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„Pater Antonius?“
„Ja. Paul. Was gibt es jetzt?“
Ich mochte den jungen Novizen Paul. Eigentlich. Er war rechtschaffen, ging in seinem Glauben zu Gott auf und tat, was ich ihm auftrug. Nur seine Neugier, die war störend. Tagein,- tagaus löcherte er mich mit Fragen.
Normalerweise beantwortete ich sie ihm gerne, brachten sie doch auch mich dazu nachzudenken und die Welt mit wachen Augen zu betrachten.
Jetzt aber war ich in Gedanken versunken. Es gab noch viel wichtiges zu bedenken, bevor wir zu dem Kloster kamen. Dazu war es früher Morgen, es war feucht und kalt. Meine Kutte war klamm und behinderte mich gewaltig beim reiten. Es war überhaupt ein Wunder, dass wir uns zu Pferd bewegen konnten, aber daran konnte man ersehen, wie wichtig dem Bischof die Sache war.
„Wird Bruder Eugen der heiligen Inquisition übergeben werden“?
Das also war die Frage, die Paul schon den ganzen gestrigen Abend zum Schweigen verurteilte. Ich wunderte mich schon, warum er so ruhig gewesen war. Es war untypisch für ihn, seine Neugier ließ seinen Mund kaum stillstehen.
„Ich wüsste nicht, warum das der Fall sein sollte. Denkst du, er ist besessen?“
Paul schüttelte schnell den Kopf. Er wusste, was ich von zu vorschnell gefällten Urteilen hielt.
„Nein, Herr. Das heißt, ich weiß es nicht. Aber könnte es nicht sein?“
„Wir werden es sehen, Paul. Glaube mir.“
Paul senkte den Kopf. Er war schon zu lange an meiner Seite um nicht zu wissen, wann ich meine Ruhe haben wollte.
Armer Junge. Er musste ja an den Teufel glauben, nach dem, was ich ihm erzählt habe. Wobei dies, wohlgemerkt nicht alles war, was ich durch des Bischofs Mund erfahren habe.

„Pater Antonius, setzt Euch“.
„Danke, Bischof.
Ich setzte mich vorsichtig auf die Kante des harten Holzstuhles.
„Ich habe merkwürdige Dinge erfahren, Pater. Dinge, die mich erschrecken lassen. Ein Mönch ist, so scheint es, vom Teufel besessen. Ich sage es Euch, Pater Antonius, weil ich glaube, dass ihr den Mönch, um den es sich handelt, kennt. Ich spreche von Bruder Eugen.“
Ich hörte dem Bischof natürlich mit gebotener Aufmerksamkeit zu und ich versuchte, nicht zu offensichtlich zusammen zu zucken. Der Bischof beobachtete mich genau. Es wäre nicht gut, zu viel Gefühlsregung zu zeigen.
„Ja, Bischof Niclaus. Ich kenne ihn sehr wohl. Vor langer Zeit weilten wir zusammen im Kloster, bis Ihr die Güte hattet, mich in Eurem Schoß aufzunehmen und zu leiten.“
Der Bischof nickte.
„Das wusste ich. Nun, interessiert Euch nicht, was Bruder Eugen widerfahren ist?“
„Doch, verzeiht. Bruder Eugen war in jungen Jahren ein guter Freund zu mir.“

„Nun, Pater, dann will ich Eure Neugier stillen. Bruder Eugen ward es erlaubt, eine Reise nach Cassel zu unternehmen. Dort kam er aber, wie ich erfuhr, nie an. Nach drei Tagen erschien Bruder Eugen wieder im Kloster. Offensichtlich verwirrt. Er sprach nur ein paar Worte und brach dann zusammen. Seitdem liegt er wach aber unfähig oder nicht willens zu sprechen, in seiner Zelle. Was ihn in diesen drei Tagen um trieb wissen wir nicht.“
„Man könnte annehmen, dass Bruder Eugen Opfer einer Gewalttat wurde?“
„Äußere Anzeichen so einer Tat sind nicht ersichtlich. Der Abt schickte mir einen Mönch, mit der bitte, ihm zu helfen. So heißt es, Bruder Eugen redet wirr.“
„Verzeihung, Exzellenz. Wirr?“
Ich runzelte die Stirn. Was bedeutete denn „wirr“? Ich kannte Bruder Eugen als pragmatischen, vernünftig denkenden Menschen. Ich konnte mir nicht vorstellen was ihm passiert sein sollte, das er wirres Zeug von sich gab.
Der Bischof beugte sich vor und sprach leise weiter.
„Ich entsende Euch dorthin, weil ich um Eure Verschwiegenheit weiß, Pater Antonius. Auch bin ich mir sicher, was die Größe Eures Geistes betrifft.
So fahrt in das Kloster und findet heraus, was dem armen Bruder widerfahren ist. Dem Bruder, der denkt, die Zukunft bereist zu haben.“

