Cover

6




Damon

„Damon! Damon!“, schrie jemand und entfernte endlich diesen verdammten Pfahl aus meiner Brust.
Sobald der Pfahl endlich draußen war, konnte ich mich wieder bewegen und setzte mich auf.
„Wo ist Rosalie?!“, fragte mich Scarlett direkt und ich konnte deutlich in ihren Augen sehen, dass sie Angst um sie hatte.
„Wir waren gerade auf der Suche nach dir, als mich einer von hinten überrascht hat und mir den Pfahl ins Herz gerammt hat. Dann hat er sich Rosalie geschnappt und ist abgehauen.“, erzählte ich ihr und sah erschüttert zu Boden.
„Warte, heißt das, dass MEINE Tochter von einem Unbekannten verschleppt wurde!?“, mischte sich Lestat ein.
„Hast du gerade Tochter gesagt?!“, fragte Scarlett und betrachtete ihn fassungslos.
„Ist eine lange Geschichte, aber jetzt haben wir keine Zeit dafür, wir müssen Rosalie finden.“, meinte Lestat.
„Ich glaube ich weiß, wer sie hat“, sagte ich.
„Wer!? Wer hat meine Tochter?!“
„Als er mich mit dem Pfahl gelähmt hatte, hat er dann zu ihr gesagt, das sie schlafen sollte und sie ist dann auch eingeschlafen und ich kenne nur eine Person, die so etwas kann.“
Scarlett sah mich irritiert an, doch Lestat wusste wen ich meinte.
„Bastien“, knurrte er und schlug mit der Faust gegen eine Mauer, die ohne Wiederstand nachgab.
„Aber wo könnte er sie hingebracht haben und wer ist Bastien?“, interessierte es Scarlett.
„Bastien ist mein Vater und er ist nicht so dumm und hat sie bei sich zu Hause versteckt. Aber ich glaube auch nicht, das er es alleine geplant hat, ich glaube eher, das ihm irgendjemand geholfen hat“, überlegte ich und stand auf.
„Ich glaube, wir müssen uns mal mit Bastien unterhalten“, meinte Lestat und seine Miene verfinsterte sich.
„Ja, aber erst mal brauche ich Blut. Dieser Pflock hat mir verdammt viel Kraft genommen.“


Rosalie

Langsam kam ich wieder zur Besinnung. Ich wollte meine versteiften Gliedmaßen bewegen, doch ich traf auf Widerstand. Wieso konnte ich mich nicht bewegen? Zögernd öffnete ich meine Augen, doch ich konnte nichts sehen. Alles war schwarz. War ich blind? Ich konnte doch nicht blind sein?! Wieso war ich blind!?
Was war nur passiert?! Ich konnte mich nur noch dran erinnern, das ich mit Damon auf der Suche nach… DAMON! Das konnte nicht sein! Er konnte nicht…
Eine Träne entrann meinen Augen.
„Du bist wach“, drang eine helle Stimme an mein Ohr.
„Wer ist da?“
„Mein Name ist Dina“, stellte sie sich vor und sie hörte sich recht freundlich an.
„Warum kann ich nichts sehen?!“, wollte ich wissen.
„Du hast eine Augenbinde um“, antwortete sie mir und ich spürte, wie sie mir die Augenbinde abnahm.
„So, jetzt müsstest du wieder sehen können“, lächelte sie.
Erst blinzelte ich und konnte nichts erkennen, denn das Licht war zu grell, doch mit der Zeit gewöhnten sich meine Augen daran.
Die Person die ich vor mir sah, raubte mir den Atem. Sie war atemberaubend schön. Ihre goldblonden Haare, die ihr wellig bis zur Mitte ihres Rücken fielen und mit diesen lichtblauen Augen, die mich mit einem sanften, freundlichen Blick ansahen.
„Hast du Durst oder Hunger?“, fragte sie und hielt mir eine Flasche Wasser entgegen.
Mein ganzer Mund war ausgetrocknet. So trocken wie eine Wüste, an einem heißen Sommertages. Wie lange habe ich nichts mehr getrunken? Bestimmt ist es schon lange her.
Ich wollte meine Hand heben, um die Flasche zunehmen, da fiel mir wieder ein, dass ich gefesselt war.
„Eigentlich wollte ich es nicht, aber Metatron bestand drauf, das du an einem Stuhl gefesselt wirst.“ Entschuldigend sah sie mich an und hielt die Wasserflasche an meinem Mund. Leicht öffnete ich ihn und trank gierig von der lebensnotwenigen Flüssigkeit. Langsam vernahm ich wieder ein Gefühl in meinem Mund wahr.
„Danke.“
„Nichts zu danken. Wie geht es dir?“, fragte sie.
„Abgesehen davon, dass ich an einem Stuhl gefesselt bin und meine Arme und Beine schmerzen, ganz gut.“
„Ich würde das gern ändern, aber wie gesagt, Metatron bestand darauf.“
Wer war dieser Metatron?! Es hörte sich aber so an, als hätte er viel zu Sagen.
„Wer ist denn dieser Metatron?“
„Metatron ist mein Mann“, lächelte sie und setzte sich gegenüber von mir hin.
„Erzähl ihr nicht so viel, Dina“, erklang eine tiefe raue Stimme, gefolgt von einem großen Mann. Seine Haare hatten die gleiche Farbe wie Dinas nur sie waren kürzer und seine azurblauen Augen strahlten so viel Kälte aus, das flüssiger Stickstoff neben ihm, wie die Sonne wirkte.
„Oh Metatron, du bist wieder da. Hast du etwas Essen mitgebracht?“
„Ich wusste nicht was sie mag, weswegen ich mal alles, was mir in die Finger kam, mitgebracht habe“, erzählte er und stellte das Essen auf dem Tisch ab, der direkt neben der Tür stand.
Sie holte etwas Essen aus der Tüte und kam wieder zu mir.
„Ich werde dich jetzt füttern, also mach deinen Mund bitte auf“, bat sie mich, was ich ohne zu zögern tat.
Es stellte sich schwieriger als gedacht heraus, mich zu füttern, denn die Hälfte des Essens landete auf dem Boden.
Metatron konnte sich das nicht mit ansehen, weswegen er das Zimmer wieder verließ und ich war wieder alleine mit Dina.
„Wo bin ich eigentlich?“, interessierte es mich.
„Du bist im Paradies.“
„Paradies?!“
„Ja Paradies.“
Ich war im Paradise. Warte, wo war das Paradies?! Und was war es?
„Früher lebten die Engel auf der Erde, doch als die Menschen von unserer Existenz erfahren hatten, machten sie jagt auf uns, denn sie erhofften sich von uns das ewige Leben zu errangen. Bevor alle Engel gefangen werden konnten, hat Metatron eine Dimension erschaffen, die er Paradise genannt hat. Es war ein Zufluchtsort für die Engel und sie konnten dort normal weiterleben. Nach Jahrhunderten vergaßen die Menschen, das es uns gibt und einige von uns trauten sich wieder dort hin, aber die meisten leben noch hier, da sie befürchten, das so etwas wieder passieren könnte.“, erklärte sie mir, als könnte sie meine Gedanken lesen.


