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Albträume

Dark Silence

 

Albträume

 

 

Schnell rannte ich durch die dunklen Gassen. Niemand außer mir war hier, nur hatte ich das ungute Gefühl verfolgt zu werden. Ich bog rechts ab und stand plötzlich auf einer Straße. Die Nasse Straße glitzerte dort, wo die wenigen Laternen ihr gelbes Licht hinwarfen. Ich atmete schwer und konnte mein Herz in jedem Körperteil spüren. Ich drehte mich um und suchte mit meinen wachsamen Augen jeden Winkel den ich sehen konnte ab. Mittlerweile hatte es aufgehört zu Regnen. Dichter Nebel war aufgezogen. Ich ging die Straße entlang. Zwischendurch, wenn ich glaubte etwas zu hören, blieb ich stehen. Dann hielt ich den Atmen an, schloss die Augen und konzentrierte mich auf Geräusche. Dann sah ich mich um, und wenn nichts war ging ich weiter. Das ganze Wiederholte sich mehrmals, bis ich am Straßenende angelangt war. Ich stand an dem alten Eisengitter, vor dem Meer. Von dort kamen die dichten Nebelschwaden. Nur ganz schwach konnte man das Licht des Leuchtturmes erkennen. Hatte ich schon wieder was gehört? Ich wiederholte den Vorgang wieder. Ich schloss die Augen, hielt den Atem an. Diesmal war ich mir sicher, etwas zu hören. Ein leises kichern. Und Schritte. Ich schluckte und Atmete wieder. Ich traute mich aber nicht die Augen zu öffnen. Mit geschlossenen Augen drehte ich mich um. Dann Atmete ich mehrmals Tief durch und – öffnete die Augen. Da war er – der schwarze Mann. Er stand vielleicht 2 Meter weg von mir, in der rechten Hand ein großes, blutverschmiertes Fleischerbeil. In der Linken ein Kopf. Er kam immer näher. Als er nurnoch knapp einen Meter vor mir stand, konnte ich erkennen, wessen Kopf das war. – Es war der Kopf meiner Mutter. Ich löste meinen Blick und … Er schwang das Fleischerbeil und hackte mir Eiskalt den Kopf ab. Er rollte zu Boden. Der Schwarze Mann hob ihn auf und lachte sein höhnisches Lachen -  das fast klang wie das eines Kindes.

 

Schreiend und verschwitzt wachte ich auf. Schwer atmend setzte ich mich auf und knipste das Licht meiner Nachtlampe an. Beim Versuch, dessen Knopf zu finden, schlug ich meinen Wecker zu Boden. Panisch blickte ich mich in meinem Zimmer um. Alles war wie immer. Es stand alles da wo es hingehörte. Der Alte, staubige Schrank. Der Schaukelstuhl in der Ecke. Das war wohl wieder einer dieser Albträume. Seit gut einem Jahr, hatte ich immer wieder den gleichen Traum. Ich hetzte allein bei Regen durch eine verlassene Stadt. Immer wenn ich in dieser Straße stand, packte mich die Verfolgungsangst, der Regen hörte auf und der Nebel zog auf. Immer wieder lief ich mit dem gleichen Ablauf bis zum Meer, um mich dort umzudrehen und umgebracht zu werden.

Der Sonnenschein schien durch das Rollo. Ich stand auf und zog es hoch. Die warmen Sonnenstrahlen kitzelten meine Nase. Ich öffnete das Fenster, um den staubigen Raum zu Lüften. Ich (w, 22) wohnte seit einem halben Jahr hier, nachdem meine Eltern verstorben waren. Seit gut 2 Jahren war ich in Psychischer Behandlung, wegen Verfolgungsangst, Halluzinationen und diesen Albträumen, die ich aber erst seit einem Jahr hatte. Naja, ich allein konnte mein Elternhaus nicht bezahlen, also kaufte es der Staat, um es abzureißen und einen Schuhladen hinzubauen. So weh es mit tat, ich würde zu Grunde gehen, wenn ich dieses Haus bezahlen müsste. Wenigstens bekam ich dafür so viel Geld, dass ich mir diese Wohnung kaufen konnte. Bad, Küche, Wohnzimmer und Schlafzimmer. Ziemlich Alt.. – Oder Rustikal. Wie man es sehen mag.