So drängenden Worte Pauls zogen mich zurück in die Gegenwart.
„Verzeiht, Pater. Schaut, man kann das Kloster schon sehen.“
Ich richtete meinen Blick nach vorne und sah, dass Paul Recht hatte. Durch die klare, eisige Luft konnte man das Kloster in der Ferne erkennen. Wir würden keine Stunde mehr brauchen, bis wir endlich aus klirrenden Kälte des Januars kommen würden. Wobei ich mir ziemlich sicher war, dass es nicht sehr viel wärmer im Kloster sein würde.
Ich musste an die kurze Zeit denken, die ich auch einmal in diesen Mauern verbracht habe. Keine zwei Jahre waren es gewesen, bis der damalige alte Abt mich zur Bischöflichen Residenz schickte, mit der Bitte, mich dort auszubilden. Er war der Meinung, mit meiner Intelligenz würde ich ihm nur Ärger bereiten.
Er meinte das freundlich, daran hege ich keinen Zweifel. Ich war ihm Zeit seines Lebens dankbar gewesen. Den neuen Abt kannte ich nicht, hörte aber, dass auch er ein vernünftiger und gemäßigter Mann sein soll. Ich würde es erfahren.

Wir klopften an der äußeren Pforte und warteten auf Einlass. Paul stand neben mir, rieb sich die Hände und wedelte damit herum, stapfte mit den Füßen auf und vollführte kleine Sprünge. Ich sah ihn böse an.
„Benimm dich. Willst du, dass der Abt denkt, ich reise mit einem Hampelmann?“
Paul blieb auf der Stelle stehen und schaute schuldbewusst zu Boden.
„Verzeiht, Herr. Mir ist nur kalt.“
„Mir ist auch kalt, aber siehst du mich Verrenkungen veranstalten.“
Das Tor ging auf und ich begrüßte den Mönch. Paul und ich führten unsere Pferde an den Zügeln in den matschigen Innenhof.
Es sah genau so aus wie früher. Klein für seine Verhältnisse und ärmlich, aber immer sauber. Nun, so sauber, wie die Umstände es zu ließen. Aber ich habe schon kleine Klöster gesehen, die wie verlassene Schweineställe aussahen und rochen.
Damals, als ich ging, waren ungefähr 60 Mönche hier gewesen. Hart arbeitende Männer und treu im Glauben.
Zwei weitere Brüder nahmen uns die Pferde ab und führten sie in den Stall. Ein weiterer Mann kam auf uns zu. Er war älter als ich und hatte schlohweißes Haar. Außerdem war ein wenig dicklich, was mich verwunderte. Früher gab es im Winter nie genug zu essen für die Mönche, so dass sie eher von dünnerer Statur waren.

