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Die Anreise



„Papa? Ich liebe dich. Bald bin ich bei dir. Wir konnten nicht sofort von Dallas Airport starten. Ich habe mir jetzt eine Privatmaschine genommen. Morgen früh so um acht Uhr bin ich bei dir.“
Sie versuchte tapfer zu sein. Mit fester Stimme zu reden. Dennoch konnte sie nicht verhindern, dass ihr Blick sich verschleierte. Fest den Blick auf Ihr Tablet gerichtet, versuchte sie, keiner Träne das entkommen zu ermöglichen. Sie musste stark sein. Sie wusste auch, dass ihr Vater es nicht wollen würde, wenn sie anfinge zu weinen. Sie versuchte, die Lautstärke des Tablets noch ein wenig höher zu bekommen, um die leise Stimme ihres Vaters verstehen zu können. Es war relativ ruhig im inneren der Cessna, aber sie wusste auch, selbst zwei Meter von seinem Bett entfernt, würde sie Mühe haben ihn zu vernehmen.
„Was sagst du? Bitte sag es noch einmal, ich kann dich nicht hören, Papa.“ Sie ging dichter mit dem Ohr an das Tablet.

Erik Veens sah das Gesicht seiner Tochter auf seinem Tablet näher kommen. Das Gerät war auf einer kleinen Platte fixiert, deren variabler Arm wiederum mit seinem Krankenbett verbunden war. Er selber hätte es nicht halten können.
Er sah, wie sie mit der Hand ein Büschel ihrer langen, dunkelblonden Haare hinter das Ohr klemmte und dort festhielt. Er sah den kleinen Perlenohrring in ihrem Ohrläppchen. Er hatte sie ihr geschenkt. Als sie die Firma übernahm und zur Geschäftsführerin eines kleinen Imperiums wurde, das er in 40 Jahren seines Lebens aufgebaut hatte. Aber es war auch schon wieder viele Jahre her, dass sie ihn umarmt hatte und sich die Ohrringe sofort im Restaurant ansteckte.
Er liebte sie abgöttisch. Bewunderte die Leistung und die Energie, die sie in die Firma steckte. Es machte ihn stolz und bestätigte ihn in seiner Entscheidung, ihr die Leitung überlassen zu haben. In der Vergangenheit hatten sie dass eine oder andere Mal gestritten, weil er der Meinung war, das sie zu viel tat. Zu viel rumreiste. Zu wenig delegierte. Sich keine Zeit für eine eigene Familie oder auch Kinder nahm. Er hatte sich immer Enkelkinder gewünscht. Kathleen war sein einziges Kind. Die Chance war vertan. Auch wenn sie jetzt noch ein Kind bekommen würde, er würde es nie sehen.
Jetzt jedoch war es seine vordringliche Aufgabe Kraft zu sammeln, um ein wenig lauter sprechen zu können.
„Ich sagte, ich weiß, dass du dein Möglichstes tust, mein Schatz. Habe keine Angst. Ich werde auf dich warten, du weißt, wie stur ich sein kann.“ Er versuchte ein Lächeln. „Ich werde jetzt noch ein wenig schlafen, morgen früh sehen wir uns.“ Er bedeutete der Schwester, das Gerät zur Seite zu schwenken und die Verbindung zu unterbrechen. Dann schloss er die Augen.

