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It’s my life
„Du hast es mir versprochen. Das hättest du nicht tun dürfen.“ „Aber, Christiano…“ Nein. Du weißt, was Milano dazu sagen wird.“ Christiano, du….du liebst mich aber doch!“
„Liebe spielt keine Rolle.“ „Christiano!“ „Tja, das hättest du dir früher überlegen können. Donnacia!“
- Florenz, Italien, Dezember 2010 –

„Oh, nein!“ Ich sah schon Qualm aus dem Ofen kommen, und rief nach meinem Bruder. „Blake, beeil dich. Die Kekse verbrennen.“ Er kam die Treppe hinunter gestürzt. „Was ist passiert?“, rief er mir zu und setzte seine Kopfhörer ab. Ich deutete auf den Ofen und er verdrehte die Augen bis zum Anschlag. „Die Kekse? Was ist damit“, fragte er ganz in seiner Manier und zuckte mit den Schultern. „Ähm, Blake? Ebonys Geburtstag? Ihre Dinkel – Kekse? Hast du das vergessen?“ Seine Augen weiteten sich. „Nein, sag nicht, du hast es wirklich vergessen. Schau mal, ich stehe hier in der Küche und überlege mir etwas für meine beste Freundin – und übrigens, Bree kommt gleich vorbei, dann gehen wir das Geschenk kaufen – und du?? Du hast mal wieder nichts anderes im Kopf als deine Musik. Sie ist immerhin deine Freundin, hallo? Wie kannst du nu-“ er unterbrach meinen Redefluss. Ist typisch für mich. Hab ich dauernd. „Jetzt halt mal die Luft an. Die Musik ist mir mindestens genauso wichtig wie dir.“ Womit er eindeutig Recht hatte, schließlich spielten wir zusammen in einer Band. „Und außerdem habe ich noch das Problem mit dem Geschenk, dass ist viel wichtiger. Wo soll ich das jetzt noch her bekommen. Ebony ist ziemlich anspruchsvoll. Meine Güte…wie konnte ich das nur vergessen!“ Er drehte sich zu mir und setzte seinen liebsten Dackelblick auf, den er richtig gut konnte, wenn er wollte. „Kannst du das nicht besorgen? Ihr geht doch eh in die Mall. Da kannst du das doch bestimmt für mich machen!“
Ich nickte widerstrebend, obwohl ich ihn eigentlich mal rausschicken sollte, er war nämlich nur noch damit beschäftigt, neue Songs für unsere Band zu schreiben.
Das war ja im Prinzip gut, nur kümmerte er sich kaum noch um die Schule. Wir alle – damit meinte ich unsere Clique, die werde ich noch vorstellen – gingen im Moment auf die Central Park East High School und kaum einer wusste, was er oder sie danach machen will. Na ja, bis auf Cadence, die unbedingt auf die Ballet Academy gehen wollte – was sie nicht schafft, davon waren wir alle überzeugt. Aber das ist erstmal eine andere Geschichte.

Jedenfalls klingelte es just in dem Moment an der Tür, als ich versuchte, die Kekse zu retten, was ich dann einfach Blake auftrug. Es war Breann. Na endlich, dachte ich und begrüßte meine beste Freundin. „Hey, Breann. Lange nicht gesehen.“ Das war Ironie, wir hatten uns noch gestern verabredet, um über ihre Beziehungsprobleme zu reden. Aber auch davon später noch etwas.
