Kapitel 1
Kälte sticht in meinen Händen. Eisig pfeift der Wind durch meine Jacke und meine braunen Haare. Längst hat der Regen mich komplett durchnässt. Ich stehe vor der Schule. Mein Fahrrad steht neben mir. Schnell, um dem Regen zu entkommen, schließe ich es ab, und beeile mich zum trockenen Schultor zukommen. Doch als ich die Gruppe von Leuten davor sehe, bleibe ich wütend stehen. Und genau wie sich meine Stimmung ändert, verändert sich auch für einen kurzen Moment das Wetter. Vor ungefähr zwei Jahren habe ich festgestellt, dass ich sowohl ungewollt, als auch gewollt das Wetter verändern kann. Wenn ich mir ganz stark, ein bestimmtes Wetter wünsche, so verändert sich das Wetter für genau 30 Sekunden. Wechselt hingegen meine Stimmung, so verändert sich für eine Sekunde das Wetter. Wenn ich glücklich und ausgelassen bin, so strahlt die Sonne mit mir um die Wette. Bin ich hingegen traurig regnet es und wenn ich wütend bin, kommt zu dem Regen noch ein heftiges Gewitter. Bei Angst und Nervosität wird die Welt um mich herum schwarz und ein Sturm tobt. Und es schneit, wenn ich mich alleine fühle. Allerdings ändert sich das Wetter, nur indem Moment indem meine Stimmung sich verändert. Am Anfang fand ich das alles relativ cool, doch als ein paar Leute darauf aufmerksam wurden konnte ich nicht mehr das Wetter gewollt verändern, da ich Angst habe, dass man mich einsperrt und für verrückt erklärt, doch das bin ich nicht. Eigentlich bin ich ein ganz normales Mädchen. Mit meinen 1.67m und meinen leicht welligen, braunen Haaren steche ich eigentlich weder positiv, noch negativ aus der Menge heraus. Ganz im Gegensatz zu einer meiner Freundinnen. Tag für Tag läuft sie komplett in schwarz gekleidet herum. Nicht etwa weil sie der Gothic- oder Emoszene angehört, sondern weil sie gelesen hat, dass schwarz einen schlanker macht. Obwohl sie unserer Meinung nach übertreibt, will sie unbedingt abnehmen, seit Florian mit ihr Schluss gemacht hat. Seitdem hat sich vieles bei uns verändert. Uns, dass waren früher Florian, Joel, Leila, Jette, Oli und ich. Doch seit Florian mit Jette Schluss gemacht hat, hat er die Clique gewechselt und hängt jetzt mit den Coolen rum. Sein bester Freund Oli wurde auch begeistert empfangen und so sind wir nur noch zu viert. Direkt vor der Schultür stehen meine beiden ehemals besten Freunde zusammen mit ihren neuen Freunden. Jedes Mal wenn ich sie so sehen, versetzt mir das einen Stich und meine Wut ballt sich zusammen. Wir sind früher die ganze Zeit zusammen gewesen und dann hat sich Schlag auf Schlag alles geändert. Das warum verstehe ich immer noch nicht so ganz. Angeblich soll einer von Florians neuen Freunden gesehen haben, wie Jette mit einem anderen rumgeknutscht hat, während einer anderer Mona erzählt hatte, dass er Florian zusammen mit einer anderen gesehen hat. Noch am gleichen Tag haben sie sich gegenseitig auf dem Schulflur angeschrieen und in aller Öffentlichkeit miteinander Schluss gemacht. Direkt am nächsten Tag sahen wir Florian und Oli nur noch aus der Ferne. Noch nicht einmal meine Besten Freunde wissen über mein größtes Geheimnis -das Wetter verändern- Bescheid, doch einige kleiner Geheimnisse kennen sie. Und jetzt wo Flo und Oli die Seiten getauscht haben, weiß auf einmal die ganze Schule Bescheid. Es gab mal eine Zeit wo ich echt depressiv drauf war. Zu der Zeit war ich noch nicht auf meiner jetzigen Schule. Auf meiner früheren Schule wurde ich gemobbt, und als Außenseiterin behandelt. Letztendlich habe ich es nicht mehr ausgehalten und gewechselt. Als ich so deprie drauf war habe ich schon mal mit dem Messer an meiner Hauptschlagader da gesessen und überlegt was ist, wenn ich jetzt einfach zuschneiden würde. Durch den Schmerz meinen anderen Schmerz vergessen. Einfach alles vergessen. Doch zugeschnitten habe ich nie!
Nicht alles hat sich an der neuen Schule geändert. Es gibt immer noch viele Leute die mich meiden. Des Öfteren wird sich noch über meine Namen lustig gemacht. Mit richtigem Namen heiße ich Summer Moana. Meinen Zweitnamen liebe ich über alles und aus diesem Grund habe ich auch niemanden verraten, dass ich einen besitze. Allerdings wie meine Eltern auf die Idee gekommen sind mich Summer zu nennen, kann ich bis heute nicht verstehen. Meine Freunde haben mich kurzer Hand in Sunny umbenannt. Zwar auch nicht gut, aber besser als Summer.
Ich atme doch einmal tief durch, bevor ich mich an den anderen vorbei ins Schulgebäude schiebe. Dabei trifft mein Blick Flos. Früher waren wir beide wie Geschwister. Er hat mich immer beschützt und dafür gesorgt, dass es mir gut geht. In meinem Blick liegt blanke Wut. Wieso hat er uns so verraten, dass er zu den anderen gezogen ist und unsere Geheimnisse ausgeplaudert hat? Meine Augen sprechen verächtlich zu ihm. Schnell wendet er den Kopf weg. „Feigling“, zisch ich und drück mich an ihm vorbei. Fast habe ich Joel und Jette erreicht, als eine Stimme mich stoppt. „Hey Summer, sorgt doch mal dafür, dass dein Name wahr wird. Der Regen ist zwar nicht so schlimm wie dein Anblick, aber so wird wenigstens ein Übel verbannt.“ Zornig drehe ich mich zu der Stimme um. „Gute Morgen Ducan. Deine Fissage ist auch ein netter Anblick. Aber es wäre nett wenn du deine verdammte vorlaute Klappe halten könntest.“ „ Meine Süße und ich wollen aber gern was zusammen unternehmen!“ Seine Freundin Miriam guckt feindlich zu mir rüber. Achselzuckend wend ich mich ab und rolle genervt mit meinen Augen, während ich zu meinen Freunden rüber gehe. Seid ich endlich die Schule gewechselt habe, habe ich mir mehr Selbstbewusstsein zugelegt und sage jedem direkt meine Meinung ins Gesicht. Ducan ist mir direkt am meinem ersten Tag an der Schule aufgefallen. Allerdings nicht wegen seinem Aussehen, sondern weil er meinte genau vor meinem Spind mit Miriam rumzuknutschen und ich erstmal die beiden beiseite schieben musste, um an meinen Spind zu kommen. Dabei beobachteten mich meine jetzigen Freunde und holten mich in ihre Clique. Während die meisten Mädchen Herzklopfen bekommen, wenn sie Ducan sehen, bekomme ich das Kotzen. Er sieht zwar nicht schlecht aus mit seinen schwarzen Haaren, die in einem modisch, coolen Schnitt sind, aber sein ganzes Verhalten geht mir auf den Senkel. Er weiß, dass die Mädchen auf ihn stehen und verhält sich genauso. Außerdem muss er zu allem seinen Senf dazu geben, was mich regelmäßig zum Ausrasten bringt, vor allem wenn er über Jette, Joel und Leila herzieht.
„Na, auch so gute Laune?“ Wie selbstverständlich legt Joel freundschaftlich den Arm um mich. Seit Florian weg ist, ist er wie mein Ersatzbruder. Ich habe keine Geschwister, hätte aber gern einen großen Bruder. „Oja“, antworte ich ihm und lachend begrüßen wir Leila. Obwohl wir alle verschieden sind, teilen wir die Leidenschaft zur Musik. Joel ist Schlagzeuger in einer Band. In der gleichen Band singt Leila. Jette spielt Klavier und ich brauche die Musik für meine große Leidenschaft das Tanzen. Die anderen bevorzugen alle eine bestimmte Musikrichtung, doch ich liebe sie alle. Egal in was für einer Stimmung ich bin, ich finde immer ein passendes Lied.
Als es klingelt beeilen wir uns, in unseren Raum zukommen. Jette und Joel biegen links ab zu Englisch. Leila beschleunigt ihren Schritt, um pünktlich bei Religion zu sein und ich mache mich auf den Weg zu Mathe. Doch im Gegensatz zu meinen Freunden muss ich mich nicht beeilen, da ich weiß, dass unserer Lehrer immer 10 Minuten zu spät kommt. Das wissen auch Ducan und Miriam und da unserer Lehrer immer vergisst die Fehlenden aufzuschreiben, kommen die beiden entweder mit 20- minütiger Verspätung oder gar nicht. Gerade habe ich meinen Platz erreicht und den I-Pod eingeschaltet, als die Tür erneut auf geht. Zusammen mit einem etwas älteren Herrn, betritt ein schlanker Junge den Raum. Seine blonden Haare stehen wirr von seinem Kopf ab. Der Mann klopft laut mit der Faust aufs Pult. Schlagartig kehrt Ruhe ein und jeder der da ist setzt sich auf seinen Platz. „Ich bin eurer neuer Lehrer Herr Johnson. Und das hier“, er weißt auf den Jungen neben sich, „ist euer neue Mitschüler Dario. Bitte kümmert euch ein bisschen um ihn. Aber jetzt würde es mich mal interessieren, ob euer Kurs immer so leer ist, oder ob mehr als die Hälfte schwänzt.“ Lächelnd lehne ich mich zurück und hoffe, dass Ducan und Mariam heute mal wieder zum Unterricht erscheinen würden. Herr Johnson wendet sich an Dario: „ Such dir einfach einen Platz aus. Die Fehlenden werde ich sowieso umsetzen.“ Darios Augen wandern über die Tischreihen, bis sie bei mir hängen bleiben. Zielstrebig setzt er sich in Bewegung und lässt sich auf den Stuhl neben mir fallen. „Hi“, grüßt er mich. „Hallo“ entgegne ich und blicke lächelnd zur Tür, als die auf einmal aufgeht. Verwirrt stehen Ducan und Miriam Händchen haltend im Türrahmen. „Ihre Namen?“ Ducan und Miriam murmeln kurz ihren Namen und wollen sich auf ihren Platz verdrücken. Doch unser neuer Lehrer hat die beiden direkt durchschaut und setzt die beiden auseinander. Doch als der dann Ducan an meine andere Seite setzt finde ich den neuen Lehrer nicht mehr so toll und auch Ducan verzieht genervt das Gesicht. Er rückt weit von mir ab und wendet verächtlich den Blick nach vorne. Hingegen blickt Dario mich unverschämt lange an, bis ich es nicht mehr aushalte und ihn leise anfauche: „Was gibt’s zu klotzen?“ „Nichts“, antwortet er und guckt mich weiter an. Auf der anderen Seite von mir lacht Ducan leise. Nur mit großer Anstrengung überlebe ich die Stunde. Endlich ist Mittagspause und ich stürme in die Cafeteria zu meinen Freunden. „Ihr ahnt nicht, was alles passiert ist“, platze ich heraus, noch bevor ich richtig sitze. „Erzähl!“, fordert mich Leila auf. „Also“, fange ich gerade an, als eine Person mich unterbricht. „Entschuldigung, aber kann ich mich zu euch setzen?“ Wir heben alle den Kopf und blicken Dario an. „Klar“, antwortet Jette ihm und rutsch zur Seite, so dass er sich zwischen mich und sie setzten kann. Frustriert darüber, meine Wut nicht raus zulassen dürfen, merke ich, wie ich wieder ungewollt das Wetter verändere, doch da draußen ein Unwetter tobt, merkt es niemand. Ich schnappe mir Joels Apfel, hänge mir meine Tasche um und verlasse ohne ein Wort die Cafeteria. Die verwunderten und verwirrten Blicke von meinen Freunden spüre ich in meinem Rücken. Ich verzeihe mich in die Bücherei und setze mich auf eins der Sofas. Kaum sitze ich, klingelt mein Handy in meiner Hosentasche. Nach einem kurzen Blick auf das Display, weiß ich das Damir, mein Tanzkumpel dran ist. „Hey du“, grüße ich ihn. „Hey. Ich wollt dir nur sagen, dass Training heute schon früher beginnt. Soll ich dich von der Schule abholen und mitnehmen?“ „Das wäre super. Gleicher Platz wie immer?“ „Geht klar! Bis nachher!“ Jedes Mal wenn unser Training früher beginnt, holt mich Damir ab. In einigen Wochen ist der große Tanzwettbewerb bei denen Tanzgruppen aus dem ganzen Land antreten und dieser Jahr wird er in unserer Stadt stattfinden. Deswegen müssen wir nicht nur unseren neuen Tanz proben, sondern auch noch das ganze Event vorbereiten. Für dieses Jahr haben wir uns was ganz besonderes ausgedacht. Anstatt zu einem Lied oder zu einem Remix tanzen wir zu verschiedenen Liedern aus allen Musikrichtungen. Dazu tragen wir die passenden Klamotten und tanzen den jeweiligen Stil. Am Schluss tanzen alle, egal welche Richtung, miteinander. Wir wollen damit zeigen, dass es nicht immer heißt gegeneinander sondern für einander.
Ich spüre wie das Sofa neben mir einsackt. Als ich zur Seite blicke, blicke ich in die graublauen Augen von Flo. Sofort versteife ich mich. „Was willst denn du? Ich würde aufpassen, ich stehe nämlich kurz vor dem Platzen“, warne ich ihn. „Ich wollt nur wissen, wie es euch geht. Also dir und Jette und Joel und Leila.“ Seine Stimme bricht ab. Verächtlich blick ich ihn an und antworte: „Die anderen musst du selber fragen, aber danke der Nachfrage mir geht’s beschissen. Mein ehemals bester Freund, der wie ein großer Bruder für mich war, spricht auf einmal kein Wort zu mir und erzählt den Leuten, die ich am meisten hasse, meine Geheimnisse, die ich ihm anvertraut habe. Uns soll ich dir mal was sagen? Du bist so was von unten durch bei mir. Du hast mich verraten und jetzt fragst du wie es mir geht? Du bist echt das Letzte. Lass mich einfach in Ruhe, okay?“ Ich wende mich ab und verlass fluchtartig die Bücherei. Niemand, und erst Recht nicht Flo, soll meine Tränen sehen, denn in Wahrheit vermisse ich Flo ziemlich sehr. Draußen vor der Bücherei stoße ich unsanft mit Ducan zusammen. Bevor ich hinfallen kann, hält er mich fest. Sein Blick fesselt mich. Schnell schüttel ich seinen Arm ab und renne zur Toilette. Na toll denk ich mir. Jetzt gleich, weiß die ganze Schule, das Summer Moana am heulen ist. Doch da ist noch was, was mich nicht los lässt und das ist Ducans Blick. Zum ersten Mal seit ich ihn kenne, hat er mich mal nicht spöttisch oder verächtlich angesehen. Er sah fast so aus, als hätte er sich Sorgen gemacht. Stumm schüttele ich die dummen Gedanken ab und verlasse die Toilette.
