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1. Wie alles begann

Wenn man umzieht und dazu noch in einen Neubaublock, gibt es eine ganze Menge neues zu erleben.
Neue Nachbarn, neue Leute, neue Charaktere, die junge Dame von gegenüber, die beim duschen den Vorhang nicht schloss.
Die von mir ausgewählte Wohnumgebung versprühte den spröden Charme der sechziger Jahre. Das Haus lag im Dichter- und Denkerviertel der Stadt, waren hier doch die ganz großen der Zunft vertreten. Wir hatten hier die Goethestraße, Heinrich-Mann-Straße, Schillerstraße und eben die Heinrich-Heine-Straße.
Sie war der Leuchtturm in dieser Betonwüste: sorgfältig gestutzte Hecken verbanden sich scheinbar fließend mit dem grünen Rasen vor der Tür.
Die gemauerte Wand um die Müllcontainer war ohne Risse und hatte keinen Fremdlack, das soll zur heutige Zeit schon etwas heißen.
Das Viertel hatte alles, was Mann und Frau zum Leben brauchte. Einen Bäcker, einen Supermarkt, S-Bahnanbindung und die Busse verkehrten im Zweistundentakt Richtung Innenstadt. Das einzige Problem war die tägliche Parkplatzsuche.

Da stand ich nun mit mir allein in dieser neuen Wohnung und die Nachbarn stellten sich mir vor.
Dumm nur, dass es durch die Wände und bei geschlossenen Türen und Fenstern passierte.
Sie gaben sich auch alle Mühe ausreichend gehört zu werden.

Obwohl am Namensschild Dirk und Susi Müller stand, kam ich zu der Ansicht, dass sie doch noch einige viel schönere Namen in petto hatten.
Idiot; Blödmann; Dumme Kuh;....um nur einige zu nennen der Rest dürfte dann nur noch nach dreiundzwanzig Uhr erwähnt werden.
Sie waren auch so nett ihre körperlichen Vorzüge zu beschreiben.
Anscheinend wuchs der Hintern von Susi seit Jahren schon mächtig in die Breite. Keiner ist vollkommen. Dirk hatte wohl einige Probleme bezüglich des Bauchs,
denn Susi konterte, dass er sein bestes Stück eh nur noch im Spiegel sehen kann. So ging das weiter und weiter. Vielleich sei noch zu erwähnen,
dass Dirk sich hier eine fleischfarbene Badekappe besorgt hatte, die ihm wohl immer größer wurde. Nach der allgemeinen Frage: "Was sollen die Nachbarn denken?", dachte ich, dass nun das große Finale kommt. Hatte ich es mir doch schon mit Nüsschen und Bier auf der Couch bequem gemacht.
Das war ganz großes Kino hier, alles ohne Eintritt, mit eins a Ton - da kam kein Dolby surround mit und bei geschlossenen Augen sogar sechzehn-zu-neun Bild! Herrlich!
So dachte ich auch, dass diese Frage an mich gerichtet war und laut rief ich den beiden zu: "Macht weiter.... Die Nachbarn sind vollkommen zufrieden!"
Allerdings erziehlte das dann doch nicht den gewünschten Erfolg. Denn von Dolby und sechzehn-zu-neun ging es plötzlich zu null Dezibel und rabenschwarzem Bildschirm. Gut dachte ich, ist eh schon spät und morgen wieder Arbeit.
Die beiden verhalten sich mir gegenüber nun doch etwas, sagen wir, reserviert.

Frau Plattmann aus dem erstem Stock ist die sogenannte gute Seele des Aufgangs. Neunundsechszig Jahre alt, immer mit Kopftuch und Schürze bekleidet, hält sie den Laden am laufen.
Sie erinnert dann freundlich daran, dass man es mal wieder vergessen hatte, die Treppe zu wischen ("Also so geht das hier nicht. Hier herrscht Ordnung und Sauberkeit. Sie haben die Treppe schon wieder nicht gewischt. Die ist so dreckig").
Nach kurzem Blick ins rund, konnte ich ihr dann uneingeschränkt zustimmen.
"Ja, Frau Plattmann, diese jungen Leute, ne, ne, ne....Ich sag meinem Mitbewohner, dass er die Hacken schwingen soll".
Beim Wort Mitbewohner veränderte sich ihre abwehrende Haltung dann etwas. Da ging dann ein Ruck durch diese Frau..."MITBEWOHNER"....Soviel ich weiß, wohnen sie da ALLEIN."
Ich traute mich nicht wirklich zu fragen, woher ihre Informationen über mein Leben stammten, denn der Wischlappen wedelte doch sehr gefährlich nahe meinem Gesicht. So wünschte ich einen schönen Tag und verließ fluchtartig den Flur. Wer dacht, dass die Angelegenheit damit vorbei sei, sieht sich etwas getäuscht. Denn zwei Tage später erhielt ich Post von der Hausverwaltung. In dieser teilten sie mir mit, dass ich, falls es keine Umstände macht, doch mal zum Thema MITBEWOHNER Stellung nehmen sollte. Denn dies sei eine normale Hausgemeinschaft und keine Kommune. Ich habe mich dann gefragt, wann der Vertreter das letzte Mal hier war, wenn das hier normal bezeichnet wird.....

Denn da sind ja auch noch Hannah und Guido.
Hannah und Guido wohnen unter mir. Tagsüber hört man wenig von ihnen, aber nachts werden sie aktiv! Und wie!
Hannah ist etwas Mitte/Ende zwanzig und kann ihre Vorliebe für eine Fast Food Kette nicht so ganz verschweigen. Dazu kommen dann immer hautenge Jeans, hautenge Oberteile und schwarze Lackstiefel bis zum Knie. Hm....Vielleicht ist sie etwas zu klein für ihr Gewicht.
Guido hingegen ist knapp zwei Köpfe größer und dürr wie ein Stock. Gekleidet immer in Klamotten Größe Viermannzelt. Hosen zu lang, Pullover, auch im Sommer, zweimal am Ärmel umgeschlagen.
Herr Gärtner, der Nachbar der beiden, berichtete mir kürzlich, dass sie wohl an Doktorspielen interessiert seien und dem Patienten da auch schon mal Blut abgenommen hätten.
Nun bin ich mir aber nicht so sicher ob der liebe Herr Gärtner hier etwas verwechselt hat, oder die beiden doch einen verkürzten Horizont haben.
Etwas unangenehm ist mir die Tatsache, dass die liebe Hannah mich mit ihren Augen verschlingt, wenn wir uns im Treppenhaus begegnen.
Zufällige Berührung hier, flüchtiges Streifen hier.... Ich nahm dann meinen ganzen Mut zusammen und sprach die selbsternannte Traumfrau der Heinrich-Heine-Straße 30 an!

"Hallo Hannah, wie geht's denn? Ich wohne über euch."
"Ja, das weiß ich doch längst" antwortete sie in höchsten Flötentönen.
"Komm uns doch mal besuchen."
"Hat denn Dein Guido nichts dagegen?"
"Ach nein, der ist doch Open-Minded in Sachen Sex."
Aha, dann war die Einladung zum Besuch wohl doch nicht auf ein Bier.....
"Das freut mich für euch beide. Doch der Sex zwischen uns wäre rein fiktiv." Beim Wort fiktiv bekam Hannah auf einmal so einen verklärten Blick und wurde merklich unruhig.
Sie fing an mit den Lidern zu klappern, als ob sie davonfliegen wollte. Das wollte ich dann aber auch und zwar ganz weit weg.
Zu meiner Rettung kam Susi die Treppen hoch, warf mir einen Blick voller Abscheu zu und sprach zu Hannah: "Red nich mit dem, der ist böse!"

Nun bleiben mir nur noch zwei Möglichkeiten.
Erstens, warten dass die Dame von gegenüber nochmal ab und zu die Fenster offen lässt, oder
Zweitens, eine allgemein gehaltene Nachricht ans schwarze Brett heften und alle in meine Wohnung zu Kaffee und Kuchen einzuladen.

Auf gute Nachbarschaft.

So zu sagen.


2. Ein entspannter Nachmittag bei Kaffee und Kuchen

Nachdem ich also meine Einladung ans schwarze Brett gehangen hatte, war ich natürlich sehr gespannt wer meiner Einladung nachkommen würde.
Kurz überlegen: im ersten Stock haben wir Frau Plattmann und Familie Mellrich.

Herr Mellrich ist ca. zweiundvierzig Jahre alt, ist leitender Angestellter einer Bank und was er macht, hat Hand und Fuß.
Das hört man immer dann sehr deutlich wenn seine geliebt Gattin ihn auffordert, doch endlich das neue Gemälde an die Wand zu bringen.
Nach einer endlosen Disskusion über Sinn und Zweck des Unternehmens, gibt er schließlich nach, geht in den Keller, holt die Bohrmaschine und beginnt.
Meist hört es sich allerdings so an, als ob er erst einige Löcher zur Probe bohrt, bevor er beginnt, das Haus zu zerstören. Diese handwerklichen Unternehmen finden nie vor 21:00 Uhr statt.
Seine Frau ist Neununddreißig, schlank und von Beruf Diplomdolmetscherin für Isländisch und Norwegisch.
Sehr sanft im Umgang mit ihrem Mann, den sie auch stets zu Höchstleistungen anspornt mit Sätzen wie: "Soll ich nicht lieber den Fachmann anrufen?", oder
"Schatz, es muss doch irgendetwas geben, dass Du auch kannst!" Die beiden haben zwei Kinder, Jean-Michel und Franziska.
Beide sind Engel.
Nur müsste dann genauer geklärt werden, was dann der Teufel macht.
Offenbar genossen die zwei ein offene Erziehung. Da kam das Wort NEIN wohl nicht vor.... Ebenso wenig sind ihnen Worte wie BITTE, DANKE, GUTEN TAG u.ä. geläufig.... Kinder halt.
Im zweiten Stock wohnen Hannah und Guido, sowie Herr Gärtner.

Im dritten haben wir Herrn Täuber, Postbeamter a.D., der sehr gern singt; gern sehr laut und sehr falsch. Wenn er nicht singt, dann pfeift er. Noch lauter und falscher.
Sowie seine Nachbarin, diese neugierige Lehrerin Frau Blum (die sich rühmt im Haus besser Bescheid zu wissen als Frau Plattmann).
Frau Blum ist Lehrerin für Deutsch, Kunst und Musik... In ihrer Auswahl der Bekleidung finden sich stets alle Farben des Regenbogens wieder. So passen ihrer Meinung eben pinke Stiefeletten zu einer giftgrünen Hose. Das ganze wird von einem hellgelben Gürtelchen gehalten, auf welchem dann noch (wie sie mich belehrte) ein ockerfarbener Pullover saß. Denn ich war der Meinung, dass es Orange war.
Ich hätte eben keinen Sinn für Kunst und Farben. Da ich sie auch einladen wollte, sagte ich erstmal lieber nichts.
Im vierten Stock haben wir mich (aber ich bin ja schon da), Susi und Dirk.

Im fünften das sanfte und zarte Wesen Rebecca!
Rebecca ist dreiunddreißig, Singel aus Überzeugung und sie geht nicht die Treppen herunter, nein sie schwebt.
Aus ihrer Wohnung dringen stets zarte Laute einer indischen Sitar. Räucherkerzen in diversen Düften hüllen ihre Wohnung in (ihrer Meinung nach) sinnliche Düfte.
Sie ist auch diejenige, die den Inder um die Ecke sehr reich gemacht hat. Es vergeht kein Tag an dem der freundliche Lieferservice nicht klingelt.
Er klingelt nie bei Rebecca, sondern immer in den Stockwerken eins bis vier (naja, links unten bei Frau Plattmann nun auch nicht mehr).
Und jedes Mal posaunt die nette Stimme: "ESSEN IST DA." Und jedes Mal wird dem Boten kundgetan, dass niemand etwas bestellt hat.
Bis Rebecca ihn erlöst und die Tür öffnet.
Sie wohnt dort oben allein, denn die Nachbarwohnung steht (noch) leer.

