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Als Laura wie so oft zusammenbricht, hört
sie die Stimme eines fremden Mannes in
ihrem Kopf. Als sie aus ihrer Ohnmacht
erwacht, findet sie sich in einem fremden
Zimmer wieder, mit dem Fremden. Doch sie erfährt,
dass er ein Vampir ist und merkt, dass
die beiden füreinander bestimmt sind.
Doch ihr Glück soll nicht so einfach zu
haben sein, denn der Mann, der Steve über
Jahrhunderte gefoltert hat, lässt Steve
und Laura nicht ihr Glück genießen, will er
doch Steve wieder zurück in der Hölle wissen.
Werden Laura und Steve ihre Ewigkeit
miteinander teilen? Wird es dem Meister der
Hölle gelingen sie auseinander zu reißen?
Oder schaffen das die beiden nur alleine,
indem sie Geheimnisse voreinander haben?


1

“Hallo, geht es Ihnen gut?”, drang eine verführerische Stimme an mein Ohr.
"Jetzt schon!”,

dachte ich.
“Na dann ist ja gut.”

Ich sollte dringend zum Arzt gehen, diese Anfälle wurden immer schlimmer … nicht nur, dass ich die Stimme meiner toten Mutter zu verdanken hatte, dass ich ständig Zusammenbrüche erlitt, so wie jetzt. Als ob das nicht genügte, hörte ich jetzt schon die Stimme von irgendeinem Fremden!
“Ich dachte schon, dir wäre etwas passiert.”
“Schön wäre es.”
"Sei nicht so hart zu dir."
"Okay, jetzt reicht es. Ich bin eindeutig ein Fall für die Klapse."
"Wie kommst du denn darauf ?"
"Ich höre die Stimme von irgendeinem Fremden in meinem Kopf."
"Dann muss ich ja auch so ein Fall sein, weil ich deine Stimme höre ... aber warte ich helfe dir hoch und dann bringe ich dich an einen sicheren Ort."
"Wie überaus freundlich."
"Immer doch."
"Aber ich glaube ich kann nicht ... mir wird schwarz vor Augen."
"Dann trage ich dich."
"WAS?"
"Ich trage dich."
"Wehren kann ich mich ja nicht."
"Ganz richtig."

Dann versagte mein Verstand ... Was ich als Nächstes sah, war, dass ich in einem fremden Zimmer war.
"Hallo, ist hier jemand?"
"Wie ich sehe, bist du wach."

Ich fuhr vor Schreck zusammen.
"Ja, aber wer bist du, und wo bin ich."
"Ich glaube, das bin ich, und du bist in einem Hotelzimmer."
Ein gut aussehender Mann mit braunem, stufigem Haar und -WOW!- Eis-blauen Augen kam ins Zimmer, dass, wie ich sehen musste, ziemlich teuer war, mit dem Himmelbett in dem ich lag.
Aber das - beziehungsweise derjenige - der mich interessierte, war der Typ, der sich an den Türrahmen lehnte. Er war ungefähr 1,85m groß und hatte einen tollen Bizeps, der durch das enge, weiße, ärmellose T-Shirt nur noch mehr betont wurde. Ein Traum von einem Mann.
"Danke, das nehme ich mal als Kompliment."

"Was hast du gerade gesagt?"
Ich glaubte, ich hätte ihn gehört. Dabei bewegte er noch nicht einmal seine Lippen!
"Ich habe mich bedankt, dafür dass du gedacht hast, dass ich ein Traum von einem Mann bin."
"Oh, aber das habe ich gar nicht gesagt."
Ich glaube echt ich werde verrückt, dachte ich.
"Nein, aber gedacht. Und du bist nicht verrückt ... du bist süß und sexy, aber nicht verrückt."
Er musste über meinen spöttischen Gesichtsausdruck grinsen.
"Was ist?"
"Ach nichts. Ich mag es nur, wenn du dich aufregst."
Sein Grinsen wurde noch breiter, als ich ihn wütend anstarrte.
"Hör auf so zu gucken."
Jetzt konnte ich mir mein eigenes Lachen nicht verkneifen.
"Wie lange war ich eigentlich weg?"
Er sah mein Stirnrunzeln und antwortete:
"Das Zimmer habe ich schon bezahlt und ich will nicht, dass du mir das Geld zurückgibst."
"Okay, ist ja auch egal."
"Wartet irgendjemand zuhause auf dich?"
Er sah mich mit traurigem Blick an.
"Vielleicht jemand männliches?"
Sein Blick wurde schmerzerfüllt.
"Nein, falls du darauf hinaus willst. Ich habe keinen Freund ... um ehrlich zu sein, ich bin 24 Jahre alt und hatte erst einen Freund und das liegt 5 Jahre zurück ... aber warum erzähl ich dir das alles?"
"Vielleicht, weil ich das wissen wollte oder wissen musste."
"Ich meine, ich kenne dich noch nicht mal. Ich weiß noch nicht mal deinen Namen."
Ich sah ihn fragend an. Er streckte seine Hand aus und sagte:
"Steve."
Ich nahm sie und erwiderte:
"Laura."
"Na, siehst du, jetzt kennen wir uns. Und nun zu meinem größten Problem."
Er grinste mich an.
"Und das wäre?"
Ich war mir nicht sicher, ob ich es überhaupt wissen wollte.
"Meiner einzigen Chance glücklich zu werden, beweisen, dass ich der Richtige bin."
"Oh, okay. Und wer ist diese eine Chance?"
Er lächelte so ein bei-mir-wirst-du-schwach-Lächeln und sagte lässig:
“Du.”
“Okay. Habe ich das richtig verstanden? ... Du willst, dass ich dich glücklich mache“, was für ein verführerischer Gedanke!
“Obwohl wir uns erst seit ... seit was weiß ich wie lange kennen?”
Ich wurde hysterisch, was Steve sofort bemerkte. War ja auch nicht schwer, so wie ich schrie. Plötzlich saß er von jetzt auf gleich auf dem Bett und hielt mich in den Armen.
“Ich verstehe, dass du mich für einen Psychopathen hältst, aber ich brauche dich!”
“Das glaubst du doch wohl nicht im Ernst?”
“Was?”
“Dass du mich brauchst, ich meine, du könntest Jede haben, die du willst!”
“Ich will aber dich!”
“Ich verstehe die Welt nicht mehr.”

“Ich erkläre es dir, aber versprich mir, dass du nicht schreiend davonläufst.”
Seine raue, tiefe Stimme vibrierte an meiner Wange.
“Okay”, log ich.
Ich spürte seinen Atem an meinem Ohr.
“Ich bin kein normaler Mensch und ich weiß, dass nur du mich davon erlösen kannst, in ewiger Finsternis und Schmerzen zu leben.”
“Das verstehe ich nicht ... was soll das heißen >du bist kein normaler Mensch“Tut mir leid, wenn ich dich überrumpelt habe, aber du bist meine bessere Hälfte und ich lasse dich nicht mehr gehen.”
“Was soll das heißen, du lässt mich nicht mehr gehen?”
“Das heißt, dass ich dich beschütze und dir nicht mehr von der Seite weiche. Ob du es willst oder nicht.”
“Arroganter Arsch.”
“Nein. Nur glücklich, dich endlich gefunden zu haben.”
“Wir kennen uns doch gar nicht. Das kann doch keine Liebe sein?”
“Du bist meine Auserwählte und ich kann nicht anders, als dich zu lieben.”
“Das heißt, es ist eine Zwangsliebe.”
“Nein, ich habe mich wirklich in dich verleibt ... Liebe auf den ersten Blick sozusagen.”
“Lass mir bitte Zeit.”
"Alle Zeit der Welt.”“Dein Körper versteht schneller als du.”
“Was willst du damit sagen?”
“Dein Herz fühlt sich zu mir hingezogen, genau wie dein Körper, aber dein Verstand will es nicht wahrhaben, du blockst es ab.”
“Das ist doch Blödsinn!”
“Siehst du?”
“Raus aus meinem Kopf. SOFORT!”

“Na gut, dann nicht.”
Er gab mir einen Kuss, noch zärtlicher als meiner und so liebevoll, dass ich innerlich zitterte wie eine Gitarrensaite, bevor er aufstand und in Richtung Tür ging.
“Ich mach dir etwas zu essen.”
Ich stieß einen tiefen Seufzer aus und ließ mich in die Kissen sinken.

Eine halbe Stunde später wurde ich aus meinen Gedanken gerissen und erschrak, als ich eine Hand an meiner Wange spürte.
“Entschuldigung, aber ich finde du solltest etwas essen. Du bist ganz blass. Steve lies seine Hand sinken und reichte mir das Tablett, dass er neben sich auf das Bett gestellt hatte. Er legte es mir auf die Oberschenkel, die plötzlich mit einer Tagesdecke aus goldener Seide (anscheinend sehr teuer) zugedeckt waren.
“Danke, ich muss wohl sehr abwesend gewesen sein, hm?”
“Ein wenig ... Um ehrlich zu sein, ich hätte jemanden vor deinen Augen töten können und du hättest es nicht mitgekriegt.”
Mein schockierter Gesichtsausdruck brachte ihn zu einer Entschuldigung.
“Es tut mir leid, das wollte ich nicht. Kannst du mir verzeihen?”
“Nö.”
Ich musste lachen und Steve seufzte erleichtert.
“Du hast mir gerade echt Angst eingejagt. Mach das nie wieder.”
“Verstehst du keinen Spaß?”
Ich hatte gehofft, dass er Humor hatte, aber da hatte ich mich wohl geirrt.”
“Ich verstehe Spaß, aber ich hatte Angst, dass du einfach aufstehst und gehst und mich nie wiedersehen willst.”
“Das hätte ich nicht getan.”
Jetzt konnte ich der Versuchung nicht widerstehen und küsste ihn wieder. Dieses Mal aber lange und intensiv. Ihm gefiel es offenbar, denn als er bemerkte was ich da tat, ging er darauf ein. Ich brach allerdings ab, weil ich eins und eins zusammenzählen konnte und wusste, wenn das so weitergehen würde, lägen wir im Bett, nackt.
“Nein, hör auf ... es ... es ist ein Fehler.”
“Wieso ist es ein Fehler? Wie kann das ein Fehler sein?”
Ich stand vom Bett auf, nahm meine Jacke und meine Tasche und ging zum Ausgang. Als ich meine Hand auf dem Türgriff hatte, sah ich über meine Schulter. Steve stand nur einen Meter hinter mir und sah mich flehend an. Ich spürte, wie eine Träne meine Wange hinunterrann und entschuldigte mich bevor ich endgültig aus diesem Zimmer ging.
“Es tut mir leid, Steve. Ich kann nicht.”
In seinen Augen sah ich Hoffnungslosigkeit. Dann verließ ich das Zimmer und das Hotel.


2

Wie konnte ich nur so blöd sein? Ich habe ihn einfach sitzen lassen. Wie konnte ich nur? Verdammt. Er war so perfekt. Es hätte etwas werden können, aber nein. Steve hatte Recht, ich wehre alles ab, nur weil ich auf meinen Verstand hören wollte. Von nun an höre ich nur noch auf mein Herz! Wenn ich ehrlich bin ... ich bin jetzt eine halbe Stunde von ihm getrennt, und vermisse ihn schon so sehr, als ob wir seit Jahren voneinander getrennt wären. Ich fühle mich total leer. Ich bin auf dem besten Weg mich in ihn zu verlieben. Und dabei kannte ich ihn gar nicht. Es war, als würde ich mit ihm verbunden sein.

Ja ja, ich machte mir nur Vorwürfe. Und die Erkenntnis schockierte mich. So lange konnte ich ohne Gefühle leben. Und er machte es innerhalb von Minuten zunichte.
Ich muss wieder zu ihm!

Ein Entschluss den ich schon gefasst hatte, als ich aus dem Hotel gegangen war. Und wenn auch nur, um mit ihm zu reden.
“Okay, jetzt reicht es.”
Entschlossen stand ich aus meinem Sitzsack auf, der neben meinem kleinen Dschungel aus tropischen Pflanzen (die erstaunlicher Weise in diesem trockenen Klima nicht eingingen) im Wohnzimmer stand. Michael fuhr erschrocken auf. Mit seinen 85cm Schulterhöhe riss mein tollpatschiger Irish Wolfhound gleich eine meiner Lieblingspflanzen um.
“Michael, nicht schon wieder. Du bist schlimmer, als ein kleines Kind.”
Michael ging mit geducktem Kopf auf seine Decke und ließ sich laut polternd nieder. Nach zehn Minuten Aufräumaktion griff ich nach dem Telefonhörer und wählte die Nummer der Auskunft. Die Dame am anderen Ende der Leitung verriet mir die Telefonnummer des Hotels, in dem ich vor gut einer halben Stunde war. So schlau wie ich war, hatte ich mir natürlich die Zimmernummer gemerkt und wollte mit dem Mieter dieses Zimmers in Verbindung gebracht werden.
“Tut mir leid, der Gast möchte nicht gestört werden.”
“Aber es ist sehr wichtig, und wenn er erfährt, wer mit ihm reden will, wird er seine Meinung ändern, da bin ich mir sicher.”
“Tut mir leid, aber das geht nicht.”
“Uff. Können sie mir dann wenigstens sagen, wie lange er noch Gast ist?”
“Einen Augenblick ... Er hat noch bis zum 13. Januar gebucht.”
“Dankeschön. Auf Wiedersehen.”
“Wiedersehen.”
Also noch vier Tage. Zum Glück wusste ich wo er war. Also packte ich meine Sachen und ging los, in der Hoffnung ihn zu erwischen.

Als ich endlich vor seinem Hotelzimmer stand, bekam ich weiche Knie.
Was mache ich hier bloß? Ich meine, was gehen mich seine Probleme an? Aber irgendetwas verbindet mich auf eine seltsame Weise mit ihm!

Ich klopfte zögernd an ... Keiner machte auf. Also entschied ich mich, hinein zu gehen. Immerhin sollte er froh sein, dass ich überhaupt wiederkomme, dachte ich, als ich die Tür einen Spalt weit öffnete. Alles war dunkel. Keiner da?
Hmm ... "Hallo? Steve? Bist du da?”
Keine Antwort. Ich ging vom Wohnzimmer ins angrenzende Schlafzimmer ... Na endlich. Er lag auf dem Bett ausgestreckt. Die Augen geschlossen, aber er wusste, dass ich da war. Da war ich mir sicher.
“Sag mal, kannst du oder willst du mich nicht hören?”
Wieder keine Antwort.
“Gut, dann rede eben nicht mit mir. Soll mir recht sein. Vielleicht habe ich es verdient.”
Er hatte sich kein Stück bewegt. Vielleicht schläft er, dachte ich, als ich auf ihn zuging, um zu prüfen, ob er mich überhaupt wahrnahm.
Ich bückte mich über sein Gesicht und erschrak, als sich plötzlich seine Augen öffneten, transformiert, katzengleich. In dem selben Moment packte er mich bei den Hüften und zog mich auf das Bett, sodass ich an ihn geschmiegt unter ihm lag. Er ließ gar nicht erst zu, dass ich zu Wort kam, sondern küsste mich hart. Keine Sanftheit lag darin, nur roher Besitzanspruch und Tadel. Ich bremste ihn, um zu Wort zu kommen.
“Halt! ... Bist du gar nicht sauer?”
Seine Augen waren zu Schlitzen verengt.
“Mach das niemals wieder."
“Es tut mir auch leid, aber ich geriet einfach in Panik.”
Als Beweis meiner Reue küsste ich ihn, sanft und entschuldigend.
“Vergeben und Vergessen, aber tu es nicht noch einmal.”
“Da hast du vielleicht recht. Da du ja sehr schnell auf meine Entschuldigung eingegangen bist und mir meinen Fehler verziehen hast ...”,ich wand mich unter ihm.
“... brauchen wir uns ja nicht zu versöhnen.”
Ich grinste ihn an und fuhr mit einer Hand an seiner Seite entlang,
um ihm zu zeigen, was mir da so vorschwebte. In seine Augen trat ein wissendes Funkeln und mit einer leichten Berührung seiner Finger, die meinen Arm hinauf und hinunter strichen, erwiderte er:
“Also ... Ich glaube wir müssen uns doch versöhnen, weil ich soeben beschlossen habe doch noch länger sauer auf dich zu sein.”
Ich küsste ihn auf die Nasenspitze.
“Tja, leider leider habe ich jetzt gerade keine Zeit mehr und muss los, aber ich bin sicher, dass wir uns noch wiedersehen werden. Spätestens heute Abend.”
Ich stand vom Bett auf, warf ihm noch eine Kusshand zu und machte mich auf den Weg zur Tür.
“Komm heute Abend zu mir.”
“Kommandierst du mich jetzt schon herum?”
“Bitte.”

Das klang nicht ehrlich.
"Bye."

Seine Stimme in meinem Kopf ließ mich innerlich erglühen. Ich wäre gerne länger bei ihm geblieben, aber ich musste schließlich arbeiten. Also machte ich mich auf den Weg, um nicht zu spät zu kommen.


3

Den ganzen Arbeitstag hatte ich vor mich higegrinst und die Leute, die ich in dem Kaufhaus für Dessous und Abendkleider bediente, sahen mich an, als wäre ich eine Verrückte.
“Ne, nur verliebt.” dachte ich und erschrak bei dieser Erkenntnis.
Ich war diesem Vampir verfallen ...
Jetzt schon? Und noch neugieriger machte mich der Gedanke, was mich erwarten würde, wenn ich heute Abend zu ihm ginge.
Der Arbeitstag nahm einfach kein Ende und die Gedankengänge ließen ihn auch nicht schneller enden.
“Entschuldigung, können Sie mir helfen?”
Eine ältere Dame riss mich aus meinen Gedanken.
“Hm? ... Ach so. Ja wie kann ich Ihnen denn helfen?”
“Ich suche ein Kleid für ein Klassentreffen. Könnten Sie mich vielleicht beraten?”
Ich ging um den Tresen und bat sie mir zu folgen, in Richtung eines Ständers am anderen Ende des Raumes. Ich hielt ihr ein dunkelblaues Kleid mit Strasssteinen hin. Sie nahm es und sah mich mit einem Grinsen an.
“Ja ja Kindchen, ich weiß wie es ist, verliebt zu sein.”
Sie drehte sich um und ging in Richtung Umkleidekabine.
Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Beunruhigt begab ich mich zurück zur Kasse, irgendetwas an der Frau ließ mich erstarren. Das Gefühl ignorierend konzentrierte ich mich auf andere Dinge. Auf Steve zum Beispiel.
Eins stand fest:
Ich hatte mich bereits in ihn verliebt und freute mich schon auf den Abend. Anscheinend ging das mit dem Verlieben bei Vampiren schneller. Es war als wenn ich ihn schon mein ganzes Leben kennen würde und nach ihm gesucht hätte, ohne dass ich es gewusst hatte.

Als ich zu Hause war, nahm ich Michael und ging eine Runde mit ihm, weil es erst sieben Uhr war. Und wieder ging er mir nicht aus dem Kopf.
Wieder zu Hause angekommen entschied ich, mich auf den Weg zum Hotel zu machen, da es schon 19:30 Uhr war
Ich war so nervös, dass ich fast den ganzen Weg bis zum Auto, ohne Autoschlüssel gegangen war.
Wenn das so weitergeht, werde ich morgen noch nicht bei ihm sein!
Mit dieser Tatsache ging ich zurück und holte den Schlüssel.


