Ich werde derjenige sein,
der dich festhält, wenn du fällst.
Ich werde derjenige sein,
der dich zum Lachen bringt, wenn du traurig bist.
Ich werde derjenige sein,
an dessen Schulter du dich lehnen kannst, wenn du erschöpft bist.
Ich werde derjenige sein,
der die Dunkelheit um dich herum mit Licht erfüllt.
Ich werde derjenige sein,
der dich beschützt vor allem, was dir weh tut und dir Leid bringt.
Ich werde derjenige sein,
der dich aus der Hölle führt, in der du lebst,
in das Licht, in das du gehörst.
Ich werde immer an deiner Seite sein.
Dich zurückhalten vor den Abgrund.
Dir beistehen, wenn du alleine bist.
Dich beschützen, wenn du in Gefahr bist.
Auch, wenn du mich nicht mehr siehst.
Denn ich liebe dich.
Das Licht war etwas Wundervolles.
Es erhellte die Welt, erhellte die Stimmung der Lebewesen und half ihm beim wachsen und gedeihen.
Keine Pflanze konnte ohne Licht existieren und kein Tier ohne Licht überleben.
Sie brauchten die Wärme, die Helligkeit die ihnen allen half sich zu entwickeln und glücklich zu sein.
Und auch die Menschen brauchten es, mehr als alles Andere.
Ohne Licht ging nichts.
Wann war es das letzte Mal hell gewesen?
Er hatte das Gefühl, dass die Finsternis immer allgegenwärtig war, schon immer gewesen war und immer sein würde.
Der feuchte Kies knirschte unangenehm unter seinen Turnschuhen, ein Geräusch, das ihm schon so unsagbar vertraut war, als dass er es sich hätte wegdenken können.
Genauso wie die Mauer eines alten, schon sehr renovierungsbedürftigen Gebäudes, an dem er schon lange lehnte.
So lange, dass die feuchte Kälte lautlos und ohne halt durch seine Sachen kroch und ihn frieren ließ.
Ein lautloser Seufzer entfuhr seinen Lippen, automatisch schlang er seine schmalen Arme um sich selbst und versuchte sich so etwas mehr Wärme zu geben.
Auch wenn die Kälte in ihm selbst allgegenwärtig war und nie zu verschwinden schien.Sein Blick huschte über die große Straße an der er stand, schien schweigend jede Ecke abzusuchen, in stiller Hoffnung.
Und in stiller angst.
Immer wieder hörte man das leise Aufheulen eines Motors, das Quietschen von Reifen oder ein abruptes Geräusch.
Ein Geräusch von ,dem er gar nicht wissen wollte woher und von was es kam.
Hier war es sicherer nicht zu viel zu fragen.
Tobi war Jung, vor wenigen Monaten gerade einmal Dreizehn geworden und für einen Teeneger seines Alters sehr schlank gebaut.
Immer wieder strich sich der Junge eine Haarsträhne seines dichten, schwarzen Haares aus dem Gesicht, während sein Blick weiterhin aufmerksam die Straße im Auge behielt.
Er wusste, dass er kaum noch Zeit hatte, in nicht einmal einer Stunde war Er da um ihm, genau wie den Anderen das Geld abzunehmen.
Nicht mal mehr eine Stunde…Ein erneuter Seufzer entwich den Lippen des Teenegers, der offensichtlich thailändischer Abstammung wa
Ihm fehlte noch einer, noch einmal für Heute Nacht und er hatte das Geld zusammen sodass er in Ruhe gelassen wurde.
Bis Morgen Nacht.
Der Dreizehnjährige kniff krampfhaft die Augen zusammen, versuchte die Gedanken aus seinen Kopf zu verbannen, die ihn unaufhörlich versuchten in ihren Bann zu locken.
Nicht daran denken.
Dann stieß er sich mit einem Fuß von der kalten Hausmauer ab und machte sich auf den Weg ins Zentrum dieser Straße.
Wo bist du?
Seine Schritte waren fest und sicher während er durch die dunklen Straßen ging.
Die Luft heute Nacht war unangenehm feucht und teilte ihm deutlich mit, dass es wohl bald einen Regenschauer geben würde.
Wie passend für diesen düsteren Ort.
Der Junge Mann hoffte dass er trocken davon kommen würde, für Regen hatte er gerade keine Nerven.
Und besonders nicht heute.
Die Gegend, in der er sich befand, galt als eines der dunkelsten und heruntergekommensten Viertel der ganzen Stadt.
Die Hauptstraße war die einzige breitere Straße in diesen Stadtteil und führte quer hindurch, schien diesen Bezirk einmal in der Mitte zu teilen.
Und doch wusste der Mann, dass dies nicht die Mitte war.
Watts, was auch das Einwanderungs-Viertel genannt wurde hatte kein Zentrum, genau wie es kein Anfang und kein ende zu haben schien.
Genauso wie die Gewalt hier kein Ende nahm, egal wie viel Zeit verging.
Wenn man sich hier befand konnte man gar nicht richtig glauben, dass diese Gegend wirklich hier her gehörte.
Die Stadt Los Angeles, auch ‚Stadt der Engel’ genannt, war die größte Stadt im US-Bundesstaat Kalifornien.
Diese riesige Metropole lag direkt zwischen dem Pazifischen Ozean und einer riesigen Gebirgskette, die sich Kilometerweit durch Kalifornien zog.
Sie wirkte traumhaft schön, auf der einen Seite das fast endlose Meer und auf der anderen die steilen Felsen, welche die Stadt wie eine Mauer schützten, oder gefangen hielten.
Hier herrschten immer sehr milde Temperaturen, unter 10° Celsius fielen sie nie, selbst im Winter war es noch recht mild, da L.A in der subtropischen Klimazone lag.
Es war eine Traumstadt.
Aber das hier war eine der Rückseiten dieser Traumstadt.
Watts gehörte gemeinsam mit South Los Angeles sowie den Vororten Compton und Lynwood zu den gefährlichsten Stadtteilen dieser Metropole.
Und das nicht nur wegen den Straßengangs, die hier ihr Domizil hatten, sondern auch wegen des anderen Gesindels, das sich hier herumtrieb.
Sein Blick wanderte schweigend über die alten Mehrfamilienhäuser die sich hier dicht aneinander reihten, die gesamte Hauptstraße entlang und dabei zeigten wie die Menschen waren, die an so einen Ort lebten.
Kaputt, zerstört und innerlich von allerlei Dingen zerfressen die passieren konnten und immer wieder passieren würden.
Leider.
Viele der Fenster in den Gebäuden waren eingeworfen, einige Eingangstüren waren aufgebrochen und an fast allen fehlte der Putz, sodass der hässliche, rote Backstein darunter zum Vorschein kam.
Und trotz dessen konnte man in fast allen Gebäuden noch Licht erkennen, sei es nun von Lampen, Taschenlampen oder dem Feuerzeug eines Obdachlosen.
Watts war immer noch das Viertel, in dem die meisten Bewohner Einwanderer ohne Papiere, Arbeitslose oder Menschen waren die nichts besaßen.
Und natürlich die Leute die Verbrechen begingen, bei denen war der Stadtteil äußerst beliebt.Der junge Mann wich schweigend einigen Müllhaufen aus die sich immer mal wieder irgendwo breit gemacht hatten, denn die Müllentsorgung kam hier nur Äußerst ungern her um ihre Arbeit zu erledigen.
Aber der Siebenundzwanzigjährige konnte ihnen dies nicht verübeln, es geschah sehr oft, dass sie dabei von irgendwelchen Kleinkriminellen überfallen werden und, wenn sie Glück hatten wurde ihnen nur das gesamte Geld abgenommen.
Wenn sie allerdings Pech hatten wurden sie von einer der Gangs erwischt und als Boxsack verwendet.
Und leider war hier mehr Pech als Glück zu finden.
Jedoch wusste der Mann, dass er zumindest von den Kleinkriminellen nichts zu Befürchten hatte, sie würden ihn nicht angreifen.
Sie waren zwar teilweise dumm aber nicht Lebensmüde und man sah dem Mann an, dass mit ihm nicht zu spaßen war.
Enrico war sehr groß, überragte die meisten Leute in seiner Umgebung mühelos und war dazu noch breit gebaut.
Selbst der hellbraune Mantel denn er trug konnte seine Muskeln nicht verbergen die er sich durch jahrelangen Sport antrainiert hatte.
Aber wenigstens versteckte der Mantel sehr gut seine schwarze Uniform die ihn, auch ohne Dienstmarkte, in dieser Gegend als Officer des Police Department auswies.
Etwas was ihm hier sehr schnell zum Verhängnis werden konnte.
Der Inspektor des Morddezernates hatte darauf bestanden das sie die Uniform anbehalten sollte, nicht damit sie Schwierigkeiten bekamen sondern weil sie so gefunden werden konnten.
Es waren schon zu viele Polizisten in diesen Viertel verschwunden.
Ich bin hier.
Abrupt stoppten seine Schritte.
Der Mann blinzelte leicht als er dies spürte, tief in sich wo seine Seele verborgen lag.
Er runzelte kaum merklich die Stirn, die Innenflächen seiner Hände fühlten sich plötzlich feucht an während ein Hitzeschwall seinen gesamten Körper durchzog.
Hatte er ihn gefunden?
Der Polizist ließ hastig seinen Blick umherschweifen, suchend nach dem, der ihm geantwortet hatte.
Enrico befand sich auf einer Art Kreuzung in Watts, die Hauptstraße zog sich weiterhin gerade durch dieses Viertel, schien kein Ende zu finden aber auch keinen Anfang.
Doch zwischen den Mehrfamilienhäusern konnte er nun auf beiden Seiten, direkt gegenüber, zwei etwas breitere Seitenstraßen ausmachen wodurch man auch problemloser gehen konnte als durch die engen, kleinen Gassen die sonst zwischen den Gebäuden entlang führten.
Aber hier war niemand zu sehen.
Nachts hielten sich die meisten Bewohner dieses Stadtteils in ihren Wohnungen auf oder, wenn sie keine besaßen, in einem der Unbewohnten Gebäuden.
„accidenti …“, fluchte der Großgewachsene Mann leise in seiner Muttersprache, ballte die Hände zu Fäusten und wünschte sich jemanden her.
Jemanden, den er fragen konnte und der ihm helfen würde.
Aber der Siebenundzwanzigjährige wusste leider zu genau, dass ihm niemand helfen konnte, nur er selbst würde sich helfen können.
Der Polizist holte einmal tief Luft, er musste sich dringend wieder beruhigen ehe er langsam seine Augen schloss.
Er hörte das leise Aufheulen von Motoren und das Stimmengewirr von Menschen, sehr vielen Menschen sogar.
Sie waren in der Nähe.
Seine Atmung wurde langsamer, passte sich dem Rhythmus seines schlagenden Herzens an und gemeinsam beruhigten sie so den großgewachsenen Mann.
Die Geräusche um ihn herum wurden immer leiser, sie schienen in weite Ferne zu rücken bis sie nur noch ein Windhauch hinter dem Polizisten waren.
Wo war es hin?
Gerade, als er so gedankenverloren durch die Straßen gegangen war und dabei die Häuser betrachtet hatte, unwillkürlich dabei in die Geschichte dieses Viertels abtauchend.
Wobei er vergessen hatte warum er hier war.
Dabei war dies etwas was der Siebenundzwanzigjährige nie vergessen dürfte, nur deswegen war er doch nach Los Angeles gekommen.
Deswegen hatte er doch seine Heimat verlassen und sich extra hier her versetzen lassen, einzig und allein aus diesem Grund.
Und nun hatte er ihn fast schon wieder verloren.
Erneut runzelte Enrico die Stirn als er sich nun mehr konzentrierte und versuchte zu erfassen was ihm geantwortet hatte.
Es war keine Stimme gewesen die ihm geantwortet hatte, und es waren auch keine Wörter gewesen, nein.
Es war mehr ein Gefühl gewesen, ein leises gefühlvolles pulsieren was ihn durchzog, ein sehnsüchtiges flüstern welches tief in ihn eindrang und dort auf einen Widerhall seiner Seele traf.
Und dieses Gefühl hatte ihn auch geleitet, hier her nach Amerika in die Metropole Los Angeles.
Es hatte ihn nach Watts geführt, ihn schon so oft durch diese dunklen Gassen gerufen ehe es einfach verschwand.
Sollte es nun wieder so sein?
Ich bin hier.
Ein erleichterter Seufzer entwich seinen Lippen als er nun erneut diesen Widerhall voller Sehnsucht spürte.
Nein, diesmal sollte es nicht so sein.
Der großgewachsene Mann schlug die Augen wieder auf, spürte noch immer dieses Rufen in sich und wusste nun wo er lang musste.
Seine Beine setzten sich in Bewegung und Enrico verschwand zielsicher in der linken Seitenstraße.
Endlich würden sie sich treffen.
Ein tiefes grollen durchzog den bewölkten Himmel.
Er hob den Kopf um nach oben zu sehen als er dies hörte, schon instinktiv geschah dies bei diesem Geräusch.
Auch wenn es in dieser Gegend ein sehr vertrautes Geräusch war, es schien hier nie aufzuhören.
Genau wie Dunkelheit und Kälte hier nicht aufhörten, selbst wenn draußen 25° Celsius waren.
Es wurde einfach nicht wärmer.
Der schwarzhaarige Teeneger seufzte lautlos, den Blick noch immer in den Himmel gerichtet und sich bewusst werdend, dass es wohl gleich Gewittern würde.
Auch das noch.
Der Dreizehnjährige wendete den Blick wieder ab und ließ ihn dann schweigend über die Straße schweifen, an der er sich nun befand.
Tobi hatte sich wieder ins Zentrum dieser Gegend begeben, welches ein paar Minuten entfernt von seinem vorherigen Aufenthaltsort war.
Das Bild seiner Umgebung hatte sich nicht sonderlich verändert, die Gebäude waren nicht weniger renovierungsbedürftig, als all die anderen in dieser Straße, nur mehr Leute lebten hier.
Fast jede Wohnung war hier besetzt, auch wenn sie im inneren teilweise noch beschädigter waren, als die in den Randgebieten, und teurer waren sie ebenfalls.
Es war schließlich das Zentrum dieses Viertels.
Schritte erklangen, feste Schritte mit soviel Härte beim Auftreten, dass man sofort die wortlose Warnung verstand.
Unwillkürlich spannten sich seine Muskeln an als er dies hörte, ein kaum merkliches Zittern durchzog seine Glieder und schien ihn zu lähmen.
Vertraut und dennoch jedes Mal die gleiche Angst.
Der Schwarzhaarige wagte es nicht sich zu rühren, sein Blick heftete sich wie unter Zwang auf die dunkelblauen Turnschuhe, die er trug.
Egal was passierte, er durfte unter keinen Umständen den Blick heben und die Person ansehen, die gerade jetzt an ihm vorbei lief.
In diesen Moment spürte er noch immer diesen schmerzhaften Druck in seinem Magen, einen Schmerz der noch vor wenigen Wochen so entsetzlich gewesen war, dass er kaum laufen konnte.
Nur weil Tobi es gewagt hatte einen von ihnen anzusehen.
Es schien eine Ewigkeit zu vergehen ehe die Schritte an ihm vorbei waren und der Teeneger sich traute den Kopf wieder etwas zu heben.
Sein Blick folgte vorsichtig dem breitschultrigen Mann der die Straße mit drohenden Schritten weiter hinab ging, die Hände in den Hosentaschen vergraben.
Schon allein die Ansicht seines Rückens bewirkte ein erneutes Zittern des Dreizehnjährigen.
Erst als die große Statur des Mannes hinter einer Ecke verschwand atmete der Junge erleichtert aus und schloss für einige Sekunden seine Augen.
Die Lektion die erwartet hatte kam nicht.
Scheinwerfer blitzten grell auf und erhellten augenblicklich die Umgebung.
Tobi kniff geblendet die Augen zusammen und wich erschrocken einen Schritt zurück.
Es war eine automatische Reaktion, schließlich wusste der Schwarzhaarige genau was dies war, schließlich kannte er das schon seit fast drei Jahren.
Und trotzdem schreckte er noch immer zurück, jeden Tag aufs Neue.
Der Teeneger schüttelte über sich selbst den Kopf und sah dann auf den dunkelgrünen Mercedes der gerade auf die Hauptstraße bog, sich das holend was ihm seiner Meinung nach zu stand -
Menschen die seine Lust befriedigten, egal ob diese Person es wollt oder nicht.
Hier wurde nicht nach der eigenen Meinung gefragt, hier zählt nicht der freie Wille sondern einzig und allein der Preis, den die Kunden bereit waren zu Zahlen.
Sie waren nicht mehr als Gegenstände.
Seufzend fuhr sich der Dreizehnjährige durch das tiefschwarze Haar, strich sich einige Strähnen hinters Ohr wobei sein Blick die Straße absuchte.
Automotoren brummten leise aber konstant, Stimmengewirr und lachen durchbrachen immer wieder die Stille der Nacht.
Er würde nie verstehen wie man dabei lachen konnte, auch wenn es nur die Kunden waren die Lachten.
Die Personen die an den Hausmauern standen lachten nicht, sie standen nur da, im freizügigen Outfit und warteten.
Warteten auf jemanden der für sie zahlte und sie mitnahm.
Nur wenn ein Kunde auf sie zukam und einen von ihnen Ansprach erwachten die Prostituierten aus ihrer ruhigen Position.
Sie kamen dann den Männern entgegen, mit einem verführerischen Lächeln und einen auffordernden Zwinkern, das viele lustvolle Stunden versprach.
Und dieses Versprechen wurde immer eingehalten.
Es waren Teeneger in seinem Alter, Kinder oder Junge Erwachsene die hier hereingeraten waren.
Und sie waren alle bereits Professionelle.
Der Wind schien plötzlich aufzufrischen und kroch mit einer gnadenlosen Kälte unter den blaugestreiften Kapuzenpullover den der Junge trug.
Fröstelnd schlang der Schwarzhaarige die Arme um sich selbst und versuchte sich so etwas mehr Wärme zu verschaffen.
Eine Grippe zu bekommen war das denkbar schlechteste was ihm passieren könnte.
Ein erneutes Grollen durchzog den wolkenbedeckten Nachthimmel und kündigte einen heftigen Regenschauer an, einen sehr kalten Regenschauer.
Schon im nächsten Moment fielen die ersten Wassertropfen auf den grauen Asphalt und durchnässten ihn kürzester Zeit.
Klasse.
Tobi brummte missmutig als er dies realisierte und begann sich noch energischer über die Arme zu reiben - der Regen war wirklich sehr kalt.
Ich bin hier.
Abrupt hielt er inne.
Der Junge blinzelte leicht als er dies spürte, tief in sich drin – dort, wo seine Seele verborgen lag.
Sein Herzschlag setzte einen Moment aus, schien sich zu weigern dies anzunehmen ehe es wieder in einem viel schnelleren und unkontrollierten Tempo weiter machte.
Da war es wieder.
Er hatte dies schon einige male gespürt innerhalb der letzten drei Jahre, dieses seltsame Gefühl das er sich nicht erklären konnte.
Ein seltsames, sehnsüchtiges pulsieren, das unbeschreiblich tief in ihn eindrang - so tief, dass er es in jeder Faser seines Körpers wahrnehmen konnte.
Nach was sehnte er sich so plötzlich?
Sein Blick wurde unsicherer, ein heißes Kribbeln fuhr durch jede Faser seiner Haut, schien sie regelrecht zu verglühen und eine tiefe Vorfreude schien seinen Körper zu übernehmen.
Irritiert weitete sich Tobis Blick als er diese Freude in sich realisierte.
Was war den jetzt los?
Schritte näherten sich.
Schnell und zielsicher näherten sie sich dem Teeneger, kein Zögern war darin zu merken, diese Person wusste genau was sie wollte.
Der Schwarzhaarige erschauderte leicht als er spürte dass gemeinsam mit den Schritten auch dieses Seltsame Gefühl näher kam und ihn regelrecht zu paralysieren schien.
Vor seinen Augen erschien die Silhouette einer großen Person, der hellbraune Stoff eines Mantels gab einen angenehmen Kontrast zu der Dunkelheit um ihn herum.
Tobi hob unsicher seinen Blick und ließ ihn schweigend an der Statur der Person hinaufwandern bis er das Gesicht in der Nacht erkennen konnte.
Ein junger, etwa 27 jahre alter Mann stand vor dem Jungen, das dunkle Haar hing ihm feucht ins Gesicht und verdeckte für einen Moment die Sicht auf die Augen der Person vor ihm.
„Na mein Kleiner, warum stehst du denn soweit abseits?“, fragte die tiefe Stimme des Mannes die einen angenehm rauchigen Klang hatte.
Der Mann neigte leicht den Kopf um den Jungen vor sich besser ansehen zu können, ein leichtes lächeln hatte sich auf die Lippen des Älteren gelegt.
Der Teenager schwieg einen Moment, ehe sich auf seinen Lippen ebenfalls ein leichtes Lächeln bildete.
„Eine Spinne rennt doch auch nicht ihrer Beute nach, oder?“, fragte er mit einem amüsierten Grinsen und auch der Mann musste unwillkürlich grinsen, als er dies hörte.
Da hatte der Kleine natürlich Recht.
„Dann bist du wohl ein sehr giftiges Exemplar, oder?“, fragte er gutgelaunt und Tobi legte daraufhin den Kopf leicht schief.
„Wollen sie es herausfinden?“, seine Stimme klang verführerisch und versprach viel, während er seine Hand bereits nach dem wesentlich Älteren ausstreckte.
Der Polizist hielt einen Moment inne und sah ihm in die Augen, spürte eine tiefe Vertrautheit die ihn mit dem Jungen verband, ein sehnsüchtiges Pulsieren.
Dann hielt er den Schwarzhaarigen zustimmend seine große Hand hin.
Tobi lächelte als sich ihre Hände berührten und sah ihm in die dunklen Augen, die in der Nacht fast schwarz wirkten, während sie gingen.
Tick. Tack. Tick. Tack...
Jede Sekunde war vom Ticken der Uhr erfüllt, die deutlich zeigte wie die Zeit verstrich, ohne dass jemand etwas dagegen tun konnte.
Dabei hatte man immer nur eine begrenzte Zeit zu Verfügung.
Enrico fluchte lautlos und warf der digitalen Zeitanzeige auf dem DVD–Recorder, der unter dem Fernseher stand einen missbilligenden Blick zu, hoffte dass dies die Zeit dazu brachte langsamer zu vergehen.
Verdammt, er hatte nur eine Gott verdammte Stunde Zeit, dann war es vorbei und wer weiß wie lange es diesmal dauern würde, bis er den Jungen fand.
Aber die Uhr blieb unbeirrt vom Blick des Polizisten und tickte scheinbar fröhlich weiter, immer näher zum Ende ihrer gemeinsamen Stunde und zeigte, dass Enrico nur noch zehn Minuten hatte.
„accidenti …“, fluchte der Mann leise, das war doch alles Mist.
Er riss seinen Blick mit einem erneuten leisen fluchen von der Zeitanzeige des Geräts los und ließ ihn dann wieder durch Raum wandern, in dem sie sich befanden.
Sie saßen in seinem Wohnzimmer, welches, wie der Rest seines Apartments sehr großzügig geschnitten war und so viel Platz für spezielle Wünsche ließ.
Der Mittelpunkt dieser Räumlichkeit war ein großes, lederbezogenes Ecksofa auf dem einige Kissen verstreut lagen und somit eine gemütliche Sitzgelegenheit zum entspannen verschaffte.
An der Wand ihm gegenüber stand eine dunkle Schrankwand in der ein Flachbildschirm, der DVD-Recorder, sowie seine Bücher- und CD Sammlung zu finden war.
Die linke Seite des Zimmers neben dem Sofa bestand jedoch komplett aus einer Glasfassade die einen wunderschönen Ausblick auf die Stadt bot, die inmitten der Nacht nur von den Lichtern erhellt wurde.
Es war eine Spontane Entscheidung gewesen den Jungen hier herzubringen.
Enrico sah nun wieder zu dem Teeneger, der ihm schräg gegenüber auf der Ecke des Sofas saß und schwieg.
Er saß still da, den Rücken gerade sodass er nicht die Lehne berührte und hielt den Kopf leicht gesenkt, verwehrte somit den genauen Blick auf sein Gesicht.
Etwas was der Polizist sehr bedauerte.
Er hatte die ganzen letzten Minuten so dagesessen ohne etwas zu sagen und wirkte auf den ersten Blick wie ein typischer Junge seines Alters, der sich gerne austobte und mit Freunden Blödsinn anstellte.
Aber nur auf den ersten Blick.
Wenn man ihn genauer beobachtete erkannte man das unruhige Verhalten seiner Finger die immer wieder, in schneller und unkontrollierter Geschwindigkeit auf den Sitzplatz tippten.
Immer so dicht an seinen Oberschenkel dass man es kaum merkte.
Und wie er den Kopf gesenkt hielt, nicht trotzig als hätte er etwas angestellt sondern unterwürfig, wie ein Sklave.
Er wirkte verloren.
Enrico seufzte leise und sah auf die unberührte Cola-Flasche, die gemeinsam mit einem Glas vor dem Teenager auf der Glasplatte des kleinen Kaffeetischs stand.
Zu der Frage ob er etwas trinken wolle als sie hier ankamen hatte der Junge nur geschwiegen und den Mann vor ihm abwartend angesehen.
Doch es war seitdem nichts zwischen ihnen passiert. Gar nichts.
Sie saßen nur hier, bewegten sich kaum und sprachen kein Wort miteinander.
Warum war das nur so?
Der Polizist wollte etwas sagen, mit dem Jüngeren reden und somit die Stille durchbrechen die seit fast einer Stunde so schwer zwischen ihnen lag.
Doch er brachte kein Wort heraus.
Es war sonst nicht die Art des Mannes zu schweigen, eigentlich war er immer der Erste, der mit einem Gespräch begann und somit jede Hemmschwelle durchbrach.
Doch diesmal war es anders.
Diese Begegnung mit dem Jungen war so anders, als alles was er bisher gekannt hatte,
er war so anders als jede Person, die der Polizist bis jetzt getroffen hatte.
Der Schwarzhaarige schien ihn allein mit seiner Anwesenheit in seinem Denken und Handeln zu lähmen und ihm seine Stimme zu rauben.
Oder viel mehr dieses Gefühl welches der Junge in ihm auslöste.
Dieses heiße pulsieren war nun so unsagbar intensiv, sein Blut rauschte laut in den Ohren und machte es dem Italiener schwer einen klaren Gedanken zu fassen.
Enrico war so aufgeregt wie ein Junge vor seinem lang ersehnten Date mit der ersten Freundin, dabei dachte er immer er hätte diese Phase bereits längst hinter sich gelassen, schließlich war er keine Sechzehn mehr sondern ging bereits auf die Dreißig zu.
Seine Augen tasteten nun erneut die schlanke Erscheinung seines Gegenübers ab, wollten jeden Winkel des Jungen erleuchten, wenn er schon kein Wort herausbrachte um ein Gespräch zu beginnen.
Schmal war er für einen Teenager seiner Größe, fast zu dünn und durch die lange Kleidung die der Jüngere trug konnte man leider auch nicht genau erkennen ob der Schwarzhaarige nur sportlich oder doch eher mager war.
Durch den gesenkten Kopf konnte Enrico nur das schwarze, dichte Haar erkennen, das wirr sein feines Gesicht umrahmte und ihm somit ein recht freches Aussehen verlieh.
Der Italiener würde so gerne mit ihm reden, nur ein bisschen.
‚Piep’
Es war nur ein leises, kurzes Geräusch das plötzlich erklang, nicht mehr wie das Klirren von Eiswürfeln im Glas, und doch durchbrach dieser Ton, wie ein heftiger Hieb mit der Faust die Stille.
Enrico zuckte zusammen als dieses Geräusch erklang und wurde so sehr unsanft aus seinen Gedanken gerissen.
Wo kam das denn her?
Irritiert ließ der Polizist seinen Blick durch das große Wohnzimmer wandern, auf der Suche nach dem Störfaktor in dieser Situation.
Erst als sich etwas auf der Sofaecke regte, dort wo es die ganze zeit über still gewesen war wandte sich seine Aufmerksamkeit schlagartig wieder zu der Person zurück und das kurze Geräusch war sofort wieder vergessen.
Endlich schien wieder Bewegung in den Halb-Thailänder zu kommen denn er hatte sich nun leicht nach vorne gebeugt und zog etwas Kleines, Schwarzes aus der Bauchtasche seines Pullovers heraus.
Ein Handy.
Der Italiener hob irritiert beide Augenbrauen als er sah wie der Teeneger einen Blick auf den Display warf, ehe ihm bewusst wurde das das Geräusch gerade offensichtlich das Zeichen dafür war, dass eine SMS angekommen war.
Wer schrieb dem Jungen denn mitten in der Nacht eine Kurznachricht?
Das Gesicht des Schwarzhaarigen zeigte keine Regung als er las, nicht mal ein Zucken verriet seine Gedanken, doch aus dem Augenwinkel erkannte der Italiener dass die freie Hand reagierte.
Sie zitterte.
Enrico runzelte beunruhigt die Stirn als er dies bemerkte und richtete sich selbst unbewusst auf.
„Hey…“, begann der Italiener behutsam, schließlich wollte er seinen gegenüber nicht erschrecken und dadurch sein Unbehagen steigern.
Der Teenager fuhr leicht zusammen, als die Stimme des Polizisten ihn aus seinen Gedanken riss und nach einem erneuten, kurzen Blick auf das Display hob er den Kopf.
Unter den schwarzen, langen Haarfransen spähten nun zögerlich die großen, unsicheren Augen des Dreizehnjährigen, die in einem sehr intensiven Blau leuchteten, hervor.
Er schien nicht zu wissen ob er das wirklich tun sollte, ob er das wirklich tun dürfte ohne sogleich eine kleine ‚Lektion’ zu bekommen.
Aber die Stimme des Mannes hatte sich so behutsam und sanft angehört sodass er unweigerlich den Blick gehoben hatte, eher automatisch als alles andere.
Einen kurzen Augenblick lang trafen sich ihre Blicke, nur eine flüchtige Sekunde und dennoch brannte sich der Blick des Anderen in ihr Innerstes ein.
Erneut schien alles in ihnen lautlos zu pulsieren, gemeinsam zu pulsieren wobei eine unsagbar beruhigende Wärme durch ihre Körper zog.
Tobi zitterte.
Ein Schrei ertönte, lautlos und dennoch konnte Enrico ihn deutlich hören, ihn tief in seinem Inneren spüren, diese Angst und Verzweiflung.
Der Blick des Schwarzhaarigen wurde unsicher, ehe er blinzelte und somit den intensiven Augenblick zwischen ihnen beiden unterbrach.
Der Polizist seufzte leise.
„Die Stunde ist um.“, erklärte der Junge plötzlich mit ruhiger Stimme, erhob sich von der Sofaecke und trat sogleich auf den sitzenden Mann zu.
Der Italiener hob überrascht die Augenbrauen als er dies hörte und schnell warf er einen Blick auf die Uhrenanzeige am DVD-Recorder ehe ein erneuter Seufzer seine Lippen verließ.
Die Stunde war tatsächlich um - bereits seit zwei Minuten.
Der Halb-Thailänder hielt ihm vielsagend die die linke Hand entgegen und symbolisierte dem Mann so dass er seine Bezahlung haben wollte.
Egal ob etwas passiert war oder nicht.
„Un momento, ich hole es sofort.“, bat Enrico ihn einen Moment zur Geduld ehe er sich erhob und zu seinem Mantel, der im Flur an der Garderobe hing, ging.
Der Polizist zog seine schwarze Brieftasche aus der Innentasche heraus und durchsuchte dann die Fächer nach dem gewünschten Betrag, obwohl er gar nicht genau wusste ob er soviel Bargeld dabei hatte.
Enrico hätte vorher daran denken können, dass die gesuchte Person sich Prostituierte.
“accidenti...”, brummte er vor sich hin ehe er dann ein paar Scheine herauszog und nach kurzen nachzählen feststellte das es reichte.
Sehr gut.
Plötzlich vernahm er hinter sich langsame, zögerliche Schritte die auf ihn zukamen und schnell zog der Dunkelhaarige noch einen Schein heraus.
„Okay Kleiner, das Trinkgeld ist zwar etwas dürftig aber mehr hab ich gerade nicht hier.“, meinte der Mann mit leichtem Lächeln, wobei er sich zu den Jungen umdrehte und ihm das Geld hinhielt.
Der Schwarzhaarige schwieg jedoch nur und warf dem Polizisten einen schiefen Blick zu, schien sein Gesicht zu mustern, ehe er ihm hastig die Scheine aus der Hand zog.
Er zählte geschwind das Geld durch, nickte dann leicht als Zeichen ,dass der Betrag stimmte, rollte die Scheine dann zusammen und schob es in die Seitentasche seiner Jeans.
Er würde das Geld eh gleich wieder los sein.
Ein erneuter Blick, zögerlich aber zugleich auch neugierig, dann jedoch drehte sich der Junge auf der Stelle und trat zur Wohnungstür.
Seine Hand streckte sich zu der Klinke aus, die Fingerspitzen berührten bereits das kühle Metall als sich plötzlich eine Hand um seinen Arm schloss.
Tobis Augen weiteten sich.
Er wurde herumgerissen, in einer schnellen und fließenden Bewegung wurde sein Körper wieder zu dem Mann herumgewirbelt.
Eine zweite Hand griff nun nach seinen anderen Arm und zog ihn dann, schritt für Schritt noch näher heran.
Das Gesicht des Älteren war ihm plötzlich so nah, sein warmer Atem streifte die Lippen des Dreizehnjährigen, bewirkte erneut dieses seltsame pulsieren tief in ihm.
Und es war ihm so vertraut.
Es schien ihm als würde er dies schon kennen, als würde er diesen Mann schon so lange kennen.
Tobi spürte dieses Gefühl des Widererkennens, bei jeder Geste, bei jeder Handlung des Polizisten.
Die große, starke Männerhand schob sich langsam und behutsam an seinen linken Arm hinauf, die Finger berührten sein Kinn, strichen sanft über seine Wange und verfingen sich dann in den schwarzen Haar.
Die Berührung die erst so zaghaft war fühlte sich für den Teeneger so unsagbar intensiv an, nicht körperlich sondern geistig.
Dieses Gefühl vernebelte Tobis Sinne, jeder Gedanke an das, was er gerade tun wollte, was er tun musste.
„Wie heißt du?“, fragte Enrico behutsam, die Finger noch immer im dichten Haar des Halb-Thailänders vergraben.
Es war eine unbewusste Handlung, die den Mann zwar einen Augenblick irritierte aber nicht beunruhigte, genauso wie die, den Jungen aufzuhalten.
Dies alles schien eher aus einem unerklärlichen, inneren Instinkt zu geschehen gegen den er sich nicht wehren konnte.
Gegen den er sich aber auch nicht wehren wollte.
Der Teeneger wehrte sich auch nicht, er stand nur da und hielt die Augen halb geschlossen, schien alles vergessen zu haben was er gerade tun wollte.
Ob das Gefühl bei ihm auch so Intensiv war?
Der Italiener betrachtete das Gesicht des Jüngeren, las dort kein Misstrauen mehr sondern nur noch Entspannung.
‚Piep’
Erneut dieses kleine, kurze Geräusch das, wie die Klinge eines Schwertes, den Moment zerschlug.
Es schien eigentlich nur ein unschuldiger Ton zu sein und dennoch reichte es um den Dreizehnjährigen schlagartig wieder in die Realität zurückzurufen.
Sein Atem stockte abrupt, als er den Eingang der Kurznachricht vernahm, dann weiteten sich seine Augen voller entsetzen.
Hastig riss er sich aus denn Griff des Mannes und wich einige Schritte zurück, seinen Blick geschockt auf den Polizisten gerichtet.
Dann griff der Junge nach der Klinke, riss die Eingangstür auf und verschwand
2. Konsequenzen.
Manchmal passiert etwas was einen selbst total aus der Bahn wirft.
Es kann etwas belangloses sein, etwas was auf den ersten Blick nur ein kleines, unbedeutendes Detail ist welches alles verändert.
Ein kleiner Fleck, ein kurzer Anruf oder aber die Begegnung mit einer anderen Person welches den Weg in deinem Leben beeinflusst.
Was war da gerade passiert?
Sein Herz schlug schnell und unkontrolliert in seiner Brust, machte es ihm schwer sich irgendwie zu beruhigen.
Tobi strich sich mit unruhigen Händen einige Haarsträhnen aus dem Gesicht, bemerkte dabei wie seine Finger zitterten und schluckte.
Warum war er so aufgeregt?
Dieses Gefühl war in ihm noch so unsagbar intensiv, jede Faser seines Körpers schien zu pulsieren, jeder seiner Sinne angespannt.
Aber nicht vor angst, sondern vor einer tiefen Freude.
Der Teeneger erschauderte als er dies realisierte und unwillkürlich lehnte er sich an die hinter ihm liegende Wohnungstür
Er verstand nicht was hier gerade passierte, was hier gerade passiert war.
„Was war das…?“, fragte sich der Dreizehnjährige selbst auch wenn er wusste dass ihn hier niemand antworten würde.
So wie ihn auch sonst niemand eine Antwort geben konnte.
Hab keine Angst.
Tobi zuckte zusammen als er dies spürte.
Erneut wurde dieses seltsame Gefühl in ihn stärker, schien Schritt für Schritt näher zu kommen und ihn fast zu berühren.
Doch troz dieser Tatsache verschwand die nervösität fast gänzlich aus den jungen Körper und er begann sich wieder etwas zu beruhigen.
Es fühlte sich so vertraut an.
Der Schwarzhaarige verstand gar nichts mehr, er merkte nur dass sein Herzschlag sich wieder normalisierte und das zittern verschwand.
Er hatte wirklich keine angst mehr.
Der Schwarzhaarige neigte leicht seinen Kopf zu der hinter ihm liegenden Tür, spürte die Anwesenheit des anderen und wusste instinktiv das dass was geschehen war richtig ist.
Das es so sein sollte und das dass gerade wichtig war.
Tobi neigte leicht den Kopf und runzelte die Stirn als ihm dieses Gefühl bewusst wurde.
Sehr seltsam.
Doch als er erneut das schwache Vibrieren in seiner Bauchtasche spürte und kurz darauf wieder den leise Piepton bekam der Junge eine Gänsehaut.
Er brauchte sich die Kurznachricht gar nicht ansehen, er kannte den Inhalt bereits.
Genauso wie er wusste wer der Absender war.
Er.
Seine Hände begannen erneut zu zittern, doch dieses Mal versuchte Tobi nicht dies zu verstecken.
Er war unten, saß vermutlich wie immer in seinen dunkelgrünen Kleinwagen und wartete auf den Schwarzhaarigen.
Der Teeneger war sicherlich der letzte mit der Abgabe.
Tobi biss sich auf die Unterlippe und unterdrückte mühsam den Wunsch sich umzudrehen und wieder in die angenehm warme Wohnung zurückzukehren anstatt jetzt hinunter zu gehen.
Der Mann war zu ihm viel netter Gewesen als Er es jemals gewesen war seit es begann,
auch wenn der Mann seltsam gewesen war.
Er wollte wieder zurück.
Doch dem Teeneger war klar dass er nicht zurück konnte, das er nicht zurück dürfte egal wie sehr er es sich danach sehnte.
Die Konsequenzen konnte sie nicht mehr aushalten.
Deswegen schloss er nochmals kurz seine Augen, holte tief Luft und ging den Gang endlang zu den Fahrstühlen die sich in diesen Augenblick öffneten.
„Verdammt noch mal!“, fluchte ein Mann genervt, der gerade den großen Fahrstuhl verließ und den weißen Hausflur der 32. Etage des Apartmentgebäudes betrat.
Der Fünfundzwanzigjährige hatte sichtlich schlechte Laune, schließlich war es gerade zwei Uhr Morgens und er würde viel lieber Zuhause im Bett liegen als hier im Gebäude herumzurennen.
Aber Enrico, dieser riesige Vollidiot von einem Kriminalpolizisten war mal wieder nicht zur vereinbarten Zeit am vereinbarten Treffpunkt erschienen und an sein verdammtes Handy ging er auch nicht heran!
Was im Klartext bedeutete das Bradley seinen Partner mal wieder nachrennen dürfte.
Doch auch wenn der Polizist gerade noch sauer war machte er sich doch auch langsam ernsthafte Sorgen um den anderen, schließlich sah es dem Italiener nicht ähnlich sich bei der Arbeit einfach so in Luft aufzulösen.
Privat, klar, jederzeit konnte es dort vorkommen aber nicht bei seiner Arbeit.
Der Blonde hoffte wirklich dass sein Partner Zuhause war und nicht irgendwo anderes in ihrem letzten Einsatzgebiet welches alles andere als hübsch war.
Schließlich hatten die beiden Polizisten auf den größten Straßenstrichs in Los Angeles ermittelt der sich direkt auf der Hauptstraße von Watts befand.
Dort herrschte eine wahnsinnig hohe Kriminalitätsrate, höher als in jeder anderen Gegend der Großstadt und es passierte dort sehr oft, dass Menschen verschwanden und ihre Leichen erst Tage später in irgendeiner der Mülltonnen einer Seitengasse auftauchten.
Was wohl auch sehr stark daran lag das Watts ein Labyrinth aus engen und verwinkelten Gassen war und keine der Behörden einen genaueren Plan hatte.
Gerade deswegen sollten ja auch Bradley und Enrico letzte Nacht dort ermitteln.
Zwei junge Polizisten aus ihrem Dezernat waren verschwunden, ihre letzte Streife hatte durch den ruhigeren Teil des Viertels geführt, was die Funkzentrale auch bestätigt hatte.
Nur seitdem hatte niemand mehr etwas von ihnen gehört.
„Und er hat nix besseres zu Tun als sich zu verpissen.“, fluchte Bradley grimmig.
Ein schwarzer Haarschopf lief an ihm vorbei, mit leisen aber hastigen Schritten.
Irritiert hielt der Fünfundzwanzigjährige inne als dies geschah und abrupt stoppte sein eigener Weg mitten auf den Gang.
Er wendete seinen Blick nach hinten sodass er die Person sehen konnte die gerade mit ihm auf den sonst so lehren Hausflur war, jedenfalls sonst um diese Uhrzeit.
Die Person war klein und schmächtig, trug Jeans und Kapuzenpullover und hatte ebenfalls gerade angehalten.
Was machte ein Kind um zwei Uhr morgens, wo es eigentlich im Bett liegen und schlafen sollte hier in diesem Haus?
Bradley runzelte verwirrt die Stirn.
Der Junge hielt ebenfalls einen Moment inne ehe er zögerlich seinen Kopf etwas drehte und somit den Blick den Polizisten erwiderte.
Der Ältere blinzelt verdutzt, schien einen Moment zu brauchen das Gesicht des Jungen mit einer seiner kürzlichen Erinnerung zu verbinden ehe sich erschrocken seine Augen weiteten.
Doch in denselben Moment wo es Bradley dämmerte wo genau er den Teeneger schon mal gesehen hatte drehte sich der Dreizehnjährige um und schlüpfte hastig in den Fahrstuhl hinein dessen Türen ich gerade Schlossen.
Der Blonde sah noch immer perplex auf die Fahrstuhltür, schien noch nicht ganz zu verstehen was dieses Kind hier machte.
Der Junge war einer der Stricherkinder!
Eines der Kinder die in den letzten drei Jahren immer vermehrter auf den Straßenstrich aufgetaucht waren und die man bis jetzt nie zu fassen bekommen hatte.
Was machte der Junge hier, in diesem Apartmentgebäude, auf Enricos Etage?
Die Wohnung des Italieners war auf dieser Etage die letzte bewohnte, die drei Apartments dahinter waren leerstehend, also musste der Junge von seinem Partner kommen.
Der hatte doch nicht etwa Scheiße gebaut, oder?
Bradley massierte sich mit kreisenden Bewegungen die Schläfen ehe er beschloss es ganz schnell hinter sich zu bringen, notfalls in die Wohnung einzudringen und es ganz genau herauszufinden.
Aber er hoffte wirklich, dass nicht das passiert war, was er dachte.
„Bitte nicht Partner.“, murmelte der Fünfundzwanzigjährige leise zu sich selbes, eine art Mutmacher ehe er zu der Dunkelbraunen Wohnungstür trat und unsicher dagegen schlug.
Er entfernte sich von ihm, warn es zu anfangs erst zögerliche Schritte voller Widerwillen so waren sie jetzt schneller, voller furcht.
Hatte er Angst vor ihm?
Seufzend öffnete Enrico seine Augen und zog seine Hand von der Tür weg um sie Augenblicklich zur Faust zu ballen.
Der Italiener wusste selbst dass er den Jungen überrumpelt hatte, sein Verhalten musste ihn sicherlich erschreckt haben, jedenfalls hatte es sich gerade so angefühlt.
Enrico wendete sich von der Tür ab und sein Blick schweifte zu dem Sofa zurück wo sie beide gesessen hatten, schweigend aber zusammen.
Bis diese blöde SMS dazwischengekommen war, genauso wie sie kurz danach hier im Flur dazwischen gekommen war.
„accidenti…“, brummte er erneut, irgendwie war dieses Wort Heute sein Favorit.
Plötzlich wurde an der Tür geklopft, zögerlich zwar aber dennoch zuckte Enrico erschocken zusammen.
Verwirrt sah er zur Wohnungstür zurück, hob irritiert eine Augenbraue und fragte sich wer das denn jetzt sein könnte.
Um diese Uhrzeit würde ihm doch keiner einen Besuch abstatten.
De Junge würde es wohl leider nicht sein, de Italiener spürte immer noch mit betrübtem Gefühl das sich der andere von ihm entfernte und nicht näher kam.
Und alle anderen die er kannte waren um diese Uhrzeit sicherlich im Bett oder auf Streife, demzufolge gab es keinen Grund ihn hier Aufzusuchen.
Also war es kein Freund.
Enricos Blick wurde wachsam ehe er schnell seine Dienstwaffe aus dem Sicherungsgürtel an seiner Seite herauszog und sie entsicherte.
Lautlos trat er auf die Wohnungstür zu, beruhigte dabei seine Atmung und seinen Herzschlag für den Fall das dort jemand war der Ärger machen wollte.
Vielleicht war es ein Einbrecher der sehen wollte ob jemand Zuhause war, in diesem Haus wohnten hauptsächlich Leute die sehr beschäftigt und demzufolge auch mal nachts weg waren.
Enrico stellte sich an die Wand und umfasste mit seiner linken Hand den Griff ehe er nochmals tief Luft holte und sich bereit macht.
Egal wie lange man Polizist war, man war trotzdem noch nervös und brauchte dies.
Dann riss er mit einer schnellen Bewegung die Tür auf und schoss aus seiner sicheren Position hinter der Wand hervor.
„Alter, nim die Knarre weg!“, rief Bradley entsetzt.
Enrico hielt irritiert inne als er diese, ihm vertraute Stimme hörte und ein Blick auf die Person vor seine Haustür bestätigte seinen ersten Gedanken.
„Was machst du denn hier?“, fragte der Italiener erstaunt wobei er seine Pistole, eine schwarze Beretta 92 wieder in den Halfter schob und dann einen Schritt zur Seite machte.
Mit seinem Partner hatte er jetzt am wenigsten gerechnet.
Der Blonde hob irritiert beide Augenbrauen und wiederholte Enricos Frage eh er abfällig Schnaubte und die Wohnung betrat.
„Was ich hier mache? Was machst du denn hier?“ Der Blonde warf ihm einen mürrischen Blick zu.
„Ich Wohne hier falls es dir entgangen ist Partner, schon seit 3 Jahren, und ich habe eigentlich vorgehabt hier noch länger zu wohnen.“, erwiderte der Mann augenverdrehend.
„Wie schön, aber sollten wir Heute Nacht nicht woanders sein? In Watts vielleicht?“
Der Italiener runzelte daraufhin irritiert die Stirn, schien einen Moment in seinem Gedächtnis kramen zu müssen ehe es ihm wieder einfiel.
„Die Ermittlungen wegen Jackson und Brisk.“, murmelte Enrico leise und schlug sich mit der Flachen Hand gegen die Stirn. Wie hätte er das vergessen können?
Gerade deswegen war er doch in Watts gewesen, zum Ermitteln und um ihre beiden Kollegen wieder zu finden.
„Endschuldige Bradley. Als ich durch Watts gegangen bin hab ich das total vergessen.“, erklärte er ihm Schuldbewusst.
Was nicht ganz der Wahrheit entsprach, den eigentlich hatte jemand anders seine volle Aufmerksamkeit verlangt, jemand der schon seit dessen Geburt zu ihm gehörte.
Bradleys Miene verdüsterte sich nach dieser Erklärung sichtlich.
„Wie konntest du das Vergessen? Jackson und Brisk sind wichtig! Wir müssen sie so schnell wie möglich finden, wer weiß in welchen Zustand die beiden sind.“
Der Blonde war jetzt Stinksauer, wie konnte Enrico nur die Ermittlungen vergessen? Wie konnte er ihre beiden Kollegen vergessen?
Dann jedoch schnaubte der Jüngere von beiden erneut abfällig den er konnte sich schon denken was, oder viel mehr wer seinen Partner derart abgelenkt hat.
Der Junge.
„Bradley, du weißt doch genau das die Chancen das die beiden noch am Leben sind gerade mal 10% betragen, oder? Sie sind nun seit mehr als 48 Stunden vermisst und 48 Stunden in Watts ohne das man sie findet bedeutet eigentlich immer das sie bereits tot sind.“, meinte Enrico vorsichtig doch davon wollte der Blonde nichts hören.
Er wusste doch selbst wie verschwindend gering die Chancen waren das sie die beiden fanden aber sie dürften nicht aufgeben.
Die beiden hatten doch vor gerade einmal zwei Monaten bei ihnen im Dezernat angefangen, sie kamen frisch von der Polizeiakademie.
„Unwichtig.“, meinte der Blonde und wendete sich ab. „wir dürfen trotzdem nicht aufgeben bis wir sie gefunden haben, ihre Familien brauchen Gewissheit.“
Der Italiener seufzte leicht, nicht weil er genervt von der Sucherei war sondern weil er an die Familien der beiden Cops dachte die auf Nachricht warteten.
Verdammt, es war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt gewesen auf den Jungen zu treffen.
„Okay, fahren wir wieder nach Watts, okay?“, meinte Enrico wobei er wieder nach seinen Mantel griff und ihn sich überwerfen wollte aber Bradley winkte bereits ab.
„Nein, lass nur. Der Inspektor hat vorhin per Funk gesagt wir sollen für Heute Feierabend machen, zwei andere Kollegen werden weiterermitteln.“
Der Italiener nickte nachdenklich und hängte den Mantel zurück ehe er sich auf den Absatz umdrehte und zurück zum Wohnzimmer ging.
Bradley blieb an der Tür zum Hausflur stehen und sah Enrico schweigend nach.
Er betrachtete den Rücken seines Partners, mit dem er nun seit bereits drei Jahren Streife fuhr, Verbrecher jagte und sich mit ihm ein Büro teilte.
Es sah ihm gar nicht ähnlich seine Arbeit zu vergessen und einfach so Nachhause zu fahren, schon gar nicht wenn es dabei um Vermisste Personen ging wie im Falle ihrer beiden Kollegen.
Außerdem hatte der Italiener, nicht wie sonst auch seinen Partner angemeckert weil er zu solch späte Stunde noch hier aufgekreuzt war.
Nein.
Er hatte ihn einfach hereingelassen, ohne Diskussionen oder Gemurre das er müde sei.
Bradley runzelte misstrauisch die Stirn.
Und Außerdem, da war noch der Junge der zweifelsohne aus Enricos Wohnung gekommen war.
Der Blonde seufzte leicht ehe er dem Ältern ins Wohnzimmer folgte und beschloss der Sache auf der Spur zu gehen.
Partner hin oder her.
„Sag mal, was hatte der Junge hier zu suchen?“
Enrico stoppte abrupt als hinter ihm diese Frage ertönte und seine Miene verzog sich augenblicklich zu einer mürrischen.
Bradley hatte den Jungen also noch gesehen.
Eine Möglichkeit die sich der Italiener nicht vorzustellen gewagt hatte, aus sorge vor den möglichen Missverständnissen und Konsequenzen.
Denn selbstverständlich wirkte es komisch wenn mitten in der Nacht ein Teeneger aus der Wohnung eines ledigen Mannes kam.
Ein Mann der noch dazu ein Cop war.
„Welcher Junge?“, fragte Enrico bemüht ahnungslos, schließlich musste er ja nicht zugeben das er den Teeneger bei sich gehabt hatte, egal ob Bradley das Kind gesehen hatte oder nicht.
Das Kind hätte ja auch woanders hergekommen sein.
Doch der Blonde ließ sich nicht von der gespielten Ahnungslosigkeit seines Partners überzeugen, geschweige denn davon abbringen weiter nachzuhacken.
Er hatte genau gesehen wie der Italiener plötzlich stehen geblieben war als er gefragt hatte.
Also war der Junge doch aus Enricos Wohnung gekommen.
„Du weißt genau welcher Junge, Partner. Etwa 14 Jahre, schmächtig, schwarzes Haar und dunkelblauer Kapuzenpulli. Und komm mir nicht mit der Tour, dass du nicht weißt wenn ich meine. Du hast gestoppt als ich dich nach ihm gefragt habe und hast eine ganze weile nur dagestanden, ein sicherer Beweiß das du dir erstmal überlegen musstest was du mir sagst, oder nicht?“, zählte Bradley alle Indizien auf die in so kurze zeit stattgefunden hatten.
Schon alleine Enricos verhalten hatte ihm gezeigt dass etwas nicht stimmte, und dazu war der Ältere noch ein ziemlich schlechter Lügner.
Und Bradley war kein Anfänger.
„Und außerdem, mein Lieber.“, begann der Jüngere und trat zu dem Großgwagsenen Mann heran um sich etwas seitlicher hinter ihm zu stellen. „Kam der Junge aus deiner Wohnung. Die Apartments hinter deinem sind Unbewohnt und in dem vor dir wohnt eine Ältere Dame, nun?“
Enrico verzog nach der Aufzählung all dieser kleinen, aber entschiedenen Dinge resigniert das Gesicht
Er vergaß immer wieder das Bradley, trotz seines ruhigen Wesens und seiner, manchmal recht häufig auftretenden Trotteligkeit einen messerscharfen Verstand besaß.
Sein Partner war nicht ohne Grund fast direkt nach der Polizeischule ins Morddezernat gekommen, er besaß das Talent jede kleine Ungereimtheit sofort zu bemerken, jede kleinste Bewegung zu Analisieren und verstand sofort.
Ein Talent um was der Italiener den anderen eigentlich immer sehr beneidete den er selbst hatte sie sich über die Jahre mühsam antrainieren müssen, und er war noch lange nicht so gut wie Bradley dabei.
Aber jetzt gerade war dieses Talent reichlich unpraktisch.
Wie sollte Enrico das jetzt erklären, ohne dass es falsch verstanden wurde und hier gleich der Teufel los war?
Denn egal wie Klug sein Partner war, er neigte dazu sich immer zu schnell über dinge aufzuregen wenn er sie falsch verstand.
Und diese Situation hier konnte man doch nur falsch verstehen.
Der Siebenundzwanzigjährige seufzte leicht und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, eine Geste voller Ratlosigkeit und Unbehagen.
Wie sollte er das erklären?
„Was lief da zwischen dir und den Jungen?“, durchbrach Bradley nun erneut Enricos Gedanken und legte ihn auffordernd eine Hand auf die Schultern, ein Erinnerung daran dass der Italiener nicht entkommen konnte.
Er wollte jetzt sofort die Wahrheit hören.
Der Italiener wendete nun endlich sein Gesicht den anderen zu und runzelte verwundert die Stirn als er diese Fragestellung hörte.
„Diese Zusammenstellung deiner frage verursacht mir Bauchschmerzen.“, brummt er. „Was soll da gelaufen sein?“
„Na was wohl, Partner?“ Bradley verdrehte die schokoladenbraunen Augen. „Der Bengel ist eines der Stricherkinder, hast du mit ihm geschlafen?“
Nun entgleisten den sonst so beherrschten und Rationaldenkenden Enrico die Gesichtszüge, und nicht gerade nur leicht.
„Bitte was?“, fragte der Polizist nochmals nach obwohl er die Frage sehr gut verstanden hatte und auch die Bedeutung der Frage.
Aber diese Annahme seines Kollegen und besten Freundes war einfach zu ungeheuerlich.
„Sag mal, hast du nen Knall!?“
Wann würde es endlich enden?
Die Tür öffnete sich automatisch als er einen Schritt davor stand und schnell trat er ins freie hinaus.
Sofort schlug ihm die Abendluft entgegen, wehte ihn das Haar aus dem Gesicht und all die Gerüche der Straße in die Nase.
Tobi rümpfte die Nase als er all die Abgase der Autos roch die hier vorbeifuhren, ein widerlicher Geruch der einen den Atem zum Leben nahm.
Oder war es etwas anderes was einen alles zum Überleben nahm?
Sein Blick huschte die breite Straße endlang die direkt vor dem großen Hochhaus entlangfuhr aus dessen Inneren er gekommen war.
In dessen innen er grade seinen letzten Kunden gehabt hatte.
Der Dreizehnjährig erschauderte als er wieder an den Mann dacht von dem er gerade gekommen war, an den Mann und dieses Gefühl.
Aber er dürfte sich nicht erneut in den Gedanken daran verfangen, dürfte nicht wieder erneut darin absinken und alles andere um sich vergessen.
Er dürfte die Abgabe nicht vergessen.
Tobis Augen betrachteten nacheinander alle Autos die hier am Straßenrand geparkt standen und warteten, warteten auf ihre Herren die sie benutzten.
Wo stand Er?
Der Halb-Thailänder wusste dass Er hier sein musste, er hatte dieses Gefühl das Er hier auf ihn gewartet hatte.
Und die Kurznachrichten die er bekommen hatte waren sein Bestätigung dafür.
Tatsächlich entdeckte der Schwarzhaarige kurz darauf einen dunkelgrünen Kleinwagen ganz am ende der parkenden Autos.
Die Scheinwerfer leuchteten kurz auf.
Er.
Tobi schluckte leise als er die Silhouetteeines großen Mannes hinter dem Lenkrad erkannte, bewegungslos wie eine Statue.
Oder wie ein Toter.
Der Junge holte nochmals tief Luft, versuchte seiner Wagsenden Panik Herr zu werden eh er hastig, quer über die Straße zu den wartenden Wagen rannte.
Sofort wurde die Beifahrertür von innen geöffnet und nach einen erneuten schlucken kletterte der Junge zögerlich in das innere des Wagens und schloss Augenblicklich die Tür.
Tobi saß stocksteif neben den großen Mann auf den Beifahrersitz, hielt den Kopf gesenkt und wagte nicht aufzusehen, selbst als das Licht im inneren Ausging und die Türen verriegelt wurden.
Das innere des Wagens war es seltsam stickig, sehr heiß und der Geruch von Sex, Tränen und Blut schoss den Jüngeren unwillkürlich in die Nase.
Er hasste diese Gerüche, sie bereiteten ihm Übelkeit und erinnerten ihn jedes Mal daran was in diesen Wagen passierte.
Mit einen der anderen oder mit ihm.
Plötzlich schob sich die große, starke Männehand vor seinem Gesicht, auffordernd geöffnet und wartend.
Er wollt das Geld.
Hastig kramte Tobi in seiner Bauchtasche herum und zog dann die Geldscheine heraus die er in dieser Nacht verdient hatte.
Gott sei dank hatte er es noch zusammen bekommen.
Seine Finger zitterten als er dem Mann die Scheine auf die, noch immer wartende Hand legte und sie dann sofort wieder hastig wegzog.
Der Mann beachtete dies jedoch nicht weiter sondern zählte in ruhe das Geld durch, ein Schein nach dem anderen.
„Du hast lange gebraucht.“.
Eine Feststellung, keine frage.
Tobi erschauderte als er die Stimme des Mannes hörte, diese Kälte darin schnitt ihn immer wieder ins Herz, immer wieder tief in seine Seele.
Wann hatte es angefangen?
„Endschuldige.“, sagte der Dreizehnjährige leise. „Ich hatte Problem den letzten Kunden zu finden.“
„Du?“, fragt der Mann, leicht Verwunderung spiegelte sich in der kühlen Stimme wieder den schließlich war Tobi einer der Stricherkinder die nie Probleme hatten Kunden zu finden.
Er war, für einen Dreizehnjährigen ein Auffallend hübscher Junge dessen zarte Gesichtszüge, in Erbe seines Thailändischen Blutes vielen gefiel.
Vorzugsweise älteren Männern die ihre perversen Wünsche mit dem jungen Körper befriedigten.
Der Junge zuckt leicht unter den stechenden Blick des Mannes zusammen als dieser ihn ansah, auf eine Antwort wartend.
Die frage war nur wie erklärte er dies jetzt ohne eine Tracht Prügel zu Kassieren?
„Ich...“, begann er unsicher und schluckte. „Ich bin etwas Abseits gegangen um Kunden zu finden, aber dort kam niemand hin und ich habe zu lange gewartet.“
Tobi kniff die Augen zusammen. „Endschuldige.“
Sekundenlang geschah nichts, seines vor Panik schnell schlagendes Herz war alles was der Junge im innern des Autos hören konnte, alles was er spüren konnte.
Plötzlich legte sich jedoch eine harte, eiskalte Hand um den Hals des Jüngeren, nahm ihn Augenblicklich die Luft zum Atmen.
Tobi versuchte keuchend Luft zu holen während er gegen die hinter ihm liegende Beifahrertür gepresst wurde, irgendwie zu Atmen und ruhig zu bleiben damit die wagsende Panik in ihm nicht übermächtig wurde.
Es würde alles nur noch schlimmer machen, Ihm nur noch wütender machen.
„Vater…“, flüsterte er leise, fast flehend als er versuchte dem Mann ins Gesicht zu sehen der ihm das grade antat, etwas was er bis jetzt gerade immer vermieden hatte.
Man wusste sonst nie was geschehen konnte.
Er sah das markante Gesicht seines Vaters an, das, trotz der sonnengebräunten Haut so leblos wirkte wie das eines Toten und dabei aber dennoch unwahrscheinlich viel Kälte ausstrahlte.
Das Schneeweiße Haar des Älteren hing ihm etwas länger ins Gesicht, gab den Mann einen noch wahnsinnigeres Äußeres und die hellblauen Augen strahlten so viel Eiseskälte aus sodass sein Sohn erneut zu zittern anfing.
„Du warst Außerhalb der Grenze.“, sagt der Mann bedrohlich leise. „Es ist jeden von euch Verboten unser Revier zu verlassen. Das hab ich dir so oft eingebläut.“
Der Weißhaarige drückt fester zu, dabei das würgende Geräusch welches sein Sohn von sich gab ignorierend.
„Wie oft soll ich dir das noch Einprügeln?“
Tobi kniff panisch die Augen zusammen als die kalte Härte um seinen Hals immer stärker wurde und er kaum noch Luft hatte.
„Ver…“ Der Jung keuchte leise.“ Verzeih Vater, ich wollt deinen befehl nicht Missachten...“, flüsterte er leise und versuchte ernut irgendwie nach Luft zu Schnappen.
Tobis Sicht verschwimmte bereits.
„Es wird nicht wieder vorkommen…“
Der Fünfundvierzigjährige schwieg dazu nur einen Moment und starrte den Jungen weiterhin kalt an ehe er den Würgegriff um den Hals des anderen löste und dem Atm wieder freie Bahn ließ.
„Gut.“, sagte er knapp und rückt wieder vollkommen ruhig auf den Fahrersitz hinüber und drehte den Schlüssel im Zündloch, dabei ignorierend wie sein Sohn neben ihm keuchend und Hustend zusammenbrach.
Tobi hustete heftig als die ersehnte Luft zum Atmen endlich wieder durch seine Lungen floss und sich seine Sicht wieder klärte.
Sein Hals brannte von den Brutalen Griff des Älteren Mannes und trieb ihn sekundenlang die tränen in die Augen ehe er sie wieder, wütend auf sich selbst wegblinzelte.
Er dürfte nicht wagen irgendein Zeichen von schwäche zu zeigen sonst würde es gleich wieder weitergehen.
Wer weiß ob er diesmal aufhören würde.
„Schnall dich an!“, befahl sein Vater kühl, seine Stimme versprach ernut Gewalt wenn er sich nicht sofort zusammenreißen und wider richtig hinsetzen würde.
Der Schwarzhaarige zuckte zusammen als er dies hörte und hastig biss er sich auf die Unterlippe, so fest das er durch den darauf folgenden Schmerz wieder klar im Kopf wurde.
Wenn der Weißhaarige befehle erteilte befolgte man diese lieber so schnell wie nur irgendwie möglich wenn man keine Bestrafung wollte.
Und der Teeneger wollte keine weitere.
Schnell setzte sich der Junge deswegen wieder richtig hin, fasste nach dem Sicherheitsgurt und tat wie ihm befohlen wurde.
Es war besser schweigend das zu tun was sein Vater verlangte als Widersprüche zu erheben, sich zu weigern oder einfach davon zu laufen.
Denn dies alles hatte keinen Sinn.
Alles was Tobi damit erreichen würde war das sein Vater ihn wieder einfangen würde, schneller als der Junge Luft holen konnte und ihn dann grausam zu bestrafen.
Und wenn er mit ihm fertig war, dann war Sie dran.
Er biss sich erneut, diesmal aber nicht so fest auf die Unterlippe und senkte den Blick ehe ihn plötzlich eine Berührung an seinem Haar aus seinen Gedanken riss.
Unsicher späte er zu dem Mann neben sich.
Sein Vater hatte seinen Blick wieder auf den Jungen gerichtet, sein Gesicht wirkte plötzlich nicht mehr kalt und gefühllos sondern liebevoll und sanft.
Die Hand des Älteren Mannes fuhr behutsam durch das tiefschwarze Haar seines Sohnes, liebkoste es zärtlich und voller Vaterliebe.
„Guter Junge.“, sagte er lächelnd.
Tobi sah ihn schweigend an, den Blick voller Verunsicherung und Wachsamkeit, ängstlich auf jede seiner Reaktionen wartend.
Doch es geschah nichts.
Der Weißhaarige legte mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck die Hand wieder ans Lenkrad und startete den Wagen.
Dieses Ritual wiederholte sich immer wieder, jedes Mal aufs Neue wenn man ihn traf, egal wann, egal wo.
Erst kamen Schläge, manchmal so brutal das der Junge sterben wollte und dann folgten diese Gesten voller Liebe und Sanftheit.
Bestrafung und Belohnung.
Tobi spürte diese schwere die sich in seinen inneren breit machte, eine tiefe, alles Auffressende schwärze die seine Seele gefangen hielt.
Würde es jemals aufhören?
Hilf mir!
„Accidenti!“, fluchte Enrico.
Hastig rannte er die Treppen hinab, nahm immer drei Stufen auf einmal und hoffte sehnlichste das er noch rechtzeitig kam.
Der Italiener war sauer, wahnsinnig sauer auf sich selbst und auf das was gerade passiert war,
auf das was gerade mit den Jungen geschah.
Wieso war er nur so dumm gewesen und hatte ihn gehen lassen? Ausgerechnet jetzt wo er ihn gerade erst gefunden hatte?
Warum?
„Scheiße!“, knurrte der Großgewachsene Mann wütend, griff nach dem Sicherheitsgelände, sprang mit Schwung darüber und landete dann ein paar Stufen tiefer kurz vor der Eingangsflur des Gebäudes.
Sein Blick schweifte sekundenschnell durch den Hellerleuchteten Raum, erfasste den cremefarbenen Fliesenboden, die Marmorwände und die Silbernen Briefkästen an den Wänden ehe er zu der großen, gläsernen Eingangstür stürmte.
Nichts.
Egal was mit den Kleinen Passiert war, es war nicht in diesen Gebäude passiert sondern draußen.
Jemand hatte ihn abgepasst.
Enrico rannte in die angenehm, kühle Abendluft hinein ehe der aufheulende Motor eines Wagens seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Der Italiener erkannte gerade noch den grünen Kleinwagen der aus der Parklücke am ende der Straße herausfuhr ehe er sofort reagierte.
Der Junge war in dem Auto.
Es war mehr ein Gefühl als ein Indiz, so etwas wie er aufgrund seines Berufes sonst immer reagierte aber er wusste instinktiv dass es stimmte.
„Stehen bleiben! Polizei!“, rief der dunkelhaarige wütend und rannte den Auto hinterher, auch wenn ihm klar war das dieses Unterfangen zum scheitern verurteilt war.
Egal wie Sportlich er war, mit einem Wagen konnte er niemals mithalten schon gar nicht wenn dieser Vollgas gab.
Deswegen hoffte er das der Fahrer ein Typ war der vor einem Polizisten angst hatte, wie die meisten Kleinkriminellen in dieser Stadt.
Hastig zog er seine Dienstwaffe aus dem Halfter und nahm damit Endschloßen den Wagen ins Visier.
„Stehen bleiben oder ich Schieße!“
Ich bin hier.
Tobis Augen weiteten sich erschrocken als er dies hörte.
Das war der Mann von vorhin, dieser Seltsame Mann der ihn erst nicht wollte und ihn dann versucht hatte aufzuhalten.
Was wollte der hier?
Der Junge wendete zögerlich dem Blick nach hinten, späte hinter den Sitz hervor und entdeckte tatsächlich den Polizisten.
Er zielte wirklich mit einer Waffe auf sie.
Der Schwarzhaarige runzelte beunruhigt die Stirn, besonders als er bemerkte wie der Italiener innehielt als er ihn entdeckte.
Hatte er ihn wieder erkannt?
„Ist der von der Sitte?“, fragte sein Vater neben ihn kühl und der griff seiner Hände umfasste das Lenkrad fester, schien es zerquetschen zu wollen wie kurz davor den Hals des Jungen.
Tobi sah unsicher zu den Weißhaarigen Mann, schluckte leise und zog automatisch den Kopf ein.
„Ich weiß nicht, Vater.“, erklärte er leise.
Der Ältere reagierte auf diese Antwort kaum, warf nur einen kurzen Blick auf seinen Sohn ehe er einfach das Gaspedal durchtrat und Losfuhr.
„Stehen bleiben!“
Fassungslos sah er wie der Fahrer Gas gab und losfuhr, ihn einfach stehen ließ.
Fluchend zielte der Italiener auf den Wagen, nahm die Rückscheibe in Visier damit er die Person am Lenkrad erschreckte und zum Anhalten bewegen konnte.
In diesen Moment sah er jedoch wie sich der Schwarzhaarige Junge erneut zu ihm umdrehte und ihn einen langen, unsicheren Blick zuwarf.
Die Augen des Teenegers waren ängstlich und nervös.
„Scheiße!“, knurrte Enrico wütend und ließ die Waffe sinken, wusste sofort dass er Verloren hatte.
Solange der Dreizehnjährige mit ihm Wagen saß lief der Italiener Gefahr ihn zu verletzen.
Hilflos sah er mit an wie sich die Person, die er sein ganzes Leben gesucht und weswegen er nach Los Angeles gekommen war von ihm entfernte.
Und dies offensichtlich nicht von einer Person die er traute.
„Scheiße noch mal!“
"Nanu? Wo ist denn Tobi?“, fragte Diana, die in diesen Moment mit Lucas an ihrer Seite durch das Schultor trat.
Laura blinzelte leicht, ehe sie sich zu den Beiden umdrehte und ziemlich verwundert aussah.
Leon lehnte noch immer an der Mauer und starrte zu der Seitengasse, in welche besagter Junge und der Mann hinein gerannt waren.
„Der ist gerade vor einen Bullen weggerannt“; meinte er schlicht und seine Schwester nickte leicht.
„Genau und der Kerl ist ihm nachgerannt.“
Die Fünfzehnjährige blinzelte verdutzt und der Ältere runzelte irritiert die Stirn.
„Warum denn das?“, fragte die Blonde und die Zwillinge zuckten synchron mit den Schultern.
Woher sollten sie das denn wissen? Gedanken lesen konnte hier keiner.
Brad, der noch immer zwischen den Polizeiauto und den parkenden Lehrerautos stand, wurde nun wieder auf die Kinder aufmerksam.
Sein Blick viel sofort auf das älteste Mädchen der Gruppe, die an der Seite des braunhaarigen, jungen Mannes stand.
Sie hatte ein hübsches Gesicht, das von blonden, leicht gelockten Strähnen umrandet wurde und ihre Haut war leicht sonnengebräunt. Ihre Augen, die in einen dunklen smaragdähnlichen Ton schimmerten, übten eine seltsame Faszination auf ihn aus.
Sie war süß, schoss es den Fünfundzwanzigjährigen nur durch den Kopf und er betrachtete das Mädchen nun interessierter.
Sie kam aus der High School, also war sie anscheinend noch keine achtzehn, aber auch dieser Gedanke hinderte sein Innerstes nicht daran, sie hübsch zu finden.
In ihm formte sich der Wunsch sie kennen zu lernen.
Doch plötzlich richteten sich die schönen, grünen Augen direkt auf den Polizisten und sie wirkten, feindselig?
„Was glotzt du so, Arschgesicht?“, fragte Diana kühl und der Ältere blinzelte leicht erstaunt.
Okay, vielleicht war sie doch nicht süß.
Hastig flitzte er durch die dunklen, engen Gassen.
Die Häuser um ihn herum waren meistens Fabrikhäuser, Bürogebäude oder Mehrfamilienhäuser, die nicht bewohnt waren.
Denn alle diese Gebäude waren heruntergekommen und kaputter als alles andere, bei manchen musste man nur gegen eine Wand treten und man musste aufpassen, dass es nicht zusammenstürzte.
Watts war nicht nur wegen der Straßengangs und der verschiedenen Ausländer so gefährlich, sondern wegen vielen mehr.
Doch das interessierte Tobi nicht, denn er hörte hinter sich die Schritte seines Verfolgers und spähte unsicher nach hinten.
Und tatsächlich kam der Polizist gerade um die gleiche Ecke gerannt, wie er noch vor einigen Sekunden.
Verdammt, warum war der so schnell? Normalerweise war er bis jetzt Jeden entkommen, da er ein unglaubliches Tempo beim Rennen vorlegte.
Aber der Mann ließ sich nicht abschütteln, kam noch nicht mal aus der Puste, was sollte denn das?
Der Schwarzhaarige schnaubte leicht.
„Jetzt warte doch mal, ich will dir doch nichts tun!“, rief Enrico plötzlich hinter ihm und der Junge blinzelte leicht.
„Und warum rennen sie mir dann nach?“
„Na dass hab ich doch gesagt, ich will mich nur mit dir unterhalten.“, meinte er seufzend und Tobi rollte mit den Augen.
Was war das für ein Idiot? Und dafür sollte er ihn durch Watts jagen? Wegen einer Unterhaltung?
„Sie haben einen Knall, Mister!“, rief er nur und legte noch mal eine Spur an Schnelligkeit zu, um ihm endlich zu entkommen.
So hatte er sich seinen Freizeitnachmittag nicht vorgestellt!
Doch Enrico legte ebenfalls noch einen Zahn zu und kam immer noch nicht aus der Puste, was war das für ein Kerl?
„Und du bist viel zu misstrauisch Kleiner!“, rief ihn der Mann nur leicht belustigt nach, ehe sie beide erneut in einer der unzähligen Gassen verschwanden.
„Wie kommt’s eigentlich, dass du so gut rennen kannst, wenn du dich gestern hast durchnehmen lassen?“, fragte er irritiert, als er das schnelle Tempo und die Bewegungen des Kindes sah.
Tobi stutzte leicht bei dieser Frage.
„Was stellen sie denn für Fragen?“
„Ganz normale? Es interessiert mich eben!“
„Übung macht eben den Meister!“, rief er beschämt nach hinten und der Italiener blinzelte verdutzt, ehe er sich bückte und einer zu niedrig hängenden, alten Wäscheleine auswich.