Jetzt endlich, als sie nur noch einen schwarzen Bildschirm vor Augen hatte, gestatte sie sich zu weinen. Morgen würde sie das letzte Mal mit ihrem Vater sprechen. Zumindest hoffte sie das von ganzen Herzen.
Aus der Kurzwahl heraus wählte sie eine neue Nummer.
„Privatklinik Professor von Hardern“, meldete sich eine Stimme. Kein Bild, nur Ton.
„Hier ist Kathleen Veens, ich möchte den Professor sprechen.“
„Oh, Guten Abend, Frau Veens.“ Kathleen kannte die Stimme der Sekretärin, konnte ihr auch ein Gesicht zuordnen, wusste aber nicht mehr den Namen.
„Ich fürchte, der Professor ist nicht mehr im Haus. Ich kann sie aber zu ihm auf das Autotelefon weiterleiten, wenn Sie es wünschen.“
„Ja, das wünsche ich.“ Kathleen erkannte, dass die Ärzte in der Klink den Gesundheitszustand ihres Vaters genau so einordneten wie er selbst. Wäre es anders gewesen, hätten sie Kathleen auf morgen früh vertröstet.
„Bitte bleiben Sie einen Moment dran, ich verbinde Sie mit dem Professor.“ Warteschleifenmusik ertönte.
„von Hardern, Guten Abend Frau Veens.“ Die Stimme des Professors war ein bisschen rauschig, das Autotelefon tat sein übriges, aber Kathleen konnte wie immer die Ruhe in ihr hören. Heute Abend, mehr als zehn Kilometer über den Erdboden ihrem Vater entgegen hastend, machte es sie fast auf der Stelle wahnsinnig. Ihr Vater starb.
Und diesem Mann machte es nicht das Geringste aus. Im Gegenteil erwartete er doch schon seit Monaten nichts anderes.
Ohne Umschweife kam sie zur Sache.
„Ich bin in ein paar Stunden da. Schafft er es bis dahin? Und wie geht es im tatsächlich?“
„Es ist wie er sagt, er liegt im Sterben, Frau Veens. Die Anzeigen werden stündlich schwächer. Bald wird das Herz aufhören zu schlagen. Wie Sie wissen, ist uns ein Anschließen an Maschinen versagt.“
Kathleen wollte ihn gerade fragen, warum zur Hölle er nicht in der Klinik war, wenn der Mann, der ihm die größten Einnahmen im Monat bescherte, starb. Er kam ihr zuvor.
„Frau Veens, ihr Vater liegt schon lange im Sterben. So lange, dass ich überhaupt nicht verstehe, wie er es Tag für Tag wieder schafft, weiter zu atmen. Er muss Schmerzen haben, die zu lindern, wie ich Ihnen versichern darf, wir alle unser bestes tun. Ich habe einen Vortrag heute Abend und wollte eigentlich absagen. Ihr Herr Vater hat mich aus seinem Zimmer geschmissen. Er sagt, er wird auf jeden Fall noch einmal seine Tochter sehen. Egal, was passiert. Ich bin mittlerweile geneigt, ihm zu glauben. Sein Körper hat eigentlich schon lange aufgegeben. Aber sein Geist besitzt eine schier unglaubliche Kraft. So etwas habe ich in all den Jahren nicht gesehen. Ich bin zuversichtlich, dass wir beide morgen früh noch einmal mit ihm sprechen werden. Sollte etwas Unerwartetes eintreffen, habe ich Anweisung erteilt, Sie sofort zu unterrichten.“

Die Wahrheit war fast zu viel für Kathleen. Sie konnte nicht mehr sprechen, mit einer herrischen Bewegung Ihrer linken Hand, trotzig und lautlos, wischte sie sich die Tränen aus den Augen.
Sie riss sich zusammen.
„Danke, Professor. Bis Morgen.“ Sie unterbrach die Verbindung.
Jetzt war es dann wohl soweit. Ihr Vater, der Mann dem sie alles verdankte. Der, seit sie denken konnte, immer hinter ihr gestanden ist. In wenigen Stunden würde er nicht mehr sein.

Die Wanderung



Im ersten Moment war er verwirrt, aber dann erkannte er den Weg, auf dem er spazierte. Er blieb kurz stehen und wandte sich zum See. Er kannte auch die Berge dahinter, dass kleine Restaurant, dessen Silhouette sich auf der entgegen liegenden Seite des Wassers im leichten Nebel räkelte.
Er ging langsam weiter.
„Um diese Jahreszeit hat es mir in der Schweiz immer am besten gefallen.“
„Da stimme ich Ihnen zu“, sagte die Stimme neben ihm. „Es ist nicht zu warm zum wandern und noch lange nicht so viele Touristen unterwegs wie im nächsten Monat.“
Erik nickte. Das sah er genauso. Wenn es die Arbeit und er es sich selber erlaubte, kam er immer in dieses kleine Dorf im Kanton Zug. Einmal im Jahr. Und wenn es nur für eine Woche war. Er brauchte kein Nobelhotel oder das beste aller Restaurants. Die Ruhe tat im gut, mehr als alles andere. Jeden Morgen, nach dem Frühstück, wanderte er um den See. Genoss die Luft, die Stille, das leichte Plätschern des Wassers an das Ufer.
„Eine herrliche Ablenkung von all dem Stress des Alltags. Ich kann nur jedem empfehlen, so etwas regelmäßig zu machen“, sagte er.
„Ich habe auch nie verstanden, wie manche Leute in Betonbunkern an überfüllten Küstenstränden hausen können und dies dann auch noch Urlaub nennen.“
Erik nickte. Nie in seinem Leben hat er so etwas gemacht. Er sah zu seinem Gesprächspartner. Ein älterer Herr, nicht so alt wie er selber, vielleicht Mitte Fünfzig. Gerader Gang, stark graumeliertes Haar. Trug helle Wanderkleidung. Erik kannte den Mann nicht. Gleichzeitig kam es ihm ganz natürlich vor, mit dem Fremden diesen Weg zu beschreiten. Er machte es dem Mann nach und legte seine Hände auf den Rücken. Umfasste sie und schritt ruhig atmend weiter. Eine ganze Zeit lang sagte keiner der Männer ein Wort.
Der Fremde sprach dann zuerst.
„Es wäre unhöflich, wenn ich mich nicht vorstellen würde. Mein Name ist Aaron.“
Keine weitere Andeutung, dachte Erik. Nicht woher er kam, was er machte. Nur Aaron.
„Ist das Ihr Nach- oder Vorname?“, wollte Erik wissen.
„Oh, mein Vorname. Tut mir leid. Ich dachte, das wäre klar.“
„Mein Name ist Erik.“ Der Mann nickte. Ich weiß, bedeutete es.
Erik dachte weiter. „Ich kenne Sie nicht, gleichzeitig kommen Sie mir bekannt vor. Wie ein alter Bekannter.“
„Ich fürchte, wir sind uns noch nie begegnet, Erik“, erwiderte Aaron.
„Dann ist dies ein Traum? Ich weiß nämlich, dass ich eigentlich sterbend in einem Krankenzimmer in der Nähe von München liege.“
Aaron dachte kurz nach. Dann sagte er: „Vielleicht gehen wir hier spazieren und Sie träumen davon, dass Sie sterbend in einem Zimmer liegen?
Erik schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin mir ziemlich sicher. Nein, ganz sicher. Dann ist doch die Frage, was ich hier tue und wer Sie sind von einiger Bedeutung. Finden Sie nicht? Warum träume ich davon, hier mit Ihnen zu sein. Bin ich tot? Ist dies vielleicht das Jenseits?“
Wieder ließ sich der Mann mit seiner Antwort Zeit.
„Ob dies das Jenseits ist? Nein. Da bin ich ziemlich sicher. Glauben Sie, ich bin Tod? Auch hier kann ich ihnen versichern, dass dies nicht so ist. Interessant ist doch die Frage, warum Sie glauben, Sie befinden sich im Jenseits? Möchten sie tot sein? Oder wäre Ihnen ein merkwürdiger Traum lieber?“
Erik fixierte den Weg vor ihm.
„Ein Traum wäre mir lieber. Aus diesem würde ich nämlich aufwachen und meine …“ Er brach ab. Auch wenn er dem Mann seltsamerweise freundlich zugeneigt war, würde er ihm nicht alles erzählen müssen.
„Gut“, erwiderte Aaron. „Sehr gut. Sagen wir also, es ist ein Traum.“ Er schien entspannt und sich zu freuen.
Weiter wanderten Sie den Weg entlang. Manchmal bog er ab, führte in und durch den Wald, nur um sich nach hundert Metern wieder dem See zu nähern und am Ufer entlangzuführen. Während dieser Zeit dachte Erik nach.
„Warum träume ich diesen Traum dann?“ fragt er Aaron.
„Hm. Sie sagten, Sie liegen im Sterben. Vielleicht haben Sie Angst davor und ich bin eine Erfindung Ihres Geistes, um Ihnen Fragen zu beantworten, die Sie sich selber nicht stellen oder auch beantworten können.“
Erik blieb stehen und wandte sich Aaron zu.
„Ich habe keine Angst vor dem Sterben.“ Es kam schroffer, als beabsichtigt.