Damon

„Hast du die Pfähle in die Essenz von Damascena-Rosen getunkt?“, fragte ich Lestat und packte die Pfähle in die schwarze Tasche.
„Ja, aber zur Not habe ich noch kleine Fläschchen mit der Essenz.“
„Gut. Jetzt können wir gehen“, meinte ich und öffnete die Haustür.
„Hey und was ist mit mir?!“, rief Scarlett Lestat und mir hinterher, doch wir schenkten ihr keine Beachtung.
„Hast du die Autoschlüssel?“
„Autoschlüssel? Ups.“ Verlegen lächelte ich ihn an und lief schnell wieder ins Haus. Im nächsten Moment stand ich wieder, mit dem Autoschlüssel in der Hand, vor Lestat und schloss den Lamborghini auf.
„Wir haben alles, also können wir uns jetzt auf den Weg machen“, sagte Lestat und stieg ein. Ich stieg ebenfalls ein und warf ihm den Rucksack entgegen.
Grinsend trat ich aufs Gas und der Lamborghini nahm an Geschwindigkeit zu.
„Damon! Die Ampel ist rot!“, teilte mir mein Beifahrer mit und ich beschleunigte nochmal.
„Ey, wenn wir gleich angehalten werden, schwöre ich dir, bring ich dich um!“, maulte er grimmig.
„Wir werden schon nicht angehalten und nur weil ich so schnell wie möglich bei Bastien sein will, um herauszufinden, wo Rosalie ist, riskiere ich von der Polizei angehalten zu werden, was mir eigentlich scheiß egal ist, denn du kannst eh deren Gedanken löschen.“
Danach hielt Lestat seinen Mund und wir blieben vor einem riesen Gebäude zum stehen.
„Siehst du, wir sind schon da.“
Augen verdrehend nahm er den Rucksack und stieg aus. Ich tat es ihm gleich und ging zur Tür. Mit einem „sanften“ Tritt öffnete ich die massive Holztür und trat ein.
„Vater! Ich bin wieder da!“, rief ich.
Stutzig suchte ich die Villa ab, als ich keine Reaktion auf mein Rufen bekam. Nirgends war Bastien zu finden.
„Kann es sein, das er gar nicht da ist?“
„Er wusste das wir ihn hier suchen kommen!“, knirschte ich mit den Zähnen und zerschlug eine Glastür, die in meiner Reichweite war.
„Wo könnte er denn sein?“ Auf Lestats glatter Stirn legten sich Denkfalten.
Ich dachte nach.
„Vielleicht bei Caleb, oder er ist in einer seiner anderen Villen“, spekulierte ich und verließ die Villa.
„Wo sollen wir als erstes nachsehen?“, wollte er wissen und gesellte sich auf den Beifahrersitz.
„Wir fahren erst mal zu Caleb.“ Ich startete den Motor und fuhr los.


