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Prolog

Auf jemanden zu treffen, der einem für immer im Gedächtnis bleibt, aber nach kurzer Zeit schon wieder geht, kann hart sein. Ich habe es selbst miterlebt. Es ist ungefähr ein halbes Jahr her, dass er ging. Ja, es geht hier um einen Jungen. Finn-Luca hieß er. Er zog vor zwei Jahren mit seinen Eltern hierher. Wir hatten erst kein Interesse aneinander, doch für Partys waren wir uns gegenseitig gut genug. Oh, ich hab ihn und mich ja noch nicht beschrieben. Also, ich heiße Perrie und bin 18 Jahre alt. Ich habe braune Augen und rot-braune Haare. Grobes beschreiben reicht hoffentlich. Jetzt zu Finn-Luca. Grüne Augen und blondes Haar. Sportlich, ein echter Gentleman, nett, freundlich.. Oh, ich schweife ab. Naja, das hier ist auf jeden Fall die Geschichte, wie wir und kennenlernten und uns für diese kurze Zeit die wir hatten sogar lieben durften. Die ganze Sache ist eigentlich ganz simpel. Wir kamen zusammen, waren dann auch eineinhalb Jahre zusammen und jetzt ist er weg. Es war eine schöne Zeit und jetzt sitze ich zu Hause und kann nicht aufhören an diese wunderbaren eineinhalb Jahre zu denken. Ist das verrückt? Hoffentlich nicht. So, genug des Redens vorweg. Ich werde euch diese Geschichte erzählen. Meine eigene kleine Geschichte…

Die Geschichte

Also, der Anfang ist schnell gemacht. Zur zehnten Klasse zog Finn-Luca mit seinen Eltern hierher. Gleich gegen Ende des ersten Halbjahres kam der erste 18.te Geburtstags von einem unserer Sitzenbleiber. Finn-Luca und ich waren so betrunken, dass wir nicht mehr wussten, was wir taten und einfach rummachten. Tags darauf war alles so, als wäre nichts gewesen. Aber auch irgendwie nicht. Ich meine, ich hatte zwar total den Filmriss und konnte mich an nichts mehr erinnern, aber als ich Finn-Luca dann sah hatte ich ein komisches Gefühl. Bis meine beste Freundin Mona endlich erzählte was passiert war, war ich ein wenig geschockt. Das war das erste Mal, dass Finn-Luca und ich rummachten. Das passierte noch auf drei Geburtstagen mehr und auf dem letzten lag es definitiv nicht am Alkohol. Ich schwöre. An diesem Abend hatte ich extra nichts getrunken. Es war sogar der Geburtstag von Mona. Das war der Abend an dem Finn-Luca und ich zusammenkamen. Er hatte auch nichts getrunken und meinte, dass er mit mir reden müsste. Aus Spaß hatte Mona gemeint, dass wir in ihr Zimmer gehen könnten um dort ungestört zu reden. Ich weiß noch genau, was Finn-Luca damals sagte, als wir alleine im Zimmer meiner besten Freundin waren. ,,Perrie, dieses besoffene rummachen muss sich ändern!‘‘ So ernst, wie er war hatte ich ein wenig Angst. Ich hatte mich gefragt, ob er mich abservieren wollte. Oh Gott, wie weh es tat daran zu denken, weil ich zu dem Zeitpunkt Gefühle für diesen Jungen entwickelt hatte. ,,Und mit ändern meine ich, dass ich dir eigentlich sagen will, dass du mir viel bedeutest und ich mich in dich verliebt habe. Und dieses betrunkene Rummachen könnte irgendwann einiges zerstören.‘‘ Er wirkte nervös. Ich denke, dass ich auch ziemlich nervös gewirkt hatte. Langsam kam er auf mich zu und legte mir die Arme um die Hüften. Sanft strich er mir die Haare aus dem Gesicht. Ich erinnere mich daran, dass ich gezittert habe. Und dann kam der ersehnte nüchterne Kuss, von dem ich auch etwas wissen würde, wenn ich morgen aufwachen würde. Wir beide fühlten uns wie im Rausch und merkten gar nicht, was geschehen war, bis wir nackt in Monas Bett lagen. Schwer atmend realisierten wir beiden, was geschehen war. Ich hatte mein erstes Mal erlebt und er meinte, dass es auch seins gewesen wäre. Wir zogen uns schnell wieder an. Noch zu genau weiß ich, dass ich mich damals sehr befreit gefühlt habe. Im Partykeller hatten sie alle gejubelt, als wir Hand in Hand reinkamen.  Bis heute kann ich sagen, dass sie alle gewusst hatten, was passiert.