Kapitel 2
Endlich beginnt die letzte Stunde, die meine allerliebste ist. Vergnügt schlüpfe ich in meine schwarze drei-viertel Hose und das rote Top. Mittwochs und freitags haben wir in Sport immer Schwimmen, doch heute steht Tanzen auf dem Plan. Mal wieder wie andere finden, doch mir macht es nichts aus, dass unsere Lehrerin so gerne tanzt. Obwohl ich noch mehr könnte, als ich im Unterricht zeige bin ich zufrieden, da ich nicht auffallen möchte. Zwar ist keiner meiner Freunde in meinem Sportkurs, dafür aber Miriam und Ducan, doch hier halten sie ausnahmsweise mal ihre Klappe. In der Halle sitzen schon ein paar meiner Klassenkameraden auf dem Boden. Vor ihnen steht mein neuer Englischlehrer. Verwundert setzte ich mich zu den anderen und warte. Nach einiger Zeit beginnt Herr Johnson seinen Unterricht. „Also Leute. Ab heute habt ihr das Vergnügen mit mir zusammen Sport zuhaben. Auch wenn ich weiß, dass ihr in letzter Zeit größtenteils nur getanzt habt, will ich die nächsten Stunden auch mit euch tanzen. Ich rufe euch jetzt nacheinander auf und suche ein Lied für euch aus. Dazu zeigt ihr mir dann ein bisschen was ihr könnt.“ Schnell merke ich, dass Herr Johnson immer ein Lied nimmt, was genau widersprüchlich zur Person ist. So nimmt er gerade bei einer ganz stillen eher ein ausgeflipptes Lied. Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen, als Miriam aufgerufen wird und unser Lehrer ein Lied von Sum 41 einstellt. Doch anstatt auf die Musik zuhören und dazu passend zu tanzen, wackelt Miriam nur ein paar Mal mit ihrem Hintern. Mein leises Lachen entgeht sowohl meinen Mitschülern, als auch meinem Lehrer nicht. Während Miriam mir bitterböse Blicke zuwirft, grinsen auch Dario, der nun ebenfalls bei mir in Sport gelandet ist, und mein Lehrer. „Zeigen Sie uns doch als nächstes ihr Können, Summer“, schlägt mein Lehrer vor. Freudig erhebe ich mich vom Boden und stelle mich in die Mitte. „Du wirst dich jetzt blamieren“, lästert Miriam. „Mal schauen“, entgegne ich und warte auf die Musik, die Herr Johnson für mich aussucht. Als Rehab von Rihanna ertönt kann ich ein Grinsen nicht unterdrücken. Genau zu diesem Lied haben wir unseren letzten Tanz getanzt und da ich noch die Schritte kann, tanze ich einfach unseren Tanz. Nach den ersten Sekunden verändern sich die Gesichtsausdrücke von meinen Mitschülern. Vorher hatten alle gelangweilt, oder spöttisch geguckt, doch nun schauen alle verwundert zu mir und da Herr Johnson nicht die Musik stoppt, wie bei den anderen, tanz ich das Lied einfach zu Ende. Dann setz ich mich leicht verlegen wieder hin. „Tanzen Sie in Ihrer Freizeit Summer?“, erkundigt sich mein Lehrer bei mir. Ich nicke und beobachte wie meine übrigen Klassenkameraden nun vortanzen müssen. „Okay“, beendet Herr Johnson den letzten Tanz von Dario, der sich im Vergleich zu meinen Klassenkameraden, nicht blamiert hat. „Laufen Sie sich jetzt bitte ein. Und Sie Summer kommen mal bitte hier rüber. Seufzend beginnen die anderen loszutraben. „Ich möchte, dass sie in den nächsten Wochen den Unterricht leiten. Sie sind sehr begabt Summer und ihre Klassenkameraden können noch einiges von ihnen lernen.“ „Meinen Sie das ernst?“ Verwundert schau ich meinen Lehrer an. Der lächelt mir zu und schickt mich hinter den anderen her zum Laufen. Obwohl ich an Sport, außer Schwimmen und Tanzen, kein Interesse habe, ist auch Laufen eine Eigenschaft von mir, die ich ganz gut kann. Wahrscheinlich, da ich durchs Tanzen eine gute Kondition habe. Herr Johnson trommelt uns alle zusammen. „Die nächsten Stunden werden wir jetzt noch mit tanzen verbringen. Allerdings werde nicht ich den Unterricht leiten, sondern eure Klassenkameradin Summer.“ „Okay. Fangen wir mit warm machen an. Macht einfach meine Übungen nach und haltet sie ungefähr zwölf Sekunden. Genau wie bei anderen Sportarten ist es auch beim Tanzen wichtig gut gedehnt zu sein“, ergreife ich das Wort. Der größte Teil der Klasse verzieht genervt das Gesicht und beteiligt sich nicht an den Übungen. Doch da greift Herr Johnson ein und ruft alle zur Ordnung. „Möchtet ihr lieber was Klassisches, was Hip-Hop mäßiges oder Pop mäßiges machen?“ Fragend schau ich meine Klassenkameraden an. „Nur nichts Klassisches“, tönt es von Miriam. „Das ist so was von ätzend und langweilig.“ „Wo genau liegt der Unterschied zwischen den anderen beiden, außer dass die Musik anders ist?“, fragt Ducan und schaut interessiert zu mir rüber. „Pop mäßig ist das, was ich gerade eben getanzt habe. Hip-Hop ist schwieriger und schneller. Es hat viel mit Kraft zu tun. Man muss dir ansehen, dass es Spaß macht. Die ganze Anstrengung muss man verstecken.“ „Ich glaub ich wäre für was nicht so schnelles. Kannst du uns nicht einfach den Tanz von gerade eben zeigen?“, fragt Tina. „Klar warum nicht. Wer ist denn dafür?“ Bis auf Miriam heben alle ihre Hände. Ich wende mich an meinen Lehrer: „Könnten Sie bitte noch mal die CD einlegen und zum Refrain vorspielen.“ Dann dreh ich mich wieder zur Klasse um: „Ich zeig euch jetzt noch mal den Refrain und dann tanzen wir in alle zusammen.“ Während ich tanze sehe ich, wie alle konzentriert auf mich gucken, nur Miriam scheint mit ihren Gedanken ganz woanders zu sein. „Miriam, könntest du uns vielleicht mal die ersten Schritte zeigen?“, erkundige ich mich scheinheilig. Miriam fährt erschrocken zu mir herum und stottert: „Äh…Warum ich?“ „Weil ich dich ausgesucht habe. Kann einer von den anderen den Anfang vortanzen?“ Zögernd heben alle anderen ihre Hand. „Dario. Komm bitte nach vorne.“ Leichtfüßig kommt Dario zu mir und tanzt die ersten Schritte komplett fehlerfrei. „Wow. Das war gut.“ Ich bin leicht verwirrt und brauche zwei Sekunden um mich wieder zu fangen. „Stellt euch mal bitte zu auf, dass ihr mich sehen könnt. Wir tanzen jetzt langsam die Schritte. Sobald einer nicht mehr mitkommt, ruft er Stopp.“ Wir stellen uns auf und langsam tanze ich die Schritte vor. Was mich total erstaunt, ist, dass außer Miriam schon alle halbwegs die Schritte können. Kurz vor Ende der Stunde wende ich mich noch mal an Miriam. „Miriam könntest du mal bitte zu mir kommen. Ihr anderen könnt euch hinsetzten.“ Widerwillig tritt Miriam vor mich. „Was willst du.“ Hasserfüllt schaut sie mich an. „Die nur noch mal langsam die Schritte zeigen.“ Ganz langsam zeige ich ihr noch mal die Schritte. Gähnend verdreht sie die Augen: „Die kann ich aber schon!“ „Tut mir leid, aber du tanzt immer irgendetwas anderes. Machen wir am Dienstag weiter. Ihr habt gut mitgearbeitet“ Meine Klassenkameraden beeilen sich zu den Umkleidekabinen zukommen und auch ich strebe dorthin. Schnell schlüpfe ich aus den verschwitzten Klamotten, in meine schwarze Hose und dem roten Langarmshirt. Darüber ziehe ich meine schwarze Lederjacke und stürme aus der Turnhalle. Vor der Tür stoße ich unsanft mit Dario zusammen. „Äm Summer, hast du schon was vor? Vielleicht könnten wir noch was zusammen trinken gehen und du könntest mir sagen was ihr bisher in Mathe gemacht habt.“ „Sorry, aber ich werde abgeholt!“ Aus den Augenwinkeln halte ich Ausschau nach Damir. Keine Sekunde später fährt er mit quietschenden Reifen vor. Grüßend hebe ich die Hand. „Ich muss los.“ Ich drehe mich um und steige zu Damir in den Wagen. „Hey. Alles klar?“ „Klar Sunny. Und bei dir?“ „Das übliche halt. Ich freu mich jetzt aufs tanzen.“ „Wenigsten tanzen wir heute noch mal, anstatt alles zuplanen.“ Lachend fahren wir auf den Parkplatz. Damir schnappt sich meine und seine Tasche von der Rückband und zusammen gehen wir rein. Kaum sind wir durch die Tür, stürmt ein kleines Mädchen auf uns zu. „Hallo Summer, hallo Damir. Tanzt ihr heute wieder? Ich würde so gerne bei euch mittanzen!“ Lachend gucken Damir und ich uns an. Filiz ist neun und tanzt in der Gruppe der Kleinen. Jedes Mal wenn, ich zum Training komme, fragt Filiz nach, ob sie bei uns tanzen darf. Ich tausche einen kurzen Blick mit Damir und hocke mich dann hin. „Kannst du denn noch eine Stunde hier beleiben? Ich wusste eine Stelle, die für dich perfekt zu tanzen wäre!“ Filiz guckt mich fassungslos an. „Ich darf bei euch mittanzen?“, stottert sie. Damir nickt und freudestrahlend fällt Filiz erst mir und dann Damir um den Hals. Alle zusammen gehen wir in die Halle. Kurz erkläre ich denn anderen, was Filiz tanzen wird und dann machen wir uns ans üben. Nach zwei Stunden sind wir alle nass geschwitzt und ko. „Okay. Genug für heute. Geht duschen. Morgen konzentrieren wir uns auf die Anziehsachen.“, unterbricht unsere Tanzlehrerin uns. Ich nehme meine Wasserfalsche und mein Handtuch und begebe mich zu den Duschen. „Das war echt cool von dir, dass du Filiz erlaubt hast, bei uns mitzutanzen.“, erzählt mir Sandy. „Dadurch ist das ganze noch mal aufgepeppt!“ Ich grinse ihr zu und schlüpfe in meine Klamotten. Vor der Tür der Umkleide warten Damir, Larry und Tasso. „Wir wollen noch was essen gehen. Willst du mitkommen?“ Lächelnd schaut Damir mich an. „Klar. Warum nicht? Ich ruf nur noch eben zu Hause an und sag Bescheid.“, antworte ich ihm. „Super“, freut sich auch Larry. „Wollen wir ins James?“ Gespielt genervt verdrehe ich die Augen. „Wohin denn sonst?“, frage ich ihn. Das James ist unser Lieblingsrestaurant. Es ist gemütlich und das Essen einfach lecker. Und das Beste ist, dass wir es uns sogar leisten können, denn die Besitzer achten darauf, dass die Preise Jugend freundlich sind. Ich zieh mein Handy aus der Hosentasche und telefoniere kurz mit meiner Mutter, während wir schon zu Damirs Auto gehen. Obwohl es Anfang Mai ist, ist es draußen ziemlich kühl und deswegen schlüpfe ich in meine Lederjacke. „Wow. Ist die neu?“ Staunend betrachtet Tasso meine Jacke. „Äh ja. Hab ich von meiner Mutter bekommen.“ Dadurch, dass ich Einzelkind bin, verwöhnen mich meine Eltern sehr. Es vergeht keine Woche, in der meine Mutter nicht mit neuen Klamotten ankommt. Das Problem ist nur, dass sie immer die neusten Trend mitbringt und mir der größte Teil nicht gefällt. Doch als sie am Samstag mit der Lederjacke ankam, war ich total begeistert. Schnell sind wir bei James. Die Bedienung kennt uns bereits und bringt uns an unseren Lieblingstisch ganz hinten in der Ecke. Selbst der Chef verlässt die Küche um uns zu begrüßen. Während die Jungen sich den Bauch mit Pizza voll hauen, nehme ich einen Salat. Jette beneidet mich häufig um meine Figur, doch dahinter steckt auch starkes Tanztraining. Außerdem ernähre ich mich einfach gesund. Auch die Jungs sind nicht dick, auch wenn sie öfters Pizza essen. Unser Training ist einfach so anstrengend, dass man viele Kalorien verliert. „Erzähl doch mal Sunny. War heut irgendwas Besonderes in der Schule?“ Ich schüttle den Kopf und will mir gerade eine neue Gabel Salat nehmen, als ich spüre, dass irgendeiner hinter mir mich anblickt. Ein leiser Schauer läuft meinen Rücken runter und ganz kurz verdunkelt sich draußen der Himmel und ein starker Windstoß bläst. Verwundert schaut Larry nach draußen. „Komisch!“, murmelt er und blickt wieder zu uns. „Entschuldigt mich mal bitte kurz“ Schnell verschwinde ich zur Toilette, nur um von da unauffällig zu dem Tisch hinter unserem zugucken. Dort sitzt Dario ganz alleine. Sein Blick ist fest auf Larry gerichtet. Doch kaum habe ich die Toilette verlassen, klebt sein Blick wieder auf mir. „Wollen wir los? Ich hab noch Hausaufgaben auf!“ Fragend blick ich zu den Jungs. „Ich muss auch noch welche machen. Also lasst uns fahren.“, meint Tasso. Wir verabschieden uns vom Chef und verlassen das James. Ich kann mir nicht verkneifen einen Blick zurück zuwerfen. Dario sitzt noch immer an seinem Tisch und auch sein Blick ist immer noch auf mich gerichtet. Verwirrt wende ich mich ab und steige zu Damir ins Auto. Die anderen beiden wohnen nicht weit entfernt und laufen deswegen nach Hause und ausnahmsweise ist es auch mal trocken. Damir bringt mich nach Hause und verabschiedet sich dann. Ich krame in meiner Hosentasche nach meinem Haustürschlüssel. Im Wohnzimmer sitzen meine beiden Eltern und schauen die Nachrichten. Ich grüße sie kurz und gehe hoch in mein Zimmer. Auf meinem Bett liegt schon wieder was Neues zu anziehen. Diesmal ist es eine weiße Bluse. Gedankenverloren schaue ich sie an. Dann schalte ich meinen kleinen Fernseher an und höre dem Wetterbericht zu. Morgen soll es 25 Grad warm werden und die ganze Zeit sonnig. Ich lege die Bluse auf mein Sofa und setz mich an die Hausaufgaben. Doch mit meinen Gedanken bin ich ganz woanders. Trotzdem schaffe ich meine Matheaufgaben schnell, doch für Deutsch müssen wir einen Aufsatz zum Thema `Mein größter Traum´ schreiben. Dazu fällt mir nichts ein. Klar gibt es mehrer Sachen, die meine Träume sind, aber keiner ist so richtig mein größter Traum. Also schreib ich einfach auf, was mir durch den Kopf geht: Jeder Mensch hat Träume. Auch ich. Ich würde gern eine große Tänzerin werden. Ich hätte gern einen älteren Bruder. Manchmal wünsch ich mir einfach loszulassen zu können. Es gibt so viele Wünsche und Träume die man hat. Und mal ist der eine Traum stärker und mal ein anderer. Ich kann nicht sagen, was mein größter Traum ist. Es ist von der Situation abhängig. Doch ich weiß, dass wenn man wirklich etwas will und dies auch irgendwie möglich ist, dann kann man es auch schaffen.