„Wie alt bist du denn eigentlich?“
„13, seit März.“
„Wann hast du denn damit angefangen, wenn du nun schon so viel Übung besitzt?“
„Ich wüsste nicht was sie das angeht!“
„Ach, komm schon.“, meinte er quengelig und der Junge schnaubte leicht.
„Mit 10.“, meinte er mit hochrotem Gesicht und die Augen des Mannes weiteten sich entsetzt.
„Was!?“, rief er verwundert und empört zugleich nach vorne, ehe es plötzlich einen lauten Knall gab.
Der Schwarzhaarige stoppte abrupt und sah verwundert hinter sich, bei diesen Geräusch.
Was war denn nun passiert?
Dort sah er wie sich der Italiener an einen alten Laternenmast festhielt und sich sein Gesicht hielt, dabei schmerzhaft die Augen zusammenkniff.
Scheiße tat das weh, wo kam denn die Laterne plötzlich her?
Tobi konnte in diesen Moment nicht anders als zu lachen, obwohl das wirklich gemein war.
Aber das war gerade so gut gekommen, herrlich!
Enrico blinzelte leicht und sah, mit recht beleidigter Miene auf, direkt auf den Jungen, der belustigt den Älteren ansah.
Aber als er diese beleidigte Miene sah, musste er noch mehr loslachen und hielt sich dann auch den Bauch, da er begann wehzutun.
Der Italiener sah ihm dabei schweigend zu während der Schmerz in seinen Kopf langsam verschwand, dann ging er auf ihn zu.
Irgendwie war das Lachen des Jungen sehr niedlich, er wirkte viel gelöster, nicht so verkrampft und kalt.
Seine dunklen Augen betrachteten schweigend die entspannten Gesichtszüge des Kindes.
Er spürte etwas Warmes in sich, etwas das auch ihn zum Lächeln brachte.
Und diese seltsame Vertrautheit untereinander, die auch offensichtlich der Junge spürte, denn er entspannte sich immer mehr.
Enrico ging nun mit langsamen Schritten auf das noch immer lachende Kind zu und betrachtete ihn dabei aufmerksam.
Tobi hörte nun auf zu lachen, aber er kicherte noch leicht als er seinen Blick hob, um zu dem Mann auf zu sehen.
Erst jetzt fiel dem Dreizehnjährigen auf wie groß der Italiener war, er war größer als Lucas und der war schon 1,93 m groß. Unglaublich!
Der Schwarzhaarige sah in die dunkelbraunen Augen des Polizisten und sein Drang wegzulaufen verschwand gänzlich. Seltsam.
Auch fühlte er eine Vertrautheit in sich und eine seltsame Verbundenheit zu dem Mann.
Woher kam das?
Er kannte ihn doch nicht, und er war sich sicher ihm vor gestern Nacht noch nie gesehen zu haben.
Nun stand der Italiener nur zwei Schritte von dem Jungen entfernt und betrachtete lächelnd den Anderen.
Ihm fiel auf wie süß der Dreizehnjährige war, besonders wenn er so gelöst war und vor sich hin kicherte.
Er würde gern wissen was hinter diesen Augen verborgen lag, was in ihnen verborgen war und weswegen der Junge anschaffen ging.
Er wollte ihn kennen lernen, unbedingt.
„Wie heißt du denn?“
„Tobi, und Sie?“
„Enrico, aber lass das Sie weg.“
Enrico lächelte ihn an und der Halb-Thailänder erwiderte dies sofort, wobei er wieder diese seltsame Verbundenheit spürte.
Der Mann ging noch einen Schritt auf das Kind zu und beobachtete genau dessen Miene, aber dieses blieb friedlich stehen und sah ihn ebenfalls interessiert an.
Misstrauen gebrochen? Wäre ja toll.
Doch plötzlich ertönte irgendwo, weiter entfernt ein lauter Knall, dann mehrere kleinere, die wie Schüsse klangen und die Beiden zuckten synchron zusammen.
Tobi schien erst jetzt wieder zu realisieren wo er war, mit wem und das er eigentlich vor ihm wegrennen sollte.
Er sah nochmals den Italiener an, der anscheinend ahnte was er plante, denn seine Augen weiteten sich entsetzt.
Doch dann drehte sich der Dreizehnjährige abrupt um und stürmte wieder in eine der Seitengassen hinein.
Der Siebenundzwanzigjährige schnaubte genervt und fragte sich wie lange er den Jungen den jagen sollte, die nächsten Tage?
„Oh Herr, was hab ich verbrochen, dass du mir einen kleinen, misstrauischen Stricherbengel als Seelenpartner schickst?“, dabei sah er mehr als genervt in den Himmel, ehe er wieder auf die Gasse sah wo besagter Bengel verschwunden war.
„Ich hab jetzt schon keinen Bock mehr.“, meinte er grummelnd, ehe er sich wieder seine Polizeimütze aufsetzte und den Jungen nachrannte.
Dort, wo die Beiden gerade noch gestanden hatten ertönte plötzlich ein leises Kichern und man konnte eine zierliche Frauengestalt erkennen, deren lange, weiße Haare im Wind wehten.
Sie war so durchscheinend wie Nebel.
Er rannte.
Er wusste nicht wie lange er bereits vor dem Mann weglief, aber sein Verfolger war immer noch dicht hinter ihm.
Und Tobi ging langsam die Puste aus, solange musste er noch nie rennen, war der Italiener Marathonläufer oder was?
Der Dreizehnjährige spähte wieder hinter sich, und tatsächlich war Enrico noch immer hinter ihm, aber er hatte anscheinend noch genug Puste.
Der Schwarzhaarige verdrehte seufzend die Augen, ehe er in den Himmel starrte, der bereits immer dunkler wurde.
Also war sein freier Nachmittag bereits vorbei und er musste arbeiten, ganz klasse.
„Arschloch!“, brüllte er wütend zu dem Mann, der daraufhin nur verdutzt blinzelte, da dieser ihm die Freizeit versaut hatte.
Tobi wusste, dass Leon sicherlich seinen Rucksack zu sich nachhause gebracht hatte, er war schließlich nicht dumm.
Also musste er vorm Arbeiten nicht noch mal zu seinem Freund und schlug deswegen sofort die Richtung zur Hauptstraße ein.
Enrico würde ihm ja sicher nicht zu den Freiern ins Auto folgen, da war er sich sicher.
Plötzlich konnte er am Ende der Gassen das leise Gerede von vielen Menschen hören, das Geräusch von laufenden Motoren und das schwache Licht von Scheinwerfern.
Na also, da war er ja schon.
Hastig flitzte der Dreizehnjährige aus der Gasse heraus und entdeckte einen gelben Kleinwagen, der am Straßenrand geparkt stand.
Die Beifahrertür stand offen und er sah einen etwas älteren, braunhaarigen Mann mit Brille, der anscheinend nach einem Stricher Ausschau hielt und sich nicht entscheiden konnte.
Tobi kannte ihn, es war einer der unzähligen Familienväter, die zuhause unglücklich waren und sich dann ihr Frischfleisch auf den Strich holten.
Der Junge grinste leicht, ehe er sein Tempo beschleunigte, nachdem er nochmals kurz nach hinten gespäht hatte, und dann hastig mit den Füßen zuerst in den Kleinwagen sprang.
Schnell schnappte er sich die Autotür und zog sie zu, ehe er erleichtert seufzte.
Sicherheit!
„Sag mal Kleiner, was wird das?“, fragte nun der ältere Mann und schaute verwundert zu dem Kind, das auf seinen Beifahrersitz lag hinunter.
„Da Sie ja anscheinend Entscheidungsschwierigkeiten hatten dachte ich, ich helfe Ihnen etwas“, meinte er mit schiefen Grinsen und der Mann hob eine Augenbraue.
„Stimmt, danke für die Hilfe.“, meinte er nun ebenfalls mit einen Grinsen und der Mann beugte sich nun zu den Jungen hinunter.
Doch plötzlich hielt dieser ihn auf und sah ihn streng an.
„Können sie bitte erst schauen, ob da draußen ein großer Italiener rum rennt?“, bittend sah Tobi ihn an und der Brillenträger blinzelte leicht, ehe er nun aus den Fenster spähte.
„Nein, da ist niemand.“, meinte er nach einen prüfenden Rundblick und sofort entspannte sich der Schwarzhaarige unter ihm.
„Super, danke.“, meinte er lächelnd und sofort kam der Braunhaarige wieder über ihn, stützte beide Arme links und rechts neben den Kopf des Strichers ab.
„Dafür schuldest du mir jetzt aber was, Kleiner.“, meinte er mit vielsagenden Grinsen und der Junge verdrehte die Augen.
Na ganz toll, nun auch noch eine kostenlose Runde, wie er es hasste!
Er legte den Kopf in den Nacken, und spreizte bereitwillig seine Beine, während seine Arme sich nun auf die Oberarme seines Freiers legten.
„Na dann legen Sie mal los Onkel, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.“, meinte er gelangweilt und der ‚Onkel’ schnaubte leicht.
„Du bist richtig antörnend, weißte das?“, meinte er sarkastisch und Tobi schloss schmunzelnd die Augen.
„Weiß ich doch, und nun zack, zack.“, daraufhin konnte er spüren, wie der Mann seine Hände unter seinen Kapuzenpulli wandern ließ, es einfach kurz entschlossen hochschob, damit er sofort an die Hose heran kam.
Wenigstens wollte der Kerl kein Vorspiel, das war wenigstens gut, dann war das hier schnell vorbei, perfekt.
Der Schwarzhaarige knöpfte ihn dann, damit es schneller vorwärts ging, einfach das Hemd auf und spürte den Ekel in sich. als er sah wie fett der Kerl war.
Und dann noch Haare am Bauch, igitt, kein Wunder dass der sich Stricher holen müsste, ohne Bezahlung würde denn keiner anfassen.
Doch plötzlich wurde die Beifahrertür aufgerissen und Tobi starrte verwundert nach oben, direkt in das aufgebrachte Gesicht des Italieners.
Dieser stand direkt hinter ihm und starrte erst den Jungen und dann den Mann wütend an.
„Polizei! Hände weg von dem Kind!“, meinte Enrico drohend und hielt den Brillenträger dann seinen Ausweis vor der Nase.
Der Mann starrte perplex darauf und plötzlich löste sich ein entsetzter Schrei aus dessen kehle und er sprang auf und rückte hastig auf seine Seite zurück, nahm Abstand von dem Jungen und dem Polizisten.
Der Halb-Thailänder blinzelte verdutzt, doch dann legte sich ein Arm um seine Schultern und er wurde aus dem Auto gezogen.
Als die Beiden etwas Abstand zu dem Wagen hatten, wurde die Tür zugeknallt und mit aufheulendem Motor rauschte der gelbe Kleinwagen davon.
Tobi starrte dem Auto nur perplex nach während der Dunkelbraunhaarige neben ihm nur finster auf die Straße starrte.
Sein Arm lag immer noch festhaltend und sicher um die Schultern des Jungen und dieser bemerkte den Griff nun.
Wütend starrte er zu dem Mann empor, der keine Miene verzog.
„Was fällt Ihnen ein!?“
„Was mir einfällt? Ich hab nur einen Minderjährigen aus den Wagen eines Pädophilen geholt!“
„Das geht sie überhaupt nichts an! Ich bin freiwillig zu ihm gegangen, er ist ein Kunde!“
„Ein Mann der Kinder für Sex bezahlt ist trotzdem ein pädophiler Mann! Egal ob es auf den Strich oder sonst wo ist!“
„Das geht sie trotzdem nichts an! Lassen sie mich gefälligst los!“, meinte der Junge wütend und er zappelte in den Armen des Älteren, doch dieser verstärkte nur seinen Griff.
„Und ob mich das was angeht, ich lass nicht zu dass du noch weiter in diesen Sumpf abtauchst.“, meinte er nur.
Irgendwie fühlte er für diesen Jungen eine Art Beschützer-Instinkt seltsam.
Doch besagter Junge schnaubte nur abfällig und zappelte noch mehr in dessen Griff, versuchte sich loszumachen, aber der Siebenundzwanzigjährige war viel zu stark.
„Sie kennen mich nicht, es geht sie nichts an, also lassen sie mich los!“, rief er wütend und plötzlich schlug er die Hände zusammen und zwischen seinen Innenflächen sammelte sich Licht.
Grelles, hell leuchtendes Licht.
Erst kleiner, dann immer größer wurde das Licht zwischen seinen Händen, ehe er sie wieder auseinander nahm und eine Lichtkugel mit rasender Geschwindigkeit nach oben schoss.
Und plötzlich wurde Enrico so stark von diesem Licht geblendet, dass er reflexartig das Kind losließ und die Hände vor seine Augen schlug, um die gleißende Helligkeit abzuwehren.
Tobi landete geschickt auf den Boden ehe er breit grinste und zu dem Anderen sah.
„Tut mir leid, Mr. Enrico, ciao.“, meinte er wobei er dem Mann zuwinkte.
Dann stürmte er hastig die Hauptstraße entlang und achtete nicht mehr auf den Italiener, den er zurückließ.
„Autsch, verdammt.“, murrte dieser gequält, wobei er sich seine Augen rieb und dann unsicher blinzelte.
Doch das Licht war weg und er seufzte erleichtert, dann sah er schweigend in die Richtung in welche das Kind verschwunden war.
„Interessant, er hat eine Gabe.“, meinte er nachdenklich und dachte daran, wie der Junge die Lichtkugel erschaffen hatte.
Wirklich interessant, darüber musste er seiner Mutter nachher Bericht erstatten.
Enrico warf noch einen traurigen Blick die Hauptstraße entlang, ehe er seufzte und sich auf den Rückweg machte
Wo Brad wohl war?
Er bezweifelte, dass dieser noch an der Schule wartete, es war immerhin schon dunkel.
Doch plötzlich gab sein Handy einen Piepton von sich. Der große Mann blinzelte verdutzt und holte es aus seiner Hemdtasche hervor.
„Wenn man an den Teufel denkt, dann schreibt er auch schon `ne SMS.“, meinte er belustigt und öffnete die Kurznachricht von seinem Partner.
‚Ich habe die Kontrollen und den Streifendienst alleine erledigt und warte jetzt in unserer Stamm-bar. Du könntest dich mal langsam wieder blicken lassen, Partner.’
Enrico gluckste belustigt, ehe er das Handy wieder verstaute und sich auf den Weg machte.
Der Bar-Raum war in dunklen, schummrigen Licht gehalten und aus den Boxen kam gerade der neuste Song von ‚Lady Gaga’.
An der Bar saßen nur wenige Leute und unterhielten sich, aber auch ansonsten war gerade nicht viel los, aber es war ja auch erst früher Abend.
Brad saß auf einen der Ecksofas, die einen schwarzen Lederbezug hatten und er starrte missmutig auf seine Cola, die vor ihm auf einem kleinen Glastisch stand.
Die Bar ‚Janneys’ war ein gemütlicher, kleiner Laden wo selten Krawall war, was allerdings auch daran liegen konnte das Enrico und Bradley hier zu den Stammkunden gehörten.
Der Blonde fragte sich wo sein Partner steckte, er wusste zwar, dass er sich um diesen keine großen Sorgen machen musste aber er war schon verwundert gewesen, als dieser dem Jungen nachgerannt war.
Enrico hatte zwar gesagt, dass er ihm alles genau nach dem Dienst erklären würde, aber er brannte vor Neugier, schon seit der Italiener weggerannt war.
Er seufzte leicht ehe der Polizist plötzlich Schritte vernahm und aufblickte.
„Da bist du ja endlich.“, meinte Brad erfreut und Enrico grinste leicht, ehe er sich neben seinen Partner niederließ.
„Hättest du doch eher was gesagt, dass du solche Sehnsucht nach mir hast, Partner.“, meinte er belustigt und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf.
Der Blonde verdrehte nur seine Augen.
„Nur weil du neuerdings unter die Homos gehst, trifft das noch lange nicht auf mich zu, Partner.“, sagte er sarkastisch und von den Anderen kam nur ein leises Lachen.
Eine Weile schwiegen die beiden Männer, wobei jeder seinen Gedanken nachging, bevor eine Bardame ein Glas Cola vor den Italiener stellte.
„Danke, Nina.“, sagte dieser dankbar und die Frau lächelte nur und ging dann wieder.
„Also.“, begann Brad nachdem sein Partner einen Schluck von dem Getränk getrunken hatte.
„Du wolltest mir alles erklären, dann fang mal an.“, meinte er neugierig und starrte den Älteren aufmerksam an.
Dieser schmunzelte leicht ehe er das Glas wieder abstellte und sich entspannt zurück lehnte.
„Was willst du denn genau wissen?“
„Alles, und keine Ausreden!“
„Ich hab’s geahnt.“
Enrico seufzte und winkte den Blonden näher heran und dieser rückte auch sofort mehr zu seinem Partner sodass sie nun direkt nebeneinander saßen.
„Meine Mutter hatte vor einigen Wochen gesehen dass ich gestern, 0: 55 Uhr an einer bestimmten Seitengasse mit meinen Seelenpartner zusammen treffen werde.“, meinte er erklärend und Brad blinzelte verdutzt.
„Der Junge?“, fragte er verwundert und Enrico nickte zustimmend.
„Ach du scheiße, deswegen konntest du ihm nicht widerstehen und deswegen wolltest du ihn auch näher kennen lernen.“, schlussfolgerte er und der Ältere tätschelte ihm den blonden Haarschopf.
„Gut kombiniert, Watson.“, meinte er belustigt und sein Partner sah ihn mit gehobenen Brauen an.
„Okay, das hab ich kapiert und wie lief nun das ‚Gespräch’?“
Daraufhin seufzte sein Partner erneut.
„Ich hab ihn `ne Weile gejagt und dabei hab ich herausgefunden, dass er Tobi heißt und 13 Jahre alt ist.“
„Ohi, wie informativ.“
„Schnauze! Also, dann war da plötzlich eine Laterne…“
„…und du bist voll gegen gerannt?“, vollendete Brad den Satz und Enrico nickte beschämt.
Sofort brach sein Partner in schallendes Gelächter aus und der Italiener warf ihm einen Blick zu, bei dem man tot umgefallen wäre, wenn Blicke töten könnten.
Aber leider war es nicht so und der Blonde lachte ungeniert weiter.
„Hast Du`s bald?“, fragte er genervt und der Jüngere nickte kichernd, bevor er wieder ernsthaft zu den Anderen sah, der beleidigt schnaubte.
„Er hat dann angehalten und mich erst mal ne Runde ausgelacht…“
„Hätte ich auch, das sieht immer bei dir so zum Schießen aus.“
„Klappe zu! Danach war er dann ganz friedlich und entspannt, als dann plötzlich einige Gassen weiter eine Schießerei losging. Er ist dann hastig weg gerannt, der ist ziemlich fix, der Bengel. Dann hab ich ihn verloren und hab ihn dann später im Auto eines Mannes aufgespürt, der ihn gerade, na ja ich erspar dir die Einzelheiten.“, meinte er abwinkend.
„Ich hab Tobi dann aus dem Auto gezogen und der alte Sack ist abgehauen, nachdem er meinen Ausweis gesehen hat. Der Kleine hat danach rum gezickt und gezappelt wie ein Sack wilder Wespen, aber ich war stärker. Und dann…“, er schwieg nachdenklich und ging gedanklich nochmals alles durch, diese Lichtkugel.
„Dann hat er plötzlich eine Lichtkugel erschaffen und mich damit geblendet. Und Schwups war er schon wieder weg.“, damit vollendete Enrico seinen Bericht.
„Eine Lichtkugel?“, flüsterte Brad erstaunt und neigte seinen Kopf mehr zu dem seines Partners, damit niemand lauschen konnte.
„Ja, er hat also eine Gabe, und dazu noch eine ziemlich seltene, diese Gabe ist nicht wie andere.“, meinte er mit nachdenklichen Blick und sein Partner schaute ihn fragend an.
„Diese Gabe kann man nicht wie andere durch Training erlernen und sie entwickelt sich auch anders, außerdem können diese Menschen auch keine Elemente und andere Gaben erlernen.“
Brad blinzelte erstaunt.
„Die wichtigste Frage ist aber nun erst mal, wie triffst du ihn wieder und lernst ihn auch richtig kennen. Er ist anscheinend ziemlich misstrauisch gegenüber Polizisten, und er weiß dass du einer bist.“
„Nun ja, es heißt Seelenpartner ziehen sich, wenn sie einmal aufeinander getroffen sind wie Magnete an, heißt ich werde demnächst wieder auf ihn treffen, ohne ihn zu suchen.“, Enrico lächelte leicht, aber sein Partner hob nur eine Augenbraue.
„Endet das dann wieder in einer Verfolgungsjagd?“, fragte er nur und der Italiener gluckste belustigt.
„Ich hoffe nicht.“
Ein Auto hielt am Straßenrand und die Beifahrertür wurde geöffnet.
„Bis bald, mein Herr.“, sagte eine weibliche Stimme und sie klang sanft, wohlklingend und verlockend.
Sira stieg aus dem Wagen und strich sich das lange, seidige schwarze Haar zurück, das ihr offen über die Schultern fiel.
Der Mann warf ihr eine Kusshand zu, dann rauschte er mit aufheulendem Motor davon, verschwand aus dem roten Viertel.
Die Thailänderin winkte ihm lächelnd nach ehe sie sich umdrehte und ihren kurzen Minirock glatt strich. Ihre Sachen unterschieden sich sehr von denen, die sie sonst trug.
Ein enges, schwarzes Top bedeckten ihre Brüste und der schwarze Minirock ihren schmalen Leib.
An ihren Füßen trug sie schwarze, hochhackige Stiefel, etwas das Sira eigentlich nie tragen würde, sonst bevorzugte sie lange Röcke, hübsche Blusen und Schuhe mit wenig Absatz.
Aber wenn sie diese Mode nicht tragen würde beim Arbeiten, sie wollte nicht daran denken was dann wieder geschehen würde.
Sie hatte ihre Lektion schon gelernt.
Die Siebenundzwanzigjährige trat dann langsam und anmutig auf eine Gruppe Frauen, ebenfalls nur in knapper, enger Kleidung, zu.
Eine war hübscher als die Andere und alle waren unterschiedliche Herkunft, und alle hatten das gleiche Los wie sie.
„Hey Sira, wie war der Kunde?“, fragte eine weibliche Stimme und aus der Gruppe löste sich eine große, schlanke Blondine deren Haare ihr bis zu den Schulterblättern reichten.
„Er war recht nett, aber der hatte Bedürfnisse.“, die Thailänderin schauderte sichtlich und sie wurde sofort zu den anderen Frauen in der Gruppe aufgenommen.
Lenya, die blonde Finnin schlang die Arme um ihre Freundin und drückte sie sanft an sich, strich ihr beruhigend durch das schwarze Haar. Eine kleine Russin, die braune, lange Locken hatte, legte Sira eine Decke um die zitternden Schultern, um sie etwas zu wärmen.
In dieser Gegend war es selbst im Sommer nachts sehr kühl und man konnte sich schnell erkälten, besonders wenn man nur knappe Kleidung anhatte wie diese Prostituierten.
„Danke Victoria“, sagte die Thailänderin lächelnd und die Braunhaarige lächelte breit und schlug ihr freundschaftlich auf die schmale Hüfte.
Lenya und Sira setzten sich dann auf eine dicke Decke, die auf den Steinboden lag und machten es sich dort etwas bequem.
Die Finnin schlüpfte auch sogleich zu ihrer Freundin unter die Decke und sie kuschelten sich etwas aneinander, um sich gegenseitig zu wärmen.
„Sag mal Sira, Diana hatte mir nach der Schule was Komisches wegen Tobi erzählt.“, meinte die Blonde und die Siebenundzwanzigjährige sah fragend zu der Älteren.
„Er war vor dem Schulgebäude mit einem Polizisten zusammengetroffen, offenbar war er ein Kunde des Jungen gewesen. Aber der Mann wollte unbedingt mit Tobi sprechen, er ist aber vor ihm weggerannt und der Polizist ist ihm hinterher gerannt.“, meinte sie und die Thailänderin blinzelte verdutzt.
„Was? Aber warum?“
„Ich weiß es nicht Sira, Diana und die anderen Kids hatten auch keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte.“, sie schlang einen Arm um Sira, die nun besorgt auf den Boden sah.
Doch plötzlich hielt ein grüner Kleinwagen auf der anderen Straßenseite und ein großer, weißhaariger Mann stieg aus.
Er sah direkt auf die Gruppe Frauen, die sichtlich erstarrten.
„Oh nein…“, sagte Victoria und auch die anderen Frauen starrten entsetzt zu dem Mann.
Die Schwarzhaarige spürte das Zittern in ihren Gliedmaßen und obwohl Lenya, neben ihr genauso zitterte schlang sie den Arm mehr um die wesentlich kleinere Frau.
Doch der Mann ignorierte die entsetzten Blicke und ging direkt zu den Frauen und verschränkte die Arme vor der Brust.
Mit seinen eisblauen Augen sah er jede nacheinander an und dann hielt der Fünfundvierzigjährige fordernd die Hand auf.
Sofort legten ihm die Prostituierten ihr verdientes Geld, was sie mit dem Verkauf ihres Körpers erzielt hatten, auf die Hand.
Niemand wagte sich ihm zu widersetzen, jede wusste was dann passieren würde, jede hatte es bereits mehrmals erlebt.
Am Ende ging er zu Sira und Lenya und auch diese legten eiligst das Geld auf die Hand ihres Zuhälters.
Jayden zählte es dann schweigend durch, während seine Frauen ängstlich und erstarrt um ihn herumstanden.
„Da wart ihr aber heute fleißig meine Damen, das gefällt mir“, sagte er sichtlich zufrieden und die Frauen entspannten sich etwas.
Doch plötzlich drehte er sich in einer schnellen Bewegung um und verpasste einer jungen, molligen Frau mit roten Locken eine heftige Ohrfeige. Diese torkelte zurück von der Wucht des Schlages und sie hielt sich zitternd ihre blutige Wange, während die anderen Frauen erschrocken die Luft anhielten.
„Bei dir fehlt ein Kunde, Lisa!“, rief er wütend und die Rothaarige zitterte nun am ganzen Körper, aber sie wagte nicht zu widersprechen.
„Verzeiht, ich werde mich sofort darum kümmern.“, sagte sie ergeben und senkte ihren Kopf.
Jayden wirkte nun wieder besänftigt und er legte Lisa eine Hand auf den Kopf, drückte ihn leicht etwas tiefer.
„Tu das Liebes, aber danach kommst du noch mal zu mir nachhause, verstanden?“, fragte er sanft und in den grünen Augen der Rothaarigen sammelten sich Tränen, aber sie nickte wortlos.
„Sehr schön, ihr anderen habt dann Feierabend, bis morgen Ladys.“, meinte er mit einem Lächeln, ehe er sich umdrehte und wieder zu seinen Auto ging.
Erst als er mit seinem Auto nicht mehr zu sehen war. entspannten sich die Frauen etwas und Lisa begann leise zu wimmern.
Sofort war eine der anderen Frauen da und umarmte sie fest, während die Andere anfing hemmungslos zu weinen.
Sie alle wussten, was bei Jayden mit ihr geschehen würde.
Einige Minuten später gingen Lenya, Sira und Victoria schweigend nachhause.
Die Finnin ging in der Mitte, während sich die Russin und die Thailänderin bei ihr eingehakt hatten.
Alle Drei waren gedanklich bei Lisa und der Situation von vorhin, fragten sich was sie nur tun konnten.
Jaydens Verhalten wurde immer schlimmer, immer brutaler, immer abartiger und grotesker.
Wie würde es nur weitergehen?
„Hey!!“, rief plötzlich eine Mädchenstimme und die Frauen hoben den Kopf, um zu dem Mehrfamilienhaus zu sehen, das ein paar Meter vor ihnen stand.
Dort stand Lucas an der Hauswand gelehnt und Tobi saß zu seinem Füßen, während Diana etwas weiter vorne stand und den Frauen zuwinkte.
„Hey Kinder!“, rief Victoria und sie winkte lachend zurück, ehe die Frauen nun bei den Kindern waren.
Diana sprang sofort ihrer Mutter Lenya um den Hals, während die beiden Jungs ihren Müttern nur zuwinkten.
Sira trat sofort zu ihren Sohn, hockte sich neben ihn auf dem kalten Asphalt und schlang die Arme um ihn.
Tobi blinzelte verdutzt, schmiegte aber gleich seinen Kopf an ihren und legte die Arme um ihren schmalen Rücken.
Die Russin hingegen ging zu ihren großen Sohn, der sie über drei Köpfe überragte und schlug ihn gegen die muskulöse Brust.
„Bist du schon zu erwachsen um deine alte Mutter zu umarmen?“, fragte sie gekränkt und er grinste nur schief bevor er ihr einen Kuss auf die Stirn drückte.
„Sorry Mutter, aber ich breche dir doch nur wieder was.“, meinte er belustigt und sie verdrehte nur die Augen.
Tobi und Sira hingegen standen nun endlich auf und die sechs Personen verschwanden leise in das Gebäude hinein.
„Sag mal Schatz, was ist denn heute nach der Schule passiert?“, fragte Sira interessiert, als sie und ihr Sohn alleine in ihren Wohnzimmer waren.
Tobi, der es sich gerade auf dem Sofa gemütlich machte, schaute fragend zu seiner Mutter, die mit einer Teekanne und Tassen das Zimmer betrat.
Sie hatte sich mit einen erleichterten Seufzer in ihren Bademantel eingewickelt und der Junge trug nur noch eine Jeanshose.
„Ach, ich hab keine Ahnung. Da ist plötzlich ein Polizeiauto zur Schule gekommen und mein letzter Kunde von gestern Nacht ist ausgestiegen. Der hat mich entdeckt und meinte er wollte sich mal mit mir unterhalten, ich bin gleich abgehauen, wir sollen ja privat von ihnen wegbleiben, genauso wie von Polizisten“, meinte er seufzend und nahm dankend die Tasse Tee entgegen, die ihm seine Mutter reichte.
Die Thailänderin schlang dann einen Arm um ihren Sohn und zog ihn so mehr an sich, was dieser nur zu gerne zuließ.
„Der Typ ist mir dann nachgerannt und hat dabei versucht mit mir zu reden, total bescheuert, aber irgendwie hatte ich auch ein seltsames Gefühl…“
„Was für ein Gefühl?“, fragte sie aufmerksam und sie strich ihm durch das verwuschelte dichte Haar.
„Ich weiß auch nicht, es fühlte sich an, als würde ich ihn schon ewig kennen, so ein vertrautes Gefühl, und ich hab mich ihm so seltsam verbunden gefühlt.“, meinte er nachdenklich.
Er fragte sich immer noch was das war, er war sich immerhin sicher, dass er diesen Mann noch niemals gesehen hatte, reichlich seltsam. Sira hingegen blinzelte verwundert, ehe sie nachdenklich auf ihren Jungen sah.
Hatte ihr Sohn seinen Seelenpartner gefunden?
„Wie bist du ihn losgeworden?“
„Nachdem er mich nach einer peinlichen Aktion mit einem Freier festgehalten hat, hab ich ihn, nun ja geblendet.“, meinte er kleinlaut und die Frau seufzte.
„Du hast deine Gabe genutzt.“, schlussfolgerte sie und Tobi nickte leicht.
„Ich wusste nicht wie ich ihn sonst loswerden sollte.“, verteidigte er sich und sie tätschelte ihm nur den Kopf.
„Ist schon gut, ich mach dir keine Vorwürfe Schatz, aber du musst besser aufpassen.“
„Ich weiß, tut mir leid.“, meinte er traurig und sie küsste ihn auf die Stirn.
Dann nahm auch Sira ihre Tasse Tee und nippte vorsichtig dran, während sie ihren Gedanken nachhing.
Zur gleichen Zeit einen Stadtteil weiter in einem großen, Dreizimmer-Apartment in Downtown saß Enrico auf seinen Sofa und telefonierte. Er hatte seine langen Beine entspannt ausgestreckt und einen Arm hinter seinen Kopf geschoben.
„Ja Mama, das war eindeutig eine Lichtgabe, da bin ich mir sicher.“, meinte er ruhig, wobei er sich sein schwarzes Polizeihemd öffnete, das er noch immer trug.
Darunter kam eine muskulöse Brust zum Vorschein. Man konnte auch deutlich sehen, dass er regelmäßig Krafttraining betrieb.
Schweigend lauschte er der Stimme seiner Mutter, die erklärte dass sie das nicht gesehen hatte.
„Du kannst ja auch nicht alles sehen, die Uhrzeit und die Gasse haben aber gestimmt.“, er schmunzelte leicht und seufzte dann.
„Aber hättest du mir nicht vorher sagen können, dass es ein minderjähriger Stricher ist, der dazu noch rotzfrech und extrem misstrauisch ist?“, daraufhin folgte nur ein leises Kichern am anderen Ende der Leitung.
„Was soll das denn jetzt heißen? So jemand passt am besten zu mir, ich bin nicht schwul, wenn ich dich daran erinnern darf.“, meinte der Italiener beleidigt, ehe sich seine dunklen Augen zu Schlitzen verengten.
„Warum wundert es mich überhaupt noch, dass du schon wieder weißt, dass ich mit ihm im Bett war? Vor dir kann man ja keine Geheimnisse haben, du weißt ehe schon alles im Voraus.“, er schnaubte und seine Mutter klang nun strenger.
„Ja doch, ich weiß, ich weiß. Ich werde den Jungen nicht mehr loslassen, ich hab schon gemerkt, dass das irgendwie nicht mehr geht, außerdem hab ich irgendwie einen Beschützerinstinkt gegenüber diesem Bengel entwickelt.“, er strich sich mit der freien Hand übers Gesicht und gähnte leise.
„Ja, ich und Beschützerinstinkt, ich weiß das klingt total unglaubwürdig und dämlich, aber es ist so! Ja, ich hab auch noch nicht gewusst, dass ich zu solchen Gefühlen in der Lage bin, dieses Kind tut mir schon nach den zweiten Zusammentreffen nicht gut.“, er grummelte und hörte dann wieder seine Mutter lachen.
„War klar, du findest mal wieder dass es mir gut tut, hast du wieder was neues für meine und seine Zukunft gesehen?“, fragend lauschte er ihrer Stimme und runzelte seine Stirn.
„Okay, deiner Stimmlage zu urteilen will ich keine genauen Einzelheiten, ich lass mich lieber überraschen. Oh? Ich treffe ihn Morgen wieder? Danke für die Info, dann kann ich mich gleich geistig darauf vorbereiten.“, erneut lachte Enricos Mutter am anderen Ende der Leitung und er seufze leicht.
„Ich melde mich wieder Mama, grüß Mike und den Rest des irren Vereins da drüben von mir. Schlaf gut, bis bald.“, damit klappte er müde sein Handy zusammen und warf es desinteressiert auf den kleinen Holztisch, der vor dem Ledersofa stand.
Dann streckte er sich genüsslich und legte sich auf den Sofa lang.
Seinen Arm legte er über seine Augen und der Italiener musste wieder an Tobi denken.
Irgendwie fühlte er sich zu diesen Jungen hingezogen und irgendetwas in ihm sagte, das es nichts mit der Seelenpartnerschaft zu tun hatte.
Helle Sonnenstrahlen schienen durch das Fenster und erhellten ein Zimmer.
Es war ein kleines Zimmer unter dessen Fenster ein Schreibtisch mit allerlei Schulutensilien stand, ein großes Bücherregal, einen Kleiderschrank und einem gemütlichen Bett.
Dort konnte man jedoch unter der dunkelblauen Bettdecke Bewegungen sehen und ein schwarzer Haarschopf schaute oben heraus.
Tobi blinzelte leicht, als die Sonnenstrahlen ihn weckten und rieb sich verschlafen die Augen, ehe ihm bewusste wurde das heute Samstag war und somit schulfrei.
Mit einem zufriedenen Laut drehte sich der Halb-Thailänder wieder um und zog die Decke über seinen Kopf um das Licht abzuschirmen.
Noch schlafen und entspannen.
Doch das das nicht klappte wurde ihm bewusst, als er hastige Schritte hörte und dann wie seine Zimmertür aufgerissen wurde.
„Tobi!“, rief eine Mädchenstimme begeistert und im nächsten Moment spürte der Junge wie jemand mit Schwung auf ihn rauf sprang.
Der Schwarzhaarige gab einen gequälten Laut von sich und er starrte missmutig nach oben wo Laura mit breiten Grinsen auf seinen Bauch saß.
„Morgen Schlafmütze, wie wär‘s mit aufstehen?“, fragte sie strahlend, aber er drehte müde den Kopf weg.
„Es ist Samstag, geh weg.“, murrte er und seine beste Freundin verzog beleidigt das Gesicht, ehe sie von ihm runter stieg und sich zu ihm unter die Bettdecke schob.
„Was wird das denn jetzt?“
„Wenn du nicht aufstehen willst, leg ich mich eben zu dir.“, sie schlang dann ihre Arme um seinen Bauch und kuschelte sich mit ihren Haarschopf an seine Wange.
Der Halb-Thailänder seufzte leicht ehe er die Arme um das Mädchen schlang und sie mehr an sich drückte.
Ja, Laura war öfters sehr anstrengend, aber sie war auch einfach nur liebenswürdig, er hatte sie wahnsinnig gern.
Sanft strichen seine Hände über ihren Rücken, der von einem schwarzen, ärmellosen Oberteil bedeckt wurde, über den rot-karierten Faltenrock und wieder nach oben durch ihre rotblonden Haare.
Laura hob ihren Kopf und sah ihn mit einem warmen Lächeln an, wobei ihre Hände über seine bronzefarbene Haut strichen, da Tobi im Sommer immer mit freien Oberkörper schlief.
„Bekomme ich einen Kuss?“, fragte sie lieb und er kicherte leicht, ehe er ihr einen auf die Stirn drückte.
Daraufhin strahlte sie und kuschelte sich glücklich an ihn.
Hach, sie war verliebt.
Doch plötzlich ertönten weitere Schritte und im nächsten Moment riss jemand mit Schwung die dunkelblaue Decke vom Bett.
Laura kreischte erschrocken auf, während ihr Freund nur entsetzt zusammenzuckte und dann zum Übeltäter schaute.
Am Ende des Bettes stand Leon, mit beiden Händen die Decke umfassend und mit gelangweilter Miene.
„Seit ihr mal langsam fertig?“, fragte er genervt und seine Zwillingsschwester warf ihm einen beleidigten Blick zu.
„Du blöder Idiot! Musst du einen immer so erschrecken?“
„Wenn du, anstatt ihn ordentlich zu wecken, lieber zu Tobi ins Bett kriechst muss jemand eingreifen.“
„Wir wären doch gleich gekommen!“
„Tz, das glaubst auch nur du.“
Tobi verdrehte nur genervt die Augen, bevor er sich aufsetzte und dann einfach über das Mädchen rüber stieg, um auf zu stehen. Während die beiden Zwillinge sich weiter an zickten nahm er sich aus seinen Schrank frische Wäsche und verließ leise das Zimmer. Sollten die doch streiten, hätte er genug Zeit zum duschen.
Draußen, neben seiner Zimmertür stand allerdings Lucas und grinste belustigt, als er die mies gelaunte Miene des Jüngeren sah.
„Diana und mich haben sie auch bereits so geweckt, die Beiden haben anscheinend ziemliche Langeweile am Samstagmorgen.“, meinte er und der Schwarzhaarige murrte leise als er zu ihm aufsah.
„Können die ihre Langeweile nicht unter sich ausmachen? Ich bin so müde.“, zur Bekräftigung gähnte er ausgiebig.
Der Ältere lachte leise und fuhr ihm sanft durchs zerwuschelte Haar ehe er ihn entschieden Richtung Badezimmer schob.
„Wenn wir schon mal wach sind können wir auch aufstehen, also ab mit dir unter die Dusche.“
Tobi grummelte noch einen Moment ehe er sich ergab und ins Bad verschwand.
„Das ist nicht euer Ernst, oder?“, fragte Diana.
Sie saßen zu fünft im Kreis auf den Fußboden und die Fünfzehnjährige sah die Zwillinge scharf an.
Sie sah, genauso wie Lucas und ihr Halbbruder noch recht müde aus, selbst ihr blondes Haar war noch nicht gebändigt.
Und ihr Blick verriet Qualen für ihre Peiniger, die sie geweckt hatten.
„Ihr weckt uns am Samstag, sieben Uhr morgens nur weil ihr Pokern wollt? Seit ihr bekloppt?“, fragte sie nochmals.
Aber Leon und Laura sahen nicht mal schuldbewusst drein, im Gegenteil, das Mädchen nickte nur grinsend, während ihr Bruder schon mal die Karten mischte.
Die Blonde sah nun zu Tobi, der sich mit den Kopf auf den Oberschenkel des Siebzehnjährigen gelegt hatte und deutete dann auf die Zwillinge.
„Ich glaub das nicht.“, murrte sie verzweifelt.
Lucas gluckste nur belustigt, während sein dreizehnjähriger Freund nur genüsslich gähnte.
Dann warf Leon jeden einfach seinen Stapel Karten zu und nahm selbst sein Blatt in die Hand.
„Los geht’s!“, rief Laura strahlend und die anderen drei ergaben sich und begannen mit zu pokern.
Flucht war zwecklos.
„Es ist 13:30 Uhr, und somit Zeit für unseren aktuellen Wetterbericht!“, ertönte die fröhliche Frauenstimme von Jessika, der Moderatorin des Radiosenders.
Tobi hob nur kurz den Kopf, als er dies hörte und er lauschte schweigend dem Bericht und seufzte.
Die Temperaturen in der Nacht sollten noch frisch bleiben, obwohl es bereits Sommer war, ganz klasse.
Er lag alleine im Wohnzimmer auf den hellen Teppichboden zwischen Schrankwand und Glastisch und vor ihm lag ein Buch über Geschichte, da er darüber am Montag eine Klausur schrieb.
Und er hatte nicht die geringste Lust drauf, aber es half ja alles nichts.
Plötzlich hörte er ein leises Kichern und er spürte wie die Temperatur im Raum fiel und eine negative Anwesenheit.
Der Schwarzhaarige hob unsicher seinen Kopf und sah dorthin, wo das Gekicher herkam.
Hinter ihm waren einige große Fenster, durch die das Sonnenlicht strahlte und dort erkannte er sie.
Es war eine junge Frau die dort auf den Fensterbrett saß, mit schneeweißen Haar, das ihr bis zur Hüfte reichte.
Ihre Haut war sehr blass, wirkte fast genauso weiß wie ihr Haar und unter ihrem Pony stachen ihre blutroten Augen hervor.
„Layla…“, flüsterte Tobi leise und die Angesprochene lächelte ihn sanft an und durch die Sonnenstrahlen konnte man sehen, dass sie leicht durchscheinend war, wie ein Geist.
Der Junge legte das Buch auf den Teppich und stützte sich mit seinen Armen etwas mehr nach oben, so dass er sie besser ansehen konnte.
„Verzeih Tobias, dass ich dir das wieder antun muss.“, begann sie mit sanfter Stimme und sie streckte leicht ihre Hand nach ihm aus, so als ob die Weißhaarige über sein Haar streichen wollte.
„Aber es ist dein Schicksal, also sei mir bitte nicht böse.“, dabei zog sie ihre schlanke Hand wieder zurück und er runzelte verwundert die Stirn.
Doch ehe er fragen konnte, was sie nun schon wieder meinte verschwand sie auch schon wieder, wie eine Fata-Morgana, die nie da gewesen war.
Der Dreizehnjährige fragte sich was denn nun wieder passieren würde, wenn Layla auftauchte konnte es nur etwas Schlimmes sein, und erst ihre Entschuldigung!
Doch dann klingelte plötzlich die Türklingel und er wurde aus seinen Gedanken gerissen.
Verwundert sah er zu der Eingangstür, die er gut durch den Flur sehen konnte, ehe zu dem Radio sah auf dem die Uhrzeit stand.
Wer konnte das denn sein? ,
Seine Mutter arbeitete doch immer bis 15 Uhr, es war viel zu früh.
Dann klingelte es erneut, ungeduldiger und Tobi seufzte leicht, bevor er sich erhob und zur Tür ging um sie zu öffnen.
„Ich komme ja!“, rief er nachdem es zum dritten Mal geklingelt hatte und er fragte sich wer das war.
Er legte die Hand auf die Türklinke und ihn durchzuckte ein ungutes Gefühl, ein Kälteschauer und sein Herz schlug nervös etwas schneller.
Oh Gott, etwas Schreckliches würde passieren.
Er öffnete zögerlich die Tür und sein Herz schlug plötzlich panisch schneller.
Sein Vater stand dort und sah ihn mit ausdruckslosem Gesicht an.
Er spürte das Zittern in seinen Gliedmaßen und wie sein Herz schmerzhaft gegen seine Brust hämmerte.
Nicht vor Freude nein, sondern aus purer Angst.
Nun wusste der Dreizehnjährige genau was Layla mit ihren Worten gemeint hatte.
Sein Vater kam nie am Nachmittag, wenn seine Mutter nicht da war, zu ihnen nachhause.
Nur wenn er etwas ganz Bestimmtes vorhatte, etwas was sehr weh tat.
Panik durchfuhr Tobi und er starrte den Mann nur ängstlich an, unfähig sich zu rühren oder etwas zu sagen.
Nein, bitte nicht!
„Hallo Vater…“, sagte er nach einigen Minuten leise und die eisblauen Augen des Älteren fixierten ihn kalt.
„Nimm deine Jacke und komm mit.“, meinte dieser jedoch nur emotionslos und sein Sohn schauderte.
Also doch.
„A... aber ich mach‘ gerade was für die Schule, wir schreiben am Montag eine Klausur, die ist wichtig!“, meinte er hastig und er sah ihn flehend an.
Er wollte nicht, er konnte nicht, das dürfte nicht wieder passieren! Plötzlich drückte Jayden jedoch die Tür weiter auf und der Schwarzhaarige wich automatisch einige Schritte zurück.
„Ich hab gesagt, du sollst deine Jacke nehmen und mitkommen.“, sagte er bedrohlich leise und Tobi begann zu zittern.
Hastig deutete er auf das Geschichtsbuch, das noch immer auf den Teppichboden lag.
„Aber Vater, die Geschichtsklausur…“, meinte er panisch, doch plötzlich holte der Weißhaarige aus und verpasste seinen Sohn eine heftige Ohrfeige.
„Ich hab gesagt du sollst mitkommen!“, brüllte er den Dreizehnjährigen an, der ihn entsetzt anstarrte.
Er sah dem Mann in die eisblauen Augen und sah dort einen leichten Rotschimmer, wie dieser der auch immer in Laylas Augen schimmerte. Ein Zittern durchfuhr seinen Körper und schweigend zog er sich seine Turnschuhe an, ehe er sich seine Jeansjacke überstreifte.
Der Junge wagte es nicht aufzusehen, als er neben seinen Zuhälter und Vater trat und schweigend neben ihm das Haus verließ.
Schule war seinem Vater immer sehr wichtig, er legte Wert auf gute Noten und eine gute Schulbildung, trotz seines Berufes als Zuhälter und seinem Benehmen gegenüber seinen Prostituierten. Schulbildung war ihm das Wichtigste, sonst reagierte er nie so, wenn er sagte er müsste lernen oder Hausarbeiten machen.
Das bedeutete nur eines.
„Layla…“, flüsterte Tobi leise und er zuckte zusammen und sah unsicher neben sich, auf die Reaktion seines Vaters.
Doch dieser ging mit unbeweglicher Miene neben ihm her, zu dem grünen Kleinwagen, der vor dem Mehrfamilienhaus parkte.
Doch er konnte leise, fast lautlos die Stimme der weißhaarigen Frau hören. die sagte ‚es ist dein Schicksal’.
Leises Gestöhne drang vom Nebenzimmer an seine Ohren und leise Schmerzensschreie, gemischt mit einem verzweifelten Wimmern. Er spürte nichts dabei, nicht mal etwas wie Reue oder schlechtes Gewissen, dass er sein eigenes Kind verkaufte. Seine Empfindungen waren tot, sie schienen schon so lange tot zu sein, oder?
Jayden konnte sich gar nicht mehr genau daran erinnern wann, er das letzte Mal etwas gefühlt hatte.
Der Weißhaarige saß in einen Wohnzimmer auf einen großen und gemütlichen Sessel und starrte schweigend ins Nichts.
Seine Ohren horchten auf die Geräusche aus dem Schlafzimmer und automatisch schaute er auf die Uhr.
Mark hatte nur noch fünf Minuten, der sollte endlich mal fertig werden, sein Gestöhne widerte ihn an.
Doch dann stoppten plötzlich die Stimmen im Nebenzimmer, nur das leise Wimmern blieb und kurz darauf konnte er Schritte hören.
Dann ging die Tür auf und ein großer Mann mit dunkelbraunen Haaren kam aus dem Schlafzimmer, er trug nur einen dunkelgrünen Bademantel.
„Wurde auch langsam Zeit Mark, in fünf Minuten wäre ich rein gekommen.“, meinte Jayden kühl und der sichtbar Jüngere brummte nur, ehe er sich eine Zigarette anzündete. „Nun übertreib mal nicht, ich bin schließlich dein Bruder, da wirst du doch auch mal Ausnahmen machen können, oder?“, fragte der Zweiunddreißigjährige mit einen düsteren Lächeln.
Doch sein großer Bruder sah ihn nur kalt an.
„So etwas wie Familie gibt es nicht in diesen Geschäft, das hab ich dir schon tausendmal gesagt.“, erwiderte er und hielt dann vielsagend die Hand auf.
Mark schnaubte genervt und drückte ihm dann grimmig das Geld in die Hand, ehe erneut die Tür knackte.
Tobi trat aus dem Schlafzimmer hinaus, er hatte sich bereits wieder komplett angezogen, aber sein gesamter Körper zitterte vor Schmerzen.
Sein Onkel war so unwahrscheinlich brutal dabei, er hatte jedes Mal das Gefühl, dass sich so sterben anfühlen musste. Der Weißhaarige warf seinen Sohn einen Blick zu, runzelte die Stirn und streckte seine Hand nach ihm aus. Der Schwarzhaarige gehorchte und kam näher bis sein Vater ihn an den Oberarmen umfasste.
Behutsam zog er ihn auf seine Knie wobei der Junge schmerzhaft zusammenzuckte und ein erneutes Wimmern von sich gab.
Aber er währte sich nicht, dafür tat es zu gut, dass Jayden lieb zu ihm war.
Dieser schob den Pulli hoch und entdeckte auf den Oberkörper seines Sohnes jede Menge großer Blutergüsse, blutige Schrammen, Bissspuren und heftige Kratzer.
Die eisblauen Augen des Mannes wurden kalt, als er über die Wunden fuhr und er sah seinen jüngeren Bruder an.
„Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du nicht so grob zu ihm sein sollst?“, fauchte er, wobei seine Hand den Pulli wieder hinunter zog. Mark verdrehte nur die Augen und schenkte sich ein Glas Whiskey ein.
„Die Memme soll sich bloß nicht so anstellen, die paar Kratzer hat ein Stricher gefälligst zu ertragen ohne zu heulen.“, meinte er brummig während Tobi, auf Jaydens Schoss, noch immer zitterte.
Der Vater drückte seinen Sohn behutsam an sich und hob ihn hoch als er sich aus dem Sessel erhob.
„Er ist keine Memme, er ist ein guter Junge.“, meinte der Weißhaarige schlicht, ehe er mit dem Schwarzhaarigen das Wohnzimmer verließ. Von dem Jüngeren kam nur ein abfälliges Schnauben.
So ein Quatsch!
Schweigend ging der Mann aus dem Gebäude und trat in die warme Nachmittagsluft, die sie sofort umfing.
Sie befanden sich in China-Town, einen Stadtteil, dass an den Kern von Los Angeles grenzte und in denen viele, aiatische Menschen lebten. Überall standen Gebäude, Autos, Laternen und Mülleimer, die aussahen als ob man sie direkt aus China geklaut hätte.
Jayden ignorierte die Umgebung jedoch komplett, sondern ging nur mit bewegungsloser Miene zu seinen Wagen, der auf der anderen Straßenseite parkte.
Diesen schloss er dann auf und setzte Tobi behutsam auf den Beifahrersitz, der auch sofort die Beine anzog und seine Arme um die Knie schlang.
Sein Vater ließ sich neben ihm nieder, schnallte sich und den Jungen ordentlich an bevor er losfuhr.
Der Schwarzhaarige schwieg die ganze Zeit über, während er sich bemühte keinen Schmerzenslaut von sich zu geben, obwohl jede Stelle seines Körpers schmerzte wie verrückt.
„Verzeih…“, sagte Jayden plötzlich leise und er legte ihm sanft eine Hand auf den Kopf, strich liebevoll durch das dichte, schwarze Haar. Tobi blinzelte unsicher und er späte zu seinem Vater, nervös und auf einen Übergriff gefasst. Aber dieser sah niedergeschlagen aus, der Blick seiner Augen wirkte traurig und unendlich müde.
Was war das?
Doch dann hielt der Wagen an einer Straßenecke zwischen Watts und Down-Town und der Ältere strich sich durchs weiße Haar.
„Du hast heute frei, ruhe dich aus und schone dich.“, meinte er leise ehe er den Sicherheitsgurt von seinen Sohn entfernte und dann regungslos sitzen blieb.
Tobi sah ihn noch einen Moment verdutzt und unsicher an, ehe er zaghaft nickte und dann hastig ausstieg.
Sofort, nachdem die Tür geschlossen war, sauste das Auto davon und er sah ihm mit einem mulmigen Gefühl nach.
Was war das nur?
Das fragte er sich jedes Ma,l wenn dies passierte.
Erst war sein Vater so brutal, zwang ihm zu dieser widerwärtigen Arbeit und danach war Jayden so vorsichtig, liebevoll und traurig.
Eine erneute Schmerzenswelle durchzuckte seinen Körper und Tobi biss sich auf die Unterlippe, um keinen Laut von sich zu geben.
Er musste dringend nach Hause, er brauchte ein heißes Bad und ein gemütliches Bett zum ruhig liegen.
Seine blauen Augen huschten suchend durch die Gegend, überprüften wo ihn sein Vater abgesetzt hatte.
Er war etwa eine Stunde von zuhause entfernt und ein Seitenblick nach rechts zeigte eine der belebtesten Ladenstraßen des Stadtkernes, wo wahnsinnig viele Menschen durch die Gegend rannten.
Tobi seufzte deprimiert und wünschte sich, dass der Ältere ihn doch etwas weiter gefahren hatte, der Weg würde die reinste Qual werden.
Er biss die Zähne zusammen und machte sich auf den Weg wobei er bei jedem Schritt erneut vor Schmerzen aufschrie.
Doch dann vernahm er Schritte, die sich zielstrebig ihm näherten und dann eine erfreute Stimme, die ihn ansprach.
„Hey Tobi, so schnell sieht man sich wieder.“, sagte eine tiefe Stimme und der Angesprochene blinzelte leicht verdutzt ehe er zu der Person sah, die gerade auf ihn zuging.
Enrico trat aus der belebten Straße zu ihm in die Seitengasse und winkte ihn gutgelaunt zu.
„Eh’, Hallo.“, meinte er blinzelnd, während er den Italiener ansah, der ihn anlächelte, dabei spürte er auch sofort wieder diese Vertrautheit zu dem Mann.
Der Siebenundzwanzigjährige verschränkte die Arme vor der Brust und warf ihm einen fragenden Blick zu, wobei der Jüngere nur eine Augenbraue hob.
„Was ist?“
„Rennst du heute nicht vor mir weg?“
Der Junge blinzelte leicht verwundert, bevor ihm die Jagd von gestern wieder einfiel und er verstand.
„Ich denke nicht.“, meinte er nachdenklich, ehe er sich trotzdem umdrehte und weitergehen wollte, aber Enrico packte ihn einfach schnell am Arm. Er wollte gerade fragen warum er dann jetzt doch wegging, als Tobi aufschrie da der Italiener einen ziemlich großen Bluterguss getroffen hatte.
Der Mann zuckte zusammen und starrte entsetzt den Jungen an. der die Zähne zusammen biss.
Scheiße tat das weh.
Enricos Blick wurde ernst und dann zog er den Jüngeren behutsam näher zu sich rann, ehe er ihm hastig den Pulli hochschob. Seine Augen weiteten sich entsetzt, als er auf der bronzefarbenen Haut die unzähligen Blutergüsse, Bisss und Kratzwunden sah.
„Oh dio…“, hauchte er auf Italienisch, während er ignorierte dass Tobi ihn panisch ansah und versuchte sich aus seinen Griff zu winden.
Aber der Italiener hielt ihn fest und seine Miene wurde wieder ernst, wobei er den Pulli sorgsam zu Recht rückte.
Dann sah er den Schwarzhaarigen an, dessen Blick ängstlich wurde und hastig schlang er die Arme um ihn.
Der Halb-Thailänder gab einen erschrockenen Laut von sich, als Enrico ihn dann plötzlich einfach so hochhob.
„Lassen sie mich runter!“, rief er entsetzt, aber der Italiener ignorierte dies einfach und machte sich auf den Weg dass sie hier wegkamen.
„So, da sind wir.“
Leise schloss er die Haustür auf, schob sie mit der Hand komplett auf und stellte dann den Jungen in seinen Flur ab.
Hinter ihnen schloss Enrico wieder die Tür, während sein Gast sich missmutig umsah, er verstand nicht warum er hier hergetragen wurde.
Der Italiener hatte jeden seiner Proteste ignoriert und ihn schweigend zu sich nachhause getragen, er hatte keine Fragen beantwortet.
„Hör auf so missmutig zu brummen; ab mit dir ins Badezimmer.“, meinte der Ältere, ehe er ihn entschieden durch den Flur in das Bad schob.
Tobi blinzelte verdutzt und ließ dies mit sich machen, als er eine seltsame Wärme in sich spürte.
Es war ein schönes Gefühl, wenn sich jemand um ihn kümmerte, so schön.
Das Bad war klein und besaß eine große Eckbadewanne um welche ein hellblauer Duschvorhang hing.
Der Ältere ließ ihn neben dem Waschbecken stehen, ließ dann heißes Wasser in das Becken laufen, aber nicht zu heiß.
Der Schwarzhaarige beobachtete ihn dabei und unwillkürlich freute er sich auf das heiße Bad, verdammt zuhause hatte er doch das Gleiche vorgehabt.
Enrico drehte sich zu ihm um und sah ihn mit hochgehobenen Augenbrauen an, ehe er einen Verbandskasten aus dem Schrank, der neben der Waschmaschine stand, holte.
„Zieh mal den Pulli aus, ich will mir deine Verletzungen ansehen.“, meinte er als er wieder zu ihm sah.
Der Junge starrte ihn daraufhin nur entsetzt an und schüttelte entschieden den Kopf.
Das kam überhaupt nicht in Frage, der Typ war ein Bulle!
Der Polizist seufzte daraufhin leicht und kam näher.
„Tobi, die Wunden sehen echt schlimm aus, die müssen behandelt werden sonst entzünden sie sich.“
„Egal.“, meinte er trotzig und er sah den Mann dabei an, wie ein kleiner, bockiger Junge.
Enrico hob eine Augenbraue ehe er den Verbandskasten wegstellte, sich die Ärmel seines Hemdes hochkrempelte und den Jüngeren mit emotionsloser Miene anstarrte.
Die Augen des Dreizehnjährigen weiteten sich entsetzt und er sah dabei zu wie der Mann Schritt um Schritt näher kam.
Dann hörte man plötzlich nur noch Tobi‘s lautes Protestgebrüll, als Enrico ihm einfach die Klamotten vom Körper riss.
Wer nicht hören wollte musste fühlen.
Wenige Minuten später saß der Dreizehnjährige dann in dem heißen Badewasser.
Er sah mit beleidigtem Gesicht zu dem Italiener auf, der seelenruhig auf den Wannenrand saß und vor sich hin summte.
Tobi seufzte leicht und strich sich eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht bevor er es sich etwas bequemer machte.
Das heiße Wasser entspannte seine Muskeln und die Wunden brannten zwar anfangs, ehe er sie kaum noch merkte.
Das tat verdammt gut.
Enrico betrachtete den Jungen schmunzelnd, als dieser sich entspannte.
Der Junge war wirklich total niedlich aus, wenn er auch ein echt sturer Bengel war, aber auch das fand er eher anziehend.
„Oh dio…“; murmelte er wieder leise und er fuhr sich entsetzt über sein Gesicht.
Fing er gerade an sich für einen dreizehnjährigen Jungen zu interessieren?
Der Braunhaarige sah aus den Augenwinkeln auf Tobi, der sich entspannt zurückgelegt hatte und die Augen geschlossen hielt.
Sein Blick wanderte über das junge Gesicht, auf dem man schon sehr deutlich die markanten Gesichtszüge erkennen konnte, das schwarze Haar, das feucht sein Gesicht umrahmte, die geschlossenen Augen, die Lippen auf denen sich ein Lächeln gebildet hatte.
Hinab über seinen Hals und das Schlüsselbein, über die bronzefarbene Haut, auf der Wassertropfen glitzerten.
„Oh dio…“; murmelte er jetzt schon verzweifelter, als er merkte dass ihm ziemlich heiß wurde und alles in ihm kribbelte.
Mutierte er jetzt wirklich zum Homo?
Enrico vergrub sein Gesicht in seinen Händen und seufzte gequält.
Das dürfte doch nicht wahr sein!
Tobi öffnete verwirrt die Augen als er das gequälte Seufzen hörte und er sah den großen Mann an.
Wieso wirkte er denn so geknickt? Er setzte sich wieder gerade hin und begann zaghaft an Enricos Ärmeln zu zupfen, bis dieser ihn fragend ansah.
„Was hast du?“, fragte er besorgt und der Mann hob eine Augenbraue, lächelte dann aber leicht.
„Nichts, bin nur etwas in Gedanken.“, meinte er beruhigend und fuhr ihm behutsam durch den schwarzen Haarschopf.
Der Junge sah ihn noch einen Moment fragend an, drückte dann seinen Kopf gegen Enricos Hand drückte als Zeichen, dass er weiter machen sollte.
Tobi gefiel es seltsamer weise wenn der Mann ihn berührte, es fühlte sich in ihm dabei so warm, so richtig, so was hatte er noch nie gefühlt. Der Italiener blinzelte verblüfft, als der Junge dies tat aber er machte weiter damit, den Jungen durchs Haar zu streichen.
“Können wir jetzt reden?“, fragte er sanft und der Dreizehnjährige nickte leicht als Antwort und sah den Mann dann interessiert an.
Enrico lächelte daraufhin erleichtert und zupfte an einer der schwarzen Haarsträhnen.
„Du hast gestern so eine Lichtkugel erschaffen, nicht?“, nach dieser Frage zuckte der Schwarzhaarige zusammen und versteifte sich unter der Hand.
Aber der Italiener ließ sich davon nicht beunruhigen und redete einfach weiter.
„Du brauchst keine Angst zu haben Tobi, schau, ich kann das auch.“, meinte er ruhig, ehe er die andere Hand von seinem Oberschenkel runter nahm und sie zur Faust ballte.
Als er sie nun wieder öffnete flammte eine kleine Feuerkugel dort und schwebte sanft über seiner Haut.
Tobi‘s Augen weiteten sich erstaunt und er sah die Flamme verblüfft an, während sein Gehirn langsam diese Tatsache verarbeitete.
„Du hast, genau wie ich eine Gabe, eine Gabe ist, wie du vielleicht schon weißt eine Fähigkeit, die manche Menschen besitzen, aber nicht alle, es ist eine Begabung, die auch nur eine ganz einfache sein kann wie gut kochen oder singen können, es gibt aber auch viele, die so etwas wie wir beide können.“, dabei verschwand die Flamme wieder in seine Hand und dort bildeten sich einige Wassertropfen, die sich dann zu einer Wasserkugel formten.
„Die vier Elemente steuern können, Gedanken lesen, Leute physisch beeinflussen, Zukunftsvisionen haben, das Wetter beeinflussen und vieles mehr, jede Gabe ist so unterschiedlich wie die Menschen.“
Enrico ließ die Wasserkugel wieder verschwinden, schloss seine Hand so als würde er etwas halten wollen.
Plötzlich schlang sich ein grüner Pflanzenhalm aus seiner Hand, wurde länger und begann dann zu einer hübschen, weißen Rose zu blühen.
Der Junge betrachtete dies mit einer Mischung aus Staunen und Faszination.
Dann löste der Junge seine Hand von Enricos Hemd und hielt sie vor dessen Brust.
Eine kleine Lichtkugel formte sich aus unzähligen kleinen Lichtern zusammen, die diesmal nur sanft, mit einer wohligen Wärme leuchtete.
Der Siebenundzwanzigjährige nickte daraufhin lächelnd und fuhr ihm wieder durchs Haar.
„Genau.“, meinte er sanft, ließ die Blume wieder verschwinden und auch Tobi ließ seine Gabe wieder verschwinden, ehe er ihn mit fragenden Augen ansah.
„Hast du schon mal etwas von Seelenpartner gehört?“, daraufhin schüttelte der Halb-Thailänder verwundert seinen Kopf und legte seine nassen Unterarme auf Enricos Oberschenkel ab.
Seinen Kopf stützte er mit seinen Händen ab, während er zu ihm aufsah.
Der Italiener schmunzelte und schlang einen Arm um seine schmalen Schultern.
„Seelenpartner sind zwei Teile derselben Seele. Sie sind sozusagen das genaue Gegenstück zueinander, das fehlende Puzzleteil derjenige, der dich vollkommen macht. Die andere Person ist demnach perfekt für dich und antwortet unterbewusst immer automatisch auf den Ruf deiner Seele.", erklärte er wobei er ihm ansah.
„Außerdem ziehen sich Seelenpartner an, sie treffen immer wieder zufällig aufeinander und sie hören das Schreien der anderen Seele.“.
Seine zweite Hand strich dem Jungen sanft den Pony aus der Stirn und sah ihm dann ins Gesicht.
„Deswegen habe ich dich auch vorhin gefunden, ich habe deine Schreie gehört Tobi.“, meinte er ernst und dabei betrachtete er prüfend seine Gesichtszüge.
Nicht dass der Junge gleich anfangen würde zu schreien oder ihn für verrückt zu erklären, das wäre reichlich unpraktisch.
Doch zu seinem Erstaunen blieb der Halb-Thailänder völlig ruhig, betrachtete ihn nur interessierter.
„Das du mir so bekannt und vertraut vorkommst…“ „Gehört auch dazu, richtig.“
Daraufhin blinzelte der Dreizehnjährige einen Moment nachdenklich, verschränkte seine Arme auf Enricos Oberschenkel und legte dann seinen Kopf darauf.
Schweigend schloss er seine blauen Augen wobei er zuließ, dass der Italiener weiterhin liebevoll durch sein Haar strich.
Nun wurde ihm auch einiges klar, Enrico war also sein Seelenpartner.
„Komm Kleiner, du musst raus aus dem Wasser.“, meinte der Siebenundzwanzigjährige nach einer Weile, in der sie so dagesessen hatten. Der Junge murrte allerdings nur.
„Mag nicht, ist so schön entspannend und warm.“, meinte er und kuschelte sich mehr an Enrico.
Dieser seufzte allerdings nur.
„Du holst dir noch `ne Erkältung Junge.“ „Tue ich nicht, es ist doch so warm.“ „Tobi, komm schon.“ „Nö, ich will aber nicht.“
Na klasse, der Bengel war ja sturer als eine Betonmauer.
Enrico fuhr sich mit der einen Hand durchs Haar und lehnte sich zurück, so wie er es sonst immer auf dem Sofa oder einem Stuhl tat.
Nur leider hatte er vergessen, dass er auf den Badewannenrand saß und mit einen lauten ‚platsch’ fiel er rücklings in die Wanne hinein, so dass das Wasser über schwappte.
Tobi bekam dabei erst mal eine Ladung warmes Wasser ins Gesicht und starrte den Italiener dann total verdutzt an.
Auch der Ältere schaute total perplex aus der Wäsche, worauf der Jüngere anfing belustigt vor sich hin zu lachen.
Der Polizist blinzelte leicht verdutzt, ehe er beleidigt zu dem Jungen sah, der ihn mal wieder auslachte.
Der Junge tat ihm echt nicht gut, so oft wie er sich nun schon in den letzten zwei Tagen zum Affen gemacht hatte.
Der Italiener betrachtete dann wieder schweigend das lachende Gesicht des Jüngeren, der wieder so ausgelassen und entspannt wirkte.
Und so unheimlich niedlich war er, da wurde ihm total warm im Bauch.
Enrico beugte sich dann langsam vor, Zentimeter für Zentimeter kam er ihm immer näher wobei er spürte das sein Herz schneller schlug.
Er berührte mit einer Hand sanft Tobi‘s Wange, strich liebevoll darüber und sah dass der Junge nun aufhörte zu lachen, um ihn ebenfalls anzusehen.
Aber er wich nicht zurück.
Der Dreizehnjährige sah schweigend dabei zu wie sein Seelenpartner ihm immer näher kam.
Er sah in die dunklen Augen des Älteren, sah das dunkelbraune Haar, das leicht feucht war, die gebräunte Haut auf der das Wasser schimmerte.
Er spürte eine seltsame Hitze, die in ihm aufstieg, alles in seinen Bauch kribbelte und sein Herz klopfte heftig in seiner Brust.
So heftig hatte es noch nie geklopft, Tobi hatte das Gefühl, dass der Andere es hören musste, es ihm aufhielt aber das tat es nicht.
Und irgendwie wollte der Teenager es auch gar nicht, es fühlte sich richtig an, es fühlte sich warm und geborgen an.
Es fühlte sich so unglaublich schön an als er nun den Atem des Älteren auf seinen Lippen spürte und seine eigenen Lippen kribbelten.
Doch als sie nur noch ein Zentimeter trennte begann plötzlich im Wohnzimmer das Telefon zu klingeln und die Beiden fuhren erschrocken auseinander.
Enrico sah erschrocken den Jüngeren an bevor er sich auf die Unterlippe biss und eiligst die Hand wegzog.
Dann stieg er schnell aus der Wanne und stürmte hastig aus dem Bad.
Tobi blieb alleine im warmen Wasser zurück und sah nun schweigend auf die Stelle, auf der noch vor kurzen der Italiener gesessen hatte.
Dann senkte er den Blick und sah auf den Schaum auf der Wasseroberfläche während er versuchte zu begreifen was gerade geschehen war.
Er war ihm immer näher gekommen, hatte ihn berührt und er hatte den Atem des Anderen gespürt.
Erneut fuhr ein warmes Gefühl durch seinen Körper und sein Herz schlug schneller als er sich daran erinnerte.
Und ihm, ihm hatte es gefallen, er hatte freiwillig still gehalten.
Oh Gott, was war nur mit ihm los?
Der Junge wurde leicht rot als er darüber nachdachte und sein Herz schien sich gar nicht mehr beruhigen zu wollen.
Was passierte hier nur?
Mit ihm selbst, mit diesen Mann?
Es herrschte tiefe Finsternis in dem Raum.
Alles schien ruhig, nur ab und zu konnte man ein leises Wimmern und die Bettdecke rascheln hören.
Tobi öffnete seine blauen Augen und sah schweigend an die dunkle Decke, während er seinen Arm enger um das Mädchen schlang.
Diana lag halb auf ihm und sie hatte ihren Kopf an seiner Halsbeuge vergraben.
Er spürte die Nässe an seinem Hals und ihr ständiges Zittern, ihr blondes Haar kitzelte an seiner Wange.
Sanft fuhr er der Fünfzehnjährigen durch die Haare und er schmiegte seine Wange noch mehr an ihren Kopf.
Sie lagen zusammen in seinem Bett, schon seit Stunden und sie schien sich gar nicht zu beruhigen.
Aber wen wunderte dies schon? Ihre Mutter war tot, würde nie wieder kommen.
Der Schwarzhaarige biss sich auf die Unterlippe und unterdrückte den Wunsch, etwas zu zerschlagen vor Schmerz.
Vorhin, kurz nachdem Tobi seine Halbschwester in den Arm genommen hatte und sie tröstete, hatte es an der Tür geklingelt und alle Anwesenden waren zusammen gezuckt.
Alle hatten die Luft angehalten, eine Ewigkeit wie ihm schien, dann war Sira aufgestanden und war leise zur Wohnungstür gegangen.
Er erinnerte sich an ihren überraschten und erschrockenen Ausruf, als seine Mutter dann mit Jayden an ihrer Seite wieder das Wohnzimmer betrat.
Alle Anwesenden hatten total geschockt den Weißhaarigen angestarrt, aber dieser war nur zum Sofa gegangen, wo Diana und Tobi gesessen hatten.
Schweigend hatte er die Arme um seine Tochter geschlungen und sie, fest an sich gedrückt hochgehoben.
Danach hatte er sie nur festgehalten was Diana, nach einer kurzen Schock-Starre zugelassen hatte.
Niemand hatte gewagt etwas zu sagen, dieses Bild war zu seltsam, zu ungewohnt und unheimlich.
Als Jayden wieder gegangen war, nach etwa einer Stunde hatte er gesagt, dass die Fünfzehnjährige von nun an bei Sira und ihren Sohn wohnen sollte.
Niemand hatte widersprochen, aber es war wahrscheinlich auch das Beste gewesen, für Diana, für sie alle.
Bei wem hätte sie sonst leben sollen?
Es war laut.
Laut und voll um sie herum.
Sie saß auf einer Parkbank mitten auf einer der vollsten Einkaufsstraßen von Down-Town, um sie herum unzählige Leute.
Diana hob ganz leicht ihren Kopf und ihre grünen Augen betrachteten desinteressiert die Menschen.
Es war ungewöhnlich voll für einen Mittwoch gegen 11:00 Uhr morgens.
Schon seltsam, müssten da nicht alle in der Schule sein? Oder auf der Universität oder der Arbeit?
Seltsam, warum war es heute so voll? Oder war es immer morgens so voll hier?
Wenn sie ehrlich war, war sie noch nie in der Schulzeit auf einer Einkaufsstraße unterwegs gewesen.
Nun ja, für alles gab es bekanntlich ein erstes Mal.
Die Fünfzehnjährige stieß einen tiefen Seufzer aus und strich sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht, ehe sie wieder ihren Blick senkte.
Sie sah auf ihre Hände, die übereinander gefaltet in ihren Schoss lagen, bevor sie mit ihren Fingerspitzen über den Stoff ihres grünen Rocks glitt, der ihr bis zu den Waden reichte.
Diana hatte eine schriftliche Entschuldigung, dass sie die nächsten Tage von der Schule fernbleiben dürfte.
Ihr Vater hatte sie ihr gegeben, kaum zu glauben aber wahr.
Erneut seufzte die Blondine und sie spürte wie sich wieder Tränen in ihren Augen sammelten.
Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass ihre Mutter tot war.
Sie hatten sich doch noch kurz vorher gesehen, sie hatten gemeinsam das Haus verlassen, sich angelacht, sich zugewinkt.
Und nun war sie tot, tot, tot, tot!
Das konnte doch nicht wahr sein.
Warum nur? Warum musste ihre Mutter sterben?
Bei einem Sex-Spiel mit irgendeinem Freier, der einfach beim Sex angefangen hatte, ihr ihren eigenen Büstenhalter um den Hals zu binden und sie zu strangulieren.
Und dann war dieser Typ einfach abgehauen anstatt einen Krankenwagen zu rufen, als er merkte das Lenya nicht mehr atmete.
Das war einfach ungerecht, so unsagbar ungerecht!
Diana schluchzte verzweifelt auf und vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.
Warum musste dies passieren?
„Hey, was hast du denn?“, fragte plötzlich eine Männerstimme besorgt und das Mädchen blinzelte leicht.
Vorsichtig zog sie ihre Hände hinunter und sah aus verweinten Augen zu der Person, die sie gerade ansprach.
Direkt vor ihren Knien hockte ein junger Mann mit blonden, zerzausten Haaren und schokoladenbraunen Augen, die hinter einer Brille zu ihr aufsahen.
Er kam ihr vage bekannt vor, war das nicht der Polizist, dem sie letzte Woche an ihrer Schule begegnet war?
