Es war einmal, und es war auch nicht, vor langer langer Zeit, irgendwo in Judäa als der römische Kaiser Augustus die erste Volkszählung der Geschichte durchführen ließ.
Alle Menschen mussten sich dieser Volkszählung unterziehen, und sollten sich in Steuerlisten eintragen (diese Idee aus vergangener Zeit hat leider bis heute noch Bestand).
Diese Liste lag in Bethlehem aus und alle Menschen, die aus Bethlehem stammten hatten die Pflicht, in diese Stadt zu pilgern, um sich dort registrieren zu lassen.
Auch die Familie des Zimmermanns Josef musste sich diesem Gesetz beugen, da sie einst aus Bethlehem stammte. Trotz heftigem Widerwillen plante er seine Reise sorgfältig, denn es waren gut 150 km, die die Großfamilie zu Fuß (per pedes non mercedes) zurück zu legen hatte.
Er besaß bereits 5 Söhne, die Mutter seiner Kinder war bei der Geburt des jüngsten Kindes gestorben. Bald darauf lernte er Maria kennen, die ihm vom ersten Moment an die richtige Frau für sich und eine Mutter für seiner Kinder zu sein schien. Doch Maria verbarg ein noch nicht sichtbares Geheimnis. Als Josef merkte, dass Maria ohne sein Zutun schwanger geworden war, hegte er die Absicht, sich wieder von ihr zu trennen, doch die Söhne hatten diese Frau so lieb gewonnen, dass sie ihren Vater bettelten, Maria nicht wegzuschicken.
Seinen Kummer ertrank er unterdessen im Wein.
Eines Abends torkelte Josef aus der Zimmerei und rempelte in seinem alkoholisiertem Zustand den letzten Kunden an, der eben noch die Werkstatt betrat.
Der fremde Mann mit dem Namen Gabriel fragte nach dem Grund seiner Trunkenheit, und da Josef nicht wusste wem er sei Leid klagen sollte, erzählte er dem Fremden davon.
Gabriel war einst der Geliebte Marias, er spionierte Josef aus, um sich zu vergewissern, ob Maria wirklich schwanger war. Der Fremde nutzte die Trunkenheit Josefs für sich und hatte somit ein Leichtes, die Wahrnehmung von Josef zu täuschen.
Der Zimmermann war so betrunken, dass er sich nur wage an diesen Vorfall erinnerte, glaubte aber, ein Engel sei ihm erschienen, der ihm einredete, sich Maria anzunehmen, da sie mit Gottes Hilfe geschwängert wurde. In seiner Naivität glaubte der gebeutelte Mann, dass ein Geist ihr die Jungfräulichkeit stahl. So entschloss sich Josef, Maria bei sich aufzunehmen, und sollte das Kind, das sie in sich trug geboren werden, ihm ein gerechter Vater zu sein.
Die Familie durfte trotz Marias Schwangerschaft nicht in ihrem Wohnort bleiben, da der Befehl lautete, dass alle Menschen sich in Bethlehem zu registrieren hatten. Somit verstaute Josef Proviant und ein paar warme Decken in seine Reisetasche und zog mit seiner Familie aus Nazareth fort, um sich in Bethlehem registrieren zu lassen.
Es war bereits Winter. Die Reise, bei Schnee und Kälte den weiten Fußmarsch hinter sich zu lassen, war eine Tortur, insbesondere für die schwangere Maria und die Kinder.
Der Esel, der die Gepäcklast ertrug, wurde nun auch als Reittier eingesetzt, da die arme Frau sich kaum auf den Beinen halten konnte. Das Lasttier ertrug das Gewicht mit einer Duldsamkeit, wie nur ein Esel es erdulden konnte.