Zu mehr habe ich keine Lust und deswegen, pack ich mein Schulzeug ein und leg mich ins Bett. Bevor ich die Augen schließe, wünsch ich mir, dass morgen das Wetter wirklich so gut wird, wie angekündigt. Mitten in der Nacht, wache ich schweißgebadet auf. Zitternd setzte ich mich auf. Mein Traum sitzt mir noch in den Knochen. Ich habe geträumt, wie ich in einem komischen Raum war. Ich war ganz alleine. Überall schwebten so Art Fenster mitten im Raum. Ich stand verzweifelt vor so einem Fenster und wusste nicht was ich tun sollte. Im ganzen Raum gab es keine Tür. Auf einmal erschien genau vor meinen Augen ein Schwert. Erschrocken bin ich in dem Moment aufgewacht. Ich streiche mir mein feuchtes Haar aus dem Gesicht und lasse mich wieder zurück in mein Kissen fallen. Obwohl ich total müde bin, kann ich nicht einschlafen. Dauernd drehe ich mich von der einen Seite zur anderen. Erst gegen fünf Uhr morgens dämmere ich weg. Als mein Wecker um halb sieben klingelt, habe ich das Gefühl, als hätte ich keine Minute geschlafen. Obwohl ich dienstags immer die erste frei habe, stehe ich normal auf und gehe vor der Schule noch ins Schwimmbad. Wenn ich im Wasser meine Bahnen ziehe, kann ich abschalten. Das Wetter ist genauso, wie im Wetterbericht verkündet. Grinsend schlüpfe ich in die neue weiße Bluse. Allerdings ziehe ich sie nicht so an, wie meine Mutter es sich wahrscheinlich gedacht hat. Zu einer schwarzen drei-viertel Hose und einem roten eng anliegendem Spagettitop, trage ich die weiße Bluse offen. Auch meine Haare lasse ich offen. Ich stecke meinen Schmuck ein, nehme meine Schultasche und meine Schwimmtasche und eile die Treppe runter. „Morgen“, grüße ich meinen Vater. Meine Mutter schläft um diese Zeit noch. Mit einem Apfel in der Hand verlasse ich das Haus.
Da es trotz Sonnenschein noch kühl ist, habe ich mir meine Lederjacke übergezogen. Ich genieße den kurzen Weg zum Schwimmbad. Leider hat das Freibad noch geschlossen, denn ich liebe es, wenn das Wasser richtig kalt ist. Für einen kurzen Moment fühlt man dann gar nichts. Und wenn man gar nichts fühlt, kann man auch nichts verändern. Die Kassiererin grüßt mich freundlich. Ich habe wie immer Glück, dass noch nicht so viele Leute ihm Schwimmbad sind. Meine Lieblingsbahn ist die vorletzte. Warum kann ich nicht sagen. Vielleicht weil ich dort nicht von den Wänden eingeengt werde. Oder es ist irgendetwas anderes. Mit einem Kopfsprung tauch ich in das kühle Wasser ein. Die Gedanken in meinem Kopf schalten ab. Ab jetzt gibt es nur noch das Wasser und mich. Bahn für Bahn gebe ich alles und als ich aus dem Wasser raus komme, bin ich leicht erschöpft. Prustend schiebe ich mir eine Haarsträhne hinters Ohr und gehe unter die Dusche. Warm läuft das Wasser an mir runter. Dann muss ich mich beeilen, um pünktlich zu sein. So schnell ich kann, ziehe ich mich an und lege meine Kette an. Mein Armband habe ich bereits an. Ich weiß nicht woher es ist. Eines Tages lag es auf meinem Bett, aber meine Eltern haben mir versichert, dann es nicht von ihnen ist. Es ist ein ganz einfaches schwarzes Lederbändchen, doch auf dem Bändchen sind verschiedene Symbole drauf. Ein Herz und eine Welle sind leicht zu entziffern, doch es gibt auch Symbole, dich ich weder deuten, noch erkennen kann. Trotz alledem trage ich es seit dem Tag immer. Meine Eltern waren zwar nicht erfreut darüber, doch das war mir egal und inzwischen gehört es so sehr zu mir, dass ich nicht auf es verzichten kann. Draußen im warmen Sonnenschein beginnen meine Haare zutrocknen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass meine Haare, als ich an der Schule ankomme, trocken sind. Heute lass ich mir meine gute Laune nicht von Florian oder Ducan verhauen. Strahlend begrüße ich meine Freunde. Diese schauen mich allerdings alles andere als freundlich an. „Was ist denn los?“, will ich wissen. „Das würden wir gerne von dir wissen!“, entgegnet Leila. „Du bist gestern beim Mittagessen einfach verschwunden und hast nicht auf unsere Anrufe reagiert. Dein Handy war die ganze Zeit ausgeschaltet.“, ergänzt Jette. „Ups“, entgegne ich. „Tut mir Leid. Ich… äh … musste noch was in der Bücherei nach schlagen. Und dann hat noch Damir angerufen und dann war die Pause um. Dann war Unterricht. Danach Training und gestern Abend war ich zu müde. Tut mir Leid. So ich muss los!“ Ich atme laut aus und strebe mein Schließfach an, um mein Schwimmzeug rein zutun und mein Englischbuch rauszuholen. Direkt neben meinem Schließfach lehnt Dario und schaut mich an. „Du schwimmst gut.“ Verwirrt drehe ich mich zu ihm. „Woher weißt denn du, wie ich schwimme?“, meine Stimme klingt verächtlich. „Ich hab dich gerade eben im Schwimmbad gesehen.“ Mein wütender Blick trifft ihn. „Sag mal verfolgst du mich etwa?“ Dario zuckt mit den Achseln und geht ins Klassenzimmer. Leicht verärgert, worauf mal wieder das Wetter sich verändert, folge ich ihm und lasse mich neben ihm nieder. Ausnahmsweise sitzt Ducan schon auf seinem Platz. Miriam thront auf seinem Schoß. Aufseufzend hole ich meinen Block und mein Buch raus. Zurzeit lesen wir von Shakespeare Romeo und Julia als Theaterfassung. Dann schalte ich meinen I-Pod an und male in Gedanken versunken auf meinem Block herum. Das Eintreten meines Lehrers lässt mich wieder aufblicken. Miriam verzieht sich auf ihren Platz und ich stecke meinen Player wieder in die Jackentasche. Dann ziehe ich Jacke aus und hänge sie über die Lehne. Verstollen blickt Ducan zu mir rüber. Mit einem nicht erkennbaren Blick kommentiert er meine Kleidung und blickt darauf hin wieder nach vorne. Auch ich lenke meine Aufmerksamkeit wieder auf unseren Lehrer. „Heute wollen wir uns in Gruppen einteilen und das Stück nicht nur lesen, sondern auch spielen. Dazu zieht jetzt bitte jeder von euch einen Zettel auf dem eure Gruppennummer steht. Die Szene gebe ich euch vor. Die Rollenverteilung liegt bei euch!“ Herr Johnson blickt dabei vor allem zu Miriam und Ducan. Dann geht er mit einer Tüte voller Zettelchen rum. Herr Johnson grinst mir zu und hält mir die Tüte hin. Ich entfalte meinen Zettel. Eine eins leuchtet mir ingegen. Inzwischen hat Herr Johnson seine Runde beendet. „Wer hat die Nummer eins?“ Ich hebe meine Hand und auch Ducan meldet sich. Suchend blick ich durch die Klasse, doch kein anderer meldet sich. „Okay“, unterbricht Herr Johnson meinen Blick. „Ihr kümmert euch um die zweiten Szene im zweiten Aufzug und zwar von da an, wo Julia sagt: „Wie kamst du her?““. Verzweifelt leg ich meinen Kopf auf den Tisch. Ausgerechnet ich muss eine Liebesszene mit dem größten Blödmann aus der ganzen Stufe spielen! „Summer. Wollen wir los?“ Ich sehe auf und blicke in Ducans Augen. „Was bleibt mir anderes übrig?“, antworte ich und stehe auf. Zusammen gehen wir raus auf den Schulhof und setzen uns auf den Boden. „Also ich finde Shakespeare total schwierig. Können wir nicht die Szene einfach in unsere Sprache umschreiben? Das würde das ganze stark vereinfachen.“ Ducan legt den Kopf schief und blickt mich an. „Machen wir es jetzt oder nicht?“ Ducan wiederholt seine Frage, weil ich ihm nicht antworte. „Ja. Wenn wir es dürfen, warum nicht super.“ „Okay!“ Ducan grinst mich an. Er legt sich auf den Bauch und legt seinen Block und sein Textbuch vor sich. „ Also. Die Julia könnte ja sagen: ´Wie bist du hier rein gekommen? Mein Zimmer ist im zweiten Stock und warum bist du überhaupt gekommen. Wenn meine Eltern dich finden, so gnade Gott mit dir. ` Was meinst du Summer?“ „Ist gut. Wollen wir denn die Namen Romeo und Julia behalten, oder andere nehmen?“ „Ich wäre für andere. Hast du einen Zweitnamen, dann könnten wir die nehmen.“ „Ja ich habe einen. Aber denn erfährt keiner!“ „Ist ja gut.“ Verwundert schaut Ducan mich an. Anscheinend muss ich ziemlich wütend geklungen haben. „Sorry.“, murmle ich. Ducan sagt gar nichts, sondern legt leicht seine Hand auf meinen Arm. Unsere Blicke treffen sich und in dem Moment passiert es.
Kapitel 3
Verwundert löst Ducan seinen Blick von mir und schaut hoch zur Sonne. Ganz plötzlich, ist es wahnsinnig heiß geworden und im nächsten Moment wieder normal. Genau in dem Moment war es mir, als hätte ich einen roten Schleier vor den Augen. Fassungslos blick ich zu Ducan. Es kann doch nicht sein, dass ich mich in ihn verleibt habe. In Ducan der ein arroganter Blödmann ist und dazu noch eine Freundin hat. Wobei er sieht schon süß aus. Und so schlimm ist er auch nicht. Glücklicherweise klingelt es in dem Moment. Schnell spring ich auf und klopf mir den Dreck von den Klamotten. „Bis später.“ Fluchtartig habe ich den Schulhof verlassen. Drinnen im kühlen Gebäude atme ich erstmal tief durch. Meine Gedanken fahren Karussell. Leicht durch den Wind gehe ich zu meinem nächsten Fach. Die ganze Zeit über bekomme ich vom Unterricht nichts mit. Meine Gedanken kreisen um den Moment auf dem Schulhof. Kurz vor der Pause reiße ich mich zusammen. Ich will nicht, dass meine Freunde irgendetwas merken. Diesmal bin ich die erste, die an unserem Tisch sitzt. Kurz nach mir kommt Joel. „Hey Sunny. Wie war der Unterricht?“ Ich verdreh die Augen und grinse ihm zu. Er setzt sich mir gegenüber und holt sein Essen aus der Tasche. Diesmal verdreht er die Augen. Seine Mutter ernährt sich nur über gesund und will, dass Joel das auch tut. Da ich mich lieber gesund ernähre, bringe ich Essen für Joel mit und bekomme dafür seins. Lächelnd schiebe ich ihm meine Dose rüber. „Super“, freut er sich. Zu den Nutellabrötchen habe ich ihm noch einen Schokoriegel eingepackt. Er widmet sich den Brötchen, während ich Ausschau nach Jette und Leila halte. Kurze Zeit später betreten die beiden die Cafeteria zusammen mit Dario. Die drei kommen zu unserm Tisch und setzen sich hin. Darios Blick ruht wie immer auf mir. Seufzend widme ich Joels Salat. Die anderen reden die ganze Zeit über alles Mögliche, doch ich klinke mich aus der Unterhaltung raus. Appetitlos stochere ich im Salat herum, bis Leila mich unterm Tisch unauffällig anstößt. Irritiert blicke ich auf. Vor unserem Tisch steht Ducan. „Kann ich dich mal kurz alleine sprechen Summer?“ „Klar.“ Ich häng mir meine Tasche um und folge ihm nach draußen. Meine Freunde blicken uns hinterher. Kurz vor der Tür drehe ich mich noch mal um und werfe einen Blick zurück. Doch auch meine Freunde haben keine Ahnung was Ducan von mir will und zucken bloß mit den Schultern. Ich atme noch einmal tief durch, bevor ich Ducan folge. „Was willst du?“ Meine Arme habe ich vor der Brust verschränkt. „Also wegen Englisch. Hast du später Zeit, damit wir den Text umschreiben könnten?“ Fassungslos schaue ich Ducan an. „Ähm ja. Allerdings nur eine Stunde. Dann habe ich Training.“ „Cool. Dann bis gleich in Deutsch.“ Ich drehe mich um und gehe langsam wieder in die Schule. „Summer.“ Ich dreh mich wieder um. „Das hast du in Englisch verloren. Ducan hält mir mein Armband hin. „Danke.“ Ich hatte gar nicht festgestellt, dass ich es verloren hatte. Meine Freunde erwarten mich schon. „Und was wollte er?“, fragt Jette mich direkt. „Nur wegen Englisch. Und er hat mein Armband gefunden.“, antworte ich ihr und setze mich hin. „Darf ich mal dein Armband sehen?“, bittet mich Dario. Sein Blick ist zum ersten Mal nicht auf mich gerichtet. Langsam schiebe ich mein Armband zu ihm rüber. Ganz vorsichtig nimmt er es in seine Hand und betrachtet es lange. „Woher hast du es?“ Sein Blick durchbohrt mich. „Es lag eines Tages auf meinem Bett. Ich hab schon das ganze Internet danach abgesucht, aber nichts dazu gefunden. Weißt du was darüber?“ „Es ist einmalig.“ Ich habe das Gefühl, als würde Dario eher zu sich sprechen, als mit mir. „Was meinst du damit?“ Ohne es zu wollen, wird meine Stimme lauter. Erschreckt blickt Dario auf. „Das erzähl ich dir in den nächsten Tagen. Es gibt noch vieles was du lernen musst.“ Er wirft mir mein Armband zu und verschwindet aus der Cafeteria. Stumm blicke ich hinter ihm her. Um sein rechtes Handgelenk trägt Dario ein schwarzes Lederbändchen. „Kommst du Sunny? Es hat geklingelt.“ Jette blickt mich an. „Okay.“ Widerstandslos folge ich ihr. Selbst als der Unterricht schon angefangen hat, kann ich mich immer noch nicht konzentrieren. Das merkt auch unser Lehrer: „Wie wäre es Summer, wenn sie aufwachen würden und ihre Hausaufgaben vorlesen würden?“ Ich ziehe meinen Block aus der Tasche und fange an zu lesen: „Jeder Mensch hat Träume. Auch ich. Ich würde gern eine große Tänzerin werden. Ich hätte gern einen älteren Bruder. Manchmal wünsch ich mir einfach loszulassen zu können. Es gibt so viele Wünsche und Träume die man hat. Und mal ist der eine Traum stärker und mal ein anderer. Ich kann nicht sagen, was mein größter Traum ist. Es ist von der Situation abhängig. Träume können auch vorüber gehen. Doch ich weiß, dass wenn man wirklich etwas will und dies auch irgendwie möglich ist, dann kann man es auch schaffen. Gerade jetzt ist mein größter Traum zukapieren, was gerade alles schief läuft. Ich will verstehen, warum auf einmal alles anders ist. Warum mein Leben, innerhalb eines Tages so aus den Fugen geraten kann!“ Die letzten Sätze habe ich spontan an meinen Text drangehängt. Während ich diese letzten Sätze ausspreche, blicke ich zu Dario, doch der blickt zu Boden. Mein Blick bleibt bei ihm, bis er endlich hochblickt. Sein Blick trifft mich und dann wandert sein Blick Richtung Fenster. Bis gerade hat noch die Sonne geschienen, doch plötzlich fängt es anzuregnen. So plötzlich wie es angefangen hat, hört es auch wieder auf. Fassungslos blick ich zu Dario. Es ist offensichtlich, dass er auch das Wetter verändern kann. Und er weiß, dass ich es auch kann. Hat er mich deswegen immer so angeguckt? Hat mein Armband was damit zu tun? Schließlich trägt Dario auch so ein Armband. Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, während ich Dario anblicke. Er lächelt mir beruhigend zu. Doch das Lächeln kann ich nicht erwidern. Da sind zu viele Gedanken und lose Enden. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Irgendwie ist meine Welt auf einmal aus den Fugen. Alles ist anders und doch so gleich. Dario ist nicht der einzige, der verwundert schaut, als ich aufstehe und mit einem gemurmelten: „Ich hab Kopfschmerzen.“, den Raum verlasse. Ich gehe raus und setze mich in die Sonne. Mein Kopf ruht an der Mauer. Ich habe gerade eben nicht gelogen, als ich gesagt habe, dass ich Kopfschmerzen habe. Da ist wirklich ein starkes Ziehen in meinem Kopf. Ich schließe die Augen und probiere meine Gedanken zu sortieren.