So berechnete ich also den Platz für vierzehn Leute.
Zu meiner Überraschung sagten dann auch alle zu. Und ich solle mich doch nicht in Mühe und Unannehmlichkeiten stürzen.
Hätte ich es damals schon gewusst wie es laufen würde, dann hätte ich diese Veranstaltung mit versteckter Kamera festgehalten....

Alles war vorbereitet:
Der Tisch gedeckt, den Bäcker um etliche Stücken Kuchen erleichtert, Kaffee gekocht, Tee aufgesetzt, nun konnten sie kommen. Und sie kamen. Aber wie.

Fünf Minuten vor der Zeit, war Frau Plattmanns Pünktlichkeit.
Fast hätte ich die Tür wieder geschlossen, denn ich habe sie nicht erkannt.
Losgelöst von Kopftuch und Schürze, frisch frisiert stand sie in der Tür, stieß mich aus dem Weg und begann die Wohnung zu inspizieren.
Mit Worten wie: "Nein, nein, diese neumodischen Möbel und kein Teppich und farblich passt das doch nicht zusammen.Sie kommentierte sie die Einrichtung folgendermaßen: "Nein, nein, diese neumodischen Möbel und kein Teppich und farblich passt das doch nicht zusammen.
Um sich dann schwer atmend in den Sessel fallen zu lassen und lautstark nach einem starken Kaffee zu verlangen.

Ich hatte keine Zeit, ihr diesen Wunsch zu erfüllen.
Denn da stand schon Familie Mellrich vor der Tür.
Er: taubengrauer Anzug, silberfarbenes Hemd, goldene Manschettenknöpfe, und hellblaue Krawatte. Ihm war die Freude über den Besuch sichtlich ins Gesicht geschrieben.
Sie: enges tailliertes schwarzes Kleid, blassroter Rollkragenpullover, mit silberner Perlenkette.
Auf eine etwas komische Art hielt sie ihre rechte Hand: In Brusthöhe, leicht abgewinkelt und ca zehn Zentimeter meinem Gesicht entgegen.
Jean-Michel: Zick-zack Scheitel, weißes Hemd, rosa Fliege und knöchellange Hose. Er stand da wie ein Stock.
Franziska: Kaugummi kauend in weißer Strumpfhose, schwarzen Lackschuhen und grünem Kleid. Beide Kinder hatten einen leicht gelangweilten Blick.
Frau Mellrich's Stimme schrillte durch die Wohnung, welch schöner Fernseher, ach Gott, erst der Laptop. "Ullrich, warum haben wir DAS nicht."
Ullrich hätte ich am liebsten Bier, Schnaps oder Wein angeboten. Kaffee hätte wohl nicht geholfen.
Statt dessen verlangte seine Gattin dann vier Mal Kamillentee.
Frau Plattmann schaltete sich kurz in die Unterredung ein: "Hinsetzen, ich krieg erst Kaffee." Kurzes Augenverdrehen seitens Familie Mellrich und dann saßen sie.

Auftritt Rebecca:
Es schien, als striff sie den Klingelknopf kurz. Es klingelte nicht, nein es läutete.
Eingehüllt in Patschuli und bekleidet in einem azurblauen Seidenkleid mit goldener Stickerei, schwebte sie zielstrebig zum Kaffeetisch,
setzte sich, schenkte sich Tee ein, nahm ein Stück Kuchen und beobachtete alles über den Glodrand ihrer Teetasse.
Frau Plattmann verstand das als Einladung zur Selbstbedienung schenkte Kaffee nach, warf fünf Stück Zucker hinterher und rührte fast ein Loch in den Tassenboden.
Familie Mellerich bedachte das alles mit pikierten Blicken.
Mir war's egal, denn nun kamem Susi und Dirk.

"Hey, echt geil, die Einladung. Mach ma die Tür weiter auf, damit de Suse mit ihrn dicken Hintern nachkommt." rief Dirk durch's Haus zur Begrüßung.
Ging zielstrebig in die Küche zum Kühlschrank und das erste Bier verschwand auf Anhieb in der Kehle.
Susi hingegen strafte mich mit Missachtung, nahm ihren Kaffee und verschwand auf dem Balkon.

Frau Blum traute sich wohl nicht allein, denn sie hatte den armen Herrn Täuber fest in ihrem Klammergriff.
In ihrer Bekleidung dominierten wieder alle Farben dieser Erde. Ihr kurzer Blick ins Rund der Wohnung ließ sie zu folgender Bemerkung hinreissen: "Ach ne, keine Blumen und alles so grau und farblos."
Herr Täuber hingegen verbesserte mit militärisch lauter Stimme: "Das ist sandgelb. Hatten wir früher an unseren Wehrmachtsfahrzeugen!"
Er sah aus, als wolle er zum Dienst. Schwarze, auf Hochlanz polierte Schuhe, dunkelblaue Hose, weißes Hemd, dunkelblaue Krawatte und dunkelblaues Jackett.
Kurzer Blick ins Rund, Kommentar: "Ach die aus dem ersten Stock sind ja auch hier, dachte die haben nur ihre eigen vier Wände."
Zwei kurze knappe Schritte in Richtung Frau Plattmann. Kreuz durchgedrückt, zum Handkuss ausgeholt, gesetzt, wieder aufgestanden und mit Ruck die Balkontür versperrt. "Man weiß ja nie wer kommt."
Aber ich wusste wer noch draußen war.
Arme Susi.

Der liebe Guido zog ein Gesicht, als ginge er zu seiner eigenen Hinrichtung.
Verwaschene Jeans, grüner Pullover mit gelben Karos und ein Drei-Tage-Bart rundeten seine Erscheinung ab.
Ganz ander seine Hannah: Bei ihrem Einmarsch fühlten sich Herr und Frau Mellrich veranlasst, ihren Kindern die Augen zu zuhalten.
Roter Lackminirock, schwarzes Lackkorsett und eine rote Blume im blonden Haar.
Offensichtlich sprang da etwas bei Rebecca über.... Sie fing an, unruhig auf ihrem Stuhl zu rutschen und bekam ihrgendwie feuchte Augen.
Hannah interessierte sich besonders für mein Schlafzimmer.
Immer wieder lobte sie die Einrichtung: "Hach je, solch ein großes Bett für einen." "Was man alles in diesem großen Spiegel sieht."
Und dann war dann wieder dieser Ausdruck im Gesicht.
Guido nahm das alles irgendwie nicht wahr, machte Frau Mellrich schöne Augen und setzte sich neben Rebecca.
Die rückte aber erstmal zwei Meter weit weg, offenbar war nicht nur die Rasur drei Tage alt....

Alle da? Nein, wo war Herr Gärtner?

Herr Gärtner klingelte dann etwas später.
Er stand in gelbem Hosen, grauem Rollkragenpullover und weinroter Strickjacke in der Tür.
Er murmelte etwas, das wie "Hab nicht so viel Zeit, muss wieder...." klang.
Kurzer Blick ins Rund: "Aha Doktor und Patient hier...Der olle Kriegstreiber, die alte Schachtel, das Paar ETEPETEEEETE (er sagte das wirklich so), Dick und Doof, die mit dem indisch Tick,
der Säufer...wo ist die Frau von dem?" (Er machte auch irgendwie den Eindruck, sich in Rebecca's Gegenwart nicht wohlzufühlen).
Schüttelte kurz den Kopf, stürzte die Tasse Kaffee herunter nahm sein Stück Kuchen auf die Faust und verabschiedete sich mit den Worte: "Nu war ich da, nu kann ich wieder gehn..."
Danke schön Herr Gärtner.

Das anschließende Einnehmen von Kaffee und Kuchen verlief ohne weite Probleme. Die kamen dann danach.

Das Klopfen an der Balkontür veranlasste Herrn Täuber zum Kuchenmesser zu greifen.
Ich konnte ihn gerade noch beruhigen und ihm erklären das es nur Susi ist.
Das war für ihn ein Grund mehr, das Messer noch höher zu halten.
Frau Plattmann ergötzte sich an ihren Gerüchten über Herrn Gärtner.
Er hätte wohl etwas zu verbergen, da er ihr immer aus dem Weg ging.

Jean-Michel und Franziska verwechselten das Badezimmer wohl mit dem Schwimmbad. Frau Mellrich konnte mich beruhigen, da Ullrich ja versichert ist.
Der wollte ja eigentlich mit mir über Geld reden. Da ich aber keine festverzinslichen Wertpapiere, kein Nummernkonto in der Schweiz, oder Aktien besaß, erlahmte sein Interesse etwas.

Dirk startete eine Unterhaltung mit Frau Blum.
Welches ihrerseits zu folgender Aussage führte: "Junger Mann, wann haben sie die Schule verlassen, waren sie jemals dort?
Wenn ja, warum wurde ihnen da der Umgang mit Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ nicht veranschaulicht?"
Darauf Dirk: "Klar war ich inne Schule." "Ich weiß, wat n Akku is, weiß was n Genital is und dat es tief gehn kann weiß ich auch."
Leicht pikiert zog sich Frau Blum in ihre Wohnung zurück.

Hannah winkte immerzu mit ihren Augen Richtung Schlafzimmer, offenbar nach dem Motto: JE MEHR LEUTE, DESTO BESSER!
Rebecca tat alles um Guido's Avancen zu entfliehen.
Der musste sich von Herrn Täuber anhören, dass er doch etwas vergammelt daher kommt. Etwas Seife, eine Rasur und einen Besuch beim Frisör wurde ihm noch ans Herz gelegt.
Bevor Guido etwas antworten konnte, knallte Herr Täuber mit den Hacken (das veranlasste Frau Plattmann den Schlaf und das Schnarchen einzustellen) und verabschiedete sich.

Ebenso trat Familie Mellrich den Rückzug an.
Sie hinterließen mir ein überflutetes Badezimmer.
Da kein Bier mehr im Kühlschrank war, ging Dirk leicht schwankend mit Susi im Arm und verabschiedete sich deutlich gerührt.
Susi war nach dem Aufenthalt auf dem Balkon etwas "verschnupft"

Frau Plattmann wollte dann doch noch mal bei Herrn Gärtner nach dem Rechten sehen.
Hannah gab ihren Plan auf und nahm Guido von Rebecca weg.
Ein getrillertes "Bis zum nächsten Mal" und weg waren sie.

Nun saß nur noch Rebecca da.....


3. Ein Gespräch und Abendessen mit Rebecca

Ach ja, Rebecca.
Dieses sanfte und zarte Wesen. Sie allein war noch da.
Und ging nicht.
Nun vermochte ich allerdings nicht im entferntesten vermuten, warum sie noch saß. Warum ihr Tee kalt war und sie nicht einfach entschwebte.
Die Antwort kam dann auch sehr ausführlich und sehr deutlich.

Vielleicht sah sie ja in mir einen väterlichen Freund, obwohl wir doch beide im gleichen Alter sind. Vielleicht brauchte sie auch nur jemanden zum reden.
So begann sie zu reden. Es wurde eine Reise in die Stationen ihrer Kindheit, ihrer Jugend, ihrer Selbstfindungsreise mit jemandem namens Cedric nach Indien und ihrem Reifens, sie sagte nicht älter werden.
Sie sagte wörtlich: "Mutter Natur legte mir die Gabe in den Schoß, in Würde zu reifen.".
Jeder kann sich vorstellen, wie sehr ich mich auf das Gespräch freute. Außerdem war es Samstag und zeitmäßig knapp vor der Sportschau.

Sie wuchs in Gelsenkirchen auf, ihr Vater war treuer Fan von Schalke 04 und trug stets den leichten Trinkeranzug: blaue Sporthose mit dem Wappen von S04, weißes Rippunterhemd und Pantoffeln.
Ihre Mama arbeitete in irgendeinem Büro und Rebecca wuchs da zwischen zwei Brüden mehr oder weniger unbeschwert auf.

