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Einführung


Der Blutmond

Teil 3

 

 

 

(aus der Blood Force Reihe, Nachfolger der Dark Craving Reihe)

DAS ENDE EINER SAGA

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Prolog:

Der Zweikampf war gerade zu seinen Gunsten ausgefallen. Der hochgewachsene, schlanke Sieger mit den eingefallenen Wangen und den zornigen Augen, warf seinem Feind einen warnenden Blick zu. Eigentlich hätte er den winselnden Köter, der verletzt auf dem Boden lag, endgültig niederstrecken können, doch ihm war nicht nach töten. Der Gegner erkannte diese großzügige Geste. Er gab sich geschlagen und flüchtete mit eingezogenem Schwanz in die nächste Gasse, um sich seine Wunden zu lecken. Der Bezwinger sah dem hinkenden Werwolf hinterher, bis dieser außer Sicht war.

 

Irgendwo in seinem bodenlangen Mantel, hatte er eine Schachtel Zigaretten. Er tastete seinen Körper ab, bis er in einer Seitentasche die Verpackung ertastete. Leider hatte der dünne Karton der Schachtel den Kampf nicht gut überstanden. Sie sah ziemlich mitgenommen aus und war zerknautscht. Mit schlanken Fingern zog er zwischen den Tabakkrümeln die einzige Zigarette hervor, die die körperliche Auseinandersetzung unversehrt überstanden hatte. Er tippt deren Spitze mit dem Zeigefinger an und der Glimmstängel fing sofort Feuer. Dann nahm er einen tiefen Zug und sog den Rauch in seine Lungen ein. Anschließend schüttelte er die Flamme aus. An einer Mauer lehnend, schloss er die Augen und sammelte seine Kräfte. Zwar war ihm der Werwolf an Masse überlegen, denn er war ein riesiger Fleischberg, doch kräftemäßig, war er ihm zu keiner Sekunde ihres Kampfes unterlegen gewesen. Hätte er seine Feuergabe eingesetzt, wäre der Kampf binnen Minuten beendet gewesen, wenn nicht sogar in Sekunden. Doch da er sich selbst spüren wollte, kämpfte er allein mit der Muskelkraft, die ihm als unsterbliches Wesen gegeben war.

 

In den letzten Jahren hatte es viele Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Rassen gegeben. Dabei standen allerdings meist territoriale Kämpfe im Vordergrund und nicht der Schutz der Menschen vor den Blutsaugern. Die Werwölfe hatten ein Ziel: ihren Status als Königsrasse durchzusetzen. Um das zu erreichen, schreckten sie auch nicht davor zurück, sich die Menschen zunutze zu machen. In der Hoffnung, ihr Rudel schnellstmöglich zu vergrößern, wurden unzählige Frauen vergewaltigt und Säuglinge geraubt. Jedoch wuchs nicht jedes Neugeborene automatisch zu einem Werwolf heran. Nur eines aus Hunderten wies letztendlich einen derartig mutierten DNS-Strang auf, der schließlich durch die Lykanthropie, also der Erstverwandlung im Erwachsenenalter, sichtbar wurde. Und da das Werwolfs-Gen zumeist nur an Männer weiter gegeben wurde, waren ihre Bemühungen, ein übermächtiges Rudel heranzuzüchten, eher erfolglos.

 

Der abgekämpfte Einzelgänger hatte die Zigarette bereits zur Hälfte geraucht, als er das Schweigen brach, denn er wusste, dass er seit geraumer Zeit beobachtet wurde. Wie ein Schatten hatte sich das Wesen an seine Fersen geheftet, ohne sich ihm jedoch offen zu zeigen.

 

„Was willst du von mir?