Ganz sachte spüre, wie sich eine Hand auf meine Schulter legt. Ohne die Augen zu öffnen, weiß ich, dass es Dario ist. „Das ist für dich jetzt wahrscheinlich ziemlich verwirrend, oder?“ Stumm nicke ich. Dario setzt sich neben mich und schweigt zusammen mit mir. „Ich brauche Zeit. Irgendwann möchte ich gern mehr erfahren, aber bitte nicht jetzt. Da ist zu viel. Ich muss mir erst einigen Dingen klar werden. Versteh das bitte!“ Bittend schaue ich Dario an. Er lächelt mir beruhigend zu und nickt. Diesmal schaffe ich sein Lächeln zu erwidern. „Na komm.“ Dario streckt mir seine Hand hingegen und zeiht mich vom Boden hoch. Zusammen gehen wir wieder ins Klassenzimmer. Ich spüre Ducans Blick in meinem Nacken, als ich mich wieder hinsetze. Ich krame nach einem Kugelschreiber und schreibe den Text ab, den mein Lehrer an der Tafel anschreibt, doch darüber denken tue ich nicht. Als es endlich klingelt bin ich erleichtert und eile zur Turnhalle. Schnell ziehe ich schwarze Hotpants und ein weißes Tank Top an. Meine Schuhe lass ich diesmal aus. Ausnahmsweise ist der Rest meiner Klasse mal pünktlich. „Hey“, grüße ich die anderen. „Zum einlaufen könnt ihr eure Schuhe anlassen, doch danach ist es besser, wenn ihr sie auszieht. Ich will die erste halbe Stunde mit euch noch mal den Refrain üben und dann hab ich mir was ausgedacht, wobei ihr mal kreativ sein dürft. Und jetzt einlaufen und anständig dehnen.“ Genau wie meine Kurskameraden jogge ich los. Nach einiger Zeit stopp ich und fange an mich zu dehnen. Als ich wieder mit den anderen den Refrain übe, klappt alles super und nach der halben Stunde haben wir den Refrain fertig. Herr Johnson stellt die Musik aus und ich sammle die anderen um mich. „Ihr habt jetzt zwei Wochen Zeit, also sechs Schulstunden. In der Zeit sollt ihr in Gruppen ein Lied euch aussuchen und dazu einen eigenen Tanz erfinden. Und in die Gruppen sollen vom Geschlecht her gemischt sein. Für Tipps und Anregung stehe ich zur Verfügung.“ Schnell haben sich die Gruppen gebildet. Was mich verwundert, das Ducan nicht zu Miriam in die Gruppe gegangen ist, sondern zusammen mit Dario und Tina in einer Gruppe ist. „Am Ende tanzt jede Gruppe ihren Tanz vor und ich bewerte ihn dann.“, meldet sich Herr Johnson zu Wort. Eifrig sind schon alle Gruppen am diskutieren und einige probieren schon ein paar schüchterne Schritte aus. „Wie wäre es Summer, wenn sie auch einen eigenen Tanz einstudieren, damit ich sie faires halber auch bewerten kann.“, spricht mein Lehrer mich an. Ich nicke und hole meinen I-Pod. Denn schalte ich auf Zufallsauswahl und fange zu `Just Dance´ von ´Lady Gaga´ an mich zu bewegen. Danach gehe ich zu den verschiedenen Gruppen. Die meisten haben schon ein Lied und überlegen jetzt, wie sie darauf tanzen könnten. „Und wie läufst bei euch?“, erkundige ich mich bei der Gruppe von Dario. „Na ja wir haben ein kleines Problem.“, druckst Ducan rum. „Und das wäre?“, frage ich weiter nach. „Wir haben ein Lied und auch schon eine Idee, wie man es tanzen könnte, aber uns fehlt die vierte Person.“, erklärt Tina. „Genauer gesagt, dass zweite Mädchen.“, konkretisiert Dario. Dabei blickt er mich unentwegt an. „Dann müsst ihr euch entweder was anderes überlegen oder ihr fragt in den anderen Gruppen nach ob da jemand Lust hat zuwechseln.“, löse ich ihr Problem. Allerdings scheint das für Ducan und Dario nicht so. „Und wie wäre es, wenn du einfach bei uns mittanzen würdest.“, bringt Ducan sein Anliegen vor. „Ihr müsst euch komplett um die Choreo kümmern, sonst ist das denn anderen Gruppen über unfair. Das einzige, was ich machen kann ist Tipps geben. Wenn euch das reicht, dann kann ich das machen!“ Dankbar fällt Tina mir um den Hals. „Na dann überlegt euch mal eine Choreo und ich schau mal, ob die anderen noch meine Hilfe brauchen.“ Ich stehe auf und entferne mich von der Gruppe. Soviel zu meinem Gedanken, mich erstmal von Ducan und Dario fernzuhalten. Endlich ist die Sportstunde zu Ende und ich freue mich schon auf einen leckeren Salat im James zusammen mit Damir, doch als ich mit dem Handy die Umkleidekabine verlasse, steht davor Ducan. In dem Moment fällt mir ein, dass wir ja zusammen am Englischprojekt weiter arbeiten wollen. Seufzend lasse ich das Handy wieder in meiner Hosentasche verschwinden. „Was ist los?“, fragt Ducan irritiert. „Nicht so wichtig!“ „Ach komm. Du kannst es mir ruhig sagen.“ Ich verdrehe die Augen und antworte ihm wahrheitsgemäß: „Ich hatte unser Treffen vergessen und wollte gerade einen Freund anrufen, und fragen ob wir uns im James treffen wollen.“ Ducan blickt mich lächelnd an. „Also mit dem Freund kann ich nicht dienen, aber was essen gehen können wir machen.“ Überrascht blick ich Ducan an. „Okay. Können wir ins James?“ Ducan nickt mir zu und zusammen verlassen wir das Gebäude. Die Sonne strahlt uns direkt ins Gesicht. Schnell kneife ich die Augen zusammen und setze meine Sonnenbrille auf. Auch Ducan zieht seine gerade aus seiner Tasche. Bei Ducans Auto ziehe ich noch die weiße Bluse aus, weil mir einfach viel zu warm ist. Gentleman like hält mir Ducan die Tür auf. Durch seine Sonnebrille kann ich seine Augen nicht sehen. Trotzdem verwirrt mich sein Blick, obwohl ich gar nicht weiß wie er guckt, aber irgendwie fühl ich, als würde er mich irgendwie liebevoll anschauen. Ich reibe mir über die Stirn, als wollte ich die dummen Gedanken fortwischen. Ducan gleitet in den Sitz neben mir. Sein CD-Player geht automatisch los. Überraschender Weise erkenn ich sogar das Lied. „ Ist das nicht ´In too deep von Sum 41`?“ „Ducan nickt. „Ich wollte eigentlich zu dem Konzert von denen, wenn die kommen, aber ich habe keine Karten mehr bekommen.“, erzähle ich Ducan, während ich mich im Sitz zurücklehne. Ducan schweigt und blickt konzentriert auf die Straße, also halte auch ich meinen Mund. Direkt vor dem James bekommen wir einen Parkplatz. Ich nehme meine Tasche und stiege aus dem Auto. Ducan folgt mir ins Innere. Kaum bin ich über die Schwelle getreten, fühle ich mich zu Hause und geborgen.
Die Bedienung kommt auf uns zu und lächelt uns freundlich an. „Hey Summer, alles klar?“ „Logisch Bet. Und bei dir?“ Sie antwortet, während sie uns zu einem Tisch bringt: „ Alles okay.“ Ducan und ich setzen uns. Während er sich die Speisekarte angelt, stelle ich meine Tasche auf den Boden. Dann drehe ich mich wieder zu Bet um: „Ich bekomme eine Cola light und ein Pizzabrot mit wenig Käse und viel Gemüse.“ „Geht klar. Und was bekommen Sie?“ Bet wendet sich an Ducan. „Ich nehme eine Cola und eine Pizza Hawaii.“ Bet dreht sich um und geht mit unser Bestellung in Richtung Küche. Ich ziehe meinen Block und einen Kugelschreiber aus der Tasche. „Wollen wir anfangen?“ Ducan nickt und holt sein Zeug aus seiner Tasche. „Eigentlich verstehe ich kein Wort von dem was Shakespeare schreibt.“, druckst Ducan herum. „Also so schwer ist das nicht. Aber ich mach dir ein Angebot. Ich schreib einfach heute Abend den Text um, und dann sprechen wir den morgen in Englisch durch. Und du kümmerst dich um die Kostüme, die Namen und die anderen Requisiten.“ Grinsend blickt Ducan mich an: „Super Idee Summer. Du bist echt die Beste.“ Verwundert blick ich auf den Tisch und räume meine Sachen wieder in meine Tasche. Auch Ducan hat das getan und so sitzen wir uns schweigend gegenüber. Glücklicherweise kommt Bet zwei Minuten später. „Guten Appetit.“ „Danke dir auch.“ Schweigend essen wir, bis Ducan das Schweigen bricht: „Hast du nachher Tanztraining.“ Ich schüttle den Kopf und antworte ihm: „ Ne, ich hab später noch Schwimmtraining, aber meine Tanzgruppe trifft sich nachher, weil wir noch was organisieren müssen.“ „Meine kleine Schwester tanzt auch, aber ich glaub so Ballett Zeug.“ Stumm nicke ich. Ein Blick auf meine Uhr lässt mich zusammen fahren. „Tut mir Leid, aber ich muss jetzt ganz dringend los, sonst komm ich zu spät.“ Ich nehme meine Tasche und drücke Bet das Geld in die Hand. „Tschüss“, verabschiede ich mich von Ducan. Schnell eile ich aus dem James und in Richtung Treffpunkt. Die anderen warten schon auf mich. Kurze Zeit später hat unsere Trainerin uns in Gruppen eingeteilt. Meine Gruppe soll sich um ein schwarzes Kleid und einen Anzug kümmern und da Damir und ich diese Sachen bei unserm Auftritt anziehen sollen, sind wir die Gruppe. Außerdem sollen wir noch nach ein paar anderen Sachen Ausschau halten. Kichernd machen wir uns auf den Weg. Als erstes zieht mich Damir ins Theater. Dort erkundigen wir uns, ob es möglich wäre, dass man sich Klamotten ausleiht und tatsächlich werden wir im Bezug auf den Anzug sogar fündig und er passt Damir wie angegossen. Vergnügt machen wir uns auf den Weg zum Secound-Hand Laden. „Meine Mutter würde einen Anfall bekommen, wenn die wüsste, dass ich hier in den Laden gehe.“ Damir knufft mir in die Seite, nur um mich darauf hin feste am Arm zupacken. Verwundert folge ich seinem Blick und halte, als mein Blick auf das fällt, was ihn so fasziniert, die Luft an. Direkt in Schaufenster des Ladens hängt ein schwarzes Kleid. Es ist nicht irgendein Kleid sondern mein Kleid. „Das muss ich anprobieren!“ Aufgeregt stürme ich in den Laden. „Endschuldigung“, erkunde ich mich bei der Verkäuferin, „könnte ich das schwarze Kleid aus dem Schaufenster mal anprobieren?“ „Ja klar.“ Sie holt das Kleid aus dem Schaufenster und reicht es mir. In der Umkleidekabine ziehe ich das Kleid über und betrachte mich ehrfürchtig im Spiegel. „Und was ist?“, tönt Damirs Stimme ungeduldig vor der Umkleidekabine. Langsam trete ich aus der Kabine und vor ihn. „Wow“, staunt er. „Du siehst wunderbar aus.“ Strahlend falle ich ihm um den Hals. Dann betrachte ich mich erneut im Spiegel. Das Kleid hat Spaghettiträger und liegt im Brustbereich eng an. Ab der Hüfte wird es weiter und geht dann bis knapp über meine Knie. Zusätzlich kann man es im Brustbereich noch enger schüren, doch was das Kleid besonders macht ist der rote Unterrock der etwas länger ist, als das Kleid und dadurch zusehen ist. „Wie viel soll das denn kosten?“, erkundige ich mich bei der Verkäuferin, die hinter uns steht. „Für 25 ist es euer.“ Staunend schaue ich die Verkäuferin an. Dann drücke ich ihr das Geld in die Hand und verschwinde wieder in die Umkleidekabine. Während ich mich umziehe, höre ich wie die Türglocke klingelt. Ich ziehe mir mein Top über und verlasse zusammen mit dem Kleid überm Arm die Kabine. Vor der Kasse steht Miriam und zickt die Verkäuferin an: „Wo haben sie das Kleid aus dem Schaufenster hingeräumt?“ „Tja, dass habe ich gerade gekauft.“ Miriam fährt zu mir herum. „Du?“, erkundigt sie sich. „Ich nicke und verlasse mit Damir den Laden, während Miriam uns wütend hinterher schaut.