Die Tage vergingen und unser einmonatiges rückte näher. Finn-Luca schenkte mir eine Kette mit einem herzförmigen Anhänger. Auf der einen Seite standen die Anfangsbuchstaben unserer Vornamen und das Datum an dem wir zusammenkamen. 2.1.2013. Dieses Datum werde ich nie vergessen. Egal was kommen mag. Auf der Rückseite des Anhängers stand ‚Für immer‘. Wenn es mal so wäre. Ein relativ kurzes ‚Für immer‘ findet ihr nicht auch? Aber er konnte ja nichts dafür. Keiner konnte etwas dafür.

Ich springe mal weiter vor, da ich euch nur das erzähle, was mich sehr stark geprägt hat. Das wir einen Monat zusammen waren hatte mich insofern geprägt, weil er mein erster Freund war. Was ich euch weiterhin erzählen möchte ist, das Ereignis vom 25.4.2013. Es war sein Geburtstag. Er wurde 17. Ich war mit Finn-Luca und seiner Familie beim Italiener. Sein Geburtstagsgeschenk von seinen Eltern. Ich weiß noch, dass ich ihm ein Bild von uns geschenkt hatte. Wenn ich jetzt darüber nachdenke ist das nicht das, was wirklich angemessen gewesen wäre. Auch, wenn es sein Geburtstag war beschreibe ich diesen Tag gerne als ‘‘Die Hölle‘‘. Warum? Tja, weil Finn-Luca im Restaurant zusammenbrach. Einer der Kellner rief schnell einen Krankenwagen, da wir ihn nicht wieder wach bekamen. Im Krankenhaus gestand mir seine kleine Schwester Liane, dass Finn-Luca sehr krank war. Er litt an sehr schweren Herzstörungen, die irgendwann zum Tode führen würden. Eigentlich blöd, dass ich das jetzt erzählt habe, denn jetzt wisst ihr ja, wie ich ihn verliere. Aber dennoch hoffe ich ihr könnt euch an meinen weiteren Erzählungen erfreuen, denn wir hatten noch schöne Monate zusammen. Also, es war jetzt das erste Mal, dass er vor mir zusammengebrochen war. Ich hatte solche Angst um ihn. Und die Tatsache, dass mir jetzt erst erzählt wurde, dass er öfter mal zusammenbrechen würde, war nicht gerade das Beste. Endlich durfte ich zu ihm. Mit Tränen in den Augen lehnte ich mich gegen die Tür. ,,Du darfst ruhig weiter reinkommen, Schatz‘‘, hatte er gesagt. Langsam und mit gesenktem Kopf ging ich auf das Bett zu. ,,Warum hast du mir nichts gesagt?‘‘, fragte ich tonlos. Finn-Luca setzte sich auf und zog mich zu sich. Ich schlang meine Arme um ihn und schluchzte mehrmals diese Frage. Er antwortete: ,,Ich konnte es dir nicht sagen. Wir waren doch so glücklich.‘‘ Ich habe lange auf seinem Bett gesessen und geweint. Er hat mir aber jede Frage beantwortet. Jetzt wusste ich, dass die Abstände zwischen den Zusammenbrüchen immer kürzer wurden und er wahrscheinlich nur noch drei Jahre hätte. Naja, schön wäre es gewesen, wenn es wirklich diese drei Jahre gewesen wären, aber er sollte sich ja auch nicht quälen.

Die Monate vergingen und wir hatten unseren Abschluss in der Tasche und er machte jetzt eine Ausbildung zum Tischler und ich als Medizinische Fachangestellte. Weihnachten kam und das verbrachte ich bei Finn-Luca, da er jetzt mindestens jede Woche einmal zusammen brach. Mal bekamen wir ihn wieder wach und mal mussten wir einen Krankenwagen rufen.

2.1.2014. Wir waren jetzt ein Jahr zusammen. Es war mal wieder ein Tag an dem ich bei ihm übernachtete. Ich erinnere mich daran, als sei es gerade passiert, denn ich war sehr lange wach. Finn-Luca hielt mich in seinen Armen und war schon eingeschlafen. Erst jetzt in diesem Moment realisierte ich, dass er es kein komplettes Jahr mehr durchhalten würde. Tränen liefen mir über die Wangen. Vorsichtig kroch ich aus dem Bett und setzte mich auf seinen Schreibtischstuhl. Mittlerweile hatte er eine komplette Pinnwand voll mit Bildern. Wir hatten die besten Bilder mal rausgesucht und dupliziert, damit jeder eine Pinnwand bekam. Auf vielen Bildern lachten wir. Dieses Lachen entsprach für diesen Moment, der auf diesem Bild festgehalten wurde der Wahrheit. Ich muss noch immer lächeln, wenn ich daran denke wie sehr ich erschrak, als Finn-Luca auf einmal neben mir kniete. ,,Schatz, was ist los?‘‘, war seine Frage. Lügen nützte nichts. Darin war ich zu schlecht. Ich sagte ihm einfach direkt, dass es mich quälte, dass es bald vorbei sein würde. Er hatte mich in den Arm genommen und gesagt, dass er immer bei mir sein würde. Er hatte auch gesagt, dass er es sich für mich wünschen würde, dass ich nicht lange trauern würde, sondern jemanden finden würde, den ich genauso lieben würde, wie jetzt ihn. Er küsste mich und trug mich zurück ins Bett.