„Pater Antonius, willkommen, willkommen. Ich bin Bruder Franziskus. Der Abt bittet mich, Euch gleich zu ihm zu führen, wenn Ihr nicht den Strapazen der Reise zu sehr erlegen seid. Wenn Ihr wünscht, kann ich auch dafür sorgen, dass Ihr etwas zu essen bekommt.“
„Danke nein, Bruder“, sagte ich freundlich. Ich wollte schnellst möglich zu ihm. „Bitte seid nur so nett und kümmert Euch um meinen jungen Novizen hier. Sein Name ist Paul. Wenn er Euch zu sehr mit seinen Fragen bohrt, bedeutet ihm einfach zu schweigen. Aber ich bin sicher, etwas Ruhe und Wärme wäre ihm sehr lieb.“
Paul nickte hektisch und versuchte erfolglos, dass klappern seiner Zähne zu verbergen.
Bruder Franziskus rief einem anderen Mönch im Hintergrund etwas zu und bedeutete dann Paul mit dem gerufenen zu gehen.
Bruder Franziskus brachte mich in der Zwischenzeit zu den Schlafstätten der Mönche.
Eugen hatte die selbe Zelle wie damals. Es war ein komisches Gefühl, sie wieder zu betreten. Nicht unheimlich oder unangenehm, es war nur, als fielen all die Jahre wieder von mir ab und ich ginge nur zu Eugen um wie immer ein wenig mit ihm zu philosophieren.
In der Zelle saß der Abt auf einem Schemel und erhob sich als ich eintrat.
„Pater Antonius. Ihr seid da. Kommt rein und setzt Euch.“
Er bedeutete mir, auf dem Schemel Platz zu nehmen. Das war sehr freundlich von ihm. Er hätte es nicht machen müssen. Als Abt war er der Höchste der Brüder im Kloster und quasi der Hausherr.
Ich wusste nicht, ob ich ihn beleidigen würde, wenn ich sein Angebot ablehnte, also nahm ich es an und setzte mich auf dem Schemel und beugte mich vor, um Eugen meine Hand auf die Stirn zu legen.
Er wirkte leicht fiebrig. Der Abt schien meine Gedanken zu lesen.
„Ja, er hat leichtes Fieber. Seit wir ihn gefunden haben schon.“
Ich nickte. Abgesehen von der heißen Stirn konnte ich keine weiteren äußeren Merkwürdigkeiten an Eugen entdecken. Außer natürlich, dass er mit offenen Augen an die Decke starrte und überhaupt nicht zu erkennen gab, ob er jemanden bemerkte.
„Seid so freundlich, Abt und erzählt mir, was passiert ist. Zumindest das, was ihr wisst.“
„Gerne, Pater. Aber es ist nicht viel. Wie ihr wisst, ist Bruder Eugen ein sehr frommer und intelligenter Mann. Er bat mich, ob er einen Freund in Cassel besuchen dürfe und da er das Kloster schon seit Jahren nicht verlassen hat, gewährte ich ihm die Bitte. Nach drei Tagen brach ein anderer Bruder auf um einem alten Mann auf einem Hof in der Nähe den letzten Weg zu geleiten und er fand Bruder Eugen keine hundert Meter vom Kloster entfernt. Er war ohnmächtig und wir trugen ihn in seine Zelle, wuschen und fütterten ihn. Seitdem liegt er fast so, wie Ihr es auch sehen könnt. Mehr wissen wir nicht.“
„Danke, Abt. Dar f ich Euch fragen, der Bischof erzählte mir, Bruder Eugen würde wirr sprechen?“

Der Abt und Bruder Franziskus tauschten Blicke aus. Franziskus drehte sich um, verließ die Zelle und schloss die Tür. Der Abt und ich waren, abgesehen von Eugen, allein.
Der Abt trat näher an Eugen heran und senkte den Kopf und sprach nun leiser.
„Armer Bruder Eugen. Pater Antonius, ich weiß, dass Ihr und Bruder Eugen sich kanntet. Ich hoffe, ihr werdet milde zu ihm sein. Das, was ich Euch jetzt sagen werde ist nur Bruder Franziskus und mir bekannt. Er war es, der des Nachts hörte, was Bruder Eugen im Wahn von sich gab und mich informierte. Seitdem wachen immer er oder ich vor der Tür.“
„Ihr seid sehr freundlich zu Bruder Eugen, Abt. Ich danke Euch dafür. Aber verratet mir nun das Geheimnis. Ich verspreche Euch, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen.“
„Ich weiß das, Pater Antonius. Daher bat ich seine Eminenz auch, Euch zu entsenden. Ich fürchte, Bruder Eugen glaubt in der Zukunft gewesen zu sein, Pater.“
Er stockte und wartete anscheinend auf eine Reaktion von mir. Die ich ihm aber verwehrte. Ich sah Eugen an. Armer Kerl. Er tat mir leid.
Der Abt sprach weiter.