Kapitel 4
Müde lege ich mich auf mein Bett. Nachdem wir das Kleid zum Treffpunkt gebracht hatten, musste ich direkt weiter zum Schwimmtraining und dort haben wir heute Ausdauerschwimmen gemacht. Seufzend streife ich mir die nassen Haare nach hinten und schiele zu meiner Tasche, schließlich habe ich Ducan versprochen, den Text umzuschreiben. Ich setze mich auf und schaue zu dem Kleid, was über meinem Sofa liegt. Gerade bin ich vom Bett aufgestanden, um mich an den Text zusetzen, als es klingelt. Mit einem Satz bin ich an meiner Zimmertür und laufe, froh über die Abwechslung die Treppe runter. Vor der Haustür stoppe ich und öffne sie vorsichtig, da meine Eltern heute Abend im Theater sind und ich dem entsprechend alleine zu Hause bin. Verwundert blicke ich in die grünen Augen von Ducan. „Was machst du den hier?“ Meine Frage klingt wütender, als ich wollte. „Lächelnd hält mir Ducan meine Lederjacke hingegen. „Die hast du in meinem Auto vergessen!“ „Oh. Danke. Willst du rein kommen?“ Innerlich bete ich, dass der Nein sagt, doch der nickt und tritt über die Türschwelle. Innerlich verfluche ich mich für meine Frage. Ich gehe an Ducan vorbei und laufe die Treppe hoch. Hinter mir höre ich, wie Ducan mir folgt. In meinem Zimmer nehme ich das Kleid vom Sofa und lege es auf Bett. Ducan ist im Türrahmen stehen geblieben. „Das Kleid, gehört dir das? Das sieht cool aus.“ „Ja, danke“ Ducan setzt sich aufs Sofa. Notgedrungen muss ich mich neben ihn setzten. Schweigend starren wir auf meinen schwarzen Bildschirm vom Fernseher. „Kann ich dir was anbieten?“ „Nein danke.“ Ducan steht auf. „Ich wollte nicht weiter stören. Meine Mutter wartet übrigens mit dem Essen auf mich.“ So plötzlich, wie Ducan vor meiner Tür stand, ist er auch wieder verschwunden. Ich sehe ihm noch hinterher, bis er mit seinem Auto um die Ecke gefahren ist, und dann lehne ich mich gegen die geschlossene Haustür. Für einen kurzen Moment schließe ich die Augen und begebe mich dann wieder in mein Zimmer um den Text für Englisch zuschreiben. Zusammen mit meinem Textbuch und meinem Collegeblock setze ich mich auf mein Sofa und schreibe den Text um. Als ich endlich fertig bin haben wir bereits nach 12 Uhr und so falle ich müde in mein Bett und schlafe direkt ein.
Diese Nacht schlafe ich ohne irgendeinen Traum und erwache so erholt am nächsten Morgen. Nachdem Duschen ziehe ich mich an und gehe aus dem leeren Haus. Einmal die Woche geht meine Mutter den ganzen Tag arbeiten. Wie gestern ist auch heute das Wetter wieder wunderbar und dem entsprechend ist meine Laune gut. Auf dem Weg zur Schule begegne ich Dario. „Hey, hast du heute nach der Schule Zeit? Ich hab ein paar Fragen an dich!“ Verwirrt schaut mich Dario an, bevor er nickt. Lachend stelle ich mich zu Jette. „Was ist denn mit dir los?“, fragt sie mich verwundert. „Na ja Monika hat ihr T-Shirt auf links und das sieht lustig aus und außerdem darf ich doch mal gute Laune haben, oder?“ Joel nickt zeitgleich mit dem Klingeln. Schnell begebe ich mich zu Englisch. Vor der Tür stoße ich mit Ducan zusammen. Bevor ich auf den Boden aufschlagen kann, halte ich mich an seinem Arm fest. „Nicht so stürmisch!“ Ducan grinst mich an. Schnell lasse ich ihn wieder los und gehe in die Klasse rein. „Summer jetzt warte doch! So war das nicht gemeint!“ Doch ich ignoriere ihn noch immer. Er beeilt sich und hält mich vor meinem Platz am Oberarm fest. „Was?“, fauche ich ihn an. „Es tut mir Leid. Hast du wegen Englisch heute Nachmittag Zeit?“ „Tut mir Leid. Aber nach der Schule habe ich schon eine Verabredung und dann hab ich Training!“ Kalt blicke ich ihn an. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Dario mir zugrinst. Er fragt: „Treffen wir uns auf dem Schulhof?“ Ich nicke und setze mich. Wütend setzt sich auch Ducan. „Wegen diesem Typen hast du keine Zeit?“ Innerlich explodiere ich und fauche Ducan an, während wieder für einen kurzen Augenblick draußen ein starker Sturm tobt. „Erstens hat dieser Typ einen Namen, zweitens wer hat gestern Abend den bescheuerten Text umgeschrieben und drittens geht es dich nicht an, mit wem ich wann was mache!“ Bevor ich Ducan weiter anschreien kann, legt Dario seine Hand auf meinen Arm und spricht zu mir in meinen Gedanken: „Ganz ruhig Summer“ Erschrocken zucke ich zusammen. „Das ist meine andere Fähigkeit. Ich erkläre es dir später. Ducan ist es nicht wert, dass du dich so aufregst. Komm langsam runter, sonst fällt es den anderen noch auf!“ Ich merke wie ich ruhiger werde. Nach einer viertel Stunde ist Herr Johnson immer noch nicht erschienen, so dass ich mit Dario ins Sekretariat gehe.
„Seit wann kannst du das Wetter verändern?“ Ich zucke mit den Schultern und gehe schweigend weiter. Im Sekretariat erfahren wir, dass Herr Johnson krank ist, wir aber für Sport eine Vertretung bekommen. Im Klassenzimmer liegt auf meinem Platz einer kleiner zusammengefalteter Zettel. Seufzend lese ich ihn: Tut mir Leid Summer! Ich wollte dich nicht verletzen. Können wir uns morgen wegen Englisch treffen? Ducan“ Ich nicke ihm kurz zu und verlasse mit Dario denn Raum. „Ich erzähle dir jetzt deine Geschichte, okay? Darios Stimme hallt in meinem Kopf wieder. Ich wende mich ihm zu. Seine blauen Augen beobachten mich. Kurz nicke ich. Sekunden später höre ich Darios Stimme wieder in meinem Kopf.
„Wir beide gehören zum Volk der Weltenwandler. Unsere Welt liegt parallel zu dieser Welt, doch du darfst sie dir nicht wie hier die Welt vorstellen. Jeder von uns hat die Gabe das Wetter zu verändern, egal ob bewusst oder unbewusst. Gleichzeitig hat jeder von uns noch eine andere Gabe. Bis beide Gaben erkannt sind und gelernt wurden zu beherrschen leben wir in unserer Welt. Danach werden wir je nach unserer Fähigkeit in die verschiedenen Welten geschickt, wobei die meisten auf dieser Welt, also der Erde, sind. Wir heißen Weltenwandler, weil wir immer wieder zu unserer Welt zurückkehren und weil wir die einzigen sind, die überhaupt zu den anderen Welten kommen könne. Unsere Schwierigkeit ist die Fortpflanzung unseres Volkes. Die beiden Personen müssen exakt zusammenpassen. Genau wie ein Schlüssel nur in sein Schloss passt. Alle Gaben kommen mehrmals vor. Deswegen geht es einigermaßen leicht die Gaben zuerkennen. Ich bin seit Jahren unterwegs, auf der Suche nach einer bestimmten Person. Die einzige Person die unser Volk retten kann. Und ich weiß nur, dass sie eine besondere Gabe hat, die sonst keiner hat. Du bist mir aufgefallen, weil du auch das Wetter verändern kannst, doch du hast keine Ahnung wieso! So als hättest du nie auf unsere Welt gelebt und unsere Geschichte kennen gelernt. Und ich glaube… Das hast du wirklich nicht! Deswegen müssen wir herausfinden, was deine Gabe ist. Wer weiß, ob DU nicht unsere Retterin bist.“
Darios Stimme verstimmt, doch sein letzter Satz hallt immer noch in meinem Kopf wieder. Ich kann unmöglich eine Weltenwandlerin sein, sonst wären meine Eltern auch welche und das sind sie definitiv nicht. Und außerdem will ich keine Retterin sein. Ich will ein ganz normales Leben führen. Ohne Gaben und ohne Wetterveränderungen. Ohne Verantwortung! Einfach ein ganz normales Mädchen sein, dass ihr Leben so führt, wie sie es möchte. Mir ist das alles zu verwirrend und beängstigend. „Ich muss hier weg!“ Fluchtartig verlasse ich das Schulgelände. Ich brauche Zeit und Ruhe für mich. Kaum bin ich auf dem Schulhof, renne ich los. Ich renne immer weiter bis ich mitten im Wald bin. Dort lasse ich mich auf den Boden fallen und heule hemmungslos. Alles was ich mir gewünscht hatte, war ein ganz normales Leben ohne Komplikationen, doch das habe ich nicht.
Plötzlich spüre ich eine starke Hand auf meiner Schulter. „Bitte erschrick nicht.“ Ängstlich drehe ich mich um. Hinter mir hockt ein junger Mann. Ängstlich weiche ich zurück. „Bitte habe keine Angst Moana. Ich gehöre auch dem Volk der Weltenwandler an. Ich bin dein großer Bruder. Mein Armband hat aufgeglüht und da wusste ich, dass du meine Hilfe benötigst.“ „Ich bin Einzelkind. Sie wollen mich nur verarschen“ So schnell wie ich kann, krabbele ich rückwärts, weg von dem komischen Mann. „Bitte Moana, du musst mir vertrauen. Die Personen, die du für deine Eltern hältst, sind nur deine Adoptiveltern. Unsere Eltern haben sowohl dich, als auch mich weggegeben, um uns beide zuschützen. Nur durch Zufall habe ich das Tagebuch von unserer Mutter gefunden. Dort stand alles drin.“ Bei den Worten von meinem Bruder, bleibe ich stocksteif sitzen. „Ich kenne dich besser, als jeder andere Mensch auf irgendeiner Welt. Ich habe dich die ganzen Jahre über unauffällig beobachtet.“ Langsam fasse ich vertrauen in den jungen Mann. „Erzähl mir was von mir, was sonst keiner weiß!“ Er lächelt und setzt sich mir gegenüber. „Erstens dein Zweitname Moana. So wollten dich unsere Eltern nennen. Es war ihre Bedingung an deine Adoptiveltern, dass sie den Namen übernehmen. Eines Tages hat auf deinem Bett plötzlich ein Armband gelegen und du wusstest nicht von wem es ist, trotzdem hast du es seit dem Tag an, jeden Tag getragen. Unter deinem Bett hast du einen Schuhkarton mit verschiedenen Fotos. Dabei sind auch Fotos, wo du nicht weißt, wer die Personen sind.“ „Willst du mir also sagen, dass mein Leben nur eine Verarschung war. Das ich gar nicht normal bin.“ Mein Bruder nickt und steht auf. Dann reicht er mir seine Hand. Kurz zögere ich, bevor ich einschlage. „Ich heiße übrigens Jaro.“ „Und was machen wir jetzt?“ Kurz blickt Jaro zu mir rüber. „Deine Adoptiveltern hätten dir längst alles erzählen müssen. Ich glaub es wird Zeit, dass wir beide ihnen einen Besuch abstatten.“ „Heute Abend um fünf bei mir. Wo das ist, weißt du ja.“ Bei meinen letzten Worten, lächelt Jaro schuldbewusst. Als ich schon einige Meter gegangen bin, drehe ich mich noch mal um. „Kennst du einen Dario?“ Jaro schüttelt den Kopf.
Stirnrunzeln gehe ich wieder zurück zur Schule. Ich habe gar nicht gemerkt, wie viel Zeit vergangen ist. Schnell renne ich zur Sporthalle und ziehe mich um. Gerade noch rechtzeitig komme ich an. Sowohl Dario als auch Ducan blicken zu mir rüber. Unser Vertretungslehrer kommt zu uns. „Heute spielen wir nach dem Aufwärmen Football. Aber bitte Jungs denkt dran nicht so hart spielen.“ Nach dem Einlaufen sind die Teams schnell eingeteilt und ich habe Glück und bin weder mit Dario noch mit Ducan zusammen in einer Mannschaft. Meine Mannschaft startet. Direkt der zweite Pass kommt zu mir. So schnell wie ich kann, fange ich den Ball und sprinte los. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Ducan auf mich zu gerannt kommt. Mit meiner ganzen Kraft drücke ich mich ab und hechte mit dem Ball voran zur Endzone. Und tatsächlich landet der Ball genau da, wo ich wollte und Ducan steht mitten auf dem Feld wie bestellt und nicht abgeholt. Langsam schlendere ich an Ducan und Dario zurück zu meiner Mannschaft. Während Ducan mir bewundernd zugrinst, guckt Dario nur fassungslos hinter mir her. Schnell ist die Sportstunde vorbei. Genau wie bei der letzten Sportstunde werde ich auch dieses Mal vor der Tür erwartet, doch dieses Mal von Dario. Ohne ihm einen Blick zu würdigen, gehe ich vorbei. „Hab ich dir irgendetwas getan?“ Dario eilt hinter mir her. Blitzartig drehe ich mich zu ihm um. „Kennst du einen Jaro?“ Kurz und fast unmerklich zuckt Dario den Kopf. Schnell schüttelt er den Kopf. „Nein wieso? Was ist mit dem? Ist das auch ein, du weißt schon?“ Kurz nicke ich mit dem Kopf. So ganz vertraue ich Dario nämlich nicht mehr und deswegen muss er erstmal nicht wissen, dass er mein Bruder ist. „Wo wollen wir denn jetzt hin gehen?“ „Du Sorry, aber ich habe ganz vergessen, dass meine Mum heute arbeiten ist und da muss ich zu Hause noch Sachen erledigen.“ Das ist zwar gelogen, doch zurzeit ist zu viel in meinem Kopf und mehr passt da gerade nicht rein. „Okay. Meld dich einfach wenn du Zeit hast. Zum Abschied umarmt mich Dario noch kurz.