Erste Probleme gab es dann wohl in der Schule. Da sich herausstellte das die liebe Rebecca ein sehr begabtes Kind war. Diese Ansicht teilten nicht alle. Besonders nicht ihre Familie und der Rest der Klasse.
Wurde sie gefragt, wo das Bermuda Dreieck ist, gab sie zielstrebig zur Antwort, dass jetzt Geographie ist und nicht Geometrie.
Erfolge bei Männern blieben hauptsächlich aus, deshalb wurde sie überzeugter Single.
"Nicht, dass ich es nicht versucht hätte." Sie hätte eben nur Pech gehabt.
Pech gehabt mit Michael, mit Daniel, mit Holger, mit Björn. Pech auch mit Antonio, mit Hassan, Pech mit Sascha, mit Mike, Dirk, Thomas, Andy und Christian.
Auch mit Kontaktanzeigen hätte wohl nicht geklappt, obwohl Herr Gärtner.....
"Moment, DER Herr Gärtner aus dem zweiten Stock?", fragte ich. Irgendwie kam mir der leise Verdacht, dass hier nicht alles mir rechten Dingen zugeht.
"Ja, Walter...(hört, hört, Walter heißt er...) aus dem zweiten Stock."

Walter Gärtner hatte also mal eine Partneragentur namens "ZUM GEBROCHENEN HERZEN". Der große Durchbruch blieb ihm da wohl leider verwehrt. Obwohl doch alles so gut war.
Er hatte sogar bei Herrn Mellrich einen Kredit erhalten, um seine Wohnung um- und auszubauen. Ich wollte mir das Bild von Herrn Gärtner als PARTNERVERMITTLER nicht unbedingt vorstellen.
Ebenso wenig war ich am Bild der Inneneinrichtung interessiert.

Herr Gärtner tat alles um Rebecca tatkräftig zu unterstützen. So fragte er nach diversen Bildern. Bekleidet, in Dessous und im Adamskostüm (Singlemänner stehen ja auf Abwechslung).
So zahlte sie ihm wohl Fünfhundert Euro Aufnahmegebühr und Zweihundertundfünfzig Euro Vermittlung. Leider hätten sich die Interessenten bei ihr nicht mehr gemeldet. Und Herrn Gärtner ging dann wohl das Darlehen aus.....
Ich muss ja annerkennend bemerken, dass Walter schon clever war. Auf legalem Weg hätte er von Rebecca nicht mal ein lächeln gekriegt.

Nach der erneuten Pleite mit Männern zog sie es nun vor allein zu bleiben. Ihrem Beruf nachzugehen und unbeschwert zu leben.
Bis sie eines abends Cedric kennenlernte, oder sich ihm aufdrängte, das ging aus den Worten nicht eindeutig hervor.
Cedric war ganz anders.
Mit schwarzem Hemd, einem weißen Seidenschal und Baumwollhose stand er in der Mitte des Restaurants und machte....NICHTS.
Aber Rebecca spürte sehr wohl, das gewisse von ihm ausgehende ETWAS.
Mir kam's eher so vor, als sei Cedric da aus Versehen in etwas reingestolpert, aber ich ließ Rebecca erzählen.
Schnurstracks ging sie auf ihn zu und lud ihn zu einem Glas Wein ein. Natürlich zierte er sich etwas und blickte aus Verlegenheit die Bedienung an...aber Rebecca ließ nicht locker.
Er war wohl sehr fasziniert von Indien. Kultur und Küche...das Übliche halt...

So kam es dann, wie es kommen musste. Sie wollte ihn auf der nächsten Reise begleiten. Da natürlich die Mittel fehlten musste sie "jobben" gehen.
So war sie zum Beispiel zwei Monate in "Kalle's Imbiss" als Bedienung beschäftigt. Nicht als Kellnerin nein, als Bedienung. Kalle ist nun nicht der typische Geschäftsmann, sondern sein bester Kunde.
Besser gesagt war er es, denn aus Kalle's Imbiss wurde irgendwann ein kleines Kino mit zweifelhaften Filmen. Ich glaube, die Nähe zum Hauptbahnhof gab da den Anlass.
Stolz erzählte mir Rebecca, dass der Kinoeigentümer die alte Belegschaft von Kalle übernahm und sie dann Platzanweiser im Kino war.
Ob es sie denn nicht gestört hat, halbnackt zu arbeiten. "Nö, war doch immer schön warm da."

Cedric hinterließ ihr eine Mitteilung, dass er sie in Neu-Dehli am Flughafen abholen würde, da er schon früher fliegen musste. Irgendein Ranjid war krank.....
Und der hatte Schlüssel und Adresse der Wohnung. Ob ihr es denn etwas ausmachen würde allein zu fliegen?
Natürlich machte es Rebecca nichts aus.
Geplanter Aufenthalt in Indien war drei Monate. Daraus wurden dann wohl sechs.
Sie verbrachte die ersten zwei Monate damit, Cedric und Ranjid zu suchen. Die mussten sich wohl bezüglich des Ankunftstermins geirrt haben.
Jedenfalls war keiner am Flughafen. Keiner holte die liebe Rebecca ab.

Im Laufe des Monologs wurde mir aber die Vermutung bestätigt, dass unsere Rebecca ein sehr leichtes Ziel ist.

So durchreiste sie Indien zu Fuß, oder mit dem Bus. Das Geld für's Rückflugticket musste dann per Sitarspiel verdient werden.
Zurück in Deutschland bezog sie ihre alte Wohnung. Stattete alles indisch aus und lebt seit dem nach indischem Vorbild.
Sie fing auch an Gedicht zu schreiben und da ihr ein "gemeinsamer" Bekannter verraten hätte, dass auch ich Gedichte schrieb, bat sie mich um Hilfe.

Ich zweifelte diesen "Bekannten" dann aber doch an, zumal ich erst knapp zwei Wochen hier wohne und im Internet nur mit Pseudonym auftrete.
"Wie heißt er denn?" fragte ich.
Sie könne sich nur noch schwach erinnern, kam als Antwort. Ob ich denn nun helfe, oder nicht.
Und sie begann: "Das Lied erklingt. / Die Sitar singt. / Es ist so fein..." leider fehlte ihr hier die richtige Inspiration und sie hoffe ich könne helfen.
Ich legt meine Hilfe in folgenden Satz: "....TUST DU CURRY REIN."
Der mir über den Rand der Teetasse zugeworfenen Blick verhieß nichts Gutes. Ich dachte ja auch, dass sie nun endlich geht.
"Wenn das mit uns beiden klappen soll, musst Du mich schon ernst nehmen", wieß sie mich zurecht.
Ich brauchte erstmal einen Moment und das versteckte Bier um DAS zu verdauen. Die selbsterklärte Singlefrau....solche Worte....
Ernst nehmen.... das fiel mir dann aber nach zwei Stunden allein mit ihr doch etwas schwer.

Also mal sehen, was hatte ich hier:
Die vom Selbstfindungskurs abgekommende Rebecca,
Sportschau verpasst,
ein überflutetes Badezimmer,
kein Bier im Kühlschrank,
Franziska's Kaugummi unter der Tischplatte,
den Duft von Herrn Täuber's kubanischen Zigarren ("Nur echt, handgerollt auf Frauenschenkeln, wennde verstehst, he he...") im Raum.
Was konnte da noch kommen?!
Die Überlegung war noch nicht ganz gewichen, da klingelte es:
"Ja, bitte?"
"ESSEN IST DA."
"Ich habe nichts bestellt."

Bis Rebecca aufstand und den Lieferservice einließ. Sie hatte wohl in aller Stille Essen bestellt.

Indisch.

Für zwei.

Da saß ich also mit Rebecca, einem Tandoori-Hühnchen, Reis und Curry.

Und Curry extra scharf...


4. Die Weinprobe bei Madame H. und Monsieur G.

Zwei Tage später waren Rebecca, das Huhn, der Reis und Curry dann verdaut.
Rebecca habe ich seit diesen zwei Tagen nicht mehr gesehen. Der Lieferservice klingelt aber noch, die Sitar ist auch noch gestimmt.
Kein Grund zur Sorge.

Auf dem Weg zur Arbeit fiel mir mein überquellender Briefkasten auf.
Gestoppt, geöffnet, genervt....

WERBUNG, WERBUNG, WERBUNG, WERBUNG, MAHNUNG, EINLADUNG ZUR WEINPROBE.....
WAS?!
Wie Weinprobe?
Hier?
Mit wem?
Warum?

Werbung in den Müll, Mahnung in die Tasche und Einladung begutachtet:

"MADAME H. UND MONSIEUR G. LADEN EIN.

ZUR WEINPROBE IN UNSEREN ANGENEHM KLIMATISIERTEN RÄUMEN IN DER HEINRICH-HEINE-STRAßE 30.

KLEINE SNACKS UND AMBIENTE ERWARTEN DEN KENNER.

SIE ERLEBEN WEINE AUS FRANKREICH, ITALIEN, KALIFORNIEN.

ANMELDUNG ERBETEN UNTER: 23 44 58"

Danach war irgendwie erstmal Ratlosigkeit. Wer kann helfen? Würden da nicht die Worte WEINPROBE und WEINE stehen, hätte dies eine ganz andere Einladung sein können.
Es war halb acht, wer ist schon wach?
Klar, Frau Plattmann (die wieß ja jeden Morgen um fünf Uhr den Zeitungsjungen darauf hin, dass er täglich immer später hier ankam) !!!!!!

Geklingelt, höfliche Verbeugung, Frage ob sie denn schon ihre Einladung begutachtet hätte?
Sie interessierte sich vielmehr dafür, ob ich nicht gelernt hätte GUTEN MORGEN zu sagen, wenn ich schon an fremden Türen klingele. Aha, fremde Türen.
Da stand's doch PLATTMANN.
Wenn man sie mit diesem Namen anspricht, erfolgt auch immer eine unberechenbare Reaktion. Außerdem schlief sie ja schon in meinem Sessel.
Ich entschuldigte mich umgehend für meinen faux pas ("Hören Sie mit ihren Sauereien auf!") und wünschte nachträglich einen wunderschönen, von der Sonne doch verwöhnten guten Morgen.
Das stimmte sie schon gnädiger und nein, von welcher Einladung ich hier stammle?
Na von der zur Weinprobe in IHREM Haus. Das riss sie endgültig aus ihrer Lethargie. Und fast schon rennend stürzte sie dem Briefkasten entgegen.
Nach zweimaligem lauten Vorlesen des Inhalts war auch sie sprachlos.
Hier.... angenehm klimatisierte Räume...
Im Sommer stand die Sonne auf dem Haus und alles ist wie ein Glutofen, im Winter ist's nur kalt.
Klimaanlage einschalten ist hier meistens mit dem Öffnen des Fensters verbunden.

Herr Mellrich kam dann aus seiner Wohnung, selbe Frage an ihn gerichtet.
Ja, er hätte es gelesen und sofort weggeworfen, denn vor den Augen seiner Kinder lässt er keinen Schweinkram liegen.
Offensichtlich hatte er dann doch nicht so genau gelesen.
Das konnte er dann umgehend nachholen, denn Frau Plattmann hielt ihm die Einladung wedelnd unter die Nase.
Wie gehetzte Tiere flogen die Augen über's Papier, kurz innegehalten, Richtung Wohnung gelauscht (es muss ein Traum sein, mit Frau Mellrich verheiratet zu sein)
und dann folgte des Rätsels Lösung:

"DAS ist eine Einladung zum Weintrinken!"
Danke Ullrich, das Lesen ist uns durchaus gegeben.
"Aber WER macht das HIER und WARUM?" ließ Frau Plattmann nicht locker.

Er müsse jetzt aber los zur Arbeit, denn als leitender Mitarbeiter und so weiter.....wir würden das doch wohl verstehen.
Der Grund zur Flucht erschien dann eine halbe Minute später in der Tür.
Mit sanfter Stimme ermahnte sie Jean-Michel und Franziska zu etwas mehr Engagement am frühen Morgen.
Der Bus führe sonst wohl ohne sie zur Schule. Das veranlasste Franziska dazu ihre Schuhe nochmals zu binden.
Das wurde Frau Mellrich dann doch zu bunt, ein sanfter Schub und die Kinder waren draussen.
Im Beisein ihrer Mutter konnten die beiden sogar die Worte GUTEN MORGEN benutzen. Da erkennt man, wer die Hosen anhat.