„Kleines, bist du okay?“, fragte Brad nochmals leise und er berührte vorsichtig ihr Knie wodurch sie erneut blinzelte.
Wann hatte sie jemand das letzte Mal Kleines genannt? Das war schon Ewigkeiten her.
„Ja, alles okay…“, meinte sie schniefend und nahm nun komplett ihre Hände runter und faltete sie danach wieder im Schoss.
Doch der Fünfundzwanzigjährige schien ihr nicht zu glauben, denn er betrachtete sie weiterhin besorgt mit seinen schokoladenbraunen Augen.
Sehr schöne Augen, wie Diana zugeben musste.
„Mama….“, sagte sie mit bebenden Lippen und sie brach erneut in Tränen aus.
Brad zuckte daraufhin erschrocken zusammen und griff hastig nach ihren Händen um sie zu drücken.
„Hey, weine doch nicht.“, bat er besorgt, aber Diana begann stattdessen nur noch mehr zu weinen und ihre Schultern bebten.
Der Ältere druckste etwas unentschlossen herum, ehe er einfach aufstand und sie, an ihren Händen mit auf die Beine zog.
Er schlang einen Arm um das Mädchen und zog sie etwas mehr an seine Brust, dann holte er hastig ein Taschentuch hervor.
„Shhh, nicht weinen.“, sagte er sanft und Bradley tupfte ihr behutsam die Tränen aus den Augenwinkel.
Diana schniefte und ließ es zu, ehe sie danach ihre Augen öffnete, die traurig zu ihm aufsahen, da die Blonde ihm nur bis zu den Schultern ging.
„Bitte nicht weinen, alles wird gut.“, meinte der Polizist nochmals, wobei er ihr behutsam eine Strähne aus dem Gesicht strich.
Die Fünfzehnjährige schniefte danach leise. Sie sah ihm in die Augen und sich fragte warum er so nett zu ihr war.
Brad lächelte sie nur aufmunternd an was allerdings bewirkte, dass ihr schon wieder Tränen über die Wange flossen.
Sie wusste nicht wieso, sie hatte einfach nur das Bedürfnis zu weinen, was ihr Körper leider ohne zu fragen tat.
„Oh bitte nicht…“, murmelte der Ältere und er sah besorgt ihr Gesicht an, das tränennass war und zitterte.
Im nächsten Moment packte Bradley einfach, ohne groß nachzudenken ihr Gesicht und begann sanft ihr die Tränen weg zu küssen.
Diana blinzelte leicht, als sie seine Lippen erst an ihren Augenwinkel spürte und dann sanft, wie ein Windhauch auf ihrer Wange. Unwillkürlich spürte sie die Stellen kribbeln, wo seine Lippen ihre Haut berührten.
Hm, das fühlte sich schön an. Doch so schnell es da war, so schnell war es auch wieder verschwunden und sie öffnete wieder ihre grünen Augen. Sie beiden sahen sich schweigend in die Augen ehe der Ältere verlegen den Blick senkte und sich am Hinterkopf kratzte.
„Entschuldige, ich konnte es nur nicht mit ansehen wie du weinst.“, versuchte er sein Verhalten zu rechtfertigen
Die Fünfzehnjährige betrachtete ihn einen Moment schweigend, seine verlegende Miene, die irgendwie süß aussah, ehe sie anfing leicht zu kichern. Brad blinzelte leicht als er das Kichern hörte und er sah sie einen Moment schweigend an ehe er lächelte.
Etwa eine Stunde später saßen die Beiden in einem gemütlichen, kleinen Cafe, von dem aus man direkt in einen der Parks von Los Angeles sehen konnte. Brad hatte die Schülerin einfach hierhin mitgenommen, damit sie in Ruhe reden konnten, mit Getränken natürlich.
„Was willst du trinken?“, fragte der Mann lächelnd und blickte dabei zu dem Mädchen, das ihm gegenüber auf der gepolsterten Bank saß. Diana überlegte einen Augenblick, ob sie das Angebot zum Trinken annehmen sollte ehe sie nickte.
„Einen schwarzen Tee, bitte.“, bat sie wobei sie mit einer ihrer, leicht gelockten Haarsträhnen spielte. Der Blonde nickte leicht und gab denn bei einen älteren Kellner die Bestellung auf, der dies notierte und dann ging.
Die Schülerin sah derweil aus der großen Fensterfassade, welche die ganze Wand einnahm.
Man konnte den Park sehen, in dem es jetzt herrlich grün war und auch die Blumen standen überall noch in voller Blüte. Mitte Juni war, fand Diana, die wohl schönste Zeit im Jahr.
Brad betrachtete sie dabei und stellte wieder mal fest, wie hübsch das Mädchen war, aber ihre Augen waren so rot vom Weinen.
Was war nur passiert?
Erst als der Kellner die Getränke vor den Beiden abstellte, erwachte die Schülerin wieder aus ihrer Träumerei.
Sie warf einen Blick auf ihr Glas, worin der schwarze Tee heiß vor sich hin dampfte, ehe sie zu ihrem Gegenüber blickte, der sich anscheinend mit einem Kaffee vergnügte.
Polizisten, waren sie alle so?
„Wie heißt du eigentlich?“, fragte sie, einfach damit die Stille zwischen ihnen verschwand.
Die Stille machte ihr Angst, und der Mann war ihr sympathisch.
„Bradley, und du?“, fragte er interessiert und er warf ihr ein Lächeln zu.
„Diana.“, sie erwiderte dieses Lächeln sofort und musterte ihn dann auch interessiert.
„Bist du wirklich Polizist? Ich meine, du siehst so jung aus.“, sie betrachtete ihn dabei genauer, sie würde ihn auf höchstens zwanzig schätzen.
Brad lächelte leicht und rührte in seinen Kaffee.
„Wie alt schätzt du mich denn?“
„Höchstens zwanzig, aber eher so achtzehn, neunzehn oder?“, daraufhin fing der Ältere an zu lachen.
„Ziemlich daneben Kleines. Ich bin Fünfundzwanzig und Polizeiermittler beim Morddezernat.“, meinte er belustigt. Die Jüngere sah ihn perplex an.
„Du wirkst viel jünger…“, meinte sie erstaunt. Er schmunzelte leicht und hielt ihr seinen Dienstausweis hin.
„Da, sieh selbst.“, er reichte ihn ihr und Diana sah ihn sich genau an.
Stimmt, das Geburtsdatum bewies tatsächlich, dass der Typ bereits fünfundzwanzig war, unglaublich.
Sie sah auf Brad, dann wieder auf den Ausweis, dann erneut zu ihrem Gegenüber und dann wieder auf den Ausweis. Sie konnte es nicht fassen, der war wirklich zehn Jahre Älter als sie?
„Ich bin platt.“, meinte die Blonde wahrlich geschockt, dann gab sie ihm den Ausweis wieder. Der Polizist grinste leicht und steckte seinen Ausweis in seine Brieftasche zurück, ehe er diese wieder in seiner Hosentasche verstaute.
„Tja, so sehr kann das Äußere täuschen.“, er schmunzelte leicht. „Und wie alt bist du?“
„Fünfzehn.“, gab sie Auskunft und rührte nun etwas Zucker in ihren Tee bevor sie daran nippte.
Brad nickte leicht als Antwort und trank ebenfalls etwas von seinem Kaffe.
Hach, sie war echt verdammt jung, aber so süß, und echt nett.
„Sagst du mir warum du so geweint hast?“, fragte er nach einigen schweigsamen Minuten, wobei er besorgt ihre Augen betrachtete.
Diana hob ihren Kopf, da sie die ganze Zeit auf ihren Tee gesehen hatte und blickte ihn an.
Sie biss sich auf die Unterlippe und ihre Hände verkrampften sich leicht ineinander, genauso wie sie spürte, dass ihr erneut die Tränen hochkamen.
Anstatt zu antworten schniefte das Mädchen nur und sie schluckte die aufkeimenden Tränen hinunter.
Sie wusste nicht, ob sie es konnte, sie fing doch schon bei dem Gedanken an zu heulen, wie sollte sie so reden?
Im nächsten Moment hielt ihr Bradley einfach ein Taschentuch vor die Nase und sie griff schniefend danach.
„Danke…“, meinte sie leise, ehe sie sich die Tränen trocknete und dann ihre Nase putzte.
Er lächelte leicht und trank seinen Kaffee aus, warf dann einen Blick auf ihren Tee, der ebenfalls bereits leer war.
„Komm, lass uns etwas laufen.“, meinte der Fünfundzwanzigjährige wobei er aus seiner Brieftasche Geld raus kramte und es auf den Tisch zwischen die Getränke legte.
Danach nahm er die verdutzt dreinblickende Schülerin am Handgelenk, zog sie auf ihre Füße und verließ mit ihr das Cafe.
„Wo willst du denn hin?“, fragte Diana verwirrt, als sie neben ihm durch die Einkaufsstraßen der Down-Town ging.
„Ich dachte wir spazieren `ne Runde rum. Das ist viel besser als nur rumsitzen und trinken, meinst du nicht?“, meinte er, wobei er ihr einen Seitenblick zuwarf. Die Blonde nickte leicht als Antwort und lächelte ihn nun an.
Der Mann wurde ihr immer sympathischer, seine Ausstrahlung, der Blick seiner schokoladenbraunen Augen, der den ihren suchte, und dieses Grinsen auf seinen Lippen. Er war echt nett.
Diana grinste nun ebenfalls leicht, ehe sie sich einfach bei ihm unterhakte und sie dann so zusammen über die Ladenstraße spazierten.
Es machte Spaß und war anders als mit ihren Freundinnen.
Irgendwann kamen die Beiden auf einen großen Platz, der direkt an einen großen Park grenzte und wo am Sonntag immer die Wochenendmärkte stattfanden.
Doch dort war gerade alles festlich geschmückt, zwischen den Laternen hingen Girlanden mit Papierblüten geschmückt und es war eine kleine Bühne aufgebaut worden.
Darauf spielte nun eine kleine Live-Band, die sicherlich die wenigsten kannten, aber die Musik klang nicht schlecht.
Auf den Platz, vor der Bühne waren einige Pärchen, die gutgelaunt zu der Musik tanzten, aber auch einige Schaulustige waren dabei, die dazu klatschten oder sangen. Es war eine friedliche Atmosphäre.
„Oh, wie schön.“, sagte Diana, die die tanzenden Paare mit leuchtenden Augen betrachtete.
Sie liebte Tanzen, egal welche Art, egal zu welcher Musik, sie liebte es.
Nur leider hatte sie nie einen geeigneten Tanzpartner.
Die Jungs aus ihrer Klasse fanden so etwas albern, Lucas, der das ja schon ihr zuliebe mitmachen würde war viel zu groß. Leon war zu gelangweilt und ihr Bruder, versuchte es schon immer ihr zuliebe, aber er war so tollpatschig.
Deswegen tanzte die Fünfzehnjährige sehr selten, aber wenn sie so etwas sah spürte sie fast schmerzhaft den Wunsch ebenfalls mitzutanzen.
„Sag, wollen wir tanzen?“, fragte Bradley neben ihr plötzlich und sie hob überrascht ihren Blick, um ihn anzusehen. Er lächelte sie an und hielt ihr auffordernd die Hand hin.
Diana blinzelte einen Moment verdutzt, ehe sie es verstand und ihn glücklich anstrahlte.
„Gerne!“, rief sie begeistert und legte ihre Hand in die des Polizisten, der sie fest umschloss und sie dann auf den Tanzplatz führte.
Dort angekommen schlang Bradley einen Arm um ihre Hüfte und sie legte eine auf seine Schulter, die anderen Hände fanden sich zu einem sanften Griff.
Dann bewegten sich fast wie von selbst ihre Füße zu der Musik, fanden ein eigenes Rhythmus und die Beiden begannen, wie die anderen Paare über den Platz zu tanzen.
Ihre Füße stießen kein einziges Mal gegeneinander, sie machten immer den richtigen Schritt zur richtigen Zeit, schienen wie füreinander geschaffen zu sein. Immer wieder nahm Bradley ihre Hände und drehte die Fünfzehnjährige in seinen Armen, hielt sie an der Hüfte fest, berührte immer wieder wie zufällig eine Strähne ihres Haares. Diana lachte glücklich dabei, bei jedem ihrer Schritte schwang ihr grüner Rock mit und ihr blondes Haar, das etwas dunkler war als das ihres Tanzpartners, schimmerte im Sonnenlicht.
Sie wussten nicht wie lange sie tanzten, aber irgendwann bemerkte Bradley, dass die Musik verstummt war.
Er stoppte den Tanz mit dem Mädchen und sah sich perplex um, da sie Beide die Einzigen waren, die noch auf den Platz waren. Die Bühne war abgebaut, die Band war weg und alle Schaulustigen und Pärchen waren ebenfalls gegangen.
„Oh Gott, wie lange haben wir getanzt?“, fragte er verwundert während er sich noch immer umsah.
Nun endlich schien auch Diana wieder richtig zu sich zu kommen, denn sie hörte auf ihre Füße im Takt ihres eigenen Rhythmus zu bewegen.
Stattdessen sah sie sich ebenfalls verdutzt um und fragte sich das Gleiche.
Dann zog sie ihr weißes Handy aus der Tasche ihrer braunen Lederjacke und sah auf die Uhrzeit.
„Es ist schon 16: 30 Uhr.“, meinte sie erstaunt. Bradley sah ebenfalls auf ihre Uhr und staunte nicht schlecht.
„Da haben wir wohl die Zeit vergessen.“, murmelte er verdutzt und die Jüngere nickte leicht. Der Mann fuhr sich durchs Haar und fragte sich wie das denn passiert war, schon komisch.
Diana steckte derweil ihr Handy wieder weg und sah zu ihm auf.
„Ich muss dann langsam nachhause, sonst machen sie sich Sorgen.“
„Ich begleite dich ein Stück, okay?“
„Klar, danke.“, meinte Diana nickend, ehe sie sich wieder bei dem Älteren unterhackte und ihn den Weg zurück über die Einkaufsstraße zog.
Sie gingen schweigend durch die Menschenmassen, die nun durch den Feierabend viel dichter geworden war.
„Meine Mutter, sie ist am Samstag gestorben.“, sagte sie irgendwann leise und dabei krallten sich ihre Finger zittrig in seine sonnengebräunte Haut, da er nur ein Shirt trug.
Bradley sah zu ihr und nickte verstehend.
„Deswegen hast du geweint, tut mir leid.“, meinte er behutsam und er legte seine freie Hand auf ihre zittrigen Finger. Sie schüttelte jedoch leicht ihren Kopf und warf ihm ein trauriges Lächeln zu.
„Muss es nicht, es war ein Unfall, das kann jedem von uns passieren.“, meinte sie bekümmert, denn es stimmte wirklich. „Was ist denn passiert?“, fragte er behutsam wobei er seine Finger unter ihre schob, um sie festzuhalten.
Die Blonde biss sich eine Weile auf die Unterlippe, dachte drüber nach, ob sie es ihm erzählen sollte.
Sie hatten sich gerade kennen gelernt, sie mochte den Polizisten, aber wie würde er wohl reagieren wenn er erfuhr, dass sie eine Prostituierte war und ihre Mutter ebenfalls?
Sie warf ihm einen unsicheren Blick zu, aber er lächelte sie nur aufmunternd an.
„Mutter, sie war eine Prostituierte und wurde von einen ihrer Freier erwürgt…“, meinte sie leise.
Schweigen herrschte danach und sie späte unsicher zu dem Älteren hinüber.
Würde er sie nun hassen und wegstoßen?
Aber zu ihren Erstaunen sah er sie nur abwartend an, schien zu wollen das sie weiter sprach.
Warum?
„Vater.. er zwingt uns, uns alle zu dieser Arbeit….“, sagte sie leise, wobei sich ihr Griff in seinen Fingern verfestigte.
„Er ist um die Welt gereist, hat junge Mädchen kennen gelernt… Mädchen, die niemanden mehr hatten oder die von ihren Familien verstoßen wurden...“, ihre Stimme wurde brüchig, als sie daran dachte was ihr ihre Mutter darüber erzählt hatte. „Er hat ihnen die große Liebe versprochen, oder ein besseres Leben in Amerika. Die Mädchen waren alle so jung, die meisten noch nicht einmal sechzehn, sie haben ihm alle geglaubt.“
Sie waren alle so naiv gewesen, jung und voller Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
„Vater hat dann alle Stück für Stück hierher, nach L.A. geholt, aber nicht für das, was er ihnen versprochen hatte…“, sie spürte wie ihr Tränen hochkamen, aber sie ließ ihren Blick kein einziges Mal von seinem Gesicht.
Sein Blick war noch immer aufmunternd und wachsam. Diana spürte wie ein Brocken von ihrem Herzen fiel und sie sprach einfach weiter.
„Er hat hier ihren Willen gebrochen, er hat sie alle zu seinen Prostituierten gemacht, zu seinen Sklavinnen.“
Zu seinen eigenen und für andere Männer.
„Meine Mutter und ihre beste Freundin, sie wurden beide von Vater schwanger, und die anderen Mädchen, fast jede bekam irgendwann ein Kind von einem der Männer.“
Es waren so viele.
„Erst hat er uns Kinder jahrelang in Ruhe gelassen, wir sind normal aufgewachsen, aber vor drei Jahren hat es angefangen.“, sie spürte nicht die Tränen, die ihr dabei über die Wange flossen.
„Vater hat angefangen uns zu verkaufen… erst an andere Männer aus seinen Bekanntenkreis, dann an die Männer die auf den Strich warteten…“
Sie spürte nicht, dass er sie in seine Arme zog.
„Dann hat er selbst angefangen uns anzufassen, es wird jedes Mal schlimmer. Seine Brutalität, seine Handlungen, seine Übergriffe…“, beim letzten Wort brach ihre Stimme und ging in ein Schluchzen über.
Bradley zog sie in eine leere Ecke und drückte sie fest an sich, sie spürte seine Hand auf ihren Rücken, sanft, warm und schützend.
„Es hört nicht auf…. Er hört nicht auf...“, sie wimmerte verzweifelt.
„Wer sich weigert oder versucht wegzurennen, wird gejagt und bestraft.“
Und diese Strafen waren grausam.
„Jetzt ist auch noch Mama Tod….“, sie vergrub ihr tränennasses Gesicht in seinem Shirt. Bradley sagte nichts, nur der Griff um ihren zitternden Körper wurde fester, beschützender und wärmer. Behutsam nahm er Dianas Gesicht in seine Hände, wanderte erneut mit seinen warmen Lippen über ihr Gesicht, küsste sanft die Tränen weg.
Die Blonde wimmerte, legte ihre Hände auf seine, hielt sie fest damit sie dort blieben, sie weiterhin berührten.
Sie spürte wie die Ketten, die sich seitdem es begonnen hatte um ihr Herz zu klammerten, sich nun langsam lösten. Sie sprach das erste Mal darüber, selbst mit ihren Halbbruder oder den Anderen hatte sie noch nie drüber geredet.
Alle schämten sich, alle hassten sich dafür, dass es immer wieder passierte und sie nichts gegen tun konnten.
Warum konnte sie jetzt darüber reden? Mit einem ihr eigentlich völlig fremden Mann?
Diana verstand es nicht, sie wusste nur, dass es sich richtig anfühlte, auch das sie nun in seinen Armen war und sich an ihn drückte.
Es war richtig, und das war das Einzige was zählt.
Er sah nach oben, in den Himmel.
Bradley hatte die weinende Schülerin in eine Seitenecke gezogen wo niemand war, nur einige Leute gingen etwas weiter entfernt von den Beiden vorbei.
Die Dämmerung zog über ihnen hinweg und tauchte den Himmel in ein sanftes rot-orange.
Seine braunen Augen verfolgten schweigend die Wolken, die am Himmel flogen, während er das Mädchen noch immer fest an sich drückte.
Sein Shirt war bereits ziemlich nass, aber das war nebensächlich, genau wie die Blicke, die einige Leute ihnen beim Vorbeigehen zu warfen.
Das einzige Wichtige war Diana, die in seinen Armen noch immer weinte, sich aber anscheinend langsam beruhigte.
Er musste sie beschützen, sie irgendwie aus dieser Welt rausholen, sie und die anderen Frauen und Kinder.
Der Mann musste gestoppt werden oder diese Leute würden zerbrechen, an Körper und Seele zerstört.
Er sah wieder zu der Blonden hinab, die nicht mehr wimmerte, aber zittern taten ihre Schultern noch immer.
Sanft strich er mit einer Hand durch ihr Haar und sie hob ihren Kopf, sah ihn mit verweintem Gesicht an.
Behutsam legte er die Hand auf ihre Wange, strich ihr die letzten Tränen aus den Augenwinkeln, ehe er sie sanft anlächelte.
„Alles klar?“, fragte er leise und sie nickte leicht, obwohl sie noch leise schniefte.
Sein Blick wurde wärmer und er drückte ihr leicht einen Kuss auf den Haarschopf, wobei er sie noch einmal fest umarmte.
Dann lösten sich die Beiden voneinander, aber ihre Hände hielten einander weiterhin fest, wollten nicht voneinander lassen.
„Komm, ich bring dich nachhause.“, meinte Bradley und Diana nickte leicht, ehe sie gemeinsam losgingen.
Sie gingen gemeinsam die Straße entlang, sagten nichts, sahen sich nicht an aber ihre Hände blieben zusammen. Es fühlte sich gut an.
Erst als sie an eine Seitengasse, die zwischen einem Cafe und einem Klamottenladen verlief, ankamen sahen sie sich wieder an.
Denn hier mussten sie sich trennen, denn der Polizist musste zur Spätschicht aufs Revier während Diana nachhause musste.
„Pass auf dem Nachhauseweg auf, bei wem wohnst du denn jetzt?“, fragte er als sie sich an der Ecke ansahen, aber noch immer ihre Hände ineinander verhakt hatten.
„Mach ich, und sei du vorsichtig auf den Revier.“, meinte sie lächelnd, bevor sie sich eine Strähne aus dem Gesicht strich.
„Ich wohne jetzt bei meinen Halbbruder und seiner Mutter, die Beiden sind sehr lieb zu mir und ich hab sie sehr gern.“
Bradley nickte verstehend, ehe er nachdenklich auf ihre Hände sah. die Blonde folgte seinen Blick und wurde leicht verlegen dabei.
„Sag, kann ich mal kurz dein Handy haben?“
„Hä?“, sie sah verdutzt auf und begegnete seinen Blick, der irgendwie nervös aussah. Aber sie gab ihm bereitwillig ihr Handy, vielleicht hatte er seines vergessen und wollte nur kurz die Uhrzeit oder so was nachsehen.
Aber er tippte dann etwas auf ihrem Handy ein, ziemlich schnell sogar, ehe es in der Tasche seiner Jeanshose vibrierte und er sein eigenes Handy hervorholte. Er lächelte dann leicht, tippte noch etwas auf seinem eigenen Mobiltelefon ein bevor er Diana ihres zurückgab.
„Was hast du gemacht?“, fragte sie verwirrt wobei sie auf ihren Display sah.
„Ich hab dir meine Nummer eingespeichert und mich kurz mit deinem angeklingelt damit ich sie auch hab.“, meinte er schmunzelnd.
„Ich würde dich gerne wieder sehen.“, fügte er verlegen hinzu und die Jüngere sah erstaunt zu ihm auf.
„Ich will dich auch gerne wieder sehen.“, meinte sie, wobei sich ihre Wangen leicht röteten und sie spürte die Freude in ihr aufsteigen.
Bradley‘s Blick wurde daraufhin wärmer und er drückte ihre Hand etwas fester, sie erwiderte diesen Druck sofort.
„Dann bis bald, ich ruf dich an.“, versprach er und im nächsten Moment beugte er sich zu ihr hinunter und drückte ihr sanft einen Kuss auf die Wange.
„B..bis bald.“, meinte sie verlegen und unwillkürlich strich sie mit ihren Fingern über ihre Wange, die sich ziemlich heiß anfühlte.
Der Polizist sah sie noch einmal lächelnd an, ehe sich nun ihre Hände voneinander lösten und er zwischen den Menschenmassen verschwand.
Diana sah ihm mit verträumtem Blick nach bevor sie sich zur Seite drehte und in die Seitengasse verschwand.
Summend und mit beschwingten Schritten lief das Mädchen die Treppen hinauf.
Sie fühlte sich federleicht, und obwohl sie vieles erzählt hatte, herrschte in ihr ein Hochgefühl, wie sie es noch nie erlebt hatte.
Lag es an seinen Worten oder seinem Kuss?
Hastig kramte sie aus ihrer Jackentasche den neuen Schlüssel hervor, den sie seit gestern besaß und schloss damit die Haustür auf, ehe sie in den Flur trat.
„Ich bin wieder daha~“, rief sie gutgelaunt in die Wohnung und sie konnte sofort Schritte hören.
„Hey Schwester.“, meinte Tobi lächelnd, als er den Kopf aus seiner Zimmertür herausstreckte.
„Brüderchen.“, sagte sie begeistert und sie schlang einfach die Arme um den Jüngeren, um ihn zur Begrüßung zu umarmen.
Der Schwarzhaarige blinzelte verdutzt und warf einen Seitenblick auf die Blonde.
Was war denn mit ihr los?
Diese löste sich nun allerdings wieder von ihm und lief mit tanzenden Schritten in ihr. nun gemeinsames Zimmer.
Pfeifend schob er die braune Tür auf und betrat dann sein Büro.
„Hey Partner, da bin ich.“, meinte Bradley gutgelaunt, wobei er die Tür hinter sich wieder schloss.
Enrico sah nicht auf, sondern blieb an seinen Schreibtisch sitzen, den Kopf in einer Akte vergraben.
„Du bist zu spät.“, meinte er nur, aber sein Freund ging pfeifend zu seinem Platz und ließ sich auf einem Stuhl nieder.
„Ach, ist doch total egal.“, meinte er gutgelaunt, bevor er seinen Computer hochfuhr und dabei weiterhin vor sich hin pfiff.
Der Italiener sah nun von seiner Akte auf und warf dem Jüngeren einen verwunderten Blick zu.
„Okay, was ist passiert, dass es dir egal ist das du zu spät kommst?“, fragte er interessiert, denn das war Bradley sonst nie egal.
„Ich weiß auch nicht.“, er grinste breit. „ich glaub ich hab mich verliebt.“
„Was? In wen?“, Enrico legte die Akte weg und sah nun interessiert zu dem Blonden.
„Diana? Was ist passiert?“, fragte Tobi verwirrt, wobei er beobachtete wie seine Halbschwester vor sich hin summend durchs Zimmer tanzte.
„Ich weiß gar nicht was du meinst Brüderchen.“, meinte sie mit verträumtem Lächeln. Sie warf kurz einen Blick auf ihr Handy und drückte es im nächsten Moment an ihre Wange.
Okay, jetzt war der Halb-Thailänder noch verdutzter als zuvor.
„Die letzten Tage warst du immer total traurig, als ich heute Morgen ging auch und jetzt bist du total gutgelaunt, was ist passiert?“, fragte er nochmal, aber die Blonde hörte nicht auf rumzutanzen.
„Ich weiß auch nicht, ich hab jemanden kennen gelernt und er ist einfach...“, aber anstatt zu Ende zu reden, leuchteten nur ihre Augen.
„Wenn denn?“, fragte er aufmerksam und interessiert.
„Diana, sie ist die Halbschwester von dem Jungen.“
„Von Tobi?“, fragte Enrico verdutzt und sein Partner nickte leicht als Antwort, während er sich die neueste Akte von dem anderen Tisch schnappte und durchblätterte.
„Ich hab sie heute Mittag auf der Einkaufsstraße getroffen, sie hat geweint und war ziemlich am Ende.“
„Warum?“
„Ihre Mutter ist Samstagnacht von einem Freier erwürgt worden.“, erklärte er seufzend und sein Partner nickte verstehend. Er sah dabei aus dem großen Fenster, das direkt an ihrer beiden Schreibtische grenzte. „Ich war dann mit ihr was trinken, wir waren tanzen und ich hab sie dann nachhause gebracht.“
„Und dabei hat es unseren Bradley erwischt.“, entgegnete der Italiener mit einem Grinsen und der Blonde kratzte sich leicht am Hinterkopf.
„Könnte hinkommen.“, er lachte leicht.
„Und zum Abschied hat er mir einen Kuss auf die Wange gegeben.“, vollendete Diana ihren Bericht und sag verträumt und mit geröteten Wangen aus dem Fenster.
„Oha.“, war alles was Tobi dazu sagte, während er seine Halbschwester argwöhnisch beobachtete.
Okay, sie war anscheinend voll verknallt, wie war das denn passiert? An einem Nachmittag?
„Oh Tobi!“, sie drehte sich strahlend zu ihm um.
„Er ist so unglaublich süß und so nett, seine Hände sind so warm und sanft, aber gleichzeitig so stark! Seine Augen sind so schön warm, seine Berührungen so zärtlich, und seine Stimme erst.“, schwärmte sie verliebt.
Ihr Bruder rollte als Antwort darauf nur mit den Augen und fragte sich wie der Typ das geschafft hatte.
Diana hatte noch niemals so von einem Mann geredet.
Bradley tippte zur gleichen Zeit etwas auf seinem Handy ein, während sein Partner einen Bericht auf dem Computer tippte.
„Hast du dir gleich ihre Handynummer gekrallt?“, fragte er schmunzelnd und der Jüngere nickte grinsend.
„Hab ich, ich will sie doch schließlich wieder sehen.“, entgegnete er gutgelaunt, wobei er darüber nachdachte sie gleich noch mal anzurufen.
Enrico seufzte leicht. „Ich hab voll vergessen Tobi nach seiner zu fragen.“, beklagte er sich und Brad warf ihm einen belustigten Blick zu.
„Du vergisst nach einer Nummer zu fragen? Das geht doch sonst bei dir immer so schnell.“
„Ich weiß, aber diesmal hab ich’s voll vergessen.“, Enrico schniefte leicht und der Jüngere wählte Dianas Handynummer.
Plötzlich erklang eine Melodie und die Blonde blinzelte verdutzt und sah auf ihr Handy.
Sofort erhellte sich ihre Miene und sie nahm sofort ab.
„Hey, schön das du jetzt schon anrufst.“, begrüßte sie ihn gutgelaunt, wobei sie wieder begann vor sich hin zu tanzen.
Tobi rollte daraufhin, nur erneut mit den Augen und beschloss duschen zu gehen und sich danach einen Film rein zu ziehen; seine Hausaufgaben musste er auch noch machen.
Er warf noch einen Blick auf seine Halbschwester, ehe er sich aus dem Zimmer verzog.
Die Blonde winkte ihm kurz nach, ehe sie sich wieder dem Telefonat zuwandte.
„Hey, ja ich hab gerade nichts zu tun und dachte ich nutz die freie Zeit.“, meinte der Blonde lächelnd, dabei sich auf seinen Stuhl zurücklehnend.
Enrico warf ihm einen neidischen Blick zu, er würde auch gerne mit Tobi reden, der Junge fehlte ihm seltsamer- weise sehr. Aber er hatte es voll vergessen.
Der Italiener legte einfach seinen Kopf auf den Tisch ab und seufzte. Sein Partner warf ihm einen belustigten Blick zu.
„Sag mal Diana, wäre es möglich, dass ich Tobis Handynummer bekomme? Nicht für mich, für meinen Partner, er würde gerne mit ihm in Kontakt bleiben.“, meinte der Jüngere und der Italiener blinzelte verdutzt, hob seinen Kopf und starrte seinen Partner an.
Der Blonde bemerkte dies und warf ihn einen ‚Willst du?’ - Blick zu, woraufhin sein Partner heftig nickte.
Und wie er die Nummer wollte!
Bradley nickte schmunzelnd und notierte die Nummer, die ihn Diana bereitwillig durchgab, auf einen Zettel den er dann dem Italiener reichte.
„Danke Diana, das ist nett.“, meinte er lächelnd. „Ja, Enrico freut sich ziemlich drüber und bedankt sich auch.“, erwiderte er. Belustigt beobachtete er wie Enrico wie ein kleiner Junge strahlte und die Handynummer ansah.
Und wie der sich freute!
Genüsslich ließ er das heiße Wasser über seine Haut laufen.
Mit seinen Händen fuhr er sich durch das tiefschwarze Haar und er drehte sich unter der Wärme.
Heiß duschen war immer noch das Beste nach einem harten Schultag und vor einer noch härteren Nacht.
Seufzend stellte er das Wasser ab, fuhr mit seinen Händen durch sein Haar, ehe er den Duschvorhang zur Seite schob und aus der Badewanne stieg.
Er griff nach dem Handtuch, das über eine Stange an der Wand hing, und begann sich gründlich abzutrocknen.
Doch plötzlich klingelte sein Handy, das in der Jeanshose steckte welche auf den Wäschekorb lag.
Verdutzt blinzelte Tobi, band sich das Handtuch um die Hüfte und zog dann sein schwarzes Handy aus der Hosentasche. Der Schwarzhaarige runzelte die Stirn, die Nummer kannte er nicht, aber er nahm trotzdem ab.
„Hallo, Tobi hier.“, begrüßte er die Person am anderen Ende. „Hey! Hier ist Enrico!“, rief der Italiener strahlend durchs Handy und der Jüngere war nun noch verdutzter.
„Enrico? Woher hast du meine Nummer?“ „Von Diana, sie hat sie meinem Partner durchgegeben.“
„Oh, verstehe…“, murmelte er nur, wobei er sein Handtuch etwas fester zog und sich fragte, wieso seine Halbschwester das gemacht hatte.
„Ist es dir nicht Recht? Wenn dann lösche ich sie natürlich sofort wieder…“, der Italiener klang traurig.
„Nein, nein, ist vollkommen okay.“, meinte der Jüngere lächelnd und sofort klang der Andere wieder glücklich.
„Dann ist gut, was treibst du gerade?“
„Ich war gerade duschen und wollte dann Hausaufgaben machen, und du?“, antwortete er bereitwillig und nahm sich ein zweites Handtuch, um sich damit die Haare trocken zu rubbeln.
„Ich bin im Revier und schreib nebenbei einen Bericht.“, im Hintergrund hörte man ihn tippen.
„Und du hast nebenbei Zeit für einen Anruf?“, fragte er belustigt und der Ältere gluckste leicht.
„Na ja, eigentlich schon, der Bericht ist schrecklich langweilig und Bradley ist auch beschäftigt.“
„Er telefoniert noch immer mit Diana?“
„Exakt, Gott sind die am rumturteln.“
„Ach, er auch? Ich dachte sie ist die Einzige, die verknallt ist.“
„Näh, er ist auch auf Wolke sieben.“
Tobi seufzte leicht, ehe er schief grinste.
„Na Klasse, beide voll verknallt.“
Die Beiden fingen synchron an zu lachen, bevor sie gutgelaunt weiterplauderten.
„Na ich glaub euch hat‘s hier.“, meinte plötzlich eine wütende Männerstimme und die beiden Polizisten sahen perplex zur Tür.
Dort stand der Inspektor des Reviers und sah sie Beide missbilligend an.
„Oh, hallo Inspektor.“, meinte Enrico nur und er lächelte unsicher, woraufhin der Grauhaarige nur schnaubte.
„Ihr sollt hier arbeiten, nicht private Telefonate führen!“, fauchte er und warf ihnen einen Stapel Akten auf den Tisch.
„Ihr übernehmt die Fälle und hört gefälligst jetzt auf damit, sonst könnt ihr wieder Streife fahren.“, damit knallte der Inspektor wieder die Tür zu und verschwand.
Die beiden Polizisten sahen ihm nur seufzend nach, ehe sie sich von den anderen Beiden verabschiedeten und auflegten.
Diana kicherte leicht in ihrem Zimmer, wobei sie aufs Handy sah.
„Die Zwei sind ja echte Chaoten, wenn die sich so leicht erwischen lassen.“, meinte Tobi, der in diesen Moment wieder das Zimmer betrat, nur mit einen Handtuch um die Hüfte. Die Blonde nickte lächelnd und steckte ihr Handy wieder weg.
„Das stimmt, und nun dürfen die ackern wie verrückt, viel Spaß auch.“, sie grinste breit, ehe ihr Blick traurig wurde.
Sie beobachtete wie ihr Halbbruder sich nun wieder anzog und sich seine Haare bürstete.
„Du gehst wieder?“, fragte sie traurig und der Jüngere nickte leicht, ehe er ihr einen Blick zuwarf.
„Ich muss, auch wenn ich nicht will.“, er seufzte leicht bevor er wieder lächelte, aber es war ein gequältes Lächeln. Die Ältere nickte leicht und ihre gute Laune war verflogen.
Lautlos erhob sie sich von ihren Bett, sie hatten es aus der alten Wohnung geholt und mit in Tobis Zimmer gestellt, genau wie ihre anderen privaten Sachen.
Dann ging sie zum Schrank und durchstöberte ihn nach anderen Sachen, ehe sie einen kurzen Jeansrock, ein schwarzes Top und eine schwarze Strumpfhose hervorholte und begann sich umzuziehen.
Danach bürstete sie sich noch ihr langes Haar, schminkte sich noch leicht und verließ dann mit ihren Halbbruder die Wohnung.
Zeit zum Arbeiten, denn davon wurde Diana nicht beurlaubt.
Sein Blick wanderte zum Fenster, sah hinab auf die überfüllten Straßen, ehe er seufzte.
„Was ist?“, fragte Bradley, der ihm gegenüber saß, aber nicht von seinem Bericht aufsah.
„Tobis Seele schreit, ich nehme mal an er ist jetzt auf dem Strich.“, meinte der Italiener seufzend und der Blick seines Gegenübers wurde traurig.
„Diana wohl auch…“, und ihm gefiel der Gedanke ganz und gar nicht. Enrico legte seinen Kopf in seiner Hand ab und folgte mit den Augen desinteressiert einigen Leuten, ihr Büro befand sich im dritten Stock.
„Laut Dianas Erzählung gehört wohl ihr und Tobis Vater zu einer Menschenhändlerorganisation.“, meinte der Blonde, wobei er missmutig auf der Tastatur tippte, denn er hatte einige Schreibfehler erst jetzt, am Ende des Berichtes entdeckt.
„Ja, das vermute ich auch, wenn er wirklich durch die Welt gereist ist und Frauen eingesammelt hat, vor allen Dingen, solche die nicht vermisst werden.“, der Italiener schnaubte.
„Tja, alles gut durchdacht und ausgesucht, also wird’s wohl eine riesige Organisation sein, vielleicht eine. die mit Behörden gemeinsame Sache macht, da gibt’s ja leider viele.“
Sein Partner nickte grimmig, wobei er es aufgab die Fehler im Text selbst zu bearbeiten und stattdessen einfach eine Rechtschreibprüfung rüberschickte.
Bradley lehnte sich dann seufzend auf seinen Stuhl zurück und sah ebenfalls kurz aus dem Fenster, ehe sein Blick zu den Älteren schweifte.
„Was ist nun?“
„Was meinst du?“
„Na das zwischen dir und Tobi, bist du nun in ihn verschossen oder nicht?“, der Blonde warf ihm einen genervten Blick zu. Enrico seufzte nur.
„Keine Ahnung, sag du es mir.“, meinte der Ältere schulterzuckend, woraufhin ihn sein Partner nur perplex ansah.
„Wie jetzt? Sag nicht du warst noch nie verliebt?“, fragte er verdutzt, aber von dem Anderen kam nur ein Kopfschütteln.
„Du willst mich verarschen, oder?“
Ein erneutes Kopfschütteln.
„Du bist siebenundzwanzig, hattest schon sicher an die 40 Frauen, Affären und One-Night-Stands nicht mit gezählt, und du warst noch nie in eine verliebt?“, fragte er nochmals, aber Enrico rollte nur mit den Augen und schüttelte erneut seinen Kopf.
„Ach du dickes Ei.“, murmelte der Jüngere und starrte ihn weiterhin nur perplex an.
Also das hatte er ja auch noch nie erlebt, krass.
„Okay.“, Bradley entspannte sich wieder etwas und sah ihn aufmerksam an.
Würde er jetzt mal etwas nachforschen und ihn ausfragen, so was dürfte doch nicht frei rum rennen.
„Denkst du oft an ihn?“
„Eigentlich immer.“
„Vermisst du ihn?“
„Ja, sehr.“
„Wird dir warm, wenn du ihn lachen siehst?“
„Nicht nur da.“
„Herzklopfen?“
„Ziemlich heftig sogar.“
„Willst du ihm immer nah sein? Ihn berühren, umarmen und so?“
Enrico nickte nachdenklich.
„Hast du einen Beschützerinstinkt ihm gegenüber entwickelt?“
Ein erneutes Nicken.
„Dann Glückwunsch, du bist eindeutig in ihn verknallt.“, kommentierte der Blonde und sein Partner legte mit einen deprimierten Seufzer den Kopf auf seinen Schreibtisch ab.
„Ich werd echt zum Homo.“, jammerte er und der Jüngere grinste leicht.
„Ach komm, es gibt sicher schlimmere Gründe zum Homo zu werden als der Kleine.“, gab er von sich und von dem Älteren kam ein missbilligender Blick.
„Er ist minderjährig du Genie.“
„Na und? Wo die Liebe hinfällt und du hast ihn doch schon flachgelegt.“, der Blonde rollte nur mit den Augen und sein Partner brummte nur.
„Außerdem weißt du ja noch nicht, ob er genauso fühlt.“
„Er ist jedenfalls nicht zurückgewichen, als ich ihn küssen wollte, und er hat sich immer an mich gekuschelt im Bett.“, meinte er nachdenklich und der Andere sah ihn ungläubig an.
„Du hast das Bedürfnis ihn zu küssen, und weißt nicht, ob du in ihn verknallt bist? Du bist echt dämlich.“
„Ach, halt doch die Schnauze.“, brummte der Italiener missmutig.
„Ach, nun sei doch nicht gleich beleidigt Partner, Papa gibt dir doch gerne Nachhilfe.“, grinste der Blonde, aber dem Älteren wurde jetzt erst was bewusst und er gab ein gequälten Laut von sich.
„Mein Vater wird mich umbringen, wenn er das rausbekommt.“, meinte er entsetzt und er zog sich eine Akte über den dunkelbraunen Haarschopf.
Zur gleichen Zeit saß der Dreizehnjährige, der der Grund für Enricos Qualen war, auf einer alten Mauer und starrte missmutig auf die Straße.
Er saß jetzt seit einer Stunde hier, kein Kunde und ihm war total langweilig.
Tobi sah nach oben und brummte.
Noch dazu sah der Himmel so aus, als würde es gleich mächtig anfangen zu gewittern. Gott, der Tag heute war echt scheiße.
Der Schwarzhaarige legte sein Gesicht in seinen Händen ab und seufzte genervt, wobei er wieder die Straße im Auge hatte. Er hatte sich vorhin wirklich gefreut, als Enrico ihn angerufen hatte, es war schön gewesen mit ihm zu reden und zu lachen.
Er spürte erneut wie ihm wärmer wurde und dieses Kribbeln in seiner Magengegend, was war das nur?
Er lächelte nun und beschloss nicht weiter darüber nachzudenken, sondern es einfach nur zu genießen.
Es war so schön.
Plötzlich hielt vor ihm jedoch ein Auto an und die Fensterscheibe wurde heruntergelassen.
Ein älterer Mann mit Sonnenbrille sah zu ihm hinüber und er winkte Tobi zu sich heran, er lächelte wieder und bei ihm im Auto saß auch ein zweiter, ebenfalls älterer Mann.
Der Halb-Thailänder seufzte innerlich, ehe er sich erhob und lächelnd auf das Auto zuging, zu ihnen in den Wagen stieg.
Egal wie schön sich etwas anfühlte, das Leben hier und jetzt, auf der dunklen Straße und in den Autos ging für ihn weiter.
Heiß.
Ihm war so schrecklich heiß hier, obwohl er draußen stand und der Regen sich anfühlte wie pures Eis.
Warum war ihm nur so heiß?
Tobi sah sich auf der dunkeln Straße um, auf der er sich, wie jede Nacht befand.
Überall standen einige Teenager, Frauen und junge Männer, wie immer eigentlich.
Auch die vielen Autos waren so wie immer, aber ihm war so heiß.
Und es war keine positive Hitze, das war ihm spätestens dann klar gewesen, als ihn immer schwindeliger wurde und ihm der Kopf schmerzte.
Ihm ging es schon seit heute früh so dreckig, seine Mutter hatte ihn aus der Schule genommen, da er nicht mal richtig laufen konnte, so komisch war ihm.
Der Schwarzhaarige seufzte gequält und strich sich über seine fieberheiße Stirn.
Nur sein Vater hatte nicht geduldet, dass er sich auch die Nacht über schonte, er sollte Geld verdienen.
„Tobi, geht’s?“, fragte Lucas neben ihm und er schlang besorgt einen Arm um den Jüngeren.
Der Dreizehnjährige lehnte erschöpft seinen heißen Kopf an die breite Brust seines besten Freundes und schloss müde die Augen.
Der Siebzehnjährige fuhr mit einer Hand über das Gesicht des Kleineren, zog sie aber sofort wieder weg, als er merkte wie heiß sein Freund war.
Der Ältere seufzte leicht und betrachtete beunruhigt Tobis blasses Gesicht mit den geröteten Wangen.
Der Dreizehnjährige war eindeutig krank, seiner Meinung nach war’s eine Lungenentzündung und er dürfte gar nicht raus, schon gar nicht bei diesem Wetter.
Der Braunhaarige warf einen Blick auf die Autos, die überall standen, die Männer die die Prostituierten mitnahmen. Und er musste sich schonen, und nicht hier arbeiten!
Lucas sah dann auf Laura, die neben ihnen beiden saß und den Schwarzhaarigen auch besorgt musterte.
Was sollte sie nur machen?
Jayden würde die Hölle ausbrechen lassen, wenn er nachher das Geld einsammeln kam.
„Nanu? Was will der denn hier?“, fragte plötzlich die Rotblonde, wobei sie auf die Straße deutete.
Lucas folgte ihren Blick und sah wie ein großer, schlanker Mann mit dunklem Haar aus einem schwarzen Auto stieg und direkt auf sie zukam.
„Wer ist das?“
„Der Polizist, der Tobi letzte Woche verfolgt hat.“, gab das Mädchen Auskunft, wobei sie argwöhnisch beobachtete wie der Mann näher kam.
Lucas schlang sofort die Arme enger um den Jüngeren, der momentan nur noch gequält röchelte und kaum etwas mit bekam. Laura stellte sich dann vor die Beiden und betrachtete den Italiener feindselig.
Polizisten waren hier nicht gern gesehen, weder als Kunden noch anders.
Doch Enrico suchte nur Tobis Gesicht, musterte es schweigend, ehe er seine Hand ausstreckte und damit behutsam über dessen erhitzte Wange strich.
„Er muss ins Bett.“, stellte er sachlich fest und Lucas Blick wurde besorgter und er blickte den Kleineren ebenfalls an.
„Das wissen wir, aber er darf nicht… Er würde ihn hart bestrafen.“, meinte der Siebzehnjährige erklärend.
„Wie viel Geld wird von ihm erwartet für eine Nacht?“, fragte der Ältere ohne seinen Blick vom Gesicht seines Seelenpartners zu lassen. Die Zwölfjährige sah ihn daraufhin total verdutzt an, während Lucas nur einen Moment verwundert blinzelte und dann schluckte.
„10 000 Dollar pro Nacht.“, gab er Auskunft und dann beobachtete er verwundert, wie Enrico in seiner Jackentasche rumkramte und seine Brieftasche herausholte. Er holte dann ziemlich viele Scheine heraus und drückte sie dem Mädchen in die Hand bevor er seine Arme nach Tobi ausstreckte.
„Ich kaufe ihn für die nächsten vier Tage, sagt bitte seinem Zuhälter Bescheid.“, meinte der Italiener.
Lucas und Laura starrten ihn nur total verwirrt an, ehe der Polizist einfach den Jungen aus den Armen des Freundes nahm.
Behutsam drückte Enrico den Schwarzhaarigen an sich, schlang seine Jacke um den zitternden Körper, um ihn zu wärmen. Der Mann sah dann wieder zu den beiden Schülern und lächelte leicht.
„Ich tue ihm nichts, ich will nur nicht dass er in diesen Zustand draußen rum rennt.“, meinte er beruhigend und der Braunhaarige nickte leicht als Antwort, er glaubte ihm irgendwie.
Der Blick des Italieners war zu liebevoll gewesen, als er Tobi in den Arm genommen hatte.
„Er muss viel schlafen und trinken, er braucht viele Vitamine und muss es warm und ohne kalte Luft haben.“, sagte Lucas noch zum Abschied.
Enrico nickte dankbar, ehe er sich umdrehte und mit den Halb-Thailänder zurück zu seinem Auto ging.
Kurz darauf fuhr er auch schon davon und ließ den erleichterten Lucas und die noch immer verdutzt dreinblickende Laura zurück.
Ein gequälter Laut durchbrach die Stille um ihn herum.
War das seine Stimme? Sie klang so dumpf und abgekämpft in seinen Ohren.
Mühsam öffnete er einen Spalt breit seine Augen, obwohl dies auch wahnsinnig anstrengend war.
Erschöpft sah Tobi sich um, erkannte ein Zimmer, das ihm bekannt vorkam und einen vertrauten Geruch.
Erst nach einigen Augenblicken erkannte er, dass er in einem großen Bett lag, das nach würzigen Zigaretten roch.
„Uh, mein Kopf…“, murmelte der Dreizehnjährige leise, wobei er sich an die Stirn griff und etwas Feuchtes ergriff.
Verdutzt ertastete er ein Tuch, das offenbar dort hingelegt worden war um das Fieber etwas zu senken.
Trotzdem war ihm entsetzlich heiß, und seine Sachen klebten nur so an ihm.
Er hatte das Gefühl, dass es nicht seine waren, er trug anscheinend nur ein Oberteil, aber es war viel zu groß und zu lang, als das es sein eigenes sein könnte.
Plötzlich quietschte die Zimmertür und er nahm leise Schritte wahr, die zu ihm ans Bett kamen.
„Oh, tut mir leid, hab ich dich geweckt?“, fragte eine tiefe Stimme und er erkannte Enrico, der sich besorgt über ihn beugte um ihn ins Gesicht zu sehen.
Tobi sah aus fiebrig glänzenden Augen zu ihm hinauf.
„N... nein, ich bin schon vorher aufgewacht.“, murmelte er heiser, was ihm auch sichtlich schwer fiel.
Er hatte das Gefühl, dass sein Hals war staubtrocken und alles tat weh.
Der Italiener schien seine Gedanken zu lesen, denn er schob einen Arm unter seinen Nacken und hielt ihm dann eine Tasse mit lauwarmen Tee an die Lippen.
Der Halb-Thailänder warf ihm einen dankbaren Blick zu, ehe er langsam, Schluck für Schluck etwas trank und sofort fühlte sich sein Hals besser an.
„Danke.“, meinte der Junge mit einem Lächeln und sein Seelenpartner legte ihn dann wieder behutsam auf dem Kissen ab.
Enrico erwiderte dieses Lächeln kurz, bevor er das Tuch, das bei der Bewegung auf Tobis Schulter gerutscht war, nahm.
Dann tauchte er es in eine Schüssel mit kaltem Wasser, die auf den Nachtisch neben dem Bett stand, ein wrang es ordentlich aus und legte es dem Jüngeren wieder sanft auf die Stirn.
„Was ist passiert?“, fragte der Schwarzhaarige verwirrt darüber, dass er plötzlich bei dem Anderen im Bett lag und nicht auf den Strich war, wo er sich seiner Meinung nach eben noch aufgehalten hatte.
„Dir ging es immer schlechter und ich hab dich zu mir gebracht, damit du dich erholen kannst.“, erklärte der Andere schulterzuckend.
„Was? Aber was ist mit meinen Vater? Ich kann nicht einfach weg.“, gab er entsetzt von sich und wollte sich aufrichten, aber der Italiener drückte ihn entschieden aufs Laken zurück und deckte ihn wieder sorgfältig zu.
„Das ist vollkommen okay Tobi, dein Vater wird nichts bemerken, ich habe dich für vier Tage gekauft.“, sagte der Mann beruhigend, aber nun starrte ihn der Dreizehnjährige noch geschockter an.
„Wie gekauft?“
„Ich hab 40.000 Dollar gezahlt, damit kannst du vier Tage bei mir bleiben und dich erholen.“
„Bist du total plemm-plemm?”
“Warum?”
“40.000 Dollar?”, fragte der Junge total entsetzt und der andere rollte daraufhin nur mit den Augen.
„Das ist kein Problem Kleiner, wirklich. Ich hab genug Geld und weiß eh nicht was ich sonst mit der ganzen Kohle anfangen soll.“, der Ältere winkte lässig ab.
Der Schwarzhaarige sah ihn darauf an, als wüsste er nicht ob er lachen oder heulen sollte.
„Du bist ein elender Spinner.“, jammerte er dann stattdessen aber nur. Von dem Italiener kam nur ein leises Lachen.
„Ich weiß, wie gesagt du wirst dich dran gewöhnen müssen.“
Von Tobi kam nur erneut ein gequälter Laut, aber er war anderseits auch froh, dass Enrico es getan hatte.
Er hatte keine Ahnung, wie er die kommenden Tage überlebt hätte.
Enrico verließ dann leise, nachdem der Junge wieder eingeschlafen war, das Zimmer und zog die Tür soweit zu so dass nur noch ein kleiner Spalt offen war, falls er rufen würde.
Dann ging er gemächlich durchs Wohnzimmer hindurch in die Küche hinein, die zwar klein aber sehr hell war.
Der Italiener ging zum Wasserkocher und stellte ihn an, ehe er eine Kanne nahm und dort schon mal drei Teebeutel mit einer Kräutermischung hinein hing.
Dann sah er auf die Anrichte, neben dem Spülbecken.
Dort lag eine Packung mit Antibiotikum, das er von seinem Hausarzt für Tobi bekommen hatte.
Kurz nachdem er mit den Jungen hier angekommen war, hatte er ihn umgezogen und ins Bett verfrachtet, bevor er seinen Hausarzt angerufen hatte.
Dieser war sofort gekommen, hatte ohne Fragen zu stellen, den Dreizehnjährigen untersucht und ihm das Medikament überlassen.
Enrico war dafür sehr dankbar und hoffte, dass es seinem Seelenpartner bald besser ging.
Er hatte sich ziemliche Sorgen gemacht, als er gespürt hatte, dass etwas mit dem Jungen nicht stimmte und war sofort losgefahren.
Er seufzte leicht ehe es ein ‚klick’ gab und damit zeigte, dass der Wasserkocher fertig war.
Schnell goss er das heiße Wasser in die Kanne und ließ den Tee durchziehen.
Tobi sollte viel trinken.
Einige Stunden später, es war bereits zwei Uhr morgens, kam Tobi leise aus dem Schlafzimmer gehuscht.
Er trug nur ein Hemd von dem Älteren, seine Augen wirkten nicht mehr so fiebrig, aber er war immer noch sehr blass.
Enrico sah auf, als er ihn bemerkte, da er gerade auf dem Sofa vor dem Fernseher gesessen hatte.
„Was ist los?“, fragte er besorgt, wobei er die Arme nach den Jüngeren ausstreckte.
Tobi kam sofort näher zu ihm und ließ sich von dem Anderen in dessen Arme ziehen.
„Kann nicht mehr schlafen...“, murmelte er schniefend, denn er hatte auch leichten Schnupfen.
Der Italiener nickte verstehend und zog den Jungen dann auf seinen Schoss, ehe er ihm ein Taschentuch reichte.
Der Halb-Thailänder nickte dankbar, ehe er sich die Nase schnaubte und erleichtert seufzte.
Er hasste es wenn seine Nase lief, das war immer so abartig.
Sein Seelenpartner zog eine Decke, die immer an der einen Lehne des Sofas lag, hervor und wickelte den Jüngeren behutsam darin ein.
Tobi ließ es nur zu gerne zu und danach kuschelte er sich an Enricos Seite.
Der Dreizehnjährige war ein sehr verschmuster und anschmiegsamer Junge und ließ diese Sehnsucht auch gerne mal zu, wenn er jemanden mochte.
Und er mochte den Älteren sehr.
Enrico goss ihm dann aus der Kanne, die auf den Wohnzimmertisch stand, etwas Tee in eine Tasse und reichte sie ihm.
„Du sollst viel trinken, und danach schluckst du ein Antibiotikum, okay?“, fragte er und der Junge nickte gehorsam.
Dann trank er genüsslich einige Schlucke des heißen Tees und gab einen wohligen Laut von sich.
Die warme Flüssigkeit tat seinem Hals gut.
Sofort danach hielt ihm der Italiener eine Kapsel hin und Tobi betrachtete sie erst argwöhnisch, bevor er sie missmutig schluckte und etwas Tee nachtrank.
„Ich hasse Medikamente…“, murrte der Junge nur und der Ältere schmunzelte leicht und fuhr ihm liebevoll durch den schwarzen Haarschopf.
„Kann ich verstehen, aber du musst sie nehmen.“ Tobi seufzte. „Ich weiß.“
Dann löste sich der Ältere von ihm und erhob sich und er verschwand in der Küche während sich der Jüngere die Fernbedienung schnappte und begann am Fernseher rum zu schalten.
Nach einiger Zeit kam der Italiener wieder und setzte sich zu seinem Seelenpartner aufs Sofa, ehe er ihm einen Teller voller frisch geschnittenen Obstes reichte.
Der Schwarzhaarige sah den Teller erst verdutzt an, ehe er begann das Obst zu futtern und sich dabei wieder vertrauensvoll an Enrico zu lehnen.
Schweigend sahen die Beiden die Nachrichten im Fernseher an, wo über die Wirtschaftskrise in Europa berichtet wurde, über eine Banküberfallserie in New York und darüber, dass irgendein Schauspieler eine riesige, prunkvolle Hochzeit gefeiert hatte.
Nur der gleiche Müll wie jeden Tag auch.
„Hast du was dagegen wenn ich rauche?“, fragte Enrico irgendwann und der Jüngere warf ihn daraufhin einen verwirrten Blick zu, ehe er den Kopf schüttelte.
Der Italiener stand dann auf und öffnete das Fenster, das neben der Tür zum Flur war einen Spalt breit, dann holte er sich einen Aschenbecher aus der Küche.
Danach ließ er sich wieder neben den Jungen nieder und setzte ihn auf die andere Seite neben sich ehe er ihm die Decke über den Kopf zog.
„Was soll das?“, murrte Tobi genervt, wobei er die Decke wieder vom Kopf zog, aber der Italiener zog sie sofort wieder höher.
„Du sollst nicht so viel kalte Luft abgekommen, also wird aufgepasst.“, kommentierte dieser nur, ehe er sich eine Zigarette anzündete und genüsslich den Rauch inhalierte.
Der Schwarzhaarige krauste beleidigt die Nase, er mochte es nicht, wenn ihn jemand bevormundete und ihm sagte was er tun sollte.
Deswegen nahm er einfach Enricos Zigarette und steckte sie sich selbst in den Mund, eh er interessiert daran zog, um mal zu wissen was sein Seelenpartner so rauchte.
Der Italiener blinzelte verdutzt, als er merkte dass seine Zigarette weg war und er starrte perplex Tobi an.
Irritiert sah er, dass dieser an seiner Zigarette zog und im nächsten Moment riss er sie ihm aufgebracht aus der Hand.
„Sag mal spinnst du? Du kannst doch nicht einfach rauchen!“, rief er entsetzt und der Jüngere warf ihm einen genervten Blick zu.
„Und warum nicht?“
„Hallo? Du bist erst dreizehn, da raucht man noch nicht!“
„Wie alt warst du denn, als du angefangen hast?“
„Zwölf, aber das ist unwichtig.“
„Warum? Ich mach das doch nicht immer, nur selten.“
„Trotzdem nicht.“, meinte der Ältere bestimmt, ehe er Tobi in die Wange kniff und ihn näher an sich zog.
„Komm erst mal in die Pubertät, dann kannst du noch mal wegen Zigaretten fragen.“, dabei schlang er die Decke wieder um den Jüngeren.
„Ich bin dreizehn, ich bin schon in der Pubertät.“, fügte der Jüngere beleidigt hinzu, aber der Italiener ging nicht weiter darauf ein.
Er wusste wie gefährlich es war, wenn Kinder so früh mit dem Rauchen anfingen, er selbst hatte ja auch viel zu früh begonnen und nun kam er von diesem Zeug nicht mehr los.
Der Schwarzhaarige sah ihn noch einen Moment beleidigt an, ehe er sich mehr in die Decke einwickelte und vor sich hin schmollte.
„Was ist mit meiner Mutter?“, fragte Tobi nach einer Weile, die sie beide geschwiegen hatten.
Enrico blinzelte leicht bei dieser Frage und ihm wurde bewusst, dass er daran nicht gedacht hatte.
„Ich denke mal deine Freunde werden ihr Bescheid gegeben haben.“
„Wer war denn bei mir?“, der Junge sah ihn dabei nicht an, sondern wickelte die Decke etwas mehr um sich.
„So ein großer Jugendlicher, der anscheinend eine Menge über Krankheiten weiß und ein jüngeres Mädchen, das mich feindselig angestarrt hat.“, meinte der Ältere nachdenklich und der Kleinere nickte verstehend.
„Lucas und Laura, sie werden ihr Bescheid gegeben haben.“, er seufzte erleichtert, wobei Enrico ihn betrachtete.
„Also mach dir keine Sorgen, ansonsten fahr ich heute Abend bei ihr vorbei und erklär ihr, dass du hier sicher bist.“, Er zuckte lässig mit den Schultern, ehe er Tobi einfach das letzte Stück Apfel in den Mund schob.
Der Schwarzhaarige blinzelte einen Moment verdutzt, ehe er es gehorsam hinunter kaute und schluckte.
„So, und nun geht’s wieder ab in die Federn, du musst viel schlafen.“, bestimmte der Ältere, wobei er seinen Seelenpartner auf seine Arme hob und dann mit ihm aufstand.
„Ich kann auch alleine laufen.“, murrte der Junge während er beleidigt die Arme vor der Brust verschränkte, aber der Andere rollte nur mit den Augen.
„Du sollst dich schonen, also sorg ich dafür, dass du dich schonst.“, kommentierte er trocken, als er ihn wieder ins Schlafzimmer trug.
Blumen waren wunderschön.
Sie waren so rein, so sanft, so wunderschön und sie taten niemand weh.
Ganz anders als die Menschen, die meistens jede Gelegenheit nutzten, um Andere zu verletzen.
Sira hockte vor einen Kübel, in dem ein riesiger Strauß voller wilder Primeln lag und sie summte sanft vor sich hin.
Ihre Hände zogen immer wieder, wie von selbst, eine der schönen Blumen heraus und banden sie zu einem hübschen, kleinen Strauß zusammen.
Die Thailänderin summte dabei eine sanfte Melodie vor sich hin, während sie sich eine Haarsträhne, die sich aus der Spange an ihren Nacken gelöst hatte, zurückstrich.
Es war bereits Mittag und die Junisonne stand hoch am Himmel, deshalb war es bereits sehr warm war heute.
Sira erhob sich nun leicht und trug den Strauß, den sie soeben gebunden hatte zu den Tresen zurück, wo sie ihn in Papier wickelte und dann mit einen Band zusammenband.
„So bitte, ihr frischen Primeln, wie sie wollten.“, meinte die Dreißigjährige lächelnd zu den älteren Kunden, der sie sofort dankend annahm.
Der Mann bezahlte die Blumen, ehe er ihr freundlich zum Abschied die Hand reichte und dann den kleinen Blumenladen verließ.
Die Schwarzhaarige winkte ihm lächelnd nach, ehe sie in einem Bestellbuch, das neben der Kasse lag nachschaute, ob sie noch einige Sträuße oder Kränze binden musste.
Langsam trat er aus der Menschenmasse hervor.
Enrico strich sich seufzend über die Stirn und warf einen Blick zu der Sonne hinauf.
Gott, was das heute heiß.
Aber der Italiener freute sich auf den Sommer, die beste Jahreszeit von allen, wie er fand.
Er zog einen Zettel aus seiner Hosentasche und überprüfte die darauf stehende Adresse und den Namen des Ladens noch mal, ehe er auf den offenen Eingang zuging.
Interessiert sah er sich in den kleineren Innenraum um.
Überall auf dem gefliesten Boden standen Krüge mit Blumen, Töpfe mit riesigen Zimmerpflanzen, gebundene Kränze oder auch kleine Bäume, die man selbst pflanzen konnte und die dann Obst trugen.
Enrico hatte es zwar nicht so mit Pflanzen, seine eigenen ließen meistens nach einigen Wochen die Blätter hängen aber hier, in diesen Laden wirkten sie lebendig und wundervoll.
Der Italiener ließ seine dunklen Augen umherwandern auf der Suche nach Tobis Mutter.
Es dauerte einen Moment, ehe er die kleine Thailänderin hinter dem Tresen entdeckte, da sie noch immer über das Bestellbuch gebeugt war.
Der Mann ging darauf zu und die junge Frau hob ihren Kopf und sah den Mann lächelnd an.
„Guten Tag, kann ich ihnen helfen?“, fragte sie freundlich während sie sich nun wieder aufrichtete.
Der Schwarzbraunhaarige blinzelte nun verblüfft und sah die Frau vor sich verdutzt an.
Tobi sah seiner Mutter wirklich sehr ähnlich, das tiefschwarze Haar, die schönen dunkelblauen Augen und die Art zu Lächeln waren eindeutig wie die von Sira.
Nur sie hatten unterschiedliche Gesichtszüge.
„Ja entschuldigen sie bitte, ich suche Sira Ponyomang.“, erkundigte er sich, obwohl er sich sicher war, dass besagte Frau genau vor ihm stand und zu ihm hinauf sah.
Und tatsächlich nickte die junge Frau lächelnd und deutete auf sich.
„Die steht genau vor ihnen.“, gab sie Auskunft und betrachtete den Mann vor ihr fragend.
“Was kann ich für sie tun?“, fragte sie höflich und Enrico verbeugte sich nun leicht vor der Thailänderin.
„Mein Name ist Enrico Sciutto und ich wollte ihnen Bescheid geben, dass ihr Sohn bei mir ist und sich erholt.“, meinte er nervös wobei er die Frau wieder ansah, die nun verblüfft blinzelte.
„Dann sind sie also der Mann der die 40.000 Dollar für Tobi gezahlt hat, damit er nicht arbeiten muss.“, meinte sie leise, obwohl sie alleine im Geschäft waren. Der Italiener nickte als Antwort leicht, ehe er ihr einen unsicheren Blick zuwarf.
Tobi meinte zwar, dass es für sie in Ordnung sein würde, aber stimmte das wirklich?
Doch die Schwarzhaarige musterte ihn einen Moment aufmerksam, ehe sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr strich.
„Sie sind sein Seelenpartner, hab ich recht?“, fragte Sira dann und der Italiener zuckte zusammen.
„Ja, das bin ich. Sie wissen davon?“
„Natürlich, mein Sohn hat mir von ihnen erzählt, genauso davon, dass sie ebenfalls eine Gabe besitzen und zum italienischen Tempel gehören.“, sie lächelte daraufhin leicht und ihr gegenüber sah sie nun verdutzt an.
„Sie wissen darüber Bescheid?“, fragte er leise wobei er seine Hände auf den Tresen legte und sich mehr zu ihr rüber beugte.
Gaben und alles was damit zu tun hatte, sollten nach Möglichkeit geheim bleiben, die Meisten bezeichneten sie nämlich sofort als Monster.
Sira lächelte daraufhin sanft, legte eine ihrer schlanken Hände auf Enricos breiter Brust.
Plötzlich leuchtete eine Stelle auf dessen Brust auf, ein weißes, helles leuchten und die Thailänderin zwinkerte ihm daraufhin zu.
Sie besaß die gleiche Gabe wie ihr Sohn, auch wenn man es ihr noch weniger anmerkte als Tobi.
„Nun bin ich platt…“, murmelte der Schwarzbraunhaarige verdutzt und die Frau kicherte leicht und zog ihre Hand wieder weg.
„Verständlich.“, meinte sie zustimmend, ehe sie ihm wieder ins Gesicht sah.
„Vielen Dank, dass sie Bescheid gesagt haben, ich weiß das mein Sohn bei ihnen gut aufgehoben ist.“, sagte sie sanft denn sie wusste, dass ein Seelenpartner den Anderen nie schaden würde.
Enrico nickte leicht, ehe er sie anlächelte und sich erneut vor ihr verbeugte.
„Haben sie vielen Dank, ich werde gut auf ihn aufpassen.“, meinte er beruhigend, ehe sie sich voneinander verabschiedeten und dann ging der Italiener wieder.
„Wow ist das eine tolle Aussicht!“, rief er begeistert.
Tobi strahlte übers ganze Gesicht, als er von oben hinunter auf die Großstadt Los Angeles in der Dunkelheit sah.
Er und Enrico befanden sich auf dem Dach eines der größten Häuser in der Stadt und betrachteten fasziniert die belebte Stadt, die nun nur von den Lichtern und dem Vollmond, der über ihnen stand, erhellt wurde.
Es war ein unglaubliches Bild, traumhaft und faszinierend.
Der Dreizehnjährige hatte die letzten drei Tage nur im Bett verbracht und heute ging es ihn schon soweit gut, dass er aufstehen und an die frische Luft durfte.
Außerdem war heute auch der letzte Tag bei seinem Seelenpartner und Morgen früh musste er wieder zur Schule, und abends wieder arbeiten.
Enrico gefiel dies ganz und gar nicht und er würde ihn am liebsten noch länger bei sich behalten, aber Tobi hatte gesagt, er solle es nicht wagen so viel Geld für ihn auszugeben.
Also fügte sich der Italiener.
Schweigend betrachtete er den Jüngeren, wie dieser sich begeistert über die Absperrung beugte um bessere Sicht auf die Lichter unten zu haben, während der Wind ihm sanft durch die schwarzen Haare wehte.
Enrico schmunzelte leicht und ging nun wieder näher zu ihm, stellte sich direkt neben seinen Seelenpartner und sah mit ihm in die Stadt hinunter.
„Ja, das ist wirklich wunderschön.“, stimmte der Ältere zu, wobei er bemerkte, dass der Andere anfing gutgelaunt vor sich hin zu summen und mit den Kopf nickte.
Lächelnd betrachteten die Beiden die Stadt unter ihnen, die sich weit hinter bis zum Horizont erstreckte und nie zu schlafen schien.
„Sag, wenn du gewusst hättest was dich hier erwartet bevor du zur Welt kamst, hättest du dich denn dafür entschieden geboren zu werden?“, fragte Enrico irgendwann.
Tobi blinzelte leicht und sah dann zu den Anderen neben ihm, betrachtete verwundert dessen Gesicht, das sehr nachdenklich wirkte.
Der Ältere sah nun zu ihm, ihre Blicke trafen sich und der Schwarzhaarige wusste, dass ihm diese Frage absolut ernst war. Der Dreizehnjährige sah nun wieder auf die Stadt hinab und dachte gründlich drüber nach, weil es eigentlich eine gute Frage war.
„Ja, ich hätte mich trotzdem für das Leben entschieden.“, meinte er nach einigen Minuten wobei er seinen Blick aber nicht von den Lichtern löste.
„Auch obwohl du wüsstest, dass dein Vater dich zum Anschaffen schickt? Du weißt, dass du dieses Los in Watts hast?“, fragte er ruhig aber der Andere sah noch immer nicht auf.
„Ja, trotz allem. Denn auch wenn dies schrecklich ist, der Strich widerlich ist und die anderen Sachen….“, er brach ab und biss sich auf die Unterlippe.
Auch wenn Diana es gesagt hatte und Enrico Bescheid wusste, er konnte nicht darüber reden.
„…einen innerlich zerreißen gibt es doch auch gute Dinge in diesen Leben.“, fügte Tobi dann hinzu, hob den Kopf und sah in den Himmel.
„Lucas, Diana, Laura, Leon und meine Mutter, sie alle sind Menschen, für die sich jede schreckliche und grausame Erniedrigung lohnt. Für die es sich lohnt weiter zu leben und zu kämpfen, niemals aufzugeben und zu hoffen.“, nun hob der Junge seinen Blick und sah seinen Seelenpartner an.
„Wenn man Menschen gefunden hat, die einem so wichtig sind wie sie, lohnt sich alles Schreckliche, alles Grausame solange man diese Personen an seiner Seite hat, ihr Lächeln sieht, ihre Worte hört und ihre Liebe zu sich fühlt.“, er lächelte.
„Dafür lohnt es sich geboren zu werden und dies Alles zu ertragen.“, sagte er überzeugt.
Enrico lächelte nun und legte ihm eine Hand auf die Wange, strich sanft darüber.
„Da hast du Recht Tobi, da hast du vollkommen Recht.“, sagte er leise und auch das Lächeln des Jungen wurde nun sanfter.
Und auch für Enrico lohnte es sich geboren zu werden, um ihn zu begegnen und kennen zu lernen.
„Solange es eine Person gibt die dich liebt, die dich braucht, die dich vermissen und um dich weinen würde, solange lohnt es sich immer zu leben und niemals aufzugeben.“, sagte er sanft, wobei er dem Jungen in die dunkelblauen Augen sah.
Nun hockte sich Enrico vor Tobi hin, so dass nun der Ältere zu ihm aufsehen musste.
„Niemand zwingt einen zum Leben, jeder hat die Chance es zu jeder Zeit zu beenden.“, der Italiener sah daraufhin wieder über die Absperrung hinab in die Stadt.
„Besonders hier, in einer Stadt wie Los Angeles ist dies ganz einfach. Man muss nur eine einzige Entscheidung fällen, einen Schritt tun und Alles ist vorbei.“
Der Blick seiner dunklen Augen wurde nachdenklich, als er auf die Lichter der Stadt sah.
Früher hatte er selbst mal darüber nachgedacht es zu tun, wo er keinen Ausweg mehr gesehen hatte.
Es war damals gewesen, als er von einer Frau zur nächsten gegangen war, wo er etwas gesucht aber es nie gefunden hatte.
Er hatte früh mit Mädchen angefangen, mit dreizehn soweit er sich erinnern konnte, aber keine seiner Beziehungen ging länger als drei Monate, die Meisten hielten nicht einmal einen Monat.
Aber er war auch nie treu gewesen, er hatte meistens immer zwei bis drei Frauen gleichzeitig gehabt, immer Affären oder One-Night-Stands nebenbei.
Er hatte den Frauen immer das Herz gebrochen, mit seiner Untreue, die er nie geheim gehalten, sondern immer schön öffentlich gezeigt hatte.
Enrico wusste, dass er irgendetwas bei den Frauen gesucht hatte, etwas das ihn dazu verleitet hätte treu zu sein und bei ihnen zu bleiben.
Geborgenheit, Wärme, das Kribbeln im Bauch, das Gefühl des Glücks in ihrer Nähe, die Befriedigung die nur sie dir geben kann und das man niemanden anderen so nah sein möchte.
Aber nichts, nicht eine hatte in ihm auch nur eines dieser Gefühle in ihn bewirkt und er hatte sich so unglaublich leer gefühlt.
Leer und kalt.
Wegen dieser ganzen Geschichten hatte er dauernd Streit mit seinem Vater gehabt, der wollte dass er sich fest band, aber Enrico hatte dies nicht gewollt.
Nicht ohne wenigstens eines dieser Gefühle, was brachte eine Bindung, wenn er diese Person eh nur betrügen und ihr wehtun würde?
Rein gar nichts.
Irgendwann hatte Enrico damit aufgehört und sich nur noch seiner Arbeit als Polizist gewidmet, seine Pflichtbesuche bei der Familie erledigt und ansonsten nur noch mit Bradley, seiner besten Freundin, die um die Welt reiste oder seinen kleinen Bruder zusammen gewesen.
Dies hatte diese Leere und Kälte in ihm wenigstens etwas lindern können, aber nie komplett.
Der Italiener seufzte leise.