4

Auf dem Parkplatz vor dem Hotel, sah ich noch einmal in den Spiegel, um zu prüfen, ob meine champagner farbenen Locken noch in der Spange, die sie hochsteckten, perfekt saßen. Trotz der Spange gingen meine Haare mir noch bis zu den Schultern. Meine grün, blauen Augen mit geschminkten Wimpern umrandet. Perfekt. So konnte ich mich sehen lassen. Die Lobby, durch die ich gehen musste, war voll von lauter Männern in meinem Alter und ich fühlte mich nicht wohl, als ich die Blicke auf mir spürte. Mein Outfit betonte das Ganze noch. Der Rock ging mir nur bis zu den Knien und die Bluse war sehr figurbetont. Einer der Männer stand auf und kam mit extremer Machomanier auf mich zu und versperrte mir den Durchgang.
"Wo willst du denn so spät noch hin?"
Da ich diese Art, wie er sich verhielt, nicht leiden konnte, stieß ich ein verächtliches Schnauben aus und sagte:
"Weg von dir."
"Ach komm schon, setze dich doch zu uns."
"Eher gehe ich in ein Kloster, als zu dir und deinen Freunden."
Mit diesem Spruch ging ich an ihm vorbei, doch er hielt mich am Arm fest und drehte mich zu sich um.
"Los Baby, hab dich nicht so."
"Sag mal verstehst du mich nicht? Ich habe Nein gesagt."
Er drückte mich gegen die Wand.
"Nur 'ne kleine Nummer."
"Lass mich los, ich will nicht."
Ich versuchte ihn auf Abstand zu halten, als plötzlich eine tiefe Stimme von der Seite der Hotelzimmer an mein Ohr drang.
"Lass sie los!"
"Und wer bist du?"
Mr. Macho ließ mich immer noch nicht los und machte sich offensichtlich über Steve lustig.
“Das kann dir doch egal sein, und jetzt lass sie endlich los.”
Steve machte einen Schritt in unsere Richtung.
“Geh und such dir ‘ne andere, ich hatte sie zuerst.”
Mr. Macho verstärkte seinen Griff um meine Arme noch.
“Au! Ich bin doch kein Spielzeug.”
Ich sah zu Steve und sah ihn erschrocken an, was, wie ich bemerkte, Mr. Macho auch tat. Nicht wunderlich bei diesem Anblick.
“Steve, deine Augen und deine Zähne!”
“Okay, hier nimm sie dir.”
Mr. Macho ließ mich los und ging mit erhobenen Händen ein paar Schritte zurück.
“Mach, dass du wegkommst.”
Steves tiefes Knurren ließ ihn die Flucht ergreifen. Ich wandte mich zu Steve um, unendlich dankbar, dass er da war.
“Er hat gesehen, wie du dich verändert hast.” Flüsterte ich ihm ins Ohr.
“Das ist mir herzlich egal, solange es dir gut geht.”
Als Dankeschön küsste ich ihn mit aller Hingabe.
“Ich bin noch nicht ganz fertig, deswegen bitte ich dich, noch ein bisschen in der Lobby zu warten, bis ich dich hole.”
“Okay, aber bitte nicht zu lange. Ich will nicht länger als nötig in der Nähe von denen sein.”
“Ich beeile mich.”
Mit einem flüchtigen Kuss verschwand er wieder. Meine Lippen kribbelten seltsam nach der Berührung unserer Lippen. Wie eine statische Ladung.
Ich ging in die Lobby und setzte mich auf einen der Stühle an einem Tisch. Die Männer saßen nur wenige Meter von mir entfernt und beobachteten mich.
Wo bleibt er denn, dachte ich und sah ungeduldig zur Uhr.
“Da taucht dieser Berg von Mann auf und sagt, ich soll sie loslassen ... Ich sag euch der Typ ist ihr Zuhälter.”
Ich hörte leise, wie Mr. Macho seinen Freunden die Geschichte von eben gerade erzählte.
Endlich kam Steve in die Lobby und sah die Männer verächtlich an. Dann sah er mich an und lächelte.
“Ist Graf Dracula jetzt fertig?”
“Ja, wollen wir?”
Er reichte mir seine Hand, wie ein Gentleman. Ich nahm sie und stand auf. Steve legte mir eine Hand aufs Kreuz, als wir an den Männern vorbeigingen, um klar zu machen, dass ich ihm gehörte und sie die Finger von mir zu lassen hatten.
“Ich sag’s euch, ihr Zuhälter.” Hörte ich ihn noch mal nachdrücklich zu seinen Freunden sagen.
“Der glaubt echt, du bist mein Zuhälter ... Ich fasse es nicht, nur weil ich nicht auf ihn eingegangen bin.”
“Liegt das vielleicht rein zufällig daran, dass du mich sehr magst?”
Ich antwortete nicht, aus Angst zu schnell zuzugeben, dass ich mich bereits in ihn verliebt hatte und mein Leben mit ihm verbringen wollte, was, wie ich feststellen musste, unausweichlich war.
Da gab es ein Band zwischen uns, dass mir zeigte, dass wir zusammen gehörten.
Wir stiegen aus dem Fahrstuhl und gingen in Richtung Hotelzimmer.
Er sah mich noch immer hoffnungsvoll an, also log ich.
“Nein ... Ich versuche nur deinen Arsch zu retten.”
Er verspannte sich plötzlich und blieb abrupt stehen.
“Hey, das war nur ein Witz, ich hatte gehofft, dass Vampire in deinem Alter Sinn für Humor haben. Um ehrlich zu sein, mag ich dich, sehr sogar.”
Ich konnte meine Klappe einfach nicht halten, doch er grinste nur und wir gingen weiter. Ich fing an zu lachen.
“Was ist?”
“Hast du etwa Angst, ich könnte dich sitzen lassen?”
“Die Liebe seines Lebens zu verlieren, ist bestimmt kein angenehmes Gefühl.”
“Ich könnte dich nicht einmal im Traum sitzen lassen ... Das ist mir übrigens klar geworden.”
Ich konnte nicht anders, ich musste ihn einfach küssen. Er löste sich als erstes von mir. Dann schloss er die Tür auf und hielt mir die Hand vor Augen.
“Ich führe dich, vertrau mir.”
Ich war kein Mensch, der schnell vertraute, doch ich spürte seinen Atem an meinem Ohr, als er mir die Worte zuflüsterte. Und ich vertraute ihm ohne weiter über irgendwelche Konsequenzen nachzudenken.


5

Er führte mich, so wie ich es merkte, durchs Wohnzimmer und dann durch eine Tür, vermutlich das Schlafzimmer. Oh mein Gott, er will mich verführen, dachte ich panisch.
"Nein, vorher musst du dir etwas ansehen und mir zuhören."
"Okay, du machst mir echt Angst."

Er küsste mich am Hals.
"Entschuldigung, das wollte ich nicht."

Er ließ seine Hand sinken und das, was ich sah, verschlug mir die Sprache.
"Oh mein Gott."
Ich staunte nicht schlecht.
"Gefällt es dir? ... Ich habe geschlagene fünf Stunden gebraucht ... Naja gut, vier brauchte ich um überhaupt erst auf die Idee zu kommen."
Er klang verunsichert und wollte sich bei mir rechtfertigen. Wie süß. Ich musste über sein Worte lachen, drehte mich um und sah ihm in die Augen.
"Hast du das alles für mich gemacht?"
Er lächelte. Das war beruhigend.
"Natürlich, für wen denn sonst."
"Ja, klar gefällt es mir, wie könnte es nicht?"
Ich sah wieder auf den Weg aus Rosenblättern vor mir, der zum Bett führte und vor dem Bett ein Herz aus Kerzen und Rosenblättern bildete. In der Mitte lag eine wunderschöne, voll erblühte Rose ... Es war so romantisch. Erst, als ich näher an das Herz trat, sah ich den Brief in der Mitte liegen, unter der Rose.
"Lies ihn dir durch."
Ich sah zu Steve und dann ging ich zum Herz und nahm den Brief. Mit dem Auffalten ließ ich mir Zeit. Dann las ich ihn mir gründlich durch.

Laura es tut mir Leid, wenn ich dich bedrängt habe, denn das wollte ich nicht. Aber ich liebe dich und will dich nicht verlieren. Ich will, dass du beschützt wirst, und zwar von mir. Ich will jede Minute der Ewigkeit, die ich schon viel zu lange ohne dich verbracht habe, mit dir verbringen. Ich werde mit dem Atmen aufhören, wenn du es verlangst. ALLES. Ich will nur dich.



Das war total süß und er hatte sich solche Mühe gegeben.
"Das ist total schön. Danke."
Ich drehte mich um, damit ich ihm sagen konnte, was mir auf der Seele lag, aber Steve war weg. Er war einfach weg. Ein Geräusch hinter mir, ließ mich zusammenfahren. Es hatte an der Tür geklopft.
"Hab keine Angst, mach einfach die Tür auf. Ich bin gleich zurück. Es ist die Polizei. Die Typen aus der Lobby haben sie gerufen."
"Aber warum gehst du weg? Es ist doch nichts."
"Das sehen die ganz anders. Sag ihnen einfach, dass du beschäftigt bist, weil ... weil dein Freund gleich wiederkommt und eine Überraschung hat, okay?"
"Okay, aber komm gleich wieder.""Du bist ein guter Schauspieler."
"Danke."

Steve konnte das wirklich gut. Der kleine Polizist sah uns nacheinander an und klatschte dann seine speckigen, kleinen Hände zusammen.
"Gut, dann entschuldigen Sie die Störung."
Er machte sich auf, in Richtung Tür.
Als sie weg waren, sah Steve zu mir herunter und fing an zu grinsen.
"Was ist?"
Ich sah ihn fragend an. Was war denn so lustig?
"Ich glaube, ich muss einem Herrn das Fürchten lehren."
"Da will ich mitspielen. Darf ich mich anmachen lassen und du wirst eifersüchtig. Dann bricht es aus dir heraus?"
Ich musste lachen, Steve aber nicht.
"Willst du, dass ich die Typen umbringe? Dann mach nur so weiter ... Ich war eben schon rasend gewesen, dich bei dem Schönling unten zu sehen."
"Bist du so eifersüchtig?"
"Versuch nicht es herauszufinden ... Vampire sind besitzergreifend, merk dir das."
Das meinte er ernst.
“Na gut, aber ich glaube ich muss mich bedanken und dir etwas sagen.”
Steve führte mich zurück in sein Schlafzimmer.
“Erstmal muss ich etwas loswerden.”
“Okay, ich höre.”
“Das, was ich geschrieben habe, ist mein Ernst und nur eine grobe Zusammenfassung dessen, was ich fühle.”
“Das war das, worüber ich mit dir reden muss. Ich weiß es echt zu schätzen, wie du dich um mich sorgst ... “
“Aber?”
“ ... ich habe Angst vor dem, was ich fühle.”
Es lief meinem Innern zu wider, dass ich mich einem Mann hingab, den ich nicht kannte. Ihm vertrauen und lieben ganz zu schweigen. Aber ich tat es.
“Was heißt das für uns?”
“Kannst du dir das nicht denken?”
Er sah misstrauisch aus.
“Kann ich das?”
“Du willst, dass ich es sage, oder?”
“Ich will wissen, wie du dich entscheidest.”
“Okay.”

Ich seufzte und sah ihm tief in die Augen.
“Ich liebe dich und will dich nie wieder hergeben. Du bist das Beste, was mir passieren konnte ... So. Bist du jetzt glücklich?”
“Höchst zufrieden, aber es könnte besser sein.”
Er kam zu mir, bis nur noch wenige Zentimeter uns trennten, hob mein Kinn und küsste mich. Seine Zunge sollte verboten sein, ging es mir durch den Kopf. Langsam und so, dass ich es nicht merken sollte, schob er mich in Richtung Bett und zog mir nebenbei meine Bluse aus. Dann zog ich ihm das ärmellose Shirt aus und ließ mir alle Zeit der Welt, seine Muskeln zu begutachten.
“Schick und sehr männlich.”
Ich musste an seinen Lippen grinsen.
“Aber ich hab noch nicht genug weibliches von die gesehen”, erwiderte er, als er mir den BH auszog. Er ließ mich auf das Bett sinken und bedeckte meinen Körper mit seinem. Dort hörte er auch nicht auf mich zu küssen, zog allerdings ganz nebenbei meinen Rock und meine Schuhe aus. Gleich darauf folgte mein Slip. Aber mir gefiel nicht, dass er mehr trug, als ich und so zog ich ihm auch Jeans aus, darunter trug er nichts. Zwischen den Küssen sah er mich mit einem Glitzern in den Augen an und gab zu: “Endlich hat mein Dasein wieder einen Sinn.”


6

In seinen Armen zu schlafen war so angenehm und schön. Ich war völlig erschöpft eingeschlafen nach unserem kleinen Abenteuer ins Paradies und zurück, was wir wie eine Kassette ständig wiederholt hatten. Nach vier Stunden Schaf, war ich immer noch müde … aber zufrieden. Und ich war überglücklich. Mein Kopf ruhte auf Steves Brust. Ich lauschte seinem Herzschlag und passte meinen Atem seinem an, da ich befürchtete zu hyperventilieren so nah wie ich ihm war. Er war ein Traum und ich hatte nicht vor aufzuwachen. Er allerdings tat es in dem Moment, als ich in meinen Gedankengängen immer mehr versank.
„Könntest du mir einen Gefallen tun und ein wenig leiser denken, da kann ja keiner schlafen.“
Seine Augen waren geschlossen, aber man sah ihm an, wie müde er war.
„Erstens: Du musst ja nicht hinhören und Zweitens: Anscheinend hast du keine Kondition ...“
Ich schlug ihm leicht auf die Brust.
„...Die müssen wir unbedingt trainieren.“
„Klar, den ganzen Tag durch, diese Art von Training, dann bin ich dabei. Aber ich muss dich warnen, ich brauche lange, bis ich genug Ausdauer habe.“
Ich musste lachen.
„Du bist ein Vampir, du lernst also schnell. Jeden Tag. Sind wir uns einig? Ich will doch nicht, dass mein Herzallerliebster einen Herzinfarkt bekommt! Dann müsste ich wohl notgedrungen den Typen aus der Lobby nehmen.“
Wenn Blicke töten könnten, ging es mir durch den Kopf, ich glaube, dann wäre ich bereits gevierteilt worden.
„Wir sind uns einig! … Und das Andere … unterstehe dich!“
Da er es anscheinend sehr ernst meinte, beschloss ich das Thema auf sich beruhen zu lassen.
„Okay, dann sag mir noch einmal, was in diesem Brief stand, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich richtig gelesen habe.“
„Ich liebe dich mehr als alles andere. Du bist jetzt mein Leben, ohne dich bin ich nur eine leere Hülle … Ich weiß, dass das vielleicht sehr plötzlich und viel zu früh kommt, aber … „
Er schob mich von sich runter, stand vom Bett auf, zog mich mit sich, sodass ich vom Bett aufstehen musste, und bückte sich zu seiner Hose. Er zog eine kleine, quadratische Schachtel heraus und wand sich mir zu. Ich atmete zittern ein. Ich ahnte, was er vorhatte und bekam ein wenig Angst. Das konnte er doch nicht ernst meinen, doch anscheinend meinte er es ernst, denn er sah mir in die Augen und fiel vor mir auf die Knie. Ich sah zu ihm hinunter und spürte, wie mir die Tränen kamen.
„Laura, ich liebe dich über alles und will nicht mehr ohne dich leben Du bist die einzige Frau, die ich je geliebt habe und je lieben werde. Willst du meine Frau werden?“
Tränen rannen mir die Wangen runter. In mir schrie alles gegen den Wunsch an, Ja zu sagen. Mein Verstand kämpfte gegen mein Herz an. Ich wusste ich sollte auf meinen Verstand hören und gehen, aber meine Beine verweigerten mir den Dienst. Ich wollte verneinen, aber meine Stimme gehörte nicht mir. Selbst, wenn ich es gewollt hätte, ich hätte es nicht tun können. Ich wusste, ich gehörte bereits ihm und konnte mich von meinem Schicksal nicht abwenden.
„Ja.“
Ich warf mich in seine Arme und erst da merkte ich wie Steve sich entspannte. Seine tiefe Stimme vibrierte an meinem Ohr.
„Ich liebe dich … Du machst mich zum glücklichsten Mann der Welt, ach was, des ganzen Universums.“
Lange standen wir so dar. Steve steckte mir den Ring an. Er war wunderschön. Vollkommen aus Gold und oben drauf ein Oval aus Diamanten. Und er passte perfekt. Überglücklich fiel ich ihm wieder um den Hals. Es kam so überraschend, dass Steve das Gleichgewicht verlor, was bei einem Vampir schon ein starkes Stück war, und wir zusammen auf das Bett fielen. Vor lauter Lachen kamen uns die Tränen. Irgendwann konnte ich wieder einen klaren Gedanken fassen.
„Das wird also eine Blitzhochzeit, was?“
„Nein, damit lassen wir uns Zeit, aber in drei Tagen musst du mit mir kommen und versuch nicht die Umgebung zu betrachten. Bleib dicht bei mir und geh nirgendwo alleine hin, auch nicht weglaufen.“
Er versuchte beruhigend zu klingen, aber mich überkam eine Gänsehaut und mir wurde kalt. Angst stieg in mir auf.
„Mir gefällt nicht, wie du das alles sagst und wieso darf ich mich nicht umsehen?“
„Hab keine Angst, ich bleibe bei dir. Das ist die Aufgabe, um zu beweisen, dass du für mich durch die Hölle gehen würdest.“
„Das meinst du nicht ernst, oder?“
„Vertrau mir, wir stehen das zusammen durch.“
„Okay, wenn du bei mir bist und ich dich nur so bei mir behalten kann werde ich es tun.“
„Dafür liebe ich dich umso mehr.“
„Ohne dich, geh ich dort nicht mehr weg.“

Ich glaubte in seinen Augen Hoffnung aufblitzen zu sehen, aber er ließ mir keine Chance sie zu sehen und küsste mich erneut. Wie gut, dass wir noch unbekleidet waren, denn so hatten wir weniger Arbeit.
„Zeit fürs Training.“

Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
„Bin dabei.“
„Sport kann ja doch Spaß machen.“
„Vom Couchpotato zur Sportkanone.“
„Ja, und dazu bedarf es nur dich.“




7

So macht das Leben Spaß, dachte ich einige Zeit später.
"Du hast ja keine Ahnung, wie sehr."

Meine Wange erzitterte unter der Vibration von Steves Brust, als er leise lachte.
"Das kann ich mir vorstellen."

Ich seufzte gequält, aber ich musste es loswerden.
"Wie stellst du dir eigentlich unsere Zukunft vor? Ich meine, wo wollen wir leben und wie?"
Ich hob den Kopf und sah Steve fragend an.
"Wo wir leben ist mir eigentlich egal, solange es etwas außerhalb der Stadt liegt."
"Und wie sieht es mit UV-Strahlung aus? Ich will ja nicht, dass du wie ein Steak gebraten wirst."
Ich runzelte die Stirn ob seinem Grinsen. Ich fand das ganz und gar nicht lustig.
"Nein, die macht mir nichts aus. Nur sehe ich unter ihrem Einfluss nicht mehr so ganz menschlich aus."
Er warf mir einen unsicheren Blick zu. Wartete auf meine Reaktion. Ich zuckte nur mit den Schultern.
"Hm ... Immerhin verbrennt die Sonne dich nicht gleich. Aber ich habe noch eine Frage."
"Und die wäre?"
"Ich habe einen Hund, kann der bei uns leben oder muss ich mich von ihm trennen?"
"Ich glaube kaum, dass ich es ertragen könnte, wenn du trauerst ... Also kann er ruhig mit."
Ich krabbelte zu ihm hoch und gab ihm einen Kuss, dann sah ich ihn strahlend an und sagte: " Du bist ein Schatz. Du wirst Michael lieben."
"Das bezweifele ich zwar, aber ich werde mir Mühe geben."
Erleichtert rollte ich mich an Steves Seite zusammen und schlief ein.

Als ich wach wurde, fühlte ich mich verlassen. Kein Wunder, Steve war weg. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es Nacht war. 4:35 Uhr. Was hat er denn um diese Zeit vor? dachte ich irritiert. Da erst fiel mir der Brief auf, der auf der anderen Seite des Bettes lag. Ich erkannte sofort Steves Handschrift. und las ihn mir aufmerksam durch.

Guten Morgen Liebste,
Ich hoffe du hast gut geschlafen, jedenfalls sahst du sehr friedlich aus.
Tut mir leid, dass ich schon gehen musste, aber ich hatte Durst.
Bin bald zurück, bringe Frühstück für dich mit.

Dein Steve



MEIN Steve, dachte ich besitzergreifend, als ich den Brief an meine Brust drückte.
"Okay, dann habe ich gute zwei Stunden ehe Steve wieder nach Hause kommt."
Ich schickte mich an ins Bad zu gehen und erschrak beim Anblick meines Spiegelbildes. Meine langen Haare standen in alle Richtungen ab.
"Na super", murmelte ich und bei dem Gedanken, Steve hatte mich so gesehen, war der Durst nur eine Ausrede gewesen, um von hier zu verschwinden. Mit einem seufzen ließ ich das Wasser in die Badewanne laufen. Ich ging in die Küche, um noch schnell etwas zu trinken und das Telefon mit zu nehmen, falls Steve sich meldete. Dann ging ich wieder ins Bad und ließ mich ins heiße Wasser gleiten. Bis zum Kinn im Wasser ging ich meinen Gedanken nach.
Nach drei Stunden im Wasser, sah meine Haut aus, wie getrocknete Rosinen. Ich hatte aber nicht vor aus der wohltuenden Hitze zu gehen, dazu war ich viel zu müde. Als es an der Tür klopfte, musste ich allerdings raus. Ich hatte die Hoffnung Steve könnte wieder da sein, also zog ich mir einen aus Seide bestehenden Bademantel an und ging zur Tür. Zu meiner Überraschung war es nicht Steve, sondern der Typ vom Vorabend aus der Lobby. Er kam einfach rein und schloss die Tür. Meine Nackenhaare stellten sich auf.
"Raus hier."
Ich hoffte meine Angst verbergen zu können, scheiterte jedoch kläglich. Er grinste mich nur an und kam auf mich zu, ergriff mich bei den Armen, drehte mich um und hielt mir mit der einen Hand den Mund zu. Schreien nützte nichts mehr und ich wusste worauf er aus war. Was er nicht freiwillig bekommen hatte, wollte er sich mit Gewalt holen.
„Oh mein Gott, Steve wo bist du?“

Voller Panik versuchte ich ihn zu erreichen.
„Laura, was ist los? Ich spüre deine Angst.“
„Hilf mir, hier ist der Typ aus der Lobby!“

Sein Knurren erfüllte meinen Kopf.
„Ich bin gleich da.“

Seine Stimme hatte wütend geklungen. Hoffentlich ist er nicht zu weit weg … Meine Gedanken wurden unterbrochen, als der Mann mich auf die Couch im Flur warf und sich zwischen meinen Beinen platzierte. Er hielt meine Hände über meinen Kopf fest im Griff und versuchte mit der anderen den Knoten meines Bademantels zu öffnen. Ich schrie innerlich und hörte ein wildes Knurren in meinem Kopf. Ich hatte Angst laut zu schreien, denn er könnte auf die Idee kommen, mich zu verletzen. Als er den Knoten geöffnet hatte, lachte er dreckig und wollte seine Hose öffnen, als die Tür aufgerissen wurde und eine riesige Gestalt erschien. Steve sah aus, wie der Tod persönlich, seine Augen glühten wie Kohlen und seine Fänge reichten weit aus seinem Mund, sodass ich dachte,dass sie länger gar nicht mehr werden könnten. Er stürmte auf uns zu, riss den Mann von mir runter und schleuderte ihn mit aller Kraft gegen die Wand. Putz bröckelte und rieselte mit samt dem Mann zu Boden. Er stand wieder auf, anscheinend wütend, das man ihn unterbrochen hatte. Steve wartete nicht lange, packte ihn am Kragen und drückte ihn gegen die Wand. Er grinste Steve herablassend an.
„Du bist echt verrückt, hat bestimmt lange gedauert, bis man so aussieht, wie ein Vampir.“
Steve grinste schief und funkelte ihn wütend an.
„Sieh zu, dass du deinen hässlichen Arsch hier raus bewegst, und sieh meine Verlobte nicht noch einmal an, sonst rollen Köpfe, beziehungsweise dein Kopf.“
Mit diesem Satz schlug Steve dem Mann mit der Faust ins Gesicht und zog ihn auf die Tür zu. Diesem trat Blut aus Nase und Mund, als Steve ihn endgültig aus dem Zimmer warf. Ich lief Steve in die Arme und fing an zu weinen. Steve nahm mich in die Arme und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren.
„Wärst du nicht im gleichen Raum gewesen, würde ich seine Einzelteile bereits aufsammeln und verbrennen.“

„Geh nie wieder weg und lass mich nie mehr alleine, hörst du?“
Er sah mich nur an, erwiderte aber nichts, führte mich zur Couch, denn anscheinend hatte er bemerkt, wie sehr ich zitterte, und befürchtete, dass ich zusammenbrechen würde. Ich setzte mich und Steve drückte mir einen Kuss auf den Scheitel und ging in die Küche.
Als er wiederkam, reichte er mir eine Tasse.
„Trink das, es beruhigt dich ein wenig.“
Ich sah zu ihm auf, mit Tränen in den Augen.
„Was ist das?“
Steve ließ sich neben mich gleiten, legte mir einen Arm um die Schulter und zog mich zu sich heran.
„Tee.“Ich roch an der Flüssigkeit.
„Das riecht aber nicht wie Tee.“
„Vielleicht ist noch ein Schuss Whiskey drin.“
Ich trank einen Schluck und musste schniefen.
„Es wird wieder gut. Wenn du willst können wir zur Polizei gehen und das auf legale Weise regeln, oder ich löse das auf meine Art und Weise ...“
Entweder brachte der Tee mit dem Whiskey meine Nerven runter oder es war Teves tiefe, beruhigende Stimme. Ich glaubte es war das Zweite.
„Das ist mir egal, solange er kriegt was er verdient.“
Steve versuchte eindeutig mich wieder aufzumuntern.
„also spielst du darauf an, dass ich ihn umbringen soll.“
Ich sah zu ihm auf und musste sehen, wie sehr ihn das alles mitgenommen hatte.
„Wie wäre es, wenn ich ihn in eine dunkle Gasse führe, wo du rein zufällig auch bist, und du ihm zeigst, wie ein Vampir sein kann?“
„Hört sich gut an.“
Sein Lächeln wirkte müde und angespannt.
„Dann machen wir das heute Abend kurz vor Sonnenuntergang, damit er auch sieht, wie du von deiner glasigen Erscheinung zu Fleisch wirst.“
„In Ordnung … Geht es dir besser?“
„Ja, ich bin nur etwas erschöpft.“
„Komm, du solltest dich ein wenig hinlegen.“
Steve stand auf, führte mich in das Schlafzimmer und half mir in das Bett. Er verließ das Zimmer und ich schlief wieder ein.


