Cover


Nr. 77, Acryl 2007




Der Aufenthalt in Kapstadt war beendet. Sechs Monate verbrachten wir in diesem Land. Sechs Monate voller neuer Eindrücke, voller Träume und vieler Krisen. Wir hatten uns vorgestellt, alles wird so wunderbar, wie in unserem Bilderbuch der Träume.

Nun, da die Zeit in Kapstadt zu Ende war und wir uns in Deutschland wieder einlebten, wären wir am liebsten wieder umgekehrt. Außer unser Sohn, der war froh, endlich wieder in Deutschland zu sein. Er war damals dreizehn, er vermisste seine Freunde und alles was sich Jungendliche so wünschten. Denn das Leben in Kapstadt war schon anders und wir lebten in dieser Stadt auch nicht gerade im Luxus, sondern einfach mitten in der Stadt, wo sich die Nationalitäten mischten. Natürlich hatten wir auch Kontakte zu vielen Einheimischen, Weiße wie Schwarze. Einige sind auch heute noch unsere Freunde und wir halten zu Ihnen freundschaftliche Verbindungen.

Ich hatte in Kapstadt die Möglichkeit in der National Galerie eine Gruppe von Menschen zu treffen, die einmal in der Woche dort malten. Ein Student begleitete uns auf unseren malerischen Entdeckungstouren in und um Kapstadt. Das erste Mal hatte ich dort Gelegenheit viele Künstler kennen zu lernen. Wir besuchten viele Vernissagen, die National Galerie mit den neuesten Ausstellungen und vor allem, malten und zeichneten wir selbst sehr viel.

Mein Mann entdeckte für sich die Bildhauerei, er versuchte es mit Speckstein. Er nutzte die Gelegenheit und schaute einheimischen Künstlern über die Schulter, wie die mit dem Material umgingen. Sehr bemerkenswert und eindrucksvoll waren die großen Skulpturen außerhalb von Kapstadt. Viele Stunden verbrachte mein Mann auf unseren kleinen Balkon damit, kleine Figuren herzustellen.






Novemberfische 2008

Wir mussten damals viele Schwierigkeiten überwinden, um in Deutschland wieder anzukommen. Zum Glück konnten wir bei einer sehr guten Freundin wohnen, bis wir selbst wieder eine hatten. Mein Mann musste Arbeit finden, dazu brauchten wir aber zunächst eine Anmeldung auf dem Einwohnermeldeamt Die bekamen wir nicht, da wir keine Arbeit hatten. So war es ein Kreislauf mit vielen Hindernissen. Zum Glück konnte ich ziemlich schnell wieder meine Arbeit aufnehmen und dann erhielten wir alle Papiere zum Start in unser altes, neues Leben. Für unseren Sohn begann sehr schnell der gewohnte Alltag wieder. Er war glücklich, wieder an dem Ort seiner Freunde zu sein.


Für mich stand sehr schnell fest - ich bin aus der Umlaufbahn geworfen - hatte meinen roten Faden verloren. Plötzlich hieß es wieder - früh zur Arbeit bis spät abends. Haushalt, neu und alt Orientierung. Ich hatte mich verloren. In Kapstadt war mein Herz geblieben, mein Körper aber fand sich in Deutschland wieder. Ich suchte nach Möglichkeiten mich auszudrücken, meiner Seele raum zu geben, für all die unverarbeiteten Dinge, die mich in Südafrika so beeindruckt haben und die ich viel zu schnell wieder loslassen musste.


Angekommen 2006

Neben der Arbeit hatte ich kaum Zeit, doch in mir brodelte es. Ich konnte es einfach nicht mehr aushalten. Ich bat meinen Mann um Reiseerlaubnis nach Kapstadt. Ihr werdet denken, wie, bat um Reiseerlaubnis? Wir hatten all unsere Ersparnisse in diesem halben Jahr aufgebraucht und es war schwer wieder neu zu sparen. Nun, um allein zu verreisen, musste ich es mit meinem Mann besprechen. Er war erst einmal total überrascht, aber er konnte mich auch verstehen. Gern wäre er mitgekommen, wir hatten aber nicht genug Geld für zwei. Er schenkte mir die Reise und wünschte mir bei der Suche nach dem roten Faden Erfolg. Mein Glück ist auch sein Glück. Anfangs fand ich es ziemlich egoistisch von mir und ich zögerte. Doch mein Heimweh war stärker. Ich brauchte diese Reise, um noch einmal alle Stationen, alle Menschen zu sehen und mit mir allein zu sein. Ich habe in Kapstadt meine Quelle gefunden.



Lebensfreude 2007

Diese Reise war für mich wunderbar, alle Ereignisse konnte ich nochmal an Ort und Stelle erleben und täglich fuhr ich zu meiner Energiequelle, den Müitzenbergstrand. Dort war ich eins mit dem Leben, dort konnte ich meine Kraft spüren, dort war ich voller Energie. Ich sog alles auf und gab meinen Sehnsüchten einen Platz. Mit dieser Energie flog ich nach zehn Tagen wieder zurück nach Deutschland. Ich war bereit für die Verarbeitung. Dafür wählte ich das Atelier zum Malen. Ich freute mich riesig, endlich nach dieser langen Malpause wieder an die Arbeit zu gehen. Im Atelier traf ich dieselben Frauen wieder und war glücklich dabei zu sein. Ich hatte zwar ein wenig Angst vor dem ersten Bild, doch ich fühlte die Kraft in mir und so entstand als erstes ein Fischbild. Ich war so glücklich, es malte sich fast allein und war einfach richtig für den Moment. Es sollten dann noch viele Fischbilder folgen.