In den folgenden Monaten ging es Finn-Luca immer schlechter. Eines Nachmittags war ich bei ihm und ich war nervös. Denn ich hatte ihm etwas wichtiges zu sagen. Es war sehr wichtig. ,,Weißt du noch, als ich vor zwei Monaten bei dir geschlafen habe und ich zitternd wach geworden bin und du mich dann beruhigt hast indem…Du weißt schon‘‘, begann ich. Finn-Luca riss die Augen auf. ,,Du willst doch jetzt nicht ehrlich sagen, dass…‘‘, weiter redete er nicht. Ich sprach seine Vermutung aus: ,,Schatz, ich bin schwanger!‘‘ Wir waren beide erst 18 und er würde bald sterben. Die Entscheidung, ob ich das Kind behalten wollte fiel mir eigentlich nicht schwer, aber ich hatte mein ganzes Leben noch vor mir. Er würde es nicht mitkriegen, wenn unser Kind auf die Welt kommen würde. Das wussten wir beide. ,,Du bist im zweiten Monat schwanger‘‘, flüsterte Finn-Luca. Ich nickte. Er nahm mich in den Arm. Geschockt flüsterte Finn-Luca: ,,Ich werde nicht sehen, wie unser Kind aufwächst. Ich lasse dich quasi ganz alleine mit unserem Kind.‘‘ Tränen rollten ihm über die Wangen. Es war die Hölle ihn weinen zu sehen. Das Schlimmste war es aber unseren Eltern von der Schwangerschaft zu erzählen. Es war ein sehr warmer Nachmittag im Juni, als ich Finn-Lucas anrief, er solle mir helfen meine Koffer zu packen, da meine Eltern mich wegen der Schwangerschaft rauswarfen. Es war ein herber Schock für mich. Zum Glück nahmen Finn-Luca’s Eltern mich auf und versprachen mich wie ihre Tochter zu behandeln und mir mit ihrem Enkelkind zu helfen. Ich hatte mir immer gewünscht, dass meine Eltern so wären. Aber man konnte sich seine Eltern ja nicht aussuchen.

Dann kam der 12.7.2014. Der schlimmste Tag in meinem Leben. Der Tag an dem Finn-Luca seine Augen für immer schloss. Es ging eigentlich ganz schnell. Er brach auf der Treppe zusammen und fiel sie komplett hinunter. Ich saß mit seiner kleinen Schwester im Wohnzimmer und, als wir Finn-Luca stöhnen hörten rannten wir in den Flur. Ich schrie auf. ,,Schatz‘‘, flüsterte er schwer atmend. Er war durch den Schock den er beim Fallen bekam wieder zu sich gekommen. Wir riefen einen Krankenwagen.

Im Krankenhaus stellten die Ärzte fest, dass er sich die Hüfte gebrochen hatte und er unbedingt operiert werden musste. Doch diese Operation überlebte er nicht.

Die Beerdigung war die Hölle für mich und die meisten wissen, wie es mich gequält hat.

Mittlerweile ist unser Kind auf der Welt. Ein kleiner Junge. Er heißt Tim. Der kleine sieht genauso aus, wie er. Wie mein Finn-Luca.

Aber meine Entscheidung steht fest. Und das ist der Grund weshalb ich das hier überhaupt schreibe. Ich will bei ihm sein. Meinen Finn-Luca will ich wiederhaben!

Es tut mir leid, dass ich euch das antuen muss, aber ich kann nicht mehr. Es tut mir auch leid für meinen Sohn, aber es geht nicht anders.

 

Ich werde immer bei euch sein.

Eure Perrie Schulte

 

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Am 26.1.2015 wird die 18-jährige Perrie Schulte tot im Haus der Eltern ihres verstorbenen Freundes aufgefunden. Sie starb mit zahlreichen Narben an Armen, Beinen, Bauch und Hals. Hauptgrund des Todes war eine Überdosis Schlaftabletten.

Impressum

Texte: Tara-Sophie
Bildmaterialien: Tara-Sophie
Lektorat: Hoffentlich fehlerfrei
Übersetzung: Auf deutsch geschrieben!
Tag der Veröffentlichung: 14.05.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch allen, die mich inspirieren über alles mögliche zu schreiben!

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