„Wir konnten nicht so viel von dem verstehen, was er flüsterte. Er sprach von Dingen am Himmel. Fliegende Dinge. Rasende Sachen, die ihn beinahe überrannt hatten und von infernalischen Gestank.
Davon, dass es keine Blumen, Bäume und Wiesen geben würde. Überall Stein…“
Er stockte und musste schlucken.
„… wir glaubten erst, er würde von der Hölle sprechen, aber dann sagte er etwas immer und immer wieder und verstanden es nicht. Erst später kam ich drauf, dass er eine Jahreszahl damit gemeint haben könnte. So unglaublich diese auch sein mag. Pater, glaubt ihr, Bruder Eugen war von einen Dämon besessen?“
Ich sah ihn nur an. Schüttelte den Kopf. Nein, ich glaubte nicht an Dämonen.
„Ehrwürdiger Abt, könnt Ihr mir das Jahr nennen, in dem Bruder Eugen dachte verweilt zu haben?
„Aber natürlich, Pater. So unvorstellbar dass auch sein mag. Bruder Eugen wähnte sich im Jahr 2008 Anno Domini.“
Ich stand von dem Schemel auf.
„Währt Ihr so freundlich und würdet ihr mich mit meinem alten Freund ein paar Minuten alleine lassen. Ich würde gerne ein wenig für Bruder Eugen beten.“
„Natürlich, Pater. Selbstverständlich. Ich werde vor der Tür auf Euch warten.“
Er sah mir noch einmal tief in die Augen als wollte er abschätzen, was ich dachte. Dann drehte er sich um und verließ die Zelle.

Ich ging ihm nach und kontrollierte ob die Tür tatsächlich geschlossen war.
Nachdem ich mich vergewissert hatte, ging ich zu Eugen und setzte mich neben ihn auf die Matte. Ich nahm seinen Kopf in meine Hände und drehte sein Gesicht zu mir. Ich sah Angst in seinen Augen, aber keine Regung, dass er mich erkannte. Armer Teufel. Er musste tatsächlich durch die Hölle gegangen sein.
„Eugen? Eugen. Hör mir zu. Hörst du mich. Ich bin es, Antonius. Erzähl mir was passiert ist.“
Ich schüttelte ihn leicht. Ganz vorsichtig. Ich musste ihm nicht auch noch wehtun.
Ich glaubte auch nicht, überhaupt eine Regung von ihm zu bekommen, aber er fing an, leicht zu stöhnen, sein Blick wurde unstet und schwitzte aus allen Poren. Ich versuchte es noch einmal.
„Eugen. Ich bitte dich. Rede mit mir. Was ist passiert?“
Er wand sich noch stärker in meinen Händen, aber ich hatte das Gefühl, dass sein Blick ein kleines bisschen fester wurde. Und tatsächlich schien er mich dann nicht nur anzuschauen, sondern auch zu sehen.
Seine Stimme war sehr leise. Als hätte die Hölle, durch die er gegangen war, all seine Lebenskraft geraubt.
„Antonius…“
„Ja, ich bin es, Eugen. Ich bin gekommen. Was ist dir passiert. Erzähle es mir.“
Ich nahm den Krug an der Seite seiner Bettstatt und benetzte seine Lippen mit Wasser.
„Hölle…Antonius… Fliegende Dinge… Meter lange Monstren, die stanken und rollten… Menschen… aber merkwürdig aussehende… Riesige Burgen aus angemalten Stein und Spiegel… „

„Psch, psch…“, ich versuchte ihn zu beruhigen. Während er sprach wurde er immer aufgeregter und zitterte immer mehr. Der Schweiß floss ihm am ganzen Körper herab und seine Augen glänzten fiebrig.
„Ruhig, Eugen. Es ist gut. Du bist hier. In deiner Zelle im Kloster. Alles ist gut. Du hast es überstanden.“
Wieder sah er mich mit diesem gequälten Blick an.
„Antonius… Du… du… du glaubst mir, oder… sag, dass du mir glaubst…Ich bin nicht besessen…Kein Dämon…“
„Ich glaube dir, Eugen. Keine Angst. Alles wird wieder gut.“
Aber ich wusste, dass nichts wieder gut werden würde. Was er gesehen hatte, hatte auch seine Vorstellungskraft bei weitem überschritten. Er war nun wahnsinnig und sein Geist würde bald nicht mehr mit machen. Einfach abschalten und das für ihn unmögliche vollends und für alle Zeiten verdrängen.
Eugens Augen drifteten schon wieder ab. Sein Flüstern war schon fast nicht mehr zu verstehen.
„2008“, war das letzte, was er sagte. Dann fiel er ins Koma.
Ich küsste ihn auf die Stirn und betete tatsächlich für seine Seele. Dann stand ich auf und ging zur Tür.

