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Die Dorfschönheit

Seit ihrer Kindheit träumte Sabine von der großen weiten Welt, von Karriere und Reichtum.
In ihrer kleinen Kinderbibliothek fanden sich neben Räuber Hotzenplotz, Bibi Blocksberg und dem Hunde-ABC zahlreiche Modemagazine, für die sie ihr spärliches Taschengeld opferte.
Obwohl ihr Vater eine größere Autoreparaturwerkstatt in Timmendorf, in Schleswig Holstein besaß, war es ihm nicht möglich, seine vier Kinder ausreichend mit Taschengeld zu versorgen.
Zu groß waren die Ausgaben für seine Angestellten, für die alltäglichen Aufwendungen der Firma und die der Familie.
Sabine war die Jüngste und das einzige Mädchen.
Sich gegen drei Brüder zu behaupten, verlangte viel Energie und Ausdauer. Vor allem, als sie im Alter von zehn Jahren ihre geliebte Mutter verlor, die bis dahin immer eine wertvolle Stütze und Begleiterin in ihrem Leben war. Sabines Vater, der stets in seiner Werkstatt zu tun hatte, überließ seine Kinder einer konservativen Hausdame, die mit wenig Feingefühl die Erziehung übernahm.
Auch ihre Brüder hatten kaum Zeit für die lästige kleine Schwester, die somit ins Abseits geschoben wurde.
Haltlos und ohne Glauben an die Familie verließ Sabine das Gymnasium, nachdem sie die mittlere Reife erreicht hatte, und gab sich ihrem Traum hin. Sie wollte unbedingt in der glitzernden Modewelt Fuß fassen.
So verabschiedete sich Sabine, im Alter von 17 Jahren, von ihrem langweiligen Leben in Timmendorf, obwohl im Sommer der Ostseestrand verlockend war, und hoffte auf einen Einstieg in Münchens Metropole.
Sie absolvierte einen Mannequin-Kurs in Bayerns Hauptstadt.
Trotz ihrer Größe und ihres hübschen Gesichtes, mit munteren braunen Augen und vollen roten Lippen, das von langen dunkelblonden Haaren, die bei Sonnenlicht tizianrot schimmerten, umspielt wurde, arbeite Sabine ohne Erfolg eine zeitlang in diesem Beruf. Ihr Aussehen erregte keine besondere Aufmerksamkeit bei den Modemachern, und damit setzte Sabine all ihre Hoffnungen in die Filmbranche.
Mit neunzehn Jahren erhielt sie endlich eine kleine stumme Rolle in einem Münchener Studio.
Es war ihre erste und letzte Rolle, denn bald darauf heiratete Sabine einen jungen Schauspieler, den sie bei den Dreharbeiten kennen gelernt hatte.
Leider war diese Ehe nur von kurzer Dauer. Sie trennte sich schon nach vier Monaten von ihrem untreuen Mann und ließ sich einige Zeit später scheiden.
Noch einmal versuchte Sabine als Mannequin ihr Glück zu finden, jedoch ohne jemals die Grenzen von München zu verlassen. Drei Jahre später hielt sie es nicht mehr aus und kehrte in ihre Heimatstadt zurück.
Mit zweiundzwanzig Jahren hatte Sabine genug von der schillernden Scheinwelt der Schönen und Reichen.
Zu Hause in Timmendorf verliebte sie sich in einen jungen Mechanikermeister, der im väterlichen Betrieb arbeitete und dessen Zuneigung ihr schon viele Jahre bekannt war.
Sabine war mit vierundzwanzig Jahren eine erfahrene, reife Frau und ihren erworbenen Leidenschaften, die sie in München pflegte, treu geblieben. Sie spielte nach wie vor Tennis, sammelte Rockmusikplatten und zusätzlich wollte sie sich nun der Malerei widmen, die ihr bereits seit dem Kindesalter ans Herz gewachsen war.
Des Nachts, noch immer verfolgt von ihren Träumen und Wünschen, lebte sie ihre geheime Leidenschaft aus.
Die Eintönigkeit ihres täglichen Lebens, die spießige Ehe in der Provinz mit einem plärrenden Balg in der Wiege war eben nicht das, was Sabine sich vorgestellt hatte.
Wenn der Herr Gemahl unter dem Auto lag und Geld verdiente, ließ sie ihrem Doppelleben freien Lauf.
Sabine hatte mit ihrem reizenden Aussehen keine Probleme, den begehrenswerten Tennislehrer zu verführen.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 09.03.2009

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Widmung:
Der Karriere

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