Mit Blick auf die Uhr erkannte auch ich dass es Zeit war, für mich, um mich Richtung Arbeit zu begeben.
Frau Plattmann versprach Ergenisse bis zum Nachmittag.
DARAUF konnte ich mich verlassen.
Irgendwas würde ich dann wissen.

Abgesehen von der Tatsache das wir eine neue Kollegin haben, verlief der Arbeitstag weitgehend ereignislos.

Frau Plattmann muss wohl schon den ganzen Nachmittag auf mich gewartet haben (obwohl ich mir sicher bin dass sie genau weiß, wann ich hier ankomme).
Das Auto war noch nicht richtig aus, da lud sie mich schon zu heißer Schokolade in ihre Wohnung.
Eine heiße Dusche und ein kaltes Bier danach war wonach ich mich sehnte, aber sie versprach ja Ergebnisse.

"Nichts, gar nichts!" Sie hätte wohl mehrmals die erwähnte Nummer angerufen, aber die Servicedame sagte immer nur: Keine Nummer unter diesem Anschluss.
Auch mehrmaliges Nachfragen bei der Telefongesellschaft führte nur zu der Bitte, doch dort nicht mehr anzurufen.
O-Ton Frau Plattmann: "Nach dem zehnten Mal machte der Herr einen leicht verbrauchten Eindruck".
Auch ein vorsichtiges Anfragen beim Polizeirevier brachte keine Erkenntnis.
Wer also konnte hier Einladungen verteilen?

Die Antwort kam dann doch unerwartet:

Madame H. beklagte sich einige Tage später im Treppenhaus lautstark bei ihrer Freundin, dass bis jetzt noch niemand gebucht hätte.
Madame H. war niemand anderes als unsere liebe Hannah. Und daher lag es nahe wer sich wohl hinter Monsieur G. verbag. Richtig Guido.
Sie hätten doch alles richtig gemacht, gut geworben, gutes Deutsch, unmissverständliches Angebot, sogar die Telefonnummer hinterlassen: 23 44 85.
Moment, kurz auf den Zettel geschaut, was stand da, richtig: 23 44 58.....
Kopfschüttelnd ging ich in den Hausflur und klärte den Irrtum auf.....
Leicht verlegen schloss Hannah die Wohnungstür um Guido auf seine Inkompetenz in Sachen Werbung aufmerksam zu machen.

Zwei Stunden später schrillte Frau Plattmann's Stimme durch Haus: "Junger Mann, schämen sie sich nicht in diesem Aufzug?"
Herr Mellerich rief etwas von unerhört und das so spät am Abend, wurde dann aber von seiner Gattin sanft zurückgeholt.
Herr Täuber versprach dem Eindringling ein Kriegsgericht, Frau Blum bemängelte das schlechte Deutsch auf dem Kostüm, sowie das Fehlen jedlicher Kunst auf demselben.
Herr Gärtner murmelte etwas von "... das hätte Rebecca damals auch gepasst...." und schloss die Tür.
Was war passiert?

Der arme Guido musste auf Grund seines Fehlers in ein Kostüm schlüpfen, das entfernte Ähnlichkeit mit einer Weinflasche hatte.
Aufdruck: ICH LADE ALE ZUM TRINCKEN EIN. MORGEN UM ZWANZICK UHR BEI KRETSCHMANN.

DAS hatte was von exellenter Werbung.

Wie mussten wir uns eine Weinprobe bei Hannah und Guido vorstellen und wie kamen sie auf diese Idee?
Hannah konnte Rotwein nicht von Kirschsaft unterscheiden und Guido trank eh nur Apfelsaft. Wie sollte das klappen?
So mit Eiskübel und Gläsern und richtigem verkosten? Oder war's nur eine Einladung zum allgemeinen Besäufnis?

Wir versammelten uns alle pünktlich um acht in ihrer Wohnung.
Rote Plüschbezüge auf dem schwarzen Ledersofa und ein leicht süßer Geruch in der Luft war das Erste, was die Sinne wahrnahmen.
Herr Täuber kommentierte das hörbar mit den Worten: "Herrlich, wie damals in Paris.", steckte sich seine echte kubanische an und verschwand paffend Richtung Schlafzimmer.
Aus diesem kam er dann nach etwa einer halben Minute zurück und versuchte vergeblich Hannah zu sich zu winken.
Er hielt seine linke Hand seltsam hinter dem Rücken verborgen....
Das entging Frau Plattmann jedenfalls nicht.
Im Moment der Unaufmerksamkeit seitens Herrn Täubers schlich sie hinter ihn um lautstark auszurufen:
"Warum haben sie da eine Handschelle an der Hand?"
"Das ist mein neues Armband."
Nicht schlecht gekontert Herr Täuber, Hut ab und das in ihrem Alter.
Hannah erlöste ihn dann und schloss mit den Worten: "Also Herr Täuber, DAFÜR sind sie aber wirklich zu alt."

Herr und Frau Mellrich sahen aus, als ob sie zum Ball wollten: Smoking für ihn und hochgeschlitztes Kleid für sie.
Beim Anblick von Frau Mellrich fiel Guido leicht ungelenk in die Knie.
Hannah half ihm aus dieser Situation indem sie sein linkes Ohr ergriff und sanft auf die Beine zog.
Herr Gärtner meldete sich von der Veranstaltung schriftlich ab.
Er schob eine handschriftliche Notiz durch den Türspalt. Er tat das auch im Namen von Rebecca.
Entwickeln sich da etwa Pläne für "ZUM GEBROCHENEN HERZEN 2"?
Susi und Dirk fanden wohl nichts passendes zum anziehen. Es hörte sich für uns jedenfalls so an.
Frau Blum konnte mit uns keinerlei Kultur entdecken und wollte erst recht nicht Herrn Täuber singen hören (das tat sie später dann aber doch.....ungewollt).

Hannah hatte sich alle Mühe gemacht und Schnittchen geschmiert. Leberwurst und Käse.
Alles garniert mit diversen Zutaten aus dem Garten.
Der Wein stand im Plastikbehälter bereit. Ebenso leuchteten die Plastikgläser verführerisch.
Aha, allgemeines Besäufnis.
Schade das Dirk sich nicht von der Diskussion trennen konnte.
Der hätte hier Freude gehabt.

Sehr zu unserer Freude unternahm Herr Täuber später eine Zeitreise zurück nach Paris.
Er fing plötzlich an, sehr unverständlich französisch zu reden und nannte Hannah fortan Monique (mit Betonung auf dem "E").
Er bot Herrn Mellrich unbestimmte Summen, damit er die Dame mit dem geschlitzten Kleid zum tanzen anregte und verlangte das die alte Hausmutter doch endlich das Feld räume.
Sie vergraule hier alle Gäste.
Nur mit Mühe gelang es uns, Frau Plattmann zu beruhigen.
Mir steckte er dann einhundert Euro zu und schickte mich zum Zigarren kaufen,
"...aber auf dem schwarzen Markt..."
und ich solle mich
"...nicht von einer Wehrmachtsstreife erwischen lassen und nicht mit den Typen von der Resistance reden...!"

Es war der Wahnsinn!!

Denn auch Herr Mellrich fühlte sich plötzlich völlig frei und losgelöst.
Die mahnenden Worte seiner Frau kommentierte er mit den Worten: "Sei ruhig und tanz....!". Er erlöste sich von seiner Smokingjacke und forderte uns auf ihn Onkel Ulli zu nennen.
Er erbat sich von Hannah einen Kaugummi, der kurz in seinem Mund verschwand, um dann auf Frau Blums Klingel wieder aufzutauchen.

Die fand das gar nicht lustig und alarmierte die nächste Streifenwagenbesatzung.
Mit einem Blick auf den tanzenden Herrn Mellrich, den im Sessel mit Hannah, alias Monique, sitzenden Herrn Täuber und uns, ermahnten uns die Beamten zur Ruhe und räumten das Feld.

Damit war klar, dass Frau Blum die Party verdorben hatte, so zogen wir dann von dannen.
Frau Mellrich fasste "Onkel Ulli" am ausgestreckten Arm und zog ihn Richtung Tür. Da möchte ich morgen doch mal gern "Mäuschen" spielen.
Herr Täuber bedankte sich sehr elegant mit einem "Küss die Hand gnä' Frau" bei Hannah und verschwand singend in der Nacht.
Wir weckten Frau Plattmann und ließen Guido und Hannah allein...


5. Der Sonntag bei den Mellrichs


Seit ca. sechs Wochen wohne ich nun schon hier.
Was habe ich nicht alles schon hier erlebt.
Die Kaffeetafel in meiner Wohnung.
Das Gespräch mit der zauberhaften Rebecca.
Die Weinprobe bei Hannah und Guido.
Die vernichtenden Blicke von Susi und das eine oder andere Bier mit Dirk.
Die vergeblichen Versuche von Frau Blum, mich der Kunst im Leben näher zu bringen.
Die Geschichten von Herrn Täuber aus dem Krieg.....

Und heute war:

Sonntag.

Das bedeutet immer dass das Wochenende sich dem Ende nährt.
Das bedeutet aber auch Ruhe und erholsame Stille.
Leider nicht in diesem Haus.

An diesem Sonntag stand ich früh auf, hatte ein Frühstück, das den Namen auch verdiente, eine Dusche und wollte mich einfach nur dem Sonntag hingeben.
Die Ruhe wurde ab um neun dann von erheblichem Krach aus der Wohnung Mellrich und dem mehrmaligen Ermahnen seitens Frau Plattmann gestört.

Herr Mellrich versuchte offenbar erfolglos einer Wand seinen Willen aufzuzwängen. Er tat das aber unter Einsatz von Hammer, Nägeln, einer Bohrmaschine und viel Schweiß.
Bis zu mir ertönte Frau Mellrichs Stimme: "Schatz, ich rufe den Handwerker an, dann ist das in einer halben Stunde fertig."
Ob sie denn nicht wüsste das Sonntag ist und Handwerker sonntags nicht arbeiten und wenn, dann nur für viel Geld. Das können sie auch sparen und er, Herr Mellrich, mache das lieber allein.
Insgeheim hoffte ich, dass Claudia sich wieder durchsetzte, aber der Verweis auf das Geld war ein geschickter Schachzug seitens Ullrich.
Mir ist nicht so recht klar geworden, warum er immer die Tür geöffnet hatte, wenn er handwerklich tätig wurde.
Er wohnte ja schon länger hier und kannte die Bewohner des Hauses sehr gut.

Herr Täuber kam um etwa halb elf vom Kirchgang, warf einen Blick in die Wohnung von Familie Mellrich und hatte keine Scheu, diese auch zu betreten.
Fachmännisch bewunderte er die Löcher in der Wand und kommentierte das mit den Worten: "DAS hätten wir im Krieg auch nicht besser machen können."
Wünschte dem Rest der Familie einen schönen Sonntag und ging in seine Wohnung.
Frau Plattmann gab der entnervten Claudia schon erste Tips bezüglich einer Komplettreinigung der Wohnung,
Frau Blum stieg etwas befangen mit den Worten: "Hier muss gereinigt werden.." über den Staub im Hausflur.
Das brachte ihr den Hinweis seitens Frau Plattmann ein: "Kümmern Sie sich um ihren Dreck."
Susi versuchte Dreck und Staub weiträumig zu meiden. Dirk hatte da weniger Bedenken und verteilte ihn zwischen erstem und vierten Stock.
Rebecca entschwebte dem Chaos in ein wartendes Auto.
Das Auto hatte die Aufschrift: TAJ MAHAL - INDISCHE SPEZIALITÄTEN. Die Aufschrift wieß auch darauf hin, dass sonntags geschlossen war.
Das rief Herrn Gärtner umgehend auf den Plan, der sich fragte, was man wohl in einem geschlossenen Restaurant macht....
Frau Plattmanns Antwort bleibt hier lieber unerwähnt.

