauten Knall. Ihr Gesang hört schlagartig auf.
So riesig.
Langsam und stockend hebt sie ihre Hand und berührt das kalte Glas mit ihren zarten Fingern.
So riesig.
Ihr Atem wird schwerer und bildet Wölkchen an der Scheibe.
So riesig.
Sie murmelt etwas, erst ganz leise. Ihre Stimme erhebt sich und wird lauter.
So riesig.
Ihre Worte bringen mich zum Frösteln. "In den Himmel. In den Himmel. Ich kann nicht mehr." Sie wiederholt die Sätze immer wieder, wie geisteskrank.
So riesig.
Dann schlägt sie den Spiegel ein, mit der Faust, welche sofort anschwillt.
So riesig.
Die Scherben fliegen auf den Boden, eine von ihnen, die auf den dunkelblauen Teppich landet, hebt sie wieder auf.
So riesig.
Gebrochen schaut ihr makelloses Gesicht darin aus, verzerrt und hässlich.
So riesig.
Dann gleitet ihre Hand höher und der Gegenstand darin. Sie drückt sich die scharfe Scherbe an die Kehle und ich höre nur noch mein eigenes, schmerzerfülltes Schreien.
So winzig.

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Tag der Veröffentlichung: 27.09.2011

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