Die Frau verliebt sich auf einem rauschenden Fest in den Bankdirektor. Er fragt sie: “Darf ich Sie heiraten?” Sie antwortet ihm, er spinne ja wohl, er sei ja verheiratet. Außerdem lässt sich ein Bankdirektor nicht scheiden, das verstößt gegen ungeschriebene Gesetze in der Bank. Er nimmt sie sich trotzdem, im Bonanzastil (sie reiten beide leidenschaftlich gerne), sie heiraten. Es ist auch die Hoch-Zeit des Terrorismus in des Bankdirektors Land, er, Direktor eines der größten Finanzunternehmen der Welt. Er verfügt schriftlich: “Bei eventueller Entführung meiner Person, die zum Ziel hat den demokratischen Rechtsstaat zu schädigen, kein Eingehen auf die Forderungen der Terroristen!”
Zu gleicher Zeit lebt ein junger Mann mit seinen Idealen und muss einsehen, dass sie sich mit der Realität schlecht vertragen. Er sieht die politisierten Heldenfiguren seiner Ideale in der Isolationshaft verschwinden, er sieht den Staat, in dem er lebt, hin- und hergerissen zwischen Autoritätsnotwendigkeit, -verlust und -verzweiflung. Er sieht die unsägliche Vergangenheit des Landes einen Pakt mit der Gegenwart eingehen. Der Horror der Isolationshaft verwandelt sich in Konzentrationslagerassoziationen. Er landet wegen Verdacht auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung 152 Tage im Gefängnis, die Haft leitet seine Enthemmung gegenüber gewaltsamen Aktionen ein. Seine Eltern ringen verzweifelt um ihren im Sumpf der Radikalität versinkenden Sohn. Beständig erfährt er, im Elternhaus stehe die Tür offen, für alle Probleme ließen sich doch akzeptable Lösungen finden.
Der Bankdirektor hat ein enges, freundschaftliches Verhältnis zum Kanzler des Landes. Die Einstellung des Bankdirektors lautet: "Nur mit Ehrgeiz schafft man es, die Nummer 1 zu sein“. Die Nummer 1 des Landes sagt: „Unsere Zusammenarbeit ist eine geistig, moralische Herausforderung, unsere Freundschaft ist gelebter Patriotismus.“
Die Radikalität des verlorenen Sohnes führt in den Untergrund, der Wunsch politische Ziele mit Waffengewalt durchzusetzen, führt zu Flucht vor Staat und Polizei. Seine Freundin und Weggefährtin, die später nach seinem Tod und nach Jahren der Haft gewaltsame Aktionen ablehnt, sagt damals: „Du musst jemanden so hassen, dass du ihn mit der Hand erwürgen kannst.“ Sie finden kurz Unterschlupf bei Sympathisanten, die sich jedoch von der brutalen Radikalität des Paares abwenden. Mit 33 Jahren wird der Terrorist offiziell als Mitglied der radikalsten Terrorgruppe des Landes per Fahndungsplakat gesucht.
Der Bankdirektor wird Vater einer Tochter, sprintet zum Morgensport mit dem Fahrrad durch den Wald, um ihn herum Gruppen von Bewachern und Sicherheitsleuten. Die Terrorgruppe hat den Kampf angesagt gegen die Bank, dem 280 Milliarden schweren Unternehmen.
Auf einer Reise zu den Ländern der Dritten Welt, die bei der Bank hoch verschuldet sind, empfängt ihn der Präsident von Mexiko, redet verzweifelt auf den Bankdirektor ein: „Wir können mit diesen Schuldenbergen nicht mehr leben, werden niemals in der Lage sein die Schulden zurückzuzahlen, das Land versinkt in Armut, Instabilität und Chaos.“ Durch die Eindrücke der Reise bewegen sich die Gedanken des Bankdirektors in eine andere Richtung. „Wozu ist das gut, was ich erreicht habe“, fragt er sich. Er sucht eine unkonventionelle Art den sinnlos verschuldeten Ländern zu helfen, Stundung, Tilgung, schließlich will er den Erlass der Schulden. Er stellt Forderungen in den Vorstandssitzungen, er stellt die geordnete Welt von Erfolg und positiven Bilanzen infrage. Er isoliert sich, die Kollegen fangen an ihn komisch anzugaffen
Der Terrorist schickt aus dem Untergrund einen selbst gestickten Teppich an seine Eltern. Die Stickerei zeigt ein Schiff, einen Elefanten, Palmen, einen Fluss, eine Szene aus dem Orient. Der Vater sagt: “Sieht aus wie ein naives Kinderwerk, der Wunsch sich wegzudenken, steckt dahinter.“ Die Angst der Eltern bei jeder terroristischen Aktion, die öffentlich wird, dass der Sohn darin verwickelt sein könne. Immer wieder Versuche Kontakt aufzunehmen. Irgendwann, ein letztes, heimliches Treffen auf dem Bahnsteig eines kleinen Ortes im Norden des Landes. Hektisch, traurig, mit Tränen der Mutter, Umarmungen, verzweifelte Blicke, aber da observieren sie ihn schon, haben die Falle vorbereitet, die nicht viel später zuschnappen wird, auf eben dem Bahnsteig, auf dem er das letzte Mal seine Eltern sieht. Er wird erschossen, in den Medien wird berichtet, wie in einer Hinrichtung, mit einem Schuss durch den Mund, während Polizeibeamte ihn auf die Schienen drücken. Auch ein junger Polizeibeamte wird erschossen, ob von seiner Freundin, ihm, einer verirrten Kugel, ist nicht klar. Seine Freundin überlebt den Zugriff der Polizei.
Der Bankdirektor in stetiger Kritik seiner Kollegen, sein Führungsstil wird angezweifelt, sein Wille zum Erfolg. Seiner Frau sagt er: "Denke ich etwa das, was ich nicht denken kann, denken will und auch nicht denken darf?“ Ist er ein Bedenkenträger, ein Miesmacher, ein Problem für den Erfolgsbetrieb Bank? Zunahme der Einsamkeit. Die letzte Vorstandssitzung voller Widerstände, Angst der Leute vor Positionsänderungen, Scheu vor neuen Wegen, provinzieller Fremdenhass. Verlust der Bindungen zur Bank. Er ruft seine Frau an: „Ich weiß nicht, ob ich das überlebe.“ Spät abends zu Hause, völlig zerschlagen. Am nächsten Morgen verlässt er das Haus, um in die Bank zu fahren, umarmt seine Frau, sie versucht ihn zu trösten, streichelt seinen Rücken, sagt: "Es wird alles gut.“ Er, geistesabwesend: „Ja, ja, wir werden sehen.“ Er steigt in den Dienstwagen, darin warten zwei Sicherheitsbeamte. Fünf Minuten später zerfetzt die ferngezündete Bombe den Wagen, in dem er lebendig verbrennt.
Texte: Learning from Japan
Tag der Veröffentlichung: 19.10.2011
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