Rotbarsche 2004

In den kommenden Wochen hatte mich das Thema - Fische - voll ergriffen. Alles, was sich mir in den Weg stellte zum Thema Fisch, saugte ich auf und jeden Donnerstagnachmittag im Atelier hatte ich wieder neue Ideen. Ich fühlte mich getragen von dieser enormen Kraft und dem Fluss meiner Ideen. Ich war in die Fischwelten abgetaucht – in die Tiefen der Ozeane, dem kristallklarem Wasser, in türkisblauen Lagunen, schnell, schwebend, auf der Suche zwischen den Welten, zwischen den Fischwelten. Alle möglichen Wesen begegneten mir in meinen Gedanken und auf dem Papier, sowie auf der Leinwand. Die Leinwände wurden dann auch immer größer, mehere Leinwände ergaben ein Motiv. Es war eine wunderbare Schöpfungszeit.






Gemeinsamer Weg - Acryl, 2006



Fische in Afrikanischer Erde 2005


Das Leben war im Fluß und ich war in Bewegung. Alle meine Gedanken, die vielen Erlebnisse zwischen den Kulturen und dem Leben hier in Deuntschland konnte ich nun einen Ausdruck geben. Viele Gespräche mit den Frauen im Atelier begleiteten meine Arbeit. Nun einige Bilder aus dieser Zeit.



Unschuld - Öl, 2007


Gedanken zum Malen - Der Hüter des goldenen Löffels ist gefunden. Er lebt in den Tiefen der Ozeane,zwischen den Welten. Der goldene Löffel, ein Zeichen. Viele Tränen flossen in die Meere, viele Träume wurden gelebt und wieder vergessen. Aber nun ist er da - der goldene Löffel. Zum Greifen nahe, er leuchtet in seiner ursprünglichen Kraft und dem göttlichen Glauben an alles Sein auf dieser Erde. Der Hüter hat sich gezeigt und lebt weiter in der Tiefe des Gefühls, in der Geborgenheit der Elemente. Er gibt die Vertrautheit und hält den Löffel dem Licht entgegen.


Die Wächter - Gouache, 2006

Ich treibe um in den Welten Ich fließe durch Tautropfen benetzt im Geflecht der Wipfel durchdrungen Zartblühend geträumt Er- wachen

Ich bin mir oft zu kurz gekommen, dachte immer- ich muß geben und geben. Dabei vergaß ich zu nehmen. Die Auseinandersetzung mit den Fischen brachte mir viele Erkenntnisse. Es begann ein Austausch, auch im Außen mit anderen Menschen, die zu meinen Ausstellungen kamen. Die Tiefe der Bilder, mit den Fischen regte viel zum Nachdenken an. So zieht es die Bilder in die Welt und sie verbreiten eine Botschaft - Die Welt ist so bunt, viele Farben zeigen sich und so ist es auch mit uns Menschen. Viele Farben zeigen sich in uns und wir brauchen diese Fielfalt nur zu leben. Wie heißt es so schön - es könnte alles so einfach sein, ist es aber nicht. Ich habe gerade aber in letzter Zeit mit dieser Erfahrung eine für mich neue Sichtweise erhalten, dass es mit Gelassenheit, mit Selbstvertrauen und mit einer Portion Humor doch einfacher geht. So gestalte ich meinen Weg, der mir zeigt, so manche Hürde ist doch einfacher zu bezwingen, als gedacht. Ich wünsche mir noch viele Bilder, die in die Welt gehen, um uns die Farbigkeit des Lebens zu zeigen.








In der Auseinandersetzung mit dem Thema gelang es mir immer besser auf meine innere Stimme zu hören, was will mir das entstehende Bild sagen. Es gibt mir Hinweise, es entstehen Wesen - Fische, durch meine Hand geboren. Jedes Bild sagt mir, was enstehen soll oder auch darf. Durch die Farbwahl drängen sich einerseits die Bilder auf, die gemalt werden sollen. Fische zeigen sich, sie haben Charakter, sie befinden sich zwischen den Welten. Sie geben mir die Verbindung von der Wirklichkeit, was wir sehen zur Intuition, zur Phantasie, zum Glauben. Für mich ist es die Verbindung von Sein zum Zwischensein.
Die Wirklichkeit sieht unser Auge und unser inneres Auge sieht, was hinter der Wirklichkeit steht. Ich lasse es immer wieder zu, dass es sich zeigen darf. Oft arbeite ich mit einem Plan, möchte etwas konstruieren, dann merke ich aber beim Malen und beim Tun, hier drängt sich etwas in den Vordergrund, hier möchte etwas enstehen, hier soll etwas gesagt werden. Ich gebe mich dem hin und lasse mich führen. Ich stelle mich zur Verfügung für den Austausch. Der Fisch wurde für mich ein Symbol für Lebendigkeit und für den Glauben. Der Fisch ist schillernd, gefüllt, gefräßig, zurückgezogen, wild, er ist ein Wesen von unendlicher Form. Die Möglichkeit einen Fisch zu malen, zu konstruieren, zu fühlen, lebendig werden zu lassen gibt es viele und er entsteht bei mir nur, wenn ich ihn fühlen kann. Er spricht mit mir. Es ist ein unersättliches Thema, es macht mir Spaß, ich kann versinken, ich kann träumen, ich kann in Beziehung gehen. Ich darf einfach nur sein. Und deshalb zieht es mich auch immer wieder nach Südafrika, denn dort ist meine Kraftquelle, dort tanke ich auf, dort spüre ich meine Energie, die ich hier in Deutschland lebe.



Das Licht, Gouache 2007
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Texte: Alle Rechte bei Evelin Hoop Nachdruck oder Vervielfälltigungen, auch auszugsweise, bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Autors Text und Fotos bei Evelin Hoop, 2009
Tag der Veröffentlichung: 03.06.2009

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