Du musst doch mitbekommen haben, was ich mit Deinen Artgenossen und all den anderen angestellt habe. Hast du etwa Todessehnsucht?“, fragte er gelassen in die Dunkelheit hinein. Er spürte, dass es sich bei seinem Verfolger, der oben auf der Mauer umherschlich, um einen Werwolf handelte. Doch etwas war anders. Von ihm ging nicht die sonst so aggressive Energie aus, die Werwölfe für gewöhnlich an den Tag legten. Mit Anlauf sprang der Ertappte hinunter und landete vor den Füßen des Vampirs.
Für einige Momente sahen sie sich tief in die Augen. Zum einen wollte der schwarzhaarige Untote ergründen, was es mit dem Werwolf auf sich hatte, der ihm schon seit Wochen ein unsichtbarer Klotz am Bein war, jedoch dabei stets im Hintergrund blieb. Und zum anderen wollte das haarige Biest herausfinden, in welche Gefahr es sich begab, indem es sich dem Vampir so offen zeigte.

 

„Warum folgst du mir die ganze Zeit?

Wenn ich wollte, könnte ich dich mit einer Handbewegung töten“, meinte der Vampir und blies dem schweigsamen Vierbeiner provokativ den Qualm ins Gesicht.

 

„Du hättest oft genug die Gelegenheit gehabt mich zu töten, wenn du das gewollt hättest. Außerdem habe ich gesehen, wie du den Anderen vorhin am Leben gelassen hast.

 

Du bist kein Mörder!“, erwiderte der Werwolf zuversichtlich mit seitlich geneigtem Haupt. Dabei zuckten seine Ohren aufgeregt, aus denen dichte Haarbüschel herauswuchsen und fingen jedes noch so kleine Geräusch auf. Dieses Verhalten gab der monströsen Erscheinung des Untiers etwas niedliches, sodass man es gerne hinter den Ohren gekrault hätte. So wie man es sonst bei einem Haustier machte, das einem anschließend ergeben die Hände leckte.

 

Kurz überlegte der unerschrockene Vampir, ob er einen Versuch wagen sollte, um zu sehen, ob der vertrauensselige Wolf es einem Hund gleich tat. Ein schwaches Lächeln huschte über seine Mundwinkel. Doch er beließ es seiner Fantasie, denn er wollte die leicht angespannte Stimmung, die zwischen ihnen herrschte, nicht durch eine unbedachte Tat überreizen. Weder stand ihm die Lust nach einem weiteren Kampf, noch danach, das Biest zu töten. Es wäre schade um diesen seltsamen Gesellen mit den zutraulichen Augen gewesen.

 

„Wenn du dir da so sicher bist, dann kannst du dich mir auch in deiner menschlichen Gestalt zeigen. Oder hast du etwa doch Angst?“ Herausfordernd funkelte er sein haariges Gegenüber an. Der Werwolf zögerte einige Sekunden, woraufhin der düstere Vampir schmunzelte und seine Theorie bestätigt fühlte. Der Lykanthrop fürchtete sich.

 

Er hatte einen trotzigen Blick aufgesetzt und seine Augen leuchteten animalisch. Diese indirekte Beleidigung konnte er nicht länger auf sich sitzen lassen und er begann mit der Rückverwandlung. Das Fell wurde kürzer, die riesige Schnauze mit den Reißzähnen verschwand und aus den vier Pranken, wurden Hände und Füße. Zum Vorschein kam ein schmaler und zierlicher Körper.
Der Vampir machte große Augen, als er die menschliche Gestalt in seiner Vollendung erblickte.

 

„Ganz schön mutig, für eine Frau“, gab er anerkennend von sich. Die Schöne, mit der braungoldenen Haut, streckte ihre Hand aus und nahm die Zigarette des Vampirs an sich. Sie warf sie auf den Boden und trat das glimmende Ende mit ihrem Fuß aus.

 

„Musste das sein? Das war meine letzte“, zeterte der Vampir, während er die nackte Frau eingehend betrachtete. Sie hatte einen Prachtkörper, der von ihrem langen, dichten Haar, das bis zu ihrer Hüfte reichte, umhüllt wurde. Zwischen den einzelnen, rabenschwarzen Strähnen blitzte ihr Busen hervor. Das Schattenwesen trat dicht an die Nackte heran, sah ihr dabei eindringlich in die Augen und zog ihr seinen Mantel über, um ihre Blöße zu bedecken.