Draußen standen Bruder Franziskus und der Abt. Beide waren in Gespräche vertieft, hoben aber die Köpfe, als ich aus Bruder Eugens Zelle kam.
Sie schauten mir in das Gesicht und ich schüttelte den Kopf.

„Ist er...“, begann der Abt. Bruder Franziskus neben ihm betete ein Ave Maria.
„Nein, Brüder. Er lebt und atmet, aber ich fürchte, sein Geist ist für immer von uns gegangen.“
Bruder Franziskus liefen Tränen die Wange herunter. Ich glaubte ihm seinen Schmerz. Eugen war ein anständiger Mensch gewesen, den viele mochten.
„Hat er irgend etwas zu Euch gesagt, Pater?“, fragte der Abt.
„Ja“, erwiderte ich. Zuerst das selbe, was er auch Euch schon erzählte. Das er ein fremdes Jahr in der Zukunft besucht habe. Als ich ihm sagte, dass es nicht möglich gewesen sein kann offenbarte er mir, dass er Früchte eines Busches gegessen habe, die offenbar für einen Menschen unverträglich sind.
Ich fürchte, die selben Früchte sind für seine Geistesabwesenheit verantwortlich.
Aber ich versichere Euch, Bruder Eugen ist immer Gott gefällig gewesen und nichts hat ihm vom rechten Weg abbringen können. Dies werde ich auch dem Bischof berichten.“
Der Abt legte die Hände ineinander.
„Was sollen wir nun tun?“, fragte er mich.
„Nun, ich denke, in ein paar Tagen wird Bruder Eugens Körper seinem Geist folgen. Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir gestatten würdet solange zu bleiben und mit Euch zusammen Bruder Eugen dem Herrn zu übergeben.“
Der Abt dachte kurz nach.
„Natürlich, Pater. Es ist uns eine Ehre. Wir werden Euch und Eurem jungen Novizen Zellen herrichten.“

Ich verbeugte mich.
„Ich danke Euch, Abt. Wenn Ihr gestattet, werde ich noch einen Ausritt unternehmen. Ich würde gerne an einem Ort außerhalb dieser Mauern um meinen Freund trauern.“
„Natürlich könnt Ihr tun, was Euch beliebt, Pater Antonius. Sollten Veränderungen bei Bruder Eigen auftreten, werden wir es Euch wissen lassen.“
Ich ließ Paul mitteilen, dass ich für ein paar Stunden das Kloster verlassen würde und ließ mein Pferd satteln.
Dann ritt ich in südlicher Richtung langsam davon.
Ich hatte mir vorgenommen langsam zu reiten, ich wollte nicht, dass irgend jemand, der mich sah dachte, ich hätte ein Ziel vor Augen.
Nach einer Dreiviertelstunde kam ich an mein Ziel. Ich stieg von meinem Pferd ab und band es an einen Ast. Ich schaute mir den Boden an. Fußspuren führten in das Gebüsch vor mir.
Vor meinen Augen sah ich Eugen, wahrscheinlich von einem Regenschauer überrascht, Schutz suchend in das Gebüsch kriechend. Es muss ein wirklich saublöder Zufall gewesen sein.
Ich wusste, wo der Übergang war und setzte mich kurz davor in die Hocke.
Vor mir lag etwas, was man nur als eine Tor bezeichnen konnte. Direkt vor mir lag, mit einem leichten Schleier belegt, die Zukunft. Das Jahr 2008.
Ich erinnerte mich, das auch ich bald wieder diesen Weg gehen musste. Ein paar „Antiquitäten“ verkaufen und ein weiteres Jahr meine kleine Wohnung im voraus bezahlen.
Wieder dachte ich an den armen Eugen.
Ich weinte tatsächlich um ihn. Es war meine, nicht Eugens Zukunft. Sein Weg muss ein vielfach schlimmerer gewesen sein, als es meiner vor so vielen Jahren war.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 25.08.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Rike, die mich diese Geschichte wieder hat ausgraben lassen. Danke

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