Tobi beobachtete ihn bei seinen Gedanken schweigend, ehe er einfach seine Arme um den Hals des Älteren legte und ihn so näher an sich zog. Sanft drückte er den Kopf des Mannes gegen seine schmale Brust und auch der Schwarzhaarige rückte näher zu ihm hinüber. Behutsam glitten seine Finger durch das dunkle Haar seines Seelenpartners, während er seine Wange gegen dessen Kopf legte.
Enrico blinzelte leicht verblüfft über diese Umarmung, ehe eine Wärme in ihm aufstieg und er seine Arme um den Jüngeren schlang. Er spürte die Wärme in sich, die durch diese Nähe ausgelöst wurde, er fühlte sich geborgen, als Tobi ihn so festhielt.
Es fühlte sich wundervoll an und verdammt richtig.
Doch der Jüngere hob nun wieder seinen Kopf und auch der Andere sah nun zu ihm auf, so dass sich erneut ihre Blicke trafen.
„Willst du das jetzt immer noch? Einen Schritt tun und alles ist vorbei?“, fragte der Junge traurig und sein Seelenpartner lächelte leicht und schüttelte seinen Kopf.
„Nein, nicht mehr.“, hauchte er leise und seine Hände glitten sanft über den Rücken des Anderen.
„Warum?“, fragte Tobi leise, wobei er unbewusst seinen Kopf leicht senkte, den Anderen entgegen, der ihm ebenfalls näher kam.
Enrico lächelte warm und nun berührten sich fast ihre Lippen, nur ein kurze Entfernung, die man so leicht überbrücken konnte.
„Weil ich jemanden kennen gelernt hab, der diese Gedanken sofort vertrieben hat.“, flüsterte er und eine Hand legte sich sanft auf die Wange des Jüngeren, strich zärtlich über die weiche Haut.
Ganz langsam kam er ihm näher, wollte den Schwarzhaarigen nicht erschrecken und dadurch bewirken, dass dieser sich von ihm löste.
Aber Tobi wich nicht zurück, er kam ihm selbst ebenfalls vorsichtig näher, wobei er langsam die Augen schloss.
Im nächsten Moment jedoch knallte es irgendwo unten auf der Straße und man hörte wie Metall zersplitterte.
Tobi blinzelte verdutzt, ehe er den Blick abwendete und über die Absperrung linste, hinab auf die Straßen.
Enrico seufzte innerlich als er dies sah, er hätte nicht mal mehr eine Minute gebraucht und schon wieder kam was dazwischen.
Auch er wandte seinen Blick ab und erhob sich dann zu seiner vollkommenen Größe, so dass er den Griff um den Rücken des Jüngeren verändern musste.
Schweigend sahen die Beiden nach unten, wo man erkennen konnte, dass ein Auto gegen einen Laternenmast gefahren war.
„Das Leben ist hier wirklich schnell vorbei.“, meinte Tobi nachdenklich, wobei er seinen Kopf an die Brust des Größeren kuschelte, der daraufhin den Arm enger um ihn schlang.
„Das ist war, es geht so schnell, nur ein Windhauch und man ist tot.“, erwiderte der Ältere und fuhr ihm sanft durchs Haar.
Tobi schlang die Arme um den Mann und sah dann zu ihm auf.
„Deine Arbeit ist auch gefährlich…“, meinte er besorgt und Enrico gluckste leicht und sah wieder zu ihm.
„Ach was, ich pass auf.“, meinte er abwinkend und er drückte den Jungen fester an sich, um ihn zu wärmen da es hier oben in der Luft doch etwas frisch war.
Der Schwarzhaarige kuschelte sich bereitwillig enger an den Älteren und genoss es wie die Wärme ihn durchflutete bei dessen Berührungen und wenn der Andere sprach kribbelte alles in ihm.
„Wir sollten langsam wieder gehen, es wird zu frisch hier draußen.“, meinte Enrico dann.
Doch der Junge grinste plötzlich breit und huschte unter seinen Armen hinweg.
„Nö, dann musst du mich erst fangen!“, rief er grinsend wodurch der Andere verdutzt blinzelte und ihn ansah.
Dann grinste auch der Mann breit und ging leicht in die Knie, streckte die Arme fangbereit aus.
„Wenn du drauf bestehst fang ich dich und trag dich ins Bett.“, kommentierte er und sein Seelenpartner steckte ihm die Zunge raus.
„Komm doch, mich kriegst nicht!“, rief der Dreizehnjährige und wich lachend Enricos Hände aus, als sie nach ihm greifen wollten.
Die Beiden begannen sich auf den Hochhausdach lachend zu jagen, doch der Halb-Thailänder wich immer wieder rechtzeitig aus und war flink irgendwo anders.
Doch als Tobi zwischen den Beinen des Italieners schlüpfen und auf die andere Seite des Daches flitzen wollte, packte dieser ihn an den Hüften und zog ihn zurück.
„Ha, ich hab dich!“, meinte der Schwarzbraunhaarige strahlend wobei er ihn festhielt.
Der Jüngere blinzelte verdutzt, ehe er begann zu zappeln und sich zu winden.
„Hast du nicht, gleich bin ich wieder weg.“, murrte er überzeugt bevor er mit seinen Beinen heftig zappelte.
Doch leider verlor Enrico dadurch das Gleichgewicht, als der Junge ihn auch aus Versehen die Beine wegzog.
Der Italiener gab einen überraschten Laut von sich, als die Beiden dann zu Boden fielen, aber kurz bevor sie aufschlugen schlang der Mann die Arme eng um den Jüngeren, um ihn vor dem Aufprall zu schützen.
Tobi gab einen überraschten Laut von sich als er plötzlich unten landete und das Gewicht des Anderen auf sich spürte.
„Sorry, hab ich dir weh getan?“, fragte Enrico hastig, wobei er sich aufrichtete aber nicht weit kam da der Jüngere auf seinen Armen lag.
Deswegen kniete er nun direkt über ihm, lag zwar nicht direkt auf ihn aber trotzdem noch nah genug, so dass der Schwarzhaarige den Herzschlag des Anderen an seinem spüren konnte.
Er spürte wie sich der Herzschlag des Anderen beschleunigte und sein eigener wurde auch immer stärker, der Italiener schien es auch zu spüren und sein Blick wurde erstaunt.
„Du hast mir nicht wehgetan…“, murmelte der Jüngere wobei er leicht verlegen wurde da ihm die intensive Nähe gerade bewusst wurde.
Und Tobi gefiel diese Position, das wurde ihm bewusst da sein gesamter Körper kribbelte und eine wärme in ihm aufstieg wie nie zuvor.
Enrico sah auf ihn hinab, sah in die blauen Augen des Anderen, spürte die Wärme, die von dem Jüngeren ausging und er beugte sich zu ihm hinunter.
Der Schwarzhaarige spürte das Kribbeln in seinen Magen und wie ihm immer wärmer wurde, aber er drehte nicht den Kopf weg sondern sah ihn nur an.
Tobi hatte das Gefühl, dass sein Kopf total leer gefegt war, als sich Enricos Lippen ganz sanft auf die seinen legten.
Alle störenden Gedanken waren verschwunden, es herrschte nur eine wohliges Gefühl in ihm und sein ganzer Körper schien zu vibrieren vor Herzklopfen.
Doch der Kuss dauerte nur einen kurzen Augenblick, dann löste sich der Andere wieder von ihm und sah ihn leicht unsicher an.
Er schien nicht zu wissen, ob das was er getan hatte richtig war, die Unsicherheit in seinen Blick sagte alles.
Der Schwarzhaarige wusste es auch nicht, er spürte nur dass es schön gewesen war und dass es sich richtig angefühlt hatte.
Deswegen schlang er nun seine Arme um Enricos Nacken, zogen ihn wieder zu sich hinunter, ehe er nun selbst seine Lippen sanft auf die des Anderen legte.
Der Italiener durchfuhr ein Hitzeschauer, als der Jüngere ihn nun von sich aus küsste und eine Welle des Glücks erfüllte seinen Körper.
Behutsam legte er eine Hand in Tobi Nacken, während der andere Arm weiterhin dessen Rücken geborgen hielt, damit er sich nicht verletzte.
Dann schob er seine Lippen behutsam dem Anderen entgegen und erwiderte somit denn Kuss, der nicht mehr so unsicher und scheu wie der Erste gewesen war.
Auch der Halb-Thailänder bemerkte dies, denn er drückte sich nun etwas mehr an den Älteren bevor er dann den Kuss unterbrach.
Erneut sahen sie sich in die Augen, aber diesmal lag keine Unsicherheit darin sondern Klarheit.
Enrico lehnte seine Stirn gegen Tobis und sie lächelten glücklich, ehe der Ältere nun erneut ihre Lippen miteinander versiegelte. Die Hand des Dreizehnjährigen legte sich auf die Wange des Italieners, strich darüber während dieser nun begann mit seiner Zunge sanft über die Lippen des Kleineren zu gleiten, stumm um Einlass bittend.
Doch plötzlich ging ein Vibrieren durch den Körper des Siebenundzwanzigjährigen und abrupt löste sich dieser von seinen Seelenpartner.
Geschockt von der Unterbrechung sahen sie sich in die Augen, ehe ein erneutes Vibrieren, das sein Zentrum in Enricos Hosentasche hatte erneut ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
Hastig stieg dieser nun von Tobi hinunter, sodass dieser sich aufsetzten konnte und den Anderen dabei beobachtete, wie er das Handy heraus kramte und genervt ranging.
Der Schwarzhaarige hörte, dass es das Revier war aber er hörte nicht weiter zu, sondern fuhr sich stattdessen geistesabwesend über die Lippen, spürte dort erneut das Kribbeln als er an gerade eben dachte.
Das war sein erster Kuss gewesen und er war wundervoll gewesen.
Enrico legte dann auf und stieß einen genervten Laut aus weshalb der Jüngere wieder zu ihm sah.
„Ich muss ins Revier, ein Notfall.“, murrte er wobei er den Anderen an der Hand nahm und auf seine Beine zog.
„Oh, verstehe.“, meinte er traurig, denn er hätte gerne noch mit ihm Zeit, verbracht ehe es Morgen wieder losgehen würde.
Der Ältere hatte den gleichen Wunsch, sagte aber nichts, sondern zog ihn an der Hand hinter sich her Richtung Treppenhaus.
Tobi gab einen wohligen Seufzer von sich.
Im Wagen war es mollig warm und die Sitze waren herrlich gemütlich.
Er befand sich in Enricos Auto, einem schwarzen Porsche dessen Sitze einen schönen cremefarbigen Bezug hatten. Genüsslich kuschelte er sich mehr in die weichen Sitze, wobei er aus dem Augenwinkel einen Blick auf den Mann neben sich warf.
Enrico lenkte den Wagen sicher und geübt durch die Straßen der Großstadt wobei er recht müde aussah.
Kein Wunder, er war auch gerade erst vor zwei Stunden vom Revier zurückgekommen und laut seiner Erzählung war es wohl ziemlich heftig gewesen.
Denn sein Revier hatte eine Notfallrazzia auf den Haupthafen gemacht und dort mehrere Kühlgüter gefunden. Dabei waren afrikanische Einwanderer fast erfroren.
Es hatte Stunden gedauert sie unter zu bringen, sich mit ihnen zu verständigen und die Drahtzieher dahinter zu fangen, aber sie hatten es geschafft.
Die Mordkommission war danach insgesamt total übermüdet und kaputt.
Der Italiener hatte aber unbedingt drauf bestanden, ihn zur Schule zu fahren, damit er sicher ankam.
Der Junge rollte mit den Augen.
„Enrico, du musst mich nicht fahren, geh lieber nachhause und schlaf eine Runde.“, murrte er seufzend, während er die müden Augen des Anderen betrachtete. Doch dieser winkte lächelnd ab und warf einen Blick auf den Jüngeren, der neben ihm saß.
„Das kann ich danach auch noch machen, keine Sorge.“, meinte er gutgelaunt, ehe er sich wieder auf die Straße konzentrierte, da sie nun auf die Hauptstraße von Watts fuhren.
„Und wenn du nun einen Unfall baust, weil du zu fertig bist?“
„Mach ich nicht, so fertig bin ich noch lange nicht.“
„Doch, du siehst total verspannt und hundemüde aus, deine Augen fallen ja gleich zu.“
„Quatsch, das geht noch locker.“
„Sicher nicht.“
„Klar doch.“
„Nein.“
„Doch.“
„Nein.“
„Doch.“
Tobi warf ihm einen beleidigten Blick zu und sein Seelenpartner grinste nur breit.
Doch kurz darauf hielt dieser vor der Middleton School an und der Jüngere schnallte sich ab.
„Viel Spaß und ärger nicht zu toll deine Lehrer.“, meinte der Italiener zum Abschied und der Andere grinste nur breit und winkte als er ausstieg.
„Nö, das macht zu viel Spaß um drauf zu verzichten, schlaf du gut.“, sagte er lachend, ehe er aus dem Wagen sprang und auf dem Schulgelände verschwand.
Enrico sah ihm lächelnd nach, bevor er seufzte und dann zu sich nachhause fuhr um wirklich zu schlafen.
Der Schwarzhaarige rannte hastig durch die Schulgänge, die schon ziemlich leer waren da der Unterricht in fünf Minuten begann.
Das war den Jungen eigentlich Recht, denn so kam er schnell zu seinem Klassenzimmer, das er sofort betrat.
Als er die Tür öffnete, sahen sofort einige aus seiner Klasse auf, sahen dass es nur Tobi war und widmeten sich dann weiter ihrer Freizeitbeschäftigung, die hauptsächlich aus Karten spielen, Musik hören oder quatschen bestand.
Nur zwei Leute reagierten anders auf ihn.
„Tobi!“, rief eine Mädchenstimme und im nächsten Moment rannte Laura ihm in die Arme, um sich fest an ihn zu drücken.
„Geht’s dir wieder gut?“, fragte die Rotblonde besorgt während sie sein Gesicht betrachtete, aber er lächelte nur und schlang einen Arm um ihre Hüfte.
„Ja, mir geht’s wieder gut.“, meinte er beruhigend, ehe er ihr kurz über die Wange strich und dann hinter ihr sah, wo Leon an seinen Platz hinter seinem saß und ihn schweigend musterte.
Der Dreizehnjährige zeigte ihm einen Daumen hoch und der Braunhaarige wandte dann seinen Blick wieder ab und schrieb in seinen Notizbuch vor sich hin.
Dann hörte man erneut die Tür aufgehen und der Klassenlehrer stand hinter dem Halb-Thailänder und seiner Freundin.
„Der Unterricht beginnt, auf eure Plätze.“, meinte der Mitte fünfzigjährige Mann mit dem bereits ergrauten Haar und die Kinder packten ihre Sachen weg.
Auch Laura und Tobi setzten sich auf ihren Platz, um den Unterricht zu verfolgen, der in der ersten Stunde aus Mathe bestand.
„Nächste Stunde haben wir Französisch.“, murrte Laura genervt.
Das Mädchen saß auf ihren Tisch, verkehrt herum, so dass sie die beiden Jungs hinter sich beobachten konnte.
Tobi saß zwar auf seinen Stuhl, hatte sich aber so gedreht, dass er mit den Rücken an der Wand neben ihm lehnte und aus dem Fenster sehen konnte.
Leon hingegen saß normal auf seinen Platz und war mal wieder am Schreiben einer kleinen Geschichte, der Braunhaarige war da sehr begabt.
„Ach, das ist doch einfach.“, meinte der Schwarzhaarige abwinkend und seine Freundin rollte mit den Augen.
„Ja für dich, du liebst es ja Sprachen zu lernen und bist wahnsinnig gut darin.“, sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen
„Aber ich doch nicht, ich hasse Fremdsprachen, wozu braucht man das überhaupt?“, jammerte sie genervt und ihr Zwillingsbruder warf ihr einen gelangweilten Blick zu.
„Damit man sich später verständigen kann, oder willst du für immer in diesem Stadtteil leben?“
„Näh, natürlich nicht aber Französisch ist doof!“
„Was willst du den stattdessen lieber für `ne Sprache lernen?“, fragte Tobi wobei er die Augen geschlossen hielt und die warme Sonne genoss, die durch das Fenster direkt in sein Gesicht schien.
„Hm, weiß nicht.“, sie dachte darüber nach, wobei sie an einer ihren vordersten Haarsträhnen zupfte, die im Stufenschnitt ihr Gesicht umrahmten.
Leon rollte daraufhin mit seinen Augen und widmete sich wieder seinen Text, an dem er schon seit einigen Tagen schrieb.
Seine Schwester sah ihn beleidigt an ehe sie sich auf den anderen Tisch hinter sich setzte und sich an die Schulter des Schwarzhaarigen kuschelte.
Dieser schlang abwesend einen Arm um sie und fuhr ihr leicht durchs Haar, das sie heute zu einem hohen Zopf gebunden hatte. Laura stieß einen zufriedenen Laut aus und schloss ihre Augen.
Sie genoss es bei Tobi zu sein, von ihm gehalten oder gestreichelt zu werden, die Wärme und Sicherheit, die er ausstrahlte, zu spüren.
Sie mochte ihn schon seit Jahren und in letzter Zeit hatte sie gemerkt, dass ihre Gefühle mehr waren als mögen.
Sie war in ihn verliebt und sie würde es ihm sagen.
Als die Schulklingel erneut läutete stürmten die Schüler in den Klassenraum und auf ihre Plätze.
Auch Laura löste sich unwillig von den Anderen, um auf ihren Sitzplatz zu klettern während sich der Schwarzhaarige wieder richtig hinsetzte.
Die Französisch-Lehrerin, eine kleine Frau mit rotbraunen Locken, betrat den Klassenraum und begann die Schüler erst mal auf Französisch zuzureden während sie Blätter verteilte.
„Wir schreiben Heute erst mal eine kleine Klausur, danach werden die Vokabeln der letzten Stunde abgefragt und ein mündliches Gespräch auf Französisch geführt. Ihr habt 30 Minuten Zeit ab jetzt!“, sagte sie dann streng in Englisch und von ihrer Klasse kam nur ein genervtes Stöhnen.
Außer von dem Halb-Thailänder, der übers ganze Gesicht strahlte, denn er liebte Fremdsprachen und freute sich mehr über sie zu lernen und sie zu sprechen.
Er setzte den Stift an und begann sogleich geübt und einfach die Antworten auf die französischen Fragen einzutragen.
Es machte ihn Spaß und außer bei einigen Stellen, bei denen er kurz über die Schreibweise nachdenken musste hatte er keine Probleme.
Doch plötzlich stoppte er bei der letzten Frage und Enrico schoss ihm durch den Kopf.
Dieser war Italiener und in den vier Tagen, in denen er bei ihm war hatte er auch gehört wie dieser italienisch gesprochen hatte.
Er würde es gerne lernen, es war sicher interessant sich mit seinem Seelenpartner in dieser Sprache zu unterhalten.
Er knapperte gedankenverloren an seinen Stift, ehe er warm lächelte, als seine Finger seine Lippen berührten.
Ob sie sich wieder küssen würden, wenn sie das nächste Mal aufeinander trafen?
Er hoffte es sehr.
Die Rotblonde warf einen Blick hinter zu den Schwarzhaarigen und sie spürte eine seltsame Bedrückung, als sie seine Bewegungen und das Lächeln dazu sah.
Was war passiert in den vier Tagen?
Als ein erneutes Schulklingeln über das Schulgebäude hallte war es bereits nachmittags und die Sonne brannte heiß vom Himmel herab.
Die Kinder stürmten begeistert aus dem alten Gebäude und freuten sich auf ihren freien Nachmittag.
Dass alle Schularbeiten hatten, daran dachte kaum einer, nur an ihre Freizeit.
Auch Leon, seine Zwillingsschwester und der Schwarzhaarige verließen die Schule diesmal pünktlich, da sie heute keine Lust auf Nachsitzen hatte.
Laura lief zwischen ihren Bruder und ihren Freund bevor sie stehen blieb und in den Himmel sah.
Die Sonne schien hell und der Himmel war strahlend blau, keine Wolken waren in Sicht.
Es war ein wundervoller Tag.
Die Rotblonde sah zu Tobi, der gutgelaunt vor sich hin summte ehe sie unsicher zu ihren Bruder spähte, der daraufhin eine Augenbraue hob.
Sie wollte es jetzt tun, heute.
Die Dreizehnjährige fasste sanft nach der Hand des Halb-Thailänders und drückte sie leicht.
Er sah daraufhin zu seiner Freundin und warf ihr einen liebevollen Blick zu, wobei sie leicht verlegen lächelte.
„Gehen wir noch etwas an den Strand?“, fragte sie lieb dabei einen kurzen, bittenden Blick zu Leon werfend, der innerlich seufzte.
Tobi blinzelte verdutzt, aber ehe er etwas sagen konnte kam der Braunhaarige vor und nahm ihnen ihre Schultaschen ab.
„Ich muss passen, ich bin heute mit dem Abwasch dran, außerdem will ich noch weiter schreiben.“, erklärte er ruhig.
Laura nickte dankbar und sah dann den Anderen an, der noch immer schwieg dann aber lächelnd nickte.
„Dann gehen nur wir zwei.“, meinte er bereitwillig und die Jüngere strahlte ihn an.
„Okay!“, rief sie glücklich ehe sie seine Hand fester umfasste und ihn dann hinter sich her zog, Richtung Schul-Tor.
Leon sah ihnen schweigend nach ehe er seufzend den Kopf schüttelte.
Der Sand fühlte sich wunderbar weich an unter ihren nackten Füßen und er war so warm.
Laura schloss genießerisch ihre Augen als sie die kühle Brise spürte, die ihr durchs Haar wehte und damit ihre Frisur total verwuschelte.
Auch Tobi genoss den Wind und er streckte sich begierig unter der warmen Sonne, die heute sicherlich über 30° heiß war.
Wundervoll.
Sie standen an einen großen Strand im Stadtteil San Petro, der etwa dreißig Kilometer von der Stadtmitte entfernt war.
Sie waren mit dem Bus hergekommen, der direkt von der Ladenstraße, nahe ihrer Schule abfuhr.
Nun standen sie hier, hatten Beide ihre Schuhe ausgezogen und sahen mit einem sehnsüchtigen Blick auf das weite, offene Meer.
Der Strand war noch recht leer, besonders dort wo die Beiden standen war es ruhig, da sie sehr nah an der Felswand waren, wo sich kaum einer hinwagte.
Viele waren nicht so mutig wie sie taten.
Tobi sah nun wieder zu seiner Begleiterin, die noch immer im Wind stand und die frische Brise genoss.
Dann nahm er ihre Hand in seine, drückte sie leicht ehe er sie mit sich zog, damit sie etwas spazieren konnten.
Laura lächelte und ging bereitwillig mit ihm mit wobei sie ihre Sandalen in ihrer freien Hand festhielt, genau wie der Schwarzhaarige.
Laura und Tobi waren oft zusammen hier an diesen Strand, sie lagen im Sommer hier und ließen sich bräunen, sie tobten zusammen mit den anderen im Wasser oder gingen wie jetzt einfach nur Hand in Hand den Strand entlang.
Es war schön, es war unkompliziert und es war Geborgenheit, Wärme, Zuneigung.
Es war einfach einander gern zu haben und zusammen zu halten.
Doch plötzlich schluckte die Rotblonde leicht, ehe sie stehen blieb und an der Hand Tobi festhielt damit er nicht weitergehen konnte.
Dieser blinzelte verdutzt und sah dann zu dem Mädchen hinter sich.
„Was hast du?“, fragte er verwirrt als er ihre Miene sah die ziemlich nervös aber auch entschlossen aussah.
Laura schluckte nochmals ehe sie näher zu ihm trat so dass sie sich nun genau gegenüber standen und in die Augen sahen.
Sie hatte immer davon geträumt, dass Tobi es ihr zuerst sagen würde, romantisch am Strand bei Sonnenuntergang.
Aber anscheinend sollte sie es tun.
„Ich hab dich lieb.“, sagte sie leise, wobei sie ihm nicht genau in die Augen sah, da sie so schrecklich nervös war.
Ihr Freund sah sie verwirrt an, lächelte dann aber leicht und strich mit den Daumen über ihren Handrücken.
„Ich hab dich doch auch lieb Laura.“, sagte er sanft aber das Mädchen schüttelte daraufhin nur ihren Kopf.
„Nein, nicht das lieb haben Tobi.“, sagte sie wobei sie zu ihm sah, direkt in seine Augen.
Ihre Augen, die einen schönen grausilbernen Ton hatten schimmerten im Licht der Sonne.
„Ich liebe dich.“, hauchte sie wobei sie seine Hand fester umklammerte.
Der Schwarzhaarige sah sie schweigend an.
Er sah ihren Blick der ihm sonst immer ein warmes Kribbeln beschert hatte, ihre weiche Haut die er so gerne berührt hatte, ihr rotblondes Haar, das ihr Gesicht umspielte bei dem Wind der hier wehte und ihre Lippen die er immer so gerne berühren wollte, mit seinen eigenen.
Aber es war nichts, kein warmes Kribbeln mehr wie sonst, keine Sehnsucht sie zu küssen wie sonst, kein Glücksgefühl, als er ihre Worte hörte, wie er sicher früher drauf reagiert hatte.
Sie war weg, seine Verliebtheit für sie, die er sicherlich die letzten zwei Jahre immer empfunden hatte, war einfach weg.
Tobi drückte ihre Hand ebenfalls fester und biss sich auf die Unterlippe.
Wo waren diese Gefühle hin?
Er hatte sie doch noch bis vor kurzem gespürt, ganz intensiv und heftig.
Vor zwei Wochen hatte er doch noch das Mädchen angesehen und gewusst, dass er in sie verliebt ist, er hatte sich vorgenommen es ihr zu sagen und endlich ihren beider Wunsch nach einem ersten Kuss umzusetzen.
Wo war das hin?
Doch plötzlich wanderten seine Gedanken wieder zu Enrico, dem großen Italiener, der ihm von Anfang an so vertraut vorkam und er wusste jetzt wusste woher das kam.
Vor nicht mal zwei Wochen konnte er an nichts Anderes als an Laura denken und an die Sache mit den Strich und seinen Vater.
Und nun konnte er an nichts Anderes mehr als an Enrico denken, verdammt was war das?
Tobis Blick wurde traurig, als ihm bewusst wurde das die Verliebtheit für das Mädchen, das er seit er vier Jahre alt war kannte und mochte, weg war.
Die Gefühle, die in den letzten zwei Jahren so stark gewesen waren, waren einfach plötzlich weg.
Er würde ihr wehtun.
Der Dreizehnjährige senkte traurig den Blick und schüttelte langsam den Kopf.
„Tut mir leid...“, sagte er leise und er spürte wie die Rotblonde erstarrte, er merkte es an ihrer Hand, die noch immer seine hielt.
Er brauchte nicht mehr zu sagen, auch so wusste Laura was er damit meinte und Tränen stiegen in ihre Augen auf.
Sie löste ihre Hand aus seiner und ein Schluchzen stieg ihre Kehle hinauf während ihr Körper leicht zitterte.
Tobi sah entsetzt auf, als er dies hörte und er griff sofort wieder nach ihren Händen, um sie fest zu drücken.
„Bitte weine nicht...“, bat er traurig, aber das Mädchen schüttelte nur ihren Kopf und senkte ihren Blick.
„Laura, ich hab dich lieb.“, sagte er ehe er eilig seine Arme um die Rotblonde schlang und sie fest an sich drückte. Sie krallte sich in sein Shirt fest und vergrub ihren Kopf an seiner Schulter.
„Ich hab dich wirklich total lieb Laura, aber ich will dich nicht anlügen, das hast du nicht verdient.“, meinte er wobei er versuchte ihren zitternden Körper zu beruhigen, aber sie wimmerte nur.
Es tat weh, es tat richtig weh, ihr Schmerzen zuzufügen, er wollte sie niemals verletzen oder sie zum Weinen bringen.
Aber er wollte auch ehrlich zu ihr sein, denn er hatte sie wirklich wahnsinnig lieb.
Er sah traurig aus dem Fenster.
Tobi saß alleine im Bus, der ihn zurück nach Watts fuhr und blies Trübsal.
Laura hatte alleine am Strand bleiben wollen zum Nachdenken, was er akzeptieren musste.
Er hatte ihr wehgetan, auch wenn er es nicht gewollt hatte.
Der Schwarzhaarige seufzte deprimiert und fuhr sich durchs Haar ehe er wieder aus dem Fenster sah.
Egal wie lieb man jemanden hatte, irgendwann kam der Zeitpunkt an dem man diese Person verletzen würde, egal wie sehr sie einem am Herzen lag.
Er war in Laura verliebt gewesen, so lange.
Und nun hatte er ihr das Herz gebrochen.
Tobi stieß einen verzweifelten Laut aus.
„Oh siehmal Laura, das Kleid ist aber süß.“
Die Angesprochene drehte ihren Kopf leicht zu dem Schaufenster, vor dem Diana stehen geblieben war.
Die Ältere deutete dort auf ein schönes, schwarzes Kleid ,dessen Rock bis zu den Knöcheln ging und am Rand einen Schlitz bis zum Oberschenkel hatte und viel Haut zeigte, auch die Schultern lagen frei.
„Nicht so mein Fall.“, sagte die Rotblonde mit einem leichten Lächeln und ihre Freundin sah nun wieder zu ihr.
Sie befanden sich auf eine Straße in Down-Town, wo vorübergehend Klamottengeschäfte waren, in denen sich die beiden Mädchen umsehen wollten.
Die Blonde nickte als ihr bewusst wurde, dass sie es sich eh nicht hätten leisten können, aber schauen war ja noch erlaubt.
Diana hakte sich wieder bei der Jüngeren unter und sie gingen dann weiter.
„Laura, wie geht es dir jetzt wegen Tobi?“, fragte die Fünfzehnjährige vorsichtig und die Andere seufzte traurig.
Ihr Liebesgeständnis war bereits zwei Wochen her und der Juli hatte mit einer Hitzewelle begonnen die aber ganz Los Angeles zu genießen schien außer die älteren Leute.
„Ich weiß nicht recht, es ist so seltsam…“, meinte sie nachdenklich, wobei sie gedankenverloren durch die Menschen blickte ohne wirklich etwas zu sehen.
„Er versucht mich wie sonst auch zu behandeln, aber ich merke er hat ein schlechtes Gewissen. Ich weiß auch nicht so richtig wie ich mich ihm gegenüber verhalten soll. Es ist so unsicher zwischen uns, ich mag das nicht“, gab sie zu und die Ältere nickte verstehend und strich ihr mit der freien Hand leicht über die Wange.
„Ich verstehe deine Gefühle Laura, aber ich verstehe auch Tobis. Er hat dich wirklich total gern und ihm tut’s sehr weh, dass er dich verletzt hat und dich abweisen musste.“
„Er hätte es ja nicht tun müssen.“, meinte die Jüngere trotzig und schnaubte.
„Aber dann hätte er dich angelogen, er hätte dir etwas vorspielen müssen nur weil er dir nicht wehtun wollte. Willst du das?“, fragte die Ältere sanft und die Rotblonde biss sich auf die Unterlippe und schüttelte ihren Kopf.
„Siehst du? Auch wenn es jetzt wehtut und auch noch einige Zeit schmerzen wird so ist es doch besser so. Er hat dich nicht belogen, er war ehrlich zu dir und hat dir eine Antwort gegeben, aber das heißt nicht, dass ihr nicht immer noch bei einander sein und euch gern haben könnt.“
Nun blinzelte Laura verdutzt und sah zu Diana die neben ihr lief.
„Wie meinst du das?“, fragte sie und die Ältere tätschelte ihr die Wange.
„Du hast ihn lieb und er dich, er leidet darunter dir wehgetan zu haben und du leidest, du magst die Situation nicht und er auch nicht, er möchte wieder mit dir zusammen sein und du auch.“, erklärte die Fünfzehnjährige woraufhin die Andere nur nickte.
Diana lächelte nun und strich der Anderen durch das schulterlange Haar.
„Redet miteinander nochmals drüber Laura, nur weil ihr einander nicht so liebt wie du es dir gewünscht hast könnt ihr doch trotz allem weiterhin zusammen sein, als gute Freunde. Ihr habt euch gern, also zeigt es euch auch weiterhin.“, sie lächelte warm.
„Eure Freundschaft ist so wertvoll, schmeiß sie nicht weg deswegen Laura.“
Die Rotblonde blinzelte leicht ehe sie einfach nur schniefte und dann nickte.
Diana schlang ihre Arme um die Freundin und drückte sie liebevoll an sich.
Doch als die Jüngere ihre Augen leicht wieder öffnete und über die Schulter der Anderen sah erkannte sie etwas.
An der Seitengasse, hinter dem Laden wovor sie gerade standen konnte sie einen Mann erkennen.
Laura erkannte, dass er offenbar ein Mexikaner war mit schwarzen Locken und scharf geschnittenen Gesichtszügen.
Vielleicht wäre er ihr nicht so seltsam vorgekommen, wenn sie nicht dessen Augen gesehen hatte.
Sie wirkten unnatürlich kalt und leer und sie waren genau auf Diana fixiert.
Die Jüngere hob den Kopf um den Typen besser zu sehen, ehe die Gestalt plötzlich in der Gasse verschwand.
Offenbar hatte er erkannt, dass er bemerkt worden war.
„Was ist?“, fragte die Älter verwirrt als sie das Benehmen der Anderen merkte, doch diese runzelte nur die Stirn.
„Ich hatte das Gefühl da war einer…“, murmelte sie nachdenklich und die Ältere folgte ihren Blick, sah aber nichts.
„Laura, wir sind auf einer Ladenstraße, hier ist dauernd jemand.“
„Hast Recht, gehen wir.“, sagte die Rotblonde, hakte sich wieder bei der Anderen ein und zog sie mit sich.
Als die beiden Mädchen weitergingen, erschien der Mann wieder aus der Gasse und folgte ihnen mit seinem Blick.
Zur gleichen Zeit, etwas weiter entfernt von den Mädchen, wurde eine Seitengasse mit gelben Sicherheitsband abgesperrt.
„Das ist schon das vierte Opfer innerhalb von vier Wochen.“, meinte Enrico ernst zu seinem Partner.
Dieser nickte nachdenklich, wobei er sich unter der Absperrung bückte um auf die andere Seite zu kommen, der Ältere machte es ihm nach.
Sie gingen gemeinsam auf eine Stelle in der Mitte der Absperrung zu, an der bereits der Inspektor und vier weitere Polizisten standen.
Dort hockte auch der Gerichtsmediziner, ein Mann Mitte vierzig mit hellbraunen Haaren und einer Brille auf der Nase.
Zu seinen Füßen lag die Leiche eines etwa vierzehnjährigen Mädchens mit blonden, schulterlangen Locken, die nichts weiter als ein weißes, zu großes Shirt und eine kurze Leggings trug.
„Olivia Coleman, vierzehn Jahre alt, wurde vor einer Woche von ihren Vater als vermisst gemeldet.“, erläuterte eine junge Polizistin mit rotbraunen Haaren, die neben den Inspektor stand.
„Wie lange ist sie schon tot, Doc?“, fragte Enrico, der mit einem mulmigen Gefühl das Mädchen betrachtete.
Der Arzt richtete seine Brille und betrachtete dann ihre Handgelenke, auf denen sich Spuren von Fesseln zeigten.
„Ungefähr seit zwei Stunden, ihr Körper ist an manchen Stellen noch warm.“, erklärte er und untersuchte die Finger und sah, dass der Ringfinger abgeschnitten wurde.
„Wie bei den anderen Mädchen, es ist der selbe.“, meinte der Inspektor und der Blick der Polizisten wurde ernster.
„Halleluja, ein Serienkiller.“, knurrte Enrico und Bradley schnaubte wütend.
„Und dann vergreift der sich noch an Kindern, so was Abartiges, wurde sie ebenfalls stranguliert?“
Daraufhin nickte der Gerichtsmediziner nachdenklich, wobei er behutsam ihren Hals abtastete wo man Würge-Male in Form von einer dünnen Linie erkennen konnte.
„Genau wie die anderen Opfer, ich vermute auch hier, dass es sich um Draht handelt oder einen starken, reißfesten Faden aus Stahl.“
Die Anwesenden nickten verstehend und der Doktor erhob sich.
„Ich schicke euch so schnell es geht den Optuktionsbericht zu, bis dann.“, meinte der Mann ehe er ihnen zuwinkte und sich dann auf den Weg in die Gerichtsmedizin machte um alles vorzubereiten.
„Okay, Joshua und Elizabeth, ihr geht zum Vater und bringt ihnen die Nachricht.“, sagte der Inspektor wobei er sich dann zu der Rothaarigen und ihren Partner wandte.
„Matthew und Ethan, ihr bleibt hier und überwacht den Tatort. Enrico, Bradley ihr befragt die Anwohner, ob jemand was gesehen hat.“, wies der Ältere alle an, die sofort nickten und sich dann ihrer Arbeit zuwandten.
Es dauerte eine Weile bis Enrico und Bradley alle Anwohner in der Nähe befragt hatten, aber auch dort war es wie bei allen anderen Opfern.
„Es hat wie immer keiner was gesehen, das ist doch scheiße.“, murrte der Italiener genervt wobei er das Notizbuch, in dem sie alles notieren sollten, wieder in seine Hemdtasche verstaute.
„Ist doch immer so, die haben meistens zu viel Schiss davor etwas zu sagen oder die schauen nicht umher.“, meinte der Blonde und sein Partner schnaufte grimmig.
„Aber am helllichten Tag wurde hier die Leiche eines Mädchens abgelegt, verdammt noch mal! Hier ist immer was los, hier kommen immer Leute entlang und keiner will was gesehen haben, da ist doch was faul.“
„Schon möglich, außerdem wissen wir auch immer noch nicht wer uns verständigt hat, die Person hat sofort aufgelegt und laut Notrufzentrale hat sich die Frau sehr ängstlich und hektisch angehört.“, murmelte der Jüngere, wobei er in seinen Buch nachschaute, wo die Vernehmung der Notrufzentrale drin stand.
„Wetten die Kleine wurde auch mehrfach vergewaltigt genau wie die anderen Mädchen?“
„Die Wette gewinnst du, außerdem wurden alle Vier mehrfach verprügelt, sicherlich vom Täter, so was Abartiges.“, erwiderte Bradley wobei er mit seinem Partner die Treppe in einem Hausflur hinunterging.
„Vor allen Dingen wurden sie alle hier in der Umgebung, im Umkreis von fünf Kilometern abgelegt, warum nicht weiter weg?“
„Das ist `ne verdammt gute Frage, vielleicht weil er weiß, dass hier keiner reden wird? Oder er verbindet etwas mit diesen Teil von Los Angeles?“
„Möglich.“, der Blonde seufzte und blätterte erneut in seinen Notizbuch, um die Daten die sie zu den Opfern hatten nochmals durchzusehen.
„Also, alle vier Opfer sind zwischen vierzehn und sechzehn Jahre alt, alle haben blonde Haare, familiäre Hintergründe haben alle unterschiedlich. Es sind alles ganz normale Mädchen, Schülerinnen die in keine Nachmittagskurse gehen und lieber nach der Schule mit Freundinnen shoppen gehen, dort wurde dann auch einige Male ein Mann gesehen, der sie offensichtlich beobachtete, aber die Person war zu schnell weg als das man genauere Beschreibungen machen konnte.“, Bradley kratzte sich an der Stirn wobei er sich in den Wagen seines Partners setzte der dann auch losfuhr.
„Der Täter beobachtet die Mädchen einige Tage damit er ihren Tagesablauf kennt, nach Augenzeugen anscheinend so eine Woche ehe er sie sich schnappt. Niemand nimmt die Beobachtungen der Freundinnen und des Mädchens aber ernst, da man sich so etwas in einer vollen Großstadt auch einbilden kann.“, fügte Enrico hinzu.
Der Blonde nickte leicht und blätterte eine Seite weiter.
„Nach aktuellem Ermittlungsstand behält er sie ebenfalls eine Woche lang bei sich, vergewaltigt sie mehrmals und misshandelt sie. In der Woche beobachtet er aber bereits ein anderes Mädchen.“
Enrico legte eine Hand nachdenklich ans Kinn.
„Das Mädchen wird ihm nach einer Weile langweilig, er beseitigt sie, vielleicht weil sie sich mehr und mehr wehrt und nimmt sich dann einfach das nächste Mädchen.“
„Gott, das ist wirklich widerwärtig.“, murmelte Bradley während er das Notizbuch wieder zuklappte.
Sein Partner nickte nachdenklich, bevor ihm aus dem Augenwinkel ein Mann auffiel.
Er war mexikanischer Herkunft und hatte dichte, schwarze Locken, die von einer Sonnenbrille zurückgehalten wurden.
„Sag mal, kommt der dir auch so bekannt vor?“, fragte der Italiener, wobei er auf den Mann deutete, der gerade an den Gebäuden ihnen gegenüber entlanglief.
Der Blonde folgte seinen Blick, runzelte die Stirn und nickte dann.
„Ja klar, den haben wir doch auch immer bei jedem Opfer befragt, da der auch in dieser Umgebung wohnt. Diandro Hernandez soweit ich mich erinnere, ein unsympathischer Eisklotz.“, kommentierte er, wobei er dem Mann einen argwöhnischen Blick zuwarf.
„Ich find den schon die ganze Zeit mehr als verdächtig, er wirkt so ruhig und gefasst, so als ob ihm niemand etwas anhaben kann. Die anderen Anwohner dieses Gebietes sind seitdem die Leichen gefunden worden nervös, was ja normal ist aber der.“, meinte der Italiener und der Jüngere nickte verstehend.
„Wir sollten uns mal über den informieren, ich hab ein komisches Gefühl.“, sagte der Blonde und sein Partner nickte zustimmend.
„Mann, was für ein Sauwetter.“, murrte Diana genervt.
Sie stand unter einen Baum und betrachtete missmutig den Himmel, von dem es nun schon seit geschlagenen dreißig Minuten regnete wie verrückt.
Die Blonde befand sich am Rande eines Parks, der sich in der Nähe von ihrem Zuhause in Watts befand.
Aber bei diesem Sauwetter würde sie sich höchstwahrscheinlich eine fette Erkältung holen und darauf hatte sie mal gar keine Lust.
Also musste sie warten bis es wieder trocken wurde.
Diana strich sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht und sah aus dem Augenwinkel ebenfalls jemanden, der unter einem Baum Schutz gesucht hatte.
Es war ein junger Mann mit schwarzen Locken, der anscheinend nicht rechtzeitig Schutz gesucht hatte und ziemlich durchnässt war, aber er rauchte.
„Armes Schwein…“, meinte sie mitleidig, ehe sie sich einfach hinhockte und ihre Tasche auf ihren Schoss zog um darin rumzukramen.
Sie zog ihr weißes Handy heraus und sah traurig auf dem Display, auf welchem zu sehen war, dass sie keinen Anruf oder eine sms von Bradley bekommen hatte.
Die Fünfzehnjährige seufzte traurig, sie hatten gestern Nachmittag telefoniert und er hatte ihr gesagt, dass er wegen einem Serienmörder leider kaum Zeit haben würde sich mit ihr zu treffen.
Seit ihrem Treffen, auf dem sie sich kennen gelernt hatten, waren mittlerweile drei Wochen vergangen und sie hatten sich mehrmals getroffen und auch sehr oft am Abend telefoniert, stundenlang.
Dass sie ihn jetzt eine Zeit lang kaum sehen würden bedrückte sie.
„Blöder Serienkiller…“, murrte sie grimmig ehe sie mit einem verliebten Seufzer die letzten Kurznachrichten von den blonden Polizisten durchging.
Plötzlich vernahm sie schnelle Schritte und sie hob ihren Kopf.
Leon kam durch den Regen direkt auf sie zugelaufen und hastig schlüpfte er zu ihr unter dem Baum.
„Hey Leon.“, begrüßte sie den Braunhaarigen, der sich erst mal schüttelte und dann durch sein Haar strich.
„Hallo.“, meinte er nur wobei er sein Shirt aus wrang und grimmig bemerkte, dass er komplett klatschnass war.
„Ekelhaftes Wetter, was?“, fragte sie amüsiert, ehe sie ein Handtuch aus ihrer Tasche holte, sie hatte immer eins für solche Fällte dabei, und sich erhob.
Der Jüngere nickte nur und ließ es dann zu, dass das Mädchen ihm begann den Haarschopf ab zu rubbeln und dann versuchte seine Sachen trocken zu tupfen.
„Oh weh, hoffentlich bekommst du keine Erkältung.“, meinte die Blonde besorgt und der Junge zuckte nur mit den Schultern.
„Sind eh in zwei Wochen Ferien, wen juckt‘s?“
„Deine Mutter vielleicht? Und was sollen wir alle denn machen, wenn du vor lauter Fieber nicht mit uns abhängen kannst?“
Das Mädchen schüttelte ihren Kopf und übergab dann Leon das Handtuch, damit er selbst weitermachen konnte.
In diesen Moment ließ der Regen endlich nach und die ersten Sonnenstrahlen kämpften sich durch die Wolken.
„Na endlich, wurde auch Zeit.“, stellte die Blonde erleichtert fest und sie hing sich ihre Tasche um ehe sie zu den Anderen sah.
„Ich geh schon, okay Leon?“
„Was ist mit dem Handtuch?“
„Bring es einfach demnächst zu uns und zieh dich zuhause gleich um.“, ermahnte sie ihn nochmals, ehe sie eilig unter den Baum hervor schlüpfte und dann ging.
Leon winkte ihr nach. Dann bemerkte er aus den Augenwinkeln wie der Typ, der etwas von ihnen entfernt unter einen Baum gestanden hatte, die Zigarette wegwarf und ebenfalls in die gleiche Richtung verschwand wie Diana gerade.
Der Braunhaarige runzelte die Stirn.
Merkwürdig.
Summend lief sie eine Seitengasse entlang, die sie direkt nach Hause bringen würde.
Es war eine dunkle und enge Gasse, überall lag alter Müll, der nie abgeholt worden war oder Reste von Spraydosen von Jugendlichen.
Aber das störte Diana nicht, sie ging hier fast jeden Tag entlang, genau wie die Anderen und hier brauchte man keine Angst haben.
Die Straßengangs ließen ihren Krieg lieber auf den Hauptstraßen oder den beliebteren Seitenstraßen aus.
Was für ein Glück.
Ihre weißen Sandalen mit den Absätzen klackten leicht bei jedem Schritt und diese Geräusche beruhigten immer ihre Nerven wenn sie aufgewühlt war.
Aber diesmal taten sie es nicht, denn sie hatte das Gefühl, sie würde noch von jemanden anderen Schritte hören.
Aber ein Blick hinter ihr zeigte, dass sie alleine war, niemand war zu sehen und das beunruhigte sie.
„Seltsam…“, murmelte sie ehe sie sich schulterzuckend wieder umdrehte und weiterging.
Diana war froh, dass sie sich heute für eine dunkle Dreiviertel-Jeans und ein weißes, hübsches Top, das sich eng an ihrer sehr weiblichen Brust schmiegte, entschieden hatte.
Die Nässe vom Regen wäre ihr bei einem Rock nur noch unangenehmer vorgekommen.
Doch plötzlich waren die Schritte wieder lauter und schneller und ehe sie reagieren konnte, wurde sie schon von hinten gepackt und jemand hielt ihr etwas vors Gesicht.
Ein beißender Geruch stieg ihr in die Nase und ihr stiegen die Tränen in die Augen, da es so brannte.
Sie zappelte wild mit den Beinen, aber die Person hielt sie fest, schien wahnsinnig stark zu sein oder lag es daran dass ihr immer schummriger wurde.
Dann fühlten sich ihre Gliedmaßen wie Blei an und sie sackte leblos zusammen.
„Du bist aber eine Wildkatze mein Sternchen.“, sagte eine Männerstimme kalt und Diana wurde hochgehoben.
Dabei rutschte jedoch ein silbernes Armband von ihrem schmalen Handgelenk und fiel von dem Mann unbemerkt auf den feuchten Boden. Es war ein Geschenk von Bradley gewesen.
Leise vor sich hin lachend trug der Mann, der offensichtlich mexikanischer Herkunft war, das Mädchen tiefer in die dunklen Gassen von Watts hinein.
„Wir beide werden sehr viel Spaß haben mein Sternchen, das verspreche ich dir.“, sagte er sanft und dabei nahm er ihre Hand und hauchte einen Kuss auf ihren Ringfinger.
Oh ja, es würde ihm sehr viel Spaß machen.
Hastige Schritte hallten durch die Gasse und Leon kam aus einer ecke hervor.
„Diana?“, fragte er ruhig und er sah sich genaustes auf dieser stelle um, er hatte gerade eben etwas Komisches gehört.
Seine grauen Augen tasteten alles genaustes ab ehe er das kleine silberne Armband entdeckte das Diana seit sie es bekam nie abgenommen hatte außer zum Duschen.
Er runzelte beunruhigt die Stirn und nahm das Armband an sich ehe er sich nochmals umsah.
Scheiße.
„Seltsam...“, murmelte Bradley verwundert wobei er auf sein schwarzes Handy sah.
„Was ist?“, fragte Enrico der ihm gegenüber an seinen Schreibtisch saß, sie befanden sich in ihrem Büro.
„Diana reagiert nicht auf die SMS die ich ihr vor fünfzehn Minuten geschickt hab, sonst kommt immer sofort ne Antwort.“, meinte er verwirrt wobei er auf die Uhr sah.
Schule müsste doch schon längst aus sein.
„Vielleicht hat sie es Zuhause vergessen oder hat kein Geld mehr drauf.“, versuchte der Ältere aufzumuntern ehe plötzlich sein Handy ein Vibrieren von sich gab.
Der Blonde nickte nur nachdenklich wobei er weiterhin auf sein Handy sah während der andere seines aus der Hemdtasche zog.
„Oh, Hey Tobi, schön das du anrufst.“, meinte er erfreut ehe er seine Stirn runzelte.
„Was? … bist du dir sicher? Okay, das klingt wirklich so. Was, das Armband? Verstehe, wir kommen sofort vorbei, mach dir keine sorgen wir finden sie. Bis gleich, wir treffen uns beim Tatort.“, damit legte Enrico auf und fuhr eilig seinen Computer herunter.
„Was ist passiert?“, fragte Bradley verwirrt und der Ältere nahm sich aber bereits seine Polizeiwaffe und steckte sie sich an.
„Diana ist verschwunden, ein Freund hat gesehen wie ihr jemand gefolgt ist, dann hat er an einer stelle wo sie immer langgeht das Armband von dir gefunden.“, erklärte er und sein Partner gab einen erschrockenen Laut von sich.
„Oh Gott, bitte nicht der Serienmörder.“, flehte er aber er sprang ebenfalls sofort auf und nahm seine Waffe ehe die beiden das Revier verließen.
Kurz darauf kamen die beiden Kriminalpolizisten am vereinbarten Treffpunkt an.
Dort standen bereits Tobi an einer Mauer gelehnt während Leon noch immer auf den Boden kniete und sich umsah.
Laura stand derweil neben den Schwarzhaarigen und sah besorgt aus während sie sich an seinen Arm festklammerte.
Lucas hingegen behielt die Hauptstraße von Watts, wovon man hier direkt reinkam im Auge.
„Hey, da sind wir.“, meinte Enrico zur Begrüßung als er und Bradley bei ihnen erschienen.
Sofort sah Tobi auf und seine Miene erhellte sich ehe er sich von Laura löste und auf den Italiener zuging.
Sofort schlang er seine Arme um dessen Bauch und drückte sich an seinen Seelenpartner, vergrub seinen Kopf an dessen Brust.
Der Ältere blinzelte verdutz, schlang aber sogleich seine Arme um ihn und strich ihn über den Kopf was die anderen verwundert betrachteten.
„Okay, was ist genau passiert?“, fragte der blonde Polizist und sah abwartend die Kinder an.
Leon erhob sich und sah zu dem Mann ehe er zu ihm ging und ihm das Armband in die Hand drückte.
„Ich hab sie vor einer Stunde im Park dahinten getroffen, wir haben unter einen Baum Schutz vor den Regen gesucht. Danach ist sie dann hier endlang gegangen und ein Typ ist nach einer weile gefolgt der bei uns in der nähe stand. Ich bin dann auch nach und hab was gehört und als ich hier war lag das hier auf den Boden und Diana war verschwunden.“, erklärte er bereitwillig und der Ältere nickte verstehend und sah dann auf das silberne Armband das er Diana erst vor einer Wochen geschenkt hatte.
Wo war sie nur?
„Hast du gesehen wie der Mann aussah?“, fragte Enrico dann wobei er mit Tobi wieder näher zu der Gruppe kam.
Auch Lucas sah nun wieder zu ihnen und hob interessiert eine Augenbraue.
Leon nickte leicht.
„Ja, er war mittelgroß, schlank und hatte schwarze locken die von einer Sonnebrille gebändigt wurden.“, meinte er nachdenklich.
Daraufhin zog Bradley ein Foto von Diandro heraus, über den sie den ganzen Morgen recherchiert hatten.
Der Braunhaarige sah es sich genaustes an und dann nickte er überzeugt.
„Das war er.“
Die Polizisten warfen sich daraufhin einen Blick zu und Enrico löste sich von Tobis Armen.
„Laut Akte wohnt er ganz in der nähe des letzten Tatortes, ich hab die Adresse.“, meinte der Blonde ernst und sein Partner nickte.
„Gehen wir.“, damit drehten sie sich um und wollten gehen ehe plötzlich der Halb-Thailänder den Italiener am Hemd festhielt.
„Ich will mit!“, meinte er fordernd wobei er die beiden, insbesondere Enrico ansah.
„Aber das ist zu gefährlich…“, warf der Blonde ein aber der Jüngere schnitt ihm das Wort einfach ab.
„Sie ist meine Schwester! Außerdem kenne ich mich gut genug in Watts aus damit ich euch schnell hinbringen kann.“, meinte er ernst und die beiden Polizisten wegselten einen schnellen Blick ehe sie seufzten und dann nickten.
„Gut, dann komm schnell.“, sagte sein Seelenpartner und dann sah er zu den anderen Teeneger.
„Ihr geht bitte Nachhause, wir finden Diana.“, sagte er streng ehe die drei hastig von Tobi geführt die Seitengasse verließen.
Ein schmerzhaftes keuchen entrang ihrer Kehle.
Blinzelnd öffnete sie ihre Augen und erkannte eine helle Decke über ihr die sicherlich nicht zu ihrem Zimmer gehörte.
Mit einen gequälten laut drehte sie ihren Kopf zur Seite und erkannte ein Zimmer das nur Spärlich Möbliert war.
Diana setzte sich vorsichtig auf und bemerkte das sie auf einen Bett saß deren Bezug ein geblümtes Muster zeigte.
„Igitt, wie kitschig…“, meinte sie leicht angewidert ehe sie sich über ihre Stirn strich und erleichtert feststellte das ihre sicht klarer wurde.
Es war anscheinend eine Art Gästezimmer, in den Raum befand sich außer dem Bett worauf das Mädchen saß nur ein Kleiderschrank und ein kleiner Tisch auf dem ein Tablett mit einen Glas und einer Flasche Wasser stand.
Verwirrt sah sich die Fünfzehnjährige um ehe ihr über dem Bett ein riesiger Bilderrahmen mit Verglasung auffiel.
Diana blinzelte leicht als sie daran erkannte das kleine striche darin waren und sie kniete sich auf dem Bett hin damit sie besser rauf sehen konnte.
Sie schrieh erschrocken auf als sie erkannte das es keine striche sondern abgeschnittene Ringfinger waren die hinter den Verglasten Rahmen fixiert wurden.
„Oh mein Gott….“, flüsterte sie entsetzt und sie spürte wie die Panik in ihr aufstieg.
Wo war sie hier nur gelandet?
„Nanu, was hast du denn mein Sternchen?“, fragte plötzlich eine kalte Männerstimme und die Blonde sah entsetzt zu der Zimmertür die sich geöffnet hatte.
Dort stand ein Mann der nur eine Hose trug und ein geöffnetes Hemd über den freien Oberkörper.
Schwarze Locken umrahmten sein scharf geschnittenes Gesicht und er kam ihr Wage bekannt vor.
War das der Typ aus dem Park vorhin?
„Was wollen sie von mir?“, fragte sie misstrauisch wobei sie von dem Bett runter stieg.
Diandro lachte derweil gutgelaunt ehe er eine Hand nach ihr ausstreckte.
„Mein Sternchen, wir werden viel spaß miteinander haben, es wird eine Freude sein.“, meinte er wobei sein Blick kurz sanfter wurde aber sogleich waren sie wieder kalt.
„Das bezweifle ich aber Mister, das würde sicher keine Freude für sie sein.“, zischte die Blonde feindselig denn ihr war klar was der Kerl wollte.
Niemals!
Sie wusste sie konnte nichts gegen ihren Vater unternehmen und gegen die Freier weil die Strafen so schrecklich waren aber das hieß noch lange nicht das sie sich von dem da Vergewaltigen lassen würde.
Der Mann hörte nun auf zu Lachen und sah sie schweigend an ehe er näher kam zu ihr und sie am Arm packte um sie daran zu hindern wegzulaufen.
„Doch, wir werden spaß haben Sternchen, wie früher.“, sagte er kalt und im nässten Moment holte er aus und verpasste ihr eine heftige Ohrfeige.
Diana gab einen schmerzhaften laut von sich und sie spürte wie ihre Blut aus dem Mundwinkel lief da er wahnsinnig fest zugeschlagen hatte.
„Sehr viel spaß, mein Sternchen.“
„Hier soll es sein?“
Die zwei Polizisten sahen sich auf der Seitenstraße um auf der sie nun standen ehe sie das Mehrfamilienhaus betrachteten vor dem sie standen.
Es war wie alle anderen schon sehr alt und baufällig aber in einigen Fenstern hingen noch Gardinen.
Tobi, der vor ihnen stand nickte überzeugt und deutete auf den Dritten Eingang des Hauses.
„Dort ist es, in dem Aufgang sind nur drei Wohnungen besetzt.“, erklärte er und Enrico strich ihm über den Kopf.
„Danke, wir hätten es nie so schnell gefunden.“, sagte er lächelnd ehe er zu Bradley sah der an den Fenstern hinauf sah.
Sie wussten beide das sie nicht auf Verstärkung warten konnten sonst würde dieser Typ Diana sicher etwas antun.
Enrico löste sich dann von den Jungen und ging mit seinen Partner auf die Tür zu, wobei beide ihre Waffe zogen.
„Bleib hier Tobi, wir machen das.“, wies ihn der Italiener an ehe sie im Haus verschwanden.
„Runter von mir!“, schrie sie wütend.
Diana lag auf dem Bett und zappelte panisch unter den Mexikaner der auf ihrer Hüfte saß und ihre Handgelenke über den Kopf drückte.
„Sei ruhig oder ich kleb dir den Mund zu.“, zischte er wütend und schlug ihr noch einmal mitten im Gesicht.
Sie schlurzte auf aber ihre Augen funkelten wütend und sie begann sich daraufhin noch heftiger zu währen, besonders als sie die Hand des anderen an ihrer Brust fühlte.
Im nässten Moment konnte man hören wie es zerrissen wurde und er konnte ihren weißen BH erkennen.
Diana erstarrte sichtlich unter ihm als sie dies bemerkte und sie begann zu zittern.
Sie fing an zu wimmern und die tränen liefen ihr über die Wange als sie die Lippen des Mannes an ihren Hals spürte.
Doch als er nun sein Gesicht zu ihren neigte um sie richtig zu küssen stieß sie mit einem Mal ihren Kopf ruckartig hoch und verpasste den Mexikaner damit eine heftige Kopfnuss.
Er gab einen gequälten laut von sich und wankte zurück sodass sie sich nun bewegen konnte.
Hastig sprang die Blonde auf und stürmte aus dem Zimmer.
Sie musste hier weg!
Zur gleichen zeit näherten sich hastige Schritte der Wohnung im Vierten Stockwerk.
Die Nachbarin hatte gesagt dass Diandro Hernandez dort oben wohnte und dann schnell wieder die Tür geschlossen.
Die Leute hier wollten nichts mit der Polizei zu tun haben auch wenn immer wieder etwas passierte.
Doch als sie in der Etage ankamen hörten sie gepolter aus der Wohnung und das verzweifelte weinen eines Mädchens ehe man eine Männerstimme wütend fluchen hören konnte.
„Denkst du wirklich du kannst entkommen!?“, knurrte dieser und auch Bradley erkannte das Geweine des Mädchens gut.
Diana.
Die beiden warfen sich einen Blick zu ehe Bradley an die Seite der Tür wich mit gezuckter Waffe und der andere direkt vor der Tür trat.
Mit einen kräftigen tritt brach Enrico die Tür auf und zielte direkt in die Wohnung hinein. „Polizei, Hände hoch!“
Der Mexikaner hob hastig den Kopf und starrte perplex den Mann in der Tür an.
Diana lag weinend unter ihm, das Oberteil zerrissen und die Hose geöffnet aber er hatte seine noch komplett an.
„Scheiße.“, murmelte er entsetzt ehe er aufsprang und weiter hinter in die Wohnung flüchtete.
„Stehen bleiben!“, rief Enrico wütend ehe er ihn hastig hinterher stürmte.
Bradley kam eilig zu dem blonden Mädchen geeilt und kniete sich neben ihr hin.
Behutsam half er ihr dabei sich aufzusetzen ehe er ihr seine Jacke um die Schultern legte.
Diana schniefte leise und wischte sich über die Augen ehe sie zu den Polizisten sah der neben ihr kniete.
„Shhh, nicht weinen, es ist vorbei.“, sagte er sanft und er legte ihr eine Hand auf die gerötete Wange, strich beruhigend darüber.
Die Fünfzehnjährige sah ihn weinend an ehe sie einfach ihre Arme um seinen Nacken schlang und sich fest an ihn drückte.
„Ich bin so froh das du da bist.“, hauchte sie leise.
Schwer atmend stand er an der Wand.
Diandro Starrte schnaubend auf den Italiener der ihm gegenüberstand und die Schusswaffe auf ihn gerichtet hatte.
„Nehmen sie die Hände hoch und legen sie sich auf den Boden!“, verlangte dieser erneut wobei er ihn mit seinen dunklen Augen fixierte.
Doch anstatt dies zu tun drehte sich der Mexikaner nur hastig um, öffnete das Fenster und versuchte rauszuklettern.
Es war ihm egal das er im Vierten Stock war und ihn der Sturz sicherlich umbringen würde.
Alles war besser als Vergewaltiger und Mörder von Kindern ins Gefängnis zu kommen, da ging er lieber drauf.
Doch ehe er springen konnte wurde er an den Schultern gepackt, vom Fenster weggerissen und auf den Boden gedrückt.
„Sie sind festgenommen wegen Endführung, Vergewaltigung, Mordes und versuchter Vergewaltigung. Sie haben das Recht zu schweigen. Alles was sie jetzt sagen kann und wird vor Gericht gegen sie verwendet. Sie haben das Recht auf einen Anwalt, sollte sie keinen bezahlen können wird ihnen einer gestellt.“, erklärte er die Rechte des Täters während er ihm die Handschellen umschnallte und dann wieder auf die Beine zog.
„Ich bin Unschuldig.“, jammerte dieser jedoch nur und Enrico verdrehte die Augen.
Warum kam eigentlich immer dieser Spruch wenn ein Täter auf frischer tat geschnappt wurde?
Langsam wurde es nervig.
In diesen Moment jedoch betrat Bradley das Zimmer und sah den Mexikaner mit wütendem Blick an.
„Ohoh…“, murmelte Enrico dann und beobachtete schweigend wie sein Partner auf den Täter zuging und ihm am Kragen packte.
Er hob ihn dann so hoch und funkelte ihn hasserfüllt an.
„Hör mal du elender Mistkerl, du hast meinem Mädchen wehgetan.“, zischte er und sein Partner ging eilig einige Schritte zu rück.
Der blonde Fixierte ihn mit seinen sonst so sanften Augen und Diandro hatte plötzlich richtig Angst um sein Leben.
Wenn Blicke töten könnten, oh Gott das würde jetzt wehtun.
„Und deshalb wirst du gleich schmerzen haben….“, zischte er gefährlich leise ehe er ihm plötzlich mit der Faust eine in den Magen verpasste sodass der Täter schmerzhaft aufkeuchte.
Danach hörte man nur noch Schmerzensgestöhne während sich Enrico eine Zigarette anzündete und dies belustigt beobachtete.
Er hatte Bradley noch nie so gesehen, aber solche Kindervergewaltiger und Mörder verdienten nichts anderes.
Als der Blonde fertig war lag der Mexikaner wimmernd auf den Boden und der Jüngere ging grimmig wieder an seinen Partner vorbei.
„Es war Notwehr, er hat mich angegriffen.“, meinte er schlicht und der Italiener gluckste belustig ehe er nickte.
„Gebongt, ich kümmere mich drum.“
Als die Polizisten aus dem Haus traten kam ihnen sofort Tobi entgegen gerannt.
„Diana, bist du okay?“, fragte er besorgt als er seine Halbschwester betrachtete die in der Jacke eingewickelt zwischen den Polizisten stand.
„Ja, alles in Ordnung Brüderchen, ich hab nur ein paar blaue Flecke.“, erwiderte sie sanft und sie schlang die Arme um den Jüngeren.
Der Schwarzhaarige nickte erleichtert und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn ehe sie sich wieder voneinander lösten.
„Danke das ihr sie da rausgeholt habt.“, wandte er sich an die beiden Polizisten.
„Dafür brauchst du dich nicht bedanken, das haben wir gerne getan.“, meinte sein Seelenpartner schmunzelnd.
Der Blonde jedoch drückte Diana nur einen Kuss auf die Schläfe und schlang einen Arm um sie.
„Du schläfst Heute bei mir.“, bestimmte Bradley nur wobei die Fünfzehnjährige neben ihm verlegen nickte.
„Enrico, kümmerst du dich hierum? Ich geh dann schon mit Diana.“
„Eh’, ja klar kein Problem. Ihre Aussage können wir auch Morgen machen.“, erwiderte der Ältere blinzelnd.
Der Jüngere nickte dankbar ehe er Tobi zum Abschied zuwinkte und dann Diana einfach auf seine Arme hob.
Das Mädchen ließ es bereitwillig zu, kuschelte sich sogar leicht an seine Schulter und war froh das Bradley sie mitnahm.
Der Dreizehnjährige und der Italiener sahen ihnen blinzelnd nach.
„Wirst du keine Probleme mit deinen Vater bekommen?“, fragte er nachdenklich zu den anderen der daraufhin die Nase krauste und den Kopf schüttelte.
„Näh, glaub ich nicht. Ich erzähl ihm was passiert ist und das Diana wegen Aussagen und Untersuchungen auf den Revier bleiben muss.“
„Klingt gut, normalerweise ist es ja auch so.“, erwiderte der Siebenundzwanzigjährige schmunzelnd.
„Genau, wird schon alles glatt gehen.“, sagte der Jüngere nickend.
Und wenn nicht würde er für Diana Heute Nacht auch das Geld verdienen.
Tobi schlang seine Arme um den größeren und kuschelte sich verschmust an dessen Brust ehe sie gemeinsam auf die anderen Polizisten warteten.
„Du musst mich nicht tragen Bradley, ich kann auch laufen.“, sagte Diana leise.
Er trug sie gerade durch eine etwas breitere Seitengasse um zu dem Parkplatz zu kommen wo sein Wagen stand.
„Ich will aber, ich hatte solche angst…“, flüsterte er und er merkte wie die blonde ihren Kopf an seine Halsbeuge kuschelte.
„Als Tobi anrief und sagte du bist verschwunden hatte ich das Gefühl mein Herz würde stehen bleiben.“, seine Stimme brach ab und er wendete seinen Kopf um sie traurig anzusehen.
„Ich will nicht dass dir etwas passiert, ich will und kann nicht mehr ohne dich sein.“, hauchte er leise.
Diana sagte nichts, sie schlang nur ihre Arme um seinen Nacken und schmiegte sich eng an ihm.
„Ich auch nicht ohne dich.“, flüsterte sie an seinem Hals und Bradley drückte sie unwillkürlich fester an sich um ihre wärme mehr zu spüren.
Er vergrub sein Gesicht in ihr blondes Haar, zog ihren Geruch tief in sich ein.
„Ich hab mich in dich verliebt.“, gestand er leise und das Mädchen schniefte leise als antwort.
Ihr Herz schlug schneller und eine wärme machte sich in ihr breit wie noch nie zu vor.
„I... ich hab mich auch in dich verliebt.“, hauchte sie an seinen Hals ehe sie sich leicht von ihm löste.
Schweigend sahen sie sich in die Augen ehe sich ihre Lippen ganz sanft zu ihren ersten gemeinsamen Kuss trafen.
Die Sonne war so heiß, es schien ihr jedes Mal, als ob sie von Sommer zu Sommer immer mehr Hitze ausstrahlte.
Obwohl sie mit den Füßen durch kniehohes Wasser ging, schien ihr keine Abkühlung erlaubt zu sein.
Es war doch immer so.
Sie befand sich in einem kleinen namenlosen Dorf im Isaan, einen Gebiet das ganz nördlich am Rande von Thailand lag.
Überall standen kleine Holzhütten auf Holzpfählen und der Boden war staubtrocken, hier etwas anbauen zu können war jedes Mal Knochenarbeit.
Alle mussten arbeiten und helfen, sie als Tochter einer besonders armen Familie sowieso.
Sira seufzte lautlos und hob ihren Kopf ganz leicht, um sich kurz vorsichtig umzusehen.
Sie war gerade mal elf Jahre alt, sehr klein und schlank und ihr Körper hatte noch nicht begonnen sich zu einer Frau zu entwickeln.
Ihr langes schwarzes Haar hatte sie mit einem schmutzigen Band zusammengebunden, nur einige lose Haarsträhnen schmiegten sich an ihre Wange.
Ihr gegenüber, ebenfalls im Wasser stand ihr großer Bruder Sonfan, der ebenfalls nach Wasserpflanzen suchte.
Sie betrachtete ihn einen Moment mit einem liebevollen Blick, den er zu bemerken schien den er sah ebenfalls auf und zwinkerte ihr mit seinen dunklen, fast schwarzen Augen zu, weshalb sie leicht kichern musste.
Sie liebte ihren großen Bruder.
Doch plötzlich bekam sie einen Schlag auf den Rücken mit einem harten Stock und ein schmerzhaftes Keuchen entrang ihrer Kehle.
Hinter der Elfjährigen stand ihre Mutter Panya, eine kleine Frau, die ihr schwarzes, langes Haar streng nach hinten gebunden hatte.
Auch ihr Gesicht strahlte eine unnatürliche Kälte aus, seit ihr Vater vor drei Wochen gestorben war, war es noch schlimmer geworden.
Sira seufzte lautlos und widmete sich wieder gehorsam dem Bach.
„Teufel! Du bist verflucht!“
Immer wieder diese Worte, wenn ihre Mutter sie mit dem Holzstock schlug weil ihr etwas heruntergefallen war.
Aber es geschah auch öfter mal so, ohne dass Sira, die von Geburt an leider immer etwas tollpatschig war, etwas fallen lassen musste.
Der Grund waren ihre Augen.
Thailänder hatten alle eigentlich tiefschwarze bis dunkelbraune Augen, aber nicht Sira.
Sira hatte seit ihrer Geburt dunkelblaue Augen, die so unergründlich wie der tiefe Ozean schienen.
Ihre gesamte Familie, soweit sich das Mädchen erinnern konnte und auch laut Aussagen ihrer Eltern, dunkle Augen.
Nur sie nicht.
Normalerweise würde man dann vermuten, dass sie nicht das Kind ihres Vaters war, das ihre Mutter von einem anderen Mann ein Kind empfangen hatte.
Von einem Farang, wie Touristen bezeichnet werden, würde man vermuten.
Aber nicht in einem kleinen Isaandorf wo jeder jeden kannte, nein über so etwas wurde nicht mal nachgedacht oder heimlich getuschelt.
Stattdessen wurde Sira die Schuld gegeben, sie sei eine Ausgeburt der Hölle, sie sei verflucht und würde nur Unheil über alle bringen.
Und dass sie nur Unheil brachte bewies das Leben ihr immer wieder von neuen.
Sie war schon immer sehr tollpatschig, sie ließ Gegenstände fallen, die dann zerbrachen und nicht mehr zu gebrauchen waren.
Oder Ihr großer Bruder verletzte sich beim Spielen mit ihr, es brauchte nur eine kleine Schürfwunde sein.
Oder ihre Mutter war häufig krank, als sie ihre Tochter erwartet hatte.
Und nun war auch noch ihr Vater gestorben, obwohl dies nicht ihre Schuld gewesen war.
Aber ihr wurde die Schuld gegeben, so oft, mit Schlägen, mit verachtenden Blicken der Dorfbewohner oder mit Wörtern.
Sie hielt es nicht mehr aus.
Es war in einer Nacht mitten in der Regenzeit gewesen.
Draußen hatte es seit Tagen gestürmt, fast die gesamte Ernte war zerstört worden und somit auch die Nahrung für das Dorf im nächsten halben Jahr erheblich reduziert worden.
Klimawandel würden die Leute in den Städten sagen, aber nicht hier in einem kleinen Dorf im Isaan.
Hier war die kleine Sira Schuld daran.
„Teufel! Du bringst uns alle nur Unglück!“, schrie ihre Mutter wütend und verzweifelt zugleich, als sie mit den Holzstock auf den Rücken des kleinen Mädchens schlug.
„Wegen dir muss jetzt das ganze Dorf hungern! Durch dich sind wir verflucht!“, schrie sie weiter und bei jeden weiteren Wort, bei jeden weiteren Schlag schien es als würde ihr Herz weiter zerbrechen.
Sie wollte das nicht!
Sie wollte nicht, dass ihr etwas herunter viel und kaputt ging, sie wollte nicht das ihre Mutter häufig krank war, nicht dass ihr geliebter Bruder sich so oft wehtat beim Spielen mit ihr, nicht das ihr Vater starb und sie hatte auch nicht gewollt, dass die Regenfälle dieses Jahr so stark waren dass nun alle verhungern mussten.
Sie wollte das doch nicht, warum geschah dies? War sie wirklich verflucht?
Doch irgendwann, nachdem ihre Mutter sich beruhigt hatte und auf den Holzboden saß um sich ihre wunden Hände anzusehen war sie aufgestanden, wie von selbst.
„Verzeih Mutter, dass ich euch nur Unglück bringe…“, flüsterte sie leise, ehe sie sich ruckartig umdrehte und hinein in den Regen rannte.
Sie wollte nicht dass es ihrer Familie schlecht ging, nicht dass es dem Dorf schlecht ging.
Sie wollte dass es allen gut ging, dass sie genug essen, genug Geld und Glück für ihr Leben hatten.
Das Nass auf ihren Wangen hielt Sira für Regentropfen, aber dabei waren es ihre eigenen Tränen.
Sie wusste nicht wie lange sie gelaufen war, wie weit sie gelaufen war aber irgendwann befand sie sich in Bangkok, der Hauptstadt Thailands.
Es war eine unfassbar große Stadt, überall standen hohe Häuser aus Stein, in denen mehrere Familien wohnten und die so hell und geschützt waren.
Alles erstrahlte im hellen Licht, selbst in der Nacht war alles bis auf den dunklen Himmel hell.
Sira kam nicht mehr aus dem Staunen heraus.
Das war so wahnsinnig schön, unglaublich.
Aber sie hatte kein Geld, nicht einen Baht besaß sie und ihre Klamotten, die aus einer weiten Hose und einen dünnen, gelben Hemd bestanden, waren total durchnässt.
Die kleine Thailänderin seufzte traurig und ging durch die Straßen der riesigen, hellen Stadt wobei sie darüber nachdachte was sie nun tun sollte.
Dabei fielen ihr die vielen Mädchen auf, die überall standen und herumliefen.
Es waren auch Mädchen in ihrem Alter, manche etwas älter aber im Gegensatz zu ihr trugen sie hübsche, kurze Sachen, waren zurechtgemacht und hatten Männer an ihre Seite.