8

Ich träumte. Schmetterlinge striffen meine Schulter und dann meinen Hals, bis zu meinem Ohr. Als ich Steves tiefe Stimme an meinem Ohr hörte und seinen Atem an meinem Hals spürte, wusste ich, das es kein Traum war.
„Hey meine Prinzessin. Zeit zum Aufstehen.“
„So könntest du mich ruhig immer wecken.“
„Dein Wunsch sei mir Befehl. Aber wenn wir los wollen dann muss Prinzessin jetzt aufstehen.“
„Ich will aber nicht.“

Ich nörgelte wie ein kleines Kind, außer dass noch das strampeln fehlte, der Schmollmund war schon vorhanden.
„Na komm, steh auf.“
Ich gab mich geschlagen, er würde sich ja doch nicht auf das Niveau begeben.
„Aber dafür habe ich, wenn wir wieder hier sind, einen Wunsch frei.“
Ich zwang mich aus dem Bett und in das angrenzende Badezimmer. Steve machte es sich währenddessen auf dem Bett bequem. Ich linste aus dem Bad und sah verärgert wie er sich ins Bett lümmelte. Ein Schrei sollte ihn wachrütteln.
„Ahhh!“
Der hörte sich mal grausam an. Voller Freude sah ich, wie Steve vom Bett fiel und ins Bad stürmte.
„Was ist passiert?“
Steve sah mich, voller Angst um mich, fragend an.
„Du darfst es dir bequem machen und schmeißt mich aus dem Bett?“
Ich sah ihn wütend an.
„Ich brauche nicht so lange wie eine Frau.“
Jetzt sah ich ihn mit Kulleraugen und Schmollmund an.
„Und außerdem habe ich Hunger.“
Er seufzte und fragte: „Will Majestät Kaviar oder würde sie auch mit Brötchen und Rührei zufrieden sein?“
„Kaviar hört sich verlockend an, aber um dir die Arbeit zu ersparen, wäre ich mit Brötchen zufrieden.“
„Ich beeile mich.“
Damit verschwand er und ich stieg in die Dusche, um mich frisch zu machen.

Mühe gegeben hatte er sich, das musste man ihm lassen. Auf einem Tablett stand ein Glas Orangensaft, eine Tasse Kaffee und ein Teller mit Rührei und Bacon. Was mich jedoch irritierte, war das Bäumchen.
„Was ist das?“
Ich kam gerade aus dem Bad, nur ein weißes Baumwollhandtuch um den Körper, und sah ihn fragend an. Steve saß auf dem Bett mit dem fraglichen Objekt.
„Das ist ein Baum.“
„Das weiß ich auch, aber warum steht es auf meinem Abendbrot?“
„Weil ...“, er stand auf und kam zu mir, griff nach meinen Händen und suchte Blickkontakt.
„ … das ist ein Baum, der genauso wächst wie unsere Liebe.“
„Ja, aber der Baum wird irgendwann sterben … Tut unsere Liebe das auch?“
Ich sah ihn traurig an. Das war nicht das, was ich mir aus dieser Beziehung erhofft hatte.
„Darüber hatte ich gar nicht nachgedacht. Eigentlich wollte ich damit zeigen, dass unsere Liebe immer weiter wachsen wird … An das Vergehen dieser hatte ich keinen Gedanken verschwendet, weil sie nicht vergehen wird.“
Um das zu beweisen, senkte er den Kopf und presste seine Lippen auf die meinen.
„Ich werde dich immer lieben, ganz gleich was geschieht.“
Sein gefühlvoller Blick überzeugte mich.
„Dann ist unsere Liebe unvergänglich“, bestätigte ich.
Das Abendbrot schmeckte ausgezeichnet, was nicht zuletzt daran lag, dass Steve mich verwöhnte, indem er mich massierte und fütterte. Ihm brauchte ich nichts anzubieten, gewollt hätte er ja doch nichts.
„Wie sieht es aus, hast du nicht auch Hunger?“
„Ja.“
Voller Entsetzen griff ich an meinen Hals.
„Diese Art von Hunger hatte ich nicht gemeint.“
„Aber welchen denn dann?“
Er flüsterte mir ins Ohr, was mich leicht erschreckte, da er hinter mir saß und meine Schultern massierte.
„Der Hunger nach dir.“
Mir lief ein Wonneschauer, ob dieser Einladung, über den Rücken. Fast hätte ich mich darauf eingelassen, aber dann rief sich mein Gedächtnis in Erinnerung: Wir haben noch etwas zu erledigen.
„Tja mein Großer, dann wirst du wohl vorerst hungern müssen.“
„Aber wenn ich hungrig bin, dann bin ich immer launisch und griesgrämig“, warnte er mich mit ausgestrecktem Zeigefinger, als ich vor dem Bett stand und mich bereits anzog.
„Damit kann ich leben.“
„Ich aber nicht.“
Jetzt verschränkte er die Arme vor der Brust und machte einen Schmollmund, was bei einem erwachsenen Mann urkomisch aussah. Ich platzte fast vor lachen.
„Wir müssen los!“
Fertig angezogen gab ich ihm einen Kuss und ging zur Tür, natürlich ließ ich mir dabei Zeit, um ihn zu ärgern. Hey, man sollte schließlich nie die Waffen einer Frau unterschätzen. Kurz vorher drehte ich mich um und sah ihn mit hochgezogener Augenbraue fragend an.
„Kommst du oder nicht?“
Widerwillig stand er auf und kam mir hinterher.

Nachdem wir noch einmal alles durchgegangen waren, ging Steve zu der Gasse, wo ich ihm unser Opfer hin treiben würde. Ein wenig nervös begab ich mich in die Lobby, da Steve schon vorher gesehen hatte, dass die Gruppe von Männern sich dort befand. Leichtes Spiel, denn für den Mann vom Vorabend wäre es ein Triumph vor seinen Freunden ein Mädchen zu kriegen. Ich atmete noch einmal tief durch und ging dann selbstbewusst zu ihnen. Ich trat hinter mein Opfer und legte meine Arme, ein wenig widerwillig, auf seine Brust, dann neigte ich meinen Kopf zu seinem Ohr und flüsterte verführerisch: „Ich wollte mich für vorhin auf meine Art entschuldigen.“
Er war misstrauisch, aber ich ließ nicht locker.
„Ich kenne einen Ort an dem wir ungestört sind.“
Ich hatte ihn. Grinsend stand er auf, verabschiedete sich bei seinen Freunden und kam mir hinterher. Nur wenige Meter vom Hotel entfernt blieb ich stehen und führte ihn in die Gasse, wo er sein blaues Wunder erleben würde. Ich schob ihn rückwärts in die Gasse, sodass er gegen Steves Brust stieß. Steve fing finster an zu lachen und der Mann blieb wie angewurzelt stehen.
„Schön dich wiederzusehen.“
Steves Stimme klang tödlich. Der Mann griff in seine Jeans und ein Klicken verriet, was er vorhatte.
„Ich würde es lassen, wenn dir dein Leben lieb ist.“
Von Steves Drohung ließ er sich allerdings nicht einschüchtern. Er holte das Butterflymesser aus seiner Hosentasche heraus, drehte sich um und … ließ vor Schreck das Messer fallen. Er stand da wie angewurzelt.
„Das kann nicht sein, ich träume.“
„Das wird dein schlimmster Albtraum, glaub mir.“
Steve ergriff ihn am Hals und drückte ihn gegen die Wand hinter sich. Er hob ihn hoch, sodass er einige Zentimeter vom Boden an der wand hing. Wie durch Glas konnte der Mann mich durch Steve sehen. Die Sonne verschwand und Steve sah wieder vollkommen normal aus. Naja fast. Wenn man die Augen und die Fänge weglassen würde.
„Laura, tu mir den Gefallen und geh wieder in das Hotel und warte dort auf mich.“
Steve klang gequält. Erst zögerte ich, doch dann rann ich los. Wenige Meter vom Hotel entfernt, hörte ich das Schreien von dem Mann. Ich wollte gar nicht wissen, was Steve ihm angetan hatte.

Stunden später in Decken zusammengekauert auf dem Bett fand ich keine Ruhe. Ich hörte wie Steve hereinkam und so leise wie nur möglich in das Bad schlüpfte. Dann hörte ich die Dusche und seine Sachen auf den Boden fallen.
„Was hast du mit ihm gemacht?“
„Ich wollte nicht, dass du das mit ansiehst.“
„Atmet er noch?“

Er zögerte, als wüsste er nicht, wie ich seine Antwort aufnehmen würde.
„Also nein.“
„Ich konnte nicht aufhören. Als ich darüber nachgedacht habe, was er dir hatte antun wollen … Da habe ich die Kontrolle verloren. Es tut mir leid.“

Ich antwortete nicht. Er kam aus dem Bad, nichts als eine schwarze Boxershorts an. Er griff nach meiner Hand und zwang mich aufzusehen. Ich sah auf seine Hände. Sie waren an den Knöcheln aufgeschlagen und blutig.
„Komm und nimm ein Bad, das tut dir gut.“
Gehorsam folgte ich ihm in das Badezimmer. Er half mir aus Hose und Shirt und nahm dann mein Gesicht in seine Hände.
„Verzeihst du mir?“
„Da gibt es nichts zu verzeihen.“
„Ich wollte dir das nicht antun?“
Mit einem sanften Kuss bekräftigte er seine Aussage noch.
„Kommst du mit rein? Ich glaube dir könnte es auch nicht schaden.“
Dabei sah ich auf seine geschundenen Fingerknöchel, wo das Blut bereits zu trocknen begann.
„Das scheint aber nicht von dem Mann zu sein.“
Mit einem nervösen Lächeln in der Stimme antwortete er: „Du hast ja keine Ahnung, was ich danach alles zu Trümmern geschlagen habe.“
Ich gab ihm einen Kuss und stieg in die Badewanne. Als ich sah, dass er keine Anstalten machte mir zu folgen, zog ich auffordernd eine Augenbraue hoch.
„Das war mein Ernst mit dem Bad.“
Folgsam zog er seine Boxershorts aus und stieg in die Wanne. Ich legte mich mit dem Kopf auf seine Brust und lauschte seinem Herzschlag.
„Übrigens haben wir Morgen einen Termin zu einer Hausbesichtigung.“
„Oh. Und das erfahre ich erst jetzt? Du hättest mich wenigstens vorher Fragen können.“
„Rege dich nicht so auf. Es wird dir gefallen. Es liegt ein Teich gegenüber vom Garten.“
Sein Anblick blieb mir verwehrt, da er so schlau war, das Licht anzuschalten. Ich bekam gar nicht mit, wie Steve mich ins Bett brachte, weil ich bereits in der Badewanne eingeschlafen war.
Mitten in der Nacht wurde ich plötzlich wach, mich beschlich eiun ungutes Gefühl. Mein erster Reflex war, zu gucken, ob Steve noch neben mir lag. Das tat er und er hatte mitbekommen, dass ich wach geworden war. Besorgt nahm er mich in die Arme und flüsterte an meinem Ohr: „Geht es dir gut?“
„Ja, ich hatte nur ein ungutes Gefühl.“
Er räusperte sich und fing an zu lachen.
„Was ist denn jetzt los?“
„Wir haben unser Training ziemlich vernachlässigt … Das müssen wir nachholen, sonst komme ich aus der Übung.“
„Das tut mir leid. Jetzt haben wir ja Zeit.“
„Hört sich gut an.“




9

Der nächste Tag war die reinste Tortour. Ich musste zur Arbeit und hatte eine Verabredung mit meiner Freundin. Und außerdem hatte ich eine Hausbesichtigung vor mir. Das Schlimmste jedoch war das Treffen mit meiner Freundin, denn ich sollte ihre Hochzeit mit ihr planen, was hieß, dass ich auch meine mit ihr planen musste. Man musste sagen, sie wusste sofort alles. Man konnte nichts vor ihr geheim halten. Also würde sie sofort wissen, wenn sie mich sah, dass ich verlobt war. Was mich dazu geritten hatte, wusste ich beim besten Willen nicht. Schließlich kannte ich Steve gar nicht. Jetzt war es auch zu spät, sich darüber Gedanken zu machen. Sie würde es spätestens dann merken, wenn sie meinen Ring sah ...
“So schlimm wird es schon nicht. Oder schämst du dich für mich?”
“Ich schäme mich nicht für dich. Ich weiß nur nicht , ob es richtig war Ja zu sagen. Und wie kommst du denn darauf?”
“Es ist richtig ... wir gehören zusammen.”
“Das Schlimmste ist, dass sie eine Klatschtante ist.”
“Das kann uns doch egal sein, oder?”
“Ja, du hast recht.”

Ich hatte gerade fertig gefrühstückt und stand vor dem Spiegel, als Steve ins Bad kam und mich beobachtete, wie ich mich schminkte.
“Wenn du gestärkt bist, kommst du viel leichter durch den Tag.”
“Du willst ja nur, dass ich gut gelaunt wiederkomme, damit du deinen Spaß haben kannst”, gab ich mit einem wissenden Blick in seine Richtung zurück.
Er grinste mich frech an und erwiderte: ”Du hast mich erwischt.”
Ich trug gerade meine Wimperntusche auf, als ich sagte: “Bei dem Geschmack deiner Potenz, die du praktisch auf mich abgefeuert hast, war das ja auch nicht schwer.”
Steve trat hinter mich, legte seine Hände auf meine Hüften und küsste mich auf den Hals, genau dort, wo mein Puls am stärksten pochte. Ein Wonneschauer lief mir über den Rücken. Dann flüsterte er mir ins Ohr: “Da hast du Recht ... Und wie wäre es, wenn wir einfach deine Freundin anrufen und ihr sagen, du wärst verhindert. Dann könnte ich dich ins Bett tragen, obwohl ich bezweifle, dass ich noch so lange aushalte. Gerade, wenn du hier nur mit einem Handtuch um deinen Körper, vor mir stehst.”
"Verlockendes Angebot, aber wir hatten uns schon so lange dazu verabredet ihre hochzeit zu planen. Außerdem werden wir wohl auch gleich ein Brautkleid für mich aussuchen. Schließlich sollst du das Kleid nicht vor der Hochzeit sehen." Ich war stolz auf meine logische Erklärung. "Dann musst du dich aber auch darauf einstellen, dass ich, wenn du wieder nach Hause kommst, über dich herfallen werde. Und verlass dich drauf, ich halte mein Wort." Steve zuckte mit den Achseln und ging einen Schritt zurück. Ich war fertig mit Schminken. Also drehte ich mich zu ihm um, verringerte den Abstand zwischen uns wieder und gab ihm einen Kuss auf die Nasenspitze. Dann gab ich zurück: " Daran habe ich keinen Zweifel. Ich freue mich jetzt schon darauf wieder nach Hause zu kommen." Steve gab eine Art katzenähnliches Schnurren und Knurren von sich. Fasziniert und ein wenig erschrocken von seiner Reaktion ging ich ein wenig auf Abstand. "Ich zieh mich mal lieber an, sonst verlierst du noch die Beherrschung." Langsam ging ich ins Schlafzimmer, wo meine Sachen schon auf meinem Bett lagen. Auf dem Kosmetikschrank stand ein Tablett mit Frühstück für mich. Steve stand, an den Türrahmen gelehnt, geduldig da und beobachtete, wie ich mich anzog. Zwischendurch gab er Bemerkungen von sich, wie sexy ich doch aussah.
Als ich mich fertig angezogen hatte, kam er um das Bett herum und setzte sich an das Kopfende. Ich stand direkt neben ihm und sah auf das Tablett. Mit einem Wink sagte er entschuldigend:" Ich dachte du hättest vielleicht Hunger."
Ich beugte mich zu ihm runter und gab ihm einen Kuss. Als ich mich von ihm lösen wollte, packte er mich bei den Hüften und zog mich neben sich auf das Bett. Doch er ließ nicht von mir ab, sondern rollte sich auf mich. Als ich den Kuss unterbrach, um Luft zu holen, flüsterte ich ihm zu: "Heb dir das für später auf."
"Okay, aber komm um 14 Uhr wieder hierher."
Ich sah ihn fragend an. "Wieso um vierzehn Uhr? Ich denke die Hausbesichtigung ist erst um 15:30 Uhr."
Er grinste mich verführerisch an. "Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich es noch länger, als vier Stunden aushalte ohne vernünftige Trainingsstunde mit meiner Prinzessin, oder?"
"Nein, ich glaube du würdest an Überschuss an Eiweiß leiden. Und das wollen wir doch möglichst verhindern."
"Schön, dass du zur Vernunft gekommen bist."
Er rollte sich von mir und half mir aufzustehen.
"Aber du solltest etwas essen, bevor du dich auf den Weg machst."
Jetzt hörte er sich an wie mein Vater.
"Na gut, aber dann muss ich los."
Ich aß mein Frühstück in Eile und gab Steve einen Kuss zum Abschied.
"Pass auf dich auf."
"Mach ich. Und du geh jemandem Blut abzapfen."
Er lachte und antwortete ernst: "Mache ich. Ich bin nicht weit weg. Du weißt, wie du mich erreichen kannst, oder?"
Ich tippte mit zwei Fingern an meine Schläfe und antwortete: "Klar. Bis dann."


10

Cathrine wartete bereits an unserem Stammtisch im Café au Lait. Wie immer, wenn sie ungeduldig war, zwirbelte sie sich eine Locke ihres langen, roten Haars um den Finger, wie ein kleines Mädchen. Dann entdeckte sie mich und rief: „Na endlich, da bist du ja, Laura.“
„Ja, entschuldige. Ich war verhindert.“
Sie beäugte mich misstrauisch. Ja, ihre großen smaragdgrünen Augen verrieten, dass sie schon längst verstanden hatte.“ Sie schnappte entsetzt nach Luft und sah mich neugierig an.
„Wer ist es? Wie lange kennt ihr euch schon? Kenne ich ihn?“
„Jetzt mach mal halblang. Ich erzähle es dir ja schon.“
Sie lehnte sich zufrieden zurück.
„Gut, dann schieß mal los.“
Der Kellner trat an unseren Tisch und ich bestellte eine Tasse Cappuccino und Cathrine eine Tasse Tee … Moment mal, seit wann trank sie Tee?
„Cat, seit wann trinkst du Tee?“
„Darüber muss ich mit dir noch reden.“
Unruhig rutschte sie auf ihrem Stuhl herum. Um von sich abzulenken, kam sie wieder auf Steve zu sprechen.
„Aber jetzt erzähl erst mal von dir.“
„Also gut. Er heißt Steve und ist 27 Jahre alt ...“
Sein richtiges Alter musste sie ja nicht erfahren.
„Ich kenne ihn schon seit sechs Monaten und bin seit fünf Monaten mit ihm zusammen. Und … naja … Seit einem Tag sind wir … ähm … verlobt.“
Cat schnappte nach Luft.
„Und das erzählst du mir erst jetzt? Hätte nie gedacht, dass du jemals heiraten würdest. Ich meine >Auf jeden Topf passt ein Deckel, aber ich bin ein Wok"Wo bist du? Ich bin pünktlich, aber anscheinend hast du heute keine Lust auf Training."

Mist, warum bekam ich keine Antwort. Ich wurde panisch. Was war, wenn ihm etwas passiert war? In dem Moment wurde ich nach vorn gerissen und schon lag ich rücklings auf dem Bett. Und auf mir, wie sollte es auch anders sein, splitterfasernackt, Steve. Ich sah ihn böse an.
“Du könntest ruhig mal antworten. Ich habe mir schon sorgen gemacht.”
“War auch nicht leicht , deiner Einladung zu widerstehen.”
Er strich mir die Haare aus dem Gesicht und grinste mich an. Dann folgte ein leidenschaftlicher Kuss. Er sah an mir runter, tippte sich mit dem Zeigefinger an das Kinn und meinte: “Du hast mir eindeutig zu viel an. Das muss ich nachhelfen.”
Langsam zog er mein T-Shirt hoch und hinterließ mit jedem Streifen seiner Hand ein feuriges Kribbeln, das meine Leidenschaft nur noch schürte. Anscheinend wusste er das, denn er lächelte, als er sich meinen Bauch entlang küsste. Er streifte mit seinen Fangzähnen meine Hüfte, sodass mir ein Schaudern über den Rücken lief. Er kam wieder zu mir hoch und zog mir dabei das Shirt aus. Der BH war genauso schnell entfernt. Er zog eine Spur heißer Küsse von meinem Hals bis zum meiner Hüfte, wo er mich meiner Hose samt Slip entledigte.
“So gefällt mir das schon besser.”
Ohne Vorwarnung stieß er seine Fangzähne in mein empfindliches Fleisch an meinem Oberschenkel. Ich wand mich auf dem Bett , zu erregt um auch nur noch eine weitere Minute zu überstehen. Doch Gnade kannte Steve nicht. Er streifte auch noch meine intimste Stelle mit seinen Fängen und drang dann mit einem Finger in mich ein. Langsam ließ er die Zunge kreisen, quälend langsam. Ich stand kurz davor zu explodieren als er von mir abließ und sich über mich ausbreitete. Zärtlich küsste er mich, während er langsam in mich eindrang. Ich stöhnte an seinen Lippen, als er sich in mir zu bewegen begann. Der gleichmäßige und einfühlsame Rhythmus genügte mir schon bald nicht mehr und ich stachelte ihn dazu an, ein schnelleres Tempo anzuschlagen.
“Ganz die wilde Raubkatze.”
Er folgte meiner Forderung und schon bald lagen wir schweißbedeckt ineinander verhakt. Steve auf mir. Ich küsste ihn auf seine salzig schmeckende Schulter und Steve gab ein leises Schnarchen von sich. Grinsend schloss ich die Augen und gab mich meiner Erschöpfung hin.