 

„Hier, damit du dich nicht erkältest, schließlich haben wir hier draußen Minusgrade.“

 

„Rauchen ist ungesund und tödlich“, flüsterte sie kleinlaut. Noch nie war ihr ein Vampir so nahe gekommen, ohne, dass es dabei um einen Kampf um Leben und Tot ging.

 

„Ich bin ein Vampir. Ich bin bereits tot“, erwiderte er knapp und knöpfte den Mantel zu.

 

„Und ich bin ein Werwolf. Meine Körpertemperatur ist höher, als bei gewöhnlichen Menschen. So schnell fange ich mir nichts ein.“ Er grinste in sich hinein, denn ihr Herz raste, während sie noch immer dicht beieinander standen. Unbemerkt schnupperte er an ihr und stellte fest, dass sie - anders als er es von ihren stinkenden Artgenossen gewohnt war - angenehm roch, sogar ganz gut.

 

„Wie ist dein Name, du naives Ding?“

 

„Hey! Wieso sagst du das? Ich bin überhaupt nicht naiv!“, schimpfte sie und verschränkte eingeschnappt die Arme vor der Brust.

 

„Ich kenne keinen Werwolf, der sich so mir nichts dir nichts vor einen Vampir stellt und seine Tarnung aufgibt, um mit ihm ein gepflegtes Schwätzchen zu halten.
Du scheinst die Gefahr, in die du dich begibst, nicht abschätzen zu können“, meinte er und strich ihr sanft über das samtweiche Haar. Sie schloss für einen Moment die Augen und genoss die Berührung.

 

„Und ich kenne keinen Vampir, der einem Werwolf seinen Mantel umlegt, damit dieser nicht krank wird.“ Etwas verlegen, starrte sie ihre Füße an, die voller Schlamm waren.

 

„Mariella, ich heiße Mariella“, fügte sie hinzu.

 

„Was willst du von mir, Mariella?“

 

„Warum bist du mir gefolgt?“, fragte er sie erneut und packte sie am Kragen des Mantels.

 

„Ich weiß es doch selbst nicht!
„Als ich dich vor ein paar Wochen zum ersten Mal gesehen habe, da hat das etwas in mir ausgelöst.
Ich konnte nicht anders, denn ich fühle mich zu dir hingezogen. Und ich verstehe auch nicht, was in mich gefahren ist.
Ich weiß, es ist falsch, aber ich…“ Die Art, wie sie ihn ansah und wie sich ihre Lippen bewegte, während sie sprach, waren pure Sinnlichkeit. Er fühlte sich ebenso zu ihr hingezogen und hielt es nicht länger aus. Der Vampir zog sie dicht an sich heran und gab ihr einen innigen Kuss. Marielle erwiderte die Zärtlichkeit und schlang ihre Arme um seinen Hals. Für sie hätte der Kuss ewig andauern können, doch der Vampir verkannte nicht die Gefahr in die sie sich brachten, sich so in der Öffentlichkeit zu präsentieren und behielt die Umgebung im Auge. Schützend legte er einen Arm um ihre Schultern und sah sich um. Noch schien sie niemand entdeckt zu haben.

 

„Und was jetzt? Wie soll es mit uns weiter gehen?“, fragte er sie und versuchte zu verstehen, wie es möglich war, dass er so intensive Gefühle für einen Werwolf entwickeln konnte.

 

„Glaubst du etwa allen Ernstes, dass wir einen auf glückliches Liebespärchen machen können und eine gemeinsame Zukunft haben. Du mit dem Segen von deinem Rudel und ich mit der wohlgesinnten Zustimmung des Vampirrates der Ältesten.

 

Das ist purer Wahnsinn!