„Sydney! Ich muss dir etwas sagen.“ Sie blinzelte mich verschämt an. Obwohl Bree nicht der Typ Mädchen dafür war, fragte ich sie in ganz ernsthaftem Ton: „Bist du etwa schwanger?“ Sie riss die Augen weit auf, bis sie merkte, dass ich sie nur auf den Arm genommen hatte und lachte auf. „Nein, aber…Oh, hallo Blake.“ Sie bedachte meinen Zwillingsbruder mit einem merkwürdigen Blick, der mir noch nie bei ihr aufgefallen war. Sie schüttelte den Kopf. „Erzähl ich dir später“, und schnupperte: „Dinkelkekse? Für Ebonys Geburtstag?“ Ich nickte lachend und holte meine Jacke und meine Tasche. „Blake?“, rief ich meinem Bruder noch nach, „ich komme etwas später wieder. Sag Mom Bescheid! Bis dann!“ Noch einmal vergewisserte ich mich, dass er diesmal verstanden hatte, wovon ich sprach, und zog die Haustür hinter mir zu. Auf dem Weg in die Mall wollte ich es nun doch wissen. „Was ist denn jetzt? Neue Probleme mit Gareth?“ Das war eine rein rhetorische Frage. Natürlich hatte Bree Probleme mit ihrem Freund, hatte sie ja ständig. Eigentlich war sie er ein echtes cooles Mädchen, dass nie ein Blatt vor den Mund nahm, aber in Bezug auf ihren Freund, da schaffte sie es einfach nie, mit ihm Schluss zu machen. Ich meine, Gareth war eine echte Nervensäge. Schon immer gewesen. Tja, und dazu kam noch, dass er ein echter Kontrollfreak war. Einmal hatte er sogar ihre SMS gelesen, um herauszufinden, mit wem sie sich so traf. Bei mir hätte er das nie gemacht, er wäre sofort weg vom Fenster gewesen. Und Bree hatte schon so manchen Jungs mehr als einmal unter Einsatz ihrer Fäuste klargemacht, was „da lief“ und was nicht. Eine echte Kämpfernatur, nur nicht bei Gareth. Jedenfalls wollte ich nun doch die neueste Story über ihn hören. „Na ja, dass war so…Justin, mein Ex- Freund, er hat mich angerufen, aber ich habe ihm gesagt, dass ich keine Zeit habe. Dann hat Gareth wie bei Danny im letzten Jahr meine SMS gelesen und da stand so was drin, wie „Hi, Süße…wie geht’s? Sehen wir uns morgen? Hab dich lieb, J.“ „Breann Taylor! Hast du etwa? Nein, das kann nicht sein, so was machst du doch nicht?“
„Ich hab doch nicht gesagt, dass J. für Justin steht. Die SMS war von Jacoby. Aber den kennt Gareth ja noch gar nicht, schließlich war er bis letzte Woche in Harvard. Er hat es tatsächlich geschafft, ist das nicht toll?“ Ich atmete auf. Natürlich war das ein Ding, dass Gareth mal wieder ihr Handy durchstöbert hatte, aber sogar ich – der am wenigsten eifersüchtige Mensch der ganzen Welt – wäre bei dieser SMS durchaus….neugierig geworden. Aber Jacoby war nun mal Brees Bruder. Ihr äußerst gutaussehender Jura studierender, angeberischer, besonders süßer Bruder. Dieses Jahr war er nach Harvard gegangen und kam heute wieder zurück. Er wollte an die Park East High kommen, morgen, um unsere Clique zu besuchen. Ich freute mich schon darauf, ihn wieder zu sehen. Er war schon immer nett zu mir, aber er ist leider auch ein echter Weiberheld. Nicht, dass ich was von ihm wollte, immerhin war er der Bruder meiner besten Freundin, da macht man so etwas nicht, aber… zum Angucken war er schon ganz…nett.