Ich knipste das Licht aus und schlurfte ins Bad. Ich wischte mit der Hand den Staub vom Spiegel und schaute mich an. Die Schwarzen Haare zersaust. Der Schweiß lief mir die in Sorgenfalten gelegte Stirn runter. Tiefdunkle Ringe unter meinen Azurblauen Augen. Für meine 22 sah ich aus wie 30. Ich warf mit etwas kaltes Wasser ins Gesicht und ging dann in die Küche um Kaffee zu kochen. Auch hier öffnete ich erstmal das Fenster. Heute müsste ich hier putzen. Bisher hatte ich mich, aus Angst, immer davor gedrückt. Ich ging nahm einen Messbecher aus dem Schrank und füllte ihn mit Leitungswasser. Dann kippte ich es in die Maschine. Dies wiederholte ich 2 mal, bevor ich den Filter in den Filtereinsatz steckte. 1, 2, 3, 4 ,5 Löffel Kaffee. Dann drückte ich den Deckel der alten Maschine gewaltsam zu und schaltete sie an. Sie krächzte, bis schließlich der erste Tropfen Kaffee kam. Ich schaute aus dem Fenster. Die Straßen waren noch Nass, doch die Sonnenstrahlen waren dabei, alles zu Trocknen. Draußen liefen ein paar Menschen mit Hunden herum und ein paar alte Schrottkisten fuhren die Straße entlang. Ich beschloss, mich Umzuziehen, bevor der Kaffee fertig war. Ich ging durch den kleinen Flur, mit dem grauen antiken Schränkchen und den vielen alten, verstaubten Bildern, in mein Schlafzimmer. Zuerst machte ich mein Bett, dann ging zu dem großen Schrank. Nur mit viel Kraft ließen sich die zwei Holztüren öffnen. Staub flog mir entgegen und ich musste Husten. Ich suchte mir ein weißes Kleid mit Braunem Gürtel raus. Nachdem ich mich angezogen hatte, ging ich ins Bad um zu sehen was ich von letzter Nacht verdecken konnte. Als ich vor dem Spiegel stand, knipste ich das Licht an. Aus dem weißen Schränkchen holte ich meine Make-up Tasche. Ich schmierte etwas Concealer unter meine Augen, was auch nicht viel half. Etwas Foundation, Puder und Maskara. Dann legte ich noch ein wenig Pfirsichfarbenes Rouge auf, damit ich etwas frischer wirkte. Mehr konnte ich auch nicht tun. Ich kämmte mir die Haare. Mit ein paar Haargummis, Nadeln und einem Duttkissen machte ich mir einen Dutt und fixierte alles mit Haarspray. Ich benutze noch etwas Deo, räumte alles zurück in den Schrank und ging in die Küche um mir meinen Kaffee zu holen. 

Mit der dampfenden Tasse saß ich auf der Fensterbank. Von hier aus konnte ich den Kirchturm mit der Uhr sehen. Die großen Zeiger verrieten mir, dass es jetzt 13:50 Uhr war. Um 15 Uhr musste ich bei meiner Psychologin sein. Ich rutschte von der Fensterbank, stellte den Kaffee beiseite und schaute was der Kühlschrank noch so hergab. Ein paar Fertiggerichte und Brotbelag. Ich fischte aus dem Haufen Packungsessen eine Packung Salami und Butter heraus und warf es auf den kleinen Tisch in der Ecke. Aus dem Schrank holte ich Toastbrot. Später saß ich mit dem Kaffee und einen Wurstbrot am Küchentisch und hörte Radio. Ich hörte nicht richtig zu und schnappte nur ein paar Themen auf:“ Regenschauer hält an“, und:“ Rathaus wird renoviert.“ Mittlerweile war es 14:10 Uhr und ich musste mich langsam los machen. Ich schaltete das Radio aus und räumte das Geschirr weg. Dann schloss ich alle Fenster, bevor ich mir die Zähne putzen ging. Ich schlüpfte in meine braunen Ledersandalen und schnappte mir meine Tasche und die Haus- und Autoschlüssel. Ich ging aus der Wohnung und schlurfte durch das Treppenhaus zum Ausgang. Die warme Luft blies mir entgegen. Meine Lungen freuten sich über die frische Luft. Mein Auto stand auf der anderen Straßenseite. Es kam kein Auto, also lief ich hinüber. Doch mitten auf der Straße musste ich wieder zurückspringen, weil mich sonst ein schwarzer Mercedes übel erwischt hätte. Er bremste Abprubt ab. Ich schaute mich erschrocken um. Ich war mir zu 100% sicher das hier KEIN einziges Auto war. Ich erkannte durch die Windschutzscheibe einen Jungen Mann. Ich schätzte ihn auf mitte 20. Seine schwarzen Haare waren zu einem Sidecut geschnitten und gegelt. Seine Augenfarbe konnte ich nicht erkennen. Seine Gesichtszüge waren weich und er schien gar nicht erschrocken oder aus der Fassung gebracht. Plötzlich fuhr es das Fenster herunter und fuhr mich in einem unangehm eitlen Ton an:“ Was rennst du hier so unvorsichtig über die Straße, Baby?“. Er war mir von der 1. Sekunde an unsympathisch. Zickig und in Kampflaune fauchte ich zurück :“ Die Straße war leer. Ich weiß auch nicht wo sie Idiot herkommen.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „ Hör mal zu, Baby.“, fing er an, :“ Ich habe keine Lust mich hier mit dir „auseinander zu setzen“, also sei Leise und mach das du Weg kommst!“. Noch bevor ich etwas sagen konnte, fuhr er das Fenster hoch und düste los. „Arschloch!“, brüllte ich ihm hinterher, während ich den Mittelfinger zeigte. Dann endlich konnte ich zu meinem Auto gehen.