Verwundert betrachtete sie ihre ‚Isaanschwestern’ und fragte sich was sie dort wohl taten, damit sie so teure Sachen anziehen konnten.
Sie erfuhr erst etwas später, von einem dieser Mädchen, dass es sich genauso wie sie um Mädchen handelte die Schande bei ihrer Familie gemacht hatten und nun als Endschädigung Geld verdienen mussten, um diese Schande wieder gut zu machen.
Sie gingen mit Farangas aus, verbrachten eine Nacht mit ihnen und verdienten somit sehr viel Geld um ihre Familien zu unterstützen.
Vielleicht war dies eine Möglichkeit wieder Frieden mit ihrer Mutter und dem Dorf zu erleben?
Und somit begann das Unheil.
Bei jeden ihrer Schritte klackten ihre kleinen Absätze auf den steinernen Boden und hinterließen ein für sie, schönen Klang.
Sie ging über die Straßen Bangkoks, sah sich dabei aufmerksam um auf der Suche nach Kunden.
Seitdem sie hergekommen war, waren nun fünf Jahre vergangen, in denen sie ebenfalls angefangen hatte sich mit Männern zu treffen.
Sira war etwas größer geworden, aber nicht viel, ihr Körper hatte weiblichere Rundungen bekommen, aber nicht sehr viel, sie war trotzdem noch schlank und hatte zierliche Gliedmaßen.
Aber gerade das gefiel ihren Kunden an dem schönen Mädchen.
Genauso wie den Kunden ihre blauen Augen gefielen, genauso wie ihren Isaanschwestern, die hier wie sie arbeiteten.
Es war so wundervoll nicht als Teufel und verfluchtes Wesen bezeichnet zu werden.
In den fünf Jahren hatte sie ihrer Familie nun jeden dritten Tag Geld geschickt, viel Geld wovon man in den Dörfern hervorragend leben konnte.
Aber ihrer Mutter reichte dies nicht, sie wollte mehr Geld, viel mehr Geld und es war ihr egal wie Sira dies beschaffte.
Die Sechzehnjährige seufzte leise und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Plötzlich spürte sie wie der Riemen an ihren Schuhen riss, der Boden schien nicht mehr vorhanden zu sein und im nächsten Moment stolperte sie.
Ihr war als schien es plötzlich eiskalt zu werden, doch dann fasste plötzlich eine warme, starke Hand nach ihren Oberarm und hielt sie fest sodass sie nicht stürzte.
„Hoppla, Vorsicht junge Dame.“, meinte eine tiefe Männerstimme auf Englisch, das leicht erschrocken klang.
Sira blinzelte verdutzt, da sie jemand aufgefangen hatte aber auch weil die plötzliche Kälte wieder verschwunden war, seltsam.
„Vielen Dank.“, sagte sie mit unsicheren Lächeln wobei sie zu der Person sah, die sie geschützt hatte.
Dort stand ein großer Mann in einem eleganten Anzug, der mit einem Lächeln auf sie blickte.
Er sah anders aus als die Männer, die sie sonst traf, er war jünger aber gleichzeitig viel attraktiver als alle Anderen.
Aber was sie wirklich faszinierend fand, waren seine Haare und Augen, so etwas hatte sie noch nie gesehen.
Er hatte schneeweiße Haare, die leicht im Wind wehten und seine Augen schimmerten in einem wundervollen Eisblau, das so anziehend auf das Mädchen wirkte.
„Keine Ursache, hast du dich verletzt?“, fragte er besorgt, wobei er auf ihren schmalen Knöchel sah wo sich von dem gerissenen Riemen eine rote Schramme zeigte.
So lernte sie Jayden kennen.
Seine Hände waren so sanft auf ihrer bronzefarbenen Haut und seine Küsse so süß und liebevoll.
Noch ehe er drei Wochen später zurück nach Amerika flog, war sie bereits in ihn verliebt, unwiderruflich und hingebungsvoll.
Er schickte ihr jede Woche Geld, damit sie nicht mehr so viel arbeiten musste und sie hielten regen E-Mailkontakt.
Dann blieb ihre Periode aus.
Beim ersten Mal dachte sie sich noch nichts dabei, sie war sehr schlank und wenn sie nicht viel aß blieb sie auch mal aus oder verzögerte sich um ein, zwei Tage.
Doch als sie auch im zweiten Monat ausfiel ging sie widerstrebend zum Arzt. der ihr ihre Vermutung, die sie seitdem sie sich die letzten Tage öfter übergeben hatte, bestätigte.
Sie war schwanger.
Sira wusste nicht was sie davon halten sollte, sie war gerade mal sechzehn, sie war mitten in der Schule, lebte von ihrer Familie getrennt und ging einen widerlichen Beruf nach.
Und nun bekam sie ein Kind? Wie sollte das gehen, hier in Thailand?
Sie wusste, dass Jayden der Vater war, mit ihm hatte sie als Einzigen ohne Kondom geschlafen.
Warum?
Weil sie in ihn verliebt war.
Als sie nach dem Arzttermin wieder auf den Weg nachhause. ging überlegte sie, wie sie es ihm sagen sollte.
Per E-Mail? Nein das war unpersönlich.
Per Telefon? Nein da würde sie sicher nur rumstottern.
Sie seufzte und ging die Straße zu ihrem Appartement entlang, als plötzlich ein Auto neben ihr hielt und die Fensterscheibe heruntergelassen wurde.
„Sira!“, rief jemand erfreut daraus und die Thailänderin sah verwirrt dahin und bemerkte total erstaunt, dass es sich dabei um eben jenen Mann handelte, an den sie gerade gedacht hatte.
„Jayden? Was machst du denn hier?“, fragte sie erstaunt und kam seiner Aufforderung sich zu ihm ins Auto zu setzen sofort nach.
„Du hast mir gefehlt und ich wollte dich überraschen.“, erzählte er bereitwillig wobei er kurz ihre Hand in seine nahm, um sie sanft zu drücken.
Sie strahlte ihn glücklich an und erwiderte seinen Händedruck verliebt.
Der weißhaarige Mann, der damals einunddreißig war, lächelte sie liebevoll an, ehe er mit ihr in sein Hotelzimmer fuhr.
„Jayden? Ich muss dir was sagen.“, sagte sie leise als die Beiden später eng aneinander geschmiegt in den großen Doppelbett lagen.
Der Ältere sagte nichts, er öffnete nur seine Augen und sah auf die Kleinere herab, die an seiner Brust gekuschelt lag.
„Ich… ich bin schwanger, im zweiten Monat...“, hauchte sie fast lautlos und sie spürte ein mulmiges Gefühl.
Doch zu ihren Erstaunen nahm er sie nur fester in seine Arme und drückte ihr einen Kuss auf den Kopf.
„Das freut mich sehr.“, murmelte er leise in ihren schwarzen Haaren und er strich ihr über den bloßen Rücken.
„Ich auch gekommen um dich etwas zu fragen.“
„Was denn?“
Der Weißhaarige drehte sich auf den Rücken, ließ sie dabei los und starrte an die Decke.
Sira rutschte höher, so dass sie in sein Gesicht sehen konnte, ihre Finger glitten sanft über dessen Brust.
„Ich würde dich gerne hier wegholen und mit nach Amerika nehmen.“, sagte er ruhig und er sah sie dann fragend an.
Sie brauchte nicht lange zu überlegen und ging mit ihm.
Zwei Tage später stiegen sie in der Großstadt Los Angeles aus dem Flugzeug.
Die Stadt war unglaublich, sie war viel größer als Bangkok und weit aus schöner.
Von der einen Seite wurde die Stadt vom Meer umringt und die andere Seite war umgeben von Bergen, es war wundervoll.
Auch das Klima war total anders hier, in Thailand war es immer total heiß, selbst in der Regenzeit war es noch warm.
Aber hier in Amerika war es im Gegensatz zu dort eher kühl und feucht, aber sie brauchte nicht lange um sich hier dran zu gewöhnen.
Jayden half ihr.
Er führte sie nach Watts in einem Gebiet, das damals noch nicht so baufällig und zerstört aussah und das nah an dem Stadtzentrum lag.
Er war sorgsam und liebevoll, sie zog zu ihm in seine Wohnung, es war eine kleine aber schöne Wohnung in der vierten Etage.
Nach einigen Tagen stellte sich heraus, dass Jayden sehr viele Mädchen betreute, sie waren alle wie sie, von der Familie verstoßen oder ohne Angehörige, die meisten misshandelt.
Sie waren alle sehr nette und junge Mädchen, Jayden behandelte sie alle mit der gleichen Sanftheit und in liebevoller Art und Weise.
Es war sehr seltsam und ungewohnt für sie, doch die anderen Mädchen halfen hier sehr dabei, auch mit der Lebensweise hier.
Jayden schickte alle zur Schule und half ihnen eine Ausbildung und später einen Job zu finden, niemand musste mit Männern mitgehen.
Sie lernte Lenya kennen, die ihr gegenüber wohnte, eine hübsche, große Finnin mit blonden langen Haar und schönen grünen Augen.
Sie hatte ebenfalls von dem Weißhaarigen ein Kind empfangen, Diana ein entzückendes einjähriges Mädchen mit blonden Locken.
Die Beiden wurden auf Anhieb Freunde und sie half Sira sehr bei der Schwangerschaft, die sehr schwer war.
Sie lernte noch so viele andere Frauen kennen, Victoria, eine kleine Russin, die einen bereits dreijährigen Sohn namens Lucas hatte und Nina die ebenfalls schwanger war, allerdings mit Zwillingen.
Es war eine Zeit voller Veränderungen und neuer Freundschaften.
Die Thailänderin wurde auf eine Schule geschickt, wo sie neben der Schwangerschaft unterrichtet wurde und sehr viel Spaß an der Sache hatte.
Es war wundervoll, sich nicht verkaufen und arbeiten müssen.
Es war eine noch recht kalte Nacht Anfang März, als Sira das erste Mal die Stimme ihres Babys hörte.
Sie lag im Kreiskrankenhaus in Watts, es war eine kleine Klinik aber die Ärzte waren dort genauso gut wie wo anders auch.
Die Halterung für ihre Beine war so kalt und ihr Becken war zu schmal, als das das Baby auf normalem Wege geborgen werden könnte.
Die Ärzte entschieden sich für einen Kaiserschnitt, dem die Thailänderin sofort zugestimmt hatte.
Sie wusste nicht wie lange es dauerte, ihr Zeitgefühl war nach vier Stunden schmerzhafter Wehen schon zu verschwommen.
Plötzlich jedoch ertönte Babygeschrei und ihr Herz schlug schneller vor Freude und Aufregung.
Sie sah wie ihr Baby weggetragen wurde, gewogen und gemessen wurde wobei sie hörte, dass Jayden neben ihr, der ihre Hand gehalten hatte sagte dass es ein gesunder Junge war.
Kurz darauf legte die Hebamme ihr das kleine Bündel an die Brust und die damals noch Sechzehnjährige schlang ihre Arme behutsam darum.
Mit einem warmen Glücksgefühl sah sie in das Gesicht ihres Kindes, das mehr als unwillig verzogen war.
Schwarze Haare waren flaumartig an seinem Kopf und trotz der noch geröteten Haut sah sie bereits jetzt die bronzefarbene Haut, die er von ihr hatte.
„Tobias…“, flüsterte sie den Tränen nah und sie strich ihrem Sohn sanft über den Kopf, wodurch dieser leicht die Augen öffnete.
Sie erkannte genau solche dunkelblauen Augen wie ihre eigenen, mit der gleichen Tiefe.
Wunderschön.
Sie liebte ihren Sohn von Anfang an von ganzen Herzen.
Sie schickte eine Geburtsnachricht zu ihrer Familie nach Thailand, erwartete jedoch keine Antwort.
Hier in Los Angeles war ihre Familie, das zeigte ihr ein Blick aufs Sofa in ihrer Wohnung.
Dort saß Jayden und hielt ihren gemeinsamen Sohn im Arm, schmusste leicht mit ihm und strahlte dabei glücklich.
Die kleine, inzwischen zweijährige Diana saß auf dessen Knie und betrachtete interessiert das Baby, strich ihm etwas unbeholfen über die Wange, aber sie lächelte.
Sie hatte nun ein Brüderchen wie ihre Mama gesagt hatte.
Lenya und Victoria saßen neben dem Weißhaarigen und gaben ihm eifrige Tipps, wie er das Kind besser halten konnte und er versuchte sie umzusetzen, was allerdings nicht so recht klappte.
Der vierjährige Lucas hingegen saß bei Nina, die nun kugelrund war auf den Knien und strich über den Bauch.
Die Schwangerschaft entkräftete das Mädchen sehr, aber es war nicht mehr lange.
Dies war ihre Familie, diese und keine andere.
Es war Mitte Dezember als sie den Anruf erhielt.
Sira stand im Wohnzimmer an ihren Festnetztelefon, das auf der Schrankwand stand und sah mit traurigem Blick auf den Boden.
„Danke dass du mich verständigt hast Bruder, hat man sie gefunden?“, fragte sie leise ins Telefon, aber bei den Worten des Älteren wurde ihr Blick trauriger.
„Verstehe… du wirst das Dorf verlassen? Ja, tue das Sonfan, es ist wirklich besser so.“, meinte sie zustimmend ehe sie lächelte und auf den Teppich sah.
Dort saß ihr inzwischen vierjähriger Sohn und blätterte interessiert in einem Bilderbuch, wobei er immer wieder einen freudigen Laut von sich gab wenn ihm ein Bild besonders gefiel.
Tobi war ein sehr einfacher, kleiner Junge.
„Ja, Tobi geht es gut.“, sagte sie mit warmen Blick und der Schwarzhaarige hob seinen Kopf als er seinen Namen hörte.
Fragend legte er den Kopf schief, aber seine Mutter schüttelte nur ihren Kopf und warf ihm eine Kusshand zu, er erwiderte dies strahlend.
Sie hörte das Lachen ihres Sohnes.
Sira wandte ihren Blick von der Leinwand ab, auf der sie gerade mit Ölfarben eine Wüstenlandschaft zeichnete.
Sie saß in ihrem Wohnzimmer, direkt an den großen Fenstern und blickte lächelnd auf die Mitte des Zimmers.
Dort lag Tobi, vor kurzen bereits zehn Jahre alt geworden und Jayden über ihn gebeugt.
Der Vater kitzelte den kleinen Jungen gerade lachend ab, wobei er immer wieder das Gesicht des Kindes betrachtete.
Dieser lachte und quietschte vor Freude während er unter dem Älteren zappelte und versuchte vor dessen Hände zu fliehen.
Die Thailänderin betrachtete die Beiden lächelnd, ihr Leben war momentan so wunderschön.
Sie hatte die High School mit guten Noten abgeschlossen und danach eine Ausbildung zur Floristin abgelegt.
Nun arbeitete die Siebenundzwanzigjährige in einem Blumenladen in der Nähe woran sie viel Spaß hatte.
Ihr Sohn ging bereits zur Schule und zeigte jeden Tag, dass er sehr lernbegierig und fleißig war, ansonsten vertrug er sich einfach nur perfekt mit seiner Halbschwester und den anderen Kindern der Frauen, die Jayden ebenfalls nach Amerika geholt hatte.
Ihr Verhältnis zu Jayden hatte sich verändert, sie war nicht mehr in ihn verliebt, aber sie liebte ihn sehr, schon alleine deswegen weil er sie hergeholt und ihr das Kind geschenkt hatte.
Sie dachte an ihren Bruder, seit er ihr vor sechs Jahren am Telefon gesagt hatte, dass ihre Mutter offensichtlich im Meer bei Pattaya ertrunken sei, hielten sie regen Kontakt miteinander.
Er hatte das Dorf verlassen und hatte sich in Pattaya niedergelassen wo er nun, nachdem er eine Ausbildung zum Koch gemacht hatte ein kleines Restaurant betrieb.
Weinachten kam er immer zu ihnen nach Amerika, er hatte sich sofort in seinen Neffen verliebt und die Beiden waren ein Herz und eine Seele.
Sira seufzte glücklich und widmete sich wieder ihren Bild, das fast fertig war, nur noch einige kleine Feinheiten mussten hinzugefügt werden.
Eine Eiseskälte zog plötzlich durch den Raum und das Lachen des Mannes hörte auf.
Die Thailänderin hob ruckartig den Kopf und sah verwundert zu den Beiden auf den Teppich, die noch immer übereinander lagen.
Es war kalt im Raum und Jayden starrte mit regungsloser Miene auf das Gesicht seines Sohnes der ebenfalls ruhig geworden war und den Älteren verwirrt ansah.
Sira runzelte beunruhigt die Stirn bei dem Verhalten, eine negative Anwesenheit ging von dem Weißhaarigen aus und plötzlich sah sie wie etwas in den eisblauen Augen des Vaters aufleuchtete.
Ein blutroter Schimmer und im nächsten Moment geschah es.
Jayden holte plötzlich aus und verpasste dem Zehnjährigen unter sich eine heftige Ohrfeige, deren Klatschen die Stille durchbrach.
Tobi starrte perplex seinen Vater an, den er so liebte ehe er begann zu zittern und zu wimmern.
Er kannte es nicht geschlagen zu werden und sollte es auch nie kennen lernen.
Dann stand der Weißhaarige plötzlich vom Boden auf, drehte sich mit regungsloser Miene zu ihr um und ging auf sie zu.
Sira starrte ihn geschockt an, sie konnte nicht fassen, dass er gerade ihr Kind geschlagen hatte, ehe er auch sie einen heftigen Schlag ins Gesicht abbekam.
Ihr Kopf flog dabei zur Seite und zitternd legte sie ihre Hand auf die gerötete Wange, ehe sie wieder zu Jayden sah.
Dieser starrte sie noch immer regungslos an, nur der blutrote Schimmer in den sonst so eisblauen Augen schien zu leben.
„Was...?“, fragte sie nur, ehe der Mann ihr gegenüber nochmals ausholte und diesmal fester zuschlug, allerdings direkt in ihren Bauch.
Sie fiel mit einem schmerzhaften Keuchen vom Stuhl und landete auf den Boden, wo sie ihren Bauch festhielt und zitterte.
Sie hörte wie ihr Sohn anfing entsetzt zu schreien und nach ihr zu rufen, als Jayden begann auf sie einzuschlagen.
Von da an fing alles an außer Kontrolle zu geraten und die Hölle brach aus.
Jayden holte alle Mädchen, die noch in Los Angeles lebten, zurück nach Watts und brachte sie in billigen Wohnungen unter.
Er fing erst an zu schlagen, ehe er jede einzelne vergewaltigte, mehrere Male und auf brutalste Art und Weise.
Dann holte er sie ab, jede einzelne Frau, der er einmal geholfen und welche er wieder zurückgeholt hatte.
Jayden wurde zum Zuhälter und verkaufte die Frauen an andere Männer, wer sich weigerte wurde bestraft, grausam bestraft.
Die Frauen wehrten sich nicht, hatten zu viel Angst, dass er ihren Kindern etwas antun würde und hielten deswegen den Mund.
Er begann mit anderen Männern zu verhandeln, mal wurden Frauen ausgetauscht wie Vieh, andere Male wurden Sexpartys veranstaltet, zu denen jeder Mann einige Frauen mitbrachte.
Dann begann er die Kinder zu holen.
Er tat es nicht ab einem bestimmten Alter; er fuhr mit seinem Lieferwagen zu den Wohnungen, zerrte die Kinder heraus und warf sie in den Laderaum.
Und auf den Strich warf er sie dann zu einigen Männern in die Autos oder ins Hotelzimmer, auch sie sollten arbeiten und Geld verdienen.
Auch ihr Sohn, auch ihr kleiner Tobi war da keine Ausnahme
Er wurde zu einem alten Mann ins Auto geworfen, er war noch zehn gewesen und so klein, jedenfalls in ihren Augen.
Sie wollte hinterher rennen und ihn retten, aber Jayden hatte sie gepackt und festgehalten, so dass sie hilflos zusehen musste.
Sie sah Tobis Hände an dem Fensterglas, wie sie zitterten und schwitzten und sie hörte die leisen, gedämmten Schreie.
Von da an wusste Sira, es war die Hölle und es gab keinen Ausweg.
Schmerz, Schmutz, Erniedrigung und Misshandlung.
Ihr Leben bestand seit diesem ersten Übergriff nur noch daraus.
Egal was sie tat, egal was sie sagte, es hörte nicht auf.
Weder für sie, noch für ihr Kind noch für die Anderen, es ging immer weiter, immer brutaler und erniedrigender.
Sie alle waren gebrandmarkt.
Was sollte sie nur tun?
Die Lage war hoffnungslos, mit wem sollte sie drüber reden? Wen um Rat und Hilfe bitten?
Es würde doch schon reichen, jemanden zu haben, der einem eine helfende Hand reicht und wo man weiß man kann immer hin nach diesen Taten.
Doch dann traf sie auf William und ein kleiner Lichtblick erschien am schwarzen, dunklen Himmel.
Ihr Blick ruhte schweigend auf der Sonne, die sich immer mehr senkte und die Welt in ein sanftes, rotes Licht tauchte.
Sira liebte dieses Bild, das rote Licht hatte schon immer etwas Beruhigendes gehabt, auch wenn sie wusste, dass es bald wieder losgehen würde. Sie seufzte lautlos und senkte den Blick, ehe sie leise Schritte vernahm, aber sie sah nicht auf, sie wusste wer es war.
Behutsam strich eine große Männerhand ihr einige Haarsträhnen hinters Ohr bevor die Finger sanft über ihre Wange glitten.
„William…“, hauchte sie leise und sie wusste, dass er nun sanft lächelte.
„Trink etwas Sira.“, bat er ruhig während er ihr eine Tasse mit heißen Tee in die Hand drückte.
Sie hob ihren Blick und sah ihn nun an, schenkte ihm ein liebevolles Lächeln.
William war ein großer Mann, der genauso alt war wie sie, schwarzes, zerzaustes Haar und wunderschöne bernsteinfarbene Augen machten sein Äußeres aus.
Sie kicherte leicht und legte ihre Hand an seine Brille, schob sie sacht zu Recht, da sie verrutscht war.
Der Mann, der in der Arztpraxis mit seinen Vater zusammenarbeitete, schmunzelte leicht und legte seine Finger auf die ihren, hielt sie fest.
Die Thailänderin ließ es einen Moment zu, sah ihm in die Augen, die ihren Blick gefangen hielten, ehe sie ihre Hand eiligst wieder weg zog. Es ging nicht, er würde ihn töten.
William seufzte leise, nahm erneut ihre Hand in seine und drückte sie sanft, was die Frau nach kurzem Zögern zuließ.
Sie liebten einander, doch Sira musste ihn wegschieben.
„Was macht Tobi?“, fragte sie nach einer Weile, um das Schweigen zu brechen.
Der Arzt schmunzelte wieder leicht und fuhr mit seinem Daumen über ihren Handrücken.
„Er hat sich zu meinen Bücherregalen verzogen und durchstöbert sie nun fleißig.“, entgegnete er amüsiert und die Frau musste leise lachen.
„Typisch, diese kleine Leseratte.“ „So klein ist der doch gar nicht mehr Sira, er ist bereits so groß wie du.“
Daraufhin folgte ein Seufzer der Langhaarigen und der Mann strich ihr erneut eine Haarsträhne hinters Ohr, damit er das schöne Gesicht betrachten konnte.
„Trotzdem ist er noch ein Kind, er ist gerade mal dreizehn.“
„Kann man nach dem, was passiert überhaupt noch ein Kind sein?“
Sira biss sich auf die Unterlippe und senkte noch mehr den Blick.
Sie hatte William kaum etwas gesagt, nur Andeutungen gemacht, dass es mit dem Vater ihres Sohnes Probleme gab. Aber sein Vater war ihr Hausarzt und er hatte auch ihren Sohn eine zeitlang behandelt, ehe Tobi dann zu dessen Sohn, William überwiesen wurde.
Dieser war zwar ebenfalls Allgemeinmediziner, hatte sich aber auch auf Kindermedizin spezialisiert und war somit besser für den Jungen geeignet.
So hatten sie Beide einander kennen gelernt und durch die Untersuchungen wusste er, dass etwas mit Misshandlungen passierte bei ihnen. Doch sie schwieg, genauso wie ihr Sohn, zu groß waren die Schande und der Schmerz.
Die Dämmerung verschwand nun fast gänzlich und der Himmel wurde immer dunkler, Zeit zu gehen.
„Wir müssen nachhause.“, sagte die Thailänderin und sie erhob sich fast lautlos von dem Sessel, in dem sie seit einigen Stunden gesessen hatte.
Die Zeit bei William war immer so erholsam, selbst einige Minuten reichten und sie fühlte sich wie neu.
Der Arzt nickte verstehend, obwohl es ihm nicht gefiel, wenn Sira und ihr Sohn gingen, er liebte Beide sehr.
Aber er wusste, er konnte sie nicht aufhalten, solange er nicht alles wusste konnte er nichts tun.
Auch er erhob sich und ging mit ihr aus dem Wohnzimmer, wo sie gerade gesessen hatten, um Tobi zu suchen.
Sie fanden ihn auch sofort, denn er saß noch immer im Arbeitszimmer des Mannes, vor vier Bücherregalen. Er hatte sich einige Bücher herausgezogen und war eifrig am Stöbern, er war wirklich eine Leseratte.
Sira beobachtete ihn einen Moment lächelnd dabei, ehe sie ihm eine Hand auf den Kopf legte.
„Wir müssen nachhause, Schatz.“, erinnerte sie ihn sanft und ihr Junge sah auf, dann schaute er traurig auf die Bücher.
Danach ordnete er sie wieder sorgfältig in die Regale ein, ehe er sich erhob und zu den beiden Erwachsenen sah.
William hatte Recht, Tobi war genauso groß wie sie selbst und vielleicht würde sie sich bald strecken müssen, um ihn zu umarmen.
Die Zeit, wenn man Kinder hatte verging so schnell, unglaublich.
„Danke, dass wir dich besuchen konnten William, wir sehen uns bald wieder.“, sagte die Thailänderin und der Dreizehnjährige umarmte den Arzt einmal kurz, ehe sich in den Hausflur zurückzogen um sich anzukleiden.
Der Mann brachte sie schweigend zur Tür, tauschte noch einen letzten kurzen Blick mit Sira bevor er hinter ihnen die Tür schloss.
Sie hatte sich nicht getäuscht.
Als Sira und Tobi an dem Mehrfamilienhaus, in dem sie wohnten, ankamen konnten sie es schon sehen. Der silberne Lieferwagen, den Jayden nur für diese Anlässe nutzte, parkte etwas weiter daneben an den Straßenrand
Also hatte er mal wieder so etwas arrangiert.
Der Dreizehnjährige nahm die Hand seiner Mutter in seine, drückte sie fest als Zeichen, dass er auch Angst hatte.
Dann gingen sie gemeinsam auf den Lieferwagen zu, wo aus der Fahrerkabine gerade der Weißhaarige stieg.
Er ging hinter zu dem Laderaum und öffnete die Türen, ehe er erst Tobi hineinklettern ließ und dann Sira beim Einsteigen half.
Auf zu einer Nacht voller Schmerz, Erniedrigung und Schmutz.
Sexpartys.
Sie waren so widerlich für sie.
Hier wurde immer mehr gezeigt, dass sie nichts wert waren, dass sie nur Sklaven für Geld waren.
Es war jedes Mal das Gleiche, eine riesige Lagerhalle einer alten, schon abgeschalteten Fabrik.
Der Boden war kalt und feucht, alles roch nach altem Müll und der Boden war ausgelegt mit Decken und Kissen.
Damit sich die Kunden nicht verletzten, den Strichern und Prostituierten tat es sowieso weh.
Die Kunden bestanden dieses Mal, wie meistens auch aus anderen Zuhältern, Drogendealern, Politikern, die bereits im Ruhestand waren oder einigen anderen von Jaydens Bekannten.
Auch sein kleiner Bruder war dabei, der begierig die Kinder angrinste, insbesondere Tobi.
Wenigstens nutzten sie Kondome, ein kleiner Lichtblick für sie.
Er lief.
Obwohl jede Bewegung wie verrückt schmerzte, versuchte er immer schneller zu laufen.
Er hielt am Ende der Seitengasse an, um sich einen Moment an der kühlen Hausmauer zu lehnen, kurz zu verschnaufen und den Schmerz abklingen zu lassen.
Tobi linste leicht aus der Gasse heraus, direkt auf die Einkaufsstraße, die selbst in der Nacht noch ziemlich voll war.
Aber es war Los Angeles, hier war es immer voll.
Der Junge gab einen lautlosen Seufzer von sich, ehe er sich von der Wand abstützte und hastig über die Straße flitzte, wo auf der anderen Seite das Polizeirevier stand wo er arbeitete.
Der Eingang bestand aus großen Automatiktüren aus kugelsicherem Glas neben der, an der rotbraunen Hausmauer, das Schild für Polizeirevier stand.
Das Gebäude war vier Stockwerke hoch und ziemlich lang gezogen und soweit der Dreizehnjährige wusste war es hinten rum noch sehr weitläufig.
Enrico war nicht bei sich zuhause gewesen, also war er sicher auf Arbeit.
Aber wie sollte er zu ihm kommen? Er wusste nicht in welcher Etage er arbeitete und die Leute beim Empfang würden ihn sicher wieder wegschicken. Der Schwarzhaarige seufzte leicht und lehnte sich gedankenverloren an die Ecke des Reviers.
Wie sollte er ihn nur finden?
Doch plötzlich öffnete sich die Schiebetür und zwei Männer traten heraus.
„Endlich Feierabend, ich hasse Nachtschicht.“, meinte eine ihm nur allzu bekannte Stimme und der Junge sah zum Eingang.
Dort stand Enrico, noch in seiner schwarzen Polizeiuniform und neben ihn Bradley, der sich bereits die Mütze abgenommen hatte.
Plötzlich hielt der Mann inne, ehe er sich ruckartig zu ihm umdrehte und den Jungen entdeckte.
Sein Partner folgte seinen Blick und runzelte leicht die Stirn, schwieg aber lieber.
Auch der Italiener sagte nichts, er spürte was in seinen Seelenpartner vorging und eiligst ging er zu dem Kleineren.
Die Beiden sagten kein Wort als Enrico seine Arme nach ihm ausstreckte und ihn behutsam an sich drückte.
Tobi ließ dies nur zu gerne zu, schmiegte sich eng an seine Brust um die Geborgenheit zu spüren, die der Ältere in ihm auslöste.
Das warme Wasser tat so gut.
Es umhüllte seinen geschundenen Körper und ließ die Schmerzen lindern, reinigte ihn von dem Schmutz und der Erniedrigung, die auf seinen Körper lag.
Mit einem genießerischen Laut lehnte sich Tobi an den Rand der Badewanne, ehe er einfach die Augen schloss.
Er war wieder hier bei ihm, Enrico hatte ihn hergebracht und keine Fragen gestellt, wofür er ihm sehr dankbar war.
Er konnte nicht drüber reden.
Der Schwarzhaarige öffnete seine Augen und betrachtete dann den Italiener der wie letztens auch auf den Wannenrand saß und ihn ebenfalls schweigend ansah.
Ihre Blicke trafen sich und eine wohlige Wärme breitete sich in seinen Inneren aus, als er sah wie Enrico ihn anlächelte.
Der Siebenundzwanzigjährige strich ihm sanft mit den Fingern über die Wange und schmunzelte mehr als der Jüngere sich dagegen lehnte.
„Kommst du mit ins Wasser?“, fragte der Junge dann leise und der Mann blinzelte leicht verwundert, ehe er nickte.
Enrico erhob sich und entledigte sich ebenfalls seiner Kleidung, ehe er sich zu dem Anderen ins warme Wasser setzte.
Der Italiener stieß ein zufriedenes Brummen aus während er sich an seine Seite anlehnte und die Arme auf den Wannenrand legte.
Tobi betrachtete ihn einen Moment schweigend, ehe er vorsichtig zu ihm krabbelte und sich dann auf seinen Schoss setzte.
Das sie Beide nichts anhatten war ihm egal, er mochte die warme Haut des Anderen und die Nähe.
Enrico sah nun wieder auf seinen Seelenpartner, der die Arme um seinen Nacken geschlungen hatte und den Blick erwiderte.
Sie sahen sich einen Moment an. Der Italiener legte eine Hand in Tobis Nacken legte und sie küssten sich.
Immer wieder trafen sich ihre Lippen zu einem kurzen, aber sehr innigen Kuss, wobei der Junge immer näher rückte, um sich mehr an den Anderen zu schmiegen.
Es war so schön.
Doch plötzlich kam ein leises Keuchen von dem Älteren und er unterbrach den Kuss hastig, um sich auf die Unterlippe zu beißen.
„Was ist?“, fragte der Schwarzhaarige verwirrt, aber der Andere schüttelte nur leicht seinen Kopf bevor er ihn einfach auf der Schulter des Kleineren ablegte.
Das war jetzt so peinlich, wieso reagierte sein Körper auf den Jungen?
Oh Gott, das dürfte doch nicht wahr sein, sein Vater würde ihn wirklich umbringen.
Er stieß einen gequälten Laut aus und legte den Kopf in den Nacken, wobei er es aber nur zu gern zuließ, dass sich Tobi wieder an ihn kuschelte.
Töpfe klapperten.
Es war ein ungewohntes Geräusch für Enrico, er selbst kochte nie und es war wohl auch besser so für seine Küche.
Es endete bei ihm sonst immer im Fiasko und dass alles Schrott wurde.
Er lehnte am Türrahmen und beobachtete lächelnd Tobi, der nur in Jeans und einem ärmellosen Oberteil am Herd hantierte.
Er schnitt Gemüse klein und warf es in einen Topf, rührte alles gründlich um und würzte es dann sorgfältig.
Es war ein schönes Bild, Enrico wünschte es könnte jeden Tag so sein, für immer.
Der Schwarzhaarige schien seinen Blick zu bemerken und sah ihn fragend an, legte den Kochlöffel weg und ging auf ihn zu.
„Was hast du?“, fragte er neugierig, wobei er wieder seine Arme um den Bauch des Älteren schlang.
Der Italiener lächelte und legte seine Arme um ihn, strich ihm liebevoll über den Rücken.
„Ich finde nur es ist ein schöner Anblick, wenn du bei mir kochst.“, erklärte er bereitwillig und der Junge blinzelte erstaunt und lächelte sogleich.
„Wenn du magst, koch ich öfter hier für dich.“, meinte er, ehe er Enricos Gesicht in seine Hände nahm und ihn sanft auf den Mund küsste.
Der Mann blinzelte erstaunt bevor er einen genießerischen Laut von sich gab und den Kuss erwiderte.
Manchmal musste man nichts sagen.
„Hier, der ist für dich.“, sagte der Mann lächelnd und er hielt Tobi eine Schlüsselkarte vor die Nase.
Der Junge sah sie verständnislos an, ehe er danach griff und sie musterte.
„Damit kannst du jederzeit in meine Wohnung wenn du willst, auch wenn ich arbeiten bin.“, erklärte er wobei er einen Arm um die Schultern des Anderen schlang.
Der Halb-Thailänder nickte verstehend, ehe er seine Brieftasche aus der Hosentasche herausholte und die Karte sorgfältig verstaute.
Dann kuschelte er sich wieder an den Älteren und machte es sich noch mehr auf den Sofa bequem, auf welchem sich Beide nach dem Essen drauf gesetzt hatten.
„Sag mal, du hast doch bald Ferien, oder?“
„Ja, ab nächsten Mittwoch, warum?“
„Ich würde dich gerne mit nach Italien nehmen, für drei Wochen ungefähr.“
Nun hob der Dreizehnjährige seinen Kopf, um den Anderen perplex anzusehen.
„Was? nach Italien?“, fragte er ungläubig und sein Seelenpartner nickte.
„Ja, ich glaube es würde dir dort gut gefallen, außerdem würde dich meine Mutter gerne kennen lernen.“
Tobi blinzelte verwundert und sein Blick wurde unsicher.
„Aber mein Vater…“
„Mach dir darüber keine Gedanken, ich kümmere mich darum, willst du mit?“, fragend sah er zu dem Jüngeren, der sich auf die Unterlippe biss.
Er wollte schon gerne, nicht nur da er dann drei Wochen Ruhe hatte vor seinen Vater, sondern auch die ganze Zeit bei Enrico wäre.
Aber konnte er einfach weggehen und seine Mutter und seine Freunde hier alleine lassen?
„Ich würde gerne mitkommen… aber die Anderen…“, meinte er kleinlaut und der Ältere nickte verstehend.
„Mach dir darum keine Gedanken Tobi, es wird in Ordnung gehen, Bradley wird auf sie achten.“, erklärte er.
Der Blonde war nun fest mit Diana zusammen und er würde sie keinen Tag mehr alleine lassen, außerdem hatte er versprochen nach zu forschen und auf die Anderen zu achten.
Der Schwarzhaarige sah auf und sah den Anderen unsicher an, doch dieser lächelte ihn nur aufmunternd an.
„Okay, dann komm ich gerne mit.“, sagte er lächelnd und der Andere drückte ihn an sich während er gedanklich nach rechnete wie viel Geld er von der Bank holen müsste.
„Meinst du wirklich, dass es für deine Mutter in Ordnung geht?“, fragte Enrico nochmals.
Die Beiden standen im Hausflur des Mehrfamilienhauses, in dem Tobi mit seiner Halbschwester und seiner Mutter lebte.
Der Junge rollte mit den Augen und klingelte an der Tür, es war Samstagmorgen und er hatte die Nacht mal wieder bei dem Italiener verbracht.
Das wurde langsam zur Gewohnheit.
Man hörte dann leise Schritte und die Tür wurde zögerlich geöffnet und man erkannte Siras heute recht blasses Gesicht.
Doch kaum hatte sie Enrico und ihren Sohn erblickt, erhellte sich ihre Miene und sie öffnete komplett die Haustür.
„Guten Morgen.“, begrüßte sie sie lächelnd und betrachtete einen Moment verwundert die Hände der Beiden, die sich festhielten.
„Morgen.“, sagte der Dreizehnjährige gutgelaunt, ehe er sich von den anderen Mann löste und seine Mutter zu Begrüßung fest umarmte, dann ging er in die Wohnung hinein.
Die Thailänderin sah ihm blinzelnd nach, ehe sie sich wieder dem Italiener zuwandte, der vor der Tür stehen geblieben war.
„Kommen Sie doch rein.“, meinte sie höflich und rückte dabei ihren Bademantel zurecht, während sie ihn vorbei ließ.
Die beiden Erwachsenen setzten sich in die Küche, in der Sira gerade dabei gewesen war Tee zu kochen, hier trank keiner Kaffee.
Die Küche war ein großer und heller Raum mit riesigen Fenstern und einer großen Sitzecke mit Tisch.
Der Italiener setzte sich an den Tisch und ließ interessiert seinen Blick umherwandern, ehe er wieder zu der Frau sah.
Diese kam nun ebenfalls zu ihm an den Tisch, stellte eine Tasse vor ihm und schenkte Tee ein, ehe sie sich selbst etwas einschenkte.
„Danke“, meinte er höflich, bevor er leicht an dem warmen Getränk nippte und sie dann wieder ansah.
„Ich hatte gehofft, dass Tobi zu ihnen gegangen sei, als er gestern einfach weggelaufen war“, sagte sie leise.
Der Andere nickte leicht.
„Er war offensichtlich erst bei mir zuhause, ehe er zum Revier gekommen war.“
„Revier?“
„Polizeirevier, ich bin Ermittler beim Morddezernat.“, erklärte er und die Frau vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.
„Oh Gott, stimmt. Tobi hatte das mal erwähnt.“, meinte sie seufzend. Das hatte sie total vergessen gehabt.
„Miss Ponyomang, ich würde Tobi gerne mit nach Italien nehmen.“, begann er und die Frau hob abrupt ihren Kopf.
„Was?“, fragte sie entsetzt, denn ihr kam in den Sinn, dass man ihr den Jungen komplett wegnehmen wollte.
Doch der Andere lächelte nur aufmunternd.
„Ich würde ihn gerne für drei Wochen in den Sommerferien freikaufen und mit nach Italien nehmen, meine Mutter würde ihn gerne kennen lernen und ich denke es würde ihn dort sehr gefallen.“
Sira sah ihn verwundert an.
„Der Italienische Tempel liegt auf der Insel Sizilien, mitten im Meer, wir haben im Sommer immer das herrlichste Wetter, es ist alles ruhig dort und voller Natur. Selbstverständlich sorge ich dafür, dass es deswegen hier keine Probleme mit seinem Vater gibt.“
Sie zuckte zusammen und sah ihn an, er wusste davon?
„Ich werde in den drei Wochen sehr gut auf ihn aufpassen.“, versprach Enrico, wobei er sie bittend ansah.
„Bitte erlauben Sie es.“, bat er denn er wollte den Jungen unbedingt mitnehmen, weg von hier, wenn auch nur für kurze Zeit.
Die Thailänderin sah ihn einen Moment schweigend an, ehe sie ergeben seufzte und als Antwort nickte.
„Na schön, bei ihnen wird er sicherer sein als sonst woanders.“, sagte sie überzeugt und der Italiener strahlte sie an.
„Danke, Sie werden es nicht bereuen.“
Er würde gut in den drei Wochen Ferien in Italien auf ihn aufpassen!
Der Flughafen war voll.
Sehr voll um es genau zu sagen und es herrschte ein Gedrängel, wie er es noch nie gesehen hatte.
Tobi sah sich interessiert um, betrachtete das Innere des Flughafens, den er noch nie gesehen hatte.
Woher auch?
Er war noch nie verreist, weder in eine andere Stadt noch in ein anderes Land.
Der Halb-Thailänder saß auf einer der kalten Plastikbänke, die überall im Gebäude standen und wartete gehorsam, wie es der Ältere gesagt hatte.
Der Dreizehnjährige sah auf seine Reisetasche, die zu seinen Füßen stand und dann auf die Tasche seines Seelenpartners, die daneben stand.
Er konnte immer noch nicht glauben, dass er heute wirklich mit ihm nach Italien flog, für ganze drei Wochen.
Einfach unglaublich, er freute sich riesig, war aber auch sehr nervös.
Wie würde das Fliegen wohl sein? Wie würde es in Italien sein, wie würden die Leute da auf ihn reagieren?
Er hoffte gut und dass sie englisch konnten, er hatte zwar versucht etwas italienisch zu lernen, aber es war noch ziemlich schlecht.
Plötzlich ließ sich jemand neben ihn auf den Platz nieder und hielt ihm zwei Flugtickets und seinen eigenen Reisepass vor die Nase.
„Hier, es hat alles geklappt“, meinte Enrico lächelnd, ehe er die Flugtickets wieder bei sich in der Hemdtasche verstaute, nachdem der Andere den Pass an sich genommen hatte.
„Das ist gut, wann fliegen wir?“
„In einer Stunde, ich gebe schnell unser Gepäck auf, okay?“, fragte er wobei er bereits nach beiden Taschen griff, aber der Andere nickte.
„Wir sitzen hier, willst du ans Fenster?“
„Klar!“, rief der Junge begeistert, ehe er sich direkt am Fenster niederließ und sich anschnallte.
Enrico setzte sich schmunzelnd neben ihm und schnallte sich ebenfalls an, ehe er Tobi betrachtete, der neugierig aus dem Fenster sah, von dem man auf den Flughafen blicken konnte. Sie befanden sich in der Business-Class des Flugzeuges nach Italien, die Sitze waren größer und bequemer und es befanden sich auch nur immer zwei Plätze nebeneinander an den Wänden.
Sehr gemütlich und auch viel ruhiger.
Der Schwarzhaarige setzte sich dann ordentlich auf seinen Platz, als die Durchsage kam, dass das Flugzeug nun starten würde.
Ein Ruck ging durch den Passagierraum, ehe es schräg nach oben ging und dann war alles wieder ruhig.
„Das war’s?“, fragte der Dreizehnjährige verdutzt, wobei er sich umsah und feststellte, dass sich viele Leute nun wieder abschnallten und begannen sich mit anderen Sachen zu beschäftigen.
„Japp, Fliegen ist eigentlich keine große Sache.“, erklärte der Ältere bereitwillig und musste grinsen, als er Tobis enttäuschtes Gesicht sah.
Er hatte irgendwie Spannenderes erwartet, wie öde.
Der Schwarzhaarige kramte dann aus seinen kleinen Rucksack, den er mitnehmen durfte. ein Italienisch-Buch raus, begann darin zu lesen und versuchte die Vokabeln in den Kopf zu bekommen.
„Kleiner, die können da alle englisch, du musst nicht extra italienisch lernen.“
„Ich weiß, ich will aber.“
Der Mann seufzte nur und lehnte sich dann zurück um etwas zu schlafen, da er Nachtschicht vor seinem Urlaub gehabt hatte.
Sizilien war eine traumhaft, schöne Insel, die etwa einhundert Kilometer vom Festland entfernt war.
Die Landschaft bestand vorwiegend aus hügeligen Ebenen und vielen Bergen, wundervollen und riesigen Wäldern und vielen Plantagen.
Und es war so schön warm hier, auch wenn durch das Meer, das die Insel umgab, und die Berge es nicht so drückend heiß wie in Los Angeles war.
Tobis Augen leuchteten fasziniert, als er aus dem fahrenden Auto die wundervolle Landschaft betrachtete.
Enrico neben ihm schmunzelte über die Blicke des Anderen nur, während er sein schwarzes Auto, das er nur hier nutzte, sicher über die alten Straßen lenkte.
Niemand hatte sie abgeholt, nur der Wagen hatte auf dem Parkplatz des Flughafens gestanden und auf sie gewartet.
Enrico wurde selbst nie abgeholt, seine Eltern waren immer sehr beschäftigt und sein kleiner Bruder hatte noch keinen Führerschein, um ihn abzuholen weswegen er meistens alleine zum Tempel fuhr.
Das Tempelgelände befand sich auf dem westlichen Teil und somit nahm dies fast 40 Prozent der gesamten Insel ein.
Was aber nicht ungewöhnlich war, denn die Familie Sciutto war eine der mächtigsten und einflussreichsten Familien Italiens, ihre Blutlinie reichte viele Jahrhunderte in die Vergangenheit zurück und die Insel Sizilien gehörte auch seiner Familie.
Genau wie der Tempel, den seine Familie vor Ewigkeiten gegründet hatte und den Enrico übernehmen sollte, wenn seine Eltern zu alt geworden wären.
Nach ungefähr zwei Stunden Fahrt durch die Landschaft der Insel passierten sie ein riesiges, schmiedeeisernes Tor, dessen Zaun nur über die Straße führte nicht aber durch die Natur.
„Für was ist das Tor hier?“, fragte der Dreizehnjährige verdutzt, der Andere schmunzelte leicht und deutete auf ein Familienwappen, das oben über den geöffneten Türen hing.
Es zeigte ein S in einer altertümlichen Schrift, das von einer Art Drachen umschlungen wurde, der des Maul geöffnet hatte und anscheinend brüllte.
„Ab hier beginnt der italienische Tempel, das Tor symbolisiert es nur, damit die Leute Bescheid wissen. Und das Wappen dort ist unser Familienwappen, die Insel gehört meiner Familie.“
„Wow.“, meinte er nur erstaunt, wobei er betrachtete wie sich die Landschaft nun mehr ausbreitete.
Die Wälder waren hier etwas üppiger und auf der einen Seite war eine riesige Bergkette, die die eine Seite der Insel komplett einnahm.
Auf der anderen Seite erstreckte sich das komplette Meer, das im Sonnenlicht glitzerte und wundervoll aussah.
Dann fuhr das Auto plötzlich auf plattgewalzten Sandboden und man konnte ein riesiges Gebäude sehen, welches mit der altertümlichen Bauweise wirklich wie ein richtiger Tempel aussah.
Es gab auf diesem Gelände auch andere Gebäude, die sehr altertümlich aussahen und auch einige Säulen mit Überdachung, von denen aus Treppen hinein in die unterirdischen Trainingsräume führten.
Das Auto hielt nun auf eine Art Parkplatz, der mit einigen, niedrigen Steinmauern abgegrenzt war und die Beiden stiegen aus.
Tobi sah sich neugierig um während sein Seelenpartner ihre beiden Taschen nahm und ihn dann zu dem großen Hauptgebäude zog, in dem nicht nur das Büro, die Bibliothek und die Archive aufbewahrt wurden, sondern auch die Familie Sciutto ihre Privatgemächer und die Gästezimmer für wichtige Personen hatte.
Vor der breiten Freitreppe stoppte Enrico und sah zum Eingang hinauf, aus dem nun drei Personen traten.
„Willkommen Daheim, Enrico.“, sagte eine ältere, etwa vierundvierzigjährige kleine Frau mit schulterlangen, schwarzbraunen Haar und hellbraunen Augen.
Sie trug ein schwarzes, langes Kleid, das sich eng an ihren Körper schmiegte, einige ebenfalls schwarze Tücher waren um ihren Körper geschlungen.
Hinter ihr stand ein sehr großer etwa siebenundvierzigjähriger Mann, er war selbst größer als Enrico, er hatte schwarze Haare, worin sich die ersten grauen Strähnen zeigten und dunkle Augen, aber seine Miene war hart und nicht gerade freundlich.
Neben der Frau stand ein ebenfalls großer Mann, dessen Haare jedoch bereits ergraut waren obwohl er erst fünfundvierzig Jahre alt war und der in einen schwarzen Anzug steckte, seine dunklen Augen waren jedoch freundlich.
„Hallo Mama.“, sagte Enrico lächelnd und er schlang seine Arme um die Frau, um sie behutsam zu umarmen was sie auch sogleich erwiderte.
„Es freut mich, dass du wieder hergekommen bist, du hast mir sehr gefehlt.“, flüsterte sie ihm liebevoll zu.
Danach warf er den beiden Männern einen freundlichen Blick zu und ging wieder zu Tobi, der diese Szene unsicher beobachtet hatte.
Maria ging nun gefolgt von dem ergrauten Mann die Treppe hinab und musterte den Jungen genauestens.
„Das ist meine Mutter Maria, der Mann neben ihr ist Francesco, sie beide leiten den Tempel.“, stellte der Italiener die Beiden vor und legte dann einen Arm um die Schultern des Jüngeren, der die Beiden nervös ansah.
„Und das ist Tobi, ich hatte euch ja letztens von ihm erzählt“, er lächelte und Francesco nickte dem Jungen begrüßend zu, sagte aber nichts.
Maria hingegen musterte ihn noch immer kritisch, ehe sie plötzlich strahlte und den Dreizehnjährigen in ihre Arme zog.
„Ich hab einen neuen Sohn!“, sagte sie begeistert, während sie den Jungen knuddelte, der total verdutzt aus der Wäsche schaute.
Von dem grauhaarigen Mann kam ein leises Lachen während Enrico und der andere Mann nur mit den Augen rollten.
War doch mal wieder klar gewesen.
Als Maria sich wieder von ihm gelöst hatte, drückte sie ihm noch ein Küsschen auf die Stirn, ehe sie sich nun wieder zu Francesco gesellte.
Enrico warf nun einen Blick zu den anderen, älteren Italiener, der Tobi mit kühlem Blick ansah und dann knurrte.
„Und der Brummbär da oben ist mein Vater Alessandro.“, meinte der Siebenundzwanzigjährige genervt vom Verhalten des Älteren.
„Guten Tag.“, sagte der Junge freundlich, aber der Andere drehte nur den Blick abweisend weg und verschwand wieder im Hauptgebäude.
Der Schwarzhaarige sah ihm verunsichert hinterher ehe Maria nun ihre Hand auf seine Schulter legte.
„Beachte diesen unfreundlichen Brummbär nicht Tobi, er ist ein Miesepeter und sehr altmodisch.“, erklärte sie mit einen freundlichen Lächeln und der Junge nickte verstehend.
Im nächsten Moment hörte man hastige Schritte und ein zwölfjähriger Junge mit schwarzen Haaren und dunkelbraunen Augen kam aus dem Hauptgebäude geflitzt.
„Sorry, bin ich zu spät?“, fragte er schnaufend und Enrico klopfte ihm auf den Kopf.
„Wie immer Bruder, lern endlich mal Pünktlichkeit“, meinte er amüsiert und der Jüngere schlug ihm spaßhaft gegen die Brust.
„Du warst auch mal so Bruder.“, sagte er lachend, ehe sein Blick interessiert auf Tobi fiel, der die Beiden beobachtet hatte.
„Hey, ich bin Mike, Enricos kleiner Bruder.“, stellte sich der Junge mit einem breiten Grinsen vor, welches der Andere sofort erwiderte.
„Hallo, ich bin Tobi.“, stellte auch er sich vor und die Beiden waren schon Freunde geworden, mit einen einzigen Blick.
Der Mann betrachtete dies lächelnd, ehe seine Mutter ihm eine Hand auf den Arm legte und sich zu ihm beugte.
„Er ist wirklich sehr süß“, sagte sie lächelnd und ihr Sohn nickte.
Die Gruppe betrat dann die Eingangshalle des Hauptgebäudes, die sehr groß und hell war.
Der Boden bestand aus Mosaikgestein und die Wände waren in einer dunklen Farbe gehalten, an ihnen hingen alte Schriftrollen in einer altertümlichen Schrift beschrieben.
Eine breite Treppe führte ins Obergeschoss, während darunter eine große Tür war, die tiefer in den Tempel führte.
Es war ein schöner Anblick und durch das Sonnenlicht, das durch die riesigen Fenster hinein flutete, wirkte alles hier sehr warm und freundlich.
Tobi sah sich fasziniert um ehe sein Blick auf die Schriftrollen fiel.
„Dort werden von alten Legenden und Weissagungen erzählt, ich kann es dir später mal gerne vorlesen.“, sagte Maria lächelnd und der Junge nickte begeistert.
„Ich zeigen dir dann mal das Hauptgebäude und das restliche Gelände, und natürlich dein Zimmer.“, sagte Enrico, wobei er einen Arm um ihn legte.
Doch ehe dieser etwas sagen konnte erschien Alessandro oben auf der Treppe und warf der Gruppe einen kalten Blick zu.
„Enrico, ich muss mit dir reden.“, sagte er kühl und sein ältester Sohn sah auf und warf ihm einen genervten Blick zu. Ging das jetzt schon los?
„Kann ich Tobi erst mal alles zeigen?“
„Das kann auch Michelangelo machen, sofort!“, befahl der Vater streng, er war der Einzige, der zu seinem jüngsten Sohn den Taufnamen sagte.
Enrico verdrehte genervt die Augen, ehe er die Taschen Francesco in die Hand drückte und dann seinen Seelenpartner einen Kuss auf die Stirn drückte.
Alessandros Augen verrenkten sich, aber er sagte nichts sondern verschwand wieder in den Gang wohin ihm Enrico seufzend folgte.
„Das kann ja lustig werden.“, meinte Mike, wobei er das Gesicht verzog, seine Mutter gab ihn daraufhin einen leichten Schlag auf den Hinterkopf.
„Nicht so pessimistisch sein Sohn, komm, zeigen wir unseren Gast das Gelände.“, dann wendete sie sich zu dem Grauhaarigen um und nahm ihn die Taschen ab.
„Dein Telefon wird in zehn Minuten klingeln, du wirst uns nicht begleiten können.“, entgegnete sie lächelnd und er nickte leicht und verzog sich dann ebenfalls die Treppe hinauf wo die Büros waren.
Danach drehte sich die Frau wieder zu den Kindern um, drückte Mike die Tasche seines Bruders in die Hand und behielt Tobis.
„Gehen wir Jungs.“, sagte sie fröhlich wobei sie mit den Beiden in den unteren Gang verschwand.
Zur gleichen Zeit stand Enrico seinem Vater gegenüber.
Der Ältere setzte sich hinter einem riesigen Schreibtisch auf seinen Stuhl, faltete die Hände und sah seinen Sohn scharf an.
Das Arbeitszimmer war ebenfalls groß und auf der gegenüberliegenden Seite der Tür stand der große Schreibtisch vor riesigen Fenstern wodurch tagsüber immer das Licht schien.
Die Wände waren voll mit Bücherregalen über die verschiedenen Trainingsmethoden und Mythologien, die sein Vater studierte.
„Also, worüber willst du reden Vater?“, fragte Enrico nachdem sie eine Weile geschwiegen hatten und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Warum hast du den Jungen hergebracht?“, fragte der Mann stattdessen nur und sein Sohn verdrehte die Augen.
Jetzt ging’s los.
„Er ist mein Seelenpartner, außerdem hab ich ihn gern.“
„Was?“
„Ich hab ihn gern, sehr gern sogar.“, antwortete der Jüngere ohne zu zögern, er wollte gleich für klare Verhältnisse sorgen, egal ob es seinem Vater gefiel oder nicht.
Und seinem Vater gefiel dies ganz und gar nicht, denn er sprang auf und sah seinen Sohn wütend an.
„Bist du verrückt geworden? Der ist ein Kerl, du bist der älteste Sohn, du wirst den Tempel weiterführen und für Erben sorgen!“, zischte er wütend aber der andere blieb ruhig.
„Nein, ich werde nicht für Erben sorgen, wie oft noch? Ohne Gefühle werde ich keine Bindung eingehen und ich hege Gefühle für ihn, akzeptiere es oder lass es.“
„Das dulde ich nicht!“
Enrico verdrehte die Augen und drehte sich zur Tür um.
„Mir egal ob du es duldest oder nicht, es ist meine eigene Endscheidung und ich will keine Einmischung von dir“, sagte er ernst, ehe er den Raum verließ.
Alessandro sah ihm wütend hinterher.
„So, das waren nun die wichtigsten Räume.“, erklärte Mike.
Er stand mit Tobi und seiner Mutter nun in dem Obergeschoss, wo sich die Privatgemächer der Familie befanden.
Der Gänge waren ebenfalls in dunklen Farben gehalten und auch hier hingen Schriftrollen mit Legenden und Wahrsagungen.
„Wir bringen erst mal die Taschen weg und zeigen dir dann das Gelände.“, sagte der Italiener, ehe seine Mutter ihm eine Hand auf die Schulter legte.
„Nicht nötig, das wird Enrico gleich tun.“, sagte sie lächelnd und ehe Mike etwas fragen konnte, kam besagter Mann gerade um die Ecke und sah die Drei an.
„Du kannst ihm den Rest zeigen Enrico, Mike muss noch Hausaufgaben machen und ich hab zu tun“, sagte sie, ehe sie den protestierenden Jungen einfach hinter sich herzog.
Enrico und Tobi sahen ihnen schweigend nach, ehe er die Taschen nahm, die Maria auf den Boden gestellt hatte und sie sich selbst über die Schulter warf.
Dann nahm er die Hand des Jüngeren in seine und sie gingen den Gang weiter.
Plötzlich wurde die Tür aufgeschoben und Licht strömte in das Zimmer, das seit fast sechs Monaten niemand mehr betreten hatte.
Enrico betrat als erstes den Raum und schritt durch ihn hindurch zu den großen Fenstern, wo er sofort die Vorhänge aufzog.
Das Licht erhellte nun komplett das große Zimmer, das genau wie alle anderen dunkle Wände und einen Mosaikboden hatte.
Ein großes Bett stand an der linken Wand, direkt unter den Fenstern während die Wand darüber mit dunklen Tüchern behangen war.
Ein großer Schrank und daneben ein Regal mit Büchern standen daneben und ein großes, gemütliches Sofa mit kleinem Tisch grenzte den Schlafbereich etwas ab wo sich auch ein Fernseher befand.
Tobi betrat ebenfalls den Raum und sah sich interessiert um, während der Ältere die Taschen in den Schrank verstaute und sich dann streckte.
Enrico ließ sich dann einfach aufs große Bett fallen, nachdem er die Schuhe ausgezogen hatte und er stieß ein genervtes Brummen aus.
Er hasste es, wenn sein Vater sich überall einmischte.
Der Halb-Thailänder runzelte die Stirn, ehe er ebenfalls zum Bett ging, sich von seinen Turnschuhen befreite und zu ihm rauf krabbelte.
Er spürte dass der Andere aufgewühlt war und wollte ihn etwas beruhigen, drüber reden würde er sicher nicht, dafür war Enrico einfach nicht der Typ.
Deswegen legte sich der Jüngere nur neben den Mann und schlang die Arme um ihn, um ihn danach liebevoll an sich zu drücken.
Der Italiener tat einen Moment nichts, ehe er sich an den Jüngeren schmiegte und die Arme um ihn legte.
Es war beruhigend.
Es dämmerte bereits als die Beiden das Gebäude verließen.
Enrico erklärte ihnen, dass die anderen Gebäude so eine Art Wohnhaus waren für die Schüler und die Lehrer, die hier lebten und dass die unterirdischen Treppen in Trainingsräume führten.
Sie gingen über das Gelände, wo sich auch ein großer Stall befand, wo viele Pferde untergebracht waren für die Schüler.
Gemeinsam verließen sie das Gelände und gingen einen verworrenen Pfad hinter dem Hauptgebäude entlang, der über eine riesige und üppige Wiese führte und dann in steinigen Boden endete.
Nachdem sie den Weg, der etwa eine viertel Stunde Zeit benötigte, hinter sich gelassen hatten ging es bei den Klippen schräg ab und etwas weiter unten erstreckte sich der große Strand, der zum Tempelgelände gehörte.
Die Sonne ging gerade unter und ließ die gesamte Umgebung in ein sanftes rot-orange eintauchten.
Tobi betrachtete dies fasziniert, es war schön, die ganze Insel war wunderschön.
Das würden sicher total schöne Ferien werden.
Das helle Sonnenlicht kitzelte ihn an der Nase.
Er gab ein murren von sich und versuchte sich von der Helligkeit zu verbergen indem er seinen Kopf unter den Arm des anderen versteckte.
Aber selbst da erreichte ihn das licht und er öffnete blinzelnd die Augen um sich desorientiert umzusehen.
Der Zimmer war nicht sein eigenes, er brauchte einen Moment ehe er sich an gestern erinnerte und dann neben sich sah.
Enrico lag dort, seitlich zu ihm gedreht und noch tief schlafend.
Tobi lächelte leicht und strich ihm eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht wobei dieser sich gegen die Berührung lehnte.
Der Schwarzhaarige zog die Hand wieder weg und sah dann aus dem großen Fenstern, die sich direkt über dem Bett befanden nach draußen.
Von dort konnte man direkt das ganze Gelände erblicken und er sah wie eine Frau in Trainingsanzug eines der Wohnhäuser verließ.
Hinter ihr folgte eine kleinere Gruppe aus Teenagern die gemeinsam zu eine der unterirdischen Treppen verschwanden.
Wie sie wohl Trainierten?
Dann sah er wieder zu seinem Seelenpartner der wie immer mit freiem Oberkörper schlief.
Aber Tobis Meinung nach brauchte er den auch nicht zu verstecken so durchtrainiert und muskulös er war.
Schon seltsam, sie kannten sich nicht mal zwei Monate und er hatte schon viel von ihm Kennen gelernt und nun war er mit ihm gemeinsam in Italien für drei Wochen.
Der Schwarzhaarige legte sich wieder so hin dass er Enricos schlafendes Gesicht betrachten konnte.
Es war wirklich seltsam, anfangs war er von ihm weggelaufen und fand ihm unheimlich, dann hatte er sich um ihn gekümmert und ihn gesund gepflegt, er hatte bei dem anderen geschlafen und nun küssten sie sich und kuschelten miteinander.
Er seufzte als er daran dachte was er nun bereits über den Älteren wusste.
Enrico war Vierzehn Jahre Älter als er selbst, war Ermittler beim Morddezernat in Los Angeles, lebte auf einen anderen Kontinent wie seine Familie und war ein seltsamer Mann.
Horrorfan, ein guter Ermittler bei der Polizei, total hoffnungslos in der Küche, trieb regelmäßig Sport, las aber auch sehr viele und ernste Bücher und war ein ziemlicher Quatschkopf.
Schien aber viel ernster und nachdenklicher zu sein als er immer tat, war sehr Fürsorglich und sehr lieb.
Aber er schien jede menge Differenzen mit seinem Vater zu haben, dafür aber ein gutes Verhältnis zu seiner Mutter und seinen kleinen Bruder.
Und küssen konnte Enrico total gut, das fühlte sich immer wundervoll an und diese Hitze in ihm und das kribbeln.
Tobi wurde leicht rot.
Plötzlich schlangen sich die Arme des anderen um dessen Körper und er wurde wieder fest an die muskulöse Brust gedrückt.
„Warum bist du denn schon wach? Es sind Ferien.“, murrte Enrico verschlafen.
Der Schwarzhaarige blinzelte verwundert ehe er sich bereitwillig an den Älteren kuschelte.
„Das Licht hat geblendet.“, meinte er erklärend und von dem Italiener kam nur ein brummen ehe er nach den dunklen Gardinen angelte und sie zuzog sodass es im Zimmer wieder dunkel war.
„So, lass uns noch etwas schlafen.“, dabei gähnte der Polizist leicht und vergrub seinen Kopf in den schwarzen Haar.
Der Junge nickte nur leicht verlegen ehe er sich selbst auch mehr an ihm schmiegte und wieder die Augen schloss.
Doch aus den geplanten weiterschlafen wurde nichts denn plötzlich wurde die Tür aufgestoßen und Mike kam ins Zimmer gestürmt.
„Aufstehen ihr Langweiler!“, rief er begeistert durchs Zimmer sodass die beiden im Bett entsetzt zusammenzuckten.
Von Enrico kam ein knurren, er hatte voll vergessen das sein kleiner Bruder immer ins Zimmer geschossen kam ohne anzuklopfen.
Er musste ihm noch klar machen dass das nicht mehr ging wenn Tobi hier bei ihm schlief.
Mike kam näher und grinste die beiden an die eng umschlungen im Bett lagen, besonders den Halb-Thailänder der entsetzt rot geworden war.
„Mike, wir haben Ferien, lass uns noch in ruhe ausschlafen.“
„Es ist zehn Uhr, genug gepennt ihr Schlafmützen, es ist Spaßzeit!“, rief der Junge begeistert, kam zum großen Bett und zerrte Tobi heraus der dies mit sich machen ließ.
„Los, wir gehen Heute zum Strand und genießen das Wetter.“, dabei zog der Italiener den anderen zum Schrank und öffnete ihn.
Der etwas Kleinere blinzelte verwundert, aber ehe dieser etwas sagen konnte war Enrico schon aufgestanden und hatte seinen Bruder am Kragen gepackt.
„Okay, du hast gewonnen wir kommen gleich.“, meinte der Mann schlicht ehe er den Jüngeren einfach aus sein Zimmer warf und die Tür wieder schloss.
Tobi warf ihm einen Blick zu ehe er sich schon Klamotten raussuchte und dann als erster ins Badezimmer, durch das man durch eine Verbindungstür kam verschwand.
Das Wasser war angenehm kühl.
Die Sonne strahlte heiß auf die Erde hinab und obwohl es noch nicht mal mittags war, war der Boden schon richtig heiß.
Tobi sah ins Wasser hinein das ihm gerade bis zur Brust reichte und trotz allem erkannte er noch den Boden da hier alles so sauber war.
Total schön.
Doch dann ertönte ein Kampfschrei und Mike sprang direkt neben den Schwarzhaarigen ins kalte Wasser.
Eine riesige Welle klatschte ihm entgegen sodass seine Haare ihm nass ins Gesicht hingen.
„Mike, irgendwann wirst du es noch bereuen…“, murrte Tobi genervt den das war schon das fünfte Mal wo der etwas Jüngere das getan hatte.
Von diesen kam allerdings nur ein lachen ehe er begann mit den Halb-Thailänder im Wasser zu rangeln, sich gegenseitig unterzutauchen und sich nass zu spritzen.
Enrico lag etwas entfernt von den beiden auf einen großen Stein im Wasser und ließ sich bräunen.
Trotz allem warf er aber immer wieder einen Blick auf die beiden Jüngeren, sicherheitshalber natürlich denn im Meer konnte es auch ziemlich gefährlich werden.
„Hey!!“, rief plötzlich eine Frauenstimme und der Italiener öffnete seine Augen und sah zum Strand zurück.
Dort stand eine junge, etwa Zwanzigjährige Frau mit Teilyenlangen, schwarzen Haar die ihnen gutgelaunt zuwinkte.
Enrico blinzelte verdutzt ehe er sich ruckartig aufsetzte und sie anstarrte.
„Louisa!“, rief er begeistert ehe er ins Wasser sprang und zum Strand zurück schwamm wo ihn die Frau gleich entgegen rannte.
„Hey, ich dachte du kommst diesen Sommer gar nicht zurück.“, begrüßte er die Jüngere ehe er sie umarmte.
Die Italienerin erwiderte dies sogleich und strahlte ihn an.
„Eigentlich nicht aber da ich hörte du bist mit deinem Seelenpartner hier bin ich doch schnell mal her geflogen.“, gab sie Auskunft, drückte den Älteren schnell ehe sie sich wieder von ihm löste.
„Das freut mich, wir haben uns ewig nicht mehr gesehen.“
„Dafür kann ich nichts, du müsstest öfter in Italien hocken und nicht dauernd in Los Angeles.“
„Da arbeite ich aber, Pech gehabt.
„Tze, du bist ja mal wieder nett.“
Die beiden, die seit über zehn Jahren dicke Freunde waren lachten leicht und schlossen sich noch einmal fest in die Arme.
„Wer ist das?“, fragte Tobi verdutzt als er die beiden am Strand beobachtete.
Irgendwie tat es wie zu sehen wie Enrico jemanden anderen umarmte und die Frau war auch noch voll hübsch.
Mike schwamm neben ihn und warf einen Blick dorthin ehe er schief grinste.
„Ach, das ist Louisa, sie und Enrico sind schon seit Jahren eng befreundet.“, stellte er klar ehe er den anderen am Handgelenk schnappte und ihn Richtung Strand zog.
„Was machst du?“
„Na was wohl? Louisa will dich sicher auch kennen lernen, also komm.“, bestimmte der Italiener einfach ehe die beiden Jungen dann den Strand betraten und zu den beiden Erwachsenen liefen.
„Hey, Mike!“, rief Louisa strahlend als sie die beiden Jungen entdeckte und sie wuschelte dem kleineren durch das schwarze Haar.
Danach entdeckte die Frau Tobi und betrachtete ihn interessiert wobei sie sich eine Strähne ihres Ponys aus dem Gesicht strich.
Sie hatte hellbraune Augen und sie trug einen schwarzen Bikini der ihre weibliche Figur erst recht zur Geltung brachte.
„Hey, ich bin Louisa und du bist?“
„Tobi, freut mich.“, meinte er lächelnd und sie erwiderte dies sofort ehe sie ihm einfach umarmte und an sich drückte was der Junge schweigend zuließ.
Mike ging derweil zu seinen Bruder und betrachtete die Szene.
„Er kommt gut mit unserer Familie aus, hm?“, fragte der Jüngere und der Mann nickte leicht.
„Ja, außer mit Vater, der stößt Tobi voll ab.“
„Das war doch klar gewesen Bruder, Vater wird alles abstoßen was seiner Meinung nicht richtig ist.“
Enrico seufzte leicht, das stimmte leider.
Mike ging dann wieder ins Wasser zurück, er war eine richtige Wasserratte während sich die anderen drei auf die Decke zurückzogen.
Louisa erzählte das sie Malerin war und die meiste zeit des Jahres unterwegs war um bei ihren Ausstellungen dabei zu sein.
Sie war selten im Tempel wo sie genau wie Enrico und Mike aufgewachsen war, nur zur Weihnachtszeit und mal kurz im Sommer.
Die Meisten Leute kamen nur zum Tempel um Unterrichtet zu werden und gingen dann wieder ihre eigenen Wege wenn sie ihre Gabe perfektioniert hatten, sonst würde es zu voll werden.
Die einzigen die immer anwesend waren, waren die Lehrer, die Familie Sciutto und Francesco sowie die Sekretärinnen, Ärzte und die Ermittler des Tempels die sich um Probleme mit Leuten kümmerten wo die Gaben für schlimmer Zwecke genutzt wurde.
Die ehemaligen Schüler lebten alle ihr eigenes Leben und kamen nur mal ab und an zu Besuch oder wenn es Probleme gab oder Abstimmungen.
Was es aber nur selten gab da Maria immer alles schon vorher wusste wenn etwas passierte.
Irgendwann erschien jedoch Mike wieder bei der kleinen Truppe und zog Tobi mit sich im Wasser da er rumalbern wollte.
Der Halb-Thailänder ging bereitwillig mit und die beiden Jungs rangelten im Wasser miteinander herum und spielten danach Volleyball miteinander.
Louisa und Enrico blieben auf der Decke zurück und genossen die Sonne auf ihrer warmen Haut und die kühle Briese.
„Ich bin froh dass du deinen Geschmack noch mal überdacht hast Enrico.“, meinte die Frau wobei sie grinsend Tobi betrachtete.
Der Mann sah auf und warf seiner Freundin einen verständnislosen Blick zu, er verstand nicht was sie meinte.
„Von was redest du eigentlich?“, fragte der Ältere und die Langhaarige warf ihm einen genervten Blick zu.
„Von deinen Geschmack was deine Liebespartner angeht, Liebster.“
„Was ist damit?“
„Sonst standest du ja nur auf Frauen mit großen Titten, schmalen Tailien und tollen Gesichtern.“
„Tue ich immer noch.“, meinte er schlicht und die Frau rollte mit den Augen und sah zu den Jungs.
„Seltsam, ich finde Tobi sieht eher wie ein Mann aus, Titten hat er auch keine oder ist er in Wahrheit ne Frau?“, Enrico gluckste daraufhin leicht und schüttelte den Kopf.
„Nein, er ist eindeutig Männlich.“
„Deswegen, dein Geschmack hat sich anscheinend geändert, das find ich gut.“, sie summte dabei gutgelaunt.
Der Mann neben ihr schwieg nachdenklich und sah ebenfalls auf den Halb-Thailänder der gerade ins Wasser stolperte und hinfiel.
„Ich weiß nicht was es ist Louisa, die Gefühle sind so stark, so was kannte ich bis jetzt nicht und die Anziehung die er auf mich ausübt auch nicht.“, sagte er seufzend.
Noch nie hatte ihn jemand so angezogen.
Die Italienerin schlang ihre Arme um ihre Beine und legte ihren Kopf darauf ab ehr sie nachdenklich zu ihren Langjährigen Freund sah.
„Verstehe ich, aber du merkst selbst das du in ihn verliebt bist oder? Ich meine, man merkt es ja schon an deinen Blicken und wie du ihn behandelst.“
Er seufzte.
„Ich weiß, und ja mir ist es auch bewusst.“
„Aber..?“
„Ach ich weiß auch nicht.“, er fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und seufzte gequält.
„Verdammt, er ist Minderjährig, er steckt ziemlich tief in einer scheiße drinnen und mein Vater will das ich Heirate und einen Erben hinterlasse.“, er knurrte.
„Wieso du? Soll das doch Mike machen.“, stellte die Zwanzigjährige fest wobei sie zu Enricos Bruder hindeutete.
„Der ist auch noch Minderjährig Louisa, das wird bei dem noch mindestens vier Jahre dauern ehe man ihn verheiratet.“, erwiderte er schlicht.
Die Frau klopfte ihm aufmunternd auf die Schultern.
„Nicht den Kopf hängen lassen Enrico, lass deinen Vater doch labern was er will, tue du das was du für richtig hältst und gut ist. Du magst den Kleinen, und er ganz offsichtlich dich auch, also rann da.“
Er musste leise lachen.
„Ändert trotz allem nichts daran dass er Minderjährig ist.“
„Scheiß drauf, wo die Liebe hinfällt.“
„Dein beistand rührt mich zutiefst.“
Das Wetter war herrlich, jeden Tag war es so warm draußen und die Sonne schien Täglich.
Sie verbrachten die Tage meistens am Strand, ließen sich sonnen oder alberten die ganze zeit im angenehm kühlen Wasser herum, genossen einfach die Freizeit.
Enrico zeigte Tobi die komplette Insel, ging mit ihm in die Städte und sie erkundeten gemeinsam jeden Winkel.