Eine Stunde später machten wir uns wieder fertig, um pünktlich zur Hausbesichtigung zu kommen. Ich zog mir gerade meine Schuhe an, als mir bewusst wurde, dass ich keine Ahnung, wo das Haus stand.
“Sag mal, wo ist das Haus überhaupt.”
Steve war schon fertig und sah mir beim Anziehen zu.
“Lass dich überraschen.”
“Na gut.”
“Wollen wir?”
“Ja. Ich bin fertig.”
Wir gingen Hand in Hand zum Auto. Was erstaunlich war, da er tatsächlich eines hatte. Einen schwarzen BMW. Gefiel mir.
Als wir durch die Stadt fuhren, war ich so nervös, wie eine Nonne im Freudenhaus.
“Du kannst keine Minute stillsitzen, kann das sein?”
“Wundert es dich?”
Er grinste vor sich hin.
“Wir sind ja bald da.”
“Weißt du was? Ich hab überlegt wann wir heiraten.”
“Ach ja, und wann?”
“Ich will am 14.Februar heiraten.”
“Was für ein tolles Datum. Trifft sich gut, da ist mein Freund Thomas auch draußen.”
“Na, den können wir ja auch einladen.”
“Wenn es dir nichts ausmacht. Was ist eigentlich mit deiner Familie? Deine Eltern oder Geschwister? Wollen wir sie auch einladen? Du hast noch nie über sie gesprochen.”
Er hatte eine alte Wunde aufgerissen. Natürlich hate er es nicht mit Absicht getan, aber es tat trotzdem weh.
“Hab ich dich verletzt?”
Steve sah mich besorgt an.
“Tut mir leid, das wollte ich nicht.”
“Nein, ist schon gut ... Es ist so, ich habe keine Familie. Ich kenne sie nicht. Ich bin in einer anderen Familie aufgewachsen. Ich wurde entweder mit einem Ledergürtel geschlagen oder ignoriert. Ich war schon von klein auf selbstständig.”
Mir rollten Tränen die Wange runter. Wütend wischte ich sie weg. Steve legte einen Arm um meine Schulter und zog mich an sich. Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und wandte sich wieder nach vorn.
“Hey, sie hatten sich gar nicht verdient. Sie wissen nicht, was sie Wertvolles verloren haben.”
“Mit 13 Jahren war ich abgehauen und habe 5 Jahre auf der Straße gelebt. Dann hab ich einen Job angenommen und mir ne Wohnung gesucht.”
“Du hast nie erfahren, was Liebe ist.”
“Das mit dem Freund, was ich dir erzählt habe, war nicht ganz richtig ... Er hat mir vorgeheuchelt, dass er mich liebt, hat mich entjungfert und hat sich verpisst."
"Du hast wirklich nie erfahren was Liebe ist."
"Ich hatte Angst, du könntest es genauso machen. Und habe es immer noch."
"Ich liebe dich und meine es, wie ich es sage."
"Ich war noch nie so glücklich wie mit dir."
"Du hast keine Ahnung, wie glücklich ich bin."
"Sag es mir."
"Hm ... Stell dir das Süßeste vor, multipliziere es mit Unendlichkeit, erweitere es um die Ewigkeit, und du hast auch nur den Hauch einer Ahnung, wie süß du bist.”
“Das Gleiche kann ich auch von dir behaupten.”
Wir fuhren aus der Stadt in einen angrenzenden Wald. Ungefähr einen Kilometer waren wir gefahren, als sich mir ein Blick auf das riesige, weiße Haus offenbarte. Es war wunderschön. Das Dach war spitz und mit schwarzen Ziegeln bedeckt. Steve packte vor dem Haus und kam ums Auto um mir raus zu helfen.
“Gefällt es dir?”
“Soll das ein Witz sein? Klar gefällt es mir.”
“Da bin ich ja erleichtert.”
Er legte einen Arm um meine Taille und ging mit mir auf das Haus zu.
“Wir haben noch ein bisschen Zeit. Lass uns mal hinten alles ansehen.”
An seinem Blick erkannte ich, dass er mich bewusst nach hinten führen wollte.
“Okay, aber ich trau dir nicht.”
“Prinzessin, habe ich dir je einen Grund gegeben mir zu misstrauen.”
“Noch nicht. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.”
Wir kamen gerade hinten an, als ich einen Blick auf den Teich hinter dem Garten werfen konnte. Ein toller und so beruhigender Anblick. Und der Garten war einfach riesig. Alles sah sehr teuer aus.
“Sag mal, nehmen wir an, ich würde das Haus wollen, wie willst du es bitte bezahlen? Billig sieht es nicht aus.”
Er lächelte mich an.
“Wenn man 699 Jahre lebt, spart man so einiges. Für mich ist dieses Haus ein Sonderangebot.”
“Soll das heißen du sitzt auf einem Haufen Geld?”
“Das ist unbedeutend, aber wenn du es so sehen willst, ja.”
Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Ich konnte es nicht fassen.
“Dann will ich ja nicht wissen, wie teuer die Ringe waren.”
“Mach dir mal deshalb keinen Kopf.”
Steve sah auf seine Uhr.
“Komm, die Verkäuferin ist da.”
Wir gingen Hand in Hand um das Haus und da stand bereits eine gut gekleidete Frau im schwarzen Hosenanzug und mit Pferdeschwanz. Kein Haar fehl am Platz, komplett braun und dezent geschminkt. Im Arm hielt sie einen Ordner mit Unterlagen.
Als sie uns sah, setzte sie ein ungezwungenes Lächeln auf.
"Ich nehme an, sie haben sich die Umgebung schon angesehen. Gefällt ihnen was sie sehen?"
"Mir auf jeden Fall. Fehlt nur noch die Meinung meiner Verlobten."
Steve und die Verkäuferin sahen mich erwartungsvoll an.
"Bisher gefällt es mir. Mal schauen wie das Haus von innen aussieht."
Sie führte uns in das Haus. Wir traten in einen Flur von dem aus zwei Türen in andere Räume führten. Links stand eine wunderschöne, edle Wendeltreppe aus Stahl. Aus schwarzem Stahl. Es passte gut zu den weißen Wänden. Der Boden war aus braunem Parkett und die Türen aus braunem Eichenholz. Wir gingen durch die erste Tür auf der rechten Seite. Die Küche. Dort standen die Möbel schon so, als ob jemand dort wohnen würde. Ein schwarzer Kühlschank stand in der hinteren linken Ecke. Die hintere Wand wurde von einer Arbeitsplatte aus schwarzem Marmor verziert. An der Arbeitsplatte hing eine Verkleidung aus Bambus. Und als ich nach oben sah, stockte mir der Atem. Da hing tatsächlich ein Kronleuchter. Er sah aus wie aus einer anderen Zeit. Riesengroß und mit kompliziertem Muster.
“Das wäre dann die Küche. Sie ist sehr groß und bietet somit genügend Platz zum Kochen.”
Ich ließ noch einen letzten Augenblick alles auf mich wirken und prägte mir alles ein. Selbst den schwarz gefliesten Boden und die cremefarbenen Wände. Wir gingen zurück in den Flur und geradeaus zur anderen Tür. Der Raum dahinter war das Wohnzimmer, wie sich herausstellte nach langem beschreiben und beteuern, wie toll und gemütlich es doch sei. Die Wand gegenüber der Tür war aus Glas und der Teppich cremefraben. Die Wände waren in einem Kirschrot gestrichen.
“Die Farbe gefällt mir.”
“Soll das heißen du willst das Haus?”
“Hm ... bisher ja.”
“Gut. Mir gefällt es sehr gut. Vor allem das Schlafzimmer.”
“Sag mir nicht du warst schon hier. Illegal, meine ich.”
“Dann sag ich es dir eben nicht.”
“Oh Mann. Ich liebe einen Kleinkriminellen.”

Durch das Fenster konnte man den Garten und den Teich sehen. Wir gingen die Treppe im Flur hinauf und kamen im nächsten Flur an. Vier Türen aus Eichenholz waren dort zu finden. Wir gingen zuerst in die zu unserer Linken. Dort war anscheinend das Bad, denn der Boden war weiß gefliest und eine große Badewanne stand an der linken Wand. Das Waschbecken an der Rechten. Die linke und rechte Wand war weinrot gestrichen, die anderen beiden waren weiß.
“In dieser Badewanne haben wir beide Platz und was man da so alles machen kann ...”
“Sag mal, an was anderes kannst du nicht denken, oder?”
“Wie, es gibt noch anderes?”
“Jetzt hör auf damit.”
“Ich liebe dich auch.”

Wir gingen in den Raum auf der rechten Seite. Ein eher kleiner Raum. Mit Toilette und Waschbecken. Also das WC. Es war in schlichtem blau gestrichen. Fast schon weiß. Der Toilettendeckel war auch blau. Der Raum auf der linken Seite gegenüber der Treppe war nicht zu identifizieren. Keine Farbe, nur Parkett in einem Kirschton. Im rechten Raum gegenüber der Treppe war ein angenehmer Rotton vorhanden. Der Boden war von einem weißen, flauschigen Teppich bedeckt. Ein riesiges schwarzes bett stand an der Wand und direkt neben der Tür hing ein in einem goldenen Rahmen verzierter Spiegel. Raffiniert. Über dem Bett war an der Decke ein großes Fenster, wodurch man die Sterne beobachten konnte.
“Kann es sein, dass du auf irgendetwas hinaus willst bei dem Spiegel?”
“Nein, wie kommst du denn darauf?”
“Also doch.”
“So wird es nicht langweilig.”
“Du bist so ein Perversling.”
“Du bist doch kein Pfennig besser.”

Innerlich ließ ich ein Knurren hören. Leider hatte er Recht.
“Und wie findest du es jetzt?”
“Besser geht es gar nicht.”
“Heißt das, wir nehmen es?”

Er sah mich hoffnungsvoll an. Wie konnte ich widerstehen?
“Wie nehmen es.”
“Yeah.”

Wir gingen wieder runter um den Papierkram zu erledigen.

Wir kamen am späten Abend wieder im Hotel an. Völlig erschöpft warf ich mich auf das Bett. Das Gefühl der Matratze im Rücken war sehr angenehm. Ein warmer Luftzug fuhr über mein Gesicht.
“Willst du, dass ich auf dem Boden schlafe, während du dich über das ganze Bett ausbreitest?”
Ich öffnete ein Auge und sah wie Steve über mir kauerte, die Arme neben meinem Kopf abgestützt.
“Ich meine, wenn du willst kann ich auch auf dir schlafen. Bequem wäre es durchaus.”
Er setzte ein spitzbübisches Lächeln auf.
“Vergiss es, Kumpel.”
Ich drehte mich unter seinem Arm durch und warf mich auf meine Seite des Bettes. Ich drehte mich auf die Seite und kehrte ihm den Rücken zu. Er ließ seinen Kopf auf meine Hüfte sinken und sah zu mir hoch.
“Du ... Wir können auch noch andere Sachen machen, als schlafen.”
Ich sah zu ihm runter.
“Können wir ... Müssen wir aber nicht.”
Steve machte einen Schmollmund, robbte sich zu mir hoch und flüsterte: “Bitte.”
Ich gab mich geschlagen, drehte mich auf den Rücken und küsste ihn. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und fragte: “Warum kriegst du eigentlich immer das, was du willst?”
“Man kann meinem Charme einfach nicht widerstehen.”
Ich beschloss seine aufgeblasene Art diesmal nicht zurechtzuweiden.
“Mhm ... Ich bin dir bereits hoffnungslos verfallen.”
Und dann gab ich mich seinem Werben hin.


12

Mitten in der Nacht wachte ich ruckartig und schweißgebadet auf. Der Grund dafür war ein Albtraum den ich mir nie hätte ausmalen wollen. Ich träumte, dass ich in einem unbekannten Raum, nein, eher einer Höhle, war und mir die Gliedmaßen fast vollständig abgetrennt wurden. Und dies auch nicht schnell, sondern quälend langsam und mit Seilen, die an meinen Gliedern gerieben wurden, bis die Haut und das Fleisch durchtrennt waren. Mir gegenüber stand ein Mann mit kohleschwarzem Haar und grünen Augen. Er grinste höhnisch und genoss meine Qual. Von überall hörte ich Schreie, männliche Schreie.
Eine sanfte Stimme riss mich aus dieser Grausamkeit raus.
"Laura, ist was mit dir?"
"Was? ... Nein, nein, ich hatte nur einen komischen Traum. Nicht der Rede wert."
"Willst du mir davon erzählen?"
Er zog mich wieder sanft in seine Arme, bis wir engumschlungen nebeneinander lagen. Ich zitterte am ganzen Leib.
“Ich war in einer Höhle ... und da war ein Mann mit schwarzen Haaren und grünen Augen. Ich wurde gefoltert, man hat mir die Glieder fast ganz abgetrennt.”
Steve erstarrte hinter mir. Ich war mir nicht sicher, ob er überhaupt noch atmete.
“Das ist nicht gut.”
Ich verstand ihn nicht.”
“Was ist nicht gut?”
Er rutschte unruhig hin und her.
“Rück raus mit der Sprache.”
“Du träumst von meiner Vergangenheit. Das ist das Letzte, was mir passiert war.”
Ich zuckte zusammen. Diese Qualen hatte er durchlebt. Der Gedanke daran brachte mich fast um. Wie konnte man ihm nur so etwas antun? Ich hatte noch keinen ehrlicheren und liebevolleren Menschen ... Vampir ... kennen gelernt.
“Oh Steve, wie, wie konntest du das nur aushalten?”
“Das Einzige, das mir geholfen hatte, das alles zu überleben, war der Gedanke daran, dich zu finden.”
Ich drehte mich um, damit ich ihn ansehen konnte. Ich sah ihn mit so viel Liebe an, wie ich nur konnte.
“Du hast doch nichts getan, als das man dir so etwas antun könnte.”
Er sah an mir vorbei und machte ein ernstes Gesicht. Er versuchte mich auf Abstand zu halten.
“Du hast ja keine Ahnung.”
“Was soll das heißen? Hast du irgendetwas getan, bevor du so wurdest? Rede mit mir, verdammt!”
Ich wurde sauer, da er keine Anstalten machte, mir zu antworten. Nach endlos langen Sekunden, die mir vorkamen wie Stunden, sah er mich an und sagte: “Wenn ich es dir erzählen würde, würdest du deine Sachen packen und verschwinden, glaub mir.”
Ich erschrak bei seinen Worten, vermutlich auch durch meinen Gedanken daran, was er wohl getan hatte. Hatte er etwa ...
“Oh mein Gott, sag mir nicht, dass du eine Frau vergewaltigt hast. Bitte sag mir, dass ich mich irre.”
“Schlimmer”, war sein einziges Wort. Gott der Mann brachte mich um.
“Sag es mir! Ich denke vor seiner Auserwählten hat man keine Geheimnisse ... Egal was es war, so wie es aussieht, bereust du es und es ist Vergangenheit. Was zählt, ist das Hier und Jetzt.”
“Vielleicht hast du recht.” Es war so, als ich noch jung war, wollte ich immer Ritter werden. Das war mein großer Traum. Also arbeitete ich im Stall, um die Pferde der Ritter zu versorgen. Immer in der Hoffnung entdeckt zu werden. Als ich dann schon fast zu alt war, ungefähr 27, hatte mich einer gefragt, wie es um meine Reitkünste und meine Geschicklichkeit stand. Reiten konnte ich und geschickt war ich alle Mal. Sie trainierten mich und als meine Mutter davon erfuhr, stellte sie sich dagegen. Tja, die Ritter erfuhren es und verlangten von mir, dass ich meine Familie ermordete. Dann würden sie mich zum Ritter schlagen. Ich hätte es nicht tun sollen, aber es war mein Traum. Also schlich ich spät nachts aus meinem Bett in die Küche. Ich nahm mir den größten Dolch den ich finden konnte und ging in das Zimmer meiner Mutter. Mein Vater war schon gestorben, ein Arbeitsunfall. Ich zog die Klinge ohne Bedenken quer über ihren Hals. Dann ging ich in das Zimmer meiner Schwestern. Marizza war erst 4 und Melina 6. Ich stach den Dolch genau in ihre Herzen. Ich merkte gar nicht, was ich tat. Ich hatte nur das Bild vor mir, wie ich ein Ritter würde. Selbst das wurde mir verwährt. Die hatten nie vor mich zum Ritter zu machen. Sie wollten, dass ich so werde wie sie. Vampire. Sie verdienten es gequält zu werden, genau wie ich, als ich meine Familie tötete. Es ist so, dass man jemanden ermordet oder geschändet haben muss, ehe der Biss einen verwandelt. Das hatten sie erreicht. Also gingen sie auf mich los. Und seitdem warte ich auf Erlösung und Vergebung. Auf dich.”
Ich war platt. Aber ich hatte versprochen nicht zu gehen. Doch mein Blick ging zur Tür.
“Ich wusste es. Na los verschwinde. Vielleicht verdiene ich es. Vielleicht darf ich nicht auf Vergebung hoffen.”
Ich sah an. Seine blauen Augen waren tot. Seelenlos. Ich konnte nicht gehen.
“Aber du hast es nicht gemacht, weil du Spaß am Morden hast, oder?”
“Nein. Niemals würde mir so etwas Spaß machen.”
“Gut. Aber deswegen tut es mir nicht weniger leid. Wie konntest du nur so etwas tun? Ich meine, das war deine Familie. Was ist wenn du den drang verspürst mich oder unsere Kinder umzubringen. Ich weiß nicht, wie ich das aufnehmen soll.”
Irgendein Funkeln in seinen Augen ließ mich nachdenken ... Ich hatte Kinder erwähnt ... unsere Kinder. Oh na super. Ich machte Zukunftspläne mit einem Mörder.
“So ist das nicht. Ich habe es schon in dem Moment bereut, als ich es tat.”

“Okay. Ich habe vorher gesagt, dass nur das nur das Hier und Jetzt zählt. Okay ich vergesse das einfach. Ich meine, hättest du mich umbringen wollen, dann wäre ich schon Tod.”
“Du steckst das so locker weg. Ich habe dir gerade erzählt, dass ich Menschen auf dem Gewissen habe.”
“Ja, aber Frauen vergewaltigen wäre für mich schlimmer gewesen.”
“Das heißt du bleibst bei mir?”
Er sah mich ungläubig an.
“Es ist passiert und das kann man nicht ändern, aber ich würde dich deswegen nicht verlassen. Ich glaube dazu vertraue ich dir zu sehr.”
Er küsste mich so leidenschaftlich, dass ich nicht mehr wusste wo oben und unten war.
“Ich habe Angst vor morgen”, war das Letzte, was ich sagte bevor ich einschlief.


13

Ich stand am nächsten Tag unruhig und unausgeschlafen auf. Mein Frühstück zwang ich eher runter, als dass ich es genoss und ich war total verspannt. der Grund dafür war eine extrem schlaflose Nacht. Ich hatte eine Heidenangst vor dem nächsten Abend. Steve massierte mich öfters, um meine verspannten Muskeln zu lösen.
Am Abend um neun Uhr stand ich vor meinem Kleiderschrank und wühlte mich durch meinen Kleiderberg. Keine Ahnung, was man zu einem Höllenbesuch anziehen sollte. Steve lag ausgebreitet auf meinem viel zu kleinen Bett. Er sah amüsiert zu, wie ich in Spitzenunterwäsche vor ihm hin- und herlief, auf der Suche nach dem richtigen Outfit. Mein Anblick gefiel ihm anscheinend sehr gut, so halb nackt, wie ich war.
"Ich weiß nicht, was ich anziehen soll!"
Ich beschwerte mich am laufenden Band, doch er half mir kein bisschen.
"Am Besten ziehst du eine 3/4 Hose an und ein T-Shirt, dass bequem ist."
Ich zog mir eine schwarze Jogginghose an, die mir nur bis zur Hüfte reichte. Dazu trug ich ein blutrotes Top. Passend für die Situation, wenn man bedachte wo wir hingingen. Schwarz, wie die Brutalität und die Einsamkeit. Das Rot für die Flammen und das Blut und die Qualen. Die Qualen, die man meinem Mann angetan hatte. Er sollte sehen wie sehr ich ihn dafür hasste. In den Träumen erlebte ich seine Qualen und das stachelte mich noch mehr an, ihn zu hassen. Ich würde dem Schuldigen alles an den Kopf werfen, was mir einfiel, um zu zeigen, wie sehr ich ihn verabscheute. In voller Montur wandte ich mich zu Steve.
"Was muss ich tun?"
"Damit du auch ewig lebst, wird ein Blutaustausch stattfinden. Das heißt du wirst mein Blut trinken und ich deines."
"Um ehrlich zu sein, habe ich mir schon öfter vorgestellt, wie es ist dein Blut zu trinken."
Ich lächelte ihn entschuldigend an. Seine Augen wechselten von blau zu gelb und wieder zurück. Dann zuckte er mit den Schultern.
"Naja, dann wird es ja nicht so schlimm."
Ich nickte, ging zum Bett und setzte mich rittlings auf seinen Bauch.
“Ist das alles?”
“Soweit ich weiß, ja.”
“Na dann steht uns ja nichts im Weg, oder?”
“Solange du nicht wegläufst nicht.”
Das weckte eine alte Angst in mir.
“Was passiert, wenn ich weglaufen sollte? Nicht, dass ich das tun würde.”
Er wand sich unter mir und seine Augen wurden kalt.
“Ich hatte gehofft es dir nicht erzählen zu müssen. Dann bin ich für immer verloren. Eingesperrt und gefoltert. Und mit dir ... Er würde verlangen, dass ich dich ausblute. Eine Strafe für mich, da ich meine Auserwählte töten müsste. Das kann sich keiner von uns verzeihen. Es wären größere Qualen, als die Folter ... Ich habe es dir nicht erzählt, weil ich nicht wollte, dass du dich dazu gezwungen fühlst.”
“Ach so, und wenn ich jetzt doch nicht die Ewigkeit mit dir teilen wollte? Wäre es schon zu spät?”
Er sah mich traurig an.
“Würdest du dann gehen?”
“Oh mein Gott. NEIN. Niemals. Ich bin nur neugierig.”
Ich sah ihn schockiert an über seinen Vorwurf. Er atmete erleichtert aus.
“Zum Glück. Ich hatte schon Angst ... Sobald wir dort sind gibt es kein Zurück mehr.”
“Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich denke nicht mal daran, dich zu verlassen.”
Ich beugte mich über ihn und küsste ihn leidenschaftlich. Er griff mich bei der Hüfte und rollte sich auf mich.
Steve sah an mir herunter und runzelte die Stirn. Ich sah ihn verwirrt an.
“Was ist?”
“Ich habe nur gerade überlegt, wie lange ich wohl brauche, um dir die Sachen vom Leib zu reißen.”
Ich stoppte ihn, als er anfing mir das Shirt über den Bauch nach zu schieben.
“Hey, ich dachte wir müssen uns die Ewigkeit sichern.”
“Ja, aber erst um Mitternacht.”
Er grinste ein spitzbübisches Lächeln. “Hm, das sind ganze drei Stunden. Viel Zeit, meinst du nicht auch?”
“Die müssen wir noch totschlagen. Und ich denke, du weißt auch schon wie.”
“Gefällt mir.”
“Nicht nur dir.”

