Es lebte einmal eine Schnecke, die Karoline hieß. Sie war scheu und traurig zugleich, da die anderen Tiere der Wiese über sie lachten. Das fand sie natürlich nicht so toll.
Alle sind so flink, schluchzte sie.
Du bewegst dich, wie ein verlaufender pudding, lachten die kleinen Käfer.
,,Was kann ich denn dafür, dass ich eine hässliche Schnecke bin ? Ich würde auch am liebsten so sein, wie die Käfer. Dann wäre ich bestimmt nicht mehr so traurig. Die haben ein schönes leben. Aber das beste wäre, dass mich dann jeder akzeptieren würde.“
Auf einmal entdeckte Karoline ein Tier, welches ihr entgegen gekrochen kam. ,,Die kriecht genauso wie ich“, freute sich die Schnecke. ,, Die ist genauso wie ich“.
,,Ich werde mich verwandeln“, antwortete die Raupe stolz. ,,Bald bin ich ein Schmetterling und fliege hoch über euch hinweg“.
Vielleicht kann ich mich auch verwandeln, dachte die Schnecke. Und so wartete sie und hoffte und hoffte und wartete.
Sie wurde jedoch immer noch nicht akzeptiert, weil sie anders war, als die anderen Tiere auf der Wiese. Sie war die einzige Schnecke, die dort lebte. Und da sie die einzige war, dachten die anderen gleich, sie wäre doof und man könne sie deswegen ärgern.
Eines Tages flatterten bunte, wunderschöne Schmetterlinge vorbei. Ich werde wohl niemals fliegen können , wurde Karoline bewusst. ,, Schnecke bleibt Schnecke… Lass den kopf nicht hängen“ , versuchte der Wurm sie freundlich auf zu muntern. Die Tage vergingen als plötzlich ein starkes Gewitter kam. Es blitzte und donnerte, es stürmte und regnete. Die Käfer versteckten sich ängstlich. Die Bienen flogen hastig ins Bienenhaus. Hilfe, jammerte der Schmetterling, der zuvor noch die Schnecke traurig gemacht hatte. Er wurde vom Wind hin und her geblasen. ,,Meine schönen Flügel werden ganz nass“. Karolina interessierte sich nicht dafür. Sie fühlte sich zum ersten mal wohl im leben. Sie kroch aus ihrem Haus und streckte die Fühler weit aus. Auf der nassen wiese konnte sie sehr gut gleiten, was sie zum Lachen brachte. Als sie gerade auf einem Blatt saß, fasste sie ein Windstoß und hob sie hoch in die Lüfte.
,,Seht her“, rief sie froh. ,, Ich fliege wie ein Schmetterling“. Doch dann wurde ihr schwindlig. ,,Wenn ich doch nur wieder auf die liebe Erde komme, stöhnte Karoline. Ich bin eine Schnecke und kein Schmetterling, der fliegen muss. Ich bin eine Schnecke und will auch eine Schnecke bleiben“. Als das Blatt mit ihr wieder gelandet war, atmete sie auf. ,,Bist du vom Himmel gefallen?“, fragte Jemand mit erstaunter stimme.
Es war eine andere Schnecke. ,, Was hast du denn dort oben in der Luft verloren?, wollte die neugierige unbekannte von Karoline wissen.
,,Ach, mich lachen die anderen Tiere auf der Wiese aus, weil ich nicht so bin wie sie. Als ich auf einem Blatt saß, konnte ich jedoch plötzlich fliegen, wie der Schmetterling, den ich bewundere. Ich habe mich für einem Moment wohl gefühlt, weil ich fliegen konnte.
Die andere Schnecke lachte: ,, Du bist doch kein Schmetterling. Wie sieht das denn aus? Glaubst du, nur weil du auf einmal fliegen kannst, bist du ein Schmetterling? Du gehörst auf die Wiese. Du bist eine Schnecke und daran wird sich auch nie etwas ändern. Ich bin stolz darauf eine Schnecke zu sein. Man muss doch nicht immer so sein wie die anderen, nur weil sie glauben, die tollsten zu sein. Du solltest froh darüber sein, dass du das bist was du bist. Und anstatt, dass andere sich über dich lustig machen, solltest du ihnen zeigen, dass du viel wertvoller und etwas ganz besonderes bist. Denn egal, was man ist. Egal ob man fliegen kann oder nicht. Ob man wunderschöne Flügel hat. Im Sturm bringen sie dir nichts. Du hast doch gesehen, was mit dem Schmetterling passiert ist. Und was ist mit uns? Musst du dich verstecken? Nein musst du nicht. Die anderen werden uns Schnecken vielleicht niemals akzeptieren, aber deswegen sollte man sich auf gar keinen Fall verstecken und sich dabei schlecht fühlen“.
Karolina bewunderte die Schnecke. Maria hieß sie. Es war Liebe auf dem ersten Blick.
Seit diesem Tag an, krochen sie gemeinsam im Schneckentempo, Fühler an Fühler, durch die Wälder und waren so glücklich wie nie zuvor ein Tier glücklicher sein konnte. Wenn andere an ihnen vorbei gingen, sagten sie nur stolz, wir sind zwei Schnecken und das ist auch gut so!!!
Tag der Veröffentlichung: 24.07.2012
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