Meistens wurden sie von Louisa und Mike begleitet die sich beide sehr gut mit den Halb-Thailänder anfreundeten und gemeinsam spaß hatten.
Allerdings hielt Enrico seinen Seelenpartner von den anderen Tempelschülern und den Trainingsräumen fern, wollte ihn daraus halten.
Auch wenn Tobi ebenfalls eine Gabe besaß war sie dennoch anders als alle anderen, man musste sie weder trainieren noch weiter entwickeln und auch der Junge wollte da nicht alle Einzelheiten wissen.
Er wusste dass es sie gab, er wusste was Seelenpartner waren und er erfuhr welche Gaben Louisa, Mike, Maria und Francesco hatten, das reichte vollkommen.
Die Ferien vergingen viel zu schnell und ehe sie sich versahen mussten sie auch bereits wieder nach Los Angeles zurück.
Im Gegensatz zu den Straßen auf Sizilien waren die in Los Angeles einfach grauenhaft.
Voll, laut und stickig, einfach scheiße.
Auch waren die Gehwege so voll und die Gebäude so riesig und eng nebeneinander.
Was für ein unterschied, Tobi vermisste Sizilien jetzt schon.
Er saß neben Enrico der sein Auto seufzend durch die vollen Straßen lenkte und auch nicht glücklich aussah.
Der gemeinsame Urlaub war so schnell vorbei gewesen, er hatte zwar noch drei Wochen Ferien aber der Italiener würde arbeiten müssen und er selbst auch.
Ihm schauderte es als er an Heute Nacht dachte, er wollte nicht.
„Ich fahr dich gleich Nachhause okay? Das du nicht noch laufen musst.“, meinte der Siebenundzwanzigjährige als er bemerkte das sich der Himmel über der Großstadt bedenklich verdunkelte.
Der Junge nickte traurig und wendete sich vom Fenster ab um sich wieder richtig hinzusetzen als der Mann vor einer roten Ampel hielt.
Tobi rückte kurzerhand näher und lehnte seinen Kopf an den Arm des Älteren und seufzte zufrieden auf als der andere ihm liebevoll über die Wange strich.
Und trotzdem verging die Fahrt viel zu schnell, gerade wenn sie schön ist vergeht die zeit viel schneller vorbei als man will.
Im nässten Moment hielt der Wagen vor dem Mehrfamilienhaus an worin der Dreizehnjährige lebte.
Enrico schaltete den Motor ab ehe er die Arme um den Jüngeren schlang um ihn fest an sich zu drücken und sein Gesicht in dessen Haar zu vergraben.
Jetzt wieder getrennt zu sein nachdem man drei Wochen dauernd zusammen gewesen war, das war total seltsam.
Tobi hob seinen Kopf und sah seinen Seelenpartner an der diesen Blick erwiderte und den Jüngeren mehr zu sich hoch zog.
Sanft versiegelten sie ihre Lippen miteinander, erst zögerlicher und dann immer fordernder wurde der Kuss bis sie sich schwer atmend voneinander lösen mussten.
Die beiden umarmten sich noch einmal fest ehe der Italiener dem Jungen einen Kuss auf den Kopf drückte.
„Ab mit dir, deine Mutter und Diana werden dich vermisst haben.“, sagte er lächelnd und der Dreizehnjährige nickte leicht und löste sich widerwillig von dem Mann.
Der Halb-Thailänder schnallte sich ab und öffnete die Beifahrertür ehe er nochmals innehielt und zurücksah.
„Ich ruf dich Heute Abend noch an.“, versprach Enrico lächelnd und der Junge erwiderte dies sofort und verschwand dann aus dem Auto.
„Ich bin wieder daha~“, rief er als er die Tür aufschloss und in den Flur eintrat.
Aber es folgte keine Antwort, nicht mal schritte, war etwa keiner Zuhause?
Tobi runzelte die Stirn und sah auf seine Handyuhr, es war doch bereits Sechzehn Uhr, seine Mutter müsste schon längst Zuhause sein, Diana war vielleicht mit Bradley oder den anderen unterwegs.
Er zog seine Schuhe aus, stellte sie ordentlich auf die Matte unter den Kleiderhacken ehe er durch den Flur schritt.
„Mom? Bist du Zuhause?“, fragte er nochmals als er das Wohnzimmer betrat.
Er erstarrte mitten in der Bewegung als er seine Mutter mitten auf den Boden neben dem Sofa entdeckte.
Sie lag in sich zusammengekrümmt, ihre Bluse war zerrissen und er erkannte das blut aus ihren Mundwinkel floss.
„Mom…?“, fragte er zaghaft und er wollte gerade zu ihr eilen als eine Kälte den Raum ausfüllte.
Plötzlich ertönten Schritte hinter ihm, schwere Schritte und er konnte eine negative Anwesenheit spüren als sich zwei starke Männerhände auf seine Schultern ablegten.
Ein warmer Atem an seinem Ohr, eine Gänsehaut überzog seinen Nacken, ketten zogen sich um sein innerstes zusammen, heilten ihn an Ort und stelle gefangen.
Sein eigener Atem stockte, seine Stimmer versagte als er das kichern hörte, ihr kichern das aus dem inneren des Mannes hinter ihm kam.
„Willkommen Daheim mein Sohn.“
Seine Schritte hallten durch den Gang.
Es kam ihn so laut vor, auch die Stimmen der anderen Leute hier im Gang und deren Schritte.
Lucas sah sich um, er befand sich im Universitätskrankenhaus, dem größtem Krankenhaus im Stadtteil Down-Town.
Schon alleine der Empfangsbereich war riesig und mehrere Frauen arbeiteten am Tresen, um all die Patienten, Besucher und andere Leute in Empfang zu nehmen und weiter zu leiten.
Mehrere Wartebereiche, die wahnsinnig riesig waren, befanden sich ebenfalls im Erdgeschoss und waren alle nach Verletzungen eingeteilt.
Seufzend hielt der Siebzehnjährige nach einem Arzt oder einer Schwester Ausschau, die nicht gerade zu beschäftigt waren, um sich zu erkundigen.
Er hatte gestern von der California-State-University die schriftliche Zusage für sein Medizinstudium erhalten, das er ab den ersten Oktober würde beginnen können.
Anbei war allerdings auch die Aufforderung gewesen sich für das Studium auch ein Krankenhaus zu suchen, wo man die Praktika absolvieren dürfte, denn die schriftliche Genehmigung sollte ebenfalls zum Semesterbeginn mitgebracht werden.
Der Braunhaarige seufzte leicht, hier war echt die Hölle los, wie sollte er hier je jemanden finden?
Suchend ging er durch die langen Gänge, wo unzählige Patienten saßen und auf ihre Behandlung warteten.
Plötzlich wurde Lucas angerempelt und er hörte wie die Person hinfiel und einen Schmerzenslaut von sich gab.
Irritiert sah er neben sich auf den Boden wo ein junges, etwa sechzehnjähriges Mädchen in Schwesterntracht saß.
„Entschuldigen sie, haben sie sich verletzt?“, fragte er erschrocken ehe er den Arm des Mädchens umfasste und sie wieder auf die Füße zog.
„Nein, danke alles in Ordnung.“, meinte die Sechzehnjährige, ehe sie kurz ihr dunkelbraunes Haar, das zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden war, zurecht zupfte.
„Entschuldigen sie, könnten sie mir sagen wie ich zum Verwaltungsbüro komme?“, fragte er dann, denn eigentlich war die junge Schwester genau das was er brauchte.
Das Mädchen sah ihn verwundert an, ehe sie ihre Unterlagen, die sie im Arm hielt fester umfasste.
„Verzeihung, aber Besucher müssen sich beim Empfang melden.“
„Ich weiß, aber ich bin angehender Student und sollte mich wegen einer Praktikastelle im Verwaltungsbüro melden.“, erklärte der wesentlich Größere und die Braunhaarige blinzelte leicht ehe sie lächelte.
„Oh, das ist natürlich etwas anderes, folgen sie mir, ich muss auch dahin“, meinte sie freundlich und ging neben den Mann die Gänge zum Fahrstuhl entlang.
„Welche Medizinrichtung wollen sie denn studieren?“, fragte das Mädchen als sie sich gegenüber im Fahrstuhl standen.
„Chirurgie und hier im Krankenhaus soll man am besten dazu lernen können“, gab er lächelnd Auskunft und die Schwester nickte überzeugt.
„Das stimmt, unsere Chirurgie ist klasse und viele Studenten wollen hier ihre Praktika absolvieren.“
„Das glaub ich gern, bist du schon gelernte Schwester?“, fragte er interessiert und das Mädchen schüttelte lächelnd den Kopf.
„Nein, ich hab erst letzten Monat angefangen zu lernen, bin noch die totale Anfängerin“, sie seufzte traurig.
„Aber hier lernt man wirklich gut, die Lehrmeister sind zwar sehr streng, aber sie bringen sehr viel bei, das ist toll.“, sagte sie begeistert wobei ihre bernsteinfarbenen Augen leuchteten.
Lucas lächelte wobei er feststellte, das sie wirklich sehr süß war und ihre Begeisterung fürs Lernen auch.
Gemeinsam kamen sie vor einer Tür an, auf der ‚Verwaltungsbüro’ stand an.
„Okay, da wären wir. Viel Glück beim Gespräch.“, meinte die Braunhaarige höfflich und er nickte dankbar.
Das Mädchen wollte weitergehen ehe sie plötzlich innehielt und sich zu dem großen Mann umdrehte um ihn nochmals anzusehen.
„Erfahre ich deinen Namen wenn wir bald Kollegen sind?“, fragte sie schüchtern und er sah sie erstaunt an, lächelte dann aber.
„Lucas, und du?“
„Tanja“, sie erwiderte sein Lächeln verlegen, ehe sie ihm nochmals zuwinkte und dann den Gang hinunter verschwand.
Ein Wimmern erklang.
„Ich hoffe das wird dir eine Lehre sein, du warst fünf Minuten zu spät zuhause.“, sagte er nur.
Jayden wischte sich seine Hand, die voll Blut war, an einen Handtuch ab und sah dann wieder zu seinem Sohn.
Dieser lag zusammengekrümmt auf den Boden hinter dem Sofa und zitterte heftig.
Mehrere Blutergüsse bildeten sich auf seine Armen und überall waren Wunden, die bluteten, jeder Knochen tat ihm weh.
Jaydens Blick war eiskalt, aber man konnte dennoch das rote Schimmern darin erkennen und ihr Kichern erfüllte den Raum.
Der Weißhaarige warf noch einen Blick auf Sira, die leise wimmernd am anderen Ende des Zimmers lag. ehe er den Raum verließ.
Kurz darauf ertönte das Türen-Knallen als er die Wohnung verließ.
Kaum war er weg versuchte sich Tobi mühsam aufzusetzen, wobei er immer wieder ein Schmerzenslaut von sich gab.
Scheiße, tat das weh.
„Mom?“, fragte er besorgt und er hörte ihre leisen, unsicheren Schritte als sie zu ihm kam und sich neben ihm setzte.
Sie hielt sich ihren Bauch fest, eines von Jaydens Lieblingsgebieten um jemanden zu schlagen aber sie versuchte mühsam zu lächeln.
Er rückte näher und schlang seine Arme um die Thailänderin, drückte sie ganz vorsichtig an sich, was sie sofort erwiderte.
„Was ist denn passiert?“, fragte er zögerlich, denn normalerweise rastete er nicht gleich so aus nur weil man zu spät kam.
Seine Mutter wischte sich die Tränen aus den Augen und zuckte mit den Schultern.
„Ich weiß nicht, es hatte geklingelt und er hatte sich dann einfach in die Wohnung gedrängelt, er hat nichts gesagt und einfach zugeschlagen“, erzählte sie leise, wobei sie vorsichtig eine blutende Wunde am Oberarm ihres Sohnes untersuchte.
Tobi zog scharf die Luft ein, wehrte sich aber genauso wenig als sie die anderen Wunden untersuchte.
Plötzlich hörte man das Klacken an der Tür und dann hastige Schritte, die auf sie zukamen.
Tobi und Sira rückten sofort schützend aneinander, ehe sie ängstlich auf die Tür zum Flur sahen in Erwartung dass Jayden nochmals zurückkam.
Aber es war Enrico, der das Wohnzimmer betrat und die Beiden erschrocken ansah.
Sofort erhellte sich die Miene des Dreizehnjährigen und seine Mutter stieß einen erleichterten Seufzer aus.
Der Italiener kam sofort zu ihnen und hockte sich vor die Beiden hin, ehe er behutsam durch die Haare seines Seelenpartners strich.
Dann schob er seine Arme unter den Körper der Frau, hob sie sacht hoch und trug sie zum Sofa auf das er sie vorsichtig hinsetzte.
Danach ging er sofort wieder zu Tobi und half ihm dabei aufzustehen und sich ebenfalls aufs Sofa zu setzen, ehe er ihm das Shirt auszog und begann die Wunden zu untersuchen.
„Ein Verbandskasten ist im Badezimmerschrank, unter dem Waschbecken.“, erklärte Sira und Enrico stand sofort auf um ihn zu holen.
„Geht’s?“, fragte er besorgt.
Behutsam strich er mit seiner Hand über Tobis Arm, den er gerade frisch versorgt hatte, der Junge hatte zuerst drauf bestanden, dass er sich um seine Mutter kümmerte.
Der Schwarzhaarige nickte leicht ehe er seinen Kopf auf Enricos Schulter ablegte, der vor ihm kniete.
Der Schwarzbraunhaarige ließ dies zu und schlang einen Arm um dessen Schultern um ihn zu halten.
Er wollte nicht, dass der Jüngere hier blieb, dort wo sein Vater ihn jederzeit erwischte und misshandelte.
Aber er wusste auch dass man den Typ nicht hinter Gittern bringen konnte, wenn nicht alle aussagten und er wusste wie schwer dies war, besonders wenn es ein Angehöriger war.
Außerdem wäre Jayden sicherlich nach zehn Jahren wieder draußen und dann würde es weitergehen, oder der Kerl hatte genug Kohle um sich gleich mit Kaution freizukaufen.
Dann trat Sira mit vorsichtigen Schritten aus der Küche zu ihnen und stellte ein Tablett mit Tee auf den kleinen Tisch bevor sie sich wieder aufs Sofa setzte.
Enrico nahm gleich eine der Tassen und brachte Tobi dazu etwas zu trinken zur Beruhigung ehe er die Hand des Jüngeren in seine nahm und sie liebevoll drückte.
„Irgendetwas muss man dagegen tun...“, meinte der Italiener leise wobei er abwechselnd von Mutter zu Sohn sah.
Aber der Junge schwieg und Sira setzte die Tasse von ihren Lippen ab, um nachdenklich in den Tee zu sehen.
„Keine Anzeige wird etwas bringen, niemand wird aussagen.“, sagte die Thailänderin und ihr Blick spiegelte sich im Tee.
„Er hat Kontakte zu einigen Richtern, Strafverteidigern und Polizisten, auch viele hohe Politiker sind dabei, die ihn sofort herausholen würden.“
„Außerdem würde er jeden verschwinden lassen. der redet bevor es zum Gerichtsterminen oder sogar schon zur Aussage auf der Polizei kommt.“, fügte Tobi hinzu und seine Mutter nickte leicht.
„Ich hab mir schon gedacht das er Kontakte zu solchen Leuten hat, aber wenn man genug Informationen sammelt; ohne Aussagen kann nicht mal der beste Richter oder viel Geld dagegen etwas tun.“, versuchte es der Italiener, aber sein Seelenpartner senkte nur den Blick.
„Woher den Informationen nehmen? Nirgends gibt es Beweise über dies, wir und die Anderen sind die Einzigen.“
Und sie würden schweigen, es mit in ihr Grab nehmen.
Der Mann biss sich auf die Unterlippe und strich mit seinen Daumen immer wieder über Tobis Hände, beruhigend, beschützend und unendlich sanft.
„Aber es muss einen Weg geben es wenigstens einzuschränken, es in gewissen Teilen aufzuhalten.“, meinte der Italiener wobei er die Hand des Jungen fester umfasste.
Er wollte nicht, dass der Andere hier dran zerbrach, er hatte in Italien gemerkt wie sehr er eigentlich schon gebrochen war.
Das musste aufhören, wenigstens reduziert werden, damit Enrico daran arbeiten konnte seine Psyche wieder zu regenerieren.
Sira schien seine Gedanken zu erraten, denn sie sah auf den Mann ehe ihr Blick zu ihren Sohn glitt.
Bei ihm wäre er sicher, denn eigentlich gingen die Gewalttätigkeiten ja sehr aggressiv auf die Kinder. Die Frauen griff er brutal in letzter Zeit nicht mehr so oft an, außer wenn sie bei der Arbeit versagten.
Vielleicht war dies eine kleine, vorübergehende Lösung?
„Sagen sie, würden sie auf ihn aufpassen und ihn schützen?“, fragte die Frau leise und der Mann sah wieder zu ihr.
„Natürlich.“
Sie sah wieder auf ihren Tee und seufzte lautlos, sie würde ihn vermissen.
„Könnte er bei ihnen wohnen?“
Nun hob auch Tobi seinen Kopf und sah zu seiner Mutter, unsicher und verwirrt.
„Mom..?“
Sira hob ihren Kopf und sah den Italiener ernst an, sie erwartete eine Antwort.
Enrico blinzelte erstaunt, brauchte einen Moment ehe er ihre Worte verstand und er ernst nickte.
„Natürlich.“
Nun lächelte die Thailänderin wieder und nippte an ihrem Getränk.
„Dann ist es entschieden.“
Ihr Sohn sah nur ungläubig von Einem zum Anderen.
Er packte, zwar recht zögerlich aber er tat es.
Seufzend zog Tobi seine Sachen aus dem Schrank und verstaute sie in der Tasche, schob alles gründlich zusammen damit alles reinpasste.
Er konnte es nicht glauben, dass seine Mutter einfach so beschlossen hatte, dass er von nun an bei Enrico wohnen sollte.
Er hatte eigentlich nichts dagegen, er freute sich im Grunde sogar darüber aber er konnte doch nicht seine Mutter und Diana einfach alleine lassen.
Vor allen Dingen wie sollte das mit der Schule und den anderen Ämtern klappen?
Sie konnten doch nicht einen Minderjährigen einfach bei einen fremden Mann unterbringen, Polizist oder nicht.
„Schatz, wie weit bist du?“, fragte Sira, die hinter ihm das Zimmer betrat.
Der Junge seufzte leise und sah auf den Inhalt seiner Tasche bevor er zum Bücherregal späte.
„Nur noch meine Bücher, dann hab ich alles“, sagte er zögerlich und er merkte wie die Frau hinter ihm trat und die Arme um seine Schultern schlang.
„Sei nicht traurig Schatz, es ist besser so.“, sagte sie sanft und ihr Sohn schluckte leicht.
„Aber was ist mit dir? Diana ist dauernd mit den Anderen auf der Straße unterwegs oder bei Bradley, was wird aus dir?“, fragte er traurig, er wollt sie nicht alleine lassen.
Aber seine Mutter schüttelte nur leicht ihren Kopf.
„Mach dir keine Sorgen, mir geschieht nichts“, sie strich ihm dabei liebevoll durch das dichte Haar.
„Ich will nur das ihr Kinder in Sicherheit seit besonders du mein Sohn. Bitte tue mir den Gefallen und ziehe zu Enrico.“
Tobi biss sich auf die Unterlippe und nickte zögerlich.
Er wusste das egal wie lieb seine Mutter war, sie dieses Mal keine Widerworte dulden würde.
Es war beschlossen, und der Junge wusste selbst dass es wirklich das Beste war.
„So, da wären wir.“
Mit einem erleichterten Seufzer schloss Enrico die Haustür, als der Dreizehnjährige ebenfalls in die Wohnung gekommen war.
Tobi nickte leicht unschlüssig, er konnte es immer noch nicht fassen, dass er nun wirklich bei dem Italiener wohnen sollte.
Dieser lächelte nun und reichte dem Jungen seine Tasche, der sie sofort nahm.
„Pack es am besten gleich aus, stell ruhig deine Bücher zu meinen ins Regal, wenn noch genug Platz ist, ich räum einige Fächer im Schrank für dich frei.“, sagte er lächelnd ehe er ihm schon in Richtung seines Arbeitszimmers scheuchte, das sich direkt neben dem Schlafzimmer befand.
Der Schwarzhaarige gehorchte und betrat das Zimmer, das zwar wesentlich kleiner als die anderen Zimmer aber dennoch recht groß war.
Ein Schreibtisch voller Unterlagen stand unter dem Fenster und ansonsten standen dort vier Regale voller Bücher und drei Regale voller DVD auf der anderen Seite.
Der Halb-Thailänder sah sich einen Moment um, ehe er begann seine Bücher in die Regale einzuräumen.
Es dauerte eine Weile, da sein Seelenpartner ebenfalls ziemlich viele Bücher hatte, aber letztendlich passten seine auch noch mit hinein.
Dann schnappte er sich seine nun nicht mehr so schwere Tasche und ging damit in ihr, nun gemeinsames Schlafzimmer.
Dort stand Enrico vor dem dreitürigen Kleiderschrank und räumte eifrig seine Klamotten um, um für den Anderen Platz zu schaffen.
„Ah, da bist du ja“, rief der Schwarzbraunhaarige lächelnd, als er den Jungen entdeckte und er ging auf ihm zu.
„Ich hab dir die Hälfte des Schranks frei geräumt, ich hoffe es reicht“, meinte er nachdenklich, wenn nicht würde er einen größeren Schrank kaufen.
Aber sein Seelenpartner lachte nur leicht und legte denn seine Sachen in den Schrank, wo sogar noch ordentlich Platz übrig blieb.
Es klappte hervorragend.
Später stand Tobi in der Küche.
Schweigend schnitt er Gemüse klein während er nebenbei auf den Reis achtete, der im Wasserbad kochte, er sollte ja nicht zu matschig werden.
Ein Blick aus den Fenster verriet ihm, dass es bereits dunkel wurde, wie würde das nun werden wenn er hier wohnte? Würde das Anschaffen aufhören oder weitergehen?
Er seufzte leise als sich von hinten Arme um seine Schultern schlangen und er an einen warmen Männerkörper gezogen wurde.
„Was ist?“, fragte Enrico, als er ihn von der Seite her musterte.
Der Junge lächelte leicht und lehnte sich dann an den Mann, ließ es nur zu gerne zu wie dieser ihn festhielt.
Doch ehe er etwas sagen konnte fing sein Handy plötzlich an zu piepen und er erstarrte in den Armen des Anderen.
Ein Zittern ging durch seinen Körper und er spürte wie sich die Angst wie eine Kette um sein Herz legte.
Er wusste von wem die Nachricht kam und was darin stand, auch ohne sie zu sehen.
Der Italiener legte seine Hand auf Tobis, drückte sie leicht während der Junge trotz allem sein Handy aus der Hosentasche zog.
‚Komm’
Nur ein einziges Wort, keine Unterschrift, keine genaue Erklärung und trotz allem wusste Tobi was gemeint ist.
Es würde also nicht aufhören, auch wenn er nun woanders lebte.
Tja, er war wohl einfach zu naiv.
Enrico drückte seine Hand fester, auch er hatte die Nachricht gesehen und ahnte was es bedeutete.
„Tu es nicht.“, sagte er leise, wobei er seinen Griff um die Schultern des Jüngeren festigte.
Aber der Schwarzhaarige biss sich auf die Unterlippe und wandte sich aus den Armen des Anderen bis sich nur noch ihre Hände festhielten.
„Ich muss…“
„Deine Familie und Freunde?“
Der Dreizehnjährige nickte leicht und lächelte traurig.
„Ich kann sie nicht im Stich lassen Enrico, auch wenn ich da einfach nur weg will von der Szene“, sagte er traurig
Der Ältere nickte leicht, er verstand den Grund und er hatte ja gesehen wie brutal sein Vater war, so einfach war es nicht.
Er ballte die andere Hand zur Faust, ließ aber Tobis Hand nicht los.
Irgendwie konnte der Siebenundzwanzigjährige den Gedanken nicht ertragen, dass sich der Junge gleich von verschiedenen Männern anfassen lassen musste.
Im nächsten Moment packte Enrico den Schwarzhaarigen an der Schulter, um ihn näher an sich zu ziehen.
Dann drückte er ihn einen Kuss auf den Mund, sanfter als sonst lagen seine Lippen auf denen des Jüngeren ehe er sich wieder von ihm löste.
„Sei vorsichtig, und wenn was ist rufe an“, bat der Mann ernst und erst als der Jüngere genickt hatte ließ er ihn los.
„Bis nachher“, verabschiedete der Halb-Thailänder sich noch, ehe er nun auch die Hand des Anderen losließ und aus der Küche verschwand.
Enrico blieb alleine zurück, allein mit seinen Gedanken.
Alles war dunkel.
Seine Augen hatten sich bereits daran gewöhnt, da er bereits seit drei Stunden schlaflos im Dunklen lag.
Ein Blick auf den Digitalwecker auf seinen Nachtisch verriet Enrico, dass es bereits drei Uhr morgens war, er war noch immer nicht da.
Erneut drehte sich der Italiener im Bett um, sodass er genau auf die leere Betthälfte sah, wo der Andere lag, wenn er bei ihm schlief.
Er seufzte lautlos, ehe er hörte wie die Haustür aufgeschlossen wurde und dann leise, schleichende Schritte.
Er wollte ihn wohl nicht wecken, als wenn er schlafen könnte, wenn er wusste, dass sein Seelenpartner so einer widerlichen Arbeit nachgehen musste und seine Seele die ganze Zeit dabei schrie.
Erneutes Türen öffnen und dann das Wasser, das in der Dusche rauschte, nicht lange aber ausreichend.
Dann hörte er wie etwas rumste und Tobis leises Fluchen, anscheinend war er irgendwo gegengelaufen.
Die Zimmertür wurde leise aufgeschoben und wieder geschlossen. Leise Schritte huschten zum Bett.
Enrico rührte sich nicht, aber er sah schweigend zu wie sich der Jüngere unter die Bettdecke schob, aber nicht näher rückte.
Selbst in der Dunkelheit sah er, dass der schmale Körper zitterte und er spürte, dass der Andere aufgewühlt war.
Plötzlich schob er dann seine Arme um den Jungen und zog ihn fest an seine nackte Brust, da er wie immer nur mit Hose schlief.
Tobi erstarrte in dessen Armen und das Zittern verstärkte sich, er wimmerte.
„Shhh, ich bin’s nur Tobi.“, flüsterte der Ältere ruhig, wobei er ihn aber liebevoll über den Rücken strich.
Der Schwarzhaarige schien sich zu entspannen und er hörte auf zu wimmen, aber das Zittern verging nicht.
Aber er schmiegte sich nun schutzbedürftig an seine Brust während der Andere die Decke enger um sie legte.
Der Dreizehnjährige fühlte sich in den Armen des Anderen sicher und geborgen, wusste instinktiv dass ihn dort niemand etwas tun konnte.
Auch wenn das Leben nachts auf den Strich weiter ging, er da nicht entkommen konnte, so konnte er danach einfach in Enricos Armen liegen und sich festhalten lassen.
Nähe, Geborgenheit, Wärme, wie sein Herz schneller schlug bei ihm, wie seine Haut kribbelte wo der Andere sie berührte, die Wärme die in ihm aufstieg durch Enricos Geruch.
Immer näher rückte er an den Männerkörper, kuschelte sich Wärme suchend an die warme Haut, vergrub sein Gesicht an dessen Halsbeuge.
Genoss es wie der Italiener ihn ebenfalls immer näher an sich zog und ihn festhielt.
Anscheinend hatte er sich in ihn verliebt.
Sie rannte.
Wohin wusste sie nicht.
Jede Gasse sah gleich aus, die Häuser hatte sie noch nie gesehen, sie waren alle kaputt und wirkten so bedrohlich.
Wo war sie hier nur?
Die Straßen waren dreckig und feucht, überall lag Müll und sie sah auch oft kleine, haarige Tierchen, die vor ihr weg rannten.
Es machte ihr Angst.
Sie war noch ganz klein, vor einigen Wochen gerade mal drei Jahre alt geworden und sie hatte sich verirrt.
Plötzlich blieb sie mit ihren Füßen an etwas hängen und mit einen erschrockenen Laut plumpste das kleine Mädchen auf die feuchte Straße.
Sie schniefte leise und stand vorsichtig wieder auf, die Dreijährige war schon immer recht tollpatschig.
Traurig sahen ihre blauen Augen an ihren Sachen hinab, die nun ziemlich verdreckt waren.
Susanne trug eine rote Jacke, darunter ein fliederfarbenes Baumvollkleid und Kinderstiefel, die wasserfest waren.
„Oh nein...“, jammerte die Kleine als sie entdeckte, dass in ihrer weißen Strumpfhose am Knie ein Loch drinnen war.
Ihre Mutter würde ganz böse mit ihr werden, bitte nicht.
Sie wischte sich mit dem Ärmel über ihre tränennassen Augen bevor sie sich ängstlich umsah.
Das kleine Mädchen mit dem schulterlangen blonden Haar, das sie zu zwei niedlichen Zöpfen hochgebunden hatte, befand sich in einer dreckigen Seitengasse.
Wie war sie hier nur hingekommen?
Wie lange war sie überhaupt schon gerannt?
Sie sah hoch in den Himmel, der schon wahnsinnig dunkel war, als sie sich von ihrer Mutter losgerissen hatte war es noch hell gewesen.
Susanne war mit ihrer Mutter in der Innenstadt gewesen.
Zum Shoppen wie die Frau ihr gesagt hatte und da das Kindermädchen heute krank war musste das Kind eben mit.
Beide fanden das nicht gut.
Ihre Mutter war noch sehr jung und hatte keine Nerven für kleine Kinder.
Sie wollte sich lieber amüsieren, tolle Kleider besitzen, Partys feiern und von Männern und anderen Leuten bewundert werden.
Stattdessen musste sie mit ihrer kleinen Tochter, die total nutzlos war, durch die Stadt rennen.
Die Blonde hatte sich noch nie sonderlich wohl bei ihrer Mutter gefühlt, sie war immer schlecht gelaunt, schrie rum, stritt sich mit ihrem Papa und sah sie immer so kalt an.
Sie fürchtete sich vor der Frau.
Und dann einen ganzen Nachmittag mit ihr alleine unterwegs sein, das war keine gute Idee gewesen.
Susanne wusste gar nicht mehr was genau passiert war, nur dass ihre Mutter sie angeschrien hatte weil das Kind stehen geblieben war.
Sie hatte einen hübschen Teddybären im Schaufenster gesehen und wollte nur mal gucken, doch dann hatte ihre Mutter ihr eine heftige Ohrfeige verpasst.
Das kleine Mädchen hatte sie daraufhin nur entsetzt angestarrt, ehe sie sich losgerissen hatte und weggerannt war.
Die wütende Stimme ihrer Mutter hinter sich lassend.
Und nun war sie hier.
Es war dunkel, es war ziemlich kalt geworden, aber es war ja erst Mitte März und nun war sie auch noch nass und ihre Sachen waren kaputt.
„Mist…“, meinte die Kleine schniefend, ehe sie sich nochmals übers Gesicht wischte und weiter rannte.
Wohin wusste sie nicht, sie musste nur hier weg.
Kurz darauf stolperte Susanne auf die Hauptstraße von Watts heraus worauf sie sich verwundert umblickte.
Überall standen junge Erwachsene und Teenager in knapper Kleidung und Autos fuhren hier entlang, hielten bei den Leuten an.
Es herrschte hier eine ganz seltsame Stimmung, obwohl die Leute aussahen als wären sie fröhlich, schienen sie es gar nicht zu sein.
Komisch.
Das kleine Mädchen drehte sich einmal um die eigene Achse, um zu sehen wo sie nun hinmusste. als sie hinter sich Schritte hörte.
Verwirrt sah Susanne hinter sich und erkannte einen älteren Mann. der sie irgendwie seltsam angrinste.
„Na du bist aber eine süße kleine Maus, wer bist du denn?“, fragte der Mann wobei er näher trat und sie weiterhin so seltsam angrinste.
Unwillkürlich trat sie einige Schritte zurück ehe sie stolperte und auf ihren Po landete.
Der Mann machte ihr Angst, seine Augen funkelten so seltsam.
„Hey, lass die Kleine in Ruhe.“, sagte plötzlich eine ruhige Stimme und der Mann sah verwundert auf den Gehweg, der etwas weiter von ihnen entfernt lag.
Dort löste sich gerade eine Person aus dem Schatten und ging auf sie zu.
Es war ein männlicher Teenager mit schwarzem Haar, der die Arme vor der Brust, die von einer Jeansjacke bekleidet war, verschränkte und den Mann scharf ansah.
„Zieh Leine, Kleiner.“, meinte der ältere Mann genervt, er hatte keine Lust auf Störobjekte, wenn er gerade so was Süßes entdeckt hatte.
Aber der Junge ging nun weiter auf sie zu, ehe er sich einfach zwischen das kleine Mädchen und den Mann stellte.
„Ich würde dir raten du verschwindest, wenn Jayden rausbekommst, dass du hier kleine Mädchen antatscht die nicht zu seinen Leuten gehören kann’s für dich schmerzhaft werden.“, entgegnete der Jüngere kühl und der Andere schluckte entsetzt.
Jayden war im letzten Jahr brutaler geworden; wenn sich jemand nicht an die Spielregeln hielt wurde wahrlich noch grausamer bestraft.
Der Mann drehte sich dann hastig um und verschwand.
Tobi sah dem Mann einen Moment nach bis dieser verschwunden war und drehte sich dann zu dem Mädchen um.
„Hey Kleines, was machst du denn hier?“, fragte er lächelnd, wobei seine Augen nun nicht mehr so kalt wirkten, wie als er mit dem Mann gesprochen hatte, als er sich zu ihr hinunter hockte.
Die Kleine sah ihn nur mit großen Augen an und sagte nichts.
Was machte so ein kleines Mädchen hier, in dieser Gegend?
Er würde sie auf höchstens vier Jahre schätzen, eher eigentlich noch jünger. Wo waren ihre Eltern?
Susanne sah den Jungen nun interessierter an, legte auch den Kopf schief um ihn besser betrachten zu können.
Der Junge sah lieb aus und er hatte auch ganz sanfte Augen.
Sie streckte ihre Hände aus und fuhr damit streichelnd über das Gesicht des Anderen, denn sie sogleich anstrahlte.
„Du bist lieb!“, stellte sie fest, ehe sie aufsprang und die Arme um den Nacken des Anderen schlang.
Tobi legte verdutzt seine Arme um den kleinen Körper, drückte ihn leicht an sich, während sie ihren blonden Haarschopf an seine Wange kuschelte.
„Ganz lieb!“
„Komm, ich bring dich erst mal hier weg.“, sagte der Schwarzhaarige bevor er das kleine Mädchen einfach auf seine Arme hob.
Susanne ließ dies mit sich machen, kuschelte sich nur noch mehr an den Körper des Größeren, der schön warm war.
Er warf Laura, die an der Mauer lehnte und wartete, einen Blick zu woraufhin sie sich kurz schweigend umsah und ihm dann ein ‚okay’ Zeichen gab und ihm zuzwinkerte.
Der Halb-Thailänder schmunzelte leicht, zwinkerte zurück und verschwand dann mit dem Kind in einer Seitenstraße.
Tobi war vor kurzem Vierzehn geworden und es war bald ein dreiviertel Jahr her seitdem er bei Enrico eingezogen war.
Das Zusammenleben war angenehm schön und ruhig, wenn man von kleineren Streitereien absah, die sie ab und zu hatten.
Aber das war wohl normal, besonders bei ihnen, aber sie waren nie lange aufeinander böse, meistens kam einer von Beiden schon nach fünf Minuten und entschuldigte sich.
„Sag mal Kleines, wie heißt du denn?“, fragte er sie nach einigen Minuten in denen sie geschwiegen hatten.
Das Mädchen öffnete ihre blauen Augen und betrachtete den Jungen einen Moment, ehe sie den Zeigefinger in den Mund steckte und den Kopf schief legte.
„Susa… Susa…“, versuchte sie es und krauste ihre kleine Nase, auf der man einige kleine Sommersprossen erkennen konnte.
„Susi?“
Die kleine Schüttelte den Kopf.
„Susan?“
Erneutes Kopfschütteln und der Junge seufzte nachdenklich.
„Susanne?“
Nun nickte die Blonde eifrig mit dem Kopf, sodass die blonden Zöpfe flogen, Tobi lächelte daraufhin.
Wie konnte man so einem kleinen Mädchen nur so einen langen Namen geben, eine Abkürzung wäre besser.
„Du?“, fragte die Kleine wobei sie an den Kragen seiner Jeansjacke zupfte und ihn mit großen Augen ansah.
Er gluckste.
„Ich bin Tobi.“
„Tobi?“
„Ja genau, Tobi“
Das Mädchen sah ihn noch einen Moment an, schlang ihre Arme um ihn und kuschelte sich an ihn.
„Tobi!“
Er seufzte gelangweilt.
Enrico saß auf seinem Sofa und starrte desinteressiert auf den Bildschirm, auf dem man eine Horde Zombies erkennen konnte, die gerade eine Frau jagten.
Aber sein Blick wanderte immer wieder zu der Uhr, die über der Tür zum Arbeitszimmer hing und ihm verriet dass es gerade mal zwanzig Uhr war.
„Noch mindestens vier Stunden…“, murrte er, ehe er sich einen Schokocookie in den Mund steckte und an ihm knabberte.
Er vermisste seinen Seelenpartner, es war jede Nacht das Gleiche und er hatte das Gefühl, das die Zeit immer langsamer verging je öfter es geschah.
Doch plötzlich hörte man wie mit einen Piepen die Haustür aufgeschlossen wurde und kurz darauf betrat der Schwarzhaarige das Wohnzimmer.
„Hey.“, sagte er lächelnd und der Italiener sah ihn verdutzt an, ehe er aufsprang und strahlend zu ihm ging.
„Hey Tobi!“, rief der Achtundzwanzigjährige begeistert und er streckte die Arme nach dem Jüngeren aus, um ihn zur Begrüßung an sich zu drücken.
Doch anstatt sich von ihm knuddeln zu lassen legte Tobi ihm jedoch nur die kleine Susanne in die Arme, die den anderen Mann nun interessiert betrachtete.
„Eh, hä?“, fragte der Schwarzbraunhaarige verdutzt, während er das Kind ansah, das ihn daraufhin nur noch interessierter musterte.
„Sie ist plötzlich auf den Strich umhergeirrt und ich hab sie eingesammelt. Kannst du solange auf sie aufpassen? Ich muss wieder los.“, erklärte der Jüngere ihn und der Italiener nickte blinzelnd.
Tobi lächelte und drückte ihm ein Küsschen auf die Wange, ehe er dem Mädchen über den Kopf streichelte.
„Er wird auf dich aufpassen, sei lieb“, bat er sanft ehe er sich umdrehte und wieder aus der Wohnung ging um weiter zu arbeiten.
Enrico sah ihn blinzelnd nach ehe das Mädchen an seinem Hemd zupfte und damit bewirkte, dass er wieder zu ihr sah.
„Hunger.“
Enrico hatte noch nie viel mit Kindern am Hut gehabt, er war ihnen gegenüber meistens unsicher oder abweisend.
Er seufzte leise ehe er wieder auf das kleine Mädchen sah, das freudestrahlend in dem warmen Wasser planschte.
Sie war total verdreckt und ziemlich durchgefroren. Deshalb hatte er sie erst mal in die Badewanne gesetzt.
„Onkel Enrico, ich bin sauber.“, sagte die Kleine strahlend und der Mann musste leicht lächeln.
Nachdem er ihr gesagt hatte wie er hieß, hatte sie begonnen ihn Onkel zu nennen, irgendwie war das Kind ja niedlich.
„Gut, dann raus mit dir und ich mach dir was zu futtern.“, erwiderte er ehe er ein großes, weiches Handtuch nahm und das Kind dann aus dem Wasser hob.
Susanne gab dabei ein erfreutes Quietschen von sich, ehe sie sich brav von dem Italiener abtrocknen und dann in eines von Tobis Shirt und den frisch gewaschenen Schlüpfer stecken ließ.
Dann nahm er das Mädchen wieder auf seine Arme und ging mit ihr in die große Küche, wo er sie auf einen Stuhl absetzte, um dann den Kühlschrank unter die Lupe zu nehmen.
Was gab man einem so kleinen Mädchen zum Essen? Er hatte da echt keine Ahnung.
Er schmierte ihr dann einfach ein belegtes Brot und nahm auch noch einen Fruchtjogurt aus dem Kühlschrank, ehe er sich zu ihr setzte.
Er schnitt das Brot in kleine Stücke und half ihr etwas unsicher beim Essen, wobei Susanne jedoch alles brav aufaß.
Sie war ein sehr liebes Kind, mäkelte weder rum noch plapperte sie zwischendurch wie verrückt.
Was wohl daran lag, dass sie müde war.
Danach räumte Enrico schnell die Küche auf, da Tobi es nicht mochte wenn hier Unordnung herrschte, ehe er mit dem Kind ins Wohnzimmer ging.
Er setzte die Blonde auf dem großen Sofa ab. Dann ging er zu seinen Radio ging und suchte einen Kindersender, damit für die Kleine geeignete ordentliche Musik lief.
„Kannst du schwarzer Peter?“, fragte er, als er in einem Schubfach ein Kartenspiel fand und von dem Mädchen kam dazu ein begeisterter Ausruf.
Kurz nach Mitternacht wurde erneut mit einem Piepen die Haustür geöffnet und leise huschte der Vierzehnjährige in die warme Wohnung.
Verwundert bemerkte er, das in dem Wohnzimmer noch Licht brannte und nachdem er sich die Schuhe und seine Jacke ausgezogen hatte schlich er in den angrenzenden Raum.
Tobi blinzelte leicht verwundert als er auf das Sofa schaute.
Dort saß Enrico, er lehnte an der Rückenlehne und döste müde vor sich hin, während sich die kleine Susanne auf seinen Schoss zusammengerollt hatte und tief und fest schlief.
Der Schwarzhaarige hob erstaunt beide Augenbrauen und betrachtete die Beiden schweigend.
Er dachte immer, das Enrico nicht mit Kindern auskam, anscheinend hatte er sich getäuscht oder sein Seelenpartner war sich nicht bewusst gewesen dass er es konnte.
Dann ging er zum Sofa hinüber, setzte sich auf die Armstützen und tippte seinen Freund einige Male gegen die Wange ehe von diesen ein Brummen kam und er die Augen öffnete.
„Hey, ausgeschlafen?“, fragte der Jüngere lächelnd und schmiegte seine Stirn gegen Enricos Wange, der müde einen Arm um ihn schlang.
„Kinder sind anstrengend…“, murrte er wobei er sich übers Gesicht strich, von den Schwarzhaarigen kam ein leises Kichern und er kuschelte sich für einen Moment an ihm, bevor er sich wieder von dem Anderen löste.
„Dafür hast du dich aber anscheinend gut um sie gekümmert.“, erwiderte Tobi lächelnd, hob dann das Kind auf seine Arme und verschwand mit ihr in das gemeinsame Schlafzimmer.
Dort legte er sie in der Mitte des Bettes hin und deckte sie sorgfältig zu damit sie nicht friert. Susanne kuschelte sich sofort in die weichen Kissen und rollte sich wie eine Katze zusammen, ehe sie einfach weiter schlief.
Der Vierzehnjährige betrachtete sie dabei lächelnd ehe sich plötzlich zwei starke Arme um seinen Bauch legten.
„Komm, gehen wir duschen.“, murmelte Enrico an dessen Hals und er bemerkte mit einen schweren Gefühl in seinem Herzen, dass der Andere nach anderen Männern roch.
Er hasste es.
Der Schwarzhaarige nickte leicht und die Beiden zogen sich aus dem Schlafzimmer zurück, um leise ins Badezimmer zu verschwinden.
Das warme Wasser tat gut.
Tobi gab einen genießerischen Laut von sich, als er unter dem Wasserstrahl stand und er fuhr sich mit den Händen durch das schwarze Haar.
Enrico trat hinter ihm unter die Dusche und schmiegte sich von hinten an ihm, schlang auch seine Arme wieder um dessen Bauch.
„Ich hab mit der Vermissten-Abteilung telefoniert, dort wurde kein kleines Mädchen wie Sue gemeldet.“, erklärte er, während er seinen Kopf an Tobis Halsbeuge kuschelte.
„Sue?“ fragte er amüsiert und der Ältere brummte leicht.
„Susanne war mir zu lang und sie kann’s ja auch gar nicht ausquatschen, Sue klingt auch viel süßer.“
Der Jüngere gluckste leicht ehe er seinen Kopf gegen Enricos lehnte.
„Ich ruf morgen Früh noch mal an, vielleicht wissen wir dann schon mehr.“
Der Halb-Thailänder nickte nachdenklich ehe er nach dem Duschgel griff und begann sich einzuseifen.
Aber der Italiener nahm ihm das Duschgel aus der Hand und begann ihn stattdessen gründlich zu waschen.
Tobi kicherte leicht und versuchte von seinen Händen wegzukommen, da sie begannen ihn zu kitzeln.
„Hör auf.“, bat er lachend und Enrico hörte wirklich auf, legte dann aber seine Arme um dessen Hüften und zog ihn dann ganz nah an sich heran.
Leidenschaftlich presste er seine Lippen auf die des Kleineren, der sofort seine Arme um seinen Nacken schlang und dies erwiderte während er sich eng an den Älteren drückte.
Immer wilder würden ihre Küsse, doch als Tobi begann seinen Körper leicht an Enricos zu reiben unterbrach dieser ihn keuchend.
„Schluss“, bestimmte er ehe er sich von den Anderen löste und sich übers Gesicht fuhr.
In den letzten dreiviertel Jahr, seitdem sie zusammen wohnten, war die Anziehung schlimmer geworden und es fiel den Italiener immer schwerer sich zurück zu halten.
Aber er wollte sich zusammen reißen bis Tobi volljährig war, leider war das nicht so einfach wie er gehofft hatte.
Der Jüngere wollte ja dauernd kuscheln und bei ihm auf den Schoss sitzen, und beim Küssen fing er in letzter Zeit an sich immer mehr gegen ihn zu pressen und sich an ihm zu reiben.
Wer sollte denn da standhaft bleiben?
Der Schwarzhaarige sah ihn traurig an, sagte aber nichts sondern stellte dann das Wasser ab.
„Wir sollten schlafen gehen“, meinte der Vierzehnjährige lächelnd ehe er aus der Dusche stieg und sich mit den Handtuch abtrocknete.
Enrico folgte ihm und trocknete sich ebenfalls ab, ehe sie sich für die Nacht umzogen und das Bad verließen.
Leise huschten sie ins Schlafzimmer und schoben sich zu der schlafenden Sue unter die Bettdecke.
Tobi betrachtete schweigend das kleine Gesicht und strich ihr dann einige Haarsträhnen aus der Stirn, dann lächelte er.
„Süß.“, kommentierte er mit warmen Blick und der Andere gluckste leise.
„Stimmt, aber wir sollten jetzt wirklich schlafen.“, entgegnete er ehe er sich auf den Rücken legte und die Augen schloss.
Tobi rückte etwas mit Sue im Arm näher, sodass er eine Hand auf Enricos Brust legend konnte, auf seine Hand legte sich nach kurzer Zeit auch die Hand des Italieners drauf.
Kurz darauf waren die beiden Seelenpartner auch eingeschlafen.
Enrico erwachte am Morgen blinzelnd.
Die Sonne schien schon durch die noch geschlossenen, schwarzen Gardinen und ließ den Raum in einen hellen grau erscheinen.
Der Mann fuhr sich müde mit der Hand übers Gesicht, ehe er neben sich eine Bewegung spürte und dort hinsah.
Sue saß dort, hellwach und ziepte vergnügt an dem Kopfkissen, um sich zu beschäftigen.
Sie strahlte ihn an als sie bemerkte, dass er wach war und schnell kletterte sie auf seinen Bauch.
„Onkel Enrico, du wach!“, stellte sie begeistert fest und der Ältere lächelte leicht und strich ihr durch das zerwuschelte blonde Haar.
Er sah auf Tobi, der noch immer tief schlafend neben ihm lag und anscheinend noch nicht aufstehen wollte.
Enrico seufzte leicht, ehe er nach seinem Wecker griff, der auf den Nachtisch stand, um die Uhrzeit zu überprüfen.
Es war bereits um neun, Zeit zum Aufstehen.
„Komm Kleines, lass mich aufstehen.“, bat er noch immer recht müde, aber das Kind gehorchte und setzte sich wieder neben ihm auf die Decke.
Dann setzte sich der Italiener auf, fuhr sich noch einmal übers Gesicht bevor er aus dem Bett stieg und sich ausführlich streckte.
Auch Sue hüpfte aus dem Bett und kam zu ihm getapst wo sie sich einfach an sein Bein klammerte.
Sie war ein sehr anhängliches Kind.
Der Mann gluckste leicht ehe er sich zu ihr hinunter hockte und ihr über den Haarschopf strich.
„Lass mich erst anziehen, danach kümmere ich mich um dich, okay?“, bat er lächelnd und das Mädchen nickte gehorsam und ließ ihn los.
Enrico nahm sich dann einen Stapel Klamotten und verschwand aus dem Schlafzimmer, um sich im Bad waschen und anziehen zu können.
In diesen Moment kam ein leises Murren vom Bett und Sue sah sofort dahin.
Die Decke bewegte sich als der Vierzehnjährige sich drehte und die Decke über seinen Kopf zog, um besser weiterschlafen zu können.
Doch dann kam die Dreijährige zurück aufs Bett gekrabbelt und schlüpfte zu ihm in die warme Dunkelheit wobei der Junge erschrocken zusammenzuckte.
„Tobi, nicht schlafen, aufstehen!“, verlangte das Kind hellwach und sie zupfte an seinem Schlafshirt.
Er murrte erneut, zog dann aber wieder die Decke weg, damit er das Mädchen ansehen konnte.
„Müde...“, meinte er nur und Sue begann ihn in den Bauch zu pieken, um ihn noch mehr zu wecken.
„Onkel Enrico sich waschen, ich muss auch waschen und Hunger.“, zur Bekräftigung ihrer Worte knurrte ihr Magen und der Andere lachte leicht.
„Okay, ich steh ja schon auf.“, meinte er schmunzelnd ehe er sich aufsetzte und streckte.
Später saßen sie gemeinsam in der hellen Küche und frühstückten, da es Samstag war musste Tobi auch nicht zur Schule.
Der Schwarzhaarige half dem kleinen Mädchen beim Essen eines belegten Brotes während Enrico mit der Vermissten-Abteilung der Polizei telefonierte.
Missmutig legte er auf nachdem er nichts erfahren hatte und trank seinen Kaffee.
„Und?“, fragte der Junge und er sah zu dem Älteren, der abwinkte.
„Nichts, keine Vermisstenanzeige für ein kleines blondes Mädchen, dabei müsste sie doch schon über 10 Stunden vermisst sein.“, der Mann knurrte leicht ehe er Sue ansah, die fröhlich auf Tobis Schoss saß und heiße Schokolade trank.
„Aber ich hab die Adresse herausgefunden durch den Nachnamen, wir fahren am besten nach dem Essen hin“, erklärte er und der Andere nickte, ehe er auf das Kind sah.
War wohl besser so.
„Hier müsste es irgendwo sein.“, meinte Enrico nachdenklich.
Er fuhr mit seinem Auto durch die Straßen von Homboly-Hills, einem Stadtteil von Los Angeles in dem hauptsächlich reiche Familien lebten.
Überall befanden sich große, gepflegte Grundstücke, auf denen riesige und moderne Villen standen, umringt von hohen Zäunen.
„Da!“, rief Sue als Enrico an einer großen, weißen Villa vorbeifuhr, um welche ein schwarzer, hoher Zaun gebaut worden war.
Der Italiener hielt sofort an der Seitenstraße an und stellte den Motor aus.
„Okay, da wären wir“, meinte Tobi, der erst sich abschnallte und dann aus dem Auto stieg.
Dann machte er die Hintertür auf, schnallte das Kind ab und hob sie aus dem Wagen heraus, während sein Seelenpartner bereits am Tor stand.
Mit einem Klicken auf den Autoschlüssel verriegelte er den Wagen und sah dann auf das Schild neben dem Tor.
‚Mike Don, Rechtsanwalt für Strafrecht, Verkehrsrecht und Familienrecht’
„Ohi, ein Rechtsanwalt.“, murmelte der Junge mit gehobenen Brauen und der Ältere zuckte nur mit den Schultern und betätigte die Klingel.
Hoffentlich waren die Eltern da.
Ein Surren erklang aus der Sprechanlage und dann ging mit einen Klacken das schmiedeeiserne Tor auf, sodass sie auf das Grundstück treten konnten.
Gemeinsam gingen sie einen gepflasterten Weg durch gepflegtes Gras zu der Villa, wo bereits die große, schwarze Tür geöffnet wurde.
Eine junge, etwa einundzwanzigjährige Frau erschien dort und sah sie mit kalten, eisblauen Augen an.
Sie hatte brustlange, leicht gelockte rote Haare und sie trug ein kurzes, schwarzes Kleid, das sich eng an ihren weiblichen Körper schmiegte.
„Was wollt ihr?“, fragte sie genervt wobei sie erst den großen Italiener anstarrte und dann den vierzehnjährigen Jungen.
Irgendwie kam ihr der Bengel bekannt vor, nur woher?
Doch dann viel ihr Blick auf ihre kleine Tochter, die der Junge auf den Arm hatte und sie hob beide Augenbrauen.
„Ach, kommst du auch mal wieder nachhause?“, fragte sie genervt und das Mädchen zuckte zusammen und drückte sich enger an den warmen Jungenkörper.
Kathy rümpfte die Nase als sie dies sah, ehe sie wieder zu dem Mann sah, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte.
„Also, was wollt ihr jetzt?“
„Ihre Tochter zurückbringen, er hat sie gestern Nacht in Watts gefunden.“, erklärte der Polizist, wobei er doch etwas verwundert über das Verhalten der Mutter war.
Reagierte man nicht normalerweise anders wenn die Tochter wieder da war, die seit letzten Abend verschwunden war?
Doch die Frau verzog keine Miene der Freude, sondern rümpfte nur ihre Nase und verzog die rotgeschminkten Lippen.
„Kein Bedarf, ihr könnt sie gerne behalten“, meinte sie schlicht, ehe sie in die Villa zurückging und ihnen die Tür vor der Nase zuschlug.
Enrico und Tobi starrten entgeistert die Tür an und fragten sich ob das gerade nur ein schlechter Scherz gewesen sei.
Was war das denn für eine Mutter?
„Also so was hab ich ja auch noch nicht erlebt.“, meinte Tobi kopfschüttelnd.
Er und Enrico saßen in einen der Parks in Down-Town auf einer Bank, wo zu dieser Zeit auch schon viele Leute unterwegs waren.
Die Blumen auf den Wiesen begannen zu blühen und alles war bereits grün draußen, auch wenn es gerade recht frisch war.
„Ich versteh solche Eltern nicht“, meinte der Italiener zustimmend wobei er auf Sue sah.
Diese kletterte gerade vergnügt auf den Kinderspielplatz umher und rutschte dann jubelrufend die Rutsche hinab, ehe sie in den Sand plumpste.
Die Kleine war so niedlich und brav, wie konnte man so ein Kind nicht lieben?
„Ich auch nicht, aber leider gibt es solche Eltern öfter als man glaubt.“, sagte der Jüngere wobei er sich an den Anderen lehnte.
„Das ist wohl leider war.“.
Enrico seufzte leicht bevor er sich eine Zigarette anzündete und genüsslich den Rauch ausstieß.
Seit er mit den Jüngeren zusammenwohnte hatte er das Rauchen reduziert, obwohl er das noch nie für jemand anderen jemals versucht hatte.
„Die Frage ist was machen wir jetzt? Wir können sie doch nicht einfach behalten, aber zu dieser Kuh will ich sie auch nicht zurückbringen.“, murmelte er nachdenklich und Tobi löste sich von dem Älteren und sah zu dem Kind.
„Sue, komm mal her!“, rief er und das kleine Mädchen hob sofort ihren Kopf und sah zu ihm.
Strahlend stand sie auf und rannte auf die Beiden zu, um dann einfach auf den Schoss des Jungen zu klettern.
„Bin da“, meinte sie lächelnd während sie von Einen zum Anderen sah.
„Sag mal Süße, was ist eigentlich mit deinem Papa?“, fragte Enrico, der an einer ihrer blonden Haarsträhnen zupfte, die sie offen trug.
Das Kind legte den Kopf leicht schief.
„Papa immer arbeiten, selten da.“
„Wann ist er den immer da? Spät abends?“
Sie schüttelte ihren Kopf.
„Nein, zweimal schlafen da, dann fünfmal schlafen nie da.“, dabei zählte sie leicht die Tage an ihren Fingern und krauste nachdenklich die kleine Nase.
„Vor viermal schlafen da.“
„Also müsste er morgen wieder da sein.“, schlussfolgerte der Polizist und sein Seelenpartner nickte.
„Am besten fahren wir dann morgen Abend noch mal hin, solange kann sie ja bei uns bleiben,
oder?“
„Natürlich, solange bekommen wir die Kleine schon satt.“, Enrico grinste leicht und begann das kleine Mädchen zu kitzeln, die daraufhin erfreut auf quietschte.
Gemeinsam verbrachten sie den Samstagnachmittag an der frischen Luft, die immer wärmer wurde.
Der Frühling war wunderschön.
Enrico und Tobi tobte mit der kleinen Sue auf den Spielplatz herum, sie spielten im Park fangen mit ihr oder schubsten sie abwechselnd auf der Schaukel an, wobei sie glücklich jubelte.
Die Dreijährige war es nicht gewohnt, dass man sich so sehr mit ihr beschäftigte und mit ihr spielte, ihr Vater war so selten da und von ihrer Mutter wurde sie meistens ignoriert oder an geschrien.
Es machte so viel Spaß.
Am frühen Abend, es dämmerte bereits, waren die drei wieder bei Enrico zuhause.
Tobi stand in der Küche am Kühlschrank und inspizierte den Inhalt, während er nachdachte was er zum Abendessen machen sollte.
Es war im Laufe des Tages wieder kühler draußen geworden und die kleine Sue war am Ende ziemlich durchgefroren, also wollte er etwas Warmes kochen.
Er zog einige Zutaten heraus und entschied dabei, dass sie am Montag dringend wieder Milch einkaufen mussten.
Ob die Kleine zu den Nudeln auch Gemüsesoße aß?
„Werden wir ja sehn…“, meinte er leise zu sich selbst,ehe er Wasser für die Nudeln erhitzte und dann Möhren, Sellerie und anderes Gemüse in feine Würfel schnitt.
Plötzlich erklangen tapsige Schritte, die hastig in die Küche hinein gelaufen kamen und im nächsten Moment klammerte sich jemand an seinem Bein fest.
„Abendbrot?“, fragte Sue, wobei sie treuherzig zu den Jungen hinaufsah.
Sie hatten auf den Nachhauseweg einige Sachen für die Blonde gekauft und gerade trug sie einen rosafarbenen, flauschigen Schlafanzug und dazu passende Hausschuhe.
Tobi sah zu ihr hinunter und nickte schmunzelnd, ehe er ihr über den feuchten Haarschopf strich da sie gerade gebadet hatte.
„Isst du Nudeln?“, fragte er wobei er das Messer hinlegte und sich zu ihr hinunter beugte, um sie besser ansehen zu können.
Das Kind nickte begeistert und ihre Augen strahlten.
„Nudeln lecker!“, dabei strich sie sich über das Bäuchlein und leckte sich die Lippen.
Nudeln waren ihr Lieblingsgericht.
Der Vierzehnjährige lachte leicht, ehe er aufschaute als der Italiener sich ebenfalls zu ihnen in die Küche gestellte.
„Ich glaube, das Kind baden kann ich recht gut, oder?“, fragte er schmunzelnd.
„Ja, sie ist jedenfalls sauber und wieder schön warm.“, meinte der Jüngere zustimmend, wobei er das kleine Mädchen an sich drückte was diese strahlend zuließ.
Das sie bei den beiden Männern so viel gedrückt und auf den Arm genommen wurde war einfach nur wundervoll für das Kind.
Enrico grinste breit und stellte sich in einer Heldenpose hin.
„Tja, ich bin eben der Tollste, nicht?“
„Klar, du bist Supermann“, entgegnete der Jüngere belustigt.
Dann löste er sich von dem Mädchen und widmete sich wieder dem Gemüseschneiden, damit er endlich das Abendessen fertig kochen konnte.
Sue sah ihn dabei mit großen Augen zu, ehe sie aus der Küche flitzte und ins Wohnzimmer verschwand, um mit den Spielkarten zu spielen, die dort noch von gestern Nacht lagen.
Enrico sah ihr einen Moment zu bevor er sich wieder umdrehte und zurück zu seinem Seelenpartner ging.
Er trat neben ihm und sah ihm interessiert beim Kleinschneiden der Möhren zu ehe er leicht grinste.
Hastig wollte er nach einem Stück des orangefarbenen Gemüses greifen, doch ehe er es erreichte sauste schon die klinge des Kochmessers nur wenige Millimeter vor seinen Fingern in das Schneidebrett.
Der Italiener zuckte zusammen und sah mit verdutztem Blick auf den Jüngeren; der ihn böse anfunkelte.
„Naschen verboten“, sagte er bedrohlich leise und der Andere schluckte leicht ehe er mit der Hand abwinkte.
„Okay, ich hör ja schon auf“, meinte er ergebend und sofort lächelte der Andere wieder und widmete sich dem Gemüse schneiden.
Enrico beobachtete ihn dann wieder schweigend dabei. Tobi war in dem letzten Jahr viel besser beim Kochen geworden, aber das wunderte ihn nicht.
Wie ganz von selbst hatte es sich geregelt, dass der Halb-Thailänder das Kochen und die Pflanzenpflege bei ihnen übernahm, Enrico selbst kümmerte sich um die Wäsche und gemeinsam kümmerten sie sich um den Wohnungsputz.
Und es klappte gut.
„Gehst du heute arbeiten?“, fragte der Achtundzwanzigjährige und sofort hielt der Andere in der Bewegung die Soße zu rühren inne.
„Ich muss…“, erwiderte Tobi leise und der Italiener runzelte nachdenklich die Stirn.
„Er lässt sich aber seit Monaten kaum noch sehen.“
„Heißt aber noch lange nicht, dass er es nicht mitbekommt wenn einer fehlt Enrico…“, er widmete sich wieder der Soße zu.
Von dem Anderen kam ein tiefer Seufzer.
Enrico sah dann wieder zum Wohnzimmer, aus welchem immer wieder gejubelt wurde und leise, tapsige Schritte erklangen.
„An das könnt ich mich echt gewöhnen“, entgegnete der Jüngere lächelnd, als er es auch hörte und sein Seelenpartner nickte zustimmend.
„Ja, ich auch. Sie ist wirklich ein total süßes Kind und so lieb, aber beim Spielen voll lebhaft.“ Beim Sprechen wurden seine Augen ganz sanft.
Tobi grinste leicht und boxte ihn spielerisch in die Seite.
„Ich dachte du magst keine kleinen Kinder.“, meinte er und warf ihn dabei einen amüsierten Blick zu.
„Ich mag auch keine kleinen Kinder, sie sind laut, nervig und frech“, entgegnete Enrico schlicht ehe er den Schwarzhaarigen einen Kuss auf die Stirn drückte.
Dann ging er, leise vor sich hin pfeifend wieder ins Wohnzimmer.
Tobi sah ihn blinzelnd nach und fragte sich ob er den Typen da verstehen musste, ehe er mit den Schultern zuckte und sich wieder der Soße zuwandte.
Draußen war es bereits dunkel am Sonntagabend als sie erneut das Anwesen der Familie Don betraten.
Das Grundstück war so gepflegt wie gestern, der Rasen war in einer perfekten, geraden Linie gestuft, die Hecke hinter den großen Zaun war gestutzt und die Blumen, die überall in den Beeten blühten, sahen aus wie aus einem Fotoalbum.
Auch die Villa erstrahlte in ihren frischen, weißen Anstrich unter dem Licht des Mondes, was die schwarze Tür und die dunklen Holzumrandung der Fenster gerade richtig zur Geltung brachten.
Aber weder Enrico noch Tobi beeindruckte dieses Bild, als sie mit der kleinen Sue auf die große Tür zugingen.
Der Italiener hielt diesmal das Mädchen auf seinen Armen, einfach weil er stärkere Arme hatte wo es sich die Kleine gerade richtig schön bequem gemacht hatte.
Der Schwarzhaarige wollte gerade klingeln, als die große Tür geöffnet wurde und ihnen ein Mann entgegen kam.
Mike Don war ein großer, schlanker Mann von etwa fünfunddreißig Jahren mit blonden, kurzen Haaren und den gleichen blauen Augen wie seine Tochter.
Er trug noch einen eleganten Anzug und seine Gesichtszüge waren, im Gegensatz zu der seiner Frau freundlich als er die Drei ansah.
„Guten Abend.“, sagte er freundlich, ehe er seine Tochter entdeckte und sie anstrahlte.
„Susanne, da bist du ja.“, meinte er erfreut, ehe er das kleine Mädchen aus den Armen des Italieners nahm und sie an sich drückte.
„Kommen sie doch mit hinein.“, meinte er zu den Seelenpartnern freundlich ehe er mit seinem Kind in die Villa hinein trat.
Tobi und Enrico warfen sich kurz einen Blick zu ehe sie den Beiden ins Innere des Hauses folgten.
Er führte sie durch die helle Eingangshalle, in der nur einige gepflegte Pflanzen standen, die Treppe hinauf in den zweiten Stock.
Die Räume waren groß, aber nicht so groß wie die Villa von außen wirkte, aber die Inneneinrichtung wirkte seltsam kalt, genau wie die hellen Wände an denen lauter Kunstwerke hingen.
Der Rechtsanwalt führte sie in sein Arbeitszimmer, einen großen hellen Raum mit dunklem Boden.
An den Wänden standen zwei Bücherregale, in denen unzählige Ordner mit Akten über Klienten waren, verschiedene Rechtsregeln und Strafverhandlungen.
„Setzt euch doch“, dabei wies der Ältere auf das dunkle Sofa, das schräg in der Ecke hinter einem kleinen Tisch stand.
Tobis Blick wanderte unsicher zu der Uhr, die auf dem Schreibtisch stand, als er sich zusammen mit seinem Freund auf den Sofa setze.
Es war bereits 18:30 Uhr, er musste bald arbeiten oder er würde nachher was erleben.
Enrico bemerkte seinen Blick und fasste behutsam nach seiner Hand, um sie liebevoll zu drücken wodurch der Schwarzhaarige zu ihm sah.
„Mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich darum“, versprach er leise wobei er ihn aufmunternd anlächelte.
Der Halb-Thailänder sah ihn unsicher an, ehe er zögerlich nickte und den Händedruck erwiderte.
Er wollte es eigentlich nicht, dass Enrico dies ab und zu tat, aber manchmal war es leider notwendig, und innerlich war er trotz allem immer wieder unheimlich froh, wenn der Andere dies tat.
Mike legte die kleine Sue, die mittlerweile eingeschlafen war auf dem Zweisitzer-Sofa ab, das neben den Anderen an der Wand neben den Schreibtisch stand.
Er zog eine gelbe Kinderdecke über das Kind, damit sie nicht friere, ehe er sich auf den Bürostuhl setzte und sich zu seinen Gästen umdrehte.
„Vielen Dank, dass sie meine Tochter gefunden und hergebracht haben, ich hatte mir große Sorgen gemacht als meine Frau mir heute Mittag sagte, das Susanne verschwunden sei.“, erklärte er mit einem erleichterten Lächeln ehe er den Beiden je eine Tasse Kaffee aus einer Kanne, die auf den Schreibtisch stand, einschenkte.
„Ich hätte nicht gedacht, dass meine Tochter es schafft von ihren Entführern wegzulaufen, ohne dass sie sie irgendwie wieder einfangen können bevor sie jemand findet.“, er lachte leise.
„Moment mal…“, unterbrach ihn Enrico dann und er und der Jüngere tauschten kurz ein Blick miteinander aus, ehe sie den Vater wieder ansahen.
„Wieso Entführer?“, fragte Tobi verwundert und der Rechtsanwalt sah die Beiden schweigend an, ehe er die Tasse, die er gerade an die Lippen führen wollte, wieder absetzte.
„Nun ja, meine Frau sagte dass Susanne heute Früh, als sie sie wecken wollte aus ihrem Bett verschwunden war und sie einen Anruf bekommen hätte, das jemand unsere Tochter entführt habe“, erklärte der Vater ihnen.
Die beiden Dunkelhaarigen sahen den Mann daraufhin total verwirrt an.
Wie bitte?
„Das stimmt nicht.“, sagte Tobi der als erster wieder etwas sagte.
Endführung, das war doch eine totale Lüge den Sue war seit Vorgestern Nacht bei ihnen und die Mutter hatte das gewusst!
Mike sah verwirrt von einem zum anderen, doch Enrico schien immer noch total geschockt zu sein weswegen sich der Vater wieder an den Vierzehnjährigen wendete.
„Was stimmt daran nicht?“
„Alles daran stimmt nicht Mr. Don.“, sagte er ernst und sah dann zu dem blonden Mädchen das friedlich auf den Sofa lag und schlief.
„Ich habe Sue in der vorletzten Nacht gefunden wo sie auf der Hauptstraße von Watts umhergeirrt ist.“, erklärte er wobei er das Kind nicht aus den Augen ließ.
„Ich hab sie mit zu uns genommen, Enrico ist Polizist und er ist bis zum Morgen die Vermisstenanzeigen durchgegangen aber niemand hat ein kleines Mädchen gesucht! Und wir waren gestern Vormittag hier bei ihrer Frau mit ihr, aber diese Rabenmutter hatte gemeint sie hat kein Interesse daran das Kind wiederzubekommen und meinte wir könnten sie behalten.“
Tobi ballte die Hand, die nicht von Enrico gehalten wurde zur Faust und sah den Mann vor sich wütend an.
Mikes Augen weiteten sich bei jedem Wort entsetzt und er sah den Jungen geschockt an ehe er schluckte und zu dem Italiener sah der ihn ebenfalls ernst ansah und zustimmend nickte.
Es war wirklich war.
Der Blonde sah sie schweigend an ehe er ruckartig die Kaffeetasse auf den Schreibtisch abstellte und sich von seinem Bürostuhl erhob.
„Entschuldigt mich kurz...“, sagte er, vollkommen ruhig ehe er hastig das Arbeitszimmer verließ und die Tür schloss.
Tobi sah wütend auf den Boden und biss sich auf die Unterlippe.
Das war echt nicht zu fassen, erst machte die Mutter nicht mal eine Vermisstenanzeige, dann sagte sie wildfremden sie könnten ihre Tochter behalten und dann auch noch lügen!
„Diese Frau ist wirklich das letzte…“, meinte der Schwarzhaarige sauer ehe er seine Hand aus der des anderen löste und aufstand.
Leise ging er zu dem zweiten Sofa wo er sich fast lautlos davor hinkniete und das kleine Mädchen betrachtete.
Sie schlief friedlich, zusammengerollt wie ein Kätzchen und ihre blonden Haarsträhnen umrahmten das kleine Gesicht.
Tobi betrachtete sie traurig und strich ihr dann behutsam über den Kopf ehe er seine Stirn leicht gegen ihre lehnte.
Wie konnte man nur so eine Mutter haben die so heftig versuchte einen loszuwerden?
Was hatte die kleine Sue getan das ihre Mutter sie dafür so sehr hasste?
Er hörte die Schritte hinter sich als Enrico leise aufstand und sich hinter ihm stellte, die warmen, starken Hände die seine Schultern festhielten.
Eine stille Zustimmung zu seinen Gedanken.
„Kathy!“
Wütend riss Mike die dunkle Tür zu dem gemeinsamen Schlafzimmer auf.
Es war ein sehr großer Raum, die Wände bestanden aus einer dunklen Holzvertafelung und die eine Seite des Zimmers bestand aus einer reinen Glasfassade die einen wunderschönen Blick auf den Garten zeigte.
Aber der Rechtsanwalt hatte dafür Heute keinen Blick, stattdessen starrte er nur wütend auf die junge Frau die auf den weichen Hocker vor ihren Schminktisch saß.
„Was ist den?“, fragte die Einundzwanzigjährige schlicht wobei sie sich in den großen Spiegel begutachtete.
Ihre Finger zupften immer wieder an eine ihrer roten Locken um sie ordentlich in form zu bringen, schließlich wollte sie gleich zu einer Party.
„Was ist? Das fragst du noch?“, fragte der Mann aufgebracht ehe er auf sie zuging, sie heftig an den Schultern packte und die Rothaarige so dann zu sich drehte.
„Sag mal spinnst du? Was hast du dir dabei gedacht?“
„Von was redest du überhaupt?“, fragte Kathy genervt und Mikes Gesicht verdüsterte sich.
„Von was ich rede? Du hast mich angelogen, verdammt noch mal! Susanne ist bereits seit zwei Tagen verschwunden gewesen und Gestern Morgen waren die beiden schon mal hier und du sollst ihnen gesagt haben das sie unsere Tochter behalten können.“
Kathy sah ihn nun vollkommen ruhig an, keine Regung in dem schönen Gesicht oder den eisigen, blauen Augen die ihn ansahen.
Sie machte sich nicht mal die mühe es abzustreiten oder zu sagen das die anderen logen, nein.
Mit ihren ruhigen Blick, und dadurch dass sie sich nun einfach von ihm abwendete und begann sich noch etwas zu schminken gab sie es einfach zu.
Und die Rothaarige bereute es nicht mal, sie empfand nichts für ihr Kind.
Unsicher und noch immer zutiefst entsetzt betrat der Fünfunddreißigjährige wieder sein Arbeitszimmer.
Er konnte immer noch nicht fassen das Kathys Hass auf die kleine Susanne inzwischen so groß war das sie sie am liebsten einfach irgendjemanden in die Hand drücken würde ohne reue.
Mike sah auf und erblickte Tobi, der noch immer vor dem Sofa kniete und seiner kleinen Tochter mit einem liebevollen Blick immer wieder sanft über den Kopf strich.
Der Großgewachsene Italiener stand hinter ihm, hatte ihm die Hände auf die Schultern gelegt und betrachtete ebenfalls das schlafende Kind.
Anscheinend hatten sie das Mädchen in den zwei Tagen sehr ins Herz geschlossen.
Der Rechtsanwalt seufzte betrübt.
Er wünschte sich das auch Kathy so sein könnte, aber seine Frau war kalt wie das blau ihrer Augen.
Wie hätte er sich nur zu einer Heirat mit ihr überreden lassen können?
Enrico wurde durch diesen Seufzer auf den blonden Mann aufmerksam und er warf ihm einen fragenden Blick zu.
Hier, in diesem Haus herrschte eine seltsame Atomsfähre, einerseits so schrecklich kalt und anderseits so deprimierend.
Kein guter Ort für ein kleines Kind zum Aufwachsen.
„I…ich muss mich bei ihnen für die Unannehmlichkeiten und das verhalten meiner Frau endschuldigen. Vielen dank das sie sich so lange um meine Tochter gekümmert haben.“, meinte er unsicher.
Der Schwarzbraunhaarige verdrehte die Augen und nahm seine Hände von den Schultern des Jüngeren ehe er sich zu dem Mann umdrehte.
„Sie müssen sich weder endschuldigen noch bedanken. Wir haben das nicht für sie oder ihre Frau getan sondern weil wir diesen kleinen Quälgeist da lieb gewonnen haben.“, sagte er ruhig wobei er zu Sue deutete die sich inzwischen mehr in die kuschelige Decke gerollt hatte.
„Was sind sie überhaupt für Eltern? Die Mutter ist ein aufgebrezelter Eisblock und der Mann ein Arbeitstier der anscheinend nichts mitbekommt und sein Kind mit so einer Frau alleine lässt.“, Enricos Stimme sprühte nur gerade zu vor Verachtung.