Wir hatten die drei Stunden gut genutzt. Fünf Minuten vor Mitternacht saß ich fertig angezogen auf Steves Schoß und wartete an seine Brust gelehnt. Ich spürte, wie er zitterte, entweder aus Angst vor dem Bevorstehenden oder vor dem, was passieren würde, wenn es schief gehen würde.”
“Hey, es wird schon gut gehen.”
Ich versuchte ihn mit meinem jämmerlichen versuch zu beruhigen. Anscheinend vergeblich.
Als er erstarrte, wusste ich, dass es so weit war. Steve drückte mich fest gegen seine Brust, als sich an der Wand gegenüber ein riesiges schwarzes Loch auftat. Ich starrte wie gebannt auf die Öffnung. Aus dem Schwarz wurde ein Gang und aus Gittern an den Seiten floss Blut in den Gang. Erschrocken verkrampfte ich und blieb stehen. Da würde ich nie und nimmer hineingehen, ich glaubte sogar aufgehört haben zu atmen. Steve schob mich ein wenig weiter. Ich wandte mich aus seinen Armen und stürmte aus dem Zimmer. Ich wurde am Arm gepackt und konnte nicht weiter. Voller Verzweiflung versuchte ich dem Griff zu entfliehen. Vergeblich. Als ich mich ein wenig beruhigt hatte, sah ich Steve an. Ich zitterte am ganzen Körper. Doch auf Abstand zur Hölle konnte ich klarer denken und schüttelte den Kopf. Sprechen konnte ich nicht. Ich wollte Steve zeigen, dass ich da nicht wieder hin konnte. Aber ich wollte ihn nicht verlieren. Steve sah mich bittend an.
“Bitte komm mit. Ich geh da nicht ohne dich rein. Auch wenn mich Hades so lange verfolgt bis ich zu Asche zerfalle. Es wird dir nichts passieren, das verspreche ich dir. Aber bitte komm mit.”
“Ich kann da nicht rein. Das schaffe ich nicht. Tu mir das nicht an.”
“Ich will dir das nicht antun, aber es geht nicht anders.”
Ich atmete mehrere Male tief durch, bevor ich mich an Steve klammerte und wir wieder zurück zum Höllenportal gingen. Mit zitternden Händen schritten wir den Gang entlang. Ich bemerkte neben meinen eigenen Ängsten, dass es Steve sichtlich schwer fiel diesen Gang zu gehen. So oft war er diesen Weg gegangen, ohne Hoffnung auf Rettung. Aber dieses Mal war es anders. Ich war da. Und ich würde ihn nicht an diesem Ort lassen. Aus den Kerkern an denen wir vorbeigingen drangen Schmerzensschreie und ich wagte es nicht einen Blick in sie zu werfen. Den Anblick hätte ich nicht ertragen. Das Blut auf dem Boden war schon zu viel für mich. Um nicht durchzudrehen, zählte ich die Kerker. bei 259 kamen wir an einer Doppeltür an, die sich ohne sie zu berühren auftat. Fünf Meter vor uns stand ein Mann mit kohleschwarzem Haar und grünen Augen. Der Mann aus meinem Traum. Er grinste höhnisch, als er uns erblickte, in der einen Hand einen silbernen Dolch in dem etwas eingraviert war. Gute zwei Meter von ihm entfernt blieben wir stehen.
“Wie ich sehe, hast du sie gefunden. Wurde aber auch Zeit, findest du nicht auch. Darf ich denn erfahren, wie sie heißt?”
Irgendetwas an der letzten Frage gefiel mir nicht. Und der Druck von Steves Hand an meiner Seite bestätigte diesen Verdacht noch. Steves Antwort sorgte dafür, dass ich richtige Angst vor diesem Typen bekam.
“Nein darfst du nicht. Ich will ja nicht, dass sie von einem deiner kleinen Sklaven verfolgt oder sogar tötet wird.”
Das war der ausschlaggebende Punkt. Mir schlotterten die Knie. Ich riss mich von Steve los und durch die sich öffnende Tür. Ich nicht einen Schritt aus dem Raum, als Steve mich packte und an seine Brust zog.
“Es tut mir leid. Ich hätte das nicht sagen dürfen. Bitte beruhig dich und bleib hier drin. ich kann diesen Raum nicht verlassen. Wenn du einmal draußen bist ... Von mir aus darfst du mich solange Quälen, wie du willst wenn wir zu Hause sind, aber lauf nicht weg.”

Seine Worte erreichten mich nicht und ich biss ihn in die Hand, die er an mein Gesicht gelegt hatte. Er lies mich los und ich rannte davon. Das konnte ich nicht . Hades würde mich töten, so oder so. Vielleicht konnte ich es noch verhindern. Es war ein versuch wert. Ich sah Steves kalte Augen, in denen Tränen schimmerten und blieb mit halbem Fuß stehen. Noch konnte ich zurück. Nur noch ein Schritt trennte mich von der Türschwelle. Was sollte ich tun? Gehen und gleich sterben, oder auf Steve vertrauen und darauf, dass er mich beschützen könnte? Ich spürte die Blicke in meinem Rücken. Der eine voller Trauer und Hoffnungslosigkeit. Der andere voller Vorfreude auf das Bevorstehende. Langsam sah ich über meine Schulter und wandte mich Steve zu. Ein Schritt vor dem anderen. Dann nahm ich seine Hand und sah Hades an.
“Ich würde alles für ihn tun, selbst wenn ich sterben müsste, um ihn zu retten.”
Mir fiel ein, was er Steve alles angetan hatte und ging entschlossen auf ihn zu.
“Ich lasse es nicht zu, dass sie ihn weiter so quälen. Und sie werden es nie schaffen ihn mir wieder weg zu nehmen.”
Steve ergriff mein Handgelenk und zog mich zurück. Der Meister der Folter brach in schallendes Gelächter aus.
“Du hast dir ja ein ganz schönes Temperamentsbündel geholt. Naja, du musst ja mit ihr leben.”
Steve nickte zustimmend. Anscheinend ließ er sich von dem Irren ganz schön einlullen. Naja, ich würde mir auf keinen Fall den Mund verbieten lassen.
“Mach endlich, was du gedenkst zu tun und lass uns dann unsere Ewigkeit miteinander.”
Ich stämmte die Hände in die Hüften und funkelte ihn herausfordernd an. Er schürzte die Lippen und antwortete lässig:


14

„Ja, vielleicht hast du Recht. Ich hoffe doch nur, dass du nicht wegläufst. Das wäre nicht sehr schön, meinst du nicht auch?“
Beim letzten Satz, sah er nicht mehr mich an, sondern Steve. Das Funkeln in Steves Augen, als ich ihn ansah, spiegelte Entschlossenheit wieder, mich so zu nehmen wie ich war, egal welche Macken ich hatte. Wow – Der Mann musste mich wirklich lieben, oder er war vollkommen übergeschnappt - Er würde glatt eine Ewigkeit mit mir verbringen. Der hatte wirklich Nerven, naja mal schauen ob er seine Entscheidung nicht noch bereute. Ich hoffte inständig, dass er sie nicht bereuen würde. Oh mein Gott! Der Blutaustausch würde nun folgen. An die Schmerzen hatte ich nicht gedacht. Ich war total schmerzempfindlich. Ein richtiger Jammerlappen. Selbst der kleinste Schnitt brachte mich schon aus der Fassung.
„Laura, nicht in Panik geraten … Ich fühle deine Aufruhr. Bitte lauf jetzt nicht weg, tu uns beiden das nicht an.“
„Du hast leicht reden. Mit Schmerzen kennst du dich ja ausgezeichnet aus, oder etwa nicht.“

Ich spürte wie er innerlich ob meiner Worte zusammenzuckte. Na super jetzt hatte ich ihn auch noch verletzt.
„Ich lauf ja nicht weg … Aber ich habe Angst vor den Schmerzen. Ich bin eine Heulmemme.“
„Du schaffst das schon. Tu es mir zu liebe.“
„Wie könnte ich dir jemals einen Wunsch abschlagen.“

Das alles beruhigte mich ein wenig. An ihn zu denken half. Der Irre kam auf mich zu, den Dolch dabei erhoben und eine Hand nach meiner ausgestreckt. Ein wenig zittrig legte ich meine Hand, mit der Handfläche nach oben in seine.
Er drückte mir die Klinge des Dolches in die Handfläche. Ein glühender Schmerz durchzuckte meine Arm bis er meinen Magen traf. Um nicht zu würgen oder in Ohnmacht zu fallen, lenkte ich mich ab, indem ich mir den Satz,der in der Klinge eingraviert war, näher ansah. Übersetzt stand dort in lateinischer, verschnörkelter Schrift:

Durch diesen Dolch wird Liebe
vereinigt bis in alle Ewigkeit und
Nichts und Niemand vermag sie
zu zerstören, nicht einmal der Tod.



Dieser Satz rührte mich auf paradoxe Weise. Ich hoffte, dass es stimmte, was dort eingraviert stand. Als ich mein Blut roch, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Kupfrig hing er in der Luft. Aus den Zellen drangen schlurfende Schritte und ich vernahm von verschiedenen Richtungen stöhnende und schmatzende Geräusche. Ein unterdrücktes Knurren ertönte neben mir, woraufhin die hungrige Meute verstummte. Steve kam auf mich zu, blieb vor mir stehen und nahm meine geschundene Hand. Er führte sie an seinen Mund und nahm mein Blut in sich auf. Ein Kribbeln durchfuhr mich und blieb zwischen meinen Beinen hängen. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas mich so reagieren lassen würde.
„Laura, reiß dich zusammen. Zu Hause darfst du gern über mich herfallen, aber nicht hier.“

Ich blinzelte einige Male um wieder ganz bei der Sache zu sein. Ich versagte kläglich. Das alles war unheimlich. Normalerweise reagierte mein Körper nicht so, na gut außer auf Steve, aber da ist die Situation eine ganz andere!

Steve ließ von meiner Hand ab und reichte seine, mit der Handfläche nach oben, unserem aus der Gummizelle ausgebrochenem Irren. Dieser griff nach ihr und schnitt ihm ebenfalls in die Handfläche. Steve reichte mir seine Hand. In seinem Blick stand eine stumme Aufforderung. Ich tat, was von mir verlangt wurde und trank auch sein Blut. Ich trank nicht viel, aber insgeheim wünschte ich mir noch mehr zu trinken, so atemberaubend war es. Ich hatte angenommen es würde wie mein eigenes Blut schmecken, nach Salz und Metall, doch es schmeckte nach Vanille und Zimt. Es entfachte eine Leidenschaft in mir, die ich geglaubt hatte, niemals fühlen zu können. Ich spürte auch Steves Leidenschaft und kicherte in Gedanken.
„Was ist?“
„Steve, reiß dich zusammen. Zu Hause darfst du über mich herfallen, aber nicht hier!“

Er knurrte in meinem Kopf und ich bekam schon Lachkrämpfe in Gedanken. Das warne seine Worte gewesen, als er von mir getrunken hatte.
Schließlich ließ ich von ihm ab, konnte aber nicht aufhören ihn anzusehen.
„Durch diesen Dolch ward Liebe vereinigt von jetzt an bis in alle Ewigkeit. Stirbt deine Auserwählte, so wirst auch du mit ihr sterben, an ihr Blut seist du gebunden. Nur von ihr wirst du leben können. Sie ist deine Sonne, die Luft, die du zum Atmen brauchst, der Engel, der dich zu retten vermag. So gehet dahin in Glückseligkeit, die Ewigkeit gehört euch.“
Der Irre sprach wie aus einem Buch. Total ernst und ohne auf meinem Temperament herumzuhacken.
Steve stellte sich vor mich, dann kniete er sich vor mich, sah mir in die Augen und sprach: „Dir schenke ich mein Herz und mein Leben. Ich vertraue es dir an und hoffe du bewahrst es gut.“
„Ich werde es schützen und verteidigen wie mein eigenes.“
Steve erhob sich und ich sah noch wie eine Träne seine Wange runterrann. Sanft gab er mir einen Kuss. Ein Zeichen der Erleichterung. Ohne uns noch einmal umzudrehen, gingen wir Hand in Hand den Weg entlang, auf dem wir hergekommen waren.
Im Zimmer angekommen warf ich mich voller Erleichterung auf das Bett.
„Geschafft.“
Plötzlich fühlte ich mich, als wäre eine schwere Last von meinen Schultern genommen worden. Steve legte sich neben mich, nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich leidenschaftlich.
„Du bist atemberaubend, weißt du das? Du hast alles über dich ergehen lassen.“
„Ja natürlich habe ich das. Und wir sind zu HAUSE. Ich glaube wir hatten dieselben Absichten, oder?“
Steve grinste ein spitzbübisches Lächeln, bevor er über mich herfiel.


15

Am nächsten Tag fühlte ich mich wie gerädert, was wohl daran lag, dass wir nicht viel Schlaf bekommen hatten. Wir hatten besseres zu tun gehabt. Heute war der letzte Tag in dem Hotel, das hieß, wir müssten uns Möbel und Dekoration kaufen, um unser neues Heim einzurichten. Was für ein Spaß. Mit einem Mann einkaufen zu gehen ist so ziemlich das Schlimmste, was es gibt. Ich hoffte doch, dass er mich die Einrichtung aussuchen lassen würde.
„Wenn es dich glücklich macht, kannst du entscheiden.“
„Du kannst dich auch nicht zurückhalten, oder? Raus aus meinem Kopf. Man sieht nicht einfach so in die Köpfe anderer ohne vorher zu fragen.“
„Tut mir leid, aber ich kann es nicht lassen.“

Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu … und außerdem noch eine Zahnbürste an die Dusche, da ich nicht wusste ob er ihn gesehen hatte. Er stand unter der Dusche während ich am Waschbecken vor dem Spiegel stand und versuchte, meine Haare in den Griff zu bekommen. Vergebens wie sich herausstellte. Nichts wirkte ihnen entgegen, da kam mir eine Idee. Aber dazu musste ich Steve für eine Zeit loswerden. Das müsste ich hinbekommen.
„Dracula, könnte ich heute auch ein wenig Zeit für mich bekommen?“
„Kommt gar nicht in Frage.“
„Ich muss dich wohl daran erinnern, dass ich erwachsen bin. Und außerdem kann ich tun und lassen was ich will.“
„Aber nur, wenn ich in der Nähe bin.“
„Hmm … Na gut … Kannst ja nach Dekor gucken, aber du darfst nicht wissen, wo ich hingehe und nicht gucken.“
„Okay.“

Seine Antwort war eher eine Art Knurren. NICHT gerade begeistert. Pech. Da musste er durch. Er würde nicht überall sein können, wo ich war. Das würde dann nämlich meine Ich-Zeit. Ich entschloss mich am Ende für einen Zopf, den Steve mir flechten sollte. Mit einer neuen blauen Jeans und einer weißen Bluse machte ich mich mit Steve auf den Weg in die Stadt. Los Angeles war ja nicht gerade klein, das wusste ich, aber in dem Shoppingcenter, in dem wir waren, gab es wirklich alles. Auch einen Friseur. Gut. Wenn ich ihn jetzt zwang, mich allein zu lassen, würde ich zu hören kriegen, dass ich aufpassen soll und er in der Nähe ist, und und und. Er benahm sich ein wenig wie ein Vater und nicht als wäre er mein Verlobter. Falls er sich stur stellte, würde ich ihm das vorhalten.
Einige Meter von dem Friseur entfernt, für den ich mich entschieden hatte, blieb ich stehen und wand mich Steve zu.
„So mein Großer, jetzt will ich ein wenig Zeit für mich.“
Er sah mich missmutig und widerwillig an, dann holte er ein Portemonnaie aus seiner Gesäßtasche und holte ganz lässig einen hundert Dollarschein heraus, den er mir reichte.
„Reicht das, oder brauchst du mehr?“
Ich nahm den hunderter an mich und grinste zu ihm hoch. Dann wedelte ich mit den Händen in seine Richtung.
„Husch husch. Und vergiss nicht, was ich gesagt habe.“
Er gab ein widerstrebendes Knurren von sich und erwiderte noch bevor er ging: „Ich werde dich jede halbe Stunde fragen, ob es dir gut geht.“
Dann gab er mir einen Kuss und verschwand. Endlich ungestört, dachte ich grinsend. Na schön, also los.
Ich ging ein paar Meter weiter und entschied mich für „Modern Hair“, mal schauen, ob sie mir meine Haare so machen konnten, wie ich sie wollte.
Vollkommen selbstsicher betrat ich den Laden und ging zu einer Angestellten.
„Guten Tag, einmal waschen, schneiden, föhnen.“
Die Frau, mittleren Alters, wies auf einen Stuhl.
„Setzen Sie sich schon einmal. Meine Kollegin wird sich gleich um Sie kümmern.“
Ich setzte mich auf den mir zugewiesenen Stuhl und wartete. Nur wenige Augenblicke später trat eine Frau in meinem Alter hinter mich und fragte, wie ich meine Haare denn geschnitten bekommen möchte.
„Ich möchte sie ganz kurz, sodass sie im Nacken spitz zulaufen. Sie sollen ausgefranst sein und der Pony auf einer Seite.“
Die Frau sah mich völlig geschockt an.
„Sie wollen diese wundervolle Haarpracht abschneiden? Sind Sie sich ganz sicher.“
„Ja, bin ich.“
Sie zuckte mit den Schultern und wies zu einem der Waschbecken. Ich genoss die Massage, als die Friseurin die Haare ein schäumte.
Hmm tut das gut … mein Gott, so etwas Tolles habe ich selten erlebt …
„Laura, ich hoffe doch sehr für dich, dass du nicht das tust, wonach es sich anhört.“

Völlig erschrocken riss ich die Augen weit auf. Die Frau sah mich besorgt an.
„Ist etwas nicht in Ordnung?“
„Nein, schon gut.“
„Was fällt dir ein einfach so in meinem Kopf rumzustöbern?“
„Ich habe dir doch gesagt, ich will wissen wie es dir geht … Aber ich glaube, ich will es gar nicht wissen, so wie sich das eben anhörte.“

Steve war sichtlich verärgert, wie ich an seiner Stimme bemerkte.
„Mir geht es gut, du brauchst dir keine Gedanken zu machen.“

Mit einem letzten Knurren war es aus meinem Kopf verschwunden.
Ich entschied mich, ihn zu ignorieren und die Massage zu genießen. Ich würde meine hüftlangen Haare nicht vermissen. Immerhin wachsen sie ja nach. Außerdem würden die kurzen mein schmales Gesicht betonen.
Sobald die Frau anfing meine Haare zu schneiden, meldete sich eine mir wohlvertraute Stimme.
„Darf ich endlich erfahren wo du bist?“

Mein Gott war Steve mürrisch. Aber deswegen würde ich ihn noch lange nicht wissen lassen, wo ich mich aufhielt.
„Nein, darfst du nicht. Du wirst dich noch eine Weile gedulden müssen.“
„Wie lange denn noch? Ich bin gerade an einem Laden vorbei gekommen, in dem es Dekor für Hochzeiten gibt. Soll ich hineingehen und schon mal schauen, oder soll ich auf dich warten?“
„Nein geh schon mal ein wenig gucken, ich komme dann später nach.“

Hauptsache er ist abgelenkt, dachte ich, als die Hälfte meiner Haare zu Boden rieselte.
Nach einer halben Stunde bezahlte ich fünfzig Dollar und verließ den Laden mit einem Strahlen.
„So mein Großer, du kannst mich jetzt abholen.“
„Wo bist du?“
„Da, wo wir uns vorhin getrennt haben.“
„Bin in 20 Sekunden da.“

Noch schneller als man laufender Vampir sagen konnte, stand er auch schon vor mir und starrte mich stinksauer an. Okay. Es gefiel ihm anscheinend nicht.
„Was hast du getan?“
„Tada … Schick nicht?“
„Ja, das schon, aber ...“
„Aber?“
Ich sah ihn fragend an. Wenn es ihm gefiel, was war es denn dann? Er neigte seinen Kopf bis seine Lippen mein Ohr striffen.
„Deine langen Haare haben immer deinen wundervollen Hals verdeckt, sodass ich mich zusammenreißen KONNTE. Aber jetzt … ich muss jetzt richtig aufpassen, nicht über dich herzufallen.“
Er lachte leise, bevor er mich auf meinen nun entblößten und für ihn verführerischen Hals küsste. Ein Wonneschauer lief mir über den Rücken, ob dieser Offenbarung. Ich freute mich schon auf Zuhause. Aber wir waren ja schließlich hier, um Dekor für unsere Villa zu kaufen.