„Sie haben keine Angst vor dem Sterben. Das ist gut. Gestatten Sie mir eine Frage. Wie sieht es mit der Angst vor dem Tod aus?“
Erik blieb abrupt stehen. Wieder wollte er eine ruppige Antwort geben. Schloss dann aber den Mund und dachte kurz nach. Aaron war langsam weiter gegangen.
Als Erik wieder gleichauf war, sagte er: „Es ist mein Traum und es wäre Quatsch mich selber zu belügen. Oder eine Ausgeburt meiner Phantasie“, fügte er mit einem Seitenblick auf Aaron hinzu. Er wollte wissen, wie dieser es aufnahm. Aaron nickte nur. Stimmte ihm zu. Also machte Erik weiter.

„Es gibt Leute, die es als lächerlich empfinden würden, aber es gibt tatsächlich einen Grund, der mir Angst macht. Tot zu sein, meine ich. Ich wäre nicht mehr da. Könnte mein Kind nie mehr sehen. Wüsste nicht, ob es ihr gut geht. Meine Frau ist schon seit Jahren tot. Kathleen wäre alleine auf der Welt.“ Hier unterbrach Aaron.
„Alleine unter Milliarden anderen, meinen Sie. Sagen Sie, Erik. Glauben Sie an Gott?“
„Nein. Nicht wirklich. Es wäre ein unbarmherziger, gnadenloser Gott.“
„Warum wäre das so?“
„Schauen Sie sich doch das Leid in der Welt an. Könnte ein Gott so etwas gutheißen? Ein Gott, der seine Kinder