Rosalie

Langsam wurde es echt langweilig. Dina war zwar erst seit zwei Minuten weg, aber es kam mir schon wie eine Ewigkeit vor. Sie hatte gesagt, sie musste nur ganz kurz weg, denn irgendetwas war passiert und sie musste sich darum kümmern. Ich hoffte es dauerte nicht so lange, denn ansonsten lief ich hier Amok.
„Langeweile?“, erklang plötzlich eine Stimme und ich zuckte zusammen, als ich die große Gestalt von Metatron entdeckte.
„Kann sein“, meinte ich monoton.
„Interessiert es dich eigentlich nicht, warum du hier bist?“ Er lehnte sich gegen die Wand und verschränkte seine Arme vor der Brust.
„Eigentlich schon, aber ich will es lieber von Dina erfahren“, zuckte ich mit den Schultern.
„Wieso das?“, wollte er wissen und zog eine Braue in die Höhe.
Sollte ich ihm sagen, dass ich ihn nicht mochte, aber dafür Dina? Naja, er konnte mir ja nichts antun, denn er hatte mich ja entführt und das hieße ja, er verlangte etwas und das bekam er nur, wenn ich am Leben war, oder vielleicht doch nicht?
„Weil Dina nett ist und nicht so eiskalt auf andere wirkt, wie du“, antwortete ich und biss mir auf die Unterlippe, denn ich hatte irgendwie das Gefühl, das er jeden Moment an die Decke gehen würde.
„Eiskalt“, wiederholte er und eine Augenbraue eilte in die Höhe.
„Ja…?“ Ich kniff meine Augen zusammen und drehte meinen Kopf in die andere Richtung.
Gleich bin ich dran! Gleich bin ich dran! Warum hab ich es auch nur gesagt?! Innerlich bereitete ich mich schon auf das Schlimmste vor, doch nichts geschah.
Zögerlich öffnete ich ein Auge und entdeckte, das Dina wieder da war und Metatron böse anstarrte.
„Du wolltest sie doch nicht gerade ernsthaft schlagen?! Man Metatron, wie oft habe ich dir gesagt, du sollst nicht gleich einen Schlagen nur weil er gesagt hat, das du nicht gerade freundlich auf andere wirkst?!“, raunte sie und er zeigte Reue.
Oh mein Gott! Er konnte auch etwas anderes zeigen, als Kälte.
„Tut mir leid, kommt nie wieder vor. Kannst du mir verzeihen?“, nuschelte er, wie ein kleiner Junge und sah zu Boden.
„Ja, kann ich, aber ich hoffe für dich, das so etwas nie wieder passiert.“
Er hob wieder seinen Blick und lächelte sie an.
Ich glaubte mich trat ein Pferd! Der konnte auch lächeln!!
Zärtlich küsste er sie und besiegelten ihre Versöhnung damit.
„Das ist schon viel besser“, lächelte sie und er strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht, bevor er ihr noch einen kurzen Kuss gab. Ganz verliebt sahen, eher gesagt starrten sie sich an und ich kam mir irgendwie überflüssig vor.
„Ich bin auch noch da“, räusperte ich und kassierte einen bösen Blick von Metatron.
„Metatron“, sagte Dina in einen Mahnton.
„‘schuldigung.“, murmelte er.
„Ok, um auf Metatron’s Frage zurück zukommen. Wieso bin ich hier?“
Sie sah mich fragend an und wandte dann ihren Blick auf Metatron.
„Wie meint sie das genau?“, wollte sie wissen und sah ihren Mann fragend an.
„Ich hab sie gefragt, ob sie wissen will, warum sie hier ist“, antwortete er ihr und schloss sie in seine Arme.
„Hast du es ihr gesagt?“
„Sie wollte es von dir erfahren.“
„Von mir? Warum das?“ Verwundert sah sie mich an.
„Weil sie dich netter findet.“
„Aber ich kann es nicht so gut erklären. Das weißt du auch.“
„Du kannst es aber versuchen“, mischte ich mich in ihr Gespräch ein.
„Ja, aber ich kann das nicht. Metatron kann das viel besser.“
„Ich will es aber von dir erfahren.“
Ihr Gesichtsausdruck wurde traurig und ihr Blick wanderte immer mehr in Richtung Boden.
Ok, wenn sie schon so reagierte, hieß es nichts Gutes…
Ungeduldig wartete ich darauf, dass sie es mir sagte, doch sie starrte mich nur hilflos an.
„Ist es so schlimm?!“, fragte ich und ich wurde langsam unruhig. Soweit es mir erlaubt war, rutschte ich auf den Stuhl hin und her.
„Du bist nicht hier, um irgendjemanden zu erpressen, sondern du bist hier, weil du das bist, was du bist und das können die Ältesten nicht dulden“, erzählte sie mir schweren Herzes.
Verwirrt sah ich sie an. Weil ich das war, was ich war? Was meinte sie damit? Ich war doch ein Men- Engel. Wieso konnten die Ältesten keine Engel dulden, obwohl sie zugelassen hatten, dass Metatron die Engel rettete?
Moment musste es nicht heißen, das Metatron selber einer war? Oder? Aber wenn er selber einer war, warum lebte er dann noch, wenn Engel nicht geduldet werden?
„Die wollen mich umbringen, weil ich ein Engel bin?“, fragte ich und man konnte mir deutlich ansehen, dass ich verwirrt war.
Sie schienen ebenfalls verwirrt über meine Aussage zu sein.
„Kann es sein, das du nur die Hälfte weißt?“, fragte mich Metatron und auf meine Stirn legten sich Denkfalten.
Was meinte er damit, dass ich nur die Hälfte wusste? Ich war doch ein Engel, mehr nicht.
„So wie es aussieht, weißt du wirklich nur die Hälfte. Wenn du nur ein Engel wärst, würde es die Ältesten nicht stören, doch da du nicht nur ein Engel bist, sondern eine Kreuzung beider Spezies, können es die Ältesten nicht dulden, dich am Leben zu lassen“, erzählte er mir und ich sah ihn immer noch irritiert an.
War ich halb Engel, halb Mensch? War ich ein… Mist, wie wurden diese Mischwesen bei „Gefallene Engel“ genannt? Nephilim? Ja, ich glaubte die hießen so. Ok, in diesem Film wurden sie auch gejagt, aber ich glaubte Gott hat im echten Leben nichts gegen die. Oder? Und außerdem, was konnte ich dafür, dass ich das war, was ich eben war?!
„Was kann ich dafür, dass ich ein Nephilim bin? Ich bin noch nicht mal achtzehn, also kann ich euch nichts antun, geschweige den Ältesten, oder irgendjemand anderem.“
Beide sahen erst mich an und dann sich gegenseitig.
„Selbst wenn du ein Nephilim wärst, wärst du kein Dorn im Auge von den Ältesten, doch woher weißt du von der Existenz von den Nephilims?“, interessierte es Dina.
„Habt ihr den Film „Gefallene Engel“ gesehen?“ Sie sahen mich wie Autos an. „Das heißt wohl nein. Naja. Da handelt es von einem Nephilim, der gefallene Engel ihre Sünden vergeben kann, damit sie wieder in den Himmel aufsteigen können und so.“
„Ah ok, aber du bist kein Nephilim. Deine Mutter war ein Engel und dein Vater war ein Vampir, also bist du ein halber Vampir und ein halber Engel.“
„Ich bin ein Empir?!“
„Was ist ein Empir?“, wollten beide wissen.
„Wie Metatron es gesagt hat, zur Hälfte Vampir, zur Hälfte Engel, eben ein Empir.“, erläuterte ich und verdrehte die Augen.
Beide nickten nur.
„MOMENT! Heißt das, die wollen mich killen, nur weil meine Eltern zu dumm waren, um zu verhüten?!“
„Das ist nicht so einfach wie du denkst. Normalerweise können sich beide Spezies nicht kreuzen, außer wenn beide die direkten Nachfahren von dem ersten Engel und von dem ersten Vampir sind und das war bei deinen Eltern eben der Fall.“, erklärte Dina mir.
„Ah, ok und wer ist der erste Engel und wer der erste Vampir?“
„Genau gesagt sind es eigentlich Pärchen. Jeweils ein Mann und eine Frau. Von den Vampiren ist es Luzifer und Faith und bei den Engeln ist es Metatron und ich.“
Ach du heilige Scheiße! Ich wurde von den ersten beiden Engeln entführt! Die sahen ja noch nicht mal alt aus!
Warte, wenn die die ersten Engel sind und ich nur entstehen konnte, weil meine Mutter ein direkter Nachfahre von den ersten Engel war, hieße das doch, ich war mit den verwandt. Oder?
Das müsste ich doch sein. Mannomann, das verwirrte mich irgendwie.
„Ich bin mit euch verwandt“, sagte ich, was sich eher wie eine Frage anhörte.
„Deine Mutter war unsere Tochter.“
„Meine Mutter war… eure… Tochter“, wiederholte ich und ließ es mir noch ein paar Mal durch den Kopf gehen.
Es herrschte Stille.
In mir legte sich ein Schalter um und mir wurde gerade klar, dass die beiden Personen vor mir meine Großeltern waren. Sofort schossen mir Gedanken in den Kopf, die ich eigentlich verdrängt hatte.
„Warum habt ihr nie meine Mutter und mich besucht? Nur weil eure Tochter etwas mit einen Vampir hatte und ich dadurch entstanden bin? Wisst ihr, immer als ich Geburtstag hatte, hab ich mich immer gefragt, wo meine Großeltern sind, meine Mutter hat da immer nur drauf geantwortet, dass ihr sehr weit weg wohnt und keine Zeit habt. Ich dachte immer das ich nicht artig genug war und ihr deswegen uns nie besuchen habt und dass das alles nur eine Ausrede war, damit ich nicht enttäuscht wurde, aber ihr hättet uns auch besuchen kommen können wegen meiner Mutter, denn sie hat nichts unrechtes getan. Sie hat nur auf ihr Herz gehört und ich finde, deswegen sollte man niemanden bestraften. Aber jetzt ist alles zu spät. Jetzt könnt ihr nichts mehr gut machen, denn jetzt weilt eure Tochter nicht mehr unter uns.“
Tränen rannen meinen Gesicht runter und ich fing an zu Schluchzen.
Es zerriss mir mein Herz zu wissen, dass ich meine Mutter nie wieder sehen werde. Nie wieder den klang ihrer Stimme zu hören. Nie wieder ihre Nähe spüren zu können. Nie wieder ihr Gesicht zu sehen. Nie wieder mit ihr zu streiten wegen Kleinigkeiten und uns danach wieder zu versöhnen. Nie wieder hören, wie sie mich zum Essen ruft. Nie wieder von ihr in den Arm genommen und getröstet zu werden, wenn irgendeiner in der Schule mich mal geärgert hat. Diese Diskussionen, dass ich spätestens um acht wieder Zuhause sein soll. All das wird nie wieder passieren und mit dieser Gewissheit zu Leben tut so unfassbar weh.
Geschockt sahen sie mich an.
„Wisst ihr eigentlich das ihr richtig mies seit?! Meine Mutter hat euch nie etwas getan und dann bestraft ihr sie so damit, dass ihr den Kontakt zu ihr abbricht, nur wegen mir und sie hat euch immer in Schutz genommen, dabei verstehe ich noch nicht mal wieso.“