 

Es ist…unmöglich. Wenn sie es wüssten, würden sie uns beide lynchen.“ Der Vampir fasste sich an die Stirn und überlegte, was er tun sollte. Er fühlte sich unglaublich zu der rassigen Schönheit hingezogen und da es schon eine Ewigkeit her war, dass er etwas fühlte, das dem Gefühl von Liebe nahe kam, wollte er diese Chance (…) nicht an sich vorbeiziehen lassen. Verfeindete Rassen hin oder her.

 

„Ich habe keine Ahnung. Alles was ich weiß ist, dass ich bei dir sein möchte“, erwiderte Marielle und lehnte ihren Kopf an seine Brust. Doch sie verstand die Zwickmühle, in der sie sich befanden. Mit gesenktem Haupt, wendete sie sich von ihm ab und wollte in die Dunkelheit entschwinden. Der Vampir hielt sie davon ab, indem er sie am Arm packte und fest hielt.

 

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass du erst mein Leben auf den Kopf stellen, bei mir solche Empfindungen auslösen, und dann einfach wieder verschwinden kannst. Wir werden eine Lösung finden.“ In seinen Augen loderte der unbeugsame Wille auf, nicht schon aufzugeben, bevor sie es überhaupt erst versucht hatten. In ihr erwachte die Zuversicht, dass sie es schaffen könnten. Wenn sie nur hart genug dafür kämpften, würde ihre außergewöhnliche Liebe bestehen können.

 

„Ich heiße übrigens Sam Torch. Aber wie du ja sicherlich weißt, nennt man mich Sato.“ Mariella lächelte ihn verliebt an. Auch sie hatte noch daran zu knabbern, wie es nur geschehen konnte, dass sie alle Regeln brachen und sich ineinander verliebten.

 

„Was wohl dein Rudel davon halten würde, wenn sie uns so sähen?“

 

„Das ist nicht mein Rudel.
Ich habe nie zu ihnen gehört. Ich war einfach nur „da“. Und da ich in dem Rudel die einzige Frau bin, habe ich mich unter all den Kerlen sehr einsam gefühlt. Ich gehöre zu dir, Sato.“

„Dann lass uns mal lieber von hier verschwinden, bevor man uns entdeckt. Ich bringe dich an einem sicheren Ort unter.“

 

#####

 

„Es ist bald soweit, Sam.
Die Wehen kommen in immer kürzeren Abständen“, informierte Mariella ihn mit gepresster Stimme.

 

„ Wie sollen wir das alles nur schaffen?

 

Für uns ist es schon schwer genug, uns ständig ein neues Versteck zu suchen und du musst auch noch ein Doppelleben führen und den grausamen Ratsanführer mimen, den sie von dir erwarten.
Doch mit einem Baby im Schlepptau, wird alles noch viel komplizierter.

 

Sam, ich habe solche Angst!“ Marielle verkrampfte sich und krallte sich am Bettlaken fest. Eine erneute Wehe nahm Besitz von ihr und sie krümmte sich vor Schmerzen. Ihr stand der kalte Schweiß auf der Stirn. Sato war beunruhigt.

 

„Bist du dir sicher, dass ich keinen Arzt holen soll?“, fragte er nervös und litt mit seiner Geliebten mit. Die jedoch schüttelte heftig den Kopf.

 

„Nein. Je weniger von uns wissen, umso besser ist es, desto sicherer können wir leben. Nur so können wir unserem Kind ein geschütztes Umfeld schaffen.“ Die Gebärende biss die Zähne fest zusammen, denn die Wehen waren nun so schmerzvoll, dass sie befürchtete sie könne jede Sekunde in Ohnmacht fallen und somit die Geburt ihres Kindes gefährden.

 

„Wer hätte auch gedacht, dass ich einer von den wenigen Vampiren bin, die zeugungsfähig sind und dann auch noch ein Baby mit einer Werwölfin bekomme.“ Für einen kurzen Augenblick schmunzelte Sato in sich hinein und erwartete glücklich die bevorstehenden Vaterfreuden.