liebt?“
„Ah, ja“, erwiderte Aaron. „Ein alte, bekannte Problematik. Wie könnte Gott zulassen, dass ein Kind verhungert? Dass eine geliebte Ehefrau grundlos stirbt. Kriege. Grausamkeiten.“
„Das ist korrekt, ja.“
„Wäre ein von Gott gelenktes Leben auch tatsächlich ein eigenständiges Leben? Würde nicht jedes Kind, jeder Mann und jede Frau sich jedweder Verantwortung entziehen und sagen: Mach ich nicht, lass Gott das tun. Das ist seine Aufgabe. Warum soll ich zusehen, dass mein Kind nicht auf die Straße rennt und von einem Auto überfahren wird? Gott wird schon aufpassen. Warum soll ich arbeiten gehen, bis mir Rücken, Hände und Füße wund sind? Wird Gott nicht schon aufpassen, dass ich und die meinen schon nicht verhungern werden? Diese Art von Fragestellungen, das versichere ich Ihnen, Erik, gibt es Tausende. Wäre es nicht der Himmel auf Erden? Keine Verantwortung mehr irgendjemanden gegenüber. Nicht mal Gott gegenüber. Warum auch? Hat er mich nicht auf die Welt gesetzt? Also, soll er auf mich aufpassen.“
Nicht eine Sekunde lang war Aarons Stimme lauter oder aufgeregter als zuvor. Ganz sachlich sprach er weiter.
„Wissen Sie, ohne jetzt mit Ihnen theologische Wissenschaften erörtern zu wollen, sage ich Ihnen einfach, was ich denke. Ist das für Sie okay?“
Erik wusste nicht, was er zu dem eben Gehörten erwidern könnte, daher sagte er nur: „Nur zu.“

„Ich denke, dass es zu einem Zeitpunkt in der Geschichte für einige intelligente Männer ersichtlich wurde, dass die Anbetung zu verschieden Göttern die Menschen nicht zusammenführte. Die Priesterschaften waren Dutzendfach und jede wollte ihren Teil und Ihren Gott als den Höchsten angesehen haben. Kriege, Morde waren vorproduziert. So konnte man ein Volk nicht leiten. So beschlossen sie, einen Gott den Menschen näher zu bringen. Mit Gesetzen, welche die Bevölkerung schützen sollte. Zum größten Teil sich selber gegenüber.“
Erik unterbrach.
„Heißt das, Sie selber glauben nicht an Gott? Oder einen Gott? Dass Gott eine Erfindung ist, von Menschen für Menschen. Damit diese ein besseres Leben führen konnten. Oder anders herum, besser und einfacher geleitet werden konnten?“
„Nein, ich sage, dass es egal war, welcher Gott angebetet wird. Es wurde eine für die damalige Zeit, sagen wir, sinnvolle Gottheit gewählt und diese den Menschen näher gebracht. Vergessen Sie nicht, keine Theologische Diskussion, dies sind nur meine Gedanken.“
„Es war weise, diesen, unseren Gott zu wählen. Angedacht der ganzen Kriege, die im Laufe der Jahrhunderte in seinem Namen geführt worden sind. Die Millionen von Menschen, die in seinem Namen getötet wurden. Dabei hat es noch nicht mal funktioniert. Immer noch werden viele verschiedene Götter bei den Menschen verehrt.“
„Nun“, erwiderte Aaron ruhig. „Niemand hat gesagt, dass keine Fehler gemacht worden sind. Und bedenken Sie: Es waren immer noch Menschen, die diese Taten ausgeführt haben. Kein Gott hat diese Kriege persönlich geführt. Und doch denke ich, dass der Langzeitplan, wenn Sie so wollen, aufgehen wird. Dass der Umstand, einem Gott zu huldigen, in der Zukunft den Frieden bringen wird, den die Menschen verdient haben. Ihren Himmel auf Erden.
Aber lassen wir das. Sagen Sie mir etwas anderes. Glauben Sie an Geister? An Gespenster?“

„Wäre dies ein reales Gespräch, wäre dies der Punkt, an dem ich mich von Ihnen abwenden würde und Ihnen einen schönen Tag wünsche. Nein, ich glaube nicht an Geister.“
Aaron deutete auf eine Holzbank vor Ihnen und setzte sich. Erik ließ sich neben ihm nieder. Ihm fiel auf, dass sich das kleine Restaurant immer noch ihm gegenüber auf der anderen Seeseite befand. Sie mussten schon mindestens einen Kilometer gelaufen sein und das Restaurant sich eigentlich hinter seinem Rücken befinden.
Aaron sprach weiter.
„Warum nicht? Weil Sie nicht an Gott glauben? An den Himmel?“
„Was haben Geister denn mit dem Glauben an einen Himmel

zu tun“?
„Nun, sind Geister nicht im Volkstümlichen Glauben Seelen, die es aus irgendwelchen Gründen nicht geschafft haben, in den Himmel zu kommen? Die nicht erlöst

sind.“
Erik zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, ich habe mich nie darum gekümmert.“
„Gut. Dann bleiben wir doch einfach dabei und tun so, als wäre diese Annahme korrekt und es gebe sie. Geister. Wären Sie dann gerne einer? Für den Rest der Zeit als Geist rumspuken?“
Erik starrte auf das Restaurant. Er war dort bestimmt schon Dutzende Male zu Gast in seinem Leben, aber er konnte sich nicht mehr an den Namen erinnern. Er fragte sich, worauf Aaron, hinaus wollte. Wohin dieses Gespräch führen würde.
„Für alle Zeiten? Nein. Das würde ich nicht wollen. Ein wenig Zeit, ja. Um zu sehen, dass es meinen Liebsten gut geht. Aber für immer und ewig? Nein.“
„Tja, das ist das Problem, oder? Mit allem im Leben. Die meisten Dinge gehen immer nur ganz oder gar nicht. Kompromisse sind nicht immer drin. Also kein Geist. Dann doch lieber in den Himmel?“
Aaron sah Erik fragend an. Dieser schüttelte den Kopf.
„Es tut mir leid, ich glaube auch nicht an den Himmel.“
„Das muss Ihnen nicht leid tun. Aber ich würde gerne wissen, warum nicht?“