Schnell fische ich mein Handy aus meiner Tasche und wähle Damirs Nummer. „Summer! Ich wollte dich auch gerade anrufen. Training fällt heute aus. Und ich wollte fragen, ob du noch mit zu ´Streetstyle` kommst. Meine Mum hat mich verdonnert neue Klamotten zukaufen und ich hoffe du hilfst mir. Bitte!“ Ich muss schmunzeln und stimme kurz entschlossen zu. Mit Damir shoppen zugehen ist echt lustig und lenkt mich bestimmt ab. Zehn Minuten später hält Damir vor der Schule und zusammen fahren wir in die Stadt. Im ´Streetstyle` hat Damir schnell mehrere Sachen gefunden, die ihm gefallen und auch ich habe einige Klamotten entdeckt. Am Ende sind wir zwar fast pleite, aber haben dafür einige coole Klamotten gefunden. Nun muss ich mich allerdings schnell beeilen, damit ich pünktlich um fünf Uhr zu Hause bin. Gott sei Dank fährt mich Damir mit meinen Einkaufstüten nach Hause.
Meine Eltern sind beide schon zu Hause. Schnell bringe ich noch meine Tüten in mein Zimmer und gehe dann leicht nervös zurück zu meinen Eltern. „Und wie war dein Tag?“ „Ganz gut. Training ist ausgefallen und dafür sind Dario und ich shoppen gegangen und davor…“ Meine Mutter unterbricht mich. „Wo wart ihr denn?“ „Im ´Streetstyle`.“ Bevor meine Mutter sich wieder darüber aufregen kann, klingelt es an der Haustür.
Kapitel 5
Mein Vater steht auf und geht zu Tür. „Wir kaufen nichts!“ Verdutzt guckt mein Bruder über die Schulter von meinem Adoptivvater zu mir. Ich stehe auf und trete neben meinen Vater. „Dad das ist Jaro. Mein Bruder. Und ich würde jetzt gern endlich alles wissen.“ Mit diesen Wörtern packe ich Jaros Hand und ziehe ihn in unser Haus. Fassungslos schauen meine Adoptiveltern uns an. „Wieso haben sie Summer nie gesagt, dass sie adoptiert ist, obwohl sie das sollten?“ Jaro guckt meinen Vater anklagend an. Bevor er antworten kann, mischt sich meine Mutter mit Tränenerstickender Stimme ein. „Sie war immer für uns wie eine richtige Tochter und wir hatten Angst, dass wir sie verlieren, wenn wir ihr alles erzählen. Das sie ihre richtigen Eltern kennen lernen möchte und uns vergisst.“ Mein Vater nimmt meine Mutter in den Arm. „Ihr hättet mir trotzdem die Wahrheit sagen müssen.“ „Es tut uns so Leid Summer.“ Mein Vater schaut mich mit Tränen in den Augen an. „Ihr werdet immer meine Eltern bleiben. Darin wir sich nichts ändern. Ich geh jetzt mit meinem Bruder hoch.“ Zusammen gehen Jaro und ich in mein Zimmer. „Wissen meine Eltern bescheid über das Wetter wandeln und so?“ Jaro schüttelt den Kopf. „Äh Moana? Was machst du da?“ Ich strecke meinen Kopf wieder unter meinem Bett hervor und krabbele mit einem Karton unter dem Arm wieder hervor. „So und jetzt musst du mir sagen, wer die Personen auf den Fotos sind und wie die Fotos da überhaupt hingekommen sind.“ Jaro setzt sich neben mich aufs Bett. „Na ja die Fotos habe ich dir natürlich darein getan.“ Er nimmt das erste Foto aus dem Karton, betrachtet es kurz und gibt es an mich weiter. „Das bist du, als du gerade mal einen Monat alt warst und der Junge bin ich. Ich war damals vier Jahre alt. Das war kurz bevor, unsere Eltern uns weggeben mussten.“ „Wieso mussten unsere Eltern uns weggeben?“ „Sie waren in Gefahr, genau wie wir. Sie wollten nicht, dass uns was passiert. Aber vor allem sollte dir nichts passieren. In unserem Volk gibt es eine alte Weissagung und die würde auf dich zutreffen. Du musst wissen, dass unsere Eltern und auch wir was Besonderes sind. Normalerweise kann unser Volk mit Menschen und anderen Wesen keine Nachfahren bekommen, deswegen ist die Fortpflanzung auch so schwer, weil einfach eine so geringe Anzahl an Weltenwandler vorhanden ist. Aber unsere Mutter war ein ganz normaler Mensch und trotzdem hat sie uns beide bekommen. Wir sind halb Mensch, halb Weltenwandler. Die Weissagung besagt, dass irgendwann ein Mädchen geboren wird, dass anders ist, als alle anderen Mädchen ist. Sie wird auch eine komplett andere Gabe haben. Vor ihr wird noch ein Junge geboren werden, der auch anders ist. Er soll das Mädchen auf ihrem Weg beschützen. Angeblich soll auf der Welt Talma ein Tor sein. Dieses Tor wird Tor der Zeiten genannt. Das Mädchen muss dieses Tor finden und dort eine Aufgabe erfüllen, doch niemand weiß, was das für eine Aufgabe ist und auch nur das besondere Mädchen kann diese Aufgabe lösen.“ „Und warum meinst du bin ich das besondere Mädchen und du der Junge und was würde es unserem Volk nutzen, wenn ich die Aufgabe erfülle?“ „Wie es uns helfen soll, weiß ich nicht, aber wegen der anderen Sache, überleg doch mal! Wir beide sind anders als alle anderen zu vor. Moana wir sind Mischlinge. So was gab’s noch nie! Und deswegen müssen wir herausfinden, was du für eine Gabe hast und du musst kämpfen lernen. Erst dann brechen wir beide auf nach Talma.“ „Und was ist mit Dario?“ „Wer zum Teufel ist Dario? Dein Freund?“ „Nein auch ein Gestaltenwandler.“ Ich erzähle Jaro alles, was ich über Dario weiß. Dieser runzelt während meiner Erzählung die Stirn. „Komisch! Ich kenne schon viele Weltenwandler, aber von einem Dario habe ich noch nie gehört. Sei bitte vorsichtig und erzähle ihm erstmal nichts von mir. Oder nein! Erzähl ihm ruhig, dass ich ein auch ein Weltenwandler bin, aber nicht das wir verwandt sind. Ich will ihn auch mal kennen lernen.“ Dankbar lächle ich Jaro an. Obwohl ich ihn erst seit ein paar Stunden kenne vertraue ich ihm bedingungslos. „Als du mich heute ihm Wald getroffen hast, hast du gesagt, dass dein Armband aufgeglüht hat.“ „Wie du dir sicherlich denken kannst, ist das Armband von mir.“ Verlegen grinst Jaro zu mir rüber. „ Jeder Weltenwandler besitzt so eins. Mit dem Armband kannst du die Welten wechseln. Jedes Symbol darauf hat eine bestimmte Bedeutung. Kein Armband gibt es doppelt.“ Vorsichtig nimmt er meine Hand mit dem Armband in seine Hand. „Guck die Welle steht für dich. Moana bedeutet die Unendlichkeit des Meeres. Und hier die Flamme steht für mich, da Jaro Licht in der Nacht bedeutet. Ich glaube unsere Eltern haben unsere Namen mit bedacht ausgewählt. Hier das Symbol zeigt dir an auf welcher Welt du dich gerade befindest. Und das Symbol hier, zeigt dir an, wenn ich in Gefahr bin oder dich brauche. Es wird dann aufglühen. Ich hab an meinem Armband dasselbe Symbol. Heute Morgen warst du so verzweifelst und hast dir gewünscht, dass alles normal wird. Na ja und hier bin ich. Alles normal machen kann ich nicht, aber vielleicht kann ich dir helfen.“ Gerührt falle ich Jaro um den Hals. „So kleine Schwester. Jetzt muss ich aber los. Wie sehen uns morgen und trainieren deine Fähigkeiten.“ Bevor Jaro geht nimmt er mich noch mal feste in den Arm. „Pass auf dich auf Kleines. Ich komm dann morgen wieder zur selben Uhrzeit zu dir.“ Lange bleibe ich noch an der Tür stehen und schaue Jaro hinterher. Erst als ein Donnergrummeln zuhören, schließe ich die Tür und gehe in die Küche um mir was zu essen zuholen. Mit einer Packung Vanille- und Himbeereis gehe ich in Richtung Treppe, als es stürmisch an der Tür klingelt. Doch als ich diese aufreiße steht nicht wie erwartet Jaro vor mir, sondern Ducan. „Was machst du denn hier?“ In seinen Haaren glitzern Regentropfen. „Ich hab mir gedacht wir könnten vielleicht jetzt noch was Englisch üben, wir müssen es ja jetzt bald fertig haben.“ Verblüfft schaue ich ihn an? „Und warum hast du dann Sturm geklingelt?“ „Summer es regnet!“ „Stimmt. Komm rein.“ Ich trete zur Seite und Ducan folgt mir. Unsicher bleibt er im Flur stehen, während ich schon die Wendeltreppe zu meinem Zimmer hochgehe. „Kommst du oder willst du da unten Wurzeln schlagen?“ Schnell kommt Ducan hinter mir her. In meinem Zimmer setze ich mich in meinen Sessel und schmeiße Ducan meinen Collegeblock mit dem Englischtext aufs Sofa. Während er ihn liest löffele ich weiter meine Eispackung. Als er fertig gelesen hat, guckt er mich stumm an. „Was?“, lache ich. „Nichts. Das ist echt gut. Also darf ich bitten Junia!?“ Lachend reicht mir Ducan seine Hand. „Ausnahmsweise Cliff aber passen sie auf mein Vater könnte jeden Moment kommen.“ Grinsend nehme ich seine Hand an. Überraschenderweise zieht er mich an seine Brust. „Warum so förmlich werte Junia. Und wie ich ihnen schon sagte, vor ihrem Vater habe ich keine Angst.“ „Ach ja?“ „O ja!“ Ich kann nicht mehr und fange an zulachen. Ducan und ich müssen gar nicht mehr üben. Obwohl das gerade zwar nicht unser Text war, war das doch sehr überzeugend und ich muss zugeben, dass es sogar Spaß gemacht hat. Auch Ducan ist am lachen. „Also wenn wir das so gut vorführen, dann haben wir unsere gute Note sicher.“ Stumm stimmt Ducan mir zu. „Ich glaub wir sollten das Üben auf morgen in Englisch verschieben. Lass uns jetzt mal lieber wegen den Klamotten und den Requisiten überlegen Summer.“ Zusammen setzten wir uns aufs Sofa. „Und?“, frage ich Ducan. „Ähm … also ich…“ „Du Jeans und Hemd und ich Bluse und Hose.“ „Ich dachte du ziehst ein Kleid an.“ Fassungslos schaue ich ihn an, während sein Blick über meinen Körper wandert. „Hast du sie noch alle? Ich zieh gewiss kein Kleid für dich an. Ich bin eine emanzipierte Frau und deswegen trage ich das was ich will! Und das ist gewiss kein Kleid. Wenn du unbedingt willst, dass einer von uns ein Kleid anzieht, dass musst du das machen.“ Nun schaut mich Ducan so fassungslos an, dass ich anfange zulachen. „Na gut. Kein Kleid!“ Noch immer bin ich am lachen. In meinem Kopf hat sich das Bild von Ducan im Kleid eingebrannt. Kannst du jetzt mal bitte wieder aufhören zulachen? Wir müssen noch ein bisschen was tun.“ Beim Klang seiner Stimme höre ich schlagartig mit dem Lachen auf, nur um daraufhin direkt wieder loszulachen. Böse schaut mich Ducan an und steht auf. „Ich gehe jetzt wohl lieber mal.“ „Warte! Es tut mir Leid. Nur die Vorstellung, wie du in einem Kleid aussiehst ist echt witzig.“ Ein Grinsen huscht über Ducans Gesicht. Er setzt sich wieder neben mich. „Aber wehe du fängst noch mal an zulachen, sonst gehe ich.“ Gespielt schüchtern schaue ich ihn an und nicke stumm. „Ach du Schauspielerin!“ Ducan stupst mich mit dem Ellebogen in die Seite. Schon wieder stehe ich kurz vor einem Lachanfall, denn ich mir aber mühsam verkneife, schließlich möchte ich Ducan nicht verärgern. „Okay wo waren wir stehen geblieben?“ „Wir hatten gerade die Kleiderfrage geklärt, als du deinen Lachanfall hattest. Also was brauchen wir sonst noch?“ „Dunkelheit.“ Verständnislos schaut Ducan mich von der Seite an. „Oh Mann das spielt in der Nacht und außerdem sage ich ja auch noch, dass es dunkel ist!“ „Stimmt. Dann machen wir einfach das Licht aus und lassen die Rollos runter. Ist doch ganz einfach.“ „Genau du Dummkopf ganz einfach. Und wie sollen uns dann die anderen sehen?“ „Verlegen wuschelt sich Ducan durch die Haare. „Okay da haste recht.“ „Ich hab immer Recht. Ich bin ein Mädchen.“, triumphiere ich und grinse Ducan frech an. „Boh du bist so was von…“ „Klug, intelligent, talentiert, super…“ „Nein frech!“ „Ich bin gar nicht frech. Ich sag nur die Wahrheit, damit du die mal lernst.“ „Wieso müssen Mädchen immer das letzte Wort behalten?“ „Weil wir Mädchen sind!“ „Ist ja schon gut. Du bist ne ganz schöne Zicke. Weißt du das?“ Wütend haue ich ihm gegen den Oberarm und verschränke schmollend die Arme vor der Brust. „Weißt du eigentlich, dass du voll süß bist, wenn du beleidigt bist?“ Mit diesen in mein Ohr gehauchten Worten erhebt sich Ducan und ist verschwunden. Ich brauche einige Sekunden, um zu kapieren was gerade passiert ist. Wie ein Blitz sause ich nach unten und reiße die Haustür auf, doch das letzte was ich sehe sind die Rücklichter von Ducans Auto, das gerade um die Ecke biegt. Enttäuscht und verwirrt sinke ich, nachdem ich die Tür geschlossen habe, an der Wand runter und stütze meinen Kopf auf meine Arme. Mein Kopf fühlt sich an, als würde einer mit einem Hammer immer wieder drauf schlagen. Es ist zu viel was in meinem Kopf verarbeitet werden muss. Zum einen die Sache, dass ich adoptiert bin und einen großen Bruder habe und zum anderen die Sache mit Ducan. Ich habe noch nie mehr als zwei Sätze mit ihm gewechselt und dabei ging es immer darum den anderen zu beleidigen oder zu nerven, doch heute hatte ich tatsächlich Spaß mit ihm. Es war echt lustig, doch es verwirrt mich noch immer, dass er mir gesagt hat, dass ich süß sei. Ich raufe mir die Haare und gehe nach oben in mein Zimmer. Dort schnappe ich mir mein Handy und schmeiße mich bäuchlings aufs Bett. Nachdem dritten Klingeln meldet sich meine Freundin Inka, die vor drei Jahren mit ihren Eltern umziehen musste. Seitdem können wir nur noch übers Telefon und Internet kommunizieren, weil sie einfach zu weit weg wohnt. „Warum ist mein Leben eigentlich so beschießen?“ „Süße was ist denn los? Ein Junge?“ „Auch. Ach Inka warum musst du so weit weg wohnen.“ Dann erzähle ich ihr von Ducan. „Sunny ist doch ganz einfach. Dieser Ducan liebt dich.“ „Aber er hat doch eine Freundin. Und außerdem liebe ich ihn nicht!“ Ich höre wie Inka lacht. „Bist du dir sicher, dass du ihn nicht liebst?“ „Klar er ist ein ganz blöder Macho. Na ja er sieht schon süß aus und kann auch nett sein. Und er ist so …ach ich weiß nicht!“ „Vertrau mir Sunny. Schnapp dir einfach den Typen und ruf mich ja an, wenn was passiert.“ „Aber ich weiß nicht!“ „Sunny! Halt einfach mal die Klappe und hör auf nachzudenken. Handel mit deinem Herzen. So ich muss jetzt auflegen. Bis bald Süße.“ „Bis bald.“ Toll, das Telefonat hat mich auch nicht viel weiter gebracht. Wie soll ich mit meinem Herzen handeln, wenn ich nicht weiß was es will. Oh ist das scheiße. Ich rolle mich auf die Seite und schließe die Augen. Sekunden später schlafe ich tief und fest.