 

„Es kommt, Sam, es kommt!“ Marielle riss ihn aus seinen Gedanken heraus und schrie sich die Seele aus dem Leib. Ihr langes Haar klebte an ihrem verschwitzen und nackten Körper. Sie mobilisierte all ihre Kräfte und presste. Bei der letzten Presswehe lief ihr Gesicht hochrot an, sodass Sato befürchtete, sie würde jeden Moment das Bewusstsein verlieren, denn auch ihr Herz raste besorgniserregend schnell. Mit einem sauberen Tuch in den Händen, erwartete er die Geburt seines Kindes. Ein Schwall warmen Blutes brach zwischen den Beinen der Kindsmutter heraus. Und dann war endlich der Kopf des Babys zu sehen. Sato griff beherzt zu und half seinem Kind auf die Welt. Geistesgegenwärtig biss er die Nabelschnur durch, um die Mutter von dem Säugling zu trennen. Dann band er diese mit einem Stück Bindfaden ab, damit das kleine Bündel Leben in seinen Armen nicht verblutete.

 

„Es ist ein Junge. Wir haben einen wundervollen und gesunden Jungen!“, verkündete der frischgebackene Vampirvater voller Stolz und befreite seine Atemwege vom Schleim. Vor lauter Freude bemerkte er nicht, wie ihm der süße Geschmack des Nabelschnurblutes seinen Gaumen umschmeichelte und ihn langsam ablenkte. Zusammen mit dem unbeschreiblich herrlichen Duft seines Sohnes, wurden seine Killerinstinkte geweckt. Er presste den Kleinen fest an seine Brust und sog seine Essenz ein. Erst als er kurz davor war, das Blut seiner Kindsmutter, das an seinen Händen klebte, abzulecken, und das Neugeborene in seinen Armen zu weinen begann, erwachte er aus seinem abwesenden Zustand, und riss sich am Riemen. Schließlich war es seine Pflicht seine Familie zu beschützen und nicht, sich an ihrem Lebensnektar zu laben. Er übergab Marielle ihr Kind, damit sie es in den Armen halten konnte. Instinktiv suchte der Junge die Brust und begann zu saugen.

 

„Hm. Der Kleine weiß, was gut für ihn ist. Er wird zu einem kräftigen Mann heranwachsen“, meinte Mariella verträumt und strich ihrem Baby durch das volle Haar.

 

„Seine Haare sind so rabenschwarz, wie deine, meine Liebste. Beide sahen sich in die Augen und hatten denselben Geistesblitz.

 

„Er soll von nun ab bei dem Namen RAVEN gerufen werden. Möge er sich ebenso Stolz, wie seine gefiederten Namensgeber, über alles erheben. Und möge er ebenso klug und weise sein und stets besonnene Entscheidungen treffen, die sein Leben bereichern“, verlautete Sato mit fester Stimme. Mit einem zärtlichen Kuss, besiegelte Marielle diesen Beschluss. Doch die Freude währte nicht lange, denn ein Schatten schwebte über dem frischgebackenen und übernatürlichen Liebespaar. Trotz intensiver Nachforschungen, fand Sato in den alten Schriften zu denen er Zugang hatte, keinerlei Hinweise darauf, dass es schon einmal vor ihnen, eine Vereinigung zwischen einem Vampir und einem Werwolf gab. Keiner wusste, was aus der Saat ihrer Liebe werden würde.

 

War ihr Kind ein Werwolf, ein Vampir oder gar ein normaler Mensch? Oder würde sich herausstellen, dass eine noch nie dagewesene Kreatur war?

 

Plötzlich glaubte Sato, etwas zu hören. Er hob den Kopf in Richtung Tür und lauschte angestrengt. Marielle war alarmiert, denn über sein Gesicht zogen sich tiefe Falten der Besorgnis. Seine Augen verzogen sich zu zwei schmalen Schlitzen, die Bände sprachen.

 

„Was ist mein Liebster?“, fragte sie. In ihrer Stimme lag Angst, denn niemals machte Sato ohne triftigen Grund solch ein ernstes Gesicht.