Pünktlich um Zehn vor drei stand ich vor der Praxis von Fr. Doktor Wolfsberg. Ich ging hinein, an den Tresen. „Hallo Nadja.“, begrüßte ich die kleine, Blonde Sprechstundenhilfe. Ich war ja schon öfters hier, also kannte ich auch die Namen des ganzen Teams. Sie schaute mich mit ihren dunkelbraunen Augen leer an. „ Was ist?“, fragte ich. Sie schüttelte mit dem Kopf. Dann kam sie um den Tresen herum und stellte sich vor mich. Sie schaute zu Boden, als sie Anfing zu sprechen. „ Hat dich noch Niemand benarichtigt?“, fragte sie Tonlos. Ich schüttelte langsam den Kopf. „ Fr. Doktor Wolfsberg ist Tot.“, klärte sie mich auf. Sofort schossen wir Tausend Fragen durch den Kopf: Wie? Warum? Wann? Wo?

„ Woher weißt du das?“, fragte ich fassungslos. „ Die Polizei kam gestern und überbrachte die Naricht. Sie haben ihren Kopflosen Körper unten beim Steg gefunden. Aber von ihrem Kopf, oder dem Tatgrund fehlt noch jede Spur. Geschweige denn vom Täter.“, schoss es aus ihr Heraus, als könnte sie Gedanken lesen. Nun schaute auch ich betreten zu Boden. „ Wer wird mich jetzt Therapieren?“, hackte ich vorsichtig nach. „ Wir haben jemanden anderes gefunden. Hat sich sofort gemeldet und scheint ziemlich begabt zu sein. Er heißt Hr. Kosikow.“, erklärte sie mir. Ich nickte. „ Ich trag dich ein, setz ich ins Wartezimmer.“ , sagte sie rau. Ich begab mich um die Ecke in das kleine Wartezimmer. Es war fast mein 2. Zuhause, weil ich hier fast jeden Tag aufkreuzte. Umsomehr schockierte mich ihr Tot. Ich dachte scharf nach, wer wohl dieser Kosikow war und wie er Aussah. Würde er mich genauso gut Therapieren können wie Fr. Doktor Wolfsberg es tat? Ich war wohl eingenickt, denn Nadja rüttelte mich wach. Ich roch ihr eigenartig Zitroniges Parfum. 

Als ich die Augen öffnete, sah ich, dass in ihrem hübschen Gesicht genauso die Sorgenfalten standen, wie sie es bei mir taten. Sie ließ mich los und ich stand auf. „Herr Kosikow wartet auf sie im Zimmer.“, sagte sie, während sie mich in dessen Richtung schob. Ich murmelte noch ein kurzes „Danke“ , aber sie war schon weg. Ich wollte gerade die Tür öffnen, als ich die Hand wegzog. Unwillig tanzte ich vor der Tür herum. Ich atmete noch einmal und schloss die Augen. Wie in meinem Traum. Doch ich kam mir mit meiner Angst kindisch vor und öffnete die Tür. Fast wäre ich rückwärts wieder rausgestolpert, aber ich konnte mich noch halten. Dort saß niemand anderes, als der Vollidiot der mich eben fast Überfahren hätte. Ich glaube er dachte auch nicht an mich als er den Namen „ Zia Butovski“ hörte. Ohne ihm die Hand zu reichen, setzte ich mich in einen Sessel und schaute ihn verängstigt und wütend an. Er schüttelte den Kopf und lachte. Ich hätte mich fast übergeben müssen. Er lachte wie der Mörder aus meinen Träumen. Dieses Kindliche lachen, in dem jetzt etwas ziemlich ironisches lag. „ Schön sie kennen zulernen, Frau Butovski.“ , sagte er gespielt freundlich. Ich konnte, von den ganzen Tatschen überrumpelt, nichts sagen. Dann seufzte er und drehte sich um, damit er nach den Akten auf dem Schreibtisch hinter ihm Greifen konnte. Er warf einen Blick hinein und schaute mich dann an. „ Hatten sie eine schwere Kindheit?“, sagte er ruhig. Er machte mir Angst. Eben hätte er mich fast überfahren und wirkte so, als wäre er traurig, dass er es nicht geschafft hatte. Und jetzt? – Gespielte Freundlichkeit und Charisma bis zum Kotzen. Er sah nicht schlecht aus – zugegeben. Ich konnte jetzt erkennen, das seine Augen so schwarz waren wie seine Haare. Vielleicht kam es mir nur so vor, aber er hatte keine Wimpern. 

