Phantasiereisen, auch Traumreisen genannt, sind Gedanken und die Vorstellungskraft anregende Geschichten zur Entspannung und des Wohlbefindens. Phantasiereisen laden den Zuhörer zu unterschiedlichen Kraft spendenden Orten ein, wie zum Beispiel zum Strand, in einen Wald oder zum Ausruhen auf eine naturbelassene Wiese. Phantasiereisen ermöglichen es, in Vorstellungen, Gedanken und Gefühlen einzutauchen, die die Realität kaum bis gar nicht vorhält. Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen Vorstellungskraft und reales Erleben. Bei der Vorstellung von Geschehnissen und Ereignissen sind die selben Gehirnzentren aktiv, die auch aktiv sind, wenn der Mensch das Geschehene tatsächlich erlebt. Phantasiereisen ergeben somit die Möglichkeit, sich unabhängig vom Aufenthaltsort in einen anderen, wünschenswerten Zustand zu versetzen.
Phantasiereisen gehören zu der Methode der Affirmation (lat. affirmatio; Versicherung, Bejahung) zur positiven Anregung durch nach innen geschaute Bilder. Beim Lesen eines Buches zum Beispiel erhält der Leser eine bildliche Vorstellung der Geschichte durch die Angaben und Beschreibungen des Autors. Ein wahres Kopfkino entsteht. Im Unterschied zu Phantasiereisen muss es dem Autor gelingen, den Leser mit möglichst genauen und lebhaften Beschreibungen auf die Reise einer von ihm festgelegten "story" mitzunehmen. Anders sind die sprachlichen Regeln bei Phantasiereisen. Hier wird der Zuhörende, der Phantasie-Reisende zum Co-Autor und gestaltet die Geschichte mit Kraft seiner eigenen Vorstellungen individuell mit.
Im Gegensatz zum Träumen im Schlaf, finden Phantasiereisen im Wachzustand statt. Da sie sich an das Unbewusste richten, beinhalten sie andere sprachliche Merkmale wie der Satzbau im alltäglichen Sprachgebrauch oder in Romanen, Kurzgeschichten und Anekdoten usw. Dieser Unterschied ist sinnvoll um die Lösung vom Rationalen und Alltäglichen zu bewirken.
Die Wahl der sprachlichen Merkmale eröffnet dem Unterbewusstsein die Möglichkeit, frei zu wählen, eigene Verbindungen (Assoziationen) und Vorstellungen zu entwickeln, da Phantasiereisen einige Informationen wie "Wer genau? Was genau? Wie genau?" bewusst weglassen.
Unbestimmte Verben wie wahrnehmen, loslassen, spüren, vergegenwärtigen usw. lassen beschriebene Erfahrungen im Unklaren. Der Reisende kann wählen, ob er die Erfahrung annehmen möchte oder nicht.
Durch den sprachlichen Aufbau werden Verknüpfungen zwischen der erlebten Realität und wünschenswerten Zuständen geschaffen. Mit Hilfe von sprachlich formulierten Vorannahmen ("Du kannst weiterhin zuhören" - Du hast bereits zugehört), die zugleich Gewissheit schaffen, kann sich der Reisende mit Vertrauen und Sicherheit in gewünschte Zustände begleiten lassen.
Durch behutsam einfließende Verwirrungen (ein Fels, der weint oder eine Ameise, die auswandert usw.) hingegen können festgefahrene Denkbahnen und alter Muster verlassen werden und Platz für neue Möglichkeiten schaffen. Dabei entscheidet der Reisende eigenständig, ob er das Angebot zur Neuorientierung nutzen möchte.
Wenngleich Phantasiereisen noch viele weitere sprachliche Merkmale beinhalten, bieten die hier wichtigsten genannten einen Einblick für ein besseres Verständnis über den Sinn vom Abtauchen in wundersame Imaginationen, sofern Sie noch keine Vorerfahrungen mit Phantasiereisen gesammelt haben. Wenn Sie sie bereits für sich nutzen, müssen Sie das gesamte Spektrum des stilistischen Aufbaus nicht zwangsläufig wissen. Ebenso wenig müssen Sie die exakte Bauweise eines Fahrrades kennen um eine erholsame und ausgiebige Fahrradtour genießen zu können.
