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Es war einmal ein verschneites kleines Dörfchen, umgeben von einem großen Wald. An jenem Ort lebten viele kleine Familien miteinander, auch die Familie der kleinen Lily...Diese musste sich jedes Mal durch den Winter kämpfen. Lilys Mutter war krank, konnte nicht mehr als Weberin arbeiten und der Vater konnte im Winter kaum mit der Jagd verdienen, da die Tiere sich alle verkrochen haben.Außerdem war dieser Winter besonders hart und länger als alle anderen zuvor. Wieso wusste niemand...
Doch Lily lies so was natürlich nicht auf sich sitzen und versuchte ihrer Familie zu helfen wo sie nur konnte. Als sie noch ganz klein war hatte sie eine Geige geschenkt bekommen, die mittlerweile durch das viele Spielen ganz ramponiert und kaputt war. Die Töne klangen nicht mehr ganz so schön, egal wie sehr sie versuchte diese zu stimmen und auch sonst war das optisch nicht gerade ein Hingucker.

Dennoch krabbelte das blonde Mädchen aus dem Bett und schleppte sich mit dickem Mantel und Pullover, kaputten Fingerlosen Handschuhen und ihrer zerrissenen Hose auf den Dorfplatz, stellte sich dort auf ein Fass und versuchte so die Aufmerksamkeit der vorbeilaufenden Leute zu erhaschen, welche sich noch auf dem Markt tummelten. Viel konnte man zu der Zeit nicht kaufen, lediglich die Bauern verkauften ihre Vorräte die sie von der Ernte im Sommer noch übrig hatten. Und das kam den ganzen Bewohnern natürlich wie gerufen. Jede Familie konnte sich ihr täglich Brot leisten, außer Lily's. Deshalb wäre es doch schön, wenn sie heute Abend mit einem Leib Brot heimkehren könnte. Selbst wenn es nur ein einziges wäre...

Doch soweit sollte es leider nicht kommen. Denn kaum ertönten die ersten Klänge der Geige, blieben die Leute zwar stehen, aber nicht um ihr zuzujubeln, sondern eher um ihr Beleidigungen an den Kopf zu werfen. Lily lies sich erst nicht davon abbringen zu spielen, bis schließlich einer der Marktverkäufer sie von dem Fass herunter zerrte und sie vom Platz schubste. Tränen stiegen dem Blondchen in die Augen und sie rannte Richtung Wald...
Eigentlich sollte sie ja nach Hause gehen, doch traute sie sich da nicht hin. Immerhin wollte sie nicht mit leeren Händen da stehen. Sie lief und lief, bis sie schließlich über eine Wurzel stolperte und in das kalte Weiß fiel. „Mist...“, verließ es die blassen Lippen, ehe sie sich wieder aufsetzte und sich auf der Wurzel nieder ließ, die sie eben noch hat hinfallen lassen.