Ich aber kochte mir noch Kaffee und harrte der Dinge, die da kommen mögen.

Die Dinge kamen zwei Stunden später in Gestalt von Claudia Mellrich.
SO hatte ich sie noch nie gesehen.
Nervlich etwas angeschlagen, Bekleidungstechnisch nicht mehr ganz wie aus dem Ei gepellt und ihre leicht geröteten Augen schlossen eine Erkältung aus.
Zumal es Sommer war.
Der Zustand ihrer Wohnung war deutlich im Gesicht lesbar.
Ob es mir denn etwas ausmachen würde ihrem Ullrich zu helfen, dann geht's schneller und dann kehrt auch wieder Ruhe in dieses Haus.
Zugegeben, Ullrich und Claudia wissen schon, wie man Schachfiguren richtig einsetzt.
Der Hinweis auf einkehrende Ruhe ließ mich nicht lange überlegen, ohne weiteres Zögern sagte ich zu.
Alte Hose und altes T-Shirt, schon konnte das Unternehmen RETTUNG starten.

Franziska bedachte mich mit einem zweifelnd-verächtlichen Blick. Und das mit fünfzehn, Glückwunsch an jeden Jungen, der sie haben wird.
Jean-Michel gab seinem Vater laufend gute Tips und schloss per Handy mit seinem Kumpel Wetten ab.
Nach letztem Stand der Dinge war er wohl um Fünfundzwanzig Euro reicher, wenn es sein Vater bis fünfzehn Uhr nicht schafft.
Claudia flatterte um uns herum und bot lautstark Kaffee an.
Ullrich stand einfach nur da und starrte die Wand an.
Mein Einzug in die Wohnung Mellrich blieb natürlich nicht unbemerkt. Wozu hat man wachsame Nachbarn.
Allerdings erhob Frau Plattmann lautstark Zweifel, ob sich jetzt alles dem besseren zuwenden würde. Das nenne ich doch mal Unterstützung.

Als erstes wurden die Arbeiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt.
Jean-Michel hatte danach zwei Möglichkeiten: Aus der Wohnung zu verschwinden, oder zu helfen. Wortlos schlüpfte er in Schuhe und Jacke und verschwand.
Franziska wurde aufgefordert ihrer Mutter tatkräftig zur Seite zu stehen. Und ich fragte Herrn Mellrich nach dem Grund seiner sonntäglichen Aktivität.
Nun ja, er wollte halt das Zimmer von Jean-Michel verändern, denn es war Sonntag und er hatte etwas Langeweile.
Das Verändern bewertete ich als vollen Erfolg, ob es das erwünschte Ergebnis war, bezweifelte ich allerdings.
Da hatte "Onkel Ulli" doch ganze Arbeit geleistet.

Da für etwa eine halbe Stunde kein Lärm aus der Wohnung drang, rechnete Frau Plattmann mit dem Schlimmsten.
Sechsmal klingelte sie an der Tür, um sicher zu sein das alles in Ordnung war und der junge Mann nicht etwa am Elektrokabel gefangen war.
Rührend....
Ich wusste ihre Fürsorge zu schätzen und bat sie die Tür zu schließen, von aussen.
Das wiederum erzürnte sie zusehens und sie verabschiedete sich mit den Worten: "Gesindel, undankbares..."
Naja, eine Einladung zu einer Tasse Kaffee bog das wieder gerade.
Wir wollten gerade anfangen und alle Löcher mit Gips füllen, als es erneut klingelte.
Herr Täuber stand da in elegantem Schlafrock mit der an Herrn Mellrich gerichteten Frage: "Na, Waffenstillstand mit den Elektrogeräten geschlossen?" "Ist ja nicht jedem vergönnt."
Jetzt fehlte bloß noch Dirk der sich hier mit seinem Privatkino aufbaute (Klappstuhl und einer Kühltasche voller Bier).

Herr Mellrich erließ die strenge Anweisung an Frau und Tochter, dass ab sofort NIEMANDEM mehr geöffnet wurde, damit das hier endlich fertig wurde.
Tolle Ansage!
Denn Frau Mellrich fiel auf, dass Jean-Michel bei seinem überstürtzen Aufbruch den Schlüssel vergessen hatte....
Aber auch sie kannte ihren Mann und bezog Stellung am Fenster, um den verloren Sohn zu erwarten.
Franziska stand es deutlich im Gesicht, dass sie nichts dagegen hatte, wenn ihr Bruder auf der Bank vorm Haus nächtigt, es war ja warm und Sommer.
Sie war wohl auch sehr auf Frau Plattmanns Reaktion aus, wenn sie da jemanden mitten in der Nacht liegen sah.

Das einzige was mir und Herrn Mellrich noch blieb war der Gips und etwas zusammengekratzte Farbe.
Er schaffte es auch ohne größere Mühen, die Löcher mit Gips zu füllen und beim Anblick der verbliebenden Farbe entschlossen wir uns zu einer weiteren Veränderung am Gesamtbild des Zimmers.
Wir schoben den Schrank von einer Wand zur anderen.
Herr Mellrich war mit Ergebnis einverstanden und teilte seiner Tochter Franziska mit, dass er ihrer Hilfe bedürfe.
Sie solle doch mal mit dem Staubsauger durch dieses Zimmer, sprach's und verschwand.

Frau Mellrich bot mir Kaffee und Schnittchen an, "...als Dank für ihre Hilfe...".
Warum also ablehnen, wer weiß was noch so kommt?

Zuerst kam Franziska und teilte ihrer Mutter mit das der Staubsauger unauffindbar ist. Da konnte ihr aber umgehend seitens Frau Mellrich geholfen werden und sehr gereizt begann sie den Raum zu säubern.
Offenbar war besonders in den Ecken und an den Zierleisten sehr viel Staub, denn der Staubsauger fuhr krachend dagegen.
Keine Minute später, klingelte Frau Plattmann an der Tür und teilte uns mit, dass sie sich bei diesem Krach nicht auf ihren Tatort konzentrieren könne.
Darufhin rief Herr Mellrich, ob seine Anweisungen neuerdings unverständlich sind. Wenn er sage niemandem die Tür öffnen, meine er es auch so.

Ich war mir nur nicht so sicher, ob der Rest der Familie sich jemals WIRKLICH um seine Anweisungen gekümmert hat.

Frau Mellrich entspannte die Situation mit den Worten: "Abendessen ist fertig."
Na endlich.
Als ich den gedeckten Tisch sah, stellte sich mir die Frage, ob der Rest des Wohnviertels ebenfalls erwartet wurde.
Frischgebackenes Brot, eine ausufernde Käseplatte, nicht enden wollende Salami - und Schinkenrollen, Tomaten, Paprika, Wasser, Wein, Bier.
Da zeigte sich Claudia ja als vollkommende Gastgeberin. Ich solle auch keine Hemmungen haben und ungeniert zugreifen, mich also ganz wie zu Hause fühlen.
Das ließ ich dann aber doch, denn ich konnte hier eben nicht einfach Gürtel und Reißverschluss der Hose öffnen und mich auf der Couch zurücklehenen.
So fand das Abendessen in sittsamer Runde statt. Die Ruhe wurde nur durch das Klingeln an der Tür gestört.

Herr Mellrich erinnerte nochmals an seine Anweisung.
Offenbar entfiel ihm die Tatsache, dass Jean-Michel nicht am Tisch saß. Franziska unterstützte ihren Vater in diesem Punkt lautstark.
Man wisse eben nie, wer zu so später Stunde noch was will.
Frau Mellrich erbarmte sich dann aber und öffnete die Tür. Vor selbiger stand Jean-Michel.
Franziska fragte ihn gleich, ob er denn gewonne hätte (ich glaubte einen etwas hämischen Unterton gehört zu haben).
Nein, denn mit dem Auftauchen des Fremden zerstörten sich wohl alle Hoffnungen auf den Gewinn.
Er lastete es mir also an, dass fünfundzwanzig Euro nicht seine waren.
Schönen Dank, dabei sollte er sich dafür bei seiner Mutter bedanken.

Zwei Stunden später verabschiedete ich mich dann von Familie Mellrich. Morgen sei ja Montag und wieder Arbeitswoche.
Onkel Ulli hörte nur mit einem Ohr hin und murmelte etwas wie: "....ja, ja....na endlich...."
Franziskas Blick war beim Abschied nicht mehr zweifelnd-verächtlich, er war nur noch voller Verachtung.
Jean-Michel begann etwas von "....das Geld kriege ich in zwei Tagen, sonst..." zu murmeln.
Claudia war wieder ganz die Alte: Unnahbar und kühl..... mit knappen Nicken entließ sie mich aus der Wohnung.
Frau Plattmanns Worte drangen erneut an mein Ohr: "Gesindel....undankbares...".

Aber mir war's egal, ich hatte mein Abendessen , nun noch ein kaltes Bier, eine Dusche und ab ins Bett.
Denn nicht nur die kommende Arbeitswoche stand an, auch eine weitere Woche in diesem Haus...


6. Die Partneragentur ZUM GEBROCHENEN HERZEN

Ein paar Wochen liefen die Dinge hier ihren gewohnt chaotischen Gang. Doch die nächste Überraschung ließ nicht lange auf sich warten.

Irgendwann im Laufe der Zeit verändert sich etwas. Neues kommt hinzu, altes verschwindet, oder verblasst.
So auch bei uns im Haus.

Mir fiel die Veränderung auf den ersten Blick nicht auf.
Alles war wie immer. Die Treppen gewischt, die Farbe blätterte im Hausflur fröhlich von der Wand (Frau Plattmann erwartete die Malerfirma täglich),
die Kitschbilder erweiterten ihren Gelbschimmer.
Die Wände nach oben waren weiterhin kahl, nur Frau Blums Blumen blühten in aller Pracht. "Die farbliche Oase in dieser grauen Wüste..." (O-Ton Frau Blum).

Im ersten Stock also nichts neues. Noch immer dieses nervöse Rascheln hinter Frau Plattmanns Tür wenn jemand die Treppe hochging.
Herr Mellrich hatte es noch immer nicht geschafft, das Haus zu zerstören, obwohl seine liebe Frau ihn täglich dazu anspornte.
Hannah und Guido erholten sich zusehends von den Folgen der Weinprobe.
Sie trauten sich sogar schon wieder vor die Tür.
Und nichts neues bei Herrn Gärtner, dachte ich als ich seine Tür passierte. In den Augenwinkeln leuchte es plötzlich: ...........RZEN.
Kurz gestoppt, den Absatz zurück nach unten und gelesen was dort rot auf weiß stand:

PARTNERAGENTUR ZUM GEBROCHENEN HERZEN
INH. WALTER GÄRTNER

TERMINE NACH VEREINBARUNG

Es ist schwer zu sagen, wieviel Fragen lawinenartig in den Kopf kamen beim Anblick dieser Zeilen.
Die wichtigste: WIE hatte es Walter Gärtner geschafft dieses Schild,
a) ohne Frau Plattmanns Wissen ins Haus zu schmuggeln und
b) ohne Frau Plattmanns Kenntnis an die Wand zu bringen.

Die behauptete immer über die Augen eines Adlers und das Gehör eines Luchses zu verfügen.
Was sie auch hin und wieder unter Beweis stellte.

Unter dem Hinweis zur Terminvergabe stand noch eine Telefonnummer und eine Adresse im Internet.
Die Telefonnummer kam mir seltsam bekannt vor: 33 10 01.
Ein kurzer Blick in die Mietunterlagen bestätigten den Verdacht.
Hinter der Nummer stand der Name: PLATTMANN....

Dies steigerte meine Verwirrung ins Unendliche. Vielleicht half da ein Blick auf die Webseite.....

