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Sunshine State.

Die fressen doch alle nur Dreck und Scheiße da drüben dachte ich immer und denke es wohl jetzt noch viel mehr. Alleine wie die alle dort aussehen. Fette, widerliche aufgeblähte fette Schweine, die alles in sich hineinfressen, was schnell verdaulich ist. Und dann erst die Politik, die dort gepflegt wird. Von der Industrie und den Lobbies gestellte Präsidenten, welche die Weltherrschaft anstreben Made in USA, universell shit anarchy. Tausend Gründe zu hassen fielen mir ein, Gründe, die durchaus Berechtigung fanden bedenkt man einige Fakten. Nein, USA, du Dreckshaufen, du Lügenwelt, deine Cowboys braucht die Welt nicht mehr dein Hollywood nimmt dir kaum einer noch ab. Deine Musik ist schlecht und deine Kunst ist billig und deine ungeliebten Kinder sitzen auf der Straße und irgendwann werden sie dich töten, Amerika. Nation der Burger, dein Fettgesicht des schlechten Geschmackes wird niemals wettgemacht durch eine paar Eliteuniversitäten. Tausend Klischees in tausend Bildern, doch nicht ein mal selbst dort gewesen.

Doch unser Boot wartete auf uns in Florida. Ein Freund von mir hatte sich dort eine Yacht gekauft um einen Trip nach Key West zu machen. Es sollte eine Reise werden, die mein Leben verändern würde in vielerlei Hinsicht. Wir wollten einfach mal raus, raus aus dem Alltag, raus aus dem Gewohnten. Vom Flughafen München begann die Reise, die mit einem halben Finger weniger endete und der wichtigsten Erkenntnis des Lebens.

Flughafen München, Drehscheibe zur Welt, riesige Flächen und Flugzeuge und Menschen in dauerhafter Bewegung, flüchtige Gesichter und viele Augen, die von ein bisschen Sonne mehr träumen oder auch, Augen, die wiederkommen, mit steifen Blicken, Stöcken im Arsch und harten Westen, Warteschleifen und Warteschlangen und großen Anzeigetafeln und überall eine Welle rollender und getragener Koffer. Fluchhafen, Fluchthafen, Flugwagen und immer bloß weg von hier.

Ich war noch niemals in New York kam mir ein Lied in den Sinn. Ich war jetzt nicht schlecht drauf und freute mich sogar auf meinen USA-Aufenthalt. Meinen beiden Freunden ging es ähnlich, wir lachten und scherzten, rauchten noch eine Zigarette und tranken ein Krombacher. Es war das erste Mal in meinem Leben, das ich mit einem Flugzeug flog.

Check in, tausend Menschen untersuchen, tausend Gäste und eine mögliche Gefahr. Meinen Rasierschaum durfte ich hergeben, da Bedrohung droht, falls sich mein Rasierschaum als tödliche Waffe erweisen sollte und nach zweifachen Kontrollen galt man als harmlos. Warteschlangen überall doch die Zeit wurde genau bemessen.

Im Flugzeug war alles eng, neben mir saß ein fetter Mensch in Anzug, der ohne Ende schwitzte und aus dem Mund roch. Sechs Stunden Fett, Reichtum und Gestank neben mir im Flugzeug ohne Platz für meine langen Arme. Der Abflug war wie ein kleiner Höhepunkt als das Flugzeug erst langsam, dann schnell über die Bahn rollte und dann irgendwie nach oben zog und den Erdboden steil verließ, durch Schichten von Wolken durchstieß wie durch ein Jungfernhäutchen und letztlich im entscheidenden Momente ins blaue Meer stieß um über ein Meer von leuchtenden, weißen Wolken zu schweben, Wolken, die wir Zuckerwatte aussah in einer bizarren, surrealen Nebellandschaft wie ein riesiges Meer.

Nach einer Stunde ruckelte das Flugzeug und eine Durchsage in schwer verständlichen Englisch durchbrach das Schweigen. Man konnte nicht mehr sagen, was der Schaden wäre, da man in der Durchsage nur Fetzen verstehen konnte doch scheinbar war in einen von vieren was auch immer, ein Aussetzer. Viele schauten immer wieder nach draußen in der Angst, ein Triebwerk sei defekt. Diese Ungewissheit wurde erst nach dem zweistündigen Aufenthalt in Dublin genommen als Techniker die Maschine reparierten.

