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fallen

 

„Lass dich fallen! Ich werde dich auffangen,“ sagte er und schaute ihr tief in die Augen. Die Wärme die von ihm ausging, hüllte sie ein wie ein schützender Kokon. Doch sie konnte ihm nicht vertrauen. Ihr Innerstes sträubte sich dagegen. Er war ein Dämon, eine Ausgeburt der Hölle, ein Jünger Lucifers. Seine gesamte Existenz beruhte nur auf Lügen und Verrat. Alles was er tat, tat er aus Eigennutz, oder um dem Herrn des Fegefeuers zu gefallen.

 

Wie sollte sie, ein Engel, ihm vertrauen können? In seinen dunkelbraunen Augen meinte sie Wahrheit zu erkennen. Waren dies überhaupt seine Augen, oder ware es nur eine Maske die er trug, um sie zu täuschen?

 

Wieder schenkte er ihr einen tiefen Blick und sagte: „Tu es! Ich fange dich auf.“ Sein Blick war ernst und dennoch leidenschaftlich. Leidenschaft, seine größte Stärke. Doch ist nicht Leidenschaft das, was Leiden schafft?

 

Hin- und hergerissen stand sie da. Unfähig etwas zu sagen, oder zu tun. Sollte sie den Sprung wagen? Was, wenn er sie nur in eine Falle lockte? Sie nur missbrauchte um seine Unbändige Lust zu befriedigen? Was, wenn sein Charme und die Leidenschaft mit der er sie ansah nur gespielt waren?

 

„Vertrau mir.“ Seine Stimme. so beruhigend, so vertraut erschien sie ihr. Hatte er sie bereits in seinen Bann gezogen? Gab es noch ein Entrinnen?

 

Seine Augen. Wie könnte sie diesem Blick misstrauen, ihm widerstehen? Aus ihrem Inneren vernahm sie eine Stimme: „Er ist ein Dämon. Er spielt ein Spiel mit dir. Er wird dich fallen lassen!“

 

Er sah sie immer noch an. Doch sein Blick war nun irgendwie anders.

 

„Du vertraust mir nicht,“ sagte er während er seinen Blick senkte, „wieso solltest du auch? Ich bin ein Dämon, eine Kreatur der Hölle, finster, hinterlistig, abgrundtief böse. Du bist ein Engel, das reinste Geschöpf das je existierte.“

 

Ihr wurde bewusst was sich an seinem Blick verändert hatte. Neben der Enttäuschung, die auch in seiner Stimme lag, hatte sie Schmerz gesehen. Jene Art Schmerz die sich in die Seele frisst. Bisher hatte sie gedacht, dass Dämonen seelenlos waren, unfähig irgend etwas zu empfinden. Ihr Herz schlug schneller. Sie hätte nie geglaubt, dass sie jemals in der Lage wäre einen Dämon verletzten zu können.

 

Sie atmete tief ein, breitete die Arme aus, schloss die Augen und lies sich fallen....

 

Sie fiel durch die Schwärze der Ebene zwischen den Welten. Immer schneller wurde ihr Körper, als würde eine dunkle Kraft sie nach unten zerren.

 

Ihr Fall schien kein Ende zu nehmen. Immer schneller fiel sie durch schwarzes Nichts. „Er lässt mich fallen! Er wird mich nicht mehr auffangen. Alles war nur eine Falle!“ Panik stieg in ihr auf.

 

Sie fiel und fiel unaufhaltsam.

 

Auf einmal spürte sie Wärme und starke Arme unter ihrem Rücken, die sie an sich rissen und festhielten. „Keine Sorge, ich bin da!“ Seine Stimme war wie ein Befreiungsschlag. Alle Angst war mit einem Mal fortgerissen und sie fühlte sich geborgen, sicher, unbeschwert. In seinen Armen liegend, getragen von seinen mächtigen schwarzen Schwingen flog sie durch die Leere. In der Ferne konnte sie ein rotes Leuchten erkennen, dass sich schnell zu nähern schien.

 

„Was ist das?“ Sie hatte kein gutes Gefühl, denn sie meinte die Antwort bereits zu kennen. „Der Einzige der uns helfen kann, uns vor Gottes Zorn beschützen wird. Der dessen Namen so vielschichtig sind, wie die Charaktere der Menschen auf der Erde. Der Lichtbringer.“

 

„Lucifer.“ Mehr als ein Flüstern gelang ihr nicht, so sehr hatte die Angst sie im Griff. Der Fürst der Finsternis, Satan, der Widersacher. Gott und die Erzengel hatten sie immer und immer wieder gewarnt vor dem, dessen Name Legion ist. In ihren Augen verkörperte er das unaussprechlich Böse und die Sünden dieser und jeder anderen Welt.

 

Wieder ertönte die Stimme in ihrem Inneren: „Er hat dich nur aufgefangen um dich zu ihm zu bringen, damit er dich zur Sklavin macht, zu Dienerin des Bösen, zur Gehilfen bei der Vernichtung des Guten. Es war alles nur eine Falle.“ „Deine Gedanken sind töricht. Lucifer wurde von Gott bestraft. Dafür bestraft, dass er den Menschen das Feuer brachte, die Selbsterkenntnis, das Verstehen und sie somit von Gott abfielen. Es fürchtete um seine Macht und somit machte er ihn zum Feindbild.“ Sie hatten sich dem roten Glühen genähert. Jetzt erkannte sie, dass es ein gewaltiger brennender Thron war auf dem die Gestalt eines Mannes in schwarz und rot gekleidet saß. Sie näherten sich ihm. Vor Angst blieb ihr die Luft weg und sie brachte kein Wort heraus. Auch ihr Körper versagte ihr den Dienst. Es war ihr nicht möglich sich aus der Umklammerung des Dämons zu befreien.

 

„Willkommen, meine Kinder.“ Lucifers Stimme war dunkel, beruhigend, väterlich, ganz anders als sie erwartet hätte. „Tretet ein in mein Reich, seid frei und unbesorgt. Hier kann euch Gott nicht strafen, hier könnt ihr ungestört Zweisamkeit genießen.“ Sie traute ihren Ohren kaum. Was dies IHR Paradies? Mit ihm an ihrer Seite bis in alle Ewigkeit? Noch immer konnte sie nicht glauben was geschehen war. Der Dämon neigte seinen Kopf zu ihr und schenkte ihr einen Kuss auf die Stirn. Erneut durchfuhr Wärme ihren ganzen Körper.

 

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 04.02.2014

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