Eine halbe Stunde später wusste ich nicht so genau, was ich machen sollte.
Folgende Aufstellung der Agentur offenbarte sich meinem Auge:

WALTER GÄRTNER - GESCHÄFTSFÜHRER. ( ein sehr stark verjüngter und adrett gekleideter Herr Gärtner blickte mich auf dem Foto an.)
ELISABETH PLATTMANN - HERZENSGUTE SEKRETÄRIN ( man konnte doch noch den verzweifelten Versuch eines Lächelns auf dem Sekretärinnengesicht erkennen).

Er hatte es also irgendwie geschafft die "herzensgute" Frau Plattmann in sein Unternehmen einzuspannen.
Daher konnte er auch das Schild anbringen (lassen).

Man konnte natürlich auch schon einige Profile begutachten:
Eine deutlich durch den Türspion fotografierte Frau Blum.
Susi und Dirk in den wenigen Momenten des Händchenhaltens.
Ein etwas älteres Portraitfoto der sanften Rebecca.
Herr Täuber auf dem Weg zur Vorstandssitzung der Postbeamten a.D.

Zugegeben war ich doch sehr geschmeichelt von meinem Profil dort.
Ich wusste gar nicht, dass ich soviel gute Eigenschaften besaß.
Wenn das hier so weiterging, waren die ersten Besucher in diesem Haus die Beamten der Sittenpolizei.
Zeit für ein Gespräch unter vier Augen mit dem "Geschäftsführer".

Diesen traf ich aber in den "Geschäftsräumen" leider nicht an, denn er fühlte sich in den Räumen seiner Sekretärin deutlich wohler.
Da saßen beide und träumten von einer rosigen Zukunft im Vermittlungsgeschäft.
Unterstützt wurden beide von einer Kanne Kaffee und Schwarzwälder Kirschtorte.

Sie hielten mich offenbar für den ersten ernsthaften Klienten und baten mich daher, doch bitte im Wartezimmer Platz zu nehmen und den bereitliegenden Fragebogen auszufüllen.
Das Wartezimmer befände sich links der Tür.
Prompt fand ich mich in Frau Plattmanns Küche wieder und warf einen Blick auf den Fragebogen.
In Frau Plattmanns säuberlicher Sütterlinschrift fanden sich dort fünfzehn Fragen rund ums Thema Partnerschaft wieder.
Die beiden machten hier also ernst und verschwendeten keine Zeit.

Dann kam Herr Gärtner zu dem potentiellen Kunden:

Elegant mit Gehstock, schwarze Baumwollhose, weißes Seidenhemd mit goldener Stickerei am Kragen und ein weinrotes Seidentuch im Hemdausschnitt rundete die stattliche Erscheinung ab
(wenn man denkt, man hat in diesem Haus schon alles erlebt, überzeugen die Bewohner einen stets vom Gegenteil).
Der Schwung im Schritt Richtung Küche erstarb und Herr Gärtner sah aus, als ob er gegen ein unsichtbares Hindernis gelaufen war.
Die Enttäusschung über den Anblick des ersten Kunden war deutlich im Gesicht zu sehen.

"Das ist nur der Neue aus dem vierten Stock, Elisabeth und den Bogen hat er auch noch nicht ausgefüllt!"
Der Neue.... nach ca drei Monaten hier, sollte er meinen Namen schon wissen, zumal ich ihm ja mehr oder wenig freiwillig behilflich war seine Agentur aufzubauen.
Elisabeth.... wer nannte Frau Plattmann denn ungestraft Elisabeth?
Frau Plattmann machte sich daher Sorgen über meine Kenntnisse der deutschen Sprache: "Vielleicht kann er nicht in Zusammenhängen lesen."
Aber da ich doch schon mal hier war, wäre sie gern bereit mir beim Erstellen eines Profils behilflich zu sein und ich solle mich schon mal setzen.
Bevor ich etwas erwiedern konnte klingelte es an der Tür zum Sekretariat.

Frau Blum.

Dem Wahnsinn noch näher als sonst.

In schwarz gekleidet !!!!

Mit einem Computerausdruck in der Hand! JETZT war Stimmung.

Sie knallte den Ausdruck auf den Tisch. Dort war sehr schön ihr "Profilbild" zu erkennen.
Aus dem Wall der Worte ließen sich folgende herausfiltern: SCHANDE, IMMER EHRENWERTE FRAU, ANZEIGE, KLAGE, SCHADENERSATZ, ÖFFENTLICHE STEINIGUNG.
Der Geschäftsführer der Partnervermittlung erkundete sich nonchalant nach dem Problem und bot als Lösung für die Nichtzufriedenheit mit dem Foto, kostenlos ein neues von ihr anzufertigen, er sei
"...leider nicht der Profi in Sachen Fotografie...." und die ersten beiden Vermittlungen können zu einem Rabatt von fünfzig Prozent erfolgen.

Frau Blum verlor daraufhin merklich ihre Contenance und sprach von Herrn Gärtner nur noch als "DIESES SUBJEKT".
Frau Plattmann war ganz die souveräne Sekretärin und bot Kaffee und Kuchen an, in Richtung Frau Blum: "Oder solls n Gläschen Pflaumenschnapps sein?"
Sie hätte da wohl noch echten aus Schlesien.
Wir forderten Frau Plattmann auf, ein HEUTE GESCHLOSSEN Schild an die Tür zu hängen und stellten Herrn Gärtner zur Rede.

Er wollte halt nicht immer nur untätig in seiner Wohnung sitzen und strebte nach Abwechslung. Wollte sich auch zur Rente etwas dazu verdienen und dies Mal alles besser machen als beim ersten Mal.
Gemessen an der Reaktion der Frauen Blum und Plattmann, war ich wohl der einzige, der über seine früheren Tätigkeiten Bescheid wusste. Danke Rebecca.
Und da er ja auch klein anfangen musste, begann er halt mit Menschen, die ihm lieb und teuer waren (SO habe ich seine Sichtweise über mich noch nicht betrachtet.....).
Als es zur Frage kam, wer ihm denn die technische Unterstützung mit Internet und Computer gegeben hatte, weigerte er sich anfangs zu antworten.
Der beherzte Griff Frau Blums zum Telefonhörer und der damit verbundenen Drohung die Polizei zu rufen, machten ihn dann gesprächig.

Der Tobias war's..........

Tobias...
Enkel Tobias...
Der Tobias, der auf richterliche Anordnung nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr in den Stadtpark darf?
Der hat geholfen?

Aber bevor diese Frage zur Zufriedenheit aller beantwortet werden konnte, klingelte es erneut.
"Geschlossen." schallmeite Frau Plattmanns Stimme durch die Wohnung, gefolgt von der Frage ob der Störer des Lesens nicht mächtig ist.
Sie hätte schon so einen Fall hier.

Klingeln.....

Frau Plattmann schien sich sehr für die Inneneinrichtung ihrer Küche zu interessiern.
Herr Gärtner zupfte unsichtbare Fäden aus seinem Hemd.
Frau Blum bemühmte sich nach Kräften ihr Foto zu verstecken.
Und ich wartete darauf, wer wohl zuerst seine Geduld verlor.

Klingeln.... (nun anhaltend)

Reaktion der Beteiligten: KEINE

"Ich weiß, dass sie da sind. Ich hab der Frau Plattmann ihre Stimme gehört."

Dirk.

Mit Blick zur Decke (und gleichzeitigem Anruf aller Rachegötter ) ging Frau Plattmann zur Tür.

"Watt wollnse?" Frau Plattmann fand sich wohl in der neuen Realität schneller zurecht als Herr Gärtner und streifte mühelos das Image der herzensguten Sekretärin ab.
"Und wo iss der Zerlumpte?"
Ja, wo war Dirk denn?
Denn der, der da vor der Tür stand hatte nur noch entfernt Ähnlichkeit mit dem Herrn Müller von nebenan.
Er war frisch rasiert, duftete nach Rasierwasser und kam ohne Bierfahne, mit nagelneuen Bluejeans, einem weißen Rollkragenpullover und einer deutlich veränderten Susi:

Haare gekürzt von schulterlang auf knapp unter den Ohren abschließend.
Lange, durch Wimperntusche hervorgehobene Wimpern.
Einen Hauch von elegantem Lippenstift aufgelegt.
Die Fingernägel künstlich verlängert und mit kleinen Steinen versetzt.

"Guten Tag die Damen, guten Tag die Herren. Macht es etwas aus, wenn wir uns dazu setzen. Wir hätten eine Frage an Herrn Gärtner."
Offenbar war bei Susi ein Komplettaustausch ALLER Teile vorgenommen wurden.
Das gehobene Verhalten verursachte eine sprachlose Frau Plattmann. DAS sollte schon was heißen.

Ein straffender Ruck ging durch Herrn Gärtner, wie er denn seine bescheidenen Mittel zur Hilfe einsetzen könne.
Nun, Susi und Dirk ERBLICKTEN beim Internetbesuch ihr Foto auf Herrn Gärtners Webseite (Bevor Frau Blum hier einschreiten konnte wurde sie von einem Blick seitens Frau Plattmann erfolgreich gestoppt).
Und das erinnerte sie an alte Tage. Ob er denn so nett wäre davon ein Abzug zu machen.
Er sei "leider nicht mehr im Besitz dieses Fotos und habe keine Kamera für ein neues."
Mit Problemen dieser Art wurde offensichtlich gerechnet, denn Dirk zückte rasant eine Digitalkamera und reichte diese dem etwas verwirrt dreinschauenden Herrn Gärtner.

Hier schritt Frau Plattmann dann ein und stellte deutlich klar, dass "meine Küche kein Hort schmutziger Aktivitäten ist" und "sucht euch was anderes."
Susi klimperte mit ihren Wimpern und stellte mit blumiger Stimme die Frage, ob es denn "in der wohlfühlenden Atmosphäre der Stube" für Frau Plattmann angenehmer wäre.
Das war es offensichtlich, denn kurze Zeit später saßen beide engumschlungen auf dem Sofa und ließen sich von Herrn Gärtner fotografieren (Susi und Dirk und nicht Susi und Frau Plattmann).

Susi und Dirk Müller waren immernoch für das ganz große Kino gut!

Nachdem die Protagonisten sichtlich zufrieden die Wohnung von Frau Plattmann verließen, wandten wir uns wieder Herrn Gärtner zu.
Dem war nach allem, aber nicht nach reden zu Mute.
Hatte seine Partnervermittlung doch erste Erfolge hervorgebracht. Das konnte die liebe Elisabeth doch sicherlich bestätigen.
Leider tat die liebe Elisabeth ihm diesen Gefallen nicht, sondern stellte klar: "Plattmann, für Sie immernoch Frau Plattmann!"

Herrn Gärtner war's egal.
Er sonnte sich in seinem Erfolg, bis seine Sonne brutal in Form von Frau Blums Stimme am Horizont verblasste.
Was er denn nun mit ihrem Foto zu tun gedenke und wann der Schweinkram in diesem Haus endlich aufhöre.
Er hingegen winkte nur ab und hatte ein seltsames Lächeln im Gesicht.
Das verschwand dann aber auch in sekundenschnelle bei Wahrnehmung der Worte: ANWALT, KLAGE und SCHADENERSATZ.
Und er nahm eine sehr interessierte Haltung in Richtung Frau Blum ein.
Mit Seitenblick auf Frau Plattmann und mich fragte er sie nach der Möglichkeit: "diese Angelegenheit zum Wohle aller" zu klären.
Damit zeigte sich Frau Blum einverstanden und beide zogen sich zu Verhandlungen zurück.
Ich wollte die liebe Elisabeth nicht länger mit meiner Anwesenheit beglücken und ging auch.

Die Internetseite der PARTNERAGENTUR ZUM GEBROCHENEN HERZEN ist seit einigen Tagen nicht mehr erreichbar. Offizielle Ursache seien Wartungsarbeiten.
Das Firmenschild hat eine handschriftliche Notiz, die besagt, dass VORÜBERGEHEND UND AUS GESUNDHEITLICHEN GRÜNDEN geschlossen ist.
Man sieht Herrn Gärtner zwei Mal täglich im Hausflur etwas für die angeschlagene Gesundheit tun. Er gießt Frau Blums Blumen.