Wir wollten in die Sonne und kamen in einem wilden Schneesturm in Philadelphia an. Alle Flüge waren bei dem Unwetter gestrichen also auch unser Flug nach Orlando, so dass wir eine Nacht im Hotel verbringen mussten und uns an amerikanischen Essen versuchten, was sich vor allen über die Größe der Fleischprodukte äußerte. Nach einem komplizierten Verfahren, sich selbst auszuweisen, was man dort will in mehrfacher Papierausführung und einem Eid, mit dem sich verpflichtet, keine Drogen dort zu verkaufen oder nicht als Terrorist tätig zu werden.

Am nächsten Morgen ging es früh los, Flughafen, auf nach Orlando, dann mit einem Auto nach St. Petersburg auf einem endlosen Highway entlang endloser Reihungen sich wiederholender Monotonie unter der drückenden Hitze der Südstaatensonne. Vorbei an der Abzweigung nach Disneyworld, vorbei in riesigen Werbeplakaten, wo in riesengroßen Hurenbuchstaben der Vorteil vom Kauf 2, bekomme 3 System gepriesen wurden. Am Rande immer wieder Palmen und Kakteen das uns nach Blues war, nach Wüste, nach Hitze, nach Whisky, Dosenbier, Bikinifrauen und Key West. Und abends leuchteten überall Reklametafeln wie Angebote flüchtigen Vergnügens.

Amerika, Land der Verlierer und Land der ausverkauften Träume, du hattest mich empfangen in den Armen von den freundlichsten und sonnigsten Menschen, die ich seit langem getroffen hatte. Doch warum müssen die Verpackungen im Supermarkt immer so riesengroß sein? Und warum trinkt man Wein und Whisky aus 1,5 oder 2 Literflaschen? Und warum gibt es Chips nur in 500 g Packungen und was ist nochmal Rootbeer? Und warum sind die Menschen dort oft so dick vom Pomfen? Und überall wurden einem Chicken-Wings, Orangen und Erdnüsse angeboten. Auto, oft riesige Pick-Ups fuhren mit maximal 80 Meilen die Stunde auf der Straße.

Amerika, Land des Rock'nRoll und des Blues, Land von Männerträumen und wunderschönen Sonnenuntergängen, Land von diesen endlosen Highways und Supermarkten, die immer offen stehen und diesen endlosen Ketten von Restaurants am Rand. Amerika, Land der weiten Flächen und dem Wunsch nach Ausdehnung.
Ich sah sie, die schönen dort, die Reichen und ich sah die Armut an allen Ecken und Enden, ich war dort, im Knast, für eine lange versoffene Nacht und war im Krankenhaus, für einen Schmerz mehr im Leben, sah die Huren am Rande der Straße stehen und sah die kranken Kinder an kranke Kinder Drogen verkaufen, da sie sonst nichts anderes können um an Geld zu kommen. Traf Indianer, teils versoffen, teils verraten, teils verkauft, wilde Kinder einer Welt, über die schon die Sonne schien lange bevor blutigen Fußes des weißen Mann die Seuche Namens Wachstum und Schulden über die Welt brachte, Indianer, die wenig der Größe über hatten, getreten und gedemütigt von Amerika, oft gezwungen, vierzehn Stunden täglich zu arbeiten oder gleich im Glücksspiel Fuß zu fassen.

Amerika rockt und als wir nach vier Wochen nach Deutschland zurückkam wollte ich am liebsten sofort wieder gehen als ich sah, wie steif, wie gestellt, wie künstlich die Menschen hier sind, einfach unentspannt und immer genervt wirkend. Ich werde dieses Land nicht vergessen, auch wenn mir ein Stück vom Finger fehlte.

Politik wird nicht vom Volk gemacht und nicht fürs Volk und alles, was man einem Volk nachsagt, passt oft so wenig wirklich zum Bild wie das Bild, dass man den Deutschen nachsagt, sie würden nur Sauerkraut, Weißwurst und Weißbier trinken, Blasmusik hören und alle auf den Alpen wohnen um dort König Hitler zu verehren, der den Menschen saubere Kühlschränke versprochen hatte, wenn sie alle Wanderlieder singen.


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Tag der Veröffentlichung: 25.04.2011

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