Das Schaukeln und Wippen auf dem Rücken des Tieres löste bei Maria neben Brechreiz auch Vorwehen aus, und eine Unterkunft war bitter nötig. Viel Geld besaß Josef nicht, so dass er für alle eine Bleibe bezahlen konnte, deshalb suchte er nach einer möglichst billigen Absteige, um die Nacht nicht im Freien quartieren zu müssen. Etwas abgelegen von der Reiseroute versuchte Josef sein Glück, denn in der Stadt war eine Herberge bei all den vielen Menschen, die anreisten, wohl kaum zu finden, und da die geschäftstüchtigen Wirte zudem die Preise erhöhten, war es für eine Großfamilie absolut aussichtslos ein Quartier zu beziehen. Sogar die Bauern verstanden sich darin, für eine schäbige Unterkunft erhebliche Gebühren zu nehmen, auch wenn es sich nur um eine Schlafstatt im Stall handelte. Hier und da konnte Josef verlassene Hütten ausmachen, aber diese waren teilweise so verwittert, dass eine Übernachtung nicht möglich war.
Seine Kinder jammerten vor Hunger und Durst, die Kälte schmerzte ihnen in den Füßen und Händen, und erschöpft klopfte Josef dann doch an die Türe eines Bauernhauses. Die Bäuerin zeigte sich wohlgesonnen, jedoch hatte sie keinen Platz in dem armseligen Haushalt, da sie selber sieben Kinder versorgen musste. Im Stall, gleich hinter dem Haus, wo die Tiere sich zur Nacht einfanden, war noch ein Plätzchen im Stroh zu finden, um wenigstens etwas zur Ruhe zu kommen, und um sich aufzuwärmen. Hier durfte der Zimmermann mit seiner Familie rasten.
Im fernen Osten trafen sich zur selben Zeit ein paar Magier, die auf der Suche nach einem neugeborenen Jungen waren, welches sie als Opfer für ihre Zauberkünste erbeuten wollten.
Ein Gerücht, das sich während dieser Zeit verbreitete, dass ein Kind, welches von Gott gesandt in einem Stall bei Bethlehem das Licht der Welt erblicken sollte, um die Menschen von dem Übel des Bösen und der Laster zu befreien, verursachte bei den Menschen Wahnvorstellungen. Es war zwar nur ein Geschichte, um König Herodes, der damals sein Volk erbarmungslos knechtete in die Irre zu führen, aber die Menschen verloren sich wahrhaftig in diesem Glauben und warteten auf ihren Erlöser.
Gabriel, Marias Exfreund, der im fernen Orient untergetaucht war, nachdem er Josef derart hintergangen hatte, und diese Geschichte ebenfalls vernahm, verbündete sich mit den Zauberkünstlern aus dem Osten, da er schon immer der Zauberei verfallen war, und keinesfalls als Vater des sechsten Kindes von Josef entlarvt werden wollte. Immerhin waren die Alimente, die er zu zahlen hätte keine Kleinigkeit, und das Geld behielt er lieber für sich. In der Hoffnung, dass Maria noch immer schwieg und nicht erwähnte wer der Erzeuger des Kindes war, trat er dem Zirkel der Magie bei, versprach den Magiern ein Kind für ihren Hokuspokus zu finden, und machte sich sofort auf dem Weg nach Bethlehem.
Während im Stall Josefs Kinder bereits tief und fest schliefen, war er bemüht seiner Maria bei den einsetzenden Wehen eine Stütze sein. Die Tiere im Stall gaben eine wohlige Wärme ab, so dass keiner frieren musste. Der Trog in der Ecke war leer. Josef füllte diesen mit frischem Stroh auf, um ein Bettchen daraus zu machen. Dann eilte Josef nach draußen, um vom Brunnen frisches Wasser zu holen. Seine Decke zerriss er in kleine Streifen, damit das Kind, das nicht mehr warten wollte bis sie an einem besseren Platz die Geburt vorbereiten konnten, gewaschen und gewickelt werden konnte. Kaum war er damit fertig, setzten bei Maria die Presswehen ein, und nach mehrmaligem Pressen, gebar sie ihr Kind. Josef nahm es behutsam in seine Arme, schnitt die Nabelschnur durch und versorgte das Neugeborene wie ein erfahrener Vater es versorgen konnte. Dann legte Josef es seiner Frau in die Arme. Maria lächelte erschöpft und sagte leise: „Josef, es ist ein Mädchen.“
Danach wickelte Maria ihre kleine Tochter in die vorbereiteten Tücher und legte es in die Krippe, die Josef so liebevoll vorbereitete.