Damon

„Wo. Ist. Rosalie?!“, knurrte ich und drückte Bastien fester an die Wand.
Wir hatten ihn in seiner Villa Tijuana gefunden und stellten ihn jetzt zur Rede.
Eher gesagt ich. Lestat stand einfach nur daneben und sah mir zu, wie ich meinen eigenen Vater schlug.
„Wie gesagt, ich weiß nicht wer diese Rosalie ist und wieso sollte ich eine Person verschleppen, die ich nicht kenne?“
„Du kennst sie! Sie war die Verlobte von Caleb. Also raus mit der Sprache. Wo. Ist. Sie!?“
„Ach die Tochter von Aurora und Lestat. Naja, wo sie jetzt ist, werdet ihr sie nie finden, egal wie lange ihr suchen werdet“, grinste er und kassierte dafür einen Pfahl in den Bauch.
Schmerzhaft krümmte er sich und ich zog den Pfahl wieder raus.
„Ich wiederhole mich nur ungern. WO. IST. ROSALIE?!“, fragte ich noch ein letztes Mal und mir ging es langsam auf die Nerven. Wieso sagte er es nicht direkt, dann wäre alles viel einfacher und keiner würde verletzt werden.
„Das wirst du nie herausfinden.“
Wieder rammte ich ihm den Pfahl in den Bauch, der in der Zwischenzeit wieder verheilt war.
„Und wie ist es mit jetzt?!“
„Nein.“
„Ok, du lässt mir keine andere Wahl.“ Ein verschmitztes Lächeln bildete sich auf meine Lippen und ich rammte ihm den Pfahl kurz vor sein Herz, in den Brustkorb.
„Ok, ok, ich sag es dir ja schon“, flüsterte er und riss seine Augen vor Schmerz weit auf.
Eine Weile verging, doch nichts geschah.
„Sie- sie ist im Paradies“, sagte er dann, als ihm klar wurde, das ich das spitze Holzstück so lange in seiner Brust stecken ließ, bis er es mir sagten würde.
Kurzer Hand zog ich den Pfahl wieder raus und er sackte in sich zusammen.
„Paradies….“, wiederholte ich und zog nachdenkliche eine Augenbraue hoch.
Paradies.. Paradies… Davon hatte ich schon mal irgendetwas gehört, aber nur woher?
„Wie ist sie ins Paradies gekommen? Du bist doch ein Vampir“, sagte nun Lestat und verschränkte seine Arme vor der Brust.
„Wer sagt, dass ich sie ins Paradies verschleppt hab? Wer sagt nicht, dass ich vielleicht nur der Mittelsmann bin und nicht der Hauptmann?“
„Du und irgendein anderer unter einer Decke? Das ich nicht lache, als wenn du dich mit jemanden zusammenschließen könntest.“
Er sah mich an. „In den Jahrhunderten hab ich mich geändert.“
Ich trat ihm gegen den Brustkorb und er stöhnte schmerzlich auf.
„Wie heißt er?“, wollte ich wissen.
„Wer sagt das es nur einer ist?“
„Wie viele sind es?“
„Sag ich euch doch nicht.“ Mein Vater rappelte sich langsam auf und grinste uns hämisch an.
„Willst du wieder Bekanntschaft mit dem Holzpflock machen?“ Ich deutete auf den Holzpflock in meiner Hand und trat einen Schritt auf ihn zu.
„Was bekomme ich dafür, wenn ich euch es verrate?“
Er hatte doch noch die Frechheit zu verhandeln! Von wegen er hat sich „verändert“.
„Du bleibst am Leben“, meinte Lestat und zeigte keinerlei Emotion im Gesicht.
„Mhm…“ Kurz zuckte Bastien mit den Schultern, „es sind Metatron und Dina.“
Metatron und Dina? Die ersten Engel die es gab oder eher gesagt gibt? Bisher dachte ich immer die beiden seien eine Legende, ein Mythos, doch so wie es aussah waren beide real.
„Du verarscht uns, hab ich Recht?“ Lestat ging auf ihn zu und packte ihm an den Kragen.
„Das ist ein schlechter Witz! Sie würden niemals ihre eigene Enkelin entführen wollen!“, schrie er und hob Bastien hoch.
Enkelin? Rosalie sollte die Enkelin von den ersten Engel sein?
„Wieso sollte ich Lügen?“ Lestat suchte irgendein Zeichen in Bastiens Gesicht ob er log, doch er fand keins.
„Das kann nicht sein. Sie würden doch nie so etwas machen.“
Erschüttert ließ er Bastien wieder zu Boden und schüttelte nur seinen Kopf.
„Naja, ich hab euch jetzt alles verraten, also kann ich ja jetzt gehen.“ Ehe ich mich versah, war mein Vater verschwunden und ich stand einfach nur regungslos da.
Meine Rosalie entführt von meinen Vater und ihren Großeltern. Es kam mir so vor, als wenn ich in einer falschen Welt wäre.
„Wir müssen zu Michael“, sagte Lestat auf einmal und zog mich mit ihm aus dieser Villa.
„Und was wollen wir bei Michael?“, interessierte es mich und gesellte sich in meinen Wagen.
„Er wird uns helfen ins Paradies zu gelangen“, meinte er nur und sah aus dem Fenster.
Etwas verwirrt sah ich ihn an. „Wie meinst du das genau?“
„Man braucht einen Engel, der das Portal zu dem Paradies zu öffnen und dadurch das Michael ein guter Freund von mir ist, wird er uns hoffentlich helfen“, erklärter er mir knapp und beobachtete dabei die vorbei rauschende Landschaft.
Ich wandte wieder meine ganze Aufmerksamkeit der Straße und mir wurde ein bisschen mulmig.
Was war wenn Michael uns nicht half? Wie kamen wir dann ins Paradies? Wie sollten wir dann Rosalie retten? Und was war, wenn wir so weit gekommen waren und wir dann im Paradies waren, aber Rosalie nicht finden können? Aber falls sie wirklich von Metatron und Dina dort festgehalten wurde, wie konnten wir sie befreien? Ich meinte, Lestat und ich müssten gegen Urengel kämpfen, da standen doch die Chancen gleich Null, Rosalie zu befreien.