Kapitel 6
Inzwischen sind zwei Wochen vergangen und langsam kehrt fast so was wie Normalität ein. Jaro ist bei uns eingezogen und wohnt jetzt mit bei mir in meinem Zimmer. Jeden Abend reden wir bis in die Nacht hinein über die Weltenwandler. Es vergeht kein Tag an dem Jaro oder ich nichts von meinen Adoptiveltern geschenkt bekommen, das sie ein riesengroßes schlechtes Gewissen haben. Inzwischen kennen alle meine Freunde meinen Bruder Jaro. Aber niemand weiß, dass er mein Bruder ist. Alle denken, dass er der Sohn von einem Geschäftspartner von meinem Adoptivvater ist. Auch wissen sie nicht, dass meine Eltern gar nicht meine richtigen Eltern, sondern nur meine Adoptiveltern sind. Jaro ist sich immer noch nicht sicher, was er von Dario halten soll. Ich hingegen vertraue ihm. Zwar nicht so sehr, wie ich meinem Bruder vertraue, aber das ist ja wohl auch normal. Und Ducan? Na ja der verhält sich wie immer, also wie ein Macho, außer wenn wir Englisch haben und zusammen üben. Und das hatten wir bisher erst zwei Mal, weil Herr Johnson davor krank war. Heute haben wir auch zum ersten Mal wieder Sport und obwohl er so lange krank war, sollen wir schon morgen Romeo und Julia vorspielen. Und genau vier Tage später, also am Samstag habe ich meine große Tanzaufführung. Allein wenn ich schon dran denke habe ich riesigen Bammel. Was ist wenn was schief geht oder ich die Schritte vergesse? Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als jemand mich anrempelt. „Ey kannst du nicht aufpassen?“, motzt Ducan mich an, während er sich einen imaginären Fleck von seinem T-Shirt reibt. „Sorry, dass du keine Augen im Kopf hast du Idiot. Du hast mich angerempelt und nicht ich dich!“ Verwundert schaut Ducan hoch. „Oh Summer du bist es. Ich wollt dich nicht anfahren, es war wirklich meine Schuld.“ Ich verdrehe die Augen und gehe durch die Schultür. „Summer warte mal!“ „Was?“, fauche ich ihn an. „Ich wollte nur wissen, ob wir heute Nachmittag oder Abend noch ein letztes Mal üben wollen, weil nachher in Englisch müssen wir noch die letzten Details besprechen.“ „Falls du dann deine Augen aufmachst von mir aus. Kommst du vorbei oder soll ich kommen.“ „Hey ich hab mich entschuldigt!“ „Ja aber mich erstmal angemotzt.“ „Boh ey ihr Mädchen seid so nervig.“ Mit diesen Worten geht Ducan an mir vorbei in die Schule. Wütend starre ich ihm hinterher. Dieses Arschloch! Der kann vergessen, dass ich das heute noch mal mit dem übe. „Summer alles in Ordnung?“ Dario stellt sich vor mich. „Nein. Ich hatte gerade eine Begegnung mit Mister Obermacho Arschloch!“ Dario fängt lautstark an zulachen. „Meinst du Ducan?“, fragt er japsend. „Klar wer denn sonst?“ Komm lass uns gehen, sonst kommen wir zu spät zu Englisch.“ Zusammen gehen wir zum Klassenzimmer. Ganz dreist hat Ducan seine Füße auf meinem Stuhl liegen, während Monika mal wieder auf seinem Schoß thront. Und wegen diesem Arschloch habe ich mir Hoffnungen gemacht. Wenn ich mir vorstelle, ich wäre Monika, die gerade ihre Zunge in seinen Hals steckt, bekomme ich einen Würgreiz. Wie gut, dass es nur eine kurze Schwärmerei war. Ducan und Monika sind zu beschäftigt miteinander, dass sie nicht mitbekommen, wie ich wartend vor ihnen stehe. Als sie sich nach ein paar Sekunden immer noch nicht voneinander gelöst haben, ziehe ich einfach meinen Stuhl unter Ducans Beinen weg. Seine Beine knallen auf den Boden und Monika fliegt hochkant von seinem Schoß. Nur leider hat sie sich noch in Ducans Hemd festgekrallt, so dass er ihr hinterher fliegt. „Ups! Das tut mir jetzt aber Leid.“ Süffisant lächele ich die beiden an. Zwei wütende Augenpaare blicken mich von unten an. „Ducan, Monika. Rummachen könnt ihr zu Hause.“ Wir haben gar nicht mitbekommen, wie Herr Johnson den Raum betreten hat. Während der Rest der Klasse einschließlich Dario und ich in Gelächter ausbrechen, versuchen Ducan und Monika sich zu verteidigen. Doch Herr Johnson will nichts hören und schickt die beiden zurück auf ihren Platz. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich allein schon von Ducans Blicken her, hundert Tode gestorben. „Ruhe bitte. Also heute ist eure letzte Stunde um eure Szene vorzuspielen. Ich will euch noch mal dran erinnern, dass die Szene glaubwürdig rüber kommen soll! Nehmt euch dass bitte zu Herzen und nutzt eure Zeit.“ Ich stöhne auf und verzeihe das Gesicht. „Also was machen wir jetzt Summer?“ Ducan guckt mich erwartungsvoll an. „Was du machst geht mir ehrlich gesagt am Arsch vorbei, aber ich werde meinen Text noch einmal lesen.“ „Aber...“, stottert Ducan rum. „Nichts aber! Ich hab keine Lust auf deine Spielchen und ihm Gegensatz zu dir, möchte ich gerne eine gute Note bekommen.“ „Rate mal warum ich mir den Arsch aufreiße! Nur damit wir morgen eine gute Note bekommen, aber das interessiert ja Madame Neunmalklug nicht.“ Wütend blicke ich zu Ducan rüber, der mir einen genauso finsteren Blick zu wirft. Eingeschnappt nehme ich meine Zettel und verschwinde nach draußen. Wieso müssen Jungen eigentlich immer so ein Arschloch sein. „Summer so war es nicht gemeint. Bitte warte.“ Ducan kommt hinter mir her gejoggt. „Ist dir eigentlich klar, dass du dich innerhalb einer Stunde gerade schon zum zweiten Mal entschuldigt hast? Vor ein paar Wochen hast du mich noch nicht einmal angeschaut! Du bist echt seltsam und jetzt erklär mir mal bitte wie ich das verstehen soll?“ „Ähm ich… Ich hab einfach erst jetzt erkannt, dass du eigentlich voll in Ordnung bist. Ich weiß auch nicht, was am Anfang mit mir los war. Und ich wollt dich gerade eben auch nicht so anschreien. Das war nicht fair von mir. Verzeihst du mir noch mal?“ „Mal gucken. Aber du bist auf dem richtigen Weg.“ „Da bin ich aber erleichtert. Also wollen wir noch mal?“ Wir gehen die Stelle noch mal durch, doch irgendwie fehlt noch die Magie. Dann besprechen wir die letzten Details und gehen zurück in die Klasse. Schnell vergehen auch die nächsten Stunden bis wir Sport haben. Endlich können wir an unseren Gruppentänzen weiter arbeiten. „So dann erklärt mal wie ihr euch den Tanz vorstellt!“; fordere ich Tina, Ducan und Dario auf. „Das ganze wird zu zweit getanzt, also ich mit einem jungen und du mit dem anderen Jungen. Bisher haben wir erst die Schritte für den Refrain“, erklärt Tina. „Gut, dann zeig mir doch mal bitte die Schritte.“ Tinas Gesicht wird langsam rot, während sie schüchtern in die Richtung von Ducan blickt. „Ähm …Ducan würdest du… mit mir die Schritte zeigen?“ Ducan verdreht zwar kurz die Augen, steht aber dann bereitwillig auf und tanzt mit Tina die Schritte vor. „Ganz gut. Aber ihr solltet noch ein bisschen mehr Pep rein bringen. Zum Beispiel kannst du Ducan, wenn du Tina an den Hüften fasst sie selber zu dir umdrehen, anstatt das du sie loslässt und sie sich selber dreht. So kommt das Ganze auch flüssiger rüber.“ Während ich rede bin ich zu Tina getreten und demonstriere, wie ich mir das vorstelle. „Also überlegt euch diese Stunde wie ihr das verfeinern könnt und dann tanzen wir das morgen mal zusammen. Und wenn ihr nicht dagegen habt, würde ich sagen dass Tina weiter mit Ducan tanzt und ich mit Dario. Oder wollt ihr es lieber andersrum?“ Dario und Tina schütteln den Kopf, wobei Tina auf den Boden blickt. Ducan blickt mich wütend an. Was zum Teufel habe ich jetzt schon wieder falsch gemacht, dass er mich so wütend ist? Wenn er nicht mit der Einteilung zufrieden ist, dann kann er es ja sagen, doch er knirscht nur wütend mit den Zähnen und zuckt mit den Schultern. Mir ist das alles zu viel und ich wende mich ab und gehe zu den anderen Gruppen. Immer wenn ich zurück zu meiner Gruppe blicke, hängt Ducans Blick auf mir. Und immer noch ist sein Blick nicht gerade freundlich. Endlich klingelt es und ich kann nach Hause. Vor der Schule wartet eine Überraschung auf mich. Am Steuer von dem Zweitauto von meinem Vater, einem Lamborghini Gallardo Nera, sitzt Jaro und winkt mir zu. Zehn Sekunden später rasen wir schon die Hauptstrasse entlang. „Sag mal Bruderherz wohin fahren wir eigentlich?“ Neben mir grinst Jaro. „Lass dich überraschen Kleines. Es wird dir bestimmt Spaß machen.“ Aufgeregt wippe mich mit meinem Fuß. Ich hasse Überraschungen, weil ich einfach viel zu neugierig bin. „Oh komm sag schon!“, bettele ich. Noch Jaro hält dicht und verrät nichts. „Du bist blöd Jaro!“ „Dann rate doch einfach mal!“ „Woher soll ich wissen, was du vorhast?“ „Okay. Es hat was mit dem zu tun, was wir sind und mit dir. Und zum Ort: Wir fahren in den Wald.“ Verwirrt betrachte ich Jaro wieder von der Seite. „In den Wald?“, frage ich verwundert nach. Stumm nickt Jaro, während das Grinsen noch auf seinen Lippen liegt. Auf einmal macht es bei mir Klick und erfreut hopse ich auf meinem Sitz rum. „Du willst mit mir meine Fähigkeit herausfinden und kämpfen üben, oder?“ „Erstmal nur deine Fähigkeit. Das Kämpfen verschieben wir noch ein bisschen nach hinten. Ich will ja schließlich nicht, dass du am Samstag nicht tanzen kannst, nur weil du dich verletzt hast!“ „Ich und mich verletzten? Das wird nicht passieren.“ Jaro fängt an zulachen. „Hast du denn schon mal mit Dolch, Schwert; Pistole oder sonst was gekämpft?“, fragt er japsend. „Natürlich nicht, aber du trägst ja auch keine Waffen mit dir rum. Ich dachte bei kämpfen an so einen Faustkampf, oder so was.“, entgegne ich eingeschnappt. Jaro hält den Wagen an und steigt aus. Dann stellt er sich vor mich und zieht aus seiner Hosentasche eine kleine Pistole, die er auf mich richtet. Erschrocken weiche ich einige Schritte zurück. „Siehst du! Ich bin nicht unbewaffnet. Außer der Pistole trage ich auch noch immer ein Messer und einen Dolch mit mir. Und auch bei einem Faustkampf kannst du dich verletzten. Merk dir das Moana! Ich will dich nicht verlieren.“ Jaro steckt die Pistole wieder zurück und reicht mir seine Hand. Zaghaft nehme ich sie. „Okay. Dann wohl doch die erste Lektion im Kämpfen. Bei Männern ist erstmal wichtig: immer zwischen die Beine. Was auch gut ist, egal ob jetzt bei Mann oder Frau, ist in die Augen stechen. Tut höllisch weh und der Gegner ist kurz abgelenkt und dann rennst du weg! Wenn sich dir die Gelegenheit gibt, einfach weglaufen und wenn dein Gegner eine Pistole hat, läufst du am besten Zick-Zack, damit er dich nicht erwischt. Und jetzt testen wir deine Fähigkeiten.“ Jaro lässt meine Hand los und setzt sich auf den Waldboden. Ich folge seinem Beispiel und nehme von ihm gegenüber Platz. „Also die eine Fähigkeit, die auch Dario kann, ist das in Gedanken sprechen. Du denkst jetzt bitte ganz fest an einen Satz und dann denkst du an mich. Stell dir vor als würde sich dein Gedanke in einem unsichtbaren Faden befinden. Du entrollst den Faden und spannst ihn zu mir rüber.“ Aufgeregt befolge ich seine Anweisung. Ganz feste denke ich an Jaro und meinen Satz und obwohl ich genau das tue, was Jaro mir gesagt hat, merke ich keine Verbindung. Resigniert schlage ich meine Augen wieder auf und blicke Jaro enttäuscht an. Doch dieser lächelt mich beruhigten an. „Es ist ja nicht schlimm, wenn die beiden Fähigkeiten nicht bei dir funktionieren. Das heißt ja dann, dass du zu 100 Prozent die gesuchte Weltenwandlerin bist.“ Aus diesem Blickwinkel habe ich das Ganze noch nie betrachtet. So wie Jaro es gesagt hat, klingt es sogar gar nicht mal so schlecht, obwohl ich Angst habe, dass ich die angebliche Retterin sein kann. Was ist wenn ich es nicht schaffe uns zuretten. Was ist wenn ich versage? Stimmt dann mein Volk, die ganzen Welten oder nur ich? Immer mehr nimmt die Panik Besitz von mir. „Moana ist alles klar bei dir? Hörst du mich? Bitte sag doch was?