Als Gabriel in Bethlehem angekommen war, befragte er jeden Mann und jede Frau nach Josef und seiner Familie. Auf den Markt traf er ausgerechnet auf die Bäuerin, die der Familie ihren Stall als Quartier überließ. Eilig lief er davon, suchte in der Umgebung nach dieser Bleibe und bekam die entsprechende Auskunft von ein paar Hirten, die an einem großen Feuer saßen und sich wärmten. Neugierig folgten sie dem mysteriösen Mann bis zu dem Stall, in dem das Kind in der Krippe friedlich schlief.
Gabriel vergewisserte sich nur oberflächlich, in dem er durch das Fenster hinein schaute, und was er erblickte reichte ihm, um sich sofort wieder auf den Weg nach Osten zu machen.
Da die Hirten den Eltern anstandshalber gratulieren wollten, betraten sie vorsichtig den Stall, verbeugten sich höflich und freuten sich mit ihnen über das Glück, eine hübsche Tochter bekommen zu haben.
Im fernen Orient warteten schon ungeduldig die weisen Zauberer auf die Ankunft von Gabriel. Flugs unterrichtete er sie über die Geburt des auserkorenen Kindes und amüsierte sich, dass sein Plan funktionierte.
Die Zauberer eilten voller Freude und in höchsten Erwartungen nach Bethlehem, im Gepäck eine Menge sonderbarer Kräuter und Tinkturen, und eine kleine Kiste mit Goldstücke.
Wegen eines Schneesturmes, konnte der Zimmermann mit seiner Familie die Bleibe nicht verlassen. Die Bauersleute waren freundliche Menschen und erlaubten ihnen so lange zu bleiben, bis das Wetter sich besserte und Maria kräftig genug war, um mit der Familie weiter zu ziehen.
Schon bald erreichten die Zauberer aus dem Morgenland die Stadtgrenze von Bethlehem.
Da Gabriel ihnen nun den Aufenthaltsort genau beschrieben hatte, folgten sie dem Schein des Lagerfeuers, dass die Hirten in der Nacht entzündeten, um sich nicht zu verirren.
Der Stall war dadurch hell erleuchtet und unübersehbar. Durchgefroren klopften sie an die Stalltüre und begrüßten die Eltern mit einer tiefen Verbeugung. Bevor Josef auch nur annähernd Fragen stellen konnte, überreichten sie ihm die kleine Kiste mit dem Gold und verlangten das Kind betrachten zu dürfen. Glücklich über das Geschenk, führte Josef die seltsamen Männer zur Krippe. Dort entzündeten sie ein Kraut, dass eigenartig roch und in der Nase biss. Leicht benommen erkundigte sich Josef was dies zu bedeuten hätte, und fragte ob es seinen Söhnen nicht schaden würde. Mit entgleisten Gesichtszügen verfolgte Maria das Geschehen und faselte: „Josef, wir haben auch eine Tochter.“
Erschrocken brachen die Magier ihre Zeremonie ab. Hatten sie sich etwa in der Hütte geirrt? Von einem weiblichen Säugling war nie die Rede. Mädchen konnten nicht geopfert werden, sie waren zu wertvoll. Immerhin sind sie die Mütter der Zukunft und ohne Frauen gäbe es keine Nachkommen. Enttäuscht und wütend verstauten sie die Mittelchen wieder in ihre Taschen und verschwanden ohne sich zu verabschieden. Verdutzt starrte Josef auf die Kiste mit dem Gold, die die Männer im Eifer des Verschwindens zurück ließen. Dann rieb er sich die Hände und wusste, dass er von nun an ein Reicher Mann war.
Seit diesem Geschehen, feierte Josef diesen Tag, den 24. Dezember, als Glückstag. Er beschenkte jedes Jahr nicht nur seine Tochter zum Geburtstag, sondern auch Maria und jeden seiner Söhne.
Zusätzlich schmückte er die Tanne vor dem Haus, damit jeder sehen konnte, dass der 24. Dezember ein besonderer Tag war.
Texte: Petra Ewering
Bildmaterialien: schulbilder.org/bild-josef-und-maria
Tag der Veröffentlichung: 16.10.2009
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