Die einzigen Gewinner sind Dirk und Susi Müller.
Küsschen hier und Küsschen da.
Die beiden entdecken verlorengeglaubtes in Sache Liebe neu.
Sie streiten nicht mehr und führen Unterhaltungen bei normaler Lautstärke.
Ab und zu sieht man Susi und Hannah im Treppenhaus verschwörerisch tuscheln.
Dann entschwindet Susi meist sehr aufgeregt und leicht gerötet Richtung eigene Wohnung.

Endlich kehrte ein Hauch von Normalität ins Haus.
Die wurde aber bald von der Normalität des Hauses vertrieben...


7. Mein Geburtstag mit Familie, Freunden und der Hausgemeinschaft

Der Sommer neigte sich dem Ende zu und der Herbst kam mit Regen und Wind.
Im Haus lief alles seinen gewohnten Gang.

Franziska wird ab Januar in ein Internat in die Schweiz wechseln, Jean-Michel behelligt mich weiterhin wegen seinem angeblich verlorenem Geld.
Ich zauste ihm letztens etwas die Haare und schenkte ihm einen Kaugummi.
Herr Gärtner kümmert sich liebevoll um die Blumen im Haus.
Die Malerfirma war endlich da und ich könnte schwören, dass sie die Arbeit in der Hälfte der Zeit schafften.
Offenbar gab Frau Plattmann auch Nachhilfe in Sachen Reinigung des Flurs.
Hannah und Guido überlegen, ob es nicht Zeit für Kinder wäre. Susi und Dirk schweben noch immer im siebten Himmel.
Und die sanfte Rebecca trägt sich mit dem Gedanken die leerstehende Wohnung neben ihr ebenfalls zu mieten und ein soziologisch-ökonomisches Zentrum daraus zu machen.
Die Verhandlungen mit Frau Plattmann laufen aber wohl sehr einseitig und sehr schleppend.

Ach ja, Rebecca....diese in Würde reifende zarte und sanfte Seele....

Mir ist es leider nicht vergönnt, in Würde zu reifen. Ich werde älter. Bald war es wieder soweit.
Kurzum: Mein Geburtstag stand vor der Tür.
Familie und Freunde kannten die Heinrich-Heine-Straße nur vom höhren-sagen und glaubten ich übertreibe in meinen Darstellungen etwas.
Da war mein Geburtstag doch ein willkommener Anlass, sie mit der gnadenlosen Realität zu konfrontieren.

Es war nichts besonderes geplant (das übernahm die Hausgemeinschft), kleines Zusammensein mit Familie und Freunden. Stattfinden sollte alles am Samstag der kommenden Woche.
Bereits am Montag heftete ich eine kurze Information über Beginn und voraussichtliches Ende der Feier ans schwarze Brett. Ich tat das auf dem Weg zur Arbeit.
Bei meiner Rückkehr war auf dem Zettel in zierlicher roter Sütterlinschrift vermerkt:

GENEHMIGT E. PLATTMANN.,

sowie in energischen Großbuchstaben:

ERBITTE GESPRÄCH UM ACHZEHNHUNDERT, TÄUBER, POSTRAT A.D.

Ich konnte mich beim besten Willen nicht daran erinnern Frau Plattmann um Erlaubnis gefragt zu haben, wusste ihre Genehmigung aber durchaus zu schätzen. Eine "Genehmigung" Frau Plattmanns kam einem Freifahrtschein gleich, denn wer wollte sich schon mit ihr anlegen?!
Was der alte Haudegen wollte wusste ich auch nicht. Ich wusste nur, dass er Pünktlichkeit sehr schätzt, also beeilte ich mich und stand fünf vor sechs vor seiner Tür. Fäuste geballt, ausgeholt, mit harten und schnellen Schlägen an die Tür geklopft, gnädiges "JA BITTE" erwartet, Tür schwungvoll aufgestossen und hörbar wieder im Schloss einrasten lassen.
"GUTEN TAG HERR TÄUBER, SIE BATEN UM EIN GESPRÄCH. DA BIN ICH" ( ...zur Hinrichtung ihrerseits, fügte ich in Gedanken dazu)! Ich durfte danach bequem stehen und er musterte meinen Aufzug. Sofort fiel ihm der ungebügelte Hemdkragen ins Auge, meine abgelaufenen Schuhe erziehlten einen Gesichtsausdruck wie nach Einnahme einer Zitrone.
Dann kam er auf den Grund meines Besuchs zu sprechen ( für mich war es eher ein HERANZITIEREN, aber warum wegen Spitzfindigkeiten streiten).
Ob es mir denn etwas ausmachen würde ihm die Gästeliste zur Verfügung zu stellen? Nein, mir machte es nichts aus (ihm aber vielleicht, wenn er erfuhr, dass er nicht drauf stand).
Er hätte diese dann gern binnen achtundvierzig Stunden in doppelter Ausführung, beidseitig zweieinhalb Zentimeter Rand und linksgelocht. Ich verkniff mir die Frage, ob ich die Briefmarken mittig anordnen soll.
Er hatte mich da bereits mit wedelnder Handbewegung entlassen.

Da stand ich also wieder im Hausflur und der Wahnsinn griff langsam nach mir. Vielleicht stand ich da auch einige Sekunden zu lang, denn die Tür zu Frau Blums Wohnung öffnete sich langsam und leise.
Während sie meinen ungebügelten Hemdkragen begutachten konnte, sammelte ich mich, drehte mich um (das muss sie wohl erschreckt haben, denn sie zuckte merklich zusammen), wünschte ihr einen schönen Tag und ging in meine Wohnung zurück.

Zwei Tage später legte ich "General von Täuber" die Gästeliste vor. Er bemängelte sofort das Fehlen des Randes auf beiden Seiten, sowie das Fehler der Löcher.
Kurzer Blick über die Liste, Frage: "Wie nur Männer und keine Frauen" (habe ich erwähnt, dass diese Unterhaltung im Treppenhaus stattfand? Nein, das tat sie und Herrn Täubers Stimme füllte dasselbe mühelos)?
"Frauen kommen später am Abend Herr Täuber, nach dreiundzwanzig Uhr."
Das stimmte ihn dann freudig, er sagte dann im jovalen Ton, dass er doch recht hatte und ich nicht gleichgeschlechtlichen Sex praktiziere und das die "Plattmann von unten" mal wieder um fünfzig Euro ärmer war!

Mein großer Tag kam ohne weitere Probleme.
Diese kamen erst an diesem Tag.....
Sie kamen sehr früh.....
Sie kamen in Form eines Klingelns an der Wohnungstür....
Sie kamen punkt acht Uhr.....

Wer konnte das sein?

Bingo!

Hannah.

Wo und wann Hannah auch auftauchte, sie brachte die Probleme frei Haus.
Da doch heute mein Ehrentag ist, könne sie mir bei den Vorbereitungen etwas helfen.... so dachte sie.
Ich war noch etwas betäubt von ihrer gesanglichen Einlage am frühen Morgen im Hausflur und ließ sie ein.
Es störte die hilfsbereite Hannah keineswegs, dass ich weder geduscht, noch sonst irgendwie auf ihre Präsenz vorbreitet war.
Ich solle doch ruhig duschen gehen, gern übernähme sie die Zubereitung des Frühstücks. Das tat sie dann auch aus Leibeskräften und mit sehr viel Sorgfalt.
Üppig gedeckter Tisch, weiße Tischdecke, Blumenstrauß.... Der Anblick des Blumenstrauß' ließ mich kurz stocken, denn er machte deutlich, dass Hannah diesen Auftritt von langer Hand geplant hatte.
Wie war es ihr nur möglich, diesen vor Guido zu verbergen? Er befände sich seit Freitag auf einem Klassentreffen mit anschließendem Zelten am See. Aha, zelten... am See.... im Herbst....
Manch einer mag das ja machen, aber wie der geborenen Naturliebhaber sah der liebe Guido nicht aus. Lieber nicht fragen. Hannahs Mitteilungsbedürfnis erwacht stets von ganz allein. So griff ich nach warmen Brötchen und Butter und alle Gedanken wendeten sich dem Frühstück zu. Bis sie durch einen lauten Säufzer seitens Hannah jäh unterbrochen wurden.
Das bedeutete ANSCHNALLEN.
Jetzt ging's los.
Mit dem Hannahmobil von null auf hundert in nullkommasechs Sekunden.
Ich legte das Messer zur Seite, stellte die Kaffeetasse ab, tupfte mir mit der von Hannah ebenfalls beigelegten weißen Baumwollserviette den Mund, zündete mir eine Zigarette an und sagte: "WAS?"
Die klassische Antwort folgte prompt: "ACH NICHTS!"
Ich wollte mich an meinem Geburtstag nicht auf ein Ping-Pong-Spiel der Worte einlassen und schon gar nicht mit der lieben Hannah, also half ich ihr die Richtung zu finden.
"WAS BEDRÜCKT DICH, DU SIEHST NICHT GLÜCKLICH AUS."
"BIN ICH ZU DICK?" (Das Gespräch war im Begriff eine ungewünschte Richtung anzusteuern...)
"NEIN, BIST DU NICHT!"
"WARUM GEHST DU DANN NIE MIT MIR AUS?" (Ich will mich eben nicht blamieren und mir weitere Optionen offen halten, außerdem würde Rebecca mich hassen)
"WEIL DU MIT GUIDO EINEN PERFEKT ZU DIR PASSENDEN FREUND HAST."
"DESWEGEN KANNST DU DOCH TROTZDEM MIT MIR AUSGEHEN, ODER AUF EIN GLAS WEIN." (vor meinem geistigen Auge stiegen Bilder der letzten Weinprobe im Hause Kretschmann in aller Deutlichkeit auf....)
"MUSS ICH DICH DARAN ERINNERN WAS PASSIERT WENN DU WEIN TRINKST?"
Nein, das musste ich dann doch nicht und Hannah sah ein, dass es eine blöde Idee war (gutes Kind), aber nur um gleich eine noch viel blödere nachzulegen.
"WAS MUSS ICH ÄNDERN, UM ATTRAKTIV ZU SEIN?" (Alles und glaub mir: es ist keine gute Idee im verwaschenen Trainingsanzug morgens um acht im Hausflur an meiner Tür zu singen.)
"MACH EINFACH, WAS DIR GEFÄLLT."
Das wollte sie dann ausprobieren und wolle später nochmal nach dem Rechten hier sehen. Mein Einwand, dass ich eh zu beschäftigt sei, ging im Knallen der Wohnungstür etwas unter.

Toll, halb elf.
Nichts gemacht. Ab vier ist die Bude voll. Ich hoffte auf keine weiteren Störungen, diese Hoffnung hielt bis kurz vor halb zwölf.
Klingeln an der Tür.
Nein, bitte nicht schon wieder Hannah.

Es war der Postbote, er hätte ein Paket für Fräulein Ttzzzzüüübwiktz, da macht aber keiner auf (natürlich nicht, denn die liebe Rebecca entschwebt dem Bett nie vor zwölf).
Geschrieben sieht Rebeccas Nachname schon komisch aus: SZYBWICZ.
Wenn man aber weiß, wie man's ausspricht, ist's ganz einfach: STIEBWITSCH.

Ich hatte leider keine Zeit das altbewährte Postbote-ärger-Dich-nicht-Spiel zu spielen, also ließ ich ihn ein, kurze Unterschrift, weg war er.
Woher kam das Paket?
Lahore.
Klar, Indien.
Ich war mir auch ganz sicher, dass der dem Paket entströmende Duft sehr bald im Hausflur auftreten wird.

Blick zur Uhr.
Klasse wie schnell so ein Tag voranschreitet wenn man etwas vor hat (und noch nichts dafür gemacht hat).

Trotz wiedriger Umstände und dem mehrmaligen vertrösten von Hannah gelang es mir ab fünfzehn Uhr bereit zu sein.
Kurzer Blick in die Wohnung. Kurzer Check. Alles da, alles an seinem Platz. Kann dann in einer Stunde losgehen.
Balkontür auf, Zigarette an, zum Mund führen.....