Rosalie

Dina starrte mich immer noch mit einer Mischung Erschütterung, Entsetzten, Traurigkeit und Schuldgefühlen an. Metatron hatte schon vor einer Weile das Zimmer verlassen und ich beruhigte mich langsam wieder.
„Es tut mir so Leid. Hätte ich es gewusst, dann-“, sie brach den Satz ab und verschwand aus dem Zimmer.
Nun war ich alleine. Es war mir auch irgendwie recht, denn ich wollte die Gesichter von den beiden nicht mehr sehen. Sie haben einfach zu viel in der Vergangenheit falsch gemacht.
Wie können sie so etwas ihrer eigenen Tochter antun?! Ich meine, sie sind zwar keine Menschen, aber ich bin mir sicher, das selbst Engel Gefühle haben.
„Sie haben angebissen“, nahm ich plötzlich eine Stimme wahr.
„Gut, die können jetzt ruhig kommen, wir sind vorbereitet“, hörte ich nun Metatron‘s Stimme.
„Wie wollt ihr sie bekämpfen?“ Diese Stimme kam mir bekannt vor, doch es ist schon zu lange her, dass ich sie gehört hatte, dass ich mich an sie erinnern könnte.
„Das wirst du schon bald sehen.“
„Was willst du mit der Kleinen jetzt machen?“
Man! Woher kannte ich nur diese Stimme?! Wieso wollte es mir nicht einfallen?!
„Wir überlassen sie sich selbst, denn sobald sie achtzehn wird, wird sie sterben, so müssen wir auch nicht unsere Hände dreckig machen.“
„Und was ist, wenn Damon und Lestat es irgendwie schaffen sie zu retten?“
„Das ist egal, sie wird so oder so sterben und dagegen kann keiner etwas machen.“
Vor Entsetzen weiteten sich meine Augen.
Ich werde sterben… und das schon bald… und dagegen konnte keiner etwas unternehmen.
Das konnte nicht wahr sein! Ich meinte, wenn das wirklich stimmen sollte, warum lebte ich jetzt?
„Wie meinst du das?“, wollte die bekannte Stimme wissen.
„Sobald der Engel in ihr erwacht wird sie sich selbst umbringen.“
Sobald der Engel in mir erwachte…
Man, das wurde mir jetzt zu viel! Damon, wo warst du….