16

Carlos:

Seit zwei Stunden verfolgte ich jetzt schon die Beiden. Bis auf den einen Moment, wo sie alleine da gestanden hat, war Steve bei ihr. Und gerade als ich sie mir holen wollte, war er auch schon wieder vor Ort. Ich hatte Glück gehabt, dass Steve meine Präsenz nicht gespürt hatte. Allmählich hatte ich die Nase voll. Meine vier Arme taten weh, weil ich sie einziehen musste, um unter den Menschen nicht aufzufallen. Wieso schickte Hades auch immer mich los und nie jemand anderes. Naja, vielleicht weil ich bisher jeden den ich umbringen oder Hades ausliefern sollte, auch gekriegt hatte. Aber dies hier würde ein harter Brocken werden. Sich mit Steve anzulegen, würde im schlimmsten Fall mein Tod bedeuten, das war mir klar. Also musste ich warten, bis Laura mal alleine war (wenn das jemals der Fall sein sollte). Vielleicht konnte ich mich ja noch ein wenig mit ihr vergnügen, sobald ich sie erwische. Sozusagen als eine kleine Entschädigung. Ich hatte es schließlich verdient.
Mit diesen Gedanken folgte ich Steve und seiner Auserwählten. Ich folgte ihnen von Laden zu Laden. Immer wieder von einem Dekor Geschäft in das nächste Möbelhaus. Bei einem Geschäft wurde ich jedoch stutzig … sie waren in ein Geschäft für Hochzeitsutensilien gegangen. Na ganz toll, jetzt heirateten die beiden auch noch. Meine Handlung wird einen gewaltigen Keil in ihre Beziehung treiben. Ein Grund mehr es zu tun.

Laura:

„Gut haben sie denn schon einen Termin für ihr Hochzeit?“
„14 Februar“, antworteten Steve und ich unisono. Alle mussten wir lachen, wobei Steve und ich uns in die Augen sahen. Die Hochzeitsplanerin sah uns lächelnd nacheinander an.
„Liebe ist schon etwas tolles. Bei ihnen kann ich mir vorstellen, dass sie für immer hält.“
„Ja, ich denke auch, dass sie das tut.“
Sie hatte ja keine Ahnung, wie Recht sie hatte, aber das gerade Steve so etwas sagte, schien sie zu verblüffen. Anscheinend waren die Frauen für gewöhnlich die Emotionalen.
„Ein tolles Datum. Hat bei uns noch keine Paar gewählt.“
Sie versuchte ihre Verlegenheit zu überspielen, indem sie wieder zum eigentlichen Thema zurückkehrte.
„Gut, und in welcher Gaststätte möchten sie feiern und wie viele Gäste kommen?“
Steve und ich sahen uns an und überlegten kurz.
„Wie wäre es mit dem Kaisers?“
„Soll mir recht sein.“
„Aber es ist teuer“,

warnte ich ihn. Er sah mich einfach nur mitleidig an. Was hatte ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht?
„Geld ist kein Problem, wie du weißt. Außerdem heirate ich nur einmal.“

Ich wand mich wieder der Planerin zu und erwiderte: „Wir würden gerne im Kaisers feiern.“
Die Frau stieß erstaunt die Luft aus. Dann sah sie erst mich und dann Steve unsicher an.
„Billig ist es nicht. Darüber sollten sie sich im klaren sein.“
„Das sind wir.“ Steve sagte dies mit einem Selbstbewusstsein, dass mir die Spucke wegblieb, und einer Endgültigkeit, die keine weiteren Fragen duldete.
„Und wie viele Gäste?“
„Das wissen wir noch nicht“, gab ich ein wenig bedrückt zu. Ich konnte ihr ja wohl schlecht sagen, dass es nur drei oder vier werden würden. Es würde eine erbärmliche Hochzeit werden. Vielleicht sollte ich die Hochzeit doch noch absagen. Wir konnten ja einfach nach Vegas fahren und eine Blitzhochzeit dahin legen und gleich Flitterwochen machen. Das wäre viel besser …
„Es reicht ja, wenn sie einen Monat vorher Bescheid geben. Gut, wie sieht es dann aus mit …

Eine Stunde später saß ich in einem Café und trank einen Kaffee. Irgendwie musste ich die Zeit ja totschlagen. Steve hatte mich hier abgesetzt und gesagt, nein, nicht gesagt, befohlen trifft es eher, ich solle mich nicht von der Stelle rühren. Er musste noch etwas wichtiges erledigen. Also saß ich praktisch fest. 'Laura möchte gerne aus dem Kinderspielparadies abgeholt werden!'. Solch eine Ansage fehlte nur noch und ich würde mir vorkommen wie eine Sechsjährige.
So in Gedanken versunken, bekam ich gar nicht mit, wie sich ein gutaussehender Mann an meinen Tisch setzte. Zwar nicht so gutaussehend wie Steve, aber doch ziemlich nett.
„Entschuldigung, darf ich mich zu Ihnen setzen?“
Ich gab ihm zu verstehen, dass es kein Problem war und er setzte sich mit einem Grinsen im Gesicht zu mir.
Er reichte mir seine Hand und sagte: „Mein Name ist Carlos. Wie kommt es, dass so eine hübsche, junge Frau, wie sie es sind, so alleine in einem Café sitzt?“
Ich zuckte mit den Schultern und schüttelte ihm die Hand.
„Laura … Irgendwie muss man ja seine Freizeit nutzen.“
Steve ging mir gerade am Arsch vorbei. Dumm gelaufen, wenn er mich so einfach irgendwo absetzte und dann verschwand. Dann musste er damit leben, dass mich auch andere Männer ansprachen. Und er musste damit leben, dass sie gut aussahen, wie zum Beispiel Carlos.
„Würden Sie ihre Freizeit auch damit verbringen, mich ein bisschen zu begleiten? Ein kleiner Spaziergang?“
Er sah mich mit seinen brauen Augen an wie ein kleiner Welpe. Klar, dachte ich mir, warum auch nicht.
Eine kühle Brise brachte Carlos' schwarzes, langes Haar durcheinander, als wir aus dem Café traten. Ich hakte mich bei ihm ein und wir verließen die Shoppingcenter. Steve würde mich eh fragen, wo ich bin und dort auftauchen, ging es mir durch den Kopf.
Als ich Carlos ansah, fand ich, er sah aus, als wäre er Italiener.
In einer ruhigen Ecke, wo kein Zeichen von Menschen war, blieb Carlos ruckartig stehen, drehte mich um und hielt mir den Mund zu. Dann beugte er sich zu mir herunter und flüsterte dicht an meinem Ohr: „Endstation, Schätzchen.“
Mit weit aufgerissenen Augen und in heller Panik versuchte ich Steve zu erreichen. Doch noch bevor ich auch nur einen Satz zu Stande brachte, bekam ich einen dumpfen Schlag gegen die Schläfe und um mich herum wurde alles schwarz.


17

Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in einem kleinen Raum. Ich war völlig verstört und verängstigt. Ich rollte mich in einer Ecke des Bettes zusammen und versuchte Steve mental zu erreichen. Doch immer wieder, nichts.
„Du kannst ihn nicht erreichen, egal wie sehr du es auch versuchst.“
Bei dem Klang dieser Stimme stellten sich meine Nackenhaare auf und ich schrak auf und drückte mich gegen das Bettgestell. Erschrocken sah ich mich um, von wo die Stimme kam, denn wer es war wusste ich bereits. Carlos. Ich schrie auf, als er von der Decke sprang und nur wenige Meter vor mir landete.
„Solange ich das will, kannst du es nicht.“
Seine Worte drangen gar nicht zu mir durch, denn die Anzahl seiner Arme schockierte mich. Es waren sechs. Sechs Arme. Wie war das möglich?
„Ich bin ein Dämon.“
Als ob das all meine Fragen beantwortete! Was wollte er von mir? Langsam kam er auf mich zu, sodass uns nur noch wenige Zentimeter trennten. Angst ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Ich konnte mich nicht mehr rühren. Carlos strich mir das Haar aus dem Gesicht und ließ seine Hand meine Wange entlang streichen. Mit einem harten Stoß warf er mich aufs Bett und bedeckte meinen Körper mit seinem. Ich wusste was er wollte. Es war ein Gefühl von Dejavu. Doch dieses Mal war es anders. Ich hatte keine Chance bei diesem was auch immer und das Schlimmste war, ich konnte Steve nicht erreichen. Carlos riss mir meine Jeans und meine Bluse samt Unterwäsche vom Körper und dann zog er sich selbst aus. Dabei hielt er mir die ganze Zeit die Hände über meinem Kopf in eisernem Griff fest. Wie aus dem Nichts, hatte er plötzlich ein Seil in der freien Hand und band meine Hände ans Bettgestell. Dann spreizte er meine Beine mit seinem Knie und drang mit einem einzigen Stoß in mich ein. Mir kamen die Tränen vor Schmerzen. Ich glaubte innerlich zu zerreißen. Doch das hielt ihn nicht zurück. Er zog sich immer wieder zurück, nur um dann erneut in mich zu dringen.
Ich hatte keine Ahnung wie lange das so ging, aber ich hoffte mit jeder Sekunde, dass es endlich endete.
Als er der Qual ein Ende bereitete, drückte er mir noch einen Kuss auf den Mund und verschwand. Doch nur wenig später kehrte er mit einem Tablett mit Essen und Trinken zurück, stellte es auf der Bettkante ab und wandte sich wieder mir zu. Neben mir blieb er stehen, ließ seine Hand meinen Bauch hin abwandern bis er an meiner intimsten Stelle ankam. Alles in mir verkrampfte sich und als er mit einem Finger in mich eindrang, hätte ich vor Schmerz fast laut aufgeschrien. Carlos grinste mich schmierig an und drang mit einem weiteren Finger in mich ein. Der Schmerz war zu groß, als dass ich hätte ruhig bleiben können und ein leises Wimmern entrang sich meiner Kehle Ich betete darum, dass er mich einfach gehen ließ. Ich hielt das nicht aus. Endlich ließ Carlos von mir ab und zeigte mit einer Hand auf das Tablett.
„Da hast du etwas zu essen. Schließlich sollst du für das nächste Mal bei Kräften sein. Tja und dann, dann werde ich dich einem alten Bekannten ausliefern. Immerhin bezahlt er mich dafür, dich zu ihm zu bringen. Glaub mir, was ich mit dir mache ist noch harmlos gegen das, was er mit dir machen wird.“
Carlos drehte sich um und verließ den Raum. Nicht ohne vorher noch das Seil um meine Hände zu lösen. Dann ging er und schloss den Raum hinter sich ab. Unter Tränen setzte ich mich auf das Bett und aß und trank alles, was er mir gebracht hatte. Ich hatte keine Ahnung wie lange ich schon von Steve getrennt war … Vielleicht waren es Stunden ja sogar Tage gewesen. Ich wusste es nicht. Aber eines wusste ich, wenn ich es nicht schaffte abzuhauen, würde mir noch schlimmeres widerfahren. Ich musste hier weg. Zurück zu Steve und einfach alles vergessen. Eine unbekannte Panik stieg in mir aus, als mir bekannte Worte in den Kopf schossen.
„Durch diesen Dolch ward Liebe vereinigt bis in alle Ewigkeit. Stirbt deine Auserwählte, so wirst auch du mit ihr sterben, an ihr Blut seist du gebunden. Nur von ihr kannst du trinken ohne dich zu vergiften ...“
Die Erkenntnis dieser Worte ließ mich nach Luft ringen. Ich musste so schnell wie möglich zu Steve, sonst würde er verhungern oder sich vergiften bei dem Versuch anderes Blut zu sich zu nehmen. Tränen rollten mir die Wangen runter und landeten auf meinen ineinander verschränkten Händen in meinem Schoß. Stumm weinte ich und dachte über mein und Steves Schicksal nach. Ich war Schuld, dass er sterben würde. Wäre ich nicht mit Carlos mitgegangen, dann würde ich mit Steve auf der Couch sitzen und fernsehen oder ein paar wundervolle Stunden in unserem Bett verbringen.

18

Es mussten schon ein paar Tage vergangen sein, als Carlos ins Zimmer kam und mich nach draußen dirigierte. Ich registrierte das schwarze Loch erst, als ich direkt hineinfiel. Das musste heißen … Oh nein! Carlos brachte mich zu Hades. Aber was machte das noch. Steve war vielleicht bereits verhungert. Und ohne ihn, das wusste ich auf einer instinktiven Ebene, konnte ich nicht mehr leben. Das Problem war nur, dass Hades mich nicht einfach töten würde. So gnädig würde er nicht sein. Er würde mich höchst wahrscheinlich ebenso foltern, wie er Steve über viele Jahrhunderte gefoltert hatte.
Wir gingen den selben Weg, wie Steve und ich vor kurzem. Vor Hades blieben wir stehen. Er sah noch genauso aus, wie beim letzten Mal, immer noch sah er gut aus, aber der Schein trog. Ich kannte sein wahres Ich. Er hatte gefallen daran andere leiden und bluten zu sehen. Er ergötzte sich an den Schreien des Schmerzes. Er war eine abscheuliche und verachtenswerte Kreatur. Und das Schlimmste, er brachte meinen Mann um beziehungsweise hatte er das bereits.
Mit einer Hand griff er mein Kinn und sah mich abschätzend an. Ich blickte ihn an, als wäre er ein widerwärtiges Parasit, dass man zerquetschen musste.
„Hast dich verändert, wenn auch nur vom Äußeren. Aber ich muss dir sagen, dass mir deine langen Haare besser gefallen haben. Weiß gar nicht, wie Steve sich beherrschen konnte, wo doch dein Hals so verführerisch entblößt ist.“
Voller Wut entriss ich ihm mein Kinn und funkelte ihn an. Fuchsteufelswild. Am liebsten hätte ich ihm sofort den Hals umgedreht. Und das mit bloßen Händen. Doch seine einzige Reaktion auf meine Widerspenstigkeit war, sich den Bauch zu halten, den Kopf in den Nacken zu legen und lauthals zu lachen. Ich musste mich zusammennehmen ihm nicht an die Gurgel zu gehen. Schlagartig verstummte er und sagte zu Carlos gewandt: „Bring sie in Steves alte Zelle.“
Carlos ergriff meinen Arm und führte mich in die Zelle, die früher Steve bewohnt haben musste. Dann schloss er hinter sich ab und verschwand. Die Zelle war nicht größer als zehn Quadratmeter. An der linken und rechten Wand waren Gitter durch die man in die anderen Zellen sehen konnte. Ich rollte mich auf einer Seite zusammen und weinte leise vor mich hin.
„Oh Steve, hol mich hier raus.“
Es war ein geflüsterter Satz, der an mich selbst gerichtet war, aber ich hörte wie sich jemand ruckartig umdrehte.
„Sie kennen Steve?“
Die Stimme war tief und hatte einen seltsamen Akzent, den ich nicht einordnen konnte. Langsam setzte ich mich auf und wischte die Tränen weg, die noch meine Wangen hinunterliefen. Dann sah ich den Man an und sagte leise: „Ja, ich bin seine Auserwählte.“
Ich wusste nicht, ob es gut war, dem fremden Mann das zu sagen, aber ich tat es trotzdem. Der Mann fluchte in einer mir unbekannten Sprache und fragte verwundert: „Und was machen Sie dann hier?“
„Hades hatte einen Dämon beauftragt mich hierher zu bringen.“
Er fluchte wieder und murmelte irgendwas von muss besser auf sie aufpassen.
„Wie heißen Sie?“
„Laura“, es machte Klick bei mir „und Sie sind Thomas, richtig?“
„Aye.“
Ah! Er war Schotte. Das erklärte den Akzent. Vielleicht konnte er mir ja helfen von hier zu fliehen. Aber was redete ich mir da ein, würde er wissen, wie man fliehen könnte, wäre er nicht mehr hier. Thomas schüttelte den Kopf, wobei seine schulterlangen schwarzen Haare in sein Gesicht schlugen. Dann sah er mich wieder mit diesen stahlgrauen Augen an.
„Wie lange seid ihr schon voneinander getrennt?“
„Ich weiß nicht genau. Vielleicht zwei oder drei Tage.“
Mein Gott, dieser Mann konnte fluchen.
„Das heißt, er wird immer schwächer. Wir müssen dich hier so schnell wie möglich rauskriegen. Steve braucht dein Blut und du seine Nähe.“
Ich runzelte verwirrt die Stirn.
„Wie meinst du das „seine Nähe“ ?“
„Ich meine wie ich es sage. Wenn du zu lange von ihm getrennt bist und seine Nähe nicht spürst, wirst du bald nichts mehr fühlen können. Keine Emotionen. Ich will nicht, dass einer von euch leidet. Dazu ist mir Steve als Freund zu wichtig und somit auch du. Aber ich befürchte, Steve leidet mittlerweile unter höllischen Schmerzen.“
Das bedeutete Steve war noch am leben, aber er litt. Und das wollte ich unter keinen Umständen. Ich gab mir die Schuld für das alles.
„Hör auf dir die Schuld für das zu geben, was passiert ist. Es ist nicht deine Schuld. Ich kann auch nicht sagen, welche der Sachen, die ich in der Zukunft tue, bereuen werde. Also hör auf damit. Versuch einfach nur sein Bild vor Augen zu haben.“
Ich nickte traurig. Thomas merkte, wie ich zitterte und rückte ans Gitter. Er breitete die Arme durch das Gitter aus und wartete bis ich zu ihm kam. Ich überlegte nicht lange und kuschelte mich in seine warmen Arme. Noch bevor ich ganz einschlief flüsterte Thomas: „Ich bringe dich zu ihm. Und wenn es das Letzte ist was ich tue. Wenn er seine Auserwählte schon nach Jahrhunderten gefunden hat, dann will ich verdammt sein, wenn er sie jetzt schon wieder verlieren sollte.“

19

Steve

Ich konnte mich nach vier Tagen ohne Lauras Blut kaum noch schmerzfrei auf den Beinen halten. Ich musste sie heute finden. Ich wusste wo sie war und hatte angst sie nicht aus Hades´ Gefangenschaft befreien zu können. Ein weiterer Krampf riss mich von den Beinen, sodass ich in einer dunklen Gasse klag und mir den Bauch hielt. Ich hoffte inständig, dass es Laura besser ging als mir. Ich hatte angst, dass sie keine Gefühle mehr hatte und es bei ihr ebenso schnell ging wie bei mir. Immer noch meinen Bauch haltend zog ich mich an der Wand hoch. Als ich wieder einigermaßen sicher stand, ging eine junge Frau mit feuerroten Haaren an der Gasse vorbei nur wenige Meter von mir entfernt. Sie roch so verführerisch, dass mir das Wasser im Mund zusammenlief. Noch vor wenigen Tagen hatten andere Frauen mich nicht interessiert. Laura war mein Mittelpunkt gewesen. Doch ich hatte solch einen Hunger, dass ich mich nur schwer zurückhalten konnte. Ich würde mir nur selber schaden, wenn ich von ihr trinken würde. Und ich wollte noch so viel Kraft wie möglich haben um Laura zu retten. Die Frau ignorierend malte ich ein mir nur allzu bekanntes Muster an die Wand. Nach einigen Anläufen gelang es mir das Portal zur Hölle zu öffnen. Mein Plan: Sich von Hades in Lauras Zelle sperren zu lassen und dann …
Voller Entschlossenheit betrat ich die Hölle und ging an, dieses Mal, verhangenen Zellen vorbei direkt auf Hades zu. Ich sah ihn mit tödlichem Blick an. Wenn ich daran dachte, was er Laura angetan hatte, dass er sie angefasst hatte. Mir kochte das Blut so sauer war ich. Hades lächelte mich gespielt freundlich an.
„Na alter Freund, hast du deine Auserwählte aus den Augen gelassen? Hättest besser auf sie aufpassen sollen, da draußen laufen viele schreckliche Monster herum.“
„Das Einzige Monster hier bist du.“ fauchte ich.
„Na na na, sie ist mir doch in die Arme gelaufen, ich habe nur dafür gesorgt, dass es ihr gut geht.“
„Gut geht.“ Ich sah Hades verabscheuend an. Ein riesiger Bildschirm tauchte hinter Hades aus der Wand auf. Als die Aufnahme der Zellen zu sehen war, stockte mir der Atem. Nein, das konnte nicht sein! Das konnte nicht Laura sein, die in Thomas Armen lag. Das durfte nicht sein!
„Tja Steve, sieh sie dir an. Sie hat sich jemand neuen angelacht. Jemand, der vielleicht besser auf sie aufpassen kann. Willst du noch immer zu ihr?“
„Lass mich zu ihr.“
Ich sah wie gebannt auf den Bildschirm. Laura war bar jeder Emotion. Sie lächelte nicht, wozu sie auch keinen Grund hatte, aber sie weinte auch nicht oder sah traurig aus. Ich musste so schnell wie möglich zu ihr. Sie konnte mir dann erklären, was sie in Thomas´ Armen zu suchen hatte.
„Wie du willst. Deine alte Zelle.“
Ich wand mich von Hades ab und ging zu meiner alten Zelle. Vor ihr blieb ich stehen, bis die Tür sich öffnete, dann betrat ich die Zelle. Hinter mir schloss sie sich wieder und ich sah mich Laura gegenüber. Thomas ließ die Arme sinken und Laura stand augenblicklich auf, Tränen liefen ihr über die Wangen und sie warf sich in meine Arme. Ich rührte sie nicht an, zu nah war ich mit meinem Mund an ihrem Hals.
„Nimm es dir , Liebster. Du hast mich wieder fühlen lassen. Jetzt will ich, dass es dir wieder gut geht.“

Ohne mich noch zurückhalten zu können, fuhren sich meine Zähne aus und ich schlug sie in ihren Hals. Laura erschlaffte in meinen Armen, woraufhin mir ein Stöhnen entrang. Noch nie hatte Blut solch eine Wirkung auf mich gehabt. Ich trank nicht mehr als notwendig. Sobald ich meinen Mund von ihrem Hals löste, schloss die Wunde sich. Thomas grinste mich an und sagte: „Kümmer dich das nächste Mal besser um sie.“
Ich sah ihn grimmig an und erwiderte: „Ich habe mich um sie gekümmert. Die Frage ist, wieso du dich um sie gekümmert hast?“
Thomas stand auf und hob beschwichtigend die Hände.
„Ich hoffte so ihre Gefühle länger aufrecht erhalten zu können.“
„Indem du sie in den Armen hältst? Du hättest ihr genauso gut Witze erzählen können.“
Ich wurde immer wütender, wohingegen Thomas die Ruhe in Person blieb.
„Ja, das hätte ich tun können, aber wir beide wissen, dass es nicht dieselbe Wirkung gehabt hätte.“
Mir trat schon fast der Dampf aus den Ohren.
„Lass in Zukunft die Finger von meiner Frau.“
„Ich werde sie nicht mehr anrühren.“
Ich zog Laura mit mir in eine Ecke und setzte mich gegen die Wand gelehnt hin. Laura setzte sich neben mich, schlang die Arme um meine Mitte und legte den Kopf auf meine Brust. Ich hielt sie fest an mich gedrückt, immer die Angst in den Knochen, ich könnte sie erneut verlieren.
"War da nur diese Umarmung?“

Laura zeichnete mit einem Finger Muster auf meine Brust, doch als die Worte sie erreichten hielt sie inne.
„Nein, das hätte ich nie zugelassen.“

Ich erwiderte nichts, wartete nur, dass sie einschlief.