„Anstatt zu arbeiten wie verrückt sollten sie sich lieber mehr um ihre Tochter kümmern, die Kleine ist so liebebedürftig und anhänglich, wie können sie so jemanden einfach bei so einen Miststück von Frau lassen? Was sind sie denn für ein Vater?“, fragte er wütend und Mike zuckte wie ein geschlagener Hund zusammen.
Der Blonde wusste dass der Mann Recht hatte, er hatte seine Tochter zwar gern aber nicht mehr als man ein süßes, kleines Mädchen eben gern hatte, aber nicht wie eine Tochter.
Nur wie das Kind eines Bekannten das man ab und zu mal sah wenn man den Bekannten besuchte und etwas mit ihm spielte, mehr nicht.
Letztendlich war Susanne ja schuld daran das er diese Ehe eingehen musste, währe Kathy nicht mit dem Baby schwanger geworden hätten seine Eltern ihn nicht dazu gedrängt das Model zu Heiraten.
Dann währe er nun nicht in dieser Ehe gefangen, könnte weiter überall auf der Welt arbeiten und leben und weiterhin sich mit verschiedenen Frauen verabreden und abendteuer erleben.
Aber nein, da Kathy nicht mit ihrer Pille aufgepasst hatte und unbedingt sicher sein sollte das das Baby von ihm war, musste es geschehen.
Seine Eltern hatten wenigstens erstmal zur Verlobung gedrängt und nachdem der Vaterschaftstest es bewiesen hatte auch noch zur Hochzeit.
Mikes Blick verdüsterte sich.
Alles nur wegen dieses Kindes.
Enrico knurrte leicht als er den Blick des anderen bemerkte, er würde den Typen am liebsten eine Reinschlagen so dass dieser wieder zu Verstand kam.
Aber die Hand seines Mitbewohners, die seinen Arm Festhielt hielt ihn zurück etwas Dummes zu tun.
Es hätte sicherlich ehe nichts gebracht.
„Wir sollten gehen.“, meinte Tobi leise zu seinem Begleiter der daraufhin zustimmend nickte.
Das sollten sie wirklich.
Sie warfen noch einen letzten Blick auf die kleine Sue ehe sie an den Rechtsanwalt vorbei zur Tür gingen.
„Eines noch...“, begann der Italiener und bewirkte somit das Mike sie beide wieder ansah.
„Weder ihre Frau noch sie scheinen wirklich Interesse an dem Mädchen zu haben, noch es irgendwie zu lieben. Tun sie sich selbst, ihrer Frau und ihrer Tochter einen gefallen. Geben sie Sue zur Adoption frei.“
Der Blonde zuckte erst zusammen ehe er schweigend nickte. Er hatte Recht, es war vielleicht wirklich das Beste.
Plötzlich regte sich etwas auf dem zweiten Sofa und Sue öffnete blinzelnd die Augen.
„Hm?“, murmelte sie schlaftrunken ehe sich aufsetzte und mit ihren Fäustchen über ihre Augen rieb, dann sah sie zu der Tür und sprang erschrocken auf.
„Nicht gehen!“, rief sie ängstlich ehe sie vom Sofa runterhopste und hastig zu ihren beiden neuen Freunden lief.
Tobi und Enrico blieben stehen und sahen synchron zu dem Kind das sich nun an die Hüfte des Vierzehnjährigen klammerte.
Mike blinzelte verdutzt als er dies sah, er hatte noch nie gesehen dass seine Tochter so an jemanden gehangen hatte.
Sue liefen die tränen über die Wange während sie sich verzweifelt an den Jungen festklammerte und auch immer wieder zu dem Achtundzwanzigjährigen sah.
„Nicht alleine lassen!“, verlangte sie.
Tobi sah traurig auf das Kind hinab, schlang instinktiv seine Arme um den kleinen Körper.
Er wollte sie auch nicht hier lassen, in dieser eisigen Kälte wo sie niemand lieb hatte.
Wer wusste ob ihre Mutter sie nicht wieder den erst besten in die Hand drückte und es dann niemand war der sie wieder brachte?
Er sah traurig zu Enrico der auch nicht glücklich wirkte mit dieser Situation aber was sollten sie tun?
„Wir müssen aber jetzt Nachhause gehen, Sue.“, sagte er sanft aber daraufhin klammerte sich das Kind nur noch fester an den Schwarzhaarigen.
„Sue mitkommen!“, verlangte die Blonde und sie schmuste ihre Wange dann lieb an seinen Bauch ehe sie ihn treuherzig mit großen Augen ansah.
„Sue bei Tobi und Onkel Enrico bleiben.“
Der Rechtsanwalt beobachtete dies schweigend.
Es war wirklich das erste Mal das seine Tochter nach etwas verlangte, sonst war sie immer brav und still.
Sie hatte nie nach Spielzeug oder Süßigkeiten verlangt wenn man mit ihr durch die Läden zog, war weder schnell bockig oder heulte los weil sie etwas nicht bekam.
Susanne war ein schrecklich braves und gehorsames Kind, sehr still und leise.
Das war das erste mal das sie etwas verlangte, das sie etwas wollte und an etwas hing, Beziehungsweise an jemanden wie diese beiden Personen.
Auch stellte Mike fest dass sie offenbar in den zwei Tagen bei den beiden lebhafter und selbstbewusster geworden war, jetzt war sie wirklich ein kleines Kind.
Der Blonde lächelte leicht als er beobachtete wie sich nun auch Enrico neben dem Mädchen hinhockte und ihr versuchte zu erklären das sie nicht mitkommen konnte und bei ihn bleiben dürfte.
Vielleicht war er wirklich zu einfach gestrickt, zu egoistisch und zu Verantwortungslos aber in diesen Moment wusste er genau dass dies das Beste für alle war.
Für Kathy, für Susanne, für ihn und für diese beiden Männer.
„Sue mitkommen.“, verlangte die Blonde erneut wobei sie diesmal die Arme um den Nacken des Italieners schlang.
„Sue bei Onkel Enrico und Tobi bleiben.“
Der Mann seufzte leicht, fuhr ihr beruhigend über den Rücken und überlegte wie sie das Mädchen beruhigen konnten.
„Ich finde das ist eine gute Idee.“, sagte Mike der nun wieder etwas näher zu den drei Personen trat.
„Hä?“, fragte der Mann verwirrt wobei er zu dem Blonden Mann sah, genau wie sein Seelenpartner der sich neben ihnen gekniet hatte.
Der Rechtsanwalt lächelte und sah dann auf Sue die sich an den Italiener geklammert hatte.
„Susanne scheint an ihnen beiden zu hängen und sie an dem Kind ebenfalls, was würde dagegen sprechen? Sie sagten doch selbst das es das Beste für meine Tochter währe wenn wir sie zur Adoption freigeben würden, nicht?“, fragte er.
Enrico nickte leicht irritiert aber langsam schien es ihm zu dämmern was Mike vorhatte.
„Das würde niemals funktionieren. Wir würden keine Genehmigung bekommen.“
„Natürlich nicht sofort für eine Adoption solange ihr Geliebter noch Minderjährig ist aber ein Pflegevertrag dürfte man Problemlos durchsetzen können.“, erklärte er ehe der Rechtsanwalt erneut auf Sue blickte.
„Besonders wenn die Eltern ihre Einwilligung dazu geben.“
Daraufhin hob Enrico überrascht beide Augenbrauen.
Tobi sah derweil verständnislos von einem zum anderen denn er hatte gerade Probleme dem Gespräch zu folgen.
Was meinten sie mit Pflegevertrag und was für Genehmigungen?
Er zog dann die Dreijährige auf seine Knie die sich daraufhin zufrieden an ihm schmiegte und erneut eindöste, es war bereits Schlafenszeit für sie.
„Sie würden für uns ihre Einwilligung geben? Ihre Frau auch?“, fragte Enrico erstaunt.
„Von meiner Seite aus würde es keine Probleme geben da ich sehe dass Susanne ihnen ans Herz gewagsen ist. Meine Frau hingegen wird zu allen ihre Zustimmung geben wenn sie dadurch das Kind loswird.“
„Moment mal!“, rief Tobi dazwischen und bewirkte damit dass die beiden Älteren nun wieder zu ihm sahen.
„Du hast schon richtig verstanden Kleiner, mein Mann und dein Liebling bereden gerade das die kleine Göre bei euch leben soll.“, antwortete eine Frauenstimme auf die unausgesprochene frage.
In der Tür, am Rahmen gelehnt stand Kathy, die Arme vor der üppigen Brust verschränkt und ihn mit kalten Blick ansehend.
„Und du hast recht Mike, ich gebe nur zu gerne mein Einwilligung wenn ich dann endlich diese kleine Göre loswerde, mir egal ob Homopärchen oder ein Pädofilen-pärchern, Hauptsache sie ist endlich weg.“
Der Fünfunddreißigjährige seufzte leicht, das hatte er bereits vermutet.
Der Achtundzwanzigjährige knurrte leicht und warf ihr einen wütenden Blick zu ehe er sich wieder seinem Seelenpartner zuwendete der unsicher auf das Kind sah.
Auch der Italiener sah dorthin, strich behutsam mit der Hand über den blonden Haarschopf ehe er wieder zu den Jüngeren sah.
Tobi erwiderte den Blick noch immer leicht ungläubig ehe er wieder auf das schlafende Mädchen blickte und schluckte.
Unsicher ob sie das wirklich schaffen würden.
Sie beide ein kleines Kind aufziehen, sie erziehen, sich um sie kümmern und sie aufwachsen sehen. Würden sie das schaffen?
Der Vierzehnjährige betrachtete das schlafende Gesicht des Kindes, die geschlossenen Augen, die blonden Haare die das kleine Gesicht umrahmten und ein warmes Gefühl breitete sich in seinen Bauch aus.
Der Schwarzhaarige strich ihr liebevoll über die Wange ehe er seinen Blick wieder hob und zu seinem Freund sah.
Enrico lächelte ihn aufmunternd an, nahm seine Hand und drückte sie sanft ehe die beiden nun wieder zu den Eltern blickten.
„Einverstanden.“
Mike gab einen erleichterten Seufzer von sich ehe er lächelte, froh darüber das das Pärchen damit einverstanden war.
Die Rothaarige hingegen sah die beiden einen Moment nur schweigend an, spürte ein brennendes Gefühl in sich als sie diesen Zusammenhalt sah ehe sie nickte.
„Mike, mach die Einverständniserklärung fertig damit wird das unterschreiben können und sie sich endlich verziehen, wir kommen sonst zur Spät zur Party.“, sagte sie schlicht ehe sie sich umdrehte und wieder aus dem Arbeitszimmer ging.
Ihr Mann seufzte erneut ehe er wieder zu seinem Computer ging und begann die Einverständniserklärung zu schreiben, dabei ignorierend das der Italiener und sein Seelenpartner der Frau mit bösen Blick nachsahen.
„Dann gehen wir am besten gleich noch in Susannes Zimmer und packen ihre Sachen ein.“, meinte der Rechtsanwalt als er die beiden Zettel aus den Drucker nahm und sich zu ihnen umdrehte.
Doch Enrico schüttelte nur entschieden den Kopf wobei er Tobi half mit dem kleinen Mädchen im Arm aufzustehen.
„Nicht nötig, wir kaufen für sie alles neu.“, meinte er schlicht, er selbst besaß ja mehr als genug Geld und nichts sollte sie je an hier festhalten.
Mike nickte verstehend, unterschrieb dann schnell seine Einverständniserklärung ehe er mit den beiden anderen und dem schlafenden Kind den Raum verließ.
„Ich werde gleich Morgen alles mit dem Jugendamt abklären und ihnen von uns die Genehmigung zum Pflegevertrag und für später zur Adoption geben. Sie werden dann sicherlich im laufe der Woche besuch von einen der Mitarbeiter bekommen die alles überprüfen werden.“, erklärte Mike als sie vor dem Anwesen der Dons standen.
Enrico stand vor seinem Auto, einen Arm um Tobis Schultern geschlungen der das schlafende Mädchen an sich gedrückt hatte.
Der Ältere nickte verstehend während sein Freund nur schwieg und wütend auf die Straße blickte, er verstand solche Menschen nicht.
„Mike, wir müssen.“, erinnerte die junge Frau ihren Mann die sich bei ihm untergehackt hatte.
Sie hasste es zu spät zu einer Party zu kommen denn dann würde es Gerede geben und darauf hatte sie keine Lust.
Der Rechtsanwalt verdrehte die Augen, nickte aber leicht und sah dann wie der Vierzehnjährige bereits zum schwarzen Wagen ging und das Kind auf die Rückbank setzte und es behutsam anschnallte.
„Schöne Party noch.“, meinte der Italiener sarkastisch woraufhin von den Blonden wieder ein seufzen kam und seine Frau strahlte.
„Danke, werden wir haben.“, bedankte sie sich ehe sie ihren Mann dann zu ihren Wagen zog um endlos loszufahren.
Enrico schnaubte leicht und stieg dann ebenfalls in sein Auto und schnallte sich an.
„Fahr vorsichtig.“, bat Tobi ehe er ihn kurz sanft über die Wange strich und sich dann auch anschnallte.
„Ich doch immer.“, erwiderte der Ältere ehe er den Motor startete und dann losfuhr.
Nun hatten sie auch mit dem Kind zusammen gefunden, ein weiterer teil des Schicksalsweges war passiert, ein erneutes Glied in der Kette vorhanden.
Ihr weißes Haar flatterte im Wind als sie die drei Personen beobachtete die nun diesen Stadtteil verließen.
Der Blick ihrer blutroten Augen war leicht bekümmert als sie daran dachte was sie noch tun musste, wo und für was sie nachhelfen musste.
Sie wollte dies nicht, es würde wieder schmerz bringen aber sie musste es tun.
Dies war ihre Aufgabe, ihre Bestimmung, das für was sie erschaffen worden war um dies zu tun.
Den Laylas Aufgabe war dafür zu sorgen das alles nach dem Schicksalsweg lief, egal wie grausam es war.
Ein leises seufzen entfuhr ihren Mund ehe die schöne, weißhaarige Frau verschwand.
Das helle Sonnenlicht schien durch die großen Fenster und erhellte das geräumige Zimmer.
Keine Möbel standen darin, die Wände waren weiß und leer aber der Boden, der aus dunklem Laminat bestand, war mir einer Schutzfolie abgedeckt.
Plötzlich wurde die Zimmertür geöffnet und Enrico und Bradley betraten den Raum, jeder mit einem Eimer roter Wandfarbe, Leiter und Farbrollen.
„So, da hätten wir auch alles.“, meinte der Italiener als er die Werkzeuge in der Mitte des Raumes abgelegt hatte.
Sein Partner tat es ihm gleich und streckte sich danach ausführlich ehe er sich den Raum an und dann skeptisch auf die Farbe sah.
„Ein rotes Zimmer?“
„Ja, sie sagte sie mag rot und ganz ehrlich, besser als Pink oder?“
„Definitiv besser.“, meinte der Blonde zustimmend ehe er die Leitern an die gegenüberliegenden Wände stellte und sich dann wie sein Freund einen Eimer Farbe nahm.
Sie trugen beide alte Klamotten bei denen es nicht schlimm war, wenn sie sich mit Farbe bekleckerten, die Sachen würden sie so oder so nie für was anderes als Handwerkliches anziehen.
„Wie sieht es denn mit den Möbeln aus?“, fragte der Blonde nach einer Weile und der Italiener deutete dann nach links, wo das Schlafzimmer stand.
„Die stehen nebenan, müssen wir nur noch zusammenbauen.“ „Cool, heute sind wir mal ganz handwerklich, hm?“ „Klar, muss ja auch mal sein.“
Bradley gluckste leicht und widmete sich dann wieder seiner Wand während der Ältere begann vor sich hin zu summen.
„Ich hätte nie gedacht das du mal ein Kind adoptierst.“, stellte der Blonde fest.
Enrico hielt in der Bewegung inne, dachte kurz blinzelnd darüber nach ehe er schmunzelte.
„Ich auch nicht, ich hätte auch nie gedacht mal mit jemanden zusammen zu wohnen, aber es ist passiert und Sue ist auch so niedlich.“, er lächelte dabei.
Bradley betrachtete ihn dabei schmunzelnd.
„Das ist wohl war, unser beider Leben ist im letzten Jahr echt anders geworden.“
„Stimmt, du hast Diana, ich führe seit einem dreiviertel Jahr eine Beziehung mit Tobi und nun kommt auch noch Sue; das Leben kann manchmal nur toll sein.“ Er strahlte.
Bradley sah ihn einen Moment total perplex an ehe er lachte.
„Hilfe, wer bist du? Sicher nicht Enrico.“, meinte er amüsiert und Enrico lachte gutgelaunt mit.
„Hey ihr Lachsäcke, ihr sollt arbeiten.“, meinte Tobi, der in diesen Moment in das leere Zimmer trat.
Im Gegensatz zu den beiden Männern trug er jedoch einfache Freizeitkleidung, da er auch schon wieder Schule gehabt hatte.
„Ach, lass und doch etwas nebenbei lachen.“, entgegnete sein Freund amüsiert ehe der Italiener Sue bemerkte, die bei dem Vierzehnjährigen stand.
Sie hatte die Arme um dessen Bein geschlungen und sah mit neugierigem Blick den beiden Männern zu, die ihr neues Zimmer strichen.
„Rot.“, sagte sie erstaunt und Enrico legte dann schmunzelnd die Farbrolle weg ehe er sich zu ihr beugte.
„Gefällt es dir?“, fragte er interessiert und das kleine Kind nickte begeistert mit dem Kopf.
„Rot schön!“, sagte sie strahlend ehe sie sich von den Schwarzhaarigen löste und dann näher zu der Leiter hopste.
„Onkel Enrico knuddeln!“, verlangte die Dreijährige wobei sie die Arme nach den Mann ausstreckte.
Dieser gluckste leicht und hob sie dann hoch auf seine Arme, um sie liebevoll zu drücken und ihr ein Küsschen auf den Kopf zu drücken.
„So, nun muss ich aber weitermachen.“, meinte er bestimmt ehe er das Kind wieder seinem Freund in die Arme drückte.
Dann scheuchte er die Beiden hinaus und widmete sich wieder seiner Wand.
„Ich beneide dich irgendwie.“, sagte Diana.
Sie und ihr Halbbruder saßen an den Küchentisch, jeder mit einer Tasse heißer Schokolade vor der Nase.
„Warum das?“, fragte er blinzelnd und die Blonde lächelte leicht und strich Sue, die sie liebevoll in ihren Armen wiegte über die Wange.
„Du wohnst mit Enrico zusammen und nun habt ihr auch noch ein kleines Kind.“, sie lächelte verträumt.
„Ich will auch ein Baby.“
Tobi hob unbeeindruckt eine Augenbraue ehe er sich auf den Stuhl zur Tür lehnte.
„Hey Bradley, Diana will ein Baby!“, rief er nach hinten und im nächsten Moment hörte man wie jemand von der Leiter plumpste.
„Was!?“, fragte der blonde Polizist perplex zurück und man hörte Enricos gutgelauntes Lachen darüber.
Tobi grinste breit und sah dann wieder zu seiner Halbschwester zurück, die ihn anstarrte und dabei leicht rot geworden war.
„Spinnst du? Doch nicht jetzt.“, zischte sie leise und er zuckte nur amüsiert mit den Schultern.
Diana zog einen Schmollmund und begann dann wieder das kleine Mädchen zu wiegen, das in den Armen der Älteren eingeschlafen war.
„Was hat Mom denn dazu gesagt?“, fragte die noch Fünfzehnjährige wobei sie ihn neugierig ansah.
Seit Diana bei Tobi und seiner Mutter wohnte, nannte sie die Thailänderin ebenfalls ‚Mom’, was Sira sehr freute.
Der Schwarzhaarige zuckte erneut mit den Schultern. „Was soll sie dazu schon sagen? Sie meinte es ist besser wenn die Kleine bei ihren Eltern rauskommt und das sie wirklich total süß ist aber das wir aufpassen sollen. Ein Kind großzuziehen ist Schwerstarbeit.“
„Dabei hat sie sicher an dich gedacht.“, meinte die Blonde grinsend und ihr Halbbruder sah sie empört an.
„Du warst doch tausendmal schlimmer.“ „Nein, ich war ein kleiner Engel.“ „Du und Engel? Das passt doch gar nicht in einen Satz zusammen rein.“
„Arsch.“, meinte sie beleidigt woraufhin von ihm nur ‚Zicke’ kam ehe sie sich gegenseitig die Zunge herausstreckten.
Es war schon spätnachmittag als Diana und Bradley sich verabschiedeten um nachhause zu gehen.
Die Fünfzehnjährige wohnte noch immer bei Sira, wo es seit Tobis Auszug seltsamerweise keine Übergriffe mehr gegeben hatte.
Der Blonde hingegen wohnte einige Straßen weiter Richtung Silver-Lake in einem Zweizimmer Apartment in einem der großen Hochhäuser.
Es war sehr ruhig geworden im letzten Jahr, selbst die brutalen Morde und Vergewaltigungsfälle auf den Morddezernat waren viel weniger geworden was alle verwunderte, aber niemand würde sich beschweren.
Wo denn auch und bei wem?
Alle genossen es, auch wenn es etwas unheimlich war.
Immer wieder gab Sue einen begeisterten Ausruf von sich.
Sie stand in der Mitte ihres neuen Zimmers und blickte sich mit leuchtenden Augen um, man sah ihr an, dass der Raum ihr gefiel.
Die Wände waren in einem schönen Zinnoberrot, die Vorhänge waren in einem leuchtenden Orangerot und dadurch wirkte der Raum warm und gemütlich.
Ein großes Kinderbett stand in der Ecke unter dem Fenster, auf welchem einige Kuscheltiere drauf saßen, und unzählige andere Kindermöbel.
Die Dreijährige gab erneut einen begeisterten Jubelruf von sich ehe sie sich auf den flauschigen, roten Teppich rollte der nun in der Mitte des gemütlichen Zimmers lag.
„Schön!“, sagte sie überglücklich.
„Ich glaube ihr gefällt es.“, meinte Enrico amüsiert wobei er das Kind beobachtete.
Er stand an den Türrahmen gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt und war froh über die Begeisterung des Mädchens.
Tobi, der neben ihm stand nickte lächelnd ehe er seinen Blick ebenfalls umherschweifen ließ und dann einen Arm um den seines Seelenpartners schlang.
„Es ist aber wirklich klasse geworden Enrico.“, meinte er lächelnd und fuhr mit der anderen Hand sanft über die Wange des Größeren.
Der Italiener warf ihm einen liebevollen Blick zu ehe er dem Schwarzhaarigen einen Kuss auf die Stirn gab und sich dann von ihm löste.
Der Vierzehnjährige sah ihm schweigend nach ehe der erneute Jubelruf von Sue wieder seine Aufmerksamkeit zurückverlangte.
Das kleine Mädchen hatte die Stofftiere entdeckt.
Leicht erschöpft ließ sich Enrico aufs Sofa nieder.
Das Kinderzimmer streichen und die Möbel aufbauen war nach einigen Jahren doch wieder etwas ungewohnt gewesen und dann hatte er heute auch noch Nachtschicht.
Er legte den Kopf in den Nacken und seufzte.
Das würde ein sehr langer Tag werden.
Der Italiener legte eine Hand in den Nacken und massierte ihn leicht, versuchte die Verspannung zu lösen unter der er seit ein paar Tagen litt.
Er hatte es wohl beim Muskeltraining letzten Mittwoch übertrieben, den seitdem hatte er Schmerzen im Nacken und im Rücken.
Erneut seufzte der Achtundzwanzigjährige ehe sein Handy, das auf den Wohnzimmertisch lag, klingelte und damit anzeigte, dass jemand mit ihn sprechen wollte.
Er knurrte leicht genervt als Antwort ehe er nach dem Telefon griff und ranging.
„Enrico hier.“, murrte der Mann und man hörte am anderen Ende der Leitung ein leises Lachen.
„Ah, du bist es Mama, was gibt’s?“
„Ich wollte nur einmal hören ob der kleinen Sue ihr neues Zimmer gefällt.“
Enrico verdrehte die Augen.
„War ja klar, wie lange weißt du schon, dass sie zu uns kommt?“, fragte er schlicht und selbst durch das Handy konnte er sehen, dass seine Mutter lächelte.
„Die erste Vision über sie war als du das erste Mal auf Tobi trafst, ein wahrlich entzückendes Kind, findest du nicht?“ sie kicherte leicht und er seufzte ergeben.
„Ja, sie ist wirklich süß und ein kleiner Engel, aber warum hast du mir das mit den Kind nicht schon früher erzählt?“ „Du wolltest doch keine Einzelheiten haben mein Sohn, oder irre ich mich?“, erinnerte sie ihn daran und er seufzte erneut.
„Nein das nicht, aber das mit dem Kind hättest du mir wirklich sagen können. Sich etwas emotional darauf vorbereiten wäre ja nicht schlecht gewesen.“
Maria am anderen Ende der Leitung kicherte erneut.
„Ach was, es lief doch alles wunderbar oder nicht? Du bist jetzt schon in das Kind vernarrt und von Tobi wollen wir lieber gar nicht reden.“, sagte die Ältere lächelnd.
„Es wird eine wundervolle Zeit werden mein Sohn, genießt sie aus vollen Zügen.“
Enrico sagte nichts dazu, sondern schwieg nachdenklich.
Plötzlich hörte man Schritte und im nächsten Moment betrat Tobi das Wohnzimmer.
Er sah auf seinen Seelenpartner, der mit nachdenklichem Gesicht telefonierte und hob automatisch eine Augenbraue.
Was hatte er denn?
Vorsichtig trat er näher zu ihm bis er direkt vor dem Italiener stand, der ihn erst jetzt zu bemerken schien denn er sah ihn überrascht an.
Tobi deutete mit seinem Blick fragend auf Enrico, runzelte besorgt die Stirn und kletterte auf dessen Schoss.
Der Schwarzbraunhaarige schlang den freien Arm um ihn und stupste mit seiner Nase leicht gegen die des Jüngeren wobei dieser begann leise zu kichern.
„Ich verabschiede mich nun.“, sagte plötzlich Maria erschrocken am anderen Ende des Telefons und ihr Sohn blinzelte leicht verwundert.
So plötzlich?
„ Viel Spaß auf Arbeit und drück Tobi von mir, gute Nacht.“ Danach legte die Frau sofort auf.
„Eh, bye.“, meinte Enrico irritiert ehe er verwundert auf den Display sah.
Was war denn nun los? Seit wann machte sie so abrupt Schluss? Seltsam.
„Was war denn los?“, fragte Tobi verwundert, als er das verdutzte Gesicht des Anderen betrachtete.
„Keine Ahnung, wir haben normal geredet und dann meinte sie plötzlich auflegen zu müssen.“ Er zuckte mit den Schultern und legte wieder das Handy auf den Tisch.
Dann schlang er den zweiten Arm um den Schwarzhaarigen und begann dessen Hals mit Küssen zu verwöhnen.
Der Jüngere gab dabei einen erschrockenen Laut von sich ehe er kicherte und sich bereitwillig von dem Anderen noch mehr an sich ziehen ließ.
Enrico vergrub sanft eine Hand in dem schwarzen Haar seines Freundes.
Mit leichtem Druck drehte er Tobis Gesicht zu sich und presste dann seine Lippen auf die des Jüngeren.
Der Vierzehnjährige ließ sich bereitwillig darauf ein, schlang sofort beide Arme um den Nacken des Italieners und zog ihn somit näher an sich.
Der Achtundzwanzigjährige grinste in den Kuss und ließ sich dann mit Tobi aufs Sofa nieder.
Enrico stützte sich mit den Armen neben den Kopf des Schwarzhaarigen ab so dass sein Gewicht nicht direkt auf dem Jüngeren lag.
Tobi schlang daraufhin seine Beine um die Hüfte des Älteren um ihn fest auf sich zu pressen, die Wärme und Nähe des Älteren noch mehr auf sich zu spüren.
Enrico gab daraufhin einen protestierenden Laut von sich, das war zu fest, viel zu fest.
Der Italiener keuchte leise und wollte den Kuss lösen aber sein Seelenpartner ließ das nicht zu.
Verlangend strich er mit seiner Zunge über die Lippen des Anderen, wollte leidenschaftlicher und inniger werden.
Ihm war so heiß.
Doch ehe sich der Italiener darauf einlassen konnte erschien neben den Sofa, auf dem sie lagen ein kleines Persönchen und sah sie mit großen, blauen Augen an.
„Sue will wissen was Onkel Enrico und Tobi da machen.“, meinte sie neugierig wobei sie die Beiden ansah.
Abrupt löste sich der Italiener von dem Vierzehnjährigen und die Beiden sahen geschockt auf das kleine Mädchen, das in ihrem roten Baumwollkleidchen und der weißen Strumpfhose wirklich süß aussah, besonders da sie einen schneeweißen Stoffhasen im Arm hielt.
„Ehm, wir haben nur gekuschelt.“, meinte Enrico mit unsicheren Lächeln wobei er liebevoll über das Köpfchen des Kindes strich.
Sue nickte verstehend, das Wort kuscheln kannte sie und sie liebte es auch zu kuscheln, klar das man auch viel kuschelte wenn’s immer so schön war.
„Onkel Enrico Tobi auch Kuss gegebenen.“, meinte sie treuherzig während sie einen Finger in den Mund nahm und den Kopf schief legte.
„Das stimmt.“, bestätigte der große Mann nickend wobei er sich an Tobis Fußende hinsetzte so dass dieser sich ebenfalls wieder aufsetzen konnte.
Die Blonde hüpfte daraufhin begeistert näher und sah die beiden Männer mit strahlenden Augen an.
„Sue auch Kuss haben!“, verlangte sie.
Daraufhin sah der Achtundzwanzig verdutzt auf das Kind während der Halb-Thailänder anfing zu lachen.
Er schlang einen Arm um Sue, zog sie so näher zu sich ehe er ihr einen liebevollen Kuss auf die Nasenspitze drückte.
Die Dreijährige strahlte daraufhin als aus ihren Bäuchlein grummelnde Laute drangen.
„Sue Hunger!“
Enrico gluckste belustigt und strich ihr erneut sanft über den Kopf.
„Geh schon mal in die Küche Sue, wir sind sofort da.“, erklärte er schmunzelnd woraufhin das Mädchen gehorsam nickte, unter der großen Hand weghuschte und sofort in die Küche zu rennen.
Es war Zeit für ihr Abendessen.
„Komm, wir sollten auch.“, meinte der Schwarzbraunhaarige der daraufhin den Jüngeren, der ihm gegenüber saß, noch einen kurzen Kuss auf die empfindliche Stelle hinter dem Ohr gab und dann aufstand.
Dann half er seinem Freund auf die Füße und zog ihn mit zur Küche wo man Kinderfüße herumlaufen hörte.
I need a Hero,
To save me now!
I need a Hero!
Save me now!
I need a Hero,
To save my life!
A Hero'll save me!
Just in time!
Leise summte der die Melodie des Songs mit, das gerade aus den Boxen der Musikanlage drang.
Hero von der Band Skillet war momentan eines seiner Lieblingslieder und er liebte es, es immer wieder zu hören und sich darin fallen zu lassen.
Das Lied erfüllte das gesamte Wohnzimmer worin Tobi alleine auf dem Sofa saß, nur die Stehlampe daneben erhellte etwas den Raum wodurch eine sanfte, beruhigende Atmosphäre herrschte.
Die kleine Sue lag bereits seit einiger Zeit in ihrem neuen Bett und schlief friedlich, zwischen ihren Plüschtieren.
Und Enrico war vor einiger Zeit zur Spätschicht auf den Polizeirevier aufgebrochen und würde vorrausichtlich erst gegen sechs Uhr morgens wieder hier auftauchen, leider.
Der Halb-Thailänder sah seufzend von seinem Hausaufgabenheft auf, um die Uhrzeit zu überprüfen die ebenfalls an der Musikanlage angezeigt wurde.
Es war noch nicht mal Mitternacht, klasse.
Der Vierzehnjährige seufzte leicht und versuchte sich wieder auf seine Mathematikhausaufgaben zu konzentrieren.
Durch den heute, offiziellen Einzug des kleinen Mädchens hatte er es am Nachmittag nicht geschafft seine Aufgaben zu erledigen.
Also musste es jetzt geschehen.
Tobi seufzte leise und sah erneut, diesmal mit unsicherem Blick zur Uhr.
Enrico und er hatten beschlossen das immer wenn der Italiener in der Nachtschicht arbeitete sein Seelenpartner zuhause bei dem kleinen Mädchen blieb.
Natürlich alles mit Geld geregelt.
Ein Seufzer entfuhr ihm als ihm mal wieder bewusst wurde das der Schwarzhaarige eher eine Last als eine Bereicherung für den Kriminalpolizisten war.
Seelenpartnerschaft hin oder her.
„Doof…“, murrte der Vierzehnjährige wobei er sich durch den Pony fuhr und dann wieder auf sein Heft sah.
Er hatte keine Lust, egal ob er bereits über die Hälfte der der Hausaufgaben erledigt hatte.
Pause!
Tobi legte den Stift zur Seite und lehnte sich dann auf dem gemütlichen Sofa zurück, wo er es sich sofort bequem machte.
Der Schüler schloss entspannt die Augen, konnte so besser der Musik lauschen.
Er hörte ein Klacken als das Lied endete, das zweite Klacken der Tür bemerkte der Halb-Thailänder nicht.
Dann begann erneut eine Melodie aus dem Boxen zu schallen, kraftvolle und gleichzeitig gefühlvolle Musik, auf einen Klavier kündigten ‚in the End’ von Linken Park an.
Die Stimme übertönte fast jedes Geräusch das der Junge wahrnahm da er sich nur auf die Musik konzentrierte.
Kalt.
Eine entsetzliche Kälte strömte plötzlich auf ihn ein, schien jede seiner Gliedmasen zu erfrieren, ihn zu töten.
Entsetzt riss Tobi die Augen auf, setzte sich ruckartig auf und tastete den Raum von einer plötzlichen Angst erfüllt mit seinen Blicken ab.
Es dauerte einige Sekunden ehe er sie entdeckte, überall schien es gleich kalt zu sein.
Sie stand an der Tür zum Flur, dicht an den Rahmen gedrückt sodass sie noch zerbrechlicher wirkte.
Aber sie war nicht zerbrechlich, war sie nie gewesen und würde sie auch nie sein.
Ihr langes, weißes Haar fiel ihr offen über die Schultern und verdeckte fast ihr ganzes Gesicht was seltsam bei ihr war.
„Du...?“, fragte der Schwarzhaarige unsicher, den immerhin war es bisher immer so das, wenn sie auftauchte etwas geschehen würde.
Layla schien ihn anzulächeln aber es wirkte gequält, nicht so sanft wie sonst.
Tobi hatte sie seit einem dreiviertel Jahr nicht mehr gesehen, hatte sich daran fast gewöhnt und nun war sie wieder da.
„Tobias… ich…“, setzte sie an wobei sie ihre Hand hob und nach dem Jungen ausstreckte, ihn berühren und schützen wollte.
Doch plötzlich zuckte die Weißhaarige schmerzhaft zusammen, ihr Körper schien zu beben ehe sie die Zähne zusammenbiss.
„Layla...?“, fragte der Junge irritiert und erhob sich eiligst von den bequemen Sofa, wollte zu ihr.
Doch die Weißhaarige wich nun jedoch zurück, blasser als sonst aber sie zitterte nicht mehr.
„Es ist dein Schicksal.“, sagte die Frau dann völlig ruhig und schien zurück in den Flur zu schweben wobei ihre Erscheinung immer mehr verblasste.
Tobis Augen weiteten sich verwirrt ehe er ihr hastig nacheilte, er musste mit ihr sprechen, etwas stimmte nicht.
„Layla Warte!“, rief er als er den dunklen Flur betrat.
Die Lichter waren hier komplett aus, nur aus dem Wohnzimmer schien etwas Licht hineinzudrängen so dass die Möbel und Gegenstände darin erahnt werden konnten.
Tobi ließ seinen Blick umherwandern, er hatte ein komisches Gefühl, so als würde hier etwas nicht stimmen, als wäre hier etwas das nicht hierhin gehörte.
Der niedrige Schuhschrank und der darüber hängende Spiegel standen an ihren Platz, darauf eine Grünpflanze deren Blätter er mal wieder etwas stutzen sollte.
Er wollte sich schon wieder abwenden und zurück ins Wohnzimmer zurückkehren als ihm etwas auffiel.
Der Kleiderständer wo sie immer ihre Jacken auf hingen, er wirkte voller als sonst was seltsam war.
Dort hingen sonst nur die Jacken, die sie aktuell trugen und Enricos Polizeijacke, aber da dieser mit eben jener Jacke arbeiten war müssten dort nur drei hängen.
Der Schwarzhaarige runzelte die Stirn und ging langsam auf den Ständer zu den er kaum sah, nur die Silhouetten der Jacken erkannte er.
Verwundert untersuchte er die Jacken um zu überprüfen welche dort waren.
Er erkannte seine eigene Jeansjacke, die neue Kinderjacke für Sue, die sich das kleine Mädchen erst heute ausgesucht hatte, und Enricos Lederjacke.
„Alle da…“, meinte er verwundert zu sich selbst ehe er eine weitere entdeckte da er anderen Stoff ertastete.
Der Stoff fühlte sich an wie Polyester, seltsam.
Er selbst trug so etwas nicht, Enrico besaß zwar einen Anzug aus diesen Stoff aber den hatte er das letzte Mal vor zwei Monaten getragen, sie dürfte hier gar nicht hängen.
Doch dann fühlte er etwas warmes Hartes in den Ärmel und Tobi erstarrte.
Es war ein Arm, es war nicht die Jacke die hier hing, sondern eine Person die neben dem Kleiderständer stand.
Sein Herzschlag setzte sekundenlang aus während er seinen Kopf hob und nach oben sah obwohl der Schwarzhaarige es eigentlich gar nicht wollte.
In der Dunkelheit erkannte er weißes, kurzes Haar und kalte, eisblaue Augen, die die seinen gefangen hielten.
Seine Hand ließ den Ärmel los, langsam und vollkommen ruhig ehe sich plötzlich eine große Männerhand um seinen Arm schloss.
Tobis Inneres begann zu schreien.
Ruhig streifte er sich sein weißes Hemd wieder über die Arme und schloss sorgfältig die Knöpfe bevor seine Hand durch sein weißes Haar fuhr, um es wieder zu ordnen so als sei nie etwas gewesen.
Danach griff Jayden nach seinem Jackett, das auf der Lehne des Sessels lag, dort wo auch Enrico immer seine Jacke ablegte.
„Ich werde nur dann kommen wenn er so wie heute arbeitet…“, sagte der Mann kühl und als Antwort erfolgte nur ein stummes Nicken. Der Sechsundvierzigjährige sah auf den Boden auf dem zwischen den umgekippten Tisch und dem dunklen Sofa sein Sohn lag.
Tobi hatte sich auf die Seite gelegt als sein Vater aufgestanden war, er wollte nicht auf den Bauch liegen bleiben.
Äußerlich schien er völlig ruhig und gelassen, den Blick abgewandt und nicht sehend was um ihn herum geschah.
Die Finger des Jüngeren spielten abwesend mit den Scherben der Blumenvase die vom Tisch gestürzt war, dass seine Hand schon ganz blutig war schien er nicht zu bemerken.
Die Blumen, frische Primeln hatte seine Mutter am Vormittag vorbei gebracht, extra zur Gratulation das die kleine Sue bei ihnen wohnen würde.
Nach einer Weile jedoch erhob sich der Schwarzhaarige bis er aufrecht saß, seine unverletzte Hand griff nach der Decke, die auf den Sofa lag, zog sie zu sich und schlang sie um seinen nackten Körper.
Jayden beobachtete dies schweigend und irgendwo hinter den rotschimmernden eisblauen Augen schrie er verzweifelt auf. Doch seine Miene blieb ruhig, genau wie seine Stimme.
„Tobi, hör zu.“, befahl der Weißhaarige und sein Sohn hob leicht den Blick aber er schien den Mann nicht anzusehen, sondern sah an ihn vorbei an die Wand.
„Wenn du brav stillhältst wenn ich komme, dann werde ich die Anderen nicht anfassen. Weder schlagen noch sexuell, verstanden?“, fragte er kühl.
In Tobis Blick regte sich etwas, nur ganz leicht und er schien immer noch leblos aber er hatte verstanden.
Wenn der Halb-Thailänder nichts sagte, brav ruhig war wenn Jayden zu ihm kam und ihm vergewaltigte, still hielt wenn es geschah und tat was der Ältere von ihm wollte, dann würde der Weißhaarige die Anderen in Ruhe lassen.
„Verstanden Vater…“, sagte der Junge gehorsam, die Stimme ruhig und die Augen leer. Tobi hatte auch keine andere Wahl als zuzustimmen, sein Vater hätte sein ‚Nein’ ehe nicht akzeptiert sondern wäre trotzdem gekommen und hätte es getan, so wie er es auch immer früher getan hatte.
Außerdem würde er durch seine Einwilligung wenigstens die Anderen schützen können, er musste es nur alleine aushalten, nicht mehr die Anderen.
Außerdem… Jayden hatte vorhin bereits zu dem Kinderzimmer der kleinen Sue gesehen, das Rot in seinen Augen wurde intensiver und dann wieder auf seinen Sohn.
Warnend, vielsagend als Zeichen sollte er es nicht tun, würde dem Kind etwas geschehen.
Er hatte keine andere Wahl.
Der Weißhaarige lächelte nun zufrieden, ging auf seinen Sohn zu und kniete sich direkt vor ihm auf den Boden.
Sanft legte er eine Hand auf den schwarzen Haarschopf des Vierzehnjährigen um ihn an sich zu ziehen so dass dessen Kopf an den breiten Schultern des Weißhaarigen lehnte.
„Braver Junge, ich wusste auf dich kann ich mich verlassen.“, meinte er liebevoll aber sein Blick war nicht so wie seine Worte klangen. Jayden drückte dem Jüngeren einen Kuss auf den Kopf ehe er sich erhob und sich auf den Weg zum Flur machte.
Doch kurz bevor er das Wohnzimmer verließ drehte er noch einmal leicht den Kopf zu dem Jungen, sein Blick kalt und seine Stimme warnend.
„Ach Tobi…. Kein Wort.“, meinte er drohend, denn mehr brauchte er nicht zu sagen, der Vierzehnjährige hatte auch so verstanden was passieren würde.
Kurz darauf hörte man wie die Wohnungstür geschlossen wurde.
Wie viel Zeit war wohl vergangen als Tobi das erste Mal, seit er seinen Vater im Flur entdeckt hatte wieder etwas um sich herum wahrnahm.
Es war eine kleine Kinderhand, die seinen Arm berührte, behutsam darüber streichelte und die Stimme eines kleinen Mädchens die seinen Namen rief.
„Was hat Tobi?“, fragte das Kind erneut und ganz langsam drehte der Angesprochene seinen Kopf zu dem kleinen Blondschopf um.
Sue stand neben ihm, in ihren rosafarbenen Schlafanzug und in den einen Arm ihren schneeweißen Stoffhasen, ihre großen, unschuldigen Kinderaugen auf sein Gesicht gerichtet.
Der Junge sagte nichts, sah nur schweigend auf das kleine Mädchen, das dies besorgt bemerkte und die Nase krauste um kurz darauf näher an ihn zu rücken.
Doch dann bemerkte das Kind die blutige Hand des Anderen, die vor kurzen wieder begonnen hatte mit den Scherben zu spielen, sich noch mehr verletzend.
„Tobi aua!“, stellte die Dreijährige erschrocken fest und im nächsten Moment landete ihr Kuscheltier auf den Boden neben dem Tisch und sie fasste nach der Hand des Älteren.
„Sue pusten!“, meinte sie sofort und dann pustete sie behutsam auf die Schnittverletzungen ihres großen Freundes, war der Meinung dass es dadurch besser werden würde.
Tobi beobachtete dies stillschweigend ehe er sanft seinen freien Arm um das Kind schlang, um sie liebevoll an sich zu drücken.
„Danke.“, sagte er leise, wobei er den Kopf in den blonden Haarschopf vergrub.
„Tobi traurig?“, fragte das Kind besorgt, woraufhin der Ältere nur leicht nickte, er konnte ihr gegenüber irgendwie nicht lügen.
Sue schlang ihre Arme so gut es ging um den Schwarzhaarigen, um ihn ebenfalls zu drücken und beruhigend zu streicheln.
Auch wenn die Dreijährige nicht wusste was passiert ist und es auch nicht verstand, sie fühlte dass ihr großer Freund jetzt eine Umarmung brauchte.
Kinder waren sehr empfindlich was Stimmungen anging, sie merkten schnell was mit jemand los war und was diese Person brauchte.
Dann jedoch rümpfte das Mädchen die Nase, als sie einen komischen Geruch merkte und sie löste sich etwas von dem Jungen.
„Tobi stinkt.“, meinte sie mit leicht verzogenen Gesicht und der Schwarzhaarige zuckte daraufhin leicht zusammen und nickte traurig. „Ich weiß.“
„Sue mit Tobi baden, ich Tobi waschen.“, bestimmte das kleine Kind ehe es aufstand und den Vierzehnjährigen an der Hand versuchte hochzuziehen.
Dieser jedoch ging nicht mit sondern seufzte leicht. „Du bist doch schon groß und kannst alleine baden.“
Sue sah ihn daraufhin mit großen, traurigen Kinderaugen an und ließ seine Hand los.
„Sue klein.“, sagte sie treuherzig ehe sie sich auf den Boden setzte und sich zusammenrollte.
„Ganz klein, Sue nicht alleine baden, Sue braucht Hilfe.“
Tobi sah das Kind daraufhin nur schweigend an ehe sich zum ersten Mal, seitdem er seinen Vater im Flur entdeckt hatte, ein Lächeln auf seinen Lippen bildete.
„Na gut.“, meinte der Junge dann damit einverstanden woraufhin das Kind einen Jubelruf von sich gab.
„Tobi und Sue baden!“, rief sie strahlend ehe sie wieder näher kam und an der unverletzten Hand des Älteren zog.
Der Schwarzhaarige verzog schmerzhaft das Gesicht als er sich erhob, aber er fasste die Decke um seinen Körper nur fester, krallte sich regelrecht hinein.
Wie würde er den Blutflecken von seiner Hand wohl Enrico erklären?
Eine kleine Wohnung. Es war empfindlich kalt hier drinnen, selbst die Heizung würde hier keine Wärme erzeugen, genauso wie keine Lampe in dieser Behausung je Licht erzeugen würde.
Denn es war keine Wohnung worin man leben konnte, es war ein Gefängnis für einen Sklaven.
Das Wohnzimmer war nicht möbliert, nur an der Wand, unter den Fenstern die mit dunklen Vorhängen verdeckt waren, lag eine Matratze.
Aber sie war nicht zum Schlafen gedacht, sondern für Bestrafungen.
Die Wände waren nicht tapeziert, der Boden ohne Belag, es wirkte wie ein Raum in einen Abrissgebäude, dabei lebten hier viele Familien.
Ein Klacken ertönte aus den dunklen Flur und kurz darauf betrat Jayden mit seltsam, langsamen Gang den Wohnraum.
Seine Schultern hingen hinab und er hatte den Blick gesenkt, das weiße Haar verdeckte jeden Blick auf seine Augen, doch die Haltung verriet Leere.
Einen Moment durchzog eine noch kältere Atmosphäre das Zimmer und dann sackte der Sechsundvierzigjährige auf die Knie und landete mit einem dumpfen Aufprall auf den blanken Boden.
Ein leises Kichern erklang wieder in der Dunkelheit, aber es klang nicht wie sonst fröhlich sondern sehr wehmütig.
Kurz darauf stand Layla neben dem älteren Mann, diesmal jedoch war ihre Erscheinung nicht so durchscheinend wie Nebel sondern sehr real und Konstanz.
Ihr Blick wanderte zu dem Gesicht des Weißhaarigen auf dem sich nun, da er nur noch er selbst war Schmerz und Verzweiflung spiegelten.
Es war schon wieder passiert, egal wie sehr er sich versuchte zu wehren, es passierte trotzdem immer wieder!
„Verzweifle nicht Jayden, es ist nicht deine Schuld.“, sagte die schöne Frau leise während sie mit ihren kühlen Fingern sanft über die Wange des Mannes strich.
„Es ist Schicksal, dein eigenes und ihres, es ist alles vorherbestimmt, schon von Anfang an, niemand darf sich dagegen wehren.“, erklärte sie mit wehmütiger Stimme.
„Warum? Du hast damals Fehler begangen, ich hatte mich verändert und bin anders geworden als es geplant war, warum muss ich trotzdem diesen einen Weg gehen?“, fragte der Mann, dessen Stimme tief und wohlklingend war, verbissen.
Layla schwieg einen Moment und ihre Berührung stockte sekundenlang, in ihren schönen, roten Augen zeigte sich Kummer.
„Weil das Schicksal es nicht duldet.“, sagte sie wobei sie sich neben den Mann kniete und mit nachdenklichen Blick in sein Gesicht sah.
„Es duldet keinen anderen Weg als den, den es am Anfang der Zeit bestimmt hat. Es glaubt nicht dass die Menschen sich selbstständig so gegen den Schicksalsweg widersetzen können, so dass sie in der Lage wären einen anderen Weg zu gehen…“
„Aber das können wir.“, widersprach ihr Jayden schwach.
„Wir Menschen verändern uns, wir werden nicht so sein wie es das Schicksal bestimmt hat, jedes Ereignis verändert eine Person, der Charakter und die Handlungen werden mit jeden Ereignis anders beeinflusst, man kann uns nicht in einen Weg zwängen… dafür sind wir Menschen nicht gemacht.“
Layla schwieg dazu einen Moment ehe sie lautlos seufzte und sie sich dann erhob.
„Doch das seid ihr, nur eine Minderheit von euch versucht es gegen das Schicksal zu rebellieren, euch dagegen aufzulehnen und einen anderen Weg zu suchen aber es duldet dies nicht. Dafür bin ich da...“
Beim letzten Satz war wieder diese Verzweiflung in ihrer schönen Stimme, und ihre Finger berührten erneut das weiche Haar des Mannes.
„Ich bin die, die die Menschen auf den richtigen Weg zurückzerrt wenn sie rebellieren, die die den Schicksalsweg wieder kitten muss, wenn etwas nicht nach den geplanten Weg läuft. Wenn es zwei Menschen schaffen zusammen zu halten, obwohl es vorhergesehen ist das sie sich trennen, so werde ich diese Gefühle füreinander zerstören müssen, wenn einer Person es irgendwie gelingt nicht dort zu sein, wo es laut dem Weg durch eine Schießerei sterben sollte, so muss ich diese Person töten.“
Nun stoppte erneut ihre Bewegung und Layla beugte sich hinunter und drückte den Sechsundvierzigjährigen einen sanften Kuss auf die Wange.
„Und wenn es eine Person schafft dass sich ihre Persönlichkeit komplett anders entwickelt als sie eigentlich sollte, sie anstelle eines grausamen, perversen Monsters ein liebevoller Mann wird, der seine Familie und Freunde aus tiefster Seele liebt und ihr niemals etwas antun würde, dann ist es meine Aufgabe in diesen Mann einzudringen….“
Ihre Stimme wurde kälter, der Griff ihrer Finger in seinem Haar Grober.
„..und ihn als dieses, geplante Monster zu steuern, ihn zu jeder Handlung zu zwingen, egal wie sehr sich seine Seele dagegen wehrt.“, zischte sie ihm ins Ohr und ein heftiger Schmerz zog durch seinen Kopf.
Layla hatte zu fest an seinen Haaren gezerrt und blutige Wunden hinterlassen.
„Du hast es doch schon so oft miterlebt Jayden, deine Schwester, dein Bruder, wenn du gesehen hast wie ich mit deinen Körper deine geliebte Sira schände, deinen Sohn misshandel und deine Tochter vergewaltige. Du weißt genau dass ihr euch nicht dagegen wehren könnt, gegen das Schicksal kommt niemand an.“
Jayden sagte nichts, seine Hände ballten sich nur zitternd zu Fäusten, er biss sich so heftig auf die Unterlippe das er blutete.
Die Weißhaarige lächelte traurig ehe sie sich nun wieder erhob und sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
„Wir sehen uns bald wieder, sei solange brav und lauf nicht weg.“, sagte sie ruhig und während sie sich bereits auflöste schlangen sich starke Ketten um den Körper des Mannes und fesselten ihn am Boden fest.
Es gab kein Entkommen, nicht vor ihr.
Ihm war kalt.
Trotzdem er vor kurzen mit der kleinen Sue lange in der heißen Badewanne gesessen hatte und die Wohnung Wärmedämmung besaß, trotzdem war ihm kalt.
Lag es an den Deal den er mit seinem Vater geschlossen hatte?
Denn erst jetzt wurde den Vierzehnjährigen bewusst was diese Vereinbarung zu bedeuten hatte.
Er musste still halten und schweigen wenn sein Vater zu ihm kam, er würde immer hier erscheinen wenn sein Freund Nachtschicht hatte und das war mindestens einmal in der Woche der Fall.
Und er würde es geheim halten müssen, müsste die Schmerzen beim Laufen verstecken, da es ja seltsam wäre wenn er diese hatte, ohne Anschaffen gewesen zu sein, musste die Bisse und Kratzer an seinen Schenkeln erklären.
Wie sollte er dies vor seiner Mutter und seinen Freunden verstecken, wie vor Enrico?
Tobi seufzte lautlos und sah dann wieder in die Pfanne in der er Schweinefleisch in Spitzkohlmantel briet, die für heute Abend sein sollten.
Dann sah er auf seine linke Hand, die er vorhin provisorisch verbunden hatte, da Sue ihm wieder darauf aufmerksam gemacht hatte das er verletzt war.
Wie sollte er Enrico die Schnittwunden erklären? Wie die Blutflecke auf der Decke aus dem Wohnzimmer? Mit waschen ging so was nicht raus.
Der Halb-Thailänder sah auf den leeren Mülleimer, er hatte seine zerrissenen Klamotten schnellstens entsorgt, aber würde es seinem Freund nicht auffallen? Er kümmerte sich ja sonst um die Wäsche.
Der Schwarzhaarige seufzte bekümmert und bemerkte in seinen Gedanken nicht dass es draußen bereits dämmerte.
„Was treibst du denn da?“
Tobi blinzelte verdutzt als er das hörte und irritiert sah er zu der Küchentür wo Enrico in Polizeiuniform stand und ihn ansah.
„Abendessen kochen.“, meinte der Jüngere schulterzuckend woraufhin sein Freund beide Augenbrauen hob und auf seine Armbanduhr sah.
„Und das machst du 6:45Uhr am Morgen?“, fragte der Italiener.
Der Jüngere blinzelte verdutzt ehe er auf die Küchenuhr an der Wand neben ihn sah und dann perplex die Uhrzeit anstarrte.
„Oh…“
Der Vierzehnjährige sah auf die Spitzkohlrouladen, zog eine Schnute und nahm es dann vom Herd herunter.
Enrico hinter ihm gluckste leicht belustigt ehe er zu dem Anderen ging und ihm einen Kuss auf die Schläfen drückte als Begrüßung.
Tobi zuckte dabei leicht zurück und kurz flammte in ihm ein Bild von vorhin auf was der Andere bemerkte.
„Was hast du?“, fragte der Achtundzwanzigjährige verwirrt aber der Jüngere schüttelte nur leicht seinen Kopf, auch um das Bild abzuwimmeln.
„Nichts, deine Lippen sind nur etwas kalt.“, meinte er abwinkend während er das Essen in eine Frischhaltebox legte und es dann in den Kühlschrank stellte.
Enrico nahm dies blinzelnd zur Kenntnis wobei er seinen Freund zusah.
Dann kratzte er sich leicht an der Wange ehe er wieder zu Tobi trat und schnell etwas hinter seinem Rücken hervorzog.
Tobi blinzelte leicht und wandte seinen Kopf zu dem Anderen als er ein Knistern hörte und seine Augen weiteten sich.
Enrico hielt ihm eine rote Rose entgegen und sah den Jüngeren leicht verlegen an.
Der Schwarzhaarige sah erstaunt auf die rote Blume ehe er irritiert zu seinen Freund hochsah.
„Für dich.“, bestätigte dieser verlegen wobei er ihm wieder die Rose hinhielt.
Tobi nahm sie ihm behutsam mit der unverletzten Hand ab ehe er schweigend auf die roten Blüten sah.
Rote Rosen bedeuteten ‚ich liebe dich’, war sich dessen Enrico bewusst?
Der Halb-Thailänder sah fragend zu seinem Seelenpartner, der diesen Blick richtig verstand und nickte.
„Ich weiß was sie bedeuten.“
Tobis Augen weiteten sich erstaunt ehe sie leuchteten und er mit klopfenden Herzen wieder auf die Rose sah.
Sie hatten so etwas nie gesagt, auch nie dass sie zusammen waren, niemand hatte je darüber gesprochen da es für sie klar war das sie zusammen gehörten.
Sein Herz klopfte schneller, eine heftige Wärme stieg in ihm auf, ließ alles verschwinden was ihn vorher eingenommen hatte, als ihm die Bedeutung für dies hier klar wurde.
Der Vierzehnjährige lächelte als er den Kopf hob und seinen Seelenpartner ansah.
Ihre Blicke trafen sich und beide lächelten sich sanft an während ihre Blicke mehr Gefühle zeigten als sie jemals sagen konnten.
Enrico beugte sich zu dem Kleineren hinab und sie umarmten sich fest.
Tobi fuhr mit seiner verbundenen Hand sanft durch das dunkle Haar, strich über die empfindliche Haut am Nacken und dann hinab zu der Wange des Achtundzwanzigjährigen wo er sie dann ablegte.
Enrico öffnete wieder seine Augen und sein Blick fiel auf die verbundene Hand des Anderen woraufhin er die Stirn runzelte.
„Was ist passiert?“, fragte er besorgt während er sich leicht von dem Anderen löste und die verletzte Hand in seine größeren nahm.
Tobi zuckte leicht zusammen und die Erinnerung an vorhin flammte schmerzlich schnell zurück in seine Gedanken die Enrico gerade erst vertrieben hatte.
„Nichts Schlimmes, ich hab die Vase mit den Primeln umgeworfen und beim Aufräumen bin ich abgerutscht.“, erklärte er Schulterzuckend und wollte seine Hand aus der des Anderen ziehen aber das ließ der Italiener nicht zu.
Besorgt sah er auf den Verband ehe er begann beruhigend darüber zu streicheln und dann einige Küsse auf die Fingerkuppen hauchte.
Tobi musste unwillkürlich lächeln, aber seufzte dann leise und strich sich mit der anderen Hand leicht über die Stirn.
„Kann ich heute zuhause bleiben? Ich fühl mich nicht besonders…“, fragte der Vierzehnjährige erschöpfte und sofort wurde der Blick des Anderen besorgte.
„Natürlich, vielleicht wirst du krank...“, murmelte er leise wobei er ihm eine Hand behutsam auf die Stirn legte und dann beunruhigt eine Augenbraue hob.
„Du hast etwas Fieber, leg dich am besten gleich hin während ich dir einen Tee mache.“, meinte er fürsorglich wobei Enrico ihm sanft durchs Haar strich.
Der Schwarzhaarige nickte dankbar ehe er nun seine Hand aus der des Anderen löste und an ihm vorbei die Küche verließ.
Der Schwarzbraunhaarige sah ihm schweigend nach ehe er zum Wasserkocher ging und Tee aufsetzte.
Irgendetwas stimmte nicht und zwar ganz gewaltig nicht.
Die Tür öffnete sich und leise huschte er zum Nachtisch um die Lampe die dort stand zu betätigen.
Das sanfte Licht erhellte spärlich das große Zimmer, das sie gestern umgeräumt hatten um mehr Platz zu schaffen.
Eine halbe Trennwand im chinesischen Style trennte den Schlafbereich vom Enricos Arbeitsbereich ab, wo nun der Schreibtisch und die Bücherregale standen, genau wie seine eigenen Schulsachen.
Auf der anderen Seite hatten sie das große Bett nun ganz an der Wand unter dem Fenster geschoben so dass man nur noch von einer Seite hineinsteigern konnte.
Der Raum war nun viel voller als vorher aber zusammen mit den Pflanzen wirkte nun jedoch gemütlicher.
Tobi sah sich einen Moment schweigend um, ihm gefiel das Schlafzimmer jetzt viel besser als vorher, es wirkte wärmer und strahlte mehr Geborgenheit aus.
Dann huschte der Junge leise zu dem Kleiderschrank, der in eine Ecke gewichen war und zog aus seiner Seite einen dunkelblauen Schlafanzug heraus.
Hastig entledigte er sich seiner Klamotten, die er in den Wäschekorb neben den Schrank warf und schlüpfte in den Pyjama, schnell so dass er nicht die Biss-Spuren und blauen Flecken ansehen musste.
Dann schob er sich unter die große Decke, sie benutzten nach wie vor nur eine.
Tobi kuschelte mit einem zufriedenen Laut seinen Kopf in die Kopfkissen, die sich seitdem er hier wohnte stark vermehrt hatten, da er es einfach kuschelig mochte.
Sofort strömte Enricos Geruch in seine Nase, beruhigte seine Gedanken wie kein anderes Mittel da sie wieder begonnen hatten zu wandern
Zu wandern… in ungute Richtungen.
Warum war sein Vater hergekommen und hatte dies getan?
Zu welchen Zweck ihm diesen Deal angeboten, so dass er genau wusste das Tobi ihn nicht ablehnen würde?
Was wollte er damit erreichen?
Und warum jetzt?
Seit dem einen Überfall vor etwa einen dreiviertel Jahr bei ihnen zuhause wonach er zu Enrico gezogen war, war nie wieder etwas geschehen.
Jayden hatte seitdem keines der Kinder weder sexuell angefasst noch misshandelt, genauso wenig die Frauen.
Außer wenn jemand nicht das Geld am Ende des ‚Dienstes’ abgab, dort jedoch war er noch brutaler und grausamer geworden.
Aber sein Verhalten hatte sich seitdem auch verändert, früher war er jeden Tag auf den Strich gewesen um alles zu kontrollieren, ob niemand einen Kunden abwies oder abhaute oder er war am Tage bei jemanden aufgetaucht und hatte seine Aggressionen hinausgelassen.
Aber nun war es eine Seltenheit wenn man ihn überhaupt mal auf den Strich sah, bei den Anderen war er schon seit langen nicht mehr gewesen.
Stattdessen waren nun jeden Tag andere Männer dort, andere Zuhälter die mit seinem Vater zusammenarbeiteten und statt seiner die Aufsicht übernahmen und ihnen das Geld abnahmen.
Sie bestraften zwar nicht wie Jayden, aber sie holten sich öfter einige der Stricher für private, kleine ‚Partys’ zusammen, oder holten sich einen für sich allein.
Tobi bezweifelte dass seinem Vater dies bewusst war, aber niemand wagte etwas zu sagen, geschweige denn zu den Weißhaarigen hinzugehen und es ihm zu erzählen.
Auch Enrico wusste davon nichts, genauso wie von dem Deal den er geschlossen hatte.
Der Schwarzhaarige kniff die Augen zusammen und versuchte die Bilder wegzudrängen, zurück in den hintersten Winkel seines Gedächtnisses damit er es nicht sehen musste.
Die groben Hände die ihn auf den Boden drückten… und ihm so weh taten…
Das Geräusch als seine Kleidung riss… und dann blutig auf den Boden lag…
Das Würge-Gefühl als er ihm seine Erektion in den Mund drückte… und ejakulierte…
‚ Braver Junge, ich wusste auf dich kann ich mich verlassen’
„Tobi?“
Eine sachte Berührung an seiner Wange und ein Schrei wich aus seiner Kehle.
Ruckartig setzte sich der Teenager auf und rückte entsetzt an die Wand hinter sich, ein Zittern ging durch seinen Körper als er mit schreckensgeweiteten Augen zu der Person sah, die ihn berührt hatte.
Enrico saß auf der Bettkante, noch immer die Hand erhoben und in seiner Richtung ausgestreckt.
Der Italiener sah verwirrt auf die Stelle wo sein Freund gerade noch gelegen hatte ehe er den Kopf hob und zu diesem sah.
Als er dann jedoch den entsetzten Blick und das Zittern bemerkte runzelte er besorgt die Stirn und stellte die Teetasse auf den Nachttisch ab, um kurz darauf vorsichtig näher zu rücken.
„Was ist los?“, fragte der Achtundzwanzigjährige behutsam und streckte erneut eine Hand nach den Teenager aus doch das Zittern verstärkte sich.
Er musste sich beruhigen, irgendwie.
„Nichts… ich hab nur schlecht geträumt…“, meinte er leise wobei er versuchte mühsam seinen Herzschlag wieder ruhiger zu bekommen, aber es gelang ihm nicht richtig.
Noch immer war es als würden die Erinnerungen allgegenwärtig sein, so als wäre er noch hier, in diesen Raum und würde sie beobachten.
Ein schrecklicher Gedanke…
Enrico betrachtete ihn dabei sorgenvoll ehe er sich auf den Bett direkt neben ihm schob so dass er mit den Rücken an der Wand lehnte.
„Willst du darüber reden?“, fragte er behutsam wobei er den Jüngeren von der Seite her ansah.
Doch dieser zuckte daraufhin nur zusammen und das Zittern verstärkte sich sekundenlang ehe Tobi den Kopf schüttelte.
„Nein, ich erinnere mich auch kaum…“, erklärte der Jüngere schaudernd, nur das Angstgefühl blieb.
Enrico nickte verstehend und legte langsam und behutsam einen Arm um seinen Freund um ihn an seine Seite zu ziehen.
Doch trotz des beruhigenden Verhaltens des Italieners durchzuckte eine panische Angst den Jüngeren und er hatte das Bedürfnis wegzurennen, sich irgendwo zu verkriechen wo ihn niemand mehr zu nahe kommen konnte.
Aber es war Enrico der ihn hier berührte und er würde ihm nie etwas tun!
Hastig rutschte der Halb-Thailänder näher und schlang seine Arme um den Bauch des Anderen um sich so fest wie nur möglich an den warmen Körper zu pressen.
Der Italiener nahm dies als Erlaubnis und schlang seine beiden Arme um den Anderen um ihn beschützend an sich zu drücken, ihn einfach festhaltend.
Alles in ihm schrie dass Enrico es erfahren sollte, das Tobi es ihm sagen musste.
Er würde es sicher verstehen, es irgendwie stoppen können und ihn nie wieder alleine lassen so dass es nie wieder geschah.
‚Aber wenn er dir nicht glaubt?’
Diese leise Stimme in seinem Inneren die ihn warnte, ängstlich und unsicher.
Was war wenn ihm Enrico nicht glaubte?
Würde der Andere nicht denken, dass es ihm in Wirklichkeit Spaß machte was sein Vater mit ihm tat? Dass er es wollte?
Wie sollte Tobi es dem Italiener sonst erklären, dass er nie schrie wenn es geschah, sich nie heftig wehrte oder es erzählte.
Er verstand es doch selbst nicht.
Wieso schrie er nie dabei, wieso wehrte er sich kaum, außer zu versuchen die Hände seines Vaters dabei wegzuschieben?
Warum biss er nicht einfach, wenn er ihm die Erektion in den Mund presste nicht einfach zu?
Warum ließ er sich nicht lieber tot prügeln als dies über sich ergehen zu lassen?
Warum nicht?
Würde Enrico dann nicht der gleichen Meinung sein wie sein Vater oder die Freier und anderen Zuhälter?
‚Es macht dir doch Spaß, du willst es doch auch.’
Würde Enrico dann nicht gehen und ihn für immer alleine lassen?
Die Wände in den Gängen des Universitätsklinikum Down-Town waren in sterilen Weiß gehalten, nur vereinzelt verschönerte einige Grünpflanzen in den Wartebereichen oder in der Nähe der großen Fenster etwas das Bild.
Die Schritte des Personals oder der Besucher hallten laut durch das Gebäude und man hörte die Stimmen der Leute, die sich miteinander unterhielten, es war wie immer sehr voll im Krankenhaus.
Etwas weiter hinten im Gebäude war in einer größeren Nische wo die Wände komplett verglast waren, eine Cafeteria in der man sich Getränke und warmes Essen sowie kleinere Snacks kaufen konnte.
Es war gerade Besuchszeit weswegen die Cafeteria nur sehr spärlich besucht war, außerdem war heute einer der ersten Tage an denen draußen wieder richtig schön die Sonne schien, auch wenn es noch recht frisch war.
„Hast du eigentlich vor es ihr noch in diesem Leben zu sagen?“, fragte ein junger, etwa sechzehnjähriger Mann mit tiefschwarzen, wuscheligen Haar der gemeinsam mit einem Freund auf einem der Plätze in der Ecke saß.
Sein Freund, ein etwa zwanzigjähriger, sehr großer Mann mit hellbraunem kurzem Haar schloss die Augen und massierte sich daraufhin die Nasenwurzel.
„Wieso soll ich es ihr sagen? Ich weiß doch noch nicht mal ob ihre Gefühle ähnlich sind.“, murrte Lucas seufzend ehe er wieder nach seiner Tasse Kaffee griff und einen Schluck nahm.
Lucas war gerade im fünften Semester seines Medizinstudiums und hatte momentan wieder sein Praktikum im Krankenhaus, deshalb trug er eine weiße Hose und ein weißes Hemd mit Namensschild.
Ihm gegenüber saß sein bester Freund Tobi, heute gerade sechzehn Jahre alt geworden und genüsslich an einem Bananen-Milchshake schlürfend.
Der Halb-Thailänder hatte sich in den letzten zwei Jahren, seitdem er die kleine Sue auf dem Strich aufgegriffen hatte, äußerlich sehr verändert.
Er war deutlich gewachsen, aus dem früheren Zwerg von 1,50m war nun eine doch recht akzeptablere Größe von 1,70m geworden so dass er nun doch wie ein erwachsener Mann wirkte.
Auch sein Klamottenlook hatte sich total verändert, früher hatte er immer normale Jeans und irgendwelche Shirt oder Pullis getragen, genauso wie Turnschuhe.
Nun trug er am liebsten schwarz so wie heute auch.
Eine schwarze Jeans, ein schwarzes Hemd, dessen Ärmel er hochgekrempelt hatte und wo er die ersten beiden Knöpfe geöffnet waren, trug er sowie schwarze Stiefel.
Auch trug er einige Gürtelbänder um die Oberschenkel, Handgelenke und eines um den Hals, genauso wie drei silberne Ohrringe sein linkes Ohr schmückten.
Der Jüngere verdrehte als Antwort daraufhin nur die Augen und ließ von seinem Shake ab.
„Wie wär‘s wenn du mal versuchst das herauszufinden?“
„Und wie bitte schön, du Genie?“, warf der Braunhaarige murrend ein, woraufhin Tobi das Glas abstellte und seinem besten Freund gegen die Stirn tippte.
„Na wie wohl? Geh zu ihr und bitte sie um ihre Handynummer, warum du die noch nicht hast ist mir ehe ein Rätsel, frag sie um ein Date, sag ihr das du sie magst!“, verlangte der Sechzehnjährige.
Doch ehe Lucas dazu etwas sagen konnte wurde seine Aufmerksamkeit auf eine Gruppe Frauen in Schwesterntracht gezogen, die nun ebenfalls die Cafeteria betraten.
Unter den Frauen war auch die junge Schwesternschülerin, die der Student vor drei Jahren auf der Suche nach dem Verwaltungsbüro kennen gelernt hatte, Tanja.
Die Neunzehnjährige setzte sich gemeinsam mit ihrer Lehrmeisterin und den drei anderen Krankenschwestern an einen leeren Tisch und holte ein Buch hervor, über welches sie sich dann mit den andern Mädchen beugte.
Im Sommer hatte sie ihre Abschlussprüfung und war momentan sehr mit der Vorbereitung dafür beschäftigt.
Lucas Blick blieb an dem hübschen Gesicht hängen, die bernsteinfarbenen Augen, die ins Lernen vertieft an den Seiten hingen, das dunkelbraune, schulterlange Haar das sanft das Gesicht umspielte und wovon sie sich gerade eine Strähne hinters Ohr strich.
„Erde an Lucas, kannst du mal bitte deinen Blick von deiner persönlichen Mona Lisa losreißen? Wir führen hier ein ernstes Gespräch.“, meinte der Schwarzhaarige schnaubend und der Braunhaarige wandte tatsächlich seinen Blick von dem Mädchen ab.
Er warf seinem besten Freund einen mürrischen Blick zu woraufhin der Andere nur belustigt die Augen verdrehte, noch einen Schluck von seinem Milchshake nahm und dann aufstand.
„Ich kümmere mich mal drum.“, meinte der Jüngere mit schiefen Grinsen und ehe Lucas, der ihn irritiert ansah etwas sagen konnte eilte Tobi zu dem Tisch mit den Krankenschwestern und Tanja.
Die Braunhaarige hob ihren Blick als sie die eiligen Schritte vernahm, die sich zielsicher ihren Platz näherten und sie hob überrascht die Augenbrauen bevor sie lächelte.
„Hey Tobi, auch mal wieder bei uns?“, fragte die Schwesternschülerin und der Sechszehnjährige grinste schief ehe er sich einfach neben das Mädchen setzte.
„Natürlich, ich hab doch immer Sehnsucht nach dir aber du bist ja kaum woanders anzutreffen also muss ich her kommen.“, meinte er strahlend wobei er einen Arm um sie schlang und sie näher an sich zog.
Der Halb-Thailänder und die Braunhaarige hatten sich schon vor zwei Jahren zufällig kennen gelernt wo der Jüngere wegen einer Sehnenscheidenentzündung ins Krankenhaus behandelt werden musste. Daraus hatte sich eine Freundschaft entwickelt.
„Oh, du bist ein kleiner Charmeur.“, meinte die Neunzehnjährige kichernd, ließ die Umarmung aber bereitwillig zu.
Sie wusste schließlich bereits, dass Tobi in einer Beziehung mit einem anderen Mann war und kein Interesse an jemand Anderen hatte, weswegen sie ihn eigentlich auch mit sehr mochte.
Tobi grinste breit und lehnte seinen Kopf gegen Tanjas und warf dann einen schelmischen Blick zu Lucas, der dies misstrauisch beobachtete.
Was sollte das denn werden?
„Du sag mal Tanja, Lucas mag dich, bekommt er deine Handynummer?“, fragte er leise in ihr Ohr so dass nur sie es hören konnte.
Die Braunhaarige blinzelte leicht als sie dies hörte ehe ihr diese Worte bewusst wurden und sie ruckartig den Kopf hob.
Dadurch sah sie direkt zu dem Studenten, ein paar Tische weiter und als sich ihre Blicke trafen errötete die Neunzehnjährige ehe sie mit klopfenden Herzen wieder den Blick senkte.
Lucas hingegen wurde blass und er sah von der verlegen dreinblickenden Tanja auf den grinsenden Tobi.
Er hatte es ihr gesagt.
Der Hellbraunhaarige vergrub sein Gesicht in seinen Händen und wünschte sich im Erdboden versinken zu können.
Warum tat er ihm das an?
Kurz darauf hörte er wie sich ihm gegenüber wieder jemand auf die gepolsterte Bank niederließ.
„Ich hasse dich…“, meinte Lucas jammernd und er hörte wie Tobi leicht lachte ehe er wieder an seinem Milchshake nippte.
„Das würde bei dir sonst noch Jahre dauern.“, begründete der Jüngere seine Tat und von dem Älteren kam ein Knurren ehe er die Hände wegnahm und seinen besten Freund erbost ansah.
„Deswegen hättest du trotzdem nicht…“, begann er, doch ehe er den Satz beenden konnte steckte ihm plötzlich jemand einen kleinen, weißen Zettel in die gehobene Hand und zog somit seine Aufmerksamkeit dorthin.
Lucas starrte etwas irritiert auf den Zettel ehe er ihn auseinander faltete und die kleine Nachricht las, die dort in schön geschwungener Schrift stand.
