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In der Falle


Sie kommen näher. Ich höre sie. Ihre Schritte werden immer lauter. Es sind viele. Panik steigt in mir auf . Die Angst breitet sich in meinem Brustkorb aus, nimmt mir die Luft zum Atmen. Mein Herz pocht wie ein Presslufthammer und in meinem Hirn läuft schon der Horrorfilm ab. Was werden sie mit mir tun, wenn sie mich aufgestöbert haben? Oh Gott, bitte beschütze mich vor ihnen. Ich weiß ja, was mir blüht, sobald ich hier raus bin. Gleich trennt uns nur noch die Tür. Ich sehe schon die Bilder vor mir. Mein Kopf in der Kloschüssel. „Waterboarding“ nennen sie das. Dann grölen und lachen sie laut und dreckig. Ich habe das Gefühl, dass mein Herz sich totläuft. Es rennt um sein Leben.
„Hey kleines Arschloch, wo hast du dich verkrochen?“

Jeder könnte hier an meiner Stelle sein. Im Versteck auf den Boden gekauert, vor Angst zitternd. Meine Verfolger sind die, die zuhause gedemütigt und geschlagen werden. Wahrscheinlich geben sie die Gewalt nur weiter. Kevin, der Anführer, hat ganz viele kleine Brandnarben auf den Armen, die aussehen wie von Zigaretten. Seit er weiß, dass ich sie gesehen und erkannt habe, ist er hinter mir her. Seine sogenannten Freunde machen mit, ohne zu fragen. Für sie ist das eine Art Freizeitsport. Wer nicht zu ihnen gehört, ist Freiwild. Und das sind viele. Sie nennen uns „Opfer“ oder „Loser“ und haben ihren Spaß daran, uns zu hetzen wie Tiere auf der Jagd. Um uns dann anschließend zu quälen, indem sie uns schlagen und anpinkeln und dann Dinge mit uns tun, an die ich nicht mal denken mag.

Hier im Besenschrank ist es stockdunkel. Ich halte mir den Mund zu, aus Angst zu schreien und um meinen Atem zu kontrollieren. Dabei stoße ich an etwas Hohles. Ein Eimer? Das Geräusch ist unüberhörbar. Oh nein! Plötzlich laufen brennende Tränen über mein Gesicht. Jetzt bin ich verloren. Ich habe mich verraten. Jetzt haben sie mich gefunden, alles ist nun gelaufen. Schicksalsergeben warte ich darauf, dass die Tür aufgerissen und ich herausgezerrt werde. Aber was ist das? Fremde Stimmen auf dem Flur? Ich kann Gesprächsfetzen hören: „.....nichts zu suchen......macht, dass ihr wegkommt......informiere eure Eltern..“ Und dann kehrt Ruhe ein.

Langsam fängt sich mein Atem wieder und die Angst flaut ab. Ich kann es kaum glauben, dass ich noch mal entkommen bin. Nach einer gefühlten Ewigkeit fasse ich den Entschluss, aus der Dunkelheit zu kriechen. Ich sehe mich vorsichtig um und beginne dann, den Staub von meinen Sachen zu klopfen, als jemand hinter mir sagt:
“ Wusste ich's doch!“
Der Schulleiter schaut mich an und sagt: „Wir beide unterhalten und jetzt mal. Ich denke, du hast mir viel zu erzählen, stimmt's?!“

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Texte: Alle Rechte liegen bei mir
Bildmaterialien: bookrix
Tag der Veröffentlichung: 06.12.2012

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