“ Jaros ängstliche Stimme durchbricht meine Gedanken und holt mich in die Gegenwart zurück. Irritiert blicke ich ihn an. In seinen Augen liegt Angst, Sorge und auch Verzweiflung. „Du warst gerade für einige Minuten abwesend und hast auf nichts reagiert.“ „Ich hab nur nachgedacht. Was ist, wenn ich wirklich dass gesuchte Mädchen bin. Ich hab einfach Angst davor.“ Jaro rutscht zu mir rüber und zieht mich in seine starken Arme. „Jeder hätte davor Angst. Es ist eine Herausforderung und der Druck ist groß. Doch ich werde immer bei dir sein und dir zur Seite stehen. Zusammen meistern wir alle Gefahren. Du musst einfach dir selbst vertrauen. Du bist ein starkes und selbstbewusstes Mädchen. Egal was andere sagen werden, du kannst dass schaffen. Ich wüsste keine andere die geeigneter wäre als du.“ Für einen kurzen Moment schließe ich die Augen und genieße die Stärke und Geborgenheit die ich bei Jaro fühle. Dann mache ich mich vorsichtig los und wische mir verlegen ein paar Tränen ab, die mir doch tatsächlich aus den Augen rollen. „Was muss ich bei der anderen Gabe tun?“ „Mit der anderen Gabe kann man Wasser von überall herholen. Du stehst zum Beispiel mitten in der Wüste und kannst dann mit Hilfe deiner Gedanken Wasser aus dem Boden sprudeln lassen. Wasser ist das einzige, was alle Lebewesen aller Welten zu Leben benötigen.“ Ich atme einmal tief durch und stelle mir dann vor, wie vor meinen Füßen der Boden langsam aufbricht und erst einige Tropfen und dann immer mehr Wasser aus dem Boden quellt. Als ich in meinem Kopf den ganzen Waldboden überflutet habe, öffne ich die Augen und werde in die Realität zurückgeholt. Auf dem gesamten Waldboden ist kein Wasser zu sehen. Entschuldigend senke ich den Kopf und blicke auf den staubtrockenen Boden. „Das ist keine Schande, wenn du es nicht schaffst. Ich hab auch keine von den Fähigkeiten. Dafür kann ich halt besser kämpfen, als fast alle anderen und ich kann spüren, wenn sich Gefahr nähert. Und ich bin stolz auf meine Fähigkeiten.“ Jaro ist zu mir getreten und guckt mir fest in die Augen. „Und damit du jetzt wieder gute Laune bekommst, darfst du gegen mich kämpfen.“ Sofort strahlen meine Augen wieder. Jaro stellt sich ein paar Meter von mir entfernt auf. „So Schwesterherz, dann greif mich mal an und keine Panik, ich kann schon aufpassen, dass mir nichts passiert!“ Mit einem Lächeln auf den Lippen, nähere ich mich ihm. Zwei Sekunden später haben sowohl Jaro, als auch ich Schmerz verzehrte Gesichter. Nur Jaro hält sich die Brust und ich die Hand. „Boh scheiße! Ich hätte nicht gedacht, dass du für ein Mädchen so feste zuschlagen kannst.“ Böse funkele ich Jaro an. „Und du hättest nicht deine Muskeln anspannen müssen. Meine Hand tut deswegen weh.“ Schnell ist Jaro bei mir und nimmt vorsichtig seine Hand in seine Hände und tastet sie vorsichtig ab. „Du hast Glück gehabt. Deine Hand ist noch komplett heil. Nicht auszudenken, wenn du sie dir gebrochen hättest.“ Seine Hände streicheln sanft über meine schmerzende Hand. Langsam lässt der Schmerz nach. „Hab ich dir denn sehr wehgetan?“ Zärtlich fahre ich mit meinen Fingern über seine Brust. Jaro kichert und hält meine Hand fest. „Mach dir keine Sorgen, ich hab schon viel Schlimmeres erlebt. So ein Schlag von einem Mädchen bringt mich nicht um.“ Als Jaro meinen Blick auffängt, ergänzt er seinen Satz: „Auch wenn das Mädchen meine Schwester ist und feste zuschlagen kann.“ Er zwinkert mir zu und schaut dann erschrocken auf seine Armbanduhr. „Komm wir sollten jetzt los, wir haben schon fast 6 Uhr.“ Kurze Zeit später sind wir wieder zu Hause. „So kleine Schwester. Als Entschädigung für deine Hand koche ich jetzt nur für dich.“ Dankbar setze ich mich auf die Arbeitsplatte und schaue Jaro zu, wie er in der Küche rumwurstelt. Meine Adoptiveltern sind zu Zeit für 10 Tage auf Geschäftsreise. Leider können sie dann auch nicht zu meiner Aufführung kommen, aber Jaro will sie aufnehmen. Kurze Zeit, als Jaro gerade die Nudeln in das kochende Wasser schüttet, klingelt es an der Tür. Mit Schwung springe ich von der Arbeitsplatte runter und schlendere zur Tür. „Sag mal wird das jetzt Gewohnheit, dass du hier jeden Abend aufkreuzt?“ Ducan grinst mich spöttisch an. „Wenn du das willst, kann ich das bestimmt einrichten!“ Wütend starre ich ihn an. Wie kann eine einzige Person so selbstfixiert sein?
Aber warum muss er bloß so süß aussehen? Ich mein natürlich er sieht nicht süß aus und der Spruch kam auch nur, weil er so ein Macho ist. Trotzig wende ich mich ab und folge dem leckeren Geruch zurück in die Küche. „Süße was ist denn los?“ Jaro streift mit seiner Hand meine Wange. „Wir haben Besuch!“, antworte ich seufzend. Schon steht Ducan hinter mir und streckt Jaro seine Hand hingegen. „Hey ich bin Ducan. Ich muss mit Sommer noch eine Theaterstück üben.“ „Nett dich kennen zu lernen ich bin Jaro. Moana hat mir schon viel von dir erzählt.“ Ducan grinst mich an und fragt: „Garantiert nur wie toll ich bin und wie süß ich bin!?“ „Ganz im Gegenteil. Sie hat mir erzählt, was du für ein Macho bist und das sie nicht verstehen kann, wieso alle Mädchen auf dich stehen.“ Das habe ich zwar nicht gesagt, eigentlich habe ich Jaro gar nichts von Ducan erzählt, aber es reicht wenn man ihn sich einmal anguckt. „Summer steht doch selber auf mich.“ Ducans Stimme trotzt nur so von Selbstüberzeugung. Seit sich mal wieder ins Gespräch einzumischen. „Ähm Jungs ich bin auch hier da, also redet nicht so, als wäre ich gar nicht hier. Und du Ducan bist der größte Macho den ich je gesehen habe.“ Ducan grinst mich frech an: „Aber ein Macho den du süß findest!“ „Nein!“ Okay ich gebe ja zu er sieht schon irgendwie gut und auch süß aus, aber das werde ich ihm gewiss nicht auf die Nase binden. Nie im Leben wird er das von mir hören. Gerade will Ducan wieder was erwidern, als Jaro ihn unterbricht: „Essen ist fertig.“ Ich umarme Jaro von hinten und linse in die Pfanne. In meinen Rücken spüre ich Ducans Blick. Kurz blicke ich über meine Schulter und begegne seinem wütenden Blick. Warum verhält er sich so? Ich könnte ausrasten. Wenigstens der Inhalt der Pfanne ist genau mein Geschmack, denn dort brutzeln chinesische Nudeln, Sojasprosse und Möhrenstückchen in einer Sojasoße. Schnell setzte ich mich an den gedeckten Tisch. Kaum hat Jaro die Pfanne auf den Tisch gestellt, habe ich mir schon eine Portion genommen und angefangen zu essen. „Moana! Kannst du nicht mal warten, bis wir auch sitzen?“ Schmollend schaue ich Jaro an. Der setzt sich mir gegenüber und motzt mich an: „Oh Moana. Jetzt hör auf mich so anzugucken. Du weißt doch, dass ich dann nicht mehr auf dich sauer sein kann.“ „Moana?“, fragt Ducan nach, während er sich auf meine rechte Seite setzt. Böse funkele ich Jaro an, darüber das er meinen Zweitnamen verraten hat. Mein kleines Geheimnis, dass nur er und ich kannten. Bevor Jaro oder ich antworten können, zucke ich erschrocken zusammen. Auf meinem Oberschenkel liegt eine Hand – Ducans Hand. Ich probiere sie von dort herunter zuschubsen, doch seine Hand bleibt standhaft an ihrem Platz liegen. Frustriert esse ich mein Essen weiter. Während dessen redet Jaro mit Ducan und erzählt ihm auch, warum er mich Moana nennt. Doch ich kann mich gar nicht richt auf das Gespräch konzentrieren. Dort wo Ducans Hand mich berührt, kribbelt meine Haut und dieses Kribbeln wird noch stärker, als Ducans Daumen sanft und langsam über mein Bein streicht. Schnell stehe ich auf und stammele: „Ich gehe mal eben Eis aus dem Keller holen.“ Mich verwirrt Ducans Hand und dein ganzes Verhalten, doch am meisten verwirren mich meine Gefühle. Ducans Hand hat sich so gut angefühlt. Einfach normal.
Kapitel 7
Um mich von meinen seltsamen Gefühlen abzulenken, beeile ich mich das Eis zuholen. Als ich wieder in die Küche komme sitzt dort nur noch Ducan. Jaro kann mich doch nicht mit Ducan in einem Raum lassen. „Dein Bruder ist gerade im Badezimmer.“ Langsam erhebt sich Ducan von seinem Stuhl und kommt zu mir herüber. Panisch weiche ich ihm rückwärts gehend aus. Doch bevor Ducan näher kommt, stoße ich mit einem spitzen Schrei gegen eine harte Brust. Jaro macht sich darüber lustig, dass ich mich erschrocken habe und nimmt mir die Eispackung aus der Hand. „Ey“, protestiere ich. Grinsend geht Jaro ins Wohnzimmer und löffelt auf dem Sofa sitzend das Eis. „Ihr spielt mir jetzt euer Theaterstück vor und dann bekommt ihr Nachtisch.“ Seufzend verdrehe ich die Augen und drehe mich um und stoße mir den Kopf an einer muskulösen Brust den Kopf. Ich hätte nicht erwartet, dass Ducan direkt hinter mir steht. Sein Duft, eine Mischung aus Sonne, seinen Duschzeug und was anderem, umgibt ihn. Sein Blick bohrt sich tief in meine Augen und ein Kribbeln breitet sich über meinen Körper aus. Undeutlich klingen seine Worte zu mir rüber, trotz alledem verstehe ich was er will. Er hat seinen ersten Satz von Romeo gesagt und wartet nun auf meine Antwort. Verwirrt von seiner Nähe mache ich einen Schritt rückwärts und stammele meinen Text. Endlich habe ich das Theaterstück hinter mich gebracht und lasse mich erschöpft neben meinen Bruder nieder. „Wenn ihr eine gute Note haben wollt, müsst ihr euch mehr anstrengen. Bei euch kam überhaupt kein Gefühl rüber. Euch fehlt die Magie der Liebe. Da muss es knistern und es müssen Funken sprühen. Es fehlt die Leidenschaft und die tiefe, innige Liebe die zwischen Romeo und Julia war. Ihr müsst genau diese Gefühle rüber bringen, um das ganze glaubhaft zu machen!“, kritisiert Jaro unseren Auftritt, doch mir ist alles egal. Müde schließe ich die Augen und lehne mich an Jaros Schulter. Sekunden später bin ich schon in das Reich der Träume versunken.
Am nächsten Morgen wache ich in meinem Bett auf. Auf der Matratze neben meinem Bett liegt Jaro uns schläft tief und fest. Im Schlaf sieht er so jung und unschuldig aus, dass ich den Anblick unbedingt festhalten muss. Leise fische ich die Kamera aus meinem Regal und fotografiere Jaro. Glücklicherweise wird er nicht wach, sondern dreht sich auf die andere Seite und schläft weiter. Da ich noch ein paar Minuten habe, bevor ich aufstehen muss, lege ich mich noch mal in mein Bett. Heute muss ich nun mit Ducan ein überzeugendes Liebespaar rüber bringen. Doch ob wir das schaffen bezweifele ich. „Morgen“, schnurrt eine weiche Stimme neben meinem Ohr. Jaro sitzt neben mir und schaut mich an. „Jetzt mach dir keine Gedanken, dass wird schon. Ihr schafft das und wenn du dich beeilst kann ich dich noch in die Schule fahren, bevor ich selber los muss.“ Durch Jaros Satz fällt mir wieder ein, dass Jaro für ein paar Tage weg muss. Er will zurück zu unserer Welt, um mehr über mich heraus zu finden. Traurig schlinge ich die Arme um ihn und kuschele mich an seine warme Brust, die sich unter meiner Wange regelmäßig hebt und senkt. „Jetzt mach mir nicht den Abschied noch schwieriger. Spätestens am Samstag bin ich wieder da. Schließlich will ich doch sehen wie toll meine kleine Schwester tanzen kann.“ Ein Lächeln legt sich auf mein Gesicht, während ich zum Kleiderschrank gehe und dort einen weißen Stufenrock, eine schwarze Leggings, die mir knapp über die Knie geht und eine schwarze Bluse. Schnell springe ich unter die Dusche und schminke mich dezent mit Wimperntusche und Lipgloss.
Tag der Veröffentlichung: 13.02.2010
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Widmung:
Das Buch ist für mehrere Leute. Als erstes für meine Freundin Anna, die jetzt wieder sagen würde: so viele Jungen.
Dann für meine Mama, dafür, dass sie immer für mich da ist.
An alle die mich unterstützen: Danke!
Und danke für die Musik, die mir beim schreiben hilft.