Klingeln.

Wenn das hier so weiter ging, war ich in blendender Verfassung um meine Gäste optimal empfangen zu können.
Als ich durch den Spion blickte, stieß mein Auge mit dem von Frau Plattmann fast zusammen, getrennt nur durch Glas und Tür.
Die fehlte auch noch.
Ob sie denn etwas helfen könne (ja, sie könne a) wieder gehen und b) aufhören sich hier den Hals zu verrenken, geht erst um vier los)?
Nein, nein, alles in bester Ordnung.
Sie hätte den Eindruck, dass es doch etwas kalt in meiner Wohnung war (wie soll sich Wärme hier auch halten, wenn ich ständig die Tür öffnen muss).
Bei ihr wären es immer angenehme vierundzwanzig Grad. Das freute mich für sie, aber ich erkannte nicht mal im Ansatz die Richtung ihres Feldzugs und vor allem nicht den Grund.
Ob ich denn etwas dagegen hätte, wenn sie kurz reinkäme (die Frage bedurfte eigentlich keiner Antwort, denn das hatte ich durchaus).

Ich gab die Tür frei und schon war sie drin.
Sie kam auch ohne große Umschweife auf den Anlass ihres Feldzuges zu sprechen.
Ob der alte Briefträger da irgendwas von wegen fünfzig Euro erwähnt hätte (ja hatte er und ich weiß dass Du sie verloren hast, aber hat das nicht Zeit bis morgen)?
Nein, wieso, was sei denn mit den fünzig Euro? Mieterhöhung geplant?
Nein, nein sie gebe ihr bestes um die Miete auf angemessenem Niveau zu halten (dann hätte ich gern Rückzahlungen in Höhe einiger tausend Euro).
Entgegen ihren angestammten Gewohnheiten merkte Frau Plattmann heute ziemlich schnell dass sie etwas fehl am Platze war und ging.

Blick zur Uhr.
Halb vier.
Zigarette die zweite...

Klingeln an der Tür die hundertsechste....

Rebecca.

Unter halbwegs normalen Umständen war ich ja immer sehr erfreut wenn das sanfte und zarte Wesen an der Tür läutete ( was leider nicht oft vorkam), aber heute war es sehr ungünstig.
Ich dachte, sie wolle einfach das Paket holen und wieder nach oben entschweben. Falsch. Sie schwebte auch und zwar Richtung Küchentisch, nahm sich eine Tasse und goss den schon für meine Gäste vorbereiteten Kaffee in eine Tasse, schaute mich mit dem Rebecca-Typischen Blick an und sagte nur ein Wort:
"Erzähl!"
Ich war mir nicht sicher was ich erzählen sollte und worüber. Wollte ihr aber nicht unbedingt in verhüllten Worten über den etwas unglücklich gewählten Zeitpunkt ihres Auftritts erzählen.
Sie forderte mich daher auf, mich nicht dümmer zu stellen als ich bin. Offenbar zogen hier ganz dunkle Gewitterwolken auf. Denn wenn Rebecca in ein normales und verständliches Deutsch verfiel, brachte das meist immer Unannehmlichkeiten für die Gegenseite.
Was denn diese röhrende Maschine in aller Frühe gewollte hätte? Und warum sie so laut und so falsch gesungen hat?
Röhrende Maschine.... Ich brauchte einige Augenblicke, um zu begreifen, dass Rebecca hier von der lieben Hannah sprach. Gut, sie sang etwas falsch und etwas laut, aber nicht laut und falsch genug um morgens um acht Uhr eine Etage höher aus dem Schlaf getrieben zu werden. Woher wusste sie das also?
Die Antwort auf diese Frage wurde in Form der Türklingel auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.
Kurzer Blick zur Uhr.
HALLO.
Sechszehn Uhr.
Zeit für meine Feier.

Wer dies sei und warum wir in unserer Wohnung gestört werden wollte Rebecca dann wissen. Offenbar verschoben sich hier die Eigentumsgrenzen sehr zu meinem Nachteil. Denn das war noch immer MEINE Wohnung, IHRE Wohung hingegen lag eine Etage höher ( gut, bei konsequenter Auslegung waren das Frau Plattmanns Wohnungen, die sie uns etwas überteuert zur Verfügung gestellt hatte).
Warum ich ihr denn nicht von einem Besuch erzählt hätte. Ob ich jetzt Gehemnisse vor ihr hätte. Auf dem Weg zur Tür fragte ich mich, was Rebecca in ihrem Frühstückstee hatte und ob ich davon vielleicht auch etwas zu mir nehmen sollte, verwarf den Gedanken und ließ meine Eltern ein.
Die hatten dann die tägliche Normalität in diesem Haus live und in Farbe.
Meine Mutter fiel mir um den Hals, gratulierte herzlich, blickte Richtung Küchentisch - und stoppte in all ihren Bewegungen.
Beim Anblick, der am Küchentisch in ihrem indischen Morgenmantel gehüllt sitzenden Rebecca, vermochte ich den leisen Zweifel an der Richtigkeit meiner Erziehung in den Augen meines Vaters zu erkennen.
Mein Bruder hatte dafür weniger Scheu und Skrupel, fiel ihr um den Hals und hieß sie in der Familie willkommen ( NUN wusste ich sicher dass er adoptiert war und stellte fest, dass er sich ins Gesamtbild des Hauses nahtlos einfügen kann). Ich bat ihn diesen Quatsch zu unterlassen und schob den Rest der (leiblichen) Familie an die Kaffeetafel in der Stube (irgendwie erschienen nun die dunklen Bilder von vor einem halben Jahr).
Ich hätte es schön hier und das wäre doch ein feines Haus voller netter Leute (meine Mutter erhielt später ausreichend Gelegenheit diese Meinung zu revidieren).

Der Einmarsch meiner Freunde verlief (beinahe) ohne weitere Zwischenfälle. Sie engagierten eine gemeinsame Freundin als Fahrerin. Das wiederum blieb Herrn Täuber nicht verborgen. Der klingelte gefühlte dreißig Sekunden später an der Tür um "nach dem Rechten zu sehen, sozusagen...". Melanie war im Begriff des Aufbruchs und verabschiedete sich von ihm wie folgt: Sie leckte die Fingerspitze ihres Zeigefingers kurz an, strich ihm damit unters Kinn und gurrte: "Bis später Großer." ( sie war schon in der Schule so ). Ich fragte mich welche Rachegötter sich versammelten hatten um diesen Geburtstag äußerst spannend zu machen und ob das hier eine versteckte Bewerbung potentieller Kunden für die leerstehende Wohnung im fünften Stock war. Herr Täuber trug sich mit dem Gedanken wie er denn die Zeit bis dreiundzwanzig Uhr verbringen konnte. Denn ab dann wurde es ja interessant. Ich vergaß wohl zu erwähnen, dass sein Name noch immer nicht auf der Gästeliste stand und das ich die Pläne kurzfristig geändert hatte.

Ich war mit dem Zubereiten eines kleines Imbiss' beschäftigt als es erneut klingelte. Da alle Gäste hier waren konnte es nur einer von diesen Kaputtniks aus dem Haus sein. Ich fragte Rebecca,
ob sie so nett sei und die Tür öffnen könne.
Das war sie. Das Öffnen wurde von eisigem Schweigen begleitet.
Wer es denn sei und ob die Tür irgendwann in diesem Jahrtausend geschlossen werden könne, wollte ich wissen.
Es war die "röhrende Maschine". Rebecca und die röhrende Maschine waren bis gestern Abend noch die besten Freundinnen. Irgendetwas muss passiert sein. Ich verließ mich da auf Hannahs Mitteilungsbedürfnis.
Die hatte an ihrer Attraktivität gearbeitet und wollte das Ergebnis mir nun vorstellen, war jedoch erstmal sichtlich unangenehm berührt über die volle Stube. Warf Kusshändchen ins Publikum und wollte wieder weg.
Sie hätte ja nicht gewusst, dass ich Besuch habe (natürlich nicht, was sollte ich sonst an meinem Geburtstag machen und weshalb hing die Information am schwarzen Brett)!
Währenddessen wühlte Rebecca hektisch in den Küchenschubladen. SO kannte ich die indische Mondscheingöttin gar nicht. Bevor etwas schlimmeres passieren konnte schob ich Hannah auf den Flur.
Rebecca wusste das Angebot eines Beruhigungstees durchaus zu schätzen (allerdings bat ich sie diesen in IHREM Teil UNSERER Wohnung zu sich zu nehmen) und ging. Punkt achtzehn Uhr zur Sportschau verließ meine Familie den Ort des Wahnsinns. Während der verbliebene Rest der Sportschau fröhnte. Das tat Herr Gärtner auch, denn er führte oftmals einen lautstarken Protest Richtung Schiedsrichter.

Als wir dann um zwanzig Uhr den Grill auf den Balkon stellten (ja ich weiß es ist Herbst, aber der Regen ließ grad nach, außerdem ist der Balkon überdacht) klingelte abermals ( nächstes Jahr hänge ich einfach eine offene Einladung ans schwarze Brett hier ).
Frau Plattmann. Schon wieder. Aber sie kam nicht allein. In ihrer Begleitung befand sich der echte Pflaumenschnaps aus Schlesien.
Der Geruch erinnere sie an damals, so gestand sie. Ich fragte mich nur an welches damals. Denn wie es Neunzehnhundertsechzig hier roch als das Haus gebaut wurde kann ich nicht beurteilen.
Und ihre alte Heimat gehörte da schon einem anderen Land. Bevor sie noch die alten Volksweisen anstimmen konnte ließ ich sie schweren Herzens hinein.
Der Schnaps war nur ein Vorwand um sich den Rest der Gesellschaft näher zu betrachten. Offensichtlich waren die ihrer Meinung nach genauso komisch wie ich. Denn sie verließ nach zwanzig Minuten die Wohnung.
Sie kam nicht allein und sie ging auch nicht allein. Offenbar waren wir nicht gut genug für ihren Schnaps.

Um einer erneuten Störung vorzubeugen riefen wir Melanie an, damit sie uns dem Wahnsinn zu entfliehen half. Doch leider hatten wir da die Rechnung ohne Frau Lange gemacht,
die redete etwas von sehr beschäftigt und JETZT keine Zeit!
Mit einem verlockenden Angebot über Dreißig Euro konnten wir sie dann aber doch von der geplanten MENAGE-A-TROIS loseisen und sie versprach schnellstmöglich zu uns zu kommen.
Aus dem "SCHNELLSTMÖGLICH" wurden dann dreißig Minuten.

Unser überstürzter Aufbruch blieb Herrn Täuber natürlich nicht verborgen. Ich erklärte ihm das wir zur Gegenoffensive ausholten. Dauer noch unbekannt. Er versprach, bei unserer Rückkehr uns logistisch zu unterstüzten und ermahnte uns pünktlich um dreiundzwanzig Uhr wieder da zu sein. Mit Blick auf die Uhr erklärte ich ihm, dass es bei unbekannter Anzahl des Feindes leider unmöglich sei, sich an das Zeitfenster zu koppeln, ob er verstehe...
Das tat er.

Nach einer halben Stunden war ich der Mittelpunkt des Universums und die ganze Welt drehte sich rasant schnell um mich herum. Nach Aussagen meiner Freunde wünschte ich mir noch alles Gute zum Geburtstag und kippte vom Hocker.

Vier Stunden und zwei Liter Mineralwasser später traten wir den Heimweg an. Ich bat Melanie inständig bei ihr nächtigen zu dürfen, aber da wäre wohl ein gewisser Hassan dagegen. Ich konnte mich nur nicht erinnern, ihn an diesem Abend gesehen zu haben.

So setzte sie mich zu Hause ab, ich wollte nur noch schlafen und alles vergessen....
Und stürzte so von einem Chaos ins nächste...

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Tag der Veröffentlichung: 06.08.2009

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