Erik musste an einen alten Freund denken. Vor vielen Jahren starb seine Frau an Brustkrebs. Ihre beiden Töchter waren damals acht Jahre alt. Auch sein Freund erzählte Ihnen, dass ihre Mutter nun „im Himmel“ war und es ihr gut ginge. Schon damals hatte es sich für Erik wie eine Floskel angehört.
„Was ist das, der Himmel?“ Erik schaute demonstrativ nach oben. „Das dort ist der Himmel für mich.“
„Vielleicht ist das der Grund, warum man ihn als Synonym nahm. Blauer, friedlicher Himmel. Sitz der warmen Sonne. Für die es vor vielen Tausend Jahren übrigens auch einen Gott gab. Für jeden Menschen täglich zu sehen. Es war naheliegend, den Sitz- oder auch die Ruhestätte der Seelen in den Himmel zu verlagern. Aber sagen wir doch mal aus Spaß, wenn wir uns darauf einigen, dass der Himmel nur ein Synonym darstellt und es einen Ort gäbe, an dem sich die Seelen der Verstorbenen zurückziehen, würden Sie dann dorthin wollen? “
„Ich denke, dort müsste es ziemlich überlaufen sein. Müsste ein ziemlich großer Ort sein.“
Aaron lächelte. „Sie denken sehr pragmatisch. Fügen wir noch ein Gedankenspiel ein. Sagen wir, nicht jede Seele kommt sofort an diesen Ort.“
„Sie meinen Wiedergeburt?“, fragte Erik.
„Ja, sagen wir, Wiedergeburt existiert.“
„Sie springen gerne von einem zum anderen, oder? Gott, Geister, Himmel, jetzt Wiedergeburt. Wohin soll das führen und wie lange wollen wie hier noch sitzen?“
Wieder lächelte Aaron sein kleines Lächeln. Erik sah, dass sich dieses Lächeln über das ganze Gesicht zog. Es war ein freundliches, beruhigendes Lächeln. Es war das Lächeln eines Mannes der es sich leisten konnte zu lächeln. Weil er sich seiner vollkommen sicher war.
„Haben Sie keine Angst, Erik. Wir haben so viel Zeit, wie wir wollen.“

Das Warten



Kathleen schreckte hoch. Ihr war, als hätte Sie ein Geräusch vernommen. Abe es musste auf dem Krankenhausflur gewesen sein. Sie hob ihr verschwitztes Gesicht von der Bettdecke Ihres Vaters. Sie saß auf einem Stuhl vor seinem Bett und irgendwann musste ihr der Kopf vor Müdigkeit darauf gesackt sein. Sie konnte sich nicht einmal erinnern, eingeschlafen zu sein. Kathleen fuhr sich die Haare. Versuchte Sie, aus dem Gesicht zu bekommen. „Gott, ich muss duschen“, dachte sie.
Als die Schiebetür aufging, zuckte sie leicht zusammen. Im Zimmer war es dunkel, aber vor dem gedämpften Licht des Flurs, das durch die Verglasung des Zimmers schien, konnte sie den Professor erkennen.
„Tut mir leid, Frau Veens. Ich wollte sie nicht erschrecken.“ Er kam näher.
Sie schüttelte den Kopf.
„Sie können nichts dafür, ich bin eingeschlafen. Wie spät ist es.“
„Kurz vor sieben Uhr morgens.“ Der Arzt nahm die Hand ihres Vaters. Fühlte seinen Puls. Dann ließ der die Hand wieder vorsichtig sinken.
„Wie geht es ihm, Professor? Wird er irgendwann wieder zu sich kommen?“
Er schien eine Weile zu überlegen. Als wollte er die Worte abwägen, sie nicht erschrecken mit dem, was er zu sagen hatte. Als er anfing, sprach er betont ruhig. Leise und sachlich.
„Frau Veens, ihr Vater liegt jetzt seit drei Tagen im Koma. Unseren sämtlichen Ärzten, einschließlich mir, ist es ein absolutes Rätsel, das ihr Vater überhaupt noch lebt. Ich habe mir die Freiheit genommen und die Befunde ihres Vaters an einen befreundeten Arzt in den Staaten geschickt. Er glaubt mir bis jetzt noch nicht, dass ihr Vater an keine Maschine angeschlossen ist. Die Wahrheit ist, wir wissen nicht, woher er die Kraft nimmt, weiter zu leben. Das bedeutet auch, dass wir nicht wissen, ob

oder auch wann

er je wieder aufwacht. Die einzige Möglichkeit wäre eine Herz-Lungen Maschine.“
Kathleen schüttelte vehement mit dem Kopf. „Nein, kommt nicht in Frage. Er hat vollkommen klar gemacht, dass er das ablehnt. Ich werde mich daran halten. Auch wenn es mich wahnsinnig macht.“
„Das habe ich mir gedacht. Ich muss wieder weiter. Ich schaue gegen Mittag noch einmal rein.“
Professor von Hardern wand sich um und verließ das Zimmer.
„Ach, Papa.“ Kathleen konnte nicht anderes. Leise flossen wieder die Tränen. Wie schon so viele die Tage davor. Sie umfasste seine Hand, die ruhig neben ihm auf der Bettdecke lag und legte Ihre Stirn darauf. „Was soll ich nur machen, Papa. Wo bist du?“