‚Ich mag dich auch. Tanja.’
Und darunter stand ihre Handynummer.
Der Braunhaarige blinzelte leicht verdutzt ehe er begriff was dort stand und sich seine Augen geschockt weiteten.
Dann starrte er die Nachricht gebannt an und konnte es nicht glauben.
Verlas er sich gerade? Oder spielten ihm seine Augen einen Streich? Er hatte seit zwei Tagen durchgearbeitet, vielleicht deswegen?
Aber egal wie lange er die Nachricht anstarrte, sie blieb gleich und damit auch die Bedeutung.
Oh Gott, konnte ihn mal jemand kneifen?
Tobi ihm gegenüber grinste leicht, als er die Sprachlosigkeit seines besten Freundes bemerkte, anscheinend hatte er sich nicht getäuscht was die Gefühle der Schwesternschülerin angingen.
Sehr gut.
„Handynummer?“, fragte der Jüngere belustigt, der Andere nickte daraufhin nur, noch immer fassungslos.
Das Grinsen des Schwarzhaarigen wurde eine Spur breiter ehe er eine Hand hob und sich lässig durch sein Haar strich.
„Was würdest du nur ohne mich tun?“
Lucas wandte daraufhin mit einem Augenverdrehen endlich den Blick von dem Zettel ab und sah zu dem Anderen.
„Ich hätte ein weniger nervenaufreibendes Leben.“, erwiderte er trocken woraufhin der Schwarzhaarige ihm die Zunge heraus streckte.
Der Braunhaarige gluckste leicht ehe er mit einem warmen Lächeln nochmals auf den Zettel sah und diesen dann sorgfältig in seinem Portemonnaie verstaute.
Er würde ihr nachher eine SMS schreiben.
„Lucas?“
Der Angesprochene sah fragend zu dem Jüngeren, der ihn nun treuherzig mit großen Augen ansah und dabei weiterhin an seinen Shake schlürfte.
„Kommst du mit zu Enrico?“, fragte er dann bittend fast flehend, denn er hatte Angst vor diesen Zusammentreffen, besonders heute.
Sonst freute er sich immer sehr darüber, wenn er mit dem Italiener zusammen war, daran hatte sich nichts in den letzten drei Jahren geändert seitdem sie zusammen lebten, es war eher noch intensiver geworden.
Doch nicht an seinen Geburtstag, da hatte er immer Angst weswegen er heute nach der Schule direkt zum Krankenhaus gekommen war, er brauchte Lucas Beistand.
Dieser sah ihn nun verdutzt an ehe er verstand und anfing zu lachen.
„Ah verstehe, du hast Angst vor deinem Geburtstagsgeschenk, nicht?“, fragte er belustigt und der Jüngere nickte beschämt und kaute auf dem Strohhalm herum.
Enrico hatte sich nämlich angewöhnt seinem Freund immer sehr teure Geschenke zu machen, was dieser eigentlich nicht wollte, er war dem Älteren doch schon so oder so eine Last.
Zum Vierzehnten war es ein neues Handy mit allem Drum und Dran, zum Fünfzehnten ein sehr teurer Laptop und er wollte gar nicht genau wissen, was er heute zu seinem Sechzehnten bekam.
Tobi hatte dem Älteren zwar verboten ihm teure Sachen zu schenken, aber der machte ja ehe immer was er wollte, also war seine Angst sicherlich mehr als berechtigt.
„Bitte.“, meinte der junge Mann flehend wobei er nach der Hand seines besten Freundes griff, ihn so bittend und hilfesuchend ansah wie er konnte.
Lucas verbiss sich ein Lachen und nickte bereitwillig, er konnte ihn ja jetzt nicht im Stich lassen nachdem er ihn so geholfen hatte.
„Ich zieh mich nur kurz um, hab‘ ehe Feierabend.“, meinte der Braunhaarige wobei er sich erhob.
Wo blieb Tobi nur so lange?
Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr und stellte seufzend fest, dass es bereits 16:45 Uhr war.
Die Schule war doch bereits seit fast zwei Stunden vorbei und er sollte schon lange hier, bei ihm sein.
Enrico murrte leise und verschränkte die Arme vor der Brust ehe er sich an die hinter ihm stehende Steinsäule lehnte.
Sein Blick wanderte kurz zu dem Geschenk, das halb versteckt hinter der Säule stand und auf das Geburtstagskind wartete, hoffentlich gefiel es ihm.
Der Italiener, der im letzten Januar dreißig geworden war, befand sich an der überdachten Einfahrt zu der Tiefgarage des Hochhauses in dem er mit seinem Freund wohnte und wartete.
Seufzend zog er aus der Hemdtasche seines weißen Hemdes eine Packung Zigaretten heraus, steckte sich eine davon in den Mund und zündete sie dann mit seinem silbernen Zippo-Feuerzeug an.
„Onkel Enrico? Wo bliebt den Tobi?“, fragte eine Kinderstimme und der großgewachsene Mann sah neben sich wo jemand an seiner schwarzen Hose zupfte.
Dort stand die kleine, inzwischen fünfjährige Sue und sah ihn treuherzig mit ihren mittelblauen Augen von unten an.
Sie trug ein hübsches rotes Rüschenkleid mit dazu passenden Schuhen und weißer Strumpfhose und einige Strähnen ihres blonden, schulterlangen Haares waren mit einer roten Schleife zusammengebunden.
Der Italiener schmunzelte leicht und legte seiner Pflegetochter liebevoll eine Hand auf den Haarschopf, strich sanft darüber.
„Ich bin sicher er kommt gleich, hab‘ noch etwas Geduld Sue.“, bat er ruhig und das Mädchen verzog daraufhin schmollend das kleine Gesicht ehe sie auf die Zeichnung sah, die sie in ihren Händen hielt.
Sie hatte heute für Tobi zum Geburtstag ein Bild im Kindergarten gemalt, das sie ihm schenken wollte, sie hatte sich ganz viel Mühe dabei gegeben und hoffte das es ihm gefallen würde.
Kurz darauf ertönten Schritte und Lucas kam mit Tobi im Schlepptau hinter dem nebenstehenden Hochhaus hervor und direkt auf sie zu.
Der Zwanzigjährige wirkte wie immer sehr gelassen während sich sein bester Freund sichtlich unwohl fühlte.
Er traute sich gar nicht aufzuschauen, da er eigentlich nicht wissen wollte was sein Freund dieses Jahr getan hatte.
Die Fünfjährige hingegen strahlte als sie das Geburtstagskind entdeckte und rannte dann mit einen gejubelten ‚Tobi’ auf ihn zu.
Der junge Mann lächelte als das Kind sich begeistert an seine Hüfte klammerte und er ging sofort, ohne auf den Italiener zu achten, in die Knie und schlang seine Arme um das Mädchen.
„Alles Gute zum Geburtstag!“, sagte der kleine Blondschopf fröhlich wobei sie ihre Arme um den Nacken ihres großen Freundes schlang und ihre Wange zutraulich an seine schmiegte.
Dann löste sich das Mädchen wieder von ihm und hielt ihm mit leuchtenden Augen ihr gemaltes Bild vor die Nase.
„Für dich!“, meinte sie auffordernd und Tobi sah erst blinzelnd auf das Bild ehe er es ihr behutsam aus den Händen nahm und es genauestes musterte.
Auf dem Bild war eine Wiese mit bunten Blumen zu sehen, eine lächelnde Sonne und Vögel, dazu ein strahlend blauer Himmel, wirklich sehr hübsch.
„Das ist total hübsch, danke Sue.“, erwiderte der Sechzehnjährige erfreut und das kleine Mädchen strahlte daraufhin und nahm glücklich den Kuss auf die Nasenspitze an.
Sie war in den letzten zwei Jahren sehr lebhaft und glücklich gewesen, die Liebe und Zuwendung, die sie von den beiden Männern erhielt machte sie unbeschwert, und zu dem was sie war, einem kleinen Kind.
„Bekomm‘ ich jetzt auch mal etwas Aufmerksamkeit?“, fragte Enrico. der noch immer an der Steinsäule gelehnt stand und die Szene abwartend beobachtet hatte.
Lucas, der schon einen Blick auf das Geschenk erhascht hatte, verbiss sich ein Grinsen, er war sich sicher das Tobi das Geschenk gefallen würde, aber der Preis…
Sue hingegen löste sich nun komplett von dem Schwarzhaarigen, obwohl dieser sie eigentlich festhalten und noch etwas mit ihr kuscheln wollte, aber darauf hatte das Kind keine Lust.
Der Italiener hob beide Augenbrauen als er sah das sich sein Freund nicht bewegte sondern lieber neben Sue kniend blieb und den Blick beschämt gesenkt hielt, Feigling.
„Komm her, ich beiße schon nicht, und mein Geschenk schon gar nicht.“, meinte er augenverdrehend, denn es war jedes Jahr das Gleiche.
Tobi hob leicht den Kopf und sah mit trotzigem Gesichtsausdruck zu dem Anderen, machte aber keine Anstalten näher zu kommen.
Enrico hob beide Augenbrauen ehe er kurz an seiner Zigarette zog und dann fordernd seinen Seelenpartner zu sich heranwinkte.
Der Schwarzhaarige zog einen Schmollmund stand dann jedoch auf und kam ergeben zu dem Dreißigjährigen.
Es gab kein Entkommen, nicht vor Enricos Geburtstagsgeschenk.
Als der Sechzehnjährige bei seinen Freund stand, nahm dieser ihn bei der Hand und zog ihn an seine Seite ehe sie sich gemeinsam zu dem Geschenk, das noch immer halb hinter der Säule stand umdrehten.
„Alles Gute zum Sechzehnten.“
Tobias Augen weiteten sich erstaunt als er sein Geschenk erblickte und erkannte was es war.
Ehrfürchtig trat er näher an die Maschine.
Ein verirrter Sonnenstrahl ließ das schwarz glänzende Metall aufblitzen.
Die gesamte Konstruktion war in seinen Augen ein Abbild von Stabilität und ästhetischer Perfektion und wie von selbst schloss sich eine seiner Hände um den Griff des Lenkers.
Es war ein Motorrad der Marke Suzuki GSX-1000, ein europäisches Model komplett in schwarzer Lackierung.
Es war perfekt.
Eine Perfektion aus Schwarz und Silber, von den dreist kupfernen Stoßdämpfern einmal abgesehen. Es juckte ihn in den Fingern sich hinauf zu schwingen, Gas zu geben, die silbernen Auspuffrohre erzittern und die noch unberührten Räder in rasantem Tempo die Straße spüren zu lassen. Den Tank vor sich, den Motor unter sich und den Staub im Fahrtwind hinter sich lassend.
Ein wirklich verlockender Gedanke.
Der Schwarzhaarige hob seinen Kopf und sah sprachlos zu dem Mann hinauf, der noch immer einen Arm um ihn geschlungen hielt und sein Gesicht die ganze Zeit beobachtet hatte.
„Woher…?“, fragte der Sechzehnjährige perplex als er endlich wieder seine Stimme zurückgefunden hatte.
„Denkst du ich hab nicht gemerkt, dass du dir dieses Motorrad in den Zeitschriften gerne angesehen hast?“, fragte er mit einem nachsichtigen Lächeln wobei er ihn mehr an seine Seite zog.
Tobi öffnete den Mund um etwas zu erwidern, schloss ihn aber gleich wieder.
Wie hatte er nur denken können, das vor seinem Freund geheim halten zu können?
Inzwischen müsste er doch wissen wie aufmerksam Enrico war, wie oft er einfach neben ihn saß und ihn beobachtete, sei es beim Lernen, beim Kochen, vor dem Fernseher, beim Lesen oder beim Schlafen.
Und wie gut er dadurch wusste was in ihm vorging und was ihm gefiel.
Der Jüngere senkte leicht beschämt den Blick, dumm von ihm zu denken, dass der Andere dies nicht bemerkte.
„Stimmt, entschuldige…“
Der Italiener lächelte ehe er ihm sanft über den Arm strich und dann wieder mit ihm zum Motorrad sah.
Tobis Blick wanderte glücklich über die Maschine, ihm war anzusehen das er sich sehr darüber freute. Er hatte geglaubt das er Monate, ach was Jahre dransetzen würde um sich das Motorrad zusammenzusparen, schließlich war dies eine europäische Maschine der Marke Suzuki GSX-1000, das neueste Model und total hübsch.
Demzufolge war das Ding auch schweineteuer.
Der Schwarzhaarige blinzelte leicht ehe sich erschrocken seine Augen weiteten als ihm bewusst wurde wie teuer das Motorrad war.
Er hatte es schon wieder getan.
Tobis Blick verdüsterte sich da ihm klar wurde, das sich sein Freund wohl nie an seine Bitte halten würde.
Enrico bemerkte seinen Blick aus dem Augenwinkel und hob fragend eine Augenbraue.
„Was ist los? Gefällt es dir doch nicht?“, fragte der Mann irritiert aber der Andere schüttelte nur den Kopf.
Er runzelte die Stirn und beugte sich zu dem Anderen hinunter sodass er ihn besser ansehen konnte.
Trotz des Umstands, dass der Jüngere besonders im letzten Jahr ziemlich gewachsen war, war er immer noch deutlich größer als sein Freund.
„Was ist los?“, fragte er besorgt.
Tobi hielt den Blick gesenkt, biss sich leicht auf die Unterlippe ehe er antwortete.
„Du sollst mir doch nichts Teures schenken…“, meinte er so leise das der Dreißigjährige Probleme hatte ihn zu verstehen.
Doch dieser verstand ihn doch, berührte mit einem nachsichtigen Lächeln das schwarze Haar seines Seelenpartners und strich diesem einige Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Ich hab dir doch schon so oft erklärt das ich mehr als genug Geld besitze, also lass‘ mich dich doch etwas verwöhnen.“, meinte er sanft.
Mit der Hand berührte er liebevoll die Wange des Jüngeren und zwang ihn dazu den Blick zu heben und den Italiener anzusehen.
„Oder gefallen dir die Geschenke nicht?“
Der Halb-Thailänder hob ruckartig den Kopf, besonders als er hörte dass der Schwarzbraunhaarige verletzt klang.
„Natürlich gefallen sie mir!“, rief er und hastig schlang er seine Arme um den Bauch des Älteren, vergrub sein Gesicht an der breiten Brust seines Freundes.
Und das stimmte wirklich, Tobi freute sich immer sehr über Enricos Geschenke, vor allen Dingen, da er immer genau die Dinge für ihn besorgte, die er sich schon lange wünschte aber sich selbst niemals leisten könnte.
Er wollte nur nicht das der Italiener immer so viel Geld für ihn ausgab, er durfte bei seinen Freund wohnen, der die komplette Miete bezahlte, Lebensmittel einkaufte und für ihn auch neue Klamotten und Schulsachen bezahlte.
Genauso wie sich der Dreißigjährige darum kümmerte das er mal einige Nächte Ruhe bekam und auch mal ohne mit der Wimper zu zucken für die Anderen zahlte, besonders wenn diese krank oder total kaputt waren.
Tobi freute sich immer riesig und war ihm unendlich dankbar aber gleichzeitig deprimierte es ihm, da er genau wusste er würde nie das Gleiche für den Anderen tun können.
Enrico lächelte sanft als der Jüngere ihn so fest umarmte und er schlang einen Arm um den Anderen ehe er ihm mit der anderen Hand behutsam durchs Haar strich.
„Das freut mich.“, meinte er schmunzelnd ehe er ihm den Kopf tätschelte und sich dann von ihm löste, da er noch etwas vorhatte.
Dann erklangen Schritte und die kleine Sue kam zu ihnen gehopst, die die ganze Zeit artig an Lucas Hand gewartet hatte.
Der Student hatte ihnen etwas Zeit alleine verschaffen wollen, damit sie das klären konnten, ehe er das Mädchen wieder frei ließ.
Interessiert ging sie nun ebenfalls zu der Maschine und beäugte sie neugierig.
Sie hatte sie zwar schon vorhin leicht gesehen hatte aber nicht nah ran gedurft und ihr Pflegevater hatte auch keine Fragen dazu beantwortet, nur dass es ein Geschenk für den Schwarzhaarigen war.
„Tobi, was macht man damit?“, fragte die Fünfjährige neugierig wobei sie das Motorrad nicht aus den Augen ließ, so was hatte sie noch nicht gesehen.
Der Angesprochene, der einen Moment den Italiener nachgeblickt hatte, wandte sich nun wieder dem Mädchen zu und lächelte.
„Das ist ein Motorrad, damit fährt man schnell auf der Straße.“, erklärte er bereitwillig und nachdem das Kind blinzelnd zugehört hatte legte sie den Kopf schief.
„Wie Onkel Enrico mit dem Auto?“
„Genau.“; meinte er zustimmend. „Nur das auf einem Motorrad nur zwei Personen mitfahren können.“
Die Blonde sah ihn erstaunt an ehe ihr Blick wieder zu der Maschine wanderte und diese musterte.
Dann strahlte sie und kletterte so schnell sie konnte auf den Sitz und hielt ihre, dafür noch zu kurzen Arme zum Lenker ausgestreckt.
„Brumm brumm.“, machte sie begeistert wobei sie mit ihren Po hin und her rutschte, so als ob die Straße Schlaglöcher wären.
Tobi musste unwillkürlich lachen und auch von den beiden anderen Männern, die dies belustigt beobachtet hatten hörte man herzhaftes Lachen.
Das war wirklich ein süßes Bild.
Enrico beobachtete dies lächelnd ehe er sich wieder den Studenten zuwandte, der ihn fragend ansah und dabei die Hände in den Hosentaschen vergrub.
Lucas ahnte schon was der Italiener wollte, es war jedes Jahr immer so.
Und tatsächlich drückte der Dreißigjährige ihm Geld in die Hand ehe er ihn bittend ansah, er sollte sich darum kümmern.
Der Braunhaarige grinste schief ehe er nickte und das Geld hastig einsteckte, Tobi sollte es nicht so sehen.
„Danke.“, meinte Enrico lächelnd ehe er ihm freundschaftlich auf die Schulter schlug.
Der Student erwiderte das Lächeln kurz ehe er in seine Jacke fasste um sich eine neue Zigarette zu holen wobei er feststellte, verdammt er hatte keine mehr.
„Hast du mal ‚ne Zigarette für mich? Ich muss mir gleich neue kaufen.“, meinte Lucas murrend.
Enrico gluckste leicht ehe er bereitwillig eine Schachtel aus der Hemdtasche zog und sie ihm in die Hand drückte.
„Kannst die Ganze haben, ich hab noch eine im Auto.“, erklärte er, schlug ihn noch mal auf die Schultern ehe er sich umdrehte und ging ehe der Braunhaarige sich bedanken konnte.
„So, dann bringen wir dein Motorrad mal in die Tiefgarage und fahren dann was essen, einverstanden?“, fragte der Italiener als er auf seinen Freund und das kleine Mädchen zukam.
Sue war sofort total begeistert als sie hörte wie ihr Pflegevater das Wort ‚Essen’ sagte und sie klammerte sich strahlend an sein Bein.
„Ja, gehen wir lecker essen!“
Enrico grinste breit und tätschelte ihr den blonden Haarschopf ehe er zu seinem Seelenpartner sah, der seufzend seinen Blick erwiderte.
Nun wollte er auch noch mit ihnen in ein Restaurant essen, dabei war doch das Motorrad schweineteuer und er hatte aus den Augenwinkel gesehen, dass er seinem Freund Lucas Geld zugesteckt hatte.
Ihm war klar für was das war.
Tobi sah ihn bittend an, er wollte ihm nicht noch mehr Geld aus den Taschen ziehen.
„Können wir nicht einfach zu McDonalds vorbei fahren und gut ist?“, fragte er hoffnungsvoll.
Der Italiener hob unbeeindruckt die Augenbrauen und sagte damit ganz deutlich ‚vergiss es’ ehe er das Motorrad an den Lenkstangen anfasste und es langsam in die Tiefgarage hinab schob.
Die Fünfjährige hüpfte dabei, gut gelaunt vor sich hin summend neben ihm her während der Halb-Thailänder ein frustrierten Laut von sich gab und den Beiden dann nacheilte.
„Enrico bitte, müssen wir unbedingt essen gehen? Ich kann uns doch was kochen. Was hältst du von Spaghetti Bolognese?“, lockte er lieb, denn er wusste genau das dies Enrico Lieblingsgericht war.
Doch der Mann verdrehte nur die dunklen Augen und rollte die Maschine auf den freien Parkplatz, der sich neben seinem befand hinüber.
Dann schloss er mit einem Klick auf den Schlüssel seinen Wagen auf und holte daraus eine Kette ehe er das Motorrad dann an einer Sicherungsstange festmachte, damit es niemand klaute.
Erst dann widmete er wieder seine Aufmerksamkeit dem Sechzehnjährigen zu und sah ihn mit einem leicht genervten Blick an.
„Du hast heute Geburtstag, du glaubst doch wohl nicht wirklich dass ich dich dann kochen lasse, oder?“, fragte er schlicht wobei er ihm einen Blick zuwarf damit klar war, das der Jüngere sicherlich nicht kochen dürfte.
Tobi seufzte betrübt, woraufhin sein Freund nur die Augen verdrehte und dann die kleine Sue an der Hüfte hochhob und sie schwungvoll in den rosafarbenen Kindersitz setzte, der sich auf der Rückbank befand.
Das Mädchen ließ dies gutgelaunt mit sich machen und schnallte sich dann fast selbst an, nur bei den Gurten um die Beine brauchte sie die Hilfe ihres Pflegevaters.
Nachdem dies geschehen war ging der Italiener um den Wagen herum und ließ sich auf seinen Sitz nieder ehe er die Beifahrertür öffnete und seinen Seelenpartner heranwinkte.
„Einsteigen und anschnallen, es sei denn du willst das ich heute koche.“, meinte der Dreißigjährige warnend.
Enrico war ein furchtbar miserabler Koch, seine Versuche etwas zu Essen auf den Tisch zu bringen endeten entweder damit das die Küche in die Luft flog oder dass das Essen jemanden vergiftete, vorzugsweise trat Beides ein.
Der Halb-Thailänder sah ihn daraufhin geschockt an ehe er sich hastig neben den Polizisten setzte, die Tür zuschlug und sich gehorsam anschnallte.
„Okay, dann gehen wir eben Essen.“, meinte der Schüler ergebend, lieber ließ er sich ins Restaurant ausführen als an den Kochkünsten des Italieners zu sterben.
Enrico grinste breit und sehr mit sich zufrieden ehe er den Motor startete und sie losfuhren.
Sanfte Melodie erklang durch den gesamten Raum, schien alles zu verzaubern.
Der Saal war dunkel gehalten, nur die Kerzenähnlichen Lampen an den Wänden spendete spärliche Beleuchtung so dass alles in einem sanften Licht getaucht wurde.
Die Außenwände waren komplett verglast und ließen einen wundervollen Ausblick auf die Großstadt zu die, da es bereits dunkel geworden war von den Nachtlichtern beleuchtet wurden.
Die Tische waren weitläufig im Saal verteilt sodass jeder Gast genügend Privatsphäre hatte und sich nicht gestört fühlte.
Das 4 Sterne Restaurant ‚Craft’ befand sich in der Obersten Etage eines riesigen Hochhauses in der Mitte des Stadtteils Downtown und die Speisen waren in der ganzen Stadt beliebt.
Tobi seufzte leise.
Er saß gemeinsam mit Enrico und der kleinen Sue an einen runden Tisch in einer Ecknische, etwas weiter weg von den anderen Gästen die hier ebenfalls Speisen zu sich nahmen.
Ihr Tisch war wirklich hübsch gedeckt und in der Mitte flammte eine Kerze zwischen ihnen auf und ließ dies alles noch traumhafter erscheinen.
Plötzlich ertönten Schritte und ein Älterer Kellner trat auf den Tisch zu und brachte ihre Speisen die sie bestellt hatten.
„Zweimal gefülltes Rinderfilet Mediterran mit Blattspinat und Kartoffelgratin.“, erklärte der bereits ergraute Mann freundlich wobei er einen großen Teller der herrlich angerichtet war erst vor dem Geburtstagskind abstellte und dann den zweiten vor den Italiener.
Dann ging er um den Tisch herum zu dem Kind und stellte ihr mit einer schwungvollen Bewegung einen Teller vor die Nase wobei die Blonde begeistert jubelte.
„Und einmal Kindernudelauflauf mit Würsten für die junge Dame.“ Der Kellner warf dem Mädchen ein lieben Blick und ein Zwinkern zu ehe er eine Verbeugung andeutete und die drei dann wieder alleine ließ.
„Sieht doch toll aus, oder?“, fragte Enrico interessiert an seine Begleitung wobei er von einem zum anderen sah.
Sue nickte sofort und klatschte begeistert in ihre Hände wobei sie ‚total lecker’ jubelte und bereits mit der Hand nach der Gabel suchte, sie hatte Hunger.
Auch Tobi nickte nachdem er sich nochmals das Essen angesehen hatte und er warf seinem Freund einen lächelnden Blick zu.
Die drei begannen nach einen dreistimmigen ‚Guten Appetit’ zu essen.
Das Essen war wirklich Köstlich, das Filet schön zart, das Gratin gut gewürzt und der Spinat knackig, einfach lecker.
Auch Sue schien es sehr gut zu schmecken den sie war ganz still und schob sich eine Gabel mit Nudeln nach der anderen in den Mund und kaute genüsslich.
Auch Tobi schmeckte es wahnsinnig gut und die Idee ins Restaurant Essen zu gehen fand er nun sehr gut.
Wie von selbst wanderte sein Blick von dem leckeren Essen zu dem Älteren Mann der schräg gegenüber von ihm saß und gutgelaunt sein Gericht verputzte.
Der Schwarzhaarige betrachtete ihn gern, das dunkelbraune Haar das in leichten locken den Kopf umrahmte, die dunklen Augen die so eine Faszination und Anziehung auf ihn ausübten.
Die Kerze in der Mitte des Tisches warf einen sanften Lichtschein auf Enricos sonnengebräunter Haut und ließ sie noch verlockender erscheinen und Tobi spürte wieder dieses heiße sehnsüchtige Kribbeln in sich, das sich verstärkte als sein Blick auf die Lippen des Mannes fiel.
Der Halb-Thailänder wollte einen Kuss.
In diesen Moment hob sein Gegenüber den Kopf und ihre Blicke trafen sich, wobei der Jüngere ertappt zusammenzuckte.
Enrico blinzelte leicht als er sah dass der Jüngere auf seine Lippen gesehen hatte. Dann grinste er leicht, legte das Besteck zur Seite und beugte sich näher zu seinem Freund herüber.
Der Schwarzhaarige beobachtete das näher kommen misstrauisch wobei er sich fragte was das denn nun werden sollte.
Dann schlang sich sanft ein Arm um die Schultern des Sechzehnjährigen und der Italiener zog ihn so noch etwas näher an sich.
„Enrico, wa…“, setzte der Jüngere zur verwirrten Frage an doch in diesen Moment hatte sich der Mann schon so weit zu ihm runter gebeugt das ihre Lippen nur noch ein Atemzug voneinander entfernt waren.
Ein erneutes, sehnsüchtiges Kribbeln durchfuhr jede Stelle von Tobis Körpers und der drang sich sofort eng gegen seinen Seelenpartner zu pressen und ihn heftig und leidenschaftlich zu küssen war unwiderstehlich.
„Ihh, ein Schwulenpärchen….“
„Können die das nicht zuhause betreiben…?“
„Aber der eine ist ja noch ein halbes Kind…. Ein Pädophiler…“
„Und das in der Öffentlichkeit… schämt der sich gar nicht…?“
„Ins Gefängnis müsste der Kerl… widerlich…“
Tobi zuckte zusammen als er dies hörte und sofort bekam er ein schlechtes Gewissen ehe er seine Hand behutsam auf den Lippen seines Freundes legte und den Kuss somit abwehrte.
Den Kuss den er gerade mehr als alles andere wollte.
Enrico blinzelte leicht verwundert als der Jüngere ihn zurückhielt und er sah mit fragendem Blick zu ihm.
Der Schwarzhaarige sah ihn traurig an und schüttelte dann leicht den Kopf wobei er mit einer Hand entschuldigend über die Wange des Italieners strich.
„Später…“, flüsterte Tobi ihm leise zu.
Der Dreißigjährige seufzte innerlich ehe auch er auf das Getuschel der anderen Gäste aufmerksam wurde und sofort verschlechterte sich seine Laune sichtlich und er warf jeder dieser Person einen Wütenden Blick zu.
Warum waren diese Leute der Meinung sich ein Urteil über sie bilden zu können?
Sie kannten niemanden von ihnen beiden, sie würden sich sicherlich nie wieder begegnen, also hatten sie auch nicht das Recht so über ihn oder seinen Freund so reden.
Enrico und Tobi waren nun seit fast drei Jahren fest Zusammen und, auch wenn sie es noch immer nicht ausgesprochen hatten liebten sie einander, brauchten einander und würden sich auch nie mehr loslassen.
Warum also Urteilten diese Fremden über sie?
Unter diesen wütenden Blick des dunkelhaarigen Mannes wendeten hastig alle Gäste ihre Aufmerksamkeit wieder ihren Gegenüber zu und ließen die beiden Männer in Ruhe.
Enrico warf jeden einzelnen von ihnen noch einen warnenden Blick zu ehe er sich von dem Jüngeren, den er noch immer in seinen Umarmung saß löste.
Tobi und der Polizist warfen sich noch einen kurzen sehnsüchtigen Blick zu ehe sie wieder ihr Besteck nahmen und weiteraßen.
Die gute Laune der beiden Seelenpartner war sichtlich verschwunden und es herrschte eine bedrückte Stimmung.
Selbst das Essen schmeckte nicht mehr richtig und nach einigen bissen schob Enrico seinen Teller entschieden von sich und trank nur noch ein paar Schlücke seines Wassers.
Sein Freund hingegen aß auch noch den Rest seiner Portion da er es zu schade fand wenn dies am ende weggeworfen wurde.
Auch wenn ihm ebenfalls der Appetit nach dieser Sache eben vergangen war, das Restaurant konnte schließlich nichts dafür.
In diesen Moment ließ Sue, die von all dem nichts mitbekommen hatte ihre Gabel geräuschvoll in die Auflaufform fallen.
„Ich bin fertig, hab alles Aufgegessen!“, verkündete das Mädchen strahlend und war stolz auf sich das sie alles geschafft hatte.
Sofort zog sie damit wieder die Aufmerksamkeit der beiden Männer auf sich und ihr Pflegevater lächelte sanft und strich ihr über den Haarschopf.
„Sehr schön, bist du Satt oder möchtest du noch ein Nachtisch?“, fragte der Italiener woraufhin die Fünfjährige die Nase krauste und dann ihr Bäuchlein tätschelte.
„Nachtisch ist toll, aber mein Bäuchlein ist so voll.“, meinte das Kind enttäuscht denn eigentlich hätte sie gerne noch was Süßes zum Schluss gehabt, aber sie war so satt.
Der Polizist lachte leicht, strich ihr nochmals über den Kopf ehe sein Blick den Tobis suchte der nun ebenfalls das Besteck weglegte und alles aufgegessen hatte.
„Ich möchte auch keinen Nachtisch mehr.“, erklärte der Jüngere mit einem lächeln was sein Seelenpartner instinktiv erwiderte ehe seine Hand die seines Freundes suchte.
Den Blick des anderen gefangen hielten winkte der Dreißigjährige den Kellner heran.
Immer wieder flackerten die Lichter durch die Dunkelheit.
In verschiedenen Farben, Größen und Intensitäten ließen sie immer wieder das innere des Wagengens aufleuchten und hinterließen ein wirklich schönes Bild.
Der Motor des schwarzen Audi r8 brummte leise aber konstant unter ihnen, vibrierte angenehm und ließ eine sanfte Müdigkeit über sie einbrechen.
Ein leises rascheln des Kleiderstoffes war zu hören als sich Sue hinten auf den Rücksitz leicht drehte und ihren Kopf an die Seitenlehne des Kindersitzes kuschelte.
Ihre Augen waren schon seit einiger zeit geschlossen und die rote Schleife in ihren Haar war komplett verrutscht sodass ihr Haar total zerzaust über ihre Schultern fiel.
„Sie schläft.“, ertönte es leise von vorne, wo sich Tobi leicht umgedreht hatte um über die Lehne nach hinten zu sehen.
Enrico sah in den Rückspiegel um ebenfalls zu dem schlafenden Kind zu sehen und lächelte leicht ehe sein Blick zu der Uhrzeitanzeige auf dem Armaturenbrett fiel.
„Es ist ja schon ziemlich spät, sie gehört eigentlich schon längst in ihr Bett.“, meinte er Italiener ehe er sich wieder dem Verkehr vor ihnen widmete damit er nicht noch einen Unfall baute.
Die Straßen in L.A waren nachts am schlimmsten.
Der Sechzehnjährige warf noch einen letzten, kurzen Blick auf das Kind ehe er sich wieder richtig hinsetzte und dann ebenfalls auf die Uhr sah.
„Schon fast 22 Uhr, das Restaurant war ziemlich weit weg.“, stellte der Jüngere fest wobei er sich eine etwas zu lange Haarsträhne aus der Stirn strich.
Sie waren fast über eine Stunde mit dem Auto gefahren und da sie zwischendurch auch mal in kleinere Staus gekommen waren hatte es sogar noch länger gedauert.
„Das ist leider war, aber ich finde das Essen war wirklich sehr gut, findest du nicht?“, fragte der Mann leise wobei er ihm einen Seitenblick zuwarf.
Der Schwarzhaarige lächelte zustimmend und rutschte, als das Auto an einer Ampel hielt Kurzendschloßen näher und schmiegte seine Wange nähebedürftig an die seines Freundes.
„Das war eine tolle Idee Gewesen Enrico, danke.“, flüsterte der Jüngere ihm zu bevor er dem Schwarzbraunhaarigen einen Kuss auf die Wange drückte.
Der Mann neigte, nachdem er auf die Fahrbahn gesehen hatte um zu kontrollieren dass es nicht weiterging seinen Kopf zu dem anderen sodass ihre Nasenspitzen sich sacht berührten.
„Dafür musst du dich nicht Bedanken, war absolut gern geschehen.“, entgegnete er mit einem warmen lächeln wobei er eine Hand vom Lenker nahm und seinen Arm sanft um Tobis Hüfte schlang.
Der junge Mann erwiderte das warme Lächeln und rückte noch etwas näher in der Hoffnung nun endlich den lang ersehnten Kuss zu bekommen da sie nun einen Moment ruhe hatten.
Davor hatte sich der Italiener immer wieder über diesen bescheuerten Verkehr aufgeregt und die kleine Sue hatte mit ihnen geredet.
Enrico grinste leicht als er merkte wie der andere näher rückte und er kam mit dem Gesicht ebenfalls näher, ein leises, gehauchtes ‚Komm her’ machte deutlich das beide das gleiche wollten.
Plötzlich durchbrach ein wütendes Gehupe, gefolgt von mehreren, drängelnden Hupen weiter hinter ihnen den Moment.
Die beiden Männer zuckten leicht zusammen als sie so unterbrochen wurden und der Italiener warf einen raschen Blick aus der Vorderscheibe um zu sehen dass die Ampel grün geworden war.
Er flucht leise etwas vor sich her ehe er sich kurz erneut dem Jüngeren zuwand und ihm flüchtig einen Kuss auf die Mundwinkel drückt.
„Wir machen später weiter.“, versprach Enrico ihm leise ehe sie sich hastig voneinander lösten und wieder auf ihre Sitze glitten.
Tobi wirkte sehr enttäuscht, nickte aber zustimmend da es wohl wirklich besser war wenn sie Zuhause weitermachten.
Er würde zwar viel lieber jetzt weiter machen und einige Küsse bekommen aber irgendwie wurden sie Heute überall nur gestört und bei sich hatten sie wenigstens ihre Ruhe.
Der Schwarzhaarige warf einen Seitenblick auf seinen Freund der sich nun wieder vollkommen auf den Verkehr konzentrieren musste da sie über eine der stark befahrenen Hauptstraßen fuhren und ihn nicht weiter beachtete.
Außerdem würden sie diesmal vielleicht endlich intensivere Küsse austauschen können als normalerweise.
Ein leises piepsen erklang von der silbernen Vorrichtung die an der Eingangstür befestigt war ehe ein kleines, rotes Licht erschien und im nässten Moment wurde die Tür geöffnet.
Vorsichtig betrat ein Großgewachsener Mann den dunklen Flur und ging zu der Garderobe, die direkt an der rechten Wand stand und streifte sich die schwarzen Schuhe ab.
Plötzlich flammte das Licht von der Deckenlampe auf und erhellte den Eingangsbereich ehe man hörte wie leise die Tür geschlossen wurde.
„Mach dir doch das Licht an.“, meinte der Wesendlich kleinere Mann von beiden wobei er mit einem belustigten Blick auf den Älteren sah.
Dieser brummte nur leise zu diesen ehe sein Blick auf das kleine Persönchen fiel das sich begann in Enricos Armen zu regen.
Sue hatte die ganze Fahrt über fest geschlafen und da die beiden Männer sie nicht wecken wollte wurde sie nun von ihren Pflegevater in ihr Bett getragen.
Die Blonde gab ein leises murmeln von sich ehe sie ihren Kopf wieder an der Brust des Dreißigjährigen vergrub und dann einfach friedlich weiterschlief.
Der Mann seufzte erleichtert ehe er sich vorsichtig seine Lederjacke abstreifte und sie dann einfach achtlos auf den Garderobenschrank legte, er würde sie später aufhängen.
„Ich Zieh sie kurz um und bring sie ins Bett.“, erklärte der Italiener wobei er sich aber schon umgedreht hatte und den Flur verließ.
Tobi sah ihn einen Moment nach ehe sein Blick auf die Jacke viel und er sie mit einen Kopfschütteln an den Hacken hängte, seine eigene Jacke folgte sogleich.
Sein Blick schweifte durch den kleinen Flur, unruhig von einer plötzlichen Panik gefasst wie immer wenn er alleine in diesen kleinen Raum war.
Und wenn es Nacht war.
Aber Heute war er nicht hier, in dieser Nacht würde er nicht hier auftauchen und sich ihm nähern denn Enrico hatte das gesamte kommende Wochenende frei.
Tobi schloss mit einem erleichterten Seufzer die Augen und der Gedanke dass sein Freund die Nächte bei ihm war beruhigte seine angst.
„Tobi? Was stehst du noch im Flur rum?“, fragte plötzlich jemand und riss so den Sechzehnjährigen aus seinen unsicheren Gedanken.
Der Angesprochene sah auf und begegnete dem Blick seines Seelenpartners, der nun leicht gebückt in dem Durchgang zum Wohnzimmer stand und ihn fragend ansah.
„Tschuldige, ich war in Gedanken.“, erklärte er mit einem lächeln ehe der Schwarzhaarige das Licht im Flur wieder löschte und dann zu dem Ältere ging.
„Gehen wir ins Bett, okay?“, fragte er sanft, seine Finger spazierten dabei verlockend über die Muskulöse Brust die man hervorragend durch das weiße Hemd spüren konnte
Enrico sagte nicht während er den Jüngeren in die dunkelblauen Augen sah, die Finger seines Geliebten hinterließen ein wohliges prickeln in seinen Körper, eine brennende Sehnsucht die nach mehr schrie.
Und jede Berührung des anderen zeigte dass auch dieser nach mehr schrie.
Der Stoff der schwarzen Bettdecke fühlte sich so unsagbar weich an unter seinen Fingerspitzen, schmiegten sich sanft an seine Haut als Tobi sich leise auf das große Doppelbett setzte.
Nur die Nachttischlampe auf der freien Seite des Bettes erhellte spärlich das große Zimmer, ließen es gemütlich und verlockend erscheinen, hier fühlte man sich automatisch wohl.
Der Schwarzhaarige betrachtete schweigend seinen Freund der nun ebenfalls das Schlafzimmer betrat und leise die Tür hinter sich schloss ehe er auf seinen Seelenpartner zuging.
„Na, du bist ja noch gar nicht umgezogen.“, stellte der Ältere fest während er mit einer Hand leicht über seinen Nacken fuhr da er dort mal wieder leichte schmerzen hatte.
Tobi lächelte leicht und streckte die Arme nach dem Italiener aus, sehnsüchtig und bittend, auch sein Blick mit dem er den anderen Mann ansah verlangte nach einer Umarmung.
„Ich wollte zuerst ein paar Küsse haben, du hast versprochen das wir später weitermachen.“, meinte der Jüngere schlicht, ein verschmitztes grinsen auf den Lippen.
Enrico musste ebenfalls grinsen und schnell überwand er den Abstand zwischen ihnen beiden und kniete sich vor dem Bett hin, direkt vor den Sechzehnjährigen.
„Gut, ein paar Küsse und etwas kuscheln, okay?“, stimmte der Ältere zu ehe er den Schwarzhaarigen spaßhaft zuzwinkerte als Zeichen das dies nicht so Wortwörtlich zu nehmen war.
Es würden mehr als nur ein paar Küsse sein, Enricos Lippen schrieen doch auch schon sehnsüchtig nach denen seines Freundes.
Tobi grinste breit ehe er den Mann am Kragen seines weißen Hemdes packte und ihn so mit einem kräftigen Ruck an sich zog um endlich einen Kuss zu bekommen.
Sehnsüchtig trafen ihre Lippen zusammen, pressten sich aufeinander und hinterließen ein unbeschreiblich, intensives kribbeln das sich mit jeden weiteren Augenblick verstärkte.
Der Sechzehnjährige ließ sich Rückwärts auf das große Bett sinken, spürte sofort die weiche Decke unter sich und kurz darauf das Gewicht des Älteren auf sich als dieser ihn sogleich folgte.
Der Schüler schlang einen Arm um Enricos Rücken während sich die andere Hand in seinen Nacken schob, dort begann sanft die angespannten Muskeln zu kraulen.
Der Italiener stieß einen genießerischen laut zwischen zwei küssen aus, er liebe es wenn der andere sich so gut um seinen Nacken und die Muskeln kümmerte, das tat immer so gut.
Doch dann stieß Tobi mit seiner Zunge auffordert gegen die Lippen des Dreißigjährigen, leckte bittend darüber während er seinen Körper enger an den seines Seelenpartners drängte.
Ein heißer Schauer durchfuhr den Körper des Polizisten, das prickeln verstärkte sich und schien besonders in der Lendengegend zuzunehmen.
Sanft löste Enrico den Kuss und drückte seinen Geliebten stattdessen ein Küsschen auf den Haarschopf ehe er ihn mit einen warmen lächeln ansah.
„Schluss für Heute.“, bestimmte der Italiener ehe er sich aufsetzen und damit die innige Umarmung lösen wollte doch er hatte nicht mit Tobis Dickkopf gerechnet.
Dieser verstärkte nun seinen Griff um den Mann mehr an sich festzuhalten und er sah ihn mit einen verletzten Ausdruck in den Augen an.
„Warum?“, fragte der Sechzehnjährige leise, seine Stimme war bedrückt und zeigte deutlich das er damit nicht einverstanden war, er wollte weitermachen.
„Immer blockst du ab wenn ich einen intensiveren Kuss haben möchte, was soll schon passieren?“, fragte der Schwarzhaarige weiter wobei er dem Älteren forschend in die Augen sah, dieser hatte nämlich nie einen Grund genannt warum er immer abblockte.
Enrico seufzte innerlich als er diese frage hörte und der verletzte Blick seines Geliebten tat ihm unendlich weh, er wollte ihm niemals schmerz zufügen.
Aber es war besser so wenn er die zu intensiven Küsse abwährte, er war doch schon bei einem normalen, zarten Kuss so empfindlich und er spürte wie das Blut in seinen Adern pulsierte je länger eine Berührung andauerte.
Aber sie dürften nicht, noch nicht.
Tobi war erst Sechzehn und er selbst bereits Dreißig, er hatte doch vorhin gesehen wie die Leute über sie getuschelt hatten, das er ins Gefängnis gehört weil er Gefühle für einen Minderjährigen hegte.
Sanft strich er dem jungen Mann unter sich durch das tiefschwarze Haar, ließ jede einzelne Haarsträhne durch seine Finger gleiten und liebkoste es dabei zärtlich.
Er bereute es nicht solche Gefühle für seinen Seelenpartner zu haben, ganz im Gegenteil und der Italiener hätte auch kein Problem damit wenn man ihn verhaften und einige Zeit ins Gefängnis stecken würde.
Der Halb-Thailänder war ihm dies mehr als wert, auch weil er wusste dass er nach dem Knast wieder mit ihm zusammen sein würde, er würde auf ihn warten.
Enrico hatte keine Angst davor, auch wenn er wusste das dann seine gesamte Karriere ruiniert sein würde, die anderen Insassen im Knast sich mit Freuden um ihn kümmern würden, auch wenn dies ein sehr schmerzhaftes kümmern sein würde und er nach seine Entlassung dann womöglich überall verachtet sein würde.
Das war ihm egal, alles was für den Mann zählte war Tobi.
Und Tobi war auch der einzige Grund warum er sich so beherrschte, er wollte den Jüngeren dabei nicht wehtun oder ihn mit seinen Verlangen erschrecken, denn ihm war klar wenn er es auch nur einmal zulassen würde das die Lust in ihn heraus brach dann würde er sich nie wieder zurückhalten können.
Und das wichtigste war, wenn der Polizist seinem Verlangen nachgeben würde und dafür dann ins Gefängnis musste, würde er seinen Geliebten für einige Jahre alleine lassen müssen.
Und das konnte er nicht.
„Enrico?“
Der Angesprochene zuckte leicht zusammen als die Stimme des jungen Mannes ihn aus seinen Gedanken riss und kurz darauf spürte er dessen warme Lippen an seinem Hals.
Ein erneutes prickeln strömte durch seinen Körper, es war so schön.
„Woran denkst du?“, fragte Tobi leise, seine Hand noch immer in den Nacken des Italieners um ihn sanft dort weiter zu massieren.
Der Mann gab erneut einen genießerischen Laut von sich und schloss einen Moment genüsslich die Augen.
„Ich denke einfach es ist besser wenn ich die zu intensiven Küsse abwehre, ich hab angst ich kann mich dann nicht mehr unter Kontrolle halten.“, erklärte er nach einen kleinen Augenblick leise, fast flüsternd.
Tobi schauderte leicht als er dies hörte, aber es war keine Angst die dies auslöste sondern etwas ganz anderes.
Er schlang die Arme um den Hals des Älteren und zog ihn somit auf sich sodass Enricos Kopf an den Schlüsselbein des Schwarzhaarigen lag.
Der Italiener ließ dies nur zu gerne zu und kuschelte sich noch mehr an seinen Freund, besonders als dieser seinen Nacken weitermassierte.
„Davor brauchst du keine Angst haben Enrico.“, sagte Tobi sanft, sein Gesicht in den dunklen Haar des Dreißigjährigen vergraben. „Ich werde dich dann irgendwie aufhalten.“.
Der Italiener öffnete wieder seine Augen die er geschlossen hatte ehe er sanft einige Küsse auf seinen Hals drückte.
„Okay, ausnahmsweise weil du Heute Geburtstag hast.“
Der Mann richtete sich leise, fast lautlos auf und schob sich dann langsam wieder hinauf zu dem anderen sodass sie sich ansehen konnten.
„Wehe du beschwerst dich, ich hab dich ja vorgewarnt.“, sagte der Dreißigjährige leise ehe er seine Lippen, bevor der andere etwas sagen konnte auf die des Jüngeren drückte.
Hastig drückte Enrico den Halb-Thailänder weiter auf die Bettdecke und fixierte den jungen Körper unter sich.
Der schwere Körper des Polizisten legte sich auf ihn, nahm Tobi sekundenlang den Atem, aber nicht wegen dem Gewicht sondern da sich ihre beiden Körper nun so eng aufeinander pressten.
So konnte der Sechzehnjährige nun jede Stelle des Mannes an seiner genaustes spüren und es verursachte ein warmes, sehnsüchtiges kribbeln in sich.
Ihre Küsse waren nun wilder, heftig pressten sie ihre Lippen aufeinander, rieben sie aneinander.
Etwas was sie in dieser Intensität noch nie getan hatten, etwas was der Italiener sonst immer vermieden hatte.
Diesmal dominierte Enrico jedoch den Kuss, seine Hände strichen dabei sehnsüchtig über die Seite seines Freundes während sich sein Unterleib wie von selbst immer mehr gegen das des Jüngeren drängte.
Tobi stieß dabei ein leises keuchen zwischen den Küssen hervor als dies geschah.
Er kannte diese Gefühle, die bei diesen Küssen und den Berührungen entstanden noch nicht, bisher waren sie nie so weit gegangen.
Seine Lippen prickelten voller Hitze und der heiße Atem seines Seelenpartners bewirkte das alles in ihm vor Sehnsucht und verlangen schrie.
Nach was?
Doch dann strich etwas sanft über seine Lippen ehe es aufforderte dagegen stieß und den Schwarzhaarigen eine wohlige Gänsehaut verschaffte.
War das Enricos Zunge?
Neugierig aber auch mit einer Spur Unsicherheit in sich öffnete der Schüler den Mund.
Eine heiße Welle schoss durch seinen Körper als der Polizist das keuchen seines Geliebten vernahm, sein Blut begann zu pulsieren.
Seine Zunge strich um Einlass bittend über Tobis Mund und der Italiener keuchte leicht auf als ihm geöffnet wurde.
Hastig beugte sich der Großgewachsene Mann mehr über den Halb-Thailänder und drang dann mit der Zunge, stürmischer als er es eigentlich wollte in seinen Mund ein.
Sofort erkundete er die Mundhöhle des Schwarzhaarigen genauer, strich den Gaumen entlang und begann dann gegen die Zunge des anderen zu stupsen, seinen Seelenpartner zum mitmachen zu bewegen.
Der Italiener wollte mehr, und zwar jetzt!
Tobi unter ihm riss etwas überrumpelt von dem Stürmischen verhalten des Polizisten die Augen auf.
So kannte er seinen Freund gar nicht, sonst war er immer ruhig und beherrscht beim Küssen, aber diesmal schien sein Temperament durchzusickern.
Vorsichtig begann der Sechzehnjährige den Zungenkuss zu erwidern, stieß mit seiner Zunge ebenfalls immer wieder gegen die von Enrico ehe er genießerisch die Augen schloss.
Das war schön.
Es gefiel dem jungen Mann wie sich der Italiener mehr gegen ihn drängte und letztendlich auch hastig seine Beine auseinander schob, damit sie sich enger aneinander pressen konnten.
Tobi keuchte lauter auf und löste somit den Kuss als sich ihre beiden Unterleibe fester gegeneinander pressten und dann aneinander rieben, immer mehr Hitze strömte durch seinen Körper.
Enrico grinste leicht als er das laute keuchen des Jüngeren hörte woran er merkte das ihm die Berührungen gefielen und er sicher gegen intensivere nicht einzuwenden hatte.
Er schlang einen Arm um Tobis Hüfte und hob ihn dann so etwas an, sodass der Italiener seinen Freund besser im Griff hatte.
Langsam öffnete er den Knopf an der Hose des anderen ehe er vorsichtig, damit sein Geliebter sich nicht erschreckte seine Hand in die Boxershorts wandern ließ.
Der Unterleib des Schwarzhaarigen zuckte im ersten Moment zurück, nicht vor Angst sondern vor Unsicherheit und Scham.
Dort war er noch nie berührt worden.
Doch dann schob sich Tobi seiner Hand entgegen, die Verlockung und das sehnsüchtige brennen war zu mächtig, schien all seine Zweifel und Gedanken zu löschen.
Enrico nahm dies als Erlaubnis seine Hand mehr dort unten zu gebrauchen und begann mehr drück auszuüben und sie reibend zu bewegen was mit einem erhitzten aufstöhnen seitens seines Seelenpartners belohnt wurde.
Der Polizist grinste breit, das hörte sich gut an und das, was er dort unten in seiner Hand spürte fühlte sich noch viel besser an.
Das letzte Fünkchen Selbstbeherrschung verschwand gänzlich als Tobi leise Enricos Namen stöhnte und begann sich gegen dessen Hand, die den Halb-Thailänder so wundervolle Gefühle entlockte zu bewegen.
Die ersten hellen Sonnenstrahlen des Tages schienen durch das große Fenster, brachten Wärme und das erste Zwitschern der Vögel mit sich.
Das Licht erhellte langsam das geräumige Zimmer, schien alles im Raum zu wecken, was die Nacht über in Schlaf verbracht hatte.
Doch jemand schien nicht damit einverstanden gewesen zu sein jetzt aufgeweckt werden zu müssen, denn aus dem großen Doppelbett, das unter dem Fenster stand kam ein leises Murren.
Der großgewachsene Mann drehte sich mehr auf die Seite, um dem Licht zu entkommen. Heute war ein freier Samstag, kein Grund für Enrico aufzustehen wenn die Vögel zwitscherten.
Dann spürte er denn warmen Körper, ganz eng an seinen gekuschelt, das weiche, zerwuschelte Haar an seiner Halsbeuge und er schlang automatisch seine Arme fester um die Person neben ihm.
Der Italiener öffnete einen Spalt breit die Augen und sah hinab auf den Mann, betrachtete das dichte, schwarze Haar und die entspannten Gesichtszüge, die zeigten das er noch schlief.
Ein wohliger Schauer durchfuhr den Körper des Polizisten als er Tobis nackte Haut an seiner spürte, spürte wie sich der Jüngere in seinen Armen leicht drehte und danach sofort wieder enger an ihm kuschelte.
Der Dreißigjährige lächelte sanft und schmiegte sich auch wieder fester an ihn, aber weiterschlafen konnte er nun nicht mehr, dafür waren seine Gedanken jetzt zu wach.
War es richtig gewesen, dass sie dies getan hatten?
Es war nicht so das Enrico es irgendwie bereute, das konnte er gar nicht.
Dafür war die letzte Nacht viel zu wundervoll gewesen, dafür hatte es ihm selbst viel zu gut gefallen.
Er hatte noch niemals dabei so viel Lust empfunden, das Verlangen war nie so berauschend gewesen und der Orgasmus noch nie so unsagbar befriedigend.
Der Italiener warf erneut einen Blick in das schlafende Gesicht seines Freundes, das absolut entspannt und sorglos wirkte.
Unwillkürlich drangen die Erinnerungen der letzten Nacht wieder in sein Gedächtnis ein und er schluckte leicht, als er erneut das pulsierende Verlangen in sich spürte.
Tobis Blick war lustverschleiert gewesen, er hatte sich unter ihm gewunden und sich immer wieder mehr gegen ihn gedrängt, sich gegen seine Stöße bewegt.
Seine Hände hatten sich immer wieder an seinen Schultern festgeklammert, sein erhitzter Atem war stoßweise aus ihm gewichen und immer wieder hatte der Jüngere seinen Namen gestöhnt, voller Verlangen und mit der unüberhörbaren Bitte: ‚hör nicht auf’.
Eine Regung ging durch die Person in Enricos Armen, ehe ein leises Murmeln verriet das dieser jemand gerade aufwachte.
Blinzelnd öffnete der junge Mann seine dunkelblauen Augen, anscheinend musste er sich erst an das Licht gewöhnen, das durch das Fenster direkt über ihn schien, ehe er realisierte wo er lag.
Erst dann wanderte sein Blick an ihn hinauf bis er in das Gesicht seines Seelenpartners sah und dem Blick des Anderen begegnete.
Unwillkürlich verzogen sich seine Lippen zu einen verlegenen Lächeln, besonders als er spürte wie dicht ihre beiden nackten Körper aneinandergeschmiegt waren.
Der Italiener erwiderte dieses Lächeln augenblicklich ehe er sich zu dem Anderen hinunter beugte und ihre Lippen miteinander versiegelte, ihn einfach nur sanft küsste.
Kurz darauf lösten sich die Beiden voneinander, ehe sie sich einfach nur glücklich ansahen und dann noch näher zusammenrückten.
„Tut dir was weh?“
Enricos tiefe Stimme durchbrach als erstes die angenehme Stille, die zwischen ihnen lag, er klang unsicher und mit einer Hand strich er dabei vorsichtig über den Po des Jüngeren.
Ein wohliges Gefühl breitete sich dabei in Tobis Körper aus und das warme Kribbeln überall machte es ihm einen Moment schwer einen klaren Gedanken zu fassen.
Doch nachdem er kurz die Augen geschlossen hatte lächelte er ihn an und strich mit einer Hand sanft über die Brust des Italieners.
„Nein, nichts.“, erklärte er sanft ehe er plötzlich erstaunt blinzelte und feststellte, dass ihm wirklich nichts wehtat, nicht mal ein bisschen.
Tobis Blick wurde unsicher und er neigte leicht seinen Kopf während er probehalber seinen Körper wand, seinen Unterleib streckte und anspannte aber da war nichts.
Kein Gefühl als würde sein Körper zerreißen, keine Schmerzenswelle die durch seinen Körper zog, nicht mal ein kleiner Stich.
Der Schwarzhaarige wirke total erstaunt, dass es nicht wehtat verwirrte den Sechzehnjährigen sehr, kannte er es doch nur mit Schmerzen und das er sich danach einfach nur schmutzig fühlte.
Doch auch so fühlte er sich nicht, weder dabei noch jetzt, es hatte sich richtig und wunderschön angefühlt, so wie auch jetzt.
Enrico beobachtete das Mienenspiel seines Freundes leicht besorgt und fragte sich einen Moment warum der Andere darüber so verwirrt war, war das so schlimm?
Doch dann wurde ihm bewusst warum und er spürte noch mehr Hass auf diese Männer, Hass auf Tobis Vater und auf diese ganze Situation.
Sofort zog er den Jüngeren fester an sich, umschlang ihn mehr mit seinen Armen und küsste sanft das schwarze Haar.
Wie konnte man so etwas jemand anderen antun, soviel Schmerz zufügen das dieser das ganze Leben beeinflussen würde.
Wie konnte das jemand seinem Tobi antun?
Enrico spürte die unablässige Wut in sich aufbrodeln, die er immer zu unterdrücken versuchte um ruhig zu bleiben.
Der Dreißigjährige wusste nicht was er sonst tun würde.
Doch dann, ganz plötzlich verrauchte die Wut so schnell wie sie gekommen war, als sich sein Seelenpartner wieder enger an ihn kuschelte, sein Gesicht an der Halsbeuge des Italieners schmiegte.
Der Polizist schloss lächelnd seine Augen und spürte wie wieder diese stille, alles beherrschende Ruhe ihn überflutete eine Ruhe, die nur der Jüngere in ihm auslöste.
Im nächsten Moment neigte der Mann den Kopf etwas und küsste den Halb-Thailänder sanft.
Etwas überrascht von dem plötzlichen Kuss öffnete Tobi wieder blinzelnd die Augen.
Sein Blick wurde jedoch dann wärmer, ehe der Jüngere wieder seine Augen schloss und sich diesen Lippen, die seine so sanft liebkosten hingab.
Das Prickeln, was sonst immer nur warm und sehnsuchtsvoll war, begann nun bei diesem sanften Kuss verlangend zu pulsieren, schien durch alle Fasern seines Körpers zu ziehen und ihn innerlich zu verbrennen.
Woher kam das so plötzlich?
Der Schwarzhaarige keuchte leicht in den Kuss und während seine Gedanken noch verwirrt darüber kreisten, woher dieses plötzliche Verlangen kam machte sich dessen Körper selbstständig.
Sehnsüchtig drängte sich sein Leib enger an den seines Geliebten, ein Knie schob sich wie von selbst zwischen Enricos Schenkel, um sich ihm willig entgegen zupressen.
Mit einem heiseren Keuchen unterbrach Enrico den Kuss und lehnte die Stirn mit einem leichten Lächeln gegen die des Sechzehnjährigen.
„Was machst du denn?“, fragte der Italiener mit schwerem Atem, denn die Handlung des Halb-Thailänders erregte ihn sehr.
„Ich weiß nicht…“, erwiderte Tobi verlegen, er konnte sich sein Verhalten ja selber nicht erklären, wie sollte er es dann dem Anderen erklären?
Der Schüler küsste den Hals des Italieners, ehe seine Lippen zu Enricos Ohr hinauf wanderten und leicht am Ohrläppchen knapperten.
„Berühr mich... überall, bitte… Enrico!“
Der Angesprochene öffnete sofort wieder die Augen, die er bei den Küssen geschlossen hatte und vergrub eine Hand sanft in dem schwarzen Haar seines Geliebten, bewirkte somit dass sein Seelenpartner aufhörte.
Seine Lippen waren nur einen Atemzug von denen seines Seelebpartners entfernt, der Blick aus den dunklen fast schwarzen Augen des Dreißigjährigen sprühte fast vor sehnsüchtigem Verlangen.
„Komm her.“
Leise summte sie die Melodie des Songs mit, welcher aus den Lautsprechern, die so klein waren das man sie kaum sah, erklang.
Das leise, kaum wahrnehmbare Dröhnen des Flugmotors vibrierte angenehm unter ihren Füßen und zusammen mit der schönen Musik beflügelte dies ihre Kreativität.
Der Bleistift flog regelrecht über ihren Skizzenblock, hinterließ mal intensive, ausdrucksstarke Linien und danach sanfte, fast windhauchartige Erwiderungen, die sich langsam zu einem Motiv zusammenfügten.
„Miss Bariello?“, fragte eine männliche Stimme und riss somit die junge, etwa zweiundzwanzigjährige Frau aus ihren kreativen Gedanken, bewirkte das sie sich wieder der Realität zuwendete und nicht mehr ihrer eigenen, kunstvollen Gedankenwelt.
„Ihr Cappuccino, Miss.“, meinte der ältere Mann in Flugbegleiter-Kleidung mit einem höflichen Lächeln, was die junge Italienerin sofort erwiderte.
„Mille grazie, vielen Dank.”, bedankte sich die Frau und nahm dann erfreut die Tasse mit dem heißen Getränk, das sie so liebte, an sich.
Louisa befand sich in der Business-Class eines sehr teuren und angesehenen Flugunternehmens einer Europäischen Airline, die gerade auf den Weg nach Amerika war.
Genüsslich zog sie den Duft des Cappuccinos in sich ein, ehe sie einen Schluck davon nahm und zufrieden seufzte.
Ja, so musste ihr geliebter Cappu schmecken, ob sich Enrico wohl freute wenn sie ihn besuchte?
Aus dem Rock ihres gelben, schlichten Sommerkleides zog sie ihr Handy heraus und starrte nachdenklich auf das Display, unschlüssig ob sie ihn anrufen sollte.
Gedankenverloren strich sie sich eine schwarze Haarsträhne hinters Ohr, ihr Daumen schweifte dabei lose über die Tasten, ehe sie entschied ihren jahrelangen Freund doch kurz vorher Bescheid zu sagen.
Eigentlich wollte sie ihn überraschen, und auch Tobi, da sie ihm auch ein paar Geschenke mitbrachte aber nicht das der Polizist arbeitete, das wäre sicherlich reichlich unpraktisch.
Es dauerte einen Moment, der Ruf des Telefons ging mehrmals heraus, ehe jemand abnahm und sie einen schweren Männeratem hörte.
„Wer ist da!?“, knurrte Enricos Stimme sehr mies gelaunt in den Hörer und seine beste Freundin hob sofort überrascht die Augenbrauen.
„Dir auch einen schönen guten Morgen Liebling, warum so schlecht gelaunt?“, fragte die Künstlerin ehrlich interessiert und sie hörte, wie der Ältere mehrmals Luft holte, sich anscheinend beruhigen musste, ehe er wieder sprechen konnte.
Wobei hatte sie denn Enrico unterbrochen? Beim Sex?
„Luisa?“, fragte der Dreißigjährige nochmals mit schweren Atem nach und sofort grinste seine jahrelange Freundin breit und zeigte einfach ein ‚Piece’ Zeichen in die Luft.
„Live und in Farbe! Freust du dich das…?“ „Dein Anruf kommt gerade Recht ungelegen.“, unterbrach der Mann sie sofort, wobei ihm diese Worte aber anscheinend auch deutlich schwer fielen.
Im Hintergrund konnte die Zweiundzwanzigjährige Jemanden leise Enricos Namen keuchen hören und wie der Polizist ihm leise ein ‚gleich’ zuflüsterte, und das Keuchen hörte sich verdächtig nach Tobi an.
Louisas Augen weiteten sich überrascht, ehe ihre Miene ungläubig wurde und sie ihr Handy fester umfasste.
„Fickst du gerade Tobi!?“, fragte sie lauter als gewollt ins Telefon, ihre Stimme war eine Mischung aus ungläubiger Begeisterung und bewirkte, das die anderen Leute in dem Flugzeug ihr missbilligende Blicke zuwarfen.
Nicht zuletzt wegen dieser Wortwahl.
Sie hörte wie der Polizist am anderen Ende der Leitung stockte als er dies hörte, anscheinend brauchte er einen Moment ehe er ihre Frage begriff und dann mit schweren Atem schluckte.
„Noch…nicht..“
Louisas Grinsen wurde eine Spur breiter als sie dies hörte, sie selbst fand es bis jetzt immer total idiotisch, das Enrico damit hätte warten wollte bis sein Seelenpartner volljährig war.
„Das ist ja super, wie kam‘s denn dazu? ich will alles wissen!“, verlangte die Langhaarige unbekümmert, wobei sie genüsslich an ihren Cappuccino nippte, dabei völlig ignorierend wobei sie ihren besten Freund gerade unterbrochen hatte.
Dieser knurrte allerdings daraufhin als Antwort, offenbar fand er ihr Verhalten sehr unpassend und wollte sich wieder der anderen Person widmen, deren Keuchen man immer noch ganz leise vernahm.
„Louisa, nicht jetzt.“, warf der Dreißigjährige grimmig ein, der jetzt absolut keinen Nerv für die junge Frau hatte, sie sollte endlich sagen was sie wollte und fertig.
Die Künstlerin zog einen Schmollmund und schlug elegant die schlanken Beine übereinander, sie mochte es nicht wenn man ihr auswich.
„In Ordnung, dann will ich aber nachher alles genauestens wissen! Ich komme gegen 12:30 Uhr mit dem Flieger 1727 aus Venedig am Gate 45 an, und wenn du nicht da bist Enrico, mach ich dir die Hölle heiß, kapiert?“, fragte die junge Frau scharf.
„Klar.“, erklärte der Polizist knapp ehe ein Knacken in der Leitung zu hören war und dann das altbekannte ‚tut’ zeigte, dass der Mann aufgelegt hatte.
Leise hallten unzählige Stimmen durch die riesige Halle, vermischten sich mit den Schritten der Menschen und ließen diese sehr voll erscheinen.
Dabei waren in dem Hauptflughafen von Los Angeles heute nicht gerade viele Leute, es war eigentlich sogar noch relativ leer hier, was wohl daran lag, dass vor einigen Minuten mehrere Maschinen gestartet waren.
An den Seiten des Hauptganges, wo es zu den einzelnen Eincheckstationen des Flughafens ging, waren überall kleinere Läden, Zeitungskiosk, Cafes, Blumenläden und Drogeriegeschäfte.
Alles um sich zwischendurch die Zeit zu vertreiben bis der jeweilige Flug aufgerufen wurde.
Doch drei Personen, die nicht unweit entfernt des Durchganges zum Gate 45 auf einer harten Plastikbank saßen, hatten keinen Blick dafür.
Enrico seufzte missmutig während sein Blick von der Uhr, die zeigte das der Flieger bereits zehn Minuten zu spät war und der Anzeigetafel hin und her wanderte.
Warum konnten diese blöden Maschinen nicht einmal pünktlich sein?
Der Italiener seufzte genervt und massierte sich mit einer Hand den Nacken, während sein anderer Arm lässig um die Schultern seines Begleiters gelegt war, ihn fest an seiner Seite hielt.
Der Junge Halb-Thailänder hatte seinen Kopf an der Brust seines Seelenpartners gekuschelt und schon seit einiger Zeit das laute Treiben des Flughafens ausgeblendet.
Sein Freund würde ihn schon Bescheid sagen, wenn Louisa hier auftauchte, bis dahin genoss er es noch einfach so dazusitzen und etwas zu dösen.
Tobi war, trotz dessen das es bereits Mittagszeit war noch sehr müde und schlapp, aber es war kein negatives Gefühl, eher im Gegenteil.
„Bist du noch sehr müde?“, fragte der Dreißigjährige leise, wobei er den Jüngeren sanft den Pony aus der Stirn strich.
Der Schwarzhaarige gab ein zustimmendes ‚hm’ von sich, ehe er glücklich seufzte und sich mehr an den Polizisten kuschelte.
Der Italiener runzelte die Stirn ehe er leicht den Kopf seines Freundes anhob sodass der Jüngere verwundert die Augen öffnete.
„Du hättest zuhause bleiben und dich ausschlafen sollen.“, warf er besorgt ein, schließlich hatte Tobi heute einen freien Tag und die Aktion am Morgen schien ihn auch sehr erschöpft zu haben.
Doch der Schüler lächelte daraufhin nur sanft und drückte ihn spontan einen kurzen Kuss auf die Lippen, um ihn zu beruhigen.
„Nein, ich wollte dich lieber begleiten, außerdem freu ich mich drauf Louisa mal wieder zu sehen.“, erklärte er gutgelaunt, außerdem hatte er keine Lust gehabt alleine im Bett zu liegen und zu schlafen.
Enrico sah ihn daraufhin einen Moment schweigend an, ehe er schmunzelte und ihn etwas fester an sich zog, um ihn mehr zu umarmen.
„Wie du möchtest, aber wenn’s zu viel wird sagst du es mir und ich bring dich und Sue nachhause, okay?“, fragte der Mann und sein Freund nickte lächelnd, auch wenn ihm klar war, das er es nicht sagen würde.
„Onkel Enrico, wie lange noch?“, fragte eine Mädchenstimme quengelnd und zog somit die Aufmerksamkeit des Paares auf sich.
Sue stand ein paar Schritte vor der Plastikbank entfernt und wippte auf ihren Füßen auf und ab, ein Zeichen dafür wie sehr sich die Fünfjährige hier langweilte.
Ihre kleinen Hände zupften immer wieder an ihrem rosafarbenen Trägerkleid, das sie über einer weißen Bluse trug und ihr Blick hing an den Gang, wo die Passagiere heraustreten sollten fest.
„Ich weiß es nicht Sue, die Maschine hat Verspätung und es wird wohl noch etwas dauern.“, erklärte ihr Pflegevater seufzend, denn er war selbst alle Maßen genervt davon.
Die Blondine verzog schmollend das Gesicht und warf der Uhr einen bockigen Blick zu.
„Doof, ich will lieber spielen.“, sagte sie trotzig.
Der Halb-Thailänder gluckste leicht, als er das trotzige Gesicht des kleinen Mädchens betrachtete, sie war in den letzten beiden Jahren wirklich sehr lebhaft geworden und zeigte deutlich ihren Unwillen, etwas was sie nie bei ihren Eltern getan hatte.
Sue hatte sich so sehr verändert.
Der Italiener lachte ebenfalls leise und strich mit der Hand sanft durch das Haar seines Freundes, während sein Blick weiterhin auf dem Kind war.
„Versteh ich vollkommen Sue, ich würde auch lieber meine freie Zeit mit schöneren Dingen verbringen als mit warten.“, meinte er zustimmend und er beschloss sich kurzzeitig etwas Schöneren zu widmen, neigte seinen Kopf etwas und küsste den Jüngeren sanft auf den Mund, dabei völlig ignorierend, das mehrere Leute um sie herumstanden.
Der Blick des kleinen Mädchens hing nach wie vor mit kindlichem Trotz an der großen, schwarzen Uhr, die über den Terminals hing und die Zeit anzeigte.
Auch wenn Sue die Uhr noch nicht genau lesen konnte, sie konnte die einzelnen Zahlen nur beim Namen nennen, war ihr klar das die Zeit unaufhörlich weiter schritt ohne dass der Besuch, von dem ihr Pflegevater gesprochen hatte hier eintraf.
Total öde war das hier.
Bockig drehte die Fünfjährige sich halb zu den beiden Männern um und wollte gerade fragen, ob die beiden nachher mit ihr spielen würden.
Sie hatte zu ihren letzen Geburtstag ein ganz tolles Puppenhaus bekommen, mit dem sie seitdem immer beschäftigt war.
Als die Blonde allerdings sah dass, sich die Anderen mal wieder küssten zog das Kind einen Schmollmund.
Irgendwie waren die Beiden heute besonders seltsam, seitdem sie aufgestanden waren hingen sie noch mehr als sonst aneinander und küssten sich dauernd.
Plötzlich ertönte Stimmengewirr und als das Mädchen wieder zum Durchgang sah, kamen jede Menge Menschen durch eine Schranke.
„Onkel Enrico, sie kommen!“, rief Sue, erstaunt darüber das so plötzlich ganz viele Menschen auf sie zukamen.
Mit großen Augen betrachtete die Fünfjährige die ganzen Leute, die an ihr vorbeiliefen und auch öfter zu der Blonden sahen, sich offenbar darüber wunderten was so ein kleines Kind ohne Mutter auf den Flughafen zu suchen hatte.
Aber niemand kümmerte sich darum, die Leute in einer so großen Stadt wie Los Angeles mischten sich selten in fremde Dinge ein und waren eher stumme Zeugen als helfende Menschen.
Plötzlich erklangen laute Klackgeräusche von Absatzschuhen, die sich zielsicher auf das kleine Mädchen zubewegten, ihr festes Ziel schon gesichtet hatten.
Sue wendete verdutzt den Kopf zu diesem Geräusch hin, irgendwie wusste das Kind instinktiv das diese Person, die war auf der sie gewartet hatten und sie erblickte gerade noch den Saum eines sonnengelben Kleides, das an ihren Gesicht vorbei zog.
Die Fünfjährige blinzelte einen Moment irritiert, ehe sie der Person mit dem gelben Kleid nachblickte und feststellte dass es sich dabei um eine junge Frau mit langen, schwarzen Haar handelte.
Die nun gerade in schnellen und entschlossenen Tempo auf ihren Pflegevater und dessen Freund, die sich noch immer innig küssten, zuging.
Das war dann wirklich der angekündigte Besuch.
Freudestrahlend drehte sich das Kind komplett zu den drei Personen um, glücklich darüber das sie nun nicht mehr warten musste und machte sich ebenfalls auf den Weg zurück zur Bank.
Endlich passierte mal was!
Das Klackern ihrer Schritte war nur ein Hintergrundgeräusch für ihn, etwas was er gerade ausblendete genau wie alle anderen- ihm unwichtig erscheinenden Geräusche
Er hatte zwar Sues Worte gehört und auch dessen Bedeutung aber Tobis Lippen, die so voller Gefühl seine küssten erschienen ihn um einiges verlockender, als die Leute die gerade aus dem Gate 45 traten.
Auch wenn er innerlich bereits wusste, das Louisa sicherlich gleich hinter ihm stehen würde und eine stichelnde Bemerkung von sich gab, sie hatte schon immer das Talent besessen ihn überall zu finden.
Ein Zeichen dafür wie gut sie ihn kannte, sie wusste immer genau wo sie ihn an Orten suchen musste.
Und tatsächlich spürte er kurz nachdem er die Stimme seiner kleinen Pflegetochter vernommen hatte, eine Hand an seinen Hemdkragen, eine schlanke Frauenhand, die ihn energisch zurückzog.
Weg von Tobi, der einen überraschten Ausruf von sich gab.
Mit einen mürrischen Brummen öffnete Enrico die Augen, blickte dabei in das verdutzte Gesicht seines Geliebten und seufzte leicht, da war sie also.
Er neigte etwas den Kopf zur Seite, sodass er die Frau erblickte die ihr Gesicht neben seinen gebeugt hielt um ihn mit leicht hochgezogenen Augenbrauen anzusehen.
„Hey Louisa.“
Texte: Die hier vorkommenden Charaktere und die Story gehören mir, die Illustartionen dazu sind von mir selbst Gezeichnet.
Bildmaterialien: Das Cover wurde mir von so.perfekt erstellt.
Lektorat: Janinely
Tag der Veröffentlichung: 26.11.2011
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