20

Laura

„Du hast sie endlich gefunden.“
„Ja, das habe ich.“
„Und du bist glücklich.“
„Und wie. Du kannst es dir nicht vorstellen.“
Ich spürte den Druck von Steves Mund auf meinem Kopf. Ich war schon fast eingeschlafen, als ihre letzten Worte zu mir durchdrangen.
„Gib acht auf sie, sobald ihr hier raus seid.“
„Du kommst mit.“
„Nein, ich werde meine Auserwählte noch finden. Ihr habt mich neuen Mut schöpfen lassen.“
„Wir werden dir helfen. Versprochen. Wir finden sie für dich.“
Dann schlief ich endgültig ein.

„Meine Auserwählte sollte rabenschwarzes, langes Haar haben. Es soll sich locken. Und graue Augen, die ihre Gefühlslage genau zeigen. Sie sollte auf keinen Fall zu dünn sein, an ihr sollte ich mich festhalten können, ohne dass sie bei der ersten Berührung zerbricht.“
Ich befand mich immer noch im gleichen Raum, doch es war eine andere Zeit und ich war nicht ich. Ich fühlte alles, was Steve fühlte, hörte alles, was er dachte. Ich war er. Eine Trauer und Hoffnungslosigkeit erfasste mich, die mich fast aufschreien ließ.
„Meine sollte rotes Haar haben und grüne Auge, wie die Wälder meiner Heimat. Und den Charakter einer Rothaarigen. Kratzbürstig und widerspenstig. Aber auch voller Feuer und Leidenschaft. Das Wichtigste jedoch ist, dass sie mich liebt.“
Zumindest mit dem Charakter und der Liebe hatte Steve seinen Willen bekommen.
„Thomas, ich suche bereits seit 600 Jahren, du seit 1200. Ich glaube langsam es gibt sie nicht.“
„So darfst du gar nicht denken. Wir finden sie, das sei gewiss.“
Steve war nicht überzeugt, das spürte ich. Aber er hatte sich geirrt, er hatte mich gefunden. Jetzt galt es nur noch Thomas´ Auserwählte nach 1300 Jahren der Einsamkeit zu finden. Das war unsere Aufgabe.

Als ich am nächsten Morgen in Steves Armen erwachte, hielten mich starke Arme zurück, mich zu bewegen.
„Was ist?“
„Bleib einfach so liegen und halt dir die Ohren zu.“
„Steve, warum?“
„Tu es einfach!“

Erst jetzt registrierte ich die Schreie aus der Zelle nebenan. Thomas. Ich konnte nicht hinsehen. Ich wollte nur hier weg. Wie befohlen hielt ich mir die Ohren zu, kniff die Augen zu und drückte mich gegen Steves Brust. Ich machte mich so klein, wie möglich und wartete bis es vorbei war. Steve nahm mein Gesicht in seine Hände und zwang mich, ihm in die Augen zu sehen. Er wusste genau, dass, wenn er mich küsste, er mich ablenken würde. Denn er senkte seinen Kopf und presste seine Lippen auf meine. Sobald seine Lippen meine Berührten, vergaß ich alles um mich herum. Nichts war mehr wichtig, außer der Kontakt von seinen Lippen auf meinen. Ich ließ meine Hände sinken und verlor mich in seinem Kuss. Ich hätte mich schämen sollen. Neben uns wurde Steves Freund gefoltert und ich hatte nichts besseres zu tun, als über Steve herzufallen, wie eine läufige Hündin. Aber ich verspürte nichts, außer pure Lust. Nur mit Mühe und Not konnte ich mich zusammenreißen. Ich löste mich von ihm, um wieder Luft zu kriegen. Als die Schreie verklangen, drehte ich mich nicht gleich um. Ich hatte Angst, was für ein Anblick mich erwartete. Das schwere Atmen verriet mir, dass es Thomas gar nicht gut ging. Wer weiß, was er hatte durchmachen müssen. Doch ich wollte seine Gefühle nicht verletzen, also biss ich die Zähne zusammen und wand mich Thomas zu. Ich musste ein schockiertes Keuchen unterdrücken. Er sah aus, als hätte man ihn als Dartscheibe verwendet. Eilig krabbelte ich zu den Gittern. Ich steckte meinen Arm durch das Gitter und fuchtelte wild herum, um eine Stelle zu finden an der Thomas nicht verletzt war. Meine Hand kam auf seinem Oberarm zu liegen.
„Oh Gott. Thomas! Geht es dir gut?“
Was für eine dumme Frage! Natürlich ging es ihm nicht gut.
„Kann ich irgendwas für dich tun?“
Er ließ ein schweres Schnauben hören. Langsam und mit schmerzverzerrtem Gesicht wandte er den Blick zu mir.
„Ich erleide das schon seit 1300 Jahren. Ich bin es gewöhnt. Glaube mir, ich habe schon weit Schlimmeres erlebt als das. Ich werde es überleben.“
Ein trockenes Lachen war zu hören. Er würde es überleben das stimmte, aber es musste trotzdem wehtun. Das Klirren von Schlüsseln ließ mich zur Tür blicken. Immerhin hielt er, was er versprochen hatte. . Hades betrat die Zelle und hielt die Tür weit auf. Mit einem Nicken bedeutete er uns, dass wir gehen durften. Steve half mir auf. Doch bevor wir gingen, berührte ich noch einmal Thomas´ Arm. Als er mich ansah, lächelte ich ihm aufmunternd zu. Wir wollten gerade an Hades vorbei, da streckte er den Arm aus und versperrte uns den Weg. Steve ließ ein markerschütterndes, aber leises Knurren hören. Wütend starrte ich Hades an. Der grinste nur boshaft.
„Wir werden uns wiedersehen.“
Dann ließ er den Arm sinken und ließ uns passieren. Wir gingen stur den Gang entlang, ohne auch nur einmal zurück zu sehen. Das war Vergangenheit. Nun wartete ein neues Leben. Auf uns beide.

21

Der Morgen kam viel zu früh. Unausgeschlafen und übermüdet von den tagelangen Strapazen schwang ich meine Beine über die Bettkante und schlurfte ins Bad. Steve schlief noch tief und fest, jedenfalls glaubte ich das. Er hatte schon öfters nur so getan als ob. Sein Argument: Er wollte mir einfach heimlich zusehen, wie ich im Haus umher schlich. Das faszinierte ihn.
Ich sah in den Spiegel. Augenringe. Zerzauste Haare. Wie jeden Morgen besah ich meine Ohren. Es kam mir vor, als ob sie immer spitzer wurden. Konnte auch sein, dass ich es mir nur einbildete. Aber ich war mir ziemlich sicher. Es war komisch. Wieso sollte ich spitze Ohren kriegen? Das ergab alles keinen Sinn. Gut ich war nie wirklich groß, läppische 1,60m und sehr zierlich gebaut, das hatte mir nie wirklich was ausgemacht. aber das hier, das war zu viel des Guten. Ich dachte immer, ich wäre normal, aber anscheinend war ich nicht so normal, wie ich dachte. Hilflos und ziemlich erfolglos versuchte ich meine sehr kurzen Haare über meine Ohren zu streifen. Sie wurden immer auffälliger und ich wollte sie vor anderen verbergen. Anscheinend hatte Steve in der Nacht unseren Umzug alleine durchgezogen. Mutlos stapfte ich in die riesige Küche. Ich hatte viel zu tief geschlafen. Um wach zu werden, setzte ich Kaffee auf und machte Frühstück.
„Kannst du mir verraten, warum du mich hier ganz alleine lässt? Und wieso lässt du mich frieren?“
„Erstmal guten morgen. Ich war ein wenig unruhig und konnte nicht mehr schlafen. Tut mir leid, dass du so empfindlich bist.“

„Was bist du denn so zickig?“
Erschrocken fuhr ich zusammen. Ich hatte ihn nicht kommen hören. Aus trotz griff ich nach einem Putzlappen und warf ihn Steve um die Ohren. Ganz elegant lehnte er sich an den Türrahmen und sah dem Lappen hinterher, der an ihm vorbei in den Flur flog. Nackt stand er im Türrahmen der Küche und zog eine Augenbraue hoch.
„Ja, ich liebe dich auch. Was habe ich denn schon wieder ausgefressen? Ich kann mich nicht daran erinnern, dich so verärgert zu haben.“
Mit einem selbstgefälligen Grinsen strich er sich über seine wundervolle Brust. Ich war so emotional geladen, dass ich auf ihn zuging und ihn verführerisch anlächelte. Vielleicht waren meine Nerven überstrapaziert. Ich wusste es nicht. Aber aus einem Reflex heraus ergriff ich sein sein bestes Stück und drückte zu. Steve sah mich schockiert an, ehe er den stechenden Schmerz registrierte und das Gesicht verzerrte. Ich hielt nur kurz fest, aber das genügte. Eines musste ich ihm lassen, er gab keinen Ton von sich und zahlte es mir auch nicht heim. Um mich für meinen Gefühlsausbruch zu entschuldigen beugte ich mich vor und gab dem Misshandelten Teil seines Körpers einen Kuss. Langsam kam ich wieder hoch. Wenn Blicke töten könnten! Seine blauen Augen waren wie zugefroren.
„Wenn du ein Problem mit ihm hast, dann sag es mir und misshandle ihn nicht einfach. Aber bisher hatte ich immer den Eindruck, dass du sehr zufrieden mit seiner Arbeit warst.“
„Ich bin ja auch zufrieden mit ihm, aber du hast seit Tagen meine Nerven strapaziert und mich heimlich beobachtet und mich erschreckt und da ist es mein gutes Recht dir zu zeigen, wie ich mich fühle.“
Ich unterbrach kurz, um Luft zu holen und fuhr dann fort.
„Und außerdem willst du mich heiraten und ich muss alles vorbereiten und ...“
„Schsch.“
Steve wischte mir die Tränen weg, die mir über die Wangen liefen.
„Es tut mir leid, dass alles so kompliziert und vorschnell kommt, aber wir haben es doch bis hierher geschafft und dann schaffen wir es auch noch weiter. Du darfst dich nur nicht hängen lassen. Wir machen das schon.“
Tröstend nahm er mich in den Arm. Ich war zu müde um mich zurückzuhalten und weinte mich an Steves Brust aus. Nachdem meine Tränen versiegt waren, machte ich mich von ihm los und nahm mir meinen Kaffee. Wenig später hörte ich, wie die Dusche anging. Betrübt und in Gedanken versunken setzte ich mich an den Tisch und trank meinen Kaffee. Steve betrat die Küche nach einer halben Stunde und kam auf mich zu, um mir einen Kuss auf die Stirn zu geben und sich zu verabschieden. Er wollte sich mit einem alten Freund treffen und würde nicht vor dem späten Abend zu Hause sein. Ich nahm mir vor ein Buch zu lesen und mich in einem dicken Hausanzug in den Sessel im Kaminzimmer zu lümmeln, um nachzudenken.

Um 16 Uhr zog ich mir meinen Mantel über, legte Michael das Geschirr an und den Verlobungsring auf das Bett. Auf einen Zettel schrieb ich:

Nimm zurück, was dir gehört!
Es tut mir leid, dass ich nicht die sein kann, für die du mich hältst. Ich würde es gerne sein, aber ich bin müde und habe nicht die Kraft, um noch länger durchzuhalten. Ich habe es versucht, aber das geht alles zu schnell. Ich brauche Ruhe um nachdenken zu können. Bitte such mich nicht, denn ich brauche Abstand von all dem. Ich lasse dir täglich 1L Blutbringen. Mach dir darum keine Sorgen.

In Liebe, Laura

P.S: Sorge dich nicht um mich, mir geht es gut.

Sorgfältig faltete ich den Brief und legte ihn zum Ring. Dann verschwand ich mit Michael.

22

Steve

Erschöpft und in voller Erwartung an meine zukünftige Ehefrau betrat ich um 21 Uhr unser Haus. Normalerweise lief mir Michael mit wedelnder Rute entgegen, um mich zu begrüßen. Doch diesmal nicht. Vielleicht war Laura ja mit ihm draußen. Dann musste ich mich eben noch gedulden, sie in die Arme schließen zu können. Ich ging die Treppe hoch ins Schlafzimmer und zog mir gerade das Shirt über den Kopf, als ich den Brief auf meiner Seite des Bettes liegen sah. Neugierig und misstrauisch zugleich ging ich darauf zu und entdeckte den Ring, den ich ihr vor wenigen Tagen als Zeichen meiner Liebe überreicht hatte. Ich griff nach dem Zettel und las ihn mir durch. Mit zitternden Händen legte ich ihn wieder hin und zertrümmerte mit einem Schlag die Nachttischlampe. Sie zerbarst und flog in tausenden von Teilen durch das Zimmer. Meine Trauer zeigte sich in Wut. Ich war verletzt und es war das Schlimmste, was mir jemals passiert war. Selbst die Folter über Jahrhunderte hinweg war nicht so schmerzhaft, wie von Laura verlassen zu werden. Es war als würde man mir das Herz herausreißen und es vor meinen Augen zerquetschen. Ich konnte sie nicht gehen lassen. Sie durfte mich nicht verlassen … Sie konnte es gar nicht. Ich musste sie finden und wenigstens in ihrer Nähe sein damit es ihr gut ging. Wie konnte sie so einfach gehen? Aber sie war schon von Anfang an gut darin Schlechtes zu verdrängen, wie zum Beispiel die Tatsache, dass ihre Gefühle schwanden. Um mich abzureagieren und einen klaren Kopf zu bekommen, ging ich raus und rannte einfach los. Ich roch sie noch, zwar nur schwach, aber es genügte. Meine Gedanken waren die ganze Zeit über nur bei Laura. Ich sah mich plötzlich ihrer alten Wohnung gegenüber. Tränen stiegen mir in die Augen und liefen mir aus der Augenwand. Verärgert wischte ich sie weg. Ziellos lief ich weiter, bis ich nichts mehr fühlen wollte.

23

Laura

Unter Tränen ließ ich mich auf das cremefarbene Sofa sinken. Marie kam mit einer Tasse Tee und einer Tafel Schokolade zu mir zurück und setzte sich neben mich. Tröstend rieb sie mir den Rücken, was dafür sorgte, dass ich noch mehr weinen musste. Ich war herzlos und eiskalt gewesen. Ich hatte Steve verletzt, ohne Rücksicht auf seine Gefühle zu nehmen. Hoffentlich sah ich ihn nie wieder! Ich würde mich elend fühlen, wenn ich ihm jemals wieder in die Augen sehen müsste.
„Er wird mir das nie verzeihen.“
„Rede doch nicht so einen Unsinn. Natürlich verzeiht er dir. Er liebt dich doch, hoffe ich zumindest.“
Marie war noch nie gut darin gewesen einen zu trösten, aber es tat trotzdem gut mit jemandem reden zu können. Vielleicht war es ein schlechter Zeitpunkt, aber ich musste es ihr sagen. Schließlich musste ich mir ja irgendwie Blut abnehmen lassen.
„Marie, du bist meine beste Freundin und du weißt, dass ich nicht verrückt bin. Aber bitte glaube mir, wenn ich dir sage, dass es weitaus mehr gibt, als wir bisher glaubten.“
„Meinst du etwa Übersinnliches, wie Hexen und Elfen und so etwas?“
Es war schon immer leicht gewesen, sie etwas glauben zu machen. Sie klang begeistert und war total ungeduldig. Ich atmete tief durch und sah Marie direkt in die Augen.
„Nicht ganz, glaube ich. Aber es gibt Vampire. Mein, ich glaube, Ex-Freund ist ein Vampir.“
Ich wartete auf ihr Lachen. Doch es blieb aus. Sie sah mich ganz überzeugt an und fing an zu grinsen.
„Ich hoffe doch durch seine Jahrhunderte lange Erfahrung, ist er wenigstens gut im Bett! Wie als ist er eigentlich? Wie viel Blut trinkt er täglich? Werden diejenigen, die er beißt auch zum Vampir?“
„Mach mal langsam. Er ist 700 Jahre alt. Letztens geworden. Ich glaube er trinkt einen Liter pro Tag und Nein durchs Beißen wir keiner zum Vampir.“
„Kann er fliegen und kann er … halt, warte mal … du hast gesagt Ex-Freund, hat er dich verlassen?“
Ich sah sie entgeistert an.
„Sag mal hörst du mir eigentlich zu? Ich bin gegangen.“
„Aber warum?“
Also erzählte ich ihr alles von dem Tag an, als ich Steve getroffen hatte. Bis zu meinem Brief.

24

Steve

Das Auto, das ich verfolgte, hielt an einem großen Haus an und eine große, schlanke Frau mit wasserstoffblondem Haar stieg aus. Jeden Tag fuhr sie an andere Orte nachdem sie mir Lauras Blut gebracht hatte. Doch nie war Laura an einem dieser Orte gewesen. Doch dieses Mal war es anders, da war ich mir sicher. Sie war hier. Das spürte ich. Acht Tage waren vergangen, seit Laura mich verlassen hatte. Ich wusste weder wie es ihr ging, noch in welcher Verfassung sie sich befand. Ich fühlte mich leer und verlassen ohne sie. Und das musste ich wieder ändern. Dieses Mal für immer.

Drei Stunden später verließ sie das Haus. Ich musste zweimal hinsehen ehe ich Laura erkannte. Sie sah schlecht aus, eingefallen und müde. Hinter einer Mauer neben der Einfahrt wartete ich, bis sie an mir vorbei ging. Da es heller Tag war, achtete sie nicht auf meine gläserne Gestalt. Ich packte sie bei der Hüfte und zerrte sie in eine Gasse. Sie schrie nicht, sie wehrte sich nicht einmal, warum auch? Sie spürte keine Angst. Sie spürte überhaupt nichts mehr. Langsam wandte sich Laura mir zu und sah mich an. Mein Herz gefror in dem Moment, als ich in ihre Augen sah. Leer. Kalt. Gefühllos. Tod. Es verletzte mich sie so zu sehen. Sie ähnelte eher einer alten, als einer jungen vitalen Frau. Ich wollte etwas sagen, doch war mir die Kehle wie zugeschnürt, sodass kein Laut über meine Lippen kam. Eine einzelne Träne rann meine Wange runter. Ich konnte sie nicht wieder verlieren, wo ich sie erst gefunden hatte. Sie sah mich immer noch ohne jede Gefühlsregung an. Ich hatte keine große Hoffnung mehr, das alles noch kippen zu können. Aber ich wollte es versuchen. Langsam beugte ich mich vor und streifte ihre Lippen mit den Meinen. Dann küsste ich sie leicht, doch ging sie nicht darauf ein. Zwischen zwei Küssen flehte ich sie an: „Bitte komm zurück zu mir. Ich brauche dich. Es ist viel zu ruhig zu Hause. Ich will dich bei mir haben, mein ganzes Leben mit dir verbringen.“
Sie zeigte keine Reaktion, was meine Hoffnung vollends schwinden ließ. Ich zog den Ring aus meiner Hosentasche, nahm Lauras Hand und legte den Ring hinein. Dann schloss ich ihre Hand wieder, wandte mich ab und ging mit gebrochenem Herzen aus der Gasse.

25


Laura

Ich starrte wie gebannt auf den Ring. Wie ein Adrenalinschub schoss mir die Trauer und die Angst durch den Körper. Trauer, weil ich ihn nicht verlieren wollte, und Angst, weil er mir deutlich gemacht hatte, dass er uns aufgab. So schnell ich konnte, lief ich ihm hinterher, erst dachte ich, dass es sinnlos war ihm hinterherzulaufen, immerhin konnte er in wenigen Sekunden weg sein. Doch das war er nicht. Also hetzte ich ihm nach, griff seinen Arm, drehte ihn zu mir um und stürzte mich in seine Arme. Ich legte meine ganze zurückgewonnene Liebe in meinen Kuss. Steve zerdrückte mich regelrecht, als er mich hochhob und meinen Kuss erwiderte. Ich ließ meinen Tränen freien Lauf und Steve hatte ebenfalls Tränen in den Augen.
„Es tut mir so leid. Es tut mir so leid. Ich werde so etwas dummes nie wieder machen. Ich bleibe für immer bei dir, versprochen.“
Steve sah mir tief in die Augen und fing an zu grinsen.
„Du bist das dümmste Frauenzimmer, das mir je untergekommen ist. Wie konntest du mir und vor allem die selbst nur so etwas antun! Ich glaube ich muss in Zukunft Kameras einbauen, damit du mir nicht wieder davonläufst.“
„Ich laufe nicht mehr weg, da bin ich mir ziemlich sicher.“
Steve ließ mich runter und wir gingen den Weg entlang, bis wir an einem Café anhielten. Ich runzelte die Stirn.
„Wieso gehen wir in ein Café?“
„Weil du immer noch ziemlich müde aussiehst und dir ein Kaffee gut tun würde, und etwas zu Essen, wenn ich es mir recht überlege.“
Ich zuckte nur mit den Schultern und betrat das Café. Steve deutete auf einen Tisch neben dem einer jungen Frau. Wir setzten uns und ich bestellte einen Kaffee, als der Kellner zu uns kam. Da der Kellner mich in Steves Augen wohl ein wenig zu genau beobachtete, war ein leises aber feindseliges Knurren zu vernehmen und dann legte Steve eine Hand auf meinen Arm, der auf dem Tisch platziert war. Der Kellner kam augenblicklich wieder zu sich und zog mit einem sehnsüchtigen Blick auf meine Lippen von dannen.