Damon

„Du musst jetzt links abbiegen und dann gleich rechts“, herrschte mich Lestat an und ich bog links ab und dann direkt rechts.
Vor uns erstreckte sich eine nicht gerade kleine Villa mit einen riesen Einfahrt.
„Und hier lebt Michael?“
„Jap.“
Der Wagen blieb vor der Villa stehen und wir beide stiegen aus.
Lestat ging vor und klingelte an der Tür. Nach kurzer Zeit wurde die Tür geöffnet und wir erblickten eine überraschte Scarlett.
„Scarlett?“, fragte ich verblüfft.
„Was macht ihr denn hier?“
„Können wir zu Michael?“
Sie nickte kurz und ging einen Schritt zur Seite, damit wir eintreten konnten.
„Was machst du denn in der Villa von Michael?“, interessierte es mich brennend.
„Michael ist mein Vater und ich trainiere gerade“, antwortete sie mir und führte uns zu einem großen Raum, wo die Wände mit Regalen, wo Bücher drin standen, verdeckt wurden. Es war wie eine Bibliothek. Mitten im Raum war ein Schreibtisch mit einem Drehsessel, wessen Hinterseite wir nur sahen.
„Dad, Lestat und Damon sind da.“
Der Sessel drehte sich um und ich erblickte einen jungen Mann, der nicht älter als zweiundzwanzig aussah.
„Lestat lange nicht mehr gesehen. Wie geht es dir?“ Er stand vom Stuhl auf und ging auf Lestat zu.
„Den Umständen entsprechen gut.“
„Wieso das?“ Michael sah ihn fragend an.
„Rosalie wurde entführt und ich brauche deine Hilfe.“
Einen Moment sah Michael Lestat an und blickte dann zu Boden.
„Ich weiß.“
„Wie du weißt?“ Etwas verwirrt sah Lestat ihn an.
„Scarlett hat es mir erzählt.“
Nun sahen alle –bis auf Michael, der sah immer noch auf den Boden- zu Scarlett, die unschuldig pfiff.
„Hilfst du uns?“
„Nein.“
Entsetzt und überrascht über seine Antwort, aber vor allem, in was er für einen Ton es gesagt hatte, starrten wir ihn fassungslos an und ich konnte kaum meinen Ohren glauben.
Er hatte tatsächlich „Nein“ gesagt. Wie konnte er nur „Nein“ sagen!?
„Papa, warum sagst du nein?! Sie ist deine Nichte! Wie kannst du ihr nicht helfen wollen?!“, mischte sich Scarlett ein und funkelte ihren Vater böse an.
„Du verstehst das nicht! Mir sind die Hände gebunden! Ich kann rein gar nichts für Rosalie tun!“, schrie er sie wütend an.
Sie zuckte erschrocken zusammen.
„Wieso sind dir deine Hände gebunden?“, fragte Lestat und verschränkte seine Arme.
„Du weißt ganz genau, dass ich im Rat bin und ich muss Metatron gehorchen, egal was er von uns verlangt. Es tut mir wirklich zu tiefst Leid, aber ich muss gehorchen.“
Scarlett sah ihren Vater erschüttert an.
„Heißt das, wir lassen Rosalie im Stich?“
Er nickte nur und ich ballte meine Hände zu Fäuste.
„Papa! Du bist voll mies! Scheiß mal auf Metatron! Immer höre ich nur aus deinen Mund, das du Sachen nicht machen kannst, wegen Metatron, aber jetzt geht es hier um Rosalie! UM ROSALIE! Wenn du ihr nicht helfen willst, dann werde ich es machen!“, brüllte sie wutentbrannt und boxte ihm gegen die Brust.
„Das wirst du nicht! Du hast noch nicht deine Kräfte unter Kontrolle und es ist zu gefährlich für dich!“
„Du hast mir rein gar nichts zu sagen! Jahrelang hab ich gewartet, das du dich mal bei mir meldest, doch ich wurde jeden Tag aufs Neue enttäuscht! Ich hab keine Lust mehr auf dich zu hören! Ich werde Damon und Lestat ins Paradies bringen, egal was du sagst!“
Wow, so etwas hätte ich nie von ihr gedacht.
Michael starrte sie nur an und wusste nicht was er sagen sollte.
„Weißt du wie wir dort hinkommen?“, fragte Lestat sie und sie nickte.
„Ich hab es mal in einem Buch gelesen.“
„Du wirst es nicht machen!“, brummte ihr Vater und packte sie am Oberarm, als wir gehen wollten.
„Papa, ich schaffe das schon. Immerhin bist du Michael, direkter Nachfahre von den ersten Engeln Metatron und Dina mein Vater, das heißt ich werde es schon packen, auch wenn ich meine Kräfte noch nicht so unter Kontrolle habe.“
Etwas überrascht ließ er ihren Arm los und ging zu einem Bücherregal.
„Wenn du mir schon nicht gehorchen willst, dann nimm wenigstens dieses Buch mit.“ Er drückte ihr ein kleines, gebundenes Buch in die Hand, was sehr alt aussah und umarmte sie kurz noch. „Es wird dir helfen wenn du dort bist.“
„Danke Papa“, lächelte sie und kam auf uns zu. „Wir sehen uns bald wieder.“
„Pass gut auf dich auf“, sagte er noch, ehe wir sein Haus verließen.