Einige Minuten der Stille umgaben das Mädchen, während sie sich die Tränen von den Wangen wischte. Ein paar Herzschläge später ertönte eine Stimme... „Na na, wieso so traurig kleines Mädchen?“ Und schließlich hob Lily den Blick, konnte allerdings nichts erkennen, außer ein kleines flauschiges Häschen, was dort vor ihr umher hoppelte. Sie bezweifelte doch stark, dass die Stimme von dem Tierchen da ausging. Damit hatte sie doch Recht, oder? Doch dieser Zweifel wurde sofort zerstört, als das Häschen erneut die Stimme erhob. „Hey, hier unten! Du kannst mir ruhig zuhören, wenn ich mit dir rede!“ Lily traute ihren Augen und auch ihren Ohren nicht. Wie könnte denn so ein kleines Häschen mit ihr sprechen? War sie denn jetzt total durchgeknallt? „D...Du kannst sprechen?“, fragte sie zaghaft und kam sich dabei immer noch total verrückt vor. „Ja kann ich, wie du hören kannst. Und ich brauche deine Hilfe.“, entgegnete das Schneehäschen. „Wieso meine Hilfe? Wieso gerade meine?“ Lily konnte da nicht ganz folgen.
„Deine Familie hat es besonders schwer, nicht wahr? Ich hab beobachtet was du alles für sie tust. Und ihr habt wirklich Probleme, durch den Winter zu kommen. Deine Mutter ist krank und für deinen Vater gibt es nichts mehr zu jagen.“ Kurz machte der Hase eine Pause, um Lily erst einmal das ganze verinnerlichen zu lassen. Dann fuhr er fort. „Der Winter dauert länger als sonst, oder?“ Ein Nicken von Lily folgte. „Ich verrate dir auch wieso. Eigentlich wäre längst wieder Frühling, alles würde tauen und es würde wärmer werden...Wenn es da nicht ein klitzekleines Problemchen gäbe.“ „Was für ein Problem?“ Endlich konnte sie sich zu einem Satz durchringen, ehe der Hase wieder auf sie einredete. „Meine Welt, die dafür verantwortlich ist, wann sich hier die Jahreszeiten ändern, wird von einer Schneehexe regiert...Und sie hat alle unterworfen und mich, den Prinzen, in das hier verwandelt. Ich bin abgehauen, um jemanden zu holen der helfen kann. Du hast ein starkes Herz, du bist unsere letzte Hoffnung...“ Und als er geendet hatte richtete er seinen Blick wieder auf Lily, welche total verdutzt drein blickte. „Und wie kommen wir dahin?“, fragte sie schließlich und nahm den Rest den er da von sich gegeben hatte einfach mal so hin. Was hatte sie schon zu verlieren? Wenn das hier ein Traum sein sollte, dann könnte sie sich doch erst recht darauf einlassen. Und wenn nicht, dann könnte sie ihrer Familie doch damit helfen oder? Also war sie bereit. „Steh auf und komm mit. Dahinten ist ein Baum, der auf einem Hügel steht. Und unter einer seiner Wurzeln, befindet sich ein kleines Portal in das wir hinein schlüpfen müssen..“

Nach nicht allzu langer Zeit befanden sich die beiden dann schließlich vor jenem Portal, was dort glitzernd – einer Pfütze ähnlich – auf dem Boden schimmerte. „Einfach da drauf stellen?“, fragte Lily schließlich und blickte das Häschen fragend an.“ Dieses quittierte ihre Frage nur mit einem Nicken und schon stellte sich das Blondchen auf die glitzernde Fläche. Langsam versank sie im Boden, wusste gar nicht wie ihr geschah. Ängstlich schaute sie noch zum Hasen, welcher ihr dann auf den Kopf sprang, um mit ihr durch das Portal zu gehen. Wenn er sich selbst schon dort 'drauf stellte' dann würde das wohl auch keine Risiken mit sich bringen.

Ehe sie sich versah, kam sie in einer ebenfalls schneebedeckten Landschaft wieder aus dem Boden, überall waren Häuser in die Bäume gebaut, Und es erinnerte eher an ein Wintermärchen, wie ihre Mutter ihr manchmal solche erzählt hatte...
„Und wie genau soll ich jetzt diese Hexe vertreiben?!“, fragte sie den Hasen und schaute sich um. Als sie hinter sich blickte, lag vor ihr ein langer Pfad der zu einem riesigen vereisten Schloss führte. „Wow...“ Ein Staunen konnte sie sich da nicht verkneifen. Allerdings schüttelte die kurz das Köpfchen, um wieder klar denken zu können. Das Häschen hoppelte vor sie und sah auf. „Du musst nur ein einziges Ding besorgen. Mein Schwert. Das hat sie in einer Höhle nicht allzu weit weg von hier versteckt. Allerdings musst du einige Aufgaben in der Höhle erfüllen, um an jenes Schwert zu kommen.“ „Wieso genau hat sie das denn versteckt? Wäre es nicht schlauer gewesen, wenn sie das Schwert selbst behalten hätte?“, fragte Lily misstrauisch. Ob das nicht doch alles nur irgendeine Falle war? Aber wieso sollte das Häschen sie hintergehen? Dazu hatte es doch gar keinen Grund. „Nein das Problem ist, dass nur ich entscheiden kann, wer das Schwert führen kann. Und da kannst du dir vorstellen, dass ich ihr das verwehrt habe...Aber du wirst es führen können. Ich komme mit dir mit und gemeinsam stürzen wir die Hexe vom Thron.“ Das leuchtete dem Mädchen ein. Sie hob das Häschen auf und lies es in ihre Tasche zu der Geige klettern. „Pass auf, dass du die Geige nicht noch mehr verkratzt.“, mahnte sie und das Häschen nickte. „Hab ich nicht vor. Los geht’s, auf zu der Höhle. Du musst nur auf dem Pfad bei der nächsten Möglichkeit nach rechts biegen und durch den Wald laufen.“ Das war einfach zu verstehen und so machte sich Lily daran, den Weg entlangzugehen, bis sie schließlich vor der Höhle stehen würde...