Das Erkennen


Aaron: „Sagen wir, es gibt einen Himmel und es gibt auch eine Wiedergeburt. Wie würden sie das interpretieren?“
„Ich würde sagen, der Himmel müsste ein Ort von unendlicher Größe sein. Wie viele Menschen sind seit Anbeginn der Zeit gestorben? Müssen mehrere Billionen sein. Und es werden ja auch immer mehr. Mittlerweile leben doch schon über sieben Milliarden Menschen auf diesem Planeten, oder irre ich? Täglich sterben welche, täglich kommen mehr dazu. Dafür braucht man eine Menge Platz. Das mit der Wiedergeburt lässt mich in dem Fall auch zweifeln. Woher sollen die ganzen Seelen für diese neue Masse an Menschen kommen? Und am meisten würde ich mich fragen, wie passen ein Himmel und die Wiedergeburt zusammen? Wann kommt man in den Himmel? Wird man von da aus wiedergeboren. Oder geschieht die Wiedergeburt gleich nach dem Tod? Ich würde interpretieren, dass es zu viele Ungereimtheiten gibt.“
Aaron klopfte ihm freundlich auf die Schulter. „Das waren schon keine schlechten Ansätze. Wenn auch die eine oder andere Fehlannahme. Aber vielleicht können wir langsam Licht ins Dunkle bringen.
Die erste Fehlannahme ist die, dass sie fragen, woher die ganzen Seelen kommen sollen? Bedeutet das nicht, dass sie von einem gewissen Kontingent an Seelen ausgehen? Als Beispiel: Adam und Eva zeugten zwei Kinder. Kain und Abel. Woher kamen deren zwei Seelen? Diese hatten wiederum Kinder. Woher kamen deren Seelen? Gehen wir also davon aus, dass die Anzahl an Seelen unerschöpflich ist.“
„Moment“, unterbrach ihn Erik. „Nichts desto trotz gibt es die Diskrepanz zwischen Himmel, als dem endgültigen Ruheort der Seele und der Wiedergeburt. Oder auch Seelenwanderung. Wer bestimmt, ob man Wiedergeboren wird oder in den Himmel kommt. Wird man, ich weiß nicht, fünf Mal wiedergeboren und kommt dann in den Himmel? Wo soll da ein Plan erkennbar sein?“
„Ruhig, mein Freund. Wir werden noch dahin kommen. Und vergessen Sie nicht. Wir spielen nur mit unseren Gedanken. Nichts von dem, was ich sage, ist bewiesen. Sehen Sie, die Idee der Wiedergeburt ist ja nicht neu. Im Buddhismus gibt es sie seit eh und je. Sie wurde schon lange vor Buddha gelehrt. Im Gegenteil wandelte Buddha die Art des Glaubens an Reinkarnation sogar ab. Er sprach nicht vom weitergeben einer Seele sondern dem Prozess einer neuen Entstehung von Leben. Der Existenz.
Aber lassen Sie uns noch ein bisschen gehen. Dabei kann man einfach besser denken.“

Damit stand Aaron auf und einen Bruchteil später auch Erik. Anstatt die Arme wieder hinter dem Rücken zu verschränken, ließ Aaron sie an seiner Seite. Erik verstaute seine Hände in den Jackentaschen. Er merkte erst jetzt, dass er überhaupt eine Jacke trug. Nun, das war ein Traum, oder etwa nicht? Bin nur froh, dass wir beide überhaupt angezogen sind.