Phantasiereisen dienen der Reduzierung von Außenreizen und Fokussierung auf das innere Erleben. Der Mensch lebt in seiner inneren Vernetzung seines Organismus in Verbindung mit der Außenwelt. Die vegetative Umschaltung des Körpers von Leistung zu Entspannung wird durch den gezielten Einsatz bestimmter Vorstellungsbilder herbeigeführt. Selbst wenn nur ein Teilbereich des Organismus stressbelastet und beansprucht ist, reagieren indirekt alle Bereiche des Körpers (kognitiv, emotional, vegetativ und muskulär) darauf, so dass sich der gesamte Organismus mit dem Stressgeschehen auseinandersetzt.
Durch die Visualisierung hört, sieht, schmeckt und fühlt der Übende die wahrgenommenen Inhalte von Phantasiereisen. Diese Wahrnehmungsinhalte dienen dem Gleichgewicht von Spannung und Entspannung, die den Lebensrhythmus eines jeden Menschen bestimmen. Der Reisende ist im entspannten Zustand an jedem Geschehen mit seinem Körper, Gefühlen und Geist beteiligt. Die Wirkung erfolgt ganzheitlich und in jedem Augenblick.
Die visualisierte Anregung von taktiler, auditiver, olfaktorischer usw. Wahrnehmungen wirken beruhigend auf das vegetative Nervensystem. Die Atmung und der Herzschlag werden ruhig und gleichmäßig, die Muskulatur entspannt sich, Beschwerden wie Nacken- und Kopfschmerzen sowie Magen- und Darmbeschwerden können reduziert oder gelindert werden.
Mit Hilfe von Phantasiereisen können sich Menschen von ihren inneren Bildern leiten lassen, die einen positiven Einfluss auf Alltagshandlungen nehmen. Es entwickelt sich das Gleichgewicht eines guten Körpergefühls und einer inneren Ruhe und Gelassenheit durch eine psycho-physische Ausgeglichenheit. Mit den Phantasiereisen führen Sie die Reduktion von Stress selbst herbei. Gönnen Sie sich diese Auszeit.
Die therapeutische Anwendung mit ihrer vielfältigen Auswirkung auf Körper und Psyche von Phantasiereisen und ihrer Vielzahl an Aufgabenstellungen bleibt dem Therapeuten vorenthalten. Nichttherapeutische Anwendungen dürfen von jedem "Gesunden" durchgeführt werden, der die gesundheitsfördernde Wirkung von Phantasiereisen für sich nutzen möchte. Nichttherapeutisch können Phantasiereisen eigenständig für folgende Zwecke Verwendung finden:
Mit Ausnahme zur Verbesserung des Einschlafens findet im Anschluss an Phantasiereisen eine Rückführung zur Mobilisierung des Organismus statt.
Für einige Personengruppen sind Phantasiereisen als Entspannungsmethode ungeeignet, da sie den kognitiven und emotionalen Zustand des Betreffenden negativ beeinträchtigen oder sogar verstärken.
Phantasiereisen dürfen nicht angewendet werden von bzw. bei Personen mit:
Sollten Unsicherheiten bestehen, ob Sie Phantasiereisen unbedenklich und eigenständig anwenden dürfen, obwohl die Kontraindikationen auf Sie nicht zutreffen, halten Sie ruhigen Gewissens Rücksprache mit Ihrem Arzt. Lieber einmal zu viel nachfragen als die Chance auf eine wohltuende und Ressourcen stärkende Entspannugsmethode verstreichen zu lassen.
Begeben Sie sich auf Reisen. Lassen Sie sich von ihrer Phantasie tragen, treiben und beflügeln. Lassen Sie los und seien Sie neugierig und gespannt auf bereichernde Erfahrungen, die Ihre Ideen, Gedanken, Vorstellungen und auch Lösungsansätze anregen und Ihre Lebensaspekte wie Selbstverantwortung und Selbstmanagement phantasievoll begleiten. Durch Phantasiereisen entstehen neue ganzheitliche Erfahrungen im Hier und Jetzt, wann immer Sie es wollen. Träumen Sie los.
Texte: Veronika Kempf
Bildmaterialien: Lizenzfrei by pixabay
Tag der Veröffentlichung: 19.10.2015
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