Wir saßen noch eine Stunde in dem Café. Ich genoss es, wieder etwas zu empfinden und gedankenverloren rieb ich mir an meinem spitzen Ohr.
„Die guckt die ganze Zeit zu uns rüber.“
Das ärgerliche Knurren riss mich aus meinen Gedanken. Mein Blick wanderte automatisch zu der jungen Frau, die nervös auf ihrem Stuhl herum rutschte. Doch sie stand entschieden auf, zog sich einen Stuhl an unseren Tisch und sah mir in die Augen. Irgendwie kamen mir diese ozeanblauen Augen vertraut vor, als ob ich sie mein Leben lang kannte. Sie atmete tief durch.
„Laura ich muss mit dir reden.“
Ich sah sie schockiert an.
„Woher kennen Sie mich? Was wollen Sie von mir?“
„Du hast spitze Ohren. Ich rate dir, die Haare wachsen zu lassen, denn sie werden noch spitzer. Du hast die Augen deiner Mutter.“
„Wer sind Sie? Sie kommen mir so vertraut vor.“
„Ich bin deine Großmutter. Und du, mein Engel, bist in der Wandlungsphase.“
Ich war verwirrt.
„Wie Wandlungsphase … Großmutter? Sie sind doch nicht älter, als ich.“
Bilder schossen mir durch den Kopf. Bilder aus meiner Vergangenheit. Ich in den Armen dieser Frau.
„Puh … Du bist eine Nanjane, so etwas wie eine Elfe.“
„Sie wollen mich doch auf den Arm nehmen.“
„Warst du jemals krank? Deine Ohren, kannst du dir das erklären? Du musst der Wahrheit ins Auge blicken. Du bist eine Nanjane und zwar eine hoch angesehene. Der Kellner ist übrigens auch ein Nanjar und hat dich deshalb so angeguckt. Er hat sich mehr erhofft. Aber als er den Hesekiel bemerkt hat, wusste er, dass er keine Chance hat.“
„Hesekiel?“
Mein Blick fiel auf Steve. Die Frau, die ihren Angaben nach meine Großmutter war, legte mir eine Hand an die Wange und sagte lachend: „Das ist ein Vampir du Dussel … Du warst schon als Baby nicht die Hellste gewesen. Aber süß warst du. Fast weiße Haare. Liebreizend … Wie lange weißt du schon, dass deine Ohren spitz sind?“
„Ein paar Tage.“
Sie sah sich meine Ohren genauer an.
„In zwei Tagen bist du fertig. Deine Haare werden wieder so lang sein wie vorher. Doch du wirst Locken kriegen und sie werden schwarz werden. Nur damit du dich nicht wunderst. Deine Augen werden Gold.“
„Mein Gott, ich werde überhaupt nicht mehr Ich sein. Wieso ändere ich mich so?“
„Es ist einfach so, das ist wie bei der Evolution, man kann es nicht erklären oder ändern. Man muss damit leben. Und du würdest eigentlich bis zu 1000 Jahre alt werden, aber da du ja mit diesem Hesekiel eine Bindung eingegangen bist, wirst du solange leben, bis einer von euch gewaltsam getötet wird.“
„Wie alt bist du?“
Ich wusste, dass es unhöflich war, so etwas zu fragen, aber sie war ja meine Großmutter.
„Ich bin 750 Jahre alt.“
Ein sehr hohes Alter. Mir fiel auf, dass sie trotz ihres hohen Alters, schokobraune Haare hatte. Man sah ihr nicht an, dass sie älter war. Plötzlich schoss mir eine wichtige Frage durch den Kopf.
„Wie waren meine Eltern? Leben sie noch?“
Loana, der Name kam mir wieder in den Sinn, sah mich traurig an.
„Deine Mutter, Iane, ist nach deiner Geburt gestorben und dein Vater, Caon, war zu mitgenommen, wegen dem Tod deiner Mutter, als er sich um dich hätte kümmern können. Also haben wir uns entschieden dich abzugeben in menschliche Hände, aber wir haben uns geschworen dich während deiner Umwandlung aufzusuchen und dir alles zu erzählen. Früher hättest du uns nicht geglaubt, da waren wir uns sicher. Es tut uns leid, aber wir hoffen, du hattest es gut.“
Wut stieg in mir auf. Gut haben, dass ich nicht lache.
„Ich hatte es alles andere als Gut. Ich wurde ignoriert und durfte alles alleine machen im Haushalt. Ich wurde geschlagen, bis ich als halbes Kind abgehauen bin und auf der Straße gelebt habe. Eine tolle Kindheit. Steve war der Erst, der mir gezeigt hat, wie man liebt und geliebt wird. Vorher kannte ich so etwas nicht und ich habe Steve erst vor ein paar Tagen kennengelernt.“
Tränen liefen mir über die Wangen und starke Arme hielten mich trostspendend fest. Steve meldete sich zu Wort.
„Sie wollen mir sagen, dass meine Zukünftige nicht mehr die Alte sein wird und sie eine grausame Kindheit hatte, weil ihr Vater sich nicht im Begriff sah, sich um seine Tochter zu kümmern? Wie kann man nur so kalt und herzlos sein?“
Loana sah ihn von oben herab an , doch man merkte, dass sie verletzt war.
„Du kannst mir nichts zum Thema Kälte und Herzlosigkeit vorhalten. Du bist ein Hesekiel und hast eine dunkle Seite, die du verschuldet hast. Also sag mir nicht, ich sei kalt und herzlos, denn ich bin es nicht. Wir haben gedacht, dass es ihr gut geht, sonst hätte ich sie doch selbst aufgezogen.“
„Und warum hast du es nicht von Anfang an getan? Ich weiß, dass ich keine reine Seele habe, doch ich bereue es und ich kann das Geschehene nicht rückgängig machen. Aber ich will, dass Sie sich von Laura fernhalten, wenn sie es will, denn ich könnte es ihr nicht verübeln. Sie haben ihre Kindheit zerstört. Sie war ein kleines Kind und konnte sich nicht wehren. Mit dem Ledergürtel haben sie sie geschlagen. Ein Kind!“
Ich konnte nicht mehr. Doch ich wollte Loana nicht hassen, ich konnte es nicht. Ich wollte alles wissen über das, was auf mich zukam. Ich wollte meine Familie kennenlernen.
„Ich heirate am 14. Februar. Ich will, dass du, mein Vater und meine anderen Verwandten kommen. Und ich verlange, dass ihr Steve akzeptiert und in unsere Familie aufnehmt, denn anscheinend halten Hesekiele und Nanjanen nicht viel voneinander..“
„Wir werden kommen.“
Ich fragte mich, ob ich meinem Vater ähnlich sah. Ich erhob mich steif, umarmte sie, sie flüsterte eine Entschuldigung und wir verließen das Café.
„Ich komme dich in zwei Tagen besuchen, Manu.“
Na super, anscheinend bekam ich auch noch einen neuen Namen.
Ich war völlig verstört, denn mit so etwas hatte ich nicht gerechnet. Ich würde nicht mehr Laura Johnson sein, ich würde Manu heißen und anders aussehen. Was würden meine Freunde denken? Konnte ich ihnen so überhaupt unter die Augen treten? Sie würden Fragen stellen, die ich nicht beantworten konnte. Es war zu kompliziert und unglaubwürdig.Alle würden glauben, ich wäre verrückt und würden mich in die Psychiatrie einweisen lassen. Mein Leben war innerhalb von wenigen Tagen vollkommen auf den Kopf gestellt worden. Ohne weitere Vorwarnungen.

26

2 Tage später

Voller Panik stand ich mit mechanischen Bewegungen auf. Ich hatte Angst in den Spiegel zu sehen, denn die Wandlung sollte in der Nacht von statten gegangen sein. Am Abend zuvor waren meine Haare weiß gewesen, und zwar schneeweiß, genau wie meine Augen. Nur die Pupillen waren noch schwarz. Ganz ehrlich hoffte ich, dass ich mich verändert hatte, denn ich sah nicht menschlich aus mit weißen Haaren und Augen. Ich würde zusammenbrechen, wenn ich noch genauso aussehen sollte. Ich ignorierte Steve, der mich ausdruckslos ansah. Der Weg ins Badezimmer war hart und dauerte eine halbe Ewigkeit. Im Spiegel sah ich eine Fremde. Schwarze, lange Korkenzieherlocken umrahmten das Gesicht und goldene Augen funkelten mich an. Früher war ich immer durchschnittlich gewesen, nichts Besonderes unter den vielen Frauen. Doch jetzt stach ich heraus.
“Du siehst aus wie eine Göttin.”
Ich ließ Steves Kommentar unbeachtet. Ich sah zwar besser aus, aber so gut nun auch wieder nicht.
“Manu du siehst wunderschön aus und deine Augen ziehen einen einfach in ihren Bann.”
Er hatte also schon meinen neuen Namen übernommen. Ganz froh und doch mit einer Ungewohntheit, ging ich in die Küche um mir Frühstück zu machen. Steve kam mit der Post und der Zeitung rein. Er warf mir einen Brief, auf dem stand:

Info nach deiner Wandlung, von Laona



Neugierig öffnete ich ihn und las eifrig.

Dein Name ist Vergangenheit, für keinen existierte er jemals. Keiner weiß
was von ihm, also mach dir nicht die Mühe zu erklären wer du vorher warst.
Keiner wird dir glauben. Viel Glück mit deinem neuen Leben.
In Liebe, Laona.

PS Wir sehen uns auf deiner Hochzeit PPS Schönen Gruß von deinem Vater



Der letzte Satz war der Entscheidende. Er wollte mich also kennen lernen. Voller Freude hüpfte ich durch die Küche und klatschte in die Hände.
“Manu, willst du mir vielleicht mal erzählen, was dich so erfreut?”
Steve sah mich misstrauisch an, doch ich ließ mich nicht ablenken. Ich war voll und ganz in Gedanken versunken. Ich entriss ihm das Blatt wieder, nachdem er den Brief gelesen hatte und steckte ihn mir in die Gesäßtasche meiner Hose. Es war der 13.Februar und heute sollte meine Freundin Romi eintreffen. Sie würde hier übernachten und mit mir die letzten Schritte für den nächsten Tag planen.
Um 13 Uhr klingelte es an der Tür und Michael bellte lautstark zur Warnung. Ich tänzelte freudestrahlend zur Tür und öffnete. Im gleichen Moment fiel Romi mir auch schon um den Hals. Ich erwiderte die überhebliche Umarmung und wir hüpften wie kleine Mädchen auf und ab. Das Gekreische musste auffallend laut gewesen sein, aber Vampire hatten ja sowieso ein gutes Gehör, da Steve neben uns stand und sich die Ohren zuhielt. Als wir fertig waren, nahm Steve die Hände runter und rieb sich noch mal das Ohr zur Bestätigung, dass wir die Zimmerlautstärke um einiges überschritten hatten. Überempfindlicher Blutsauger. Wenn sie ihre Freundin nach 2 Jahren mal wieder sah , durfte ich doch wohl auch einmal ein wenig ausflippen.
Romi betrat das Haus und stieß ein anerkennendes Pfeifen aus.
“Hast dir ja den richtigen Millionär ausgesucht. Meinst du ich hab auch mal so viel Glück?”
Sie wandte sich an Steve und sah ihn strahlend an.
“Kennst du noch so einen wie dich?”
Sie wartete keine Antwort ab, sondern marschierte geradewegs ins Wohnzimmer, wo sie sich auf das Sofa warf. Ohne dass sie es sah, schüttelte Steve den Kopf und sah mich mitleidsuchend an. Ich grinste nur. Dann marschierte ich ins Wohnzimmer und nahm die Koffer, um sie ins Gästezimmer zu bringen. Doch gerade als ich die Koffer anheben wollte, verspürte ich einen stechenden Schmerz in der Magengegend. Ich ließ die Koffer los, hielt mir die Hand vor den Mund und rannte zur Toilette. Doch schon als ich wieder ins Wohnzimmer kam, war die Übelkeit verflogen. Steve nahm mich in die Arme und half mir, mich auf das Sofa zu setzten, nachdem Romi platz gemacht hatte. Sie sah mich tadelnd an.
“Na, kriegt da jemand kalte Füße?”
Ich beachtete sie nicht weiter, sondern stand auf und brachte ihre Koffer in das Gästezimmer. Steve folgte mir und sah mich entgeistert an, als ich mich umdrehte um das Zimmer zu verlassen.
“Sag mal, bist du von allen guten Geistern verlassen? Du hast dir vielleicht sonst was eingefangen und trägst einfach lässig die Koffer deiner Freundin die Treppe hoch.”
“Schon vergessen, ich kann nicht krank werden.”
Ich hatte ein viel größeres Problem. Und die Ergebnisse dafür sollten am Tag meiner Hochzeit eintreffen.
Steve stutzte, packte mich bei der Hüfte und warf mich über seine Schulter. Kopfüber hatte ich einen tollen Blick auf sein in Jeans verpacktes Hinterteil.
“LASS MICH RUNTER!”
“Das kannst du vergessen. Du legst dich jetzt ins Bett und erholst dich.”
Ich suchte verzweifelt nach einer Ausrede. Wenn ich im Bett liegen würde, hätte ich Zeit zum Nachdenken. Und das war das, was ich tunlichst vermeiden wollte.
“Aber ich muss doch noch den Rest für morgen planen.”
“Das kannst du auch im Bett.”
“Und was ist mit Romi?”
“Sie kann dir auch vom Bett aus helfen.”
Ich gab mich geschlagen, doch ich spürte Panik in mir aufkommen. Was sollte ich tun? Steve war ein Vampir und somit kam weglaufen nicht infrage, geschweige denn musste ich erstmal von ihm loskommen. das war aussichtslos. Er hatte seine Arme wie Drahtseile um meine Bein geschlungen.
Steve trat aus dem Gästezimmer und ich hörte Romi hinter uns herrufen: “Richtig so Tiger schnapp sie dir.”
“Sag mal auf Wessen Seite bist du eigentlich?”
“Auf die des gutaussehenden Millionärs.”
“Du bist ja eine Freundin.”
Dann verschwand sie in ihrem Zimmer.
“Die werde ich nicht lange aushalten. Gott sei Dank ist sie nur Gast für ein paar Tage.”
“Hey, nichts gegen meine Freundin, ja.”
“Du musst zugeben, sie ist etwas verrückt und sie nimmt alles für selbstverständlich.”
“Das kann nur einer behaupten der aus einem anderen Jahrhundert stammt. Gewöhn dich besser dran.”
“Zum Glück bist du nicht so fürchterlich.”


Er warf mich aufs Bett und legte sich auf mich.
“Hey, was wird denn das? Ich denke ich soll mich ausruhen? Und außerdem, was noch nicht ist kann ja noch werden.”
“Untersteh dich. Ausruhen kannst du auch noch später.”


Fröhlich grinste ich in mich hinein. Doch diese Aussicht rief wieder meine Angst auf den Plan. Ich ignorierte sie und ließ mich von Steve hinreißen.

27

14.Februar 6 Uhr

“Romi, das tut weh.”
“Stell dich nicht so an.”
Durch die Haarnadeln kam ihre gereizte Erwiderung nur halb so schlimm rüber. Doch sie war nicht zimperlich mit mir umgegangen. Meine Haare waren zu dick um sie einfach mal so hochzustecken. Ich hatte darauf bestanden, dass meine Ohren bedeckt wurden sonst würde ich mich nirgends blicken lassen. Romi hatte zugestimmt und ließ die Strähnen über den Ohren ein wenig durchhängen. Sie quälte mich seit zwei Stunden und es war noch kein Ende in Sicht. Romi war gelernte Friseurin und konnte das ausgezeichnet. Doch ich war nun einmal ein ungeduldiger Mensch und wollte endlich fertig werden. In vier Stunden musste ich vor dem Altar stehen und zwar möglichst fertig. Doch zu Zeit sah es nicht so aus. Also ließ ich alles über mich ergehen, während ich in Gedanken versank.
Eine halbe Stunde später stieß Romi ein anerkennendes Pfeifen aus und lobte sich für ihre Arbeit. Da klopfte es an der Tür und Steve fragte vorsichtig, ob er kurz reinkommen durfte. Romi fauchte ihn an draußen zu bleiben.
“Ich habe einen Brief für Manu.”
“Dann leg ihn auf den Boden und schieb ihn durch den Türschlitz.”
Ich sah, wie der Brief durch den Schlitz geschoben wurde und mir blieb das Herz stehen. Das war worauf ich gewartet hatte und nun hatte ich Angst hinein zu sehen. Romi gab mir den Brief und ich hielt nur mit steifen Fingern fest.
“Willst du ihn gar nicht lesen?”
“Später.”
Ich legte ihn auf die Waschmaschine und ließ mich von Romi schminken.
Noch eine weitere halbe Stunde verging ehe ich soweit fertig war, dass ich nur noch mein Kleid anziehen musste. Romi brachte mir etwas zu essen ins Bad und eine Tasse Kaffee mit einem Strohhalm darin, damit ich auch ja nicht von dem Lippenstift verschmieren konnte. Ich sah sie entgeistert an.
“Ich trink keinen Kaffee.”
“Seit wann das denn nicht?”
“Seit heute.”
“Okay, dann nicht.”
Mein Gott ich hatte solche Hormonschwankungen, ob es jemandem auffiel? Ich hoffte nicht.
Nach einer weiteren Stunde war ich fix und fertig und nicht nur vom Aussehen. Auch mit den Nerven. Ich zog mein Kleid an und ein Schleier hing von meinem Hinterkopf bis zu den Schultern. Ich hatte darauf bestanden, dass mein Gesicht frei blieb, damit ich nicht hinfiel. Mein Strauß war mit weißen Rosen bestickt und hing weit nach unten. So konnte man mich wirklich als Braut bezeichnen.

Romi fuhr mit mir zur Kirche, da Steve mich nicht sehen durfte vor der Trauung. Steve war mit Thomas gefahren, der ihn abgeholt hatte. Ich hatte Thomas nicht mehr gesehen, seit unseres Aufenthalts in der Hölle, doch ich hatte ihn gehört, ein wenig jedenfalls. Ich saß hinten mit dem Brief auf dem Schoß. Mir schlotterten die Knie, vor dem Gedanken ihn zu öffnen. Endlich angekommen wurde ich von Romi in einen Raum mit Anschluss zur Kirche geführt. Ich sollte rauskommen, wenn der Hochzeitsmarsch gespielt wurde. Doch ich musste weg, ich konnte das nicht. Nicht bevor ich wusste, was in dem Brief stand. Es hieß, man sollte nicht mit Geheimnissen in die Ehe gehen. Und wenn ich schon die Traditionen wahren wollte, musste ich erst diesen Brief öffnen. Mit zittrigen Fingern und Tränen in den Augen, saß ich in einer kleinen Kammer, die ich in meiner Panik gefunden und in die ich mich verkrochen hatte. Aufmerksam las ich mir den Brief durch. Geschockt ließ ich den Brief fallen. Meine Befürchtungen waren wahr geworden. Ich musste mit Steve reden. Es würde alles verändern. Nur am Rande hörte ich, wie ein Lied verstummte und wie die Leute unruhig wurden, ich hörte Schritte näher kommen. Tränen rannen meine Wangen hinunter und drohten das MAke-Up zu verwischen.
“Da bist du ja. Wo bleibst ... Was ist los?”
Romi kam zu mir und nahm mich in die Arme.
“Hast du kalte Füße?”
Sie hob den Brief auf und las ihn sich durch. Dann strahlte sie und rannte raus. Ich musste mich beeilen. Ich musste es Steve vor ihr sagen. Zudem ich nicht wusste, wie er reagieren würde.
“Was ist los, wo bleibt sie? Wenn sie sich noch nicht dazu bereit fühlt, dann soll sie es mir sagen, ich regele das.”
Man hörte empörtes Schnauben und Romi, die verlangte, dass man ihr auf den Altar helfen solle. Dann:"Liebe Gemeinde, ich habe etwas zu verkünden ... Stellt eine Champagnerflöte beiseite, denn wir haben einen Mann unter uns, der stolzer Papa wird. Herzlichen Glückwunsch Steve. Ihr bekommt ein Kind!”
Ich hörte wie sich die Katastrophe anbahnte. Romis Worte hörte ich nur gedämpft, aber den Applaus hörte ich umso deutlicher, doch Steves entgeistertes Was? hörte ich am aller Deutlichsten. Dann war es ruhig. Ich zitterte am ganzen Körper und wartete auf eine Reaktion. Dann rief Steve lauthals: ”Thomas hol den Champagner. Ich werde Vater verdammt." Und an den Pfarrer gewandt:"Entschuldigen Sie diesen Ausdruck.”
Ich atmete erleichtert aus. Es war Steves Kind das wusste ich, aber ich hatte Angst gehabt er könnte glauben, es ist von Thomas, nach der Zeit die ich mit Thomas in der Hölle verbracht hatte.
“Wo ist meine Braut?”
Ich hörte Schritte und schließlich spürte ich Steves Arme um mich.
“Warum hast du es mir nicht gesagt?”
“Ich hatte Angst, du würdest glauben es ist nicht deines.”
“Du machst mich zum Glücklichsten Mann auf dieser Welt. Ich käme nicht im Traum auf den Gedanken, es könnte das Kind eines anderen sein, das du unter dem Herzen trägst.”
Ich sah ihm in die Augen und sah Tränen darin. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Alles würde gut werden. Wo war der Pfarrer wenn man ihn brauchte?
“Komm lass uns gehen. Auf uns wartet eine Hochzeit.”
Ich ließ mir von ihm aufhelfen und gemeinsam gingen wir hinein. Der Applaus verfolgte uns bis zum Altar.

Die Feier danach war ausgelassen. Wir wurden von allen umringt und bekamen Glückwünsche und Geschenke. Ich unterhielt mich lange mit meinem Vater und meiner Großmutter. Er meinte, ich sehe genauso aus wie meine Mutter. Ich verstand mich prächtig mit ihm und die ganze Zeit war Steve bei uns. Zwar warfen die beiden sich andauernd böse Blicke zu, sodass ich es aufgab und schließlich auf Abstand zu den beiden ging. Sollten sie machen was sie wollten. Mein Blick fiel auf die Tür zum Kaisers und ich war mir sicher Hades dort zu sehen, der mich höhnisch angrinste. Doch als ich zwinkerte war er auch schon weg. Ich ging weiter vertieft in Gespräche. Aber ich hing meinen Gedanken nach. Ich hatte eine Zukunft, mit meinem Mann und auch bald mit einem wundervollen Kind. Meine Vergangenheit ließ ich hinter mir und sah in die Zukunft. Dann fiel mir auf, dass Romi und Thomas weg waren. Nach kurzem suchen fand ich sie in einer Ecke des Saals beieinander. Ich grinste und ging wieder zu Steve. Da kam Thomas zu uns und sah uns hoffnungsvoll und glücklich an. Seine Worte waren die Worte, die ich mir von ihm zu hören gewünscht hatte.
“Ich habe sie gefunden.”

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 20.11.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich Kim Cleve, die mich nötigte dieses Buch zu schreiben, das aus einer Wette entstanden ist

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