„Erik, sehen Sie diesen See. Er ist nichts anderes als ein natürliches Gefäß. Dabei verdunstet Wasser und dann wird es wieder ein wenig mehr, weil es regnet. Ein ewiger Kreislauf. Seit Anbeginn der Zeiten. Es ist faszinierend, nicht? Damit will ich sagen, das Wasser, das verdunstet, ist nicht weg. Es hat quasi eine andere Daseinsform angenommen. Es tritt den Kreislauf des Lebens an. Irgendwann ist es ein Teil einer Wolke, dann regnet sie ab und der Wassertropfen landet wieder auf der Erde. Mit viel Glück vielleicht wieder genau in diesem See. Wer weiß?“
Erik blieb stehen. Er war, wie er sich selbst gestehen musste, ein wenig verärgert. „Ich verstehe ehrlich gesagt, kein Wort von dem, was Sie da von sich geben. Da ich schon länger das Gefühl habe, Sie wollen mir was sagen, ärgert es mich umso mehr. Wenn ich glaube, dass dies ein Traum ist – und das glaube ich, und Sie eine Ausgeburt meines Geistes sind, dann möchte ich doch meinen Halluzinationen zumuten können, sich ein wenig klarer auszudrücken.“
Aaron lächelte sein kleines Lächeln und ließ sich nicht anmerken, ob diese Worte ihn verletzt hatten oder nicht.
„Geduld Erik. Wir werden zu einer Lösung kommen. Ich fürchte aber, ich werde wieder einmal die Metaphern ändern müssen. In anderen Kreisen, teilweise sogar wissenschaftlichen, besteht folgende Annahme: Der Mensch beinhaltet, für sich genommen, eine ganze Menge Elektrizität. Also Energie.
Stirbt er, ist sie weg. Nun kann Energie aber nicht so einfach verschwinden. Sie muss zwangsläufig irgendwo bleiben. Nun glauben einige, die Abwesenheit dieser Energie nach dem Tod ist gleichbedeutend mit der Abwesenheit der Seele. Da ist auch ein bisschen Selbstschutz der Menschen dabei. Niemand würde sein geliebtes Kind, seine geliebte Frau oder seinen Mann begraben, wenn er davon ausgehen müsste, dass sich die Seele noch im Körper befindet. Die Seele ist ja gleichbedeutend mit dem Wesen der Person.
Also, gehen wir davon aus, dass Energie irgendwo bleiben muss. Allerdings kann ein gewisses Maß an Energie sich auch vermindern. Stellen Sie sich vor, ein Mensch hätte am Anfang seines Lebens ein Kilogramm Energie. Jeden Tag verbraucht er ein bisschen davon. Irgendwann ist diese Energie verbraucht – und er stirbt.“
Erik schnaufte. „Es wird immer absurder.“
„Ganz kurz noch, Erik. Gleich dürfen Sie mir wieder in die Parade fahren. Wenn Sie wollen. Ich weiß übrigens, was sie sagen wollen. Bauen wir mein theoretisches Gedankenprodukt weiter aus. Sagen wir, ein Mensch wird plötzlich aus seinem Leben gerissen. Autounfall mit 29 Jahren. Da bleibt eine Menge an Energie. Wir müssen auch davon ausgehen, dass der Mensch, der an Altersschwäche stirbt, sozusagen sein Akku verbraucht hat, nicht gänzlich leer an besagter Energie ist.“
Aaron blieb kurz stehen und zeigte auf den See.
„Sagen wir, der besagte Rest, dieser klitzekleine Rest an Energie wäre ein Wassertropfen in diesem See. Wobei wir auch ehrlicherweise sagen müssen, dass es, sobald sie im See sind, ja eigentlich keine Tropfen mehr sind. Eher eine aberwitzige Zahl aus Wassermolekülen. Jede gleich groß.
Aber – und das ist wichtig – der See wird natürlich in der Lage sein, viel, viel mehr dieser kleinen Wassertröpfchen aufzunehmen, bevor er überläuft, als große. Geben Sie mir da Recht?“

Erik sah Aaron wütend an. „Wobei soll ich Ihnen Recht geben. Bei der Menge an Metaphern, die sie hier in einer Sekunde verbreiten, kommt doch niemand mehr mit. Aber von mir aus, ja. Der See wird viel mehr kleine Tropfen aufnehmen können, als große.“
„Gut. Das ist nämlich wichtig. Ich fasse also zusammen, wir haben die Masse an überschüssiger Energie eines Menschen, der in jungen Jahren aus dem Leben gerissen wird. Wir haben den letzten Rest, den letzen Funken an Energie, den ein alter Mensch nach einem erfüllten Leben aushaucht. Haben Sie noch eine Idee, wo ein Übermaß an Energie herrühren könnte?“
Erik antwortete ihm nicht.
„Natürlich“, sprach Aaron munter weiter. „Natürlich das Hinzufügen von Energie. Das Aufladen der Batterien. Was kann einen menschlichen Körper wieder aufladen? Wenn ich raten müsste, Zorn oder Wut zum Beispiel. Reine Willenskraft, vielleicht. Ständige Bewegung des Körpers und des Geistes. Rastlosigkeit. Bestimmt viele, viele Dinge mehr. Das würde bedeuten, dass immer noch jede Menge Energie vorhanden ist. Vielleicht sogar im Alter.“
„Und der Tropfen damit zu groß für den See.“ Erik blieb stehen und blickte wieder auf den See.
Aaron fasste ihn sanft am Ellenbogen. „Hier, Erik. Lassen Sie uns kurz ausruhen und auf die Bank hier setzen.“
Erik ließ es geschehen, setzte sich und blickte geradeaus auf das Restaurant auf der anderen Seite des Sees. Lange Zeit sprach keiner von ihnen. Aaron gab ihm alle Zeit der Welt.