Letztendlich kamen die beiden auch bei der Höhle an, die von Eis überzogen war und über deren Eingang Eiszapfen hingen. Ziemlich beeindruckend das Ganze was sich vor ihr da so bot, aber einen Rückzieher würde Lily jetzt sicherlich nicht mehr machen. „Und wie genau gehen wir vor? Einfach drauf los?“ Das Häschen sprang aus der Tasche und hoppelte vor ihr in die Höhle, was wohl ein 'Ja' symbolisieren sollte. Doch bald blieb es stehen und drehte sich zu ihr um. „In der Höhle gibt es Abzweigungen. Vor ihnen gilt es immer ein Rätsel zu lösen.... Entscheidest du richtig, dann kommen wir dem Schwert ein Stück näher, entscheidest du falsch, verirren wir uns. Nennst du deine Antwort, fallen die Eiszapfen vor einem der Eingänge runter, und du musst den anderen nehmen. Also überlege weise welchen du nehmen wirst.“
Gesagt getan kamen die beiden an der ersten Abzweigung an...

Atemlos lebt es,
kalt wie der Tod schwebt es,
fühlt keinen Durst, und doch trinkt es,
trägt ein Kettenhemd, und nie klingt es.

Zuerst dachte Lily, dass das mit den Eiszapfen wohl kein Problem wäre, doch als sie jene erblickte, verstand sie, wieso sie gezwungen war den anderen Gang zu nehmen. Sie waren so dick, dass man nicht einmal mit zig Steinen das Eis brechen könnte. Also galt es, Vorsicht walten zu lassen. „Auh! Das weiß ich...Meine Mutter hatte mir das mal erzählt. Das ist der Fisch!“ Und bei den Worten fielen die ersten Eiszapfen hinunter, bis der Rest folgte und der eine Gang komplett zu bedeckt war. „Wie kommst du auf die Idee dass das ein Fisch sein könnte! Du musst vorsichtiger sein!!!“ „Nein, nein. Ich weiß schon was ich tue. Es ist der Fisch! Ein Fisch atmet nicht wirklich. Wenn er schwimmt, sieht es aus als würde er schweben. Er fühlt keinen Durst, aber befindet sich ständig im Wasser und trinkt. Und sein Kettenhemd sind seine Schuppen!“ Das Häschen hoppelte Richtung Gang. „Wollen wir hoffen dass du Recht behältst!“ „Vertrau mir!“, versicherte Lily. Sie war sich da sehr sicher dass das stimmte. Und schon tappten die beiden weiter und siehe da, sie kamen zum nächsten Rätsel.

Etwas, das alles und jeden verschlingt:
Baum, der rauscht, Vogel, der singt,
frisst Eisen, zermalmt den härtesten Stein,
zerbeisst jedes Schwert, zerbricht jeden Schrein,
schlägt Könige nieder, schleift ihren Palast,
trägt mächtigen Fels fort als leichte Last.

Das Rätsel war schon etwas schwieriger... Und es dauerte auch eine Weile, bis Lily ihre Stimme erhob und bestimmt sagte: „Die Zeit?“ Fragend der Unterton, doch das half nichts. Wieder prasselten die Eiszapfen zu Boden und versperrten den Weg des einen Ganges. Hoffentlich hatte sie Recht. Das Häschen war in zwischen wieder in die Tasche gesprungen und vertraute Lily. Und schließlich kamen sie zum dritten Rätsel, was vermutlich das letzte war. Denn laut Legende, hatte das Häschen gehört, dass es drei 'Prüfungen' zu bestehen galt. Und nun würde sich zeigen, ob dem so war. „Wir sind da...mal sehen...“, meinte Lily und las das Rätsel, welches lautete:

Bin der Nachbar von Sonne und Sterne,
regle das Wasser und tu dies sehr gerne.
Bist Du verliebt, denkst Du müsstest verschmachten,
Wirst Du die ganze Nacht mich betrachten.