 

„Kannst du es nicht hören? Das klingt wie das aufgeregte Getrappel von Pfoten und Krallen, die über den Boden schaben und es kommt immer näher!“

 

„Du weißt doch, dass deine Vampirsinne viel feiner sind, als die eines Werwolfes“, erinnerte sie ihn.

 

„Glaubst du etwa, dass das…“ Die geschwächte Mutter wagte es nicht, es auszusprechen. Zu sehr befürchtete sie, mit ihrer Vermutung richtig zu liegen.

 

Plötzlich sprang Sato auf. Noch lange, bevor das unheilsame Getrippel ihren Unterschlupft erreicht hatte, kündigte der beißende Geruch eines übergroßen Werwolfsrudels ihr Erscheinen an. Er stieg ihm in die Nase und verursachte dort ein ätzendes Brennen.

 

„Mariella schnell, wir müssen fliehen! Sie haben uns gefunden. Steh auf und wickel dir ein Laken um!“, forderte der Vampir sie auf. Seine Muskeln waren zum Zerbersten angespannt. Doch seine Geliebte bewegte sich nicht. Er sah sie forschend an. Erst jetzt bemerkte er, wie sehr sie von der Geburt geschwächt war. Ihre sonst so gebräunte Haut, hatte einen fahlen Teint angenommen. Sie hatte zu viel Blut verloren und ihr Herzschlag wurde immer langsamer. Die Situation schien ausweglos. Die herannahenden Werwölfe waren in der Überzahl. Mit so vielen Bestien konnte er trotz seiner Feuergabe, auf gar keinen Fall alleine fertig werden und gleichzeitig sein Kind und seine Liebste beschützen.

 

„Bitte, Marielle, bitte, du musst es versuchen!“, bat er sie. Sie strengte sich an. Doch jedes Mal, wenn sie ihre Muskeln anspannte und ihren Beinen den Befehl gab, sich zu bewegen, brach ein neuer Schwall Blut zwischen ihren Schenkeln hervor.

 

„Es ist zu spät, mein liebster Sam. Denk an unseren Sohn. Du musst ihn beschützen.“ Ihre Stimme war dünn. Sie hatte kaum noch genug Kraft, um zu reden. Ihre Augen waren glasig. Sie war den Tränen nahe, doch selbst dazu fehlte ihr die nötige Energie.

 

„Ich schaffe das nicht ohne dich. Ein Kind braucht seine Mutter!“, drängte er und schüttelte sie an den Schultern, denn sie glitt langsam ins Jenseits über.

 

„Bring ihn zum alten Black. Du wirst im Süden fündig werden. Er ist ein Werwolf und wird unseren Raven mit seinem Leben beschützen. Zudem ist er der Ehemann meiner Zwillingsschwester, Antonella. Sie werden sich gut um ihn kümmern, denn sie sind es ebenso leid zu kämpfen, wie ich. Der alte Black ist mir noch einen Gefallen schuldig. Du kannst ihm also vertrauen“, erklärte sie ihm. Sato umschlang ihren Oberkörper und drückte sie fest an sich.

 

„Ich werde dich immer lieben“, flüsterte sie, als sie ihren letzten Atemzug aushauchte. Ihre Glieder erschlafften und das Neugeborene glitt ihr aus den Armen. Sato schluchzte voller Kummer auf, als ihr Herz endgültig aufhörte zu schlagen. Nie hatte er geglaubt, zu solch einer tiefen Liebe überhaupt fähig zu sein und nie hatte er es für möglich gehalten, dass ihre Liebe ein so jähes Ende nehmen würde. Sie gebar Leben, nur um das Ihre dafür zu opfern. Es musste die grausame Strafe eines perversen Gottes sein,

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Copyright Dezember 2012 T. J. Hudspeth
Tag der Veröffentlichung: 19.12.2012
ISBN: 978-3-7309-0303-2

Alle Rechte vorbehalten

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