Erik musste eine Frage loswerden.
„Aaron, sagen Sie mir, wenn man noch zu viel Energie hat. Ist es korrekt, dass man dann auch nicht loslassen kann? Von der Welt. Seinen Freunden, seiner Familie?“
„Das könnte ich mir gut vorstellen“, erwiderte Aaron.
Wieder musste Erik nachdenken. „Sie haben vorhin den Buddhismus erwähnt. Ist es nicht so, dass man dort auch einen bestimmten Lebensstil einhalten muss um in das Nirwana einzugehen?“
„Oh, Nirwana ist nicht für alle etwas, das erst mit dem Tode eintritt. Viele Buddhisten glauben auch, dass sie das Nirwana im Leben erreichen können. Es ist mehr ein Gefühl. Oder auch ein Geisteszustand. Aber ich denke, ich weiß trotzdem, was Sie meinen. Wenn wir es sehr, sehr vereinfacht ausdrücken, heißt es nur, dass man solange wiedergeboren wird, bis man diesen Zustand erreicht. Dann ist man herausgelöst aus dem Kreislauf des Lebens. Also so etwas wie unser Himmel eventuell.“
„Sie haben so viel geredet … so viel erzählt … ich weiß nicht, wo oder was …“
„Lassen Sie sich Zeit, Erik. Soviel sie wollen.“

„Es ist alles miteinander verflochten, oder? Ich meine, unsere Kulturen, unser Glauben, es steckt von jedem ein Körnchen Wahrheit irgendwo. Alles lässt sich wieder auf einen Ursprung zurückverfolgen.“
„Ja“, sagte Aaron. „Zumindest findet man sehr viele Gemeinsamkeiten.“
Erik sah ihn an.
„Also wollen Sie mir folgendes sagen. Es gibt einen Himmel. Oder ein Äquivalent. Dorthin kommt man aber erst, wenn man geistig in einem bestimmten Zustand verweilt. Bis dahin wird man wiedergeboren. Hat man dann bei seinem Tode den richtigen Zustand erreicht, der letzte Funke in der Batterie ist, man die richtige Größe

hat …“, er schaute wieder auf den Teich. „Es passen mehr kleine Tropfen in einen Behälter, als Große“, murmelte er.
Dann wieder laut: „Woher weiß man, dass man dran

ist, die Ruhe hat. Aus dem Kreislauf austritt?“
„Wieder eine gute Frage. Wissen Sie, ich glaube, der Mensch

selber weiß es gar nicht. Die Seele weiß es vielleicht. Man kann es an der Ruhe des Menschen sehen. Es sind diese Menschen, die keine Angst vor dem Tod haben. Ruhig und ausgeglichen sind, bei ihrem letzten Atemzug, egal, wann er denn kommt. Sie wissen, aber warum sie wissen, ist auch mir nicht bekannt.“
Erik musste sich zwingen, den Blick von dem See abzuwenden. Er sah zu Aaron. „Wer sind Sie?“
Aaron zuckte mit den Schultern.
„Es ist Ihr Traum. Sagen Sie es mir.“
„Nein, nein, den Quatsch glaube ich nicht mehr. Es hat einen Zweck, dass ich hier bin. Dass Sie hier sind. Sie sollten mir erzählen, wie es funktioniert.“
An der Stelle hob Aaron die Hand um zu unterbrechen.
„Nein, Erik. Zuviel der Ehre. Ich habe Ihnen nur lauter Zeugs erzählt. Sie

sind für sich zu einem Ergebnis gekommen. Habe ich Recht?“
Erik sah ihm in die Augen. „Ja.“
Wieder richtete er den Blick auf den See. Er war nun fasziniert vom ihm.
„Sagen Sie mir, Aaron. Wie oft noch? Bitte.“
„Das kann ich nicht. Ich bin eine Manifestation Ihres Traumes. Erinnern Sie sich? Ich weiß es auch nicht. Ganz ehrlich. Aber wenn ich raten müsste, würde ich sagen, einmal noch. Lassen sie es ein bisschen ruhiger angehen. Lassen Sie jetzt los, Erik.“
Erik sah nach rechts, aber Aaron war verschwunden. Er schloss die Augen.

Der Abschied



Als er die Augen öffnete, war der Schmerz da. Es tat ihm weh zu atmen, sein Herz pumpte wie wild.
Er spürte etwas auf seiner rechten Hand. Erik richtete seinen Blick darauf und sah seine schlafende Tochter. Er freute sich sehr, sie zu sehen. Ihr Kopf lag auf ihren Händen, die wiederum auf seiner ruhten, ihr Gesicht ihm zugewandt. Er fand, dass sie wunderschön aussah. Eine große, erwachsene, selbstständige Frau. Sie würde ihr Leben meistern. Er dachte darüber nach, ihr über das Haar zu streicheln, hatte aber Angst, dass er sie damit wecken würde. Also ließ er es bleiben. Er war auch so dankbar genug, dass es ihm erlaubt war, Kathleen noch einmal zu sehen.
Er legte den Kopf wieder auf das Kissen. Und ließ los.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 04.08.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Beitrag zum 10. Scripthalon

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