„Das ist einfach! Es ist der Mond. Er ist der Nachbar von Sonne und Sternen, Ebbe und Flut regeln das Wasser...Und wenn man verliebt ist und nachdenklich ist, dann starrt man die ganze Nacht hinauf zum Mond.“ Das leuchtete dem Häschen ein und auch der letzte Gang wurde blockiert. Sie liefen weiter und weiter, bis sie in eine kleine Kammer kamen, in der das Schwert in einem großen Schneehaufen steckte, nicht schwer es herauszuziehen. „Da ist es! Musst du mir nicht erst erlauben das Schwert zu nehmen oder einen Spruch oder so etwas sagen?“, fragte sie, denn sie hatte keine Lust mit den Konsequenzen irgendwelcher Pfuschereien klarkommen zu müssen. „Nein kein Spruch. Ich erlaube dir das Schwert zu nehmen und es wird merken, dass ich eine Bindung zu dir habe. Vertrau mir.“, erklärte das Schneehäschen ruhig und geduldig wartete es ab, dass Lily das Schwert nahm. Gesagt getan hielt sie einige Augenblicke später das Schwert in der Hand. Und als das geschehen war, begann es zu beben und die Höhle schien einzustürzen. „Nichts wie raus hier!“ Schneller als sie wohl je in ihrem Leben gerannt war, verließen die beiden die Höhle. Und gerade als sie jene verlassen hatten, stürzte sie komplett ein. Lily brach auf dem Boden zusammen, schnaufte vor sich her und schaute auf das Schwert. „Wir haben es geschafft!“ Der Hase sprang aus der Tasche hoppelte vor sie und nickte sanft. „Ja das haben wir! Aber nun steh auf, wir müssen weiter! Wir haben keine Zeit zu verlieren.“, ermahnte er das Blondchen und Lily erhob sich sofort wieder, nahm das Schwert und tappte mit ihm Richtung Schloss. Jetzt würde es ernst werden...
Auf dem Weg zu ihrem Ziel unterhielten sich die beiden noch ein wenig und Lily warf ein: „Ich habe aber noch nie gekämpft! Wie soll ich das anstellen? Das war ja alles eben schön und gut...Aber wie stellst du dir das vor?!“ „Keine Sorge, das Schwert wird dich führen, nicht umgekehrt. Vertrau mir. Du wirst kämpfen, als hättest du nie etwas anderes gemacht. Es ist verzaubert...“, entgegnete der Hase und wenn er lächeln könnte, hätte er das wohl jetzt getan.
„Na ich hoffe du hast mit dem was du da sagst wirklich recht...“
Je mehr sie sich dem Schloss näherten, desto düsterer und finsterer wurde der Himmel und alles um sie herum. Alles war immer noch eisig und die beiden mussten aufpassen, dass sie nicht ausrutschten.
Bevor Lily noch weiter zum Eingang hätte laufen können, hielt das Häschen sie an. „Nein, du kannst doch nicht einfach rein marschieren! Es gibt einen Geheimgang. Den müssen wir nehmen. Der führt direkt zum Thronsaal.“ Lily legte den Kopf schief, ehe sie dann schließlich nickte. „Gut dann bring mich zu diesem Geheimgang.“ Und schon eilten die beiden durch das vereiste Grünzeug, was dort am Wegesrand war, um nicht entdeckt zu werden.
Schließlich kamen sie an der Seite des Schlosses an, und am Boden gab es eine kleine Einkerbung. „Super...Und wie kommen wir jetzt darein?!“ Lily war sich sicher, dass das alles noch mächtig schief gehen würde. „An deinem Schwert ist ein Stein befestigt, mach ihn ab und stecke ihn in die Einkerbung!“, erklärte der Hase und Lily tat was er von ihr verlangte. Das Steinchen passte tatsächlich in jene Einkerbung und schon schoben sich die Steine der Mauer wie durch Magie auseinander. Das Loch war nun so groß, dass Lily ohne Probleme reinkrabbeln konnte. Der Hase schnappte sich das Steinchen aus der Einkerbung und huschte noch mit in den Gang hinein...
Hinter ihnen schob sich die Mauer wieder zusammen und es wurde dunkler.
„Wenn wir dem Gang folgen, sind wir ohne große Probleme im Thronsaal. Dann wird es ernst. Du musst kämpfen und ich weiß es wird dir schwer fallen...Aber das Schwert wird dir zeigen was das Richtige ist. Du musst die Hexe stürzen und ihr das Schwert in den Bauch stechen.“ Sie sollte also jemanden umbringen? „Ich kann sie doch nicht einfach...“ „Du musst! Du hast keine Wahl!“ Große Klasse...Wie soll sie, als normales Mädchen denn schaffen, eine große Hexe zu töten, die wahrscheinlich nicht gerade ungeschickt in Sachen Magie war?