Seine Lippen waren zu einem schmalen Streifen verzogen. Er nickte mit dem Kopf in meine Richtung, um mich auf seine frage hinzuweisen. Ich dachte nach. Ich lebte mich meinen Eltern allein in dem großen Haus – was jetzt ein Schuhladen war. Sie waren sehr streng, aber wurden nie Handgreiflich. Eigentlich hatte ich eine schöne Kindheit. Also schüttelte ich den Kopf. „ Aha.“, murmelte er. Ich drückte meine Tasche an mich und vermied jeden Blickkontakt. „Also..“, fing er an. Ich schrak auf. Er lachte wieder dieses verschi**ene, ironische Lachen. Gleich würde mein Frühstück Comeback feiern. Das übersah er anscheinend nicht, aber er ignorierte es. „ Erzählen sie mir von ihrem Albtraum.“, forderte er mich auf. Ich zögerte. Aber wenn ich mich sträubte, würde das auch nicht viel bringen. Schließlich war die Therapie, dass einzige was mir wirklich half. Ohne diese, würde ich wahrscheinlich aus dem Fenster springen. Vorsichtig und leise fing ich an ihm alles detailliert zu erzählen. Er hörte mir genau zu. Seine Augen starrten auf meinen Mund. Nachdem ich ihm alles erzählt hatte, war er eine Zeit lang ruhig. Dann fing er an zu Lachen. Ich schaute ihn verstört an. „ Warum zum Teufel, lachen sie?!“, maulte ich ihn an. Das war alles andere als Lustig. „Entschuldigung.“, sagte er Trocken, als er sich beruhigt hatte. „ Nun, wir gehen einmal alles durch. Kennen sie diese Stadt?“, fragte er. Ich musste verneinen. „ Also wissen sie sich nicht, wo sie sich in dem Traum aufhalten?“, hakte er nach. „ Nein, nicht bis zu dem Punkt, wo ich am Meer stehe.“ , antwortete ich ehrlich. „ Also sind sie unten am Pier, wenn sie getötet werden?“, fragte er. Ich bejahte.  Ich wusste, was jetzt kommen würde. „ Waren sie schon einmal dort?“, wollte er wissen. „ Ja, einmal vor 10 Jahren.“, sagte ich, immer noch wartend, dass sich meine Vermutung bestätigte. „ Warum waren sie dort? Ist dort etwas passiert?“, drängelte er. „ Ich hatte mich dort mit einer Freundin verabredet. Wir waren 2 Minuten dort und nichts ist passiert.“ , meinte ich. „Na gut, dann sollten wir die nächste Stunde, also Morgen, dafür nutzen uns an den Pier zu begeben.“, sagte er in einem gebildetem Ton. Ein eigenartiger Stich durchfuhr mich, jetzt hatte es sich bewahrheitet. Ich musste mit diesem fremden Mann, der mich fast überfahren hätte und aussah wie der Mörder aus meinen Albträumen, zum Ort meines Grauens gehen. „ Geht es ihnen gut?“, fragte er ruhig. Ich schüttelte den Kopf. Mir war kalt und ich zitterte, obwohl es Sommer war.  Und Leichenblass war ich anscheinend auch noch. Ehe ich es mich versah, gab es ein Comeback. Auf seine Schuhe. Seinem Gesichtausdruck nach, freute ihn das nicht sehr. „Sorry.“, nuschelte ich, durch die Hand, die ich mir vor den Mund hielt. „Sie können gehen.“, zischte er mich an. Sofort stand ich auf und rannte nach draußen. Nadja war anscheinend schon weg. Ich sah sie jedenfalls nicht mehr. Schnell rannte ich zu meinem Auto und setzte mich hinein, knallte die Tür zu und die Tasche auf den Beifahrersitz. Ich atmete langsam durch. Was war gerade passiert? 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 05.06.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
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