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Der Wetterbericht




Pünktlich um 10 Uhr an einem Sonntagmorgen stand Johanna am Waldrand, am Anfang des Spazierpfades und wartete wie verabredet.
Die paar Regentropfen machten das Wetter gar nicht so schlecht und wenn man sich liebte fand man auch den Regen schön. Doch von Felix war nichts zu sehen.
Er lag in seinem Bett, blickte aus dem Fenster und da es regnete, drehte er sich wieder um und schlief weiter.
„Wer macht auch bei diesem Wetter einen Spaziergang?
Bei schönen Wetter hatten wir vereinbart, und nur Narren wandern bei dem Regen im Matsch durch den Wald.“
Eine Weile wartete sie schon, als plötzlich ein junger Mann, mit einem Blumenstrauß in den Händen, auf sie zu trat. Zuerst dachte sie aufgeregt, es sei Felix, doch bald erkannte Johanna, dass es ein Fremder war.
In ihrem Magen verspürte sie dieses Gefühl, das nur jemand verspürte, der versetzt wurde.
Der Mann blieb stehen, schaute auf seine Uhr, dann zu Johanna hinüber und fragte: „Ist das Wetter heute sehr schlecht?“
„Keineswegs“, erwiderte Johanna, es regnet, aber das Wetter ist durchaus erträglich.“
„Das finde ich auch“, sagte der junge Mann, dann schwiegen beide.
Die Zeit verging, dann fragte der Mann erneut: „Ist heute ein schöner Tag?“
Johanna lächelte und sagte: „Auch ein Regentag kann ein schöner Tag sein.“
Dann erzählte ihr der unbekannte Leidgenosse, dass er eine Verabredung hätte, aber nur bei schönem Wetter.
Nun regnete es in Strömen, der Wetterbericht sollte recht behalten, und seine Verabredung ließ ihn wahrhaftig im Regen stehen.
Johanna nickte, den Tränen nahe, denn auch ihr Felix scheute den Regen und ließ die Verabredung sausen. Freundlich antwortete Johanna: „Wenn man liebt ist jeder Tag schön, da kann es regnen soviel es will.“
Seufzend verabschiedete sich Johanna von ihm, denn sie war das Warten leid. In diesem Moment schenkte ihr der junge Mann den Blumenstrauß und fragte höflich nach ihren Namen, dabei stellte er sich vor und lud Johanna zu einem Spaziergang ein.
Sie blickte Magnus ins Gesicht und war überzeugt davon, seine Einladung annehmen zu dürfen
Johanna stimmte zu und bedankte sich sofort für die Blumen, deren Blüten genauso arg litten, wie die beiden Herzen, die versetzt wurden.
Magnus reichte ihr den Arm, in dem sich Johanna zaghaft einhakte. Doch nach ein paar Metern schlenderten die Beiden weniger trübselig durch den Regen. Sie sprangen über Pfützen und der matschige Waldboden war kein Hindernis für sie.
Völlig durchnässt stiegen die Beiden hinauf zu der Waldhütte, in der sich keine weiteren Spaziergänger aufhielten. Verständlich bei diesem Wetter.
Magnus half ihr aus der nassen Jacke, aus den nassen Schuhen und suchte nach einem Handtuch, und einer Decke. Dann rubbelte er ihr die Haare trocken und hüllte sie in die warme Decke, die er auf der Pritsche an der Wand vorfand.
Vor dem kleinen Ofen lag etwas Holz, dass er schleunigst hineinstopfte um ein Feuer anzuzünden.
Nachdem auch er sich der nassen Sachen entledigte, suchte Magnus in dem Wandschrank nach etwas Trinkbarem.
Der Regen hämmerte auf das Dach und der Wind rüttelte kräftig an der kleinen Hütte, als wollte er sie wegtragen.
Der Ofen gab sein Bestes, eine wohlige Wärme verteilte sich in dem hölzernen Raum.
Johanna beäugte Magnus interessiert und hoffte, dass sich in dem eingebauten Schrank etwas finden ließ.
Magnus stieß einen freudigen Schrei aus, als er eine verstaubte Flasche Rum hervor kramte, an der sich ein Zettel befand. Laut las er Johanna vor, was darauf geschrieben stand.
„Für das Liebespaar, das bei Sturm und Regen hier Unterschlupf suchte. Wir haben die Hälfte getrunken und uns verlobt. Unseren Nachfolgern überlassen wir die andere Hälfte unter der Bedingung, uns nachzueifern.“
Die Flasche dürfte inzwischen einige Jahre dort gestanden haben, denn bislang fühlte sich niemand bewogen, diese zu leeren.
Offenbar respektierten alle Besucher diesen Wunsch.
„Erfüllen wir diese Bedingung“, lachte Magnus.
„Lieben wir uns?“, fragte Johanna errötend.
„Mache daraus eine Aussage und keine Frage“, entgegnete Magnus noch immer lachend.
„Wir lieben uns“, sagte Johanna verlegen.
„Und es regnet und stürmt, und wir sind alleine“, freute sich Magnus.
„Müssen wir uns jetzt verloben?“ Schüchtern setzte Johanna eine weiter Frage hinzu.
„Das entscheiden wir hinterher, wenn die Flasche leer ist“, erwiderte Magnus gelassen und drückte ihr frech einen Kuss auf den Mund.
Johanna genoss diese Frechheit und bemerkte glücklich: „Auf den Wetterbericht kann man sich nicht verlassen, denn so ein schöner Tag kommt so schnell nicht wieder.“

Impressum

Texte: Coverbid Thoreau Waldhuette
Tag der Veröffentlichung: 23.02.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dem Zufall

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