Den ganzen Gang über machte sie sich Gedanken und als sie schließlich kurz vor dem Thronsaal waren, sie schon alles erspähen konnte, schaute sie noch einmal zu dem Hasen. „Vertrau mir, das ist Spiegeleis. Sie sieht uns nicht, aber wir können sie beobachten! Warte bis ihre Diener verschwinden und sie alleine und gelangweilt auf dem Thron sitzt!“ „Woher weißt du dass das gleich passieren wird?“ „Nun, ich musste, bevor sie mich verbannt hatte, kurze Zeit für sie dienen. Als ich das nicht mehr wollte, hat sie mich zu dem gemacht was ich jetzt bin. Und nur ihr Tod kann den Fluch brechen und eurer Welt wieder den Frieden bringen!“
Das leuchtete ein. Und vielleicht würde ihr das alles auch gar nicht so schwer fallen? Immerhin hatte sich langsam genug Wut in Lilys Bauch angestaut. Schließlich hat diese Hexe ihr Leben komplett durcheinandergebracht und sie leiden lassen. Dafür müsste sie dann eben bezahlen!
Während Lily so nachdachte, verschwanden langsam die Wachen. Und als diese ganz aus dem Thronsaal verschwunden waren, schlug die Hexe gelangweilt ein Bein über das andere und stützte den Kopf auf ihrer Hand ab. Eigentlich sah sie ziemlich hübsch aus für eine Hexe. Man hatte ja bei Hexen immer ein ziemlich abscheuliches Bild vor Augen. Doch bei ihr war das anders. Sie hatte Eisblaue Haare, eine schneeweise Haut und eine Figur, die zerbrechlicher nicht hätte sein können. Fast so als wäre sie eine einzige Eisskultpur.
„Los! Jetzt ist der richtige Zeitpunkt!“, ermahnte das Häschen Lily, die komplett in Gedanken versunken war. Sofort zuckte sie zusammen und nickte. Instinktiv schlug sie das Spiegeleis ein und stürmte mit dem Hasen in den Thronsaal. Dem Thron näherte sie sich in Bruchteilen einer Sekunde und hielt der Hexe das Schwert an die Kehle. „Keinen Ton!“ Lily wunderte sich selbst darüber, mit welcher Selbstsicherheit sie das sagte. Die Hexe bewegte sich nicht. Ein kleiner Blick auf das Schwert schien ihr genügt zu haben. Lily nahm das Schwert und trat um den Thron herum. Ein Fehler wie sich herausstellte. Denn diesen Moment nutzte die Hexe um ein lautes „Wachen!“ von sich hören zu lassen. Und es dauerte nicht mal fünf Sekunden, da stürmten die ersten Wachen auch schon in den Thronsaal. „Uh Oh...!“, ebbte über Lilys Lippen, während das Schwert sie schon von ganz alleine in die Richtung der Wachen zu ziehen schien. Der Hase konnte nicht viel ausrichten und hatte sich stattdessen hinter einer vereisten Säule verkrochen, sah von dort aus zu. Ziemlich feige, aber was sollte er sonst machen? Lily kämpfte mit den Wachen, schlug sie alle nieder, bis plötzlich eine Wache sich von hinten an schlich. Diese jedoch, hatte keine Chance zuzuschlagen, denn der Hase hatte eine Eisvase unter enormen Kraftaufwand um geschubst und diese rollte der Wache in den Weg, so dass diese auch umfiel. Und so konnte Lily auch diese Wache niederschlagen...
Nun drehte sie sich wieder zur Hexe um und ging einige Schritte auf sie zu. „Wer bist du, Mädchen!“ Die Stimme der Hexe war etwas zittrig, immerhin schien sie ihr eigenes Ende schon voraussehen zu können. „Lily! Und ich werde dir nie verzeihen was du meiner Welt angetan hast!“, und schon rannte sie auf die Hexe zu, mit erhobenem Schwert. Und da trat der Hase hinter seiner Säule hervor und schaute die Hexe triumphierend an... „Du!!!!“, entfuhr es ihr noch, bevor sie erstarrte, denn Lily hatte das Schwert schon in ihren Bauch gerammt. Doch statt so zu verenden wie ihre Wachen, zersplitterte sie langsam in ihre Einzelteile. Sie war wohl wirklich aus Eis gewesen...Kaum waren die letzten Splitter zu Boden gefallen, taute das Schloss wieder und alles wurde in wunderschöne Frühlingsfarben getaucht. Der Hase war umgeben von einer weißen glitzernden Schwade und einige Herzschläge später, wurde aus ihm ein hübscher junger Prinz. Dieser eilte auf Lily zu, umarmte sie und legte anschließend die Hände auf ihre Schultern. „Das war wirklich sehr mutig von dir...Ich danke dir. Du wirst nun zurück in deine Heimat gehen können. Dort wird eine Überraschung auf dich warten. Vertraue mir. Und komm uns jederzeit mal besuchen. Das Portal wird immer an dieser Stelle bleiben. Ich werde es offen lassen für dich.“ Bei der Umarmung des Prinzen wurde sie schon rot und lächelte leicht. „Danke...das werde ich.“ Die Überraschung war ihr nicht einmal so wichtig. Wichtiger war es, dass sie mit ihrer Familie nun wieder mehr Geld verdienen könnte, um über die Runden zu kommen. Sie verabschiedete sich und trat die Heimreise an...