„Hast du alles bekommen?“, fragte mich Scarlett und ich nickte als Antwort.
„Kerzen, Kreide, Feuerzeug, Weihrauch, aber ich weiß nicht wozu ich dieses Sandwich auch kaufen sollte.“
Sie stampfte auf mich zu und entriss mir das Sandwich, was ich noch vor einem kurzen Augenblick noch in der Hand hielt.
„Vielleicht habe ich Hunger bekommen, du Idiot“, maulte sie und kramte das belegte Brot aus der Tüte.
„Stell die Kerzen in einen Kreis und zündet sie an“, befahl sie mir, was ich auch direkt tat.
„Gut, jetzt stell den Ständer mit dem Buch in den Kreis und zünde den Weihrauch so an, dass er nur glüht“, sagte sie und biss vom Sandwich an.
Als sie fertig war, ging sie zum Buch und schloss ihre Augen. Danach sagte sie irgendetwas auf eine Sprache, die ich nicht verstand, was sich nach Latein anhörte und pendelte den Weihrauch hin und her. Sie stellte den Weihrauch wieder ab und nahm die Kreide.
Eine leichte Brise wehte, obwohl alle Fenster geschlossen waren.
„Gleich ist es so weit“, flüsterte Lestat mir zu und ich verfolgte weiterhin das vor mir geschehende.
Scarlett ging in die Hocke und zeichnete eigenartige Symbole auf den Boden und richtete sich wieder auf. Dann sprach sie ganz laut: „Aperire te ad me et me transire via!“
Flügel schossen aus ihrem Rücken hervor und sie hielte ihre Hand ausgestreckt, als wenn sie nach etwas greifen wollte.
hielt mir schützend die Hände vors Gesicht. Zum Glück gewöhnten sich meine Augen schnell an diese Helligkeit und ich konnte schnell wieder perfekt sehen. Vor Scarlett hatte sich ein Riss gebildet, der wahrscheinlich das Portal war.
Ich hatte mir das Portal irgendwie anders vorgestellt. Eher so eine Art Tür, oder so.
„Fertig“, grinste sie und ich erkannte, dass ihre schokobraunen Augen nicht mehr schokobraun waren, sondern glühend blau.
Ihr Lächeln verschwand auf einmal und sie sackte leblos zusammen.
Was ging denn hier ab?! Vor einem Moment schien es ihr noch blendend zu gehen und jetzt liegt sie regungslos auf dem Boden.
Ich lief irritiert und besorgt zu ihr und ging in die Knie.
„Scarlett! Hallo Scarlett!“
Sie reagierte nicht und ich schlug leicht gegen ihre Wange. Sie reagierte immer noch nicht.
„Lestat, was ist mit ihr los?!“
„Sie hat zu viel Kraft verbraucht“, antwortete er mir und beobachtete sie, ohne eine Regung in seinem Gesicht zu zeigen.
„Was soll das heißen?!“
„Ihre Kräfte sind erst vor kurzem erwacht und sind noch nicht so stark und um das Portal zu öffnen braucht man sehr viel Kraft, die sie noch nicht besitzt.“
„Moment! Heißt das sie wusste es, aber hat sie hat es trotzdem gemacht?“ Er nickte.
„Wieso hast du sie nicht dran gehindert?!“
Lestat zuckte nur mit den Schultern. „Sie wusste dass so etwas mit ihr passieren wird, aber sie hat sich trotzdem dafür entschieden, also mach mir keine Vorwürfe, dass ich sie nicht daran gehindert hab, denn es ist ganz allein ihre Entscheidung, ob sie es macht oder nicht.“
Warte, wenn sie leichte Schläge nicht wach machen, dann vielleicht eiskaltes Wasser.
In Vampirgeschwindigkeit lief ich und holte einen Eimer mit eiskaltem Wasser.
Das wird sie sicher wach machen, dachte ich und goss den ganzen Behälter über ihren Oberkörper, doch sie zeigte keine Regung.
Scheiße! Warum wurde sie nicht wach?! Rosalie würde es mir nie verzeihen, wenn ich Scarlett sterben ließ und ich musste zugeben, dass ich Scarlett auf irgendeine Art schon mochte.
„Wir müssen jetzt los, sonst schließt sich das Portal wieder und alles war um sonst“, sagte Lestat und ich wurde langsam panisch.
Plötzlich hatte ich einen Gedankenblitz.
Ich stand auf und ging auf das grelle Portal zum Paradies zu.
Scarlett ist mal aufgewacht, obwohl sie tief und fest am Schlafen war als ich zu Rosalie gesagt hatte, dass Scarletts Hintern ein klein wenig fett war und sie hatte mir dann die Hölle heiß gemacht.
„Ok, dann gehen wir eben ohne Scarlett. Wir hätten sie so oder so nicht dort gebrauchen können, denn mit ihren FETTEM Hintern hätte sie uns eh nur gestört.“
Kurz drehte ich mich noch mal um, aber sie regte sich immer noch nicht. Seufzend wandte ich mich wieder dem Portal zu und nuschelte „Es war wenigstens einen Versuch wert.“
Plötzlich sprang mir irgendjemand auf den Rücken und hämmerte mir auf die Schultern
„HAST. DU. GERADE. MEINEN. HINDERN. ALS. FETT. BEZEICHNET?!“, knurrte Scarlett ganz als wäre nichts gewesen und ein Grinsen breitete sich in meinem Gesicht aus.
Irgendwie wusste ich, dass es klappen würde.
„Sonst würdest du ja nie wach werden.“
„Deswegen musst du aber NICHT meinen Hindern als FETT bezeichnen!“, schnauzte sie mich an und ich musste lachen.
„Doch und jetzt gehen wir lieber, bevor sich das Portal schließt“, meinte ich zu ihr und sie schnaubte kurz, bevor sie von meinen Rücken ging.
Wir gingen auf den leuchtenden Riss zu und blieben kurz davor stehen.
„Ey, warum ist mein ganzer Oberkörper eigentlich nass?“, fragte sie etwas verwundert.
„Damon hat einen Eimer Eiswasser auf dich gekippt, aber du bist dadurch nicht wach geworden, was mich wundert“, erzählte Lestat ihr und sie warf mir einen bösen Blick zu.
„Das wirst du mir noch büßen!“, knurrte sie.
Als erstes ging Lestat durch den Riss und danach ich.
Ich hoffe wir kamen noch rechtzeitig um Rosalie zu retten.
Das grelle Licht umhüllte meinen Körper und zog mich in sich auf. Es sah und fühlte sich so an, als wenn ich schweben würde.
Wie aus dem Nichts wurde alles um mich herum pechschwarz und ich prallte plötzlich gegen irgendetwas Hartes.
Wo gegen war ich denn gelaufen, oder eher gesagte geflogen, fragte ich mich und rieb mir meine Nase.
Ok, wo war ich hier denn gelandet?
„Lestat?“, rief ich und drehte mich einmal im Kreis.
„Ja?“ Eine Hand legte sich auf meine Schulter und ich wandte mich zu der Person hinter mir.
„Wo sind wir?“, wollte ich wissen und sah mich um.
Selbst für meine sehr guten Vampiraugen war es so dunkel, das ich nur schwache Umrisse erkannte.