Durch das Portal kam sie wieder zurück in ihre Welt. Der Wald war nicht mehr von einer dicken Eisschicht überzogen, sondern es war alles in ein angenehmes Frühlings grün getaucht.
Also war das wohl doch kein Traum gewesen, was?
Noch einmal blickte sie zurück auf das Portal, ehe sie den Heimweg komplett antrat.

Im Dorf angekommen schien auch alles wieder den gewohnten Lauf zu nehmen. Die Menschen waren glücklich darüber, endlich wieder Frühling zu haben, und Dinge zu erledigen und zu arbeiten, die sie im winter nicht machen konnten. Auf schnellstem Wege eilte Lily zu ihrem Haus und stürmte hinein. „Mama, Papa! Ich bin wieder da!“ „Kind! Wo warst du so lange?!“ „Im...Wald...spielen! Und dann habe ich total die Zeit vergessen und ehe ich mich versah, taute auf einmal alles!“ Wo sie in Wahrheit gewesen war, das konnte sie doch niemandem sagen, oder? Wer weiß, vielleicht eines Tages.
„Lily in deiner Abwesenheit hat jemand ein Paket hinterlassen!“
Und bevor ihre Eltern noch etwas sagen konnte, machte Lily das Paket auf. Es war bestimmt vom Prinzen. Die blauen Augen wurden ganz groß und ein Lächeln zierte das Gesicht. „Eine neue Geige!“ Die Geige war schneeweiß mit goldener Verzierung und goldenen Saiten. Ganz Edel. Und viel viel schöner als ihre alte Geige es jemals gewesen war.
Doch das war nicht alles. Darunter lag noch ein Brief. Lily öffnete ihn und las ihn leise für sich.

Liebe Lily,
Ich möchte dir noch einmal dafür danken dass du so viel für mich und mein Land getan hast.
Ohne dich wäre vieles nicht so wie es jetzt wieder ist.
Du hast die Schneehexe vertrieben und dir somit diese Geige verdient.
Ich weiß dass dir sehr viel daran liegt, Musik zu machen.
Wenn du letztendlich meine Hilfe irgendwann benötigen solltest,
scheue nicht davor, zu mir zu kommen.
Du und deine Familie sind herzlichst eingeladen...
Bitte kommt uns bald besuchen!
In Liebe, der Prinz.

Lily schloss die Augen und drückte den Brief eng an sich.
„Das werden wir....Das...werden wir.....“

Impressum

Texte: Sabrina S. Und bei Walter Scherf (Rätsel der kleine Hobbit)
Bildmaterialien: losing_my_way (@Deviantart)
Tag der Veröffentlichung: 12.02.2012

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