„Ich war hier nicht oft, aber ich glaube wir sind hier im… Schloss.“
„Warum kann ich nichts sehen?“, quengelte Scarlett auf einmal und lief direktgegen einen Schrank, zu mindestens glaubte ich es, dass es ein Schrank war. „Aua!“
„Toast kann schimmeln, was kannst du?“, lachte ich.
„Haha, echt witzig, siehst du das ich lache?“
„Tut mir Leid, aber ich kann ja hier nichts sehen.“
Man hörte nur noch ein wütendes Schnauben und dann erneut einen lauten Knall.
Sie war doch tatsächlich nochmal gegen den Schrank gelaufen.
„Macht doch jemand mal das Licht an!“, maulte sie und der Raum erhellte sich schlagartig.
Der plötzliche Wechsel von Dunkel zu Hell verursachte einen kurzen Schmerz in meine Augen, weswegen ich sie zusammen kniff. Nach und nach gewöhnten sich meine Augen an die Helligkeit und ich sah mich um.
Der Raum war groß und ziemlich zugestellt. Überall bedeckten Planen die Möbel, die hier rumstanden und es roch staubig. Es sah verdächtig nach einen Abstellraum für alte Möbel aus und in diesen Raum war schon lange keiner mehr, denn es lag eine dicke Staubschicht auf den Planen.
„Geht doch“, meinte sie und schaute zu mir und Lestat.
„Wo müssen wir jetzt hin?“, fragte mein Boss und Scarlett sah ihn etwas überrascht an.
„Ähm... ähm… wo sind wir denn?“
„Echt. Toast kann schimmeln, was kannst du?“ Okay, sie schein nun auch noch taub zu sein.
„Was hab ich jetzt schon wieder gemacht?!“, tobte sie und stampfte auf uns zu.
„Nicht zugehört. Lestat hat eben gesagt, das wir im Schloss sind“, erklärte ich ihr und rollte mit den Augen.
„Tut mir leid, aber ich war mit etwas anderem beschäftigt!“, knurrte sie.
Die Erinnerung, dass sie gegen einen Schrank gelaufen war, brachte mich zum Lachen und ich kassierte einen tödlichen Blick von Scarlett.
„So wie es hier aussieht würde ich sagen, dass wir hier im Keller sind“, lenkte Lestat vom Thema ab.
„Ok, wo würdest du jemanden festhalten, wenn man ihn nicht so leicht finden soll…?“, dachte Braunschopf laut nach.
Es herrschte Stille.
Wo würde ich jemanden festhalten, wenn man ihn nicht so leicht finden soll?
Natürlich dort, wo man es nie vermuten wird. Da wo man sie sah, aber man es nicht registrierte. Da wo man- Schlafzimmer. Ne Schlafzimmer war zu Klischeehaft. Wo konnte man sonst, jemanden verstecken? Es konnte auch im Keller irgendein Zimmer sein, aber da würde jeder drauf kommen. Ich hatte es.
„Ich weiß wo sie ist.“
Die beiden sahen mich an und warteten darauf, dass ich ihnen es verriet.
„Gibt es hier einen Abteil, der Renoviert wird?“, fragte ich.
„Ja, ich glaube der war im Nordflügel, soweit ich meinen Vater richtig zugehört habe“, antwortete mir Scarlett und betrachtete mich mit einen verpeilten Blick.
„Gut und wo sind wir gerade genau?“
„So wie es hier aussieht“, Scarlett drehte sich einmal im Kreis und deutete um sich herum, „sind wir hier im Keller und der Keller ist im Südflügel.“
Woher wusste sie das alles?
„Ok, am besten ist es, wenn wir erst Mal diesen Raum verlassen und dann mal nachsehen, wo in welchen Teil des Kellers wir sind“, grinste sie und tapste zur Tür, die links von mir war.
Scarlett ging voraus und Lestat und ich folgten ihr, wie kleine Schoßhündchen.
Schoßhündchen. Bei diesen Gedanken musste ich irgendwie grinsen.
„Also, wir sind hier im ältesten Teil des Schlosses, das heißt wir müssten die Treppe finden und dann einmal quer durch das Schloss“, meinte sie und sah sich suchend um.
Eine Weile irrten wir die verzweigten Gänge entlang und ich dachte wir hätten uns schon in diesen Labyrinth aus Gängen verlaufen , bis wir dann endlich diese Treppe gefunden hatten.
Mit einen mulmigen Gefühl in der Magengegend ging ich mit den beiden die Treppe hoch und trat in einen großen sonnendurchfluteten Raum.
„Wisst ihr was ich komisch finde?“, meinte Lestat und blieb stehen.
Braunschopf und ich drehten uns um und betrachteten ihn fragend.
„Warum sind hier keine Wachen? Früher wimmelte es überall nur von Wachen, doch warum jetzt nicht? Außer…“ Er ließ den Satz offen.
„Außer sie wissen es“, vollendete sie den Satz für ihn und mich entrüstet an.
„Das heißt den Überraschungsmoment haben wir nicht auf unserer Seite“, spekulierte ich und seufzte betroffen.
Wenn sie wussten das wir kamen, hatten sie sich bestimmt darauf vorbereitet und das bedeutete tausende von Wachen waren dort wo Rosalie war, oder zu mindestens in ihrer Nähe und das würde wiederum bedeuten, dass wir eindeutig in der Unterzahl waren. Unsere Chancen waren gleich null, doch ich wollte nicht aufgeben.
„Das schaffen wir nicht zu dritt.“
„Wir müssen es aber. Hier geht es um Rosalie! Meiner geliebten Rosalie!“, schrie ich fast schon außer mich.
Wir konnte sie nicht hängen lassen! Es war meine Rosalie von der wir hier immerhin redeten! Meine Rosalie, die ich über alles in der Welt liebte. Auch wenn ich mein Leben opfern musste, um sie zu befreien, ich werde es tun.
„Ok, aber es war schon ein bisschen dumm von uns nur zu dritt hier hin zu gehen“, gab Lestat zu und raufte sich durchs Haar.
„Na und? Irgendwie schaffen wir das schon! Und wenn wir dann gegen tausenden Wachen kämpfen müssen, dass schaffen wir schon. Wir müssen nur fest zusammen halten und daran glauben, dass wir es schaffen und sie befreien können“, versuchte ich uns Mut zuzusprechen, oder eher gesagt mir selbst.
„Wie wäre es, wenn wir erst Mal versuchen nicht von den Wachen gefunden zu werden, aber dazu müssen wir jetzt leise sein“, schlug Scarlett vor und schlich leise zu der riesigen Doppeltür.

Impressum

Texte: Alle Rechte von der Handlung dieser Geschichte liegen bei mir.
Bildmaterialien: die Bilder sind nicht von mir, ich habe sie lediglich nur bearbeitet
Tag der Veröffentlichung: 18.01.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch meinen Freunden, die mich dazu inspiriert haben

Nächste Seite
Seite 1 /