Ohne mir weiter Gedanken über Jake zu machen, gingen wir in das Schmuckgeschäft unseres Vertrauens. Dort hatte ich bereits ein Armband mit Bree ausgesucht, welches wir Ebony morgen schenken wollten. Eingraviert war unser Bandname mit Gründungsdatum. Es war silbern mit schwarz – roter Gravur, Ebonys Lieblingsfarben. Ich bezahlte und suchte meine Freundin, die sich schon an einem Kleid festgebissen hatte, nun mit sich haderte es zu kaufen und sich nicht entscheiden konnte. Unsere Bree. Immer überlegte sie sich gut, was sie tat, beim Gesagten war sie, wie bereits erwähnt, eher schlagfertig. Sie meinte immer, dass hätte ich ihr beigebracht, aber davon bin ich nicht überzeugt. Ich denke mehr, dass sie endlich aus sich heraus gekommen ist, als Marc Andrews sie auf der Junior High – Abschlussfete blöd angequatscht hat und sie ihre Fertigkeiten in punkto rechter Haken zum Ausdruck bringen konnte. Brachte ihr Respekt ein, und machte sie selbstbewusst. Einzig das Angebot von Mister Parker, dem Sportlehrer und Kickbox – Trainer der High School, konnte sie nicht ausschlagen, und seitdem ist sie die Beste und zudem das einzige Mädchen im Team.

Ich half Bree also bei ihrer Entscheidung, indem ich sie das Kleid anprobieren ließ. Es war schwarz und passte perfekt zu ihrem dunklen Typ und ihrer leicht gebräunten Haut. Bewundernd starrte sie sich selbst im Spiegel an, denn es war das erste Mal seit langem, dass sie ein Kleid oder einen Rock anhatte, und so entschied sie sich, das Kleid an Ebonys Party kommenden Samstag zu tragen.
„Hast du schon etwas zum Anziehen?“, riss Breann mich plötzlich aus meinem Gedankenstrom. „Nein“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich frage Mom, ob sie eine Idee hat. Ich will nichts Neues kaufen.“ Mein Kleiderschrank war zwar mehr als gut bestückt, aber meine Mutter hatte als begeisterte Schneiderin immer eine Ahnung, was gerade in war und was ich tragen könnte. Vielleicht würde sie mir sogar etwas nähen.
Aber das würde ich später mit ihr klären. Jedenfalls wollte ich auch noch in Blakes Namen ein Geschenk für dessen Freundin kaufen. Ganz toll. Die beiden waren seit 2 Jahren zusammen und er merkte sich ihren Geburtstag nicht. „Hm“, überlegte ich laut. „Was könnte Blake Ebony schenken? Schmuck haben wir schon. Bree?“ Aber da merkte ich, dass mir meine Freundin überhaupt nicht mehr zuhörte. Sie war schon längst dabei, in die Abteilung mit dem Parfum abzutauchen. Ihre Passion: Eigene Düfte kreieren, so was lernt man bei uns in der Chemie – Arbeitsgemeinschaft. Neben mir hatte Bree nämlich die meisten Aktivitäten in der Schule belegt, die man überhaupt belegen konnte. Ich konnte sie nicht davon abhalten, und so stieß ich auf das Angebot des Tages: Kreieren Sie ihren eigenen Duft, und wenn wir ihn verkaufen dürfen (sollte er etwas taugen) gibt es 50 % Rabatt. Tja, so lautete der Tenor des Angebots. Ich wollte es genauer wissen und ließ mich von einem Verkäufer beraten. Das hätte ich nicht tun sollen, denn wer mir da begegnete… Ich hätte ihn wirklich gerne nicht getroffen.
Elliot Carmichael. Ich brauchte ihn gerade so viel wie eine Gabel zum Suppe essen. Er stand mal auf mich, aber er ist einfach nicht mein Typ. Ich muss ihn nur ansehen, und schon bekomme ich, weil ich ihn eben nicht ausstehen kann, einen unterdrückten Würgereiz. Ich möchte nicht wissen, was er denkt, wenn er mich sieht. Ich will es wirklich nicht wissen. Mir reicht schon sein elendes Gelaber: „Na, Sydney…oh, Hey! Breann…. Na, was darf es für euch beiden Hübschen denn sein?“ Breann holte schon zum Gegenschlag aus, ich hätte dazu auch durchaus etwas zu sagen gehabt, aber….dann ließ ich es doch. Stattdessen war ich unnatürlich freundlich zu ihm: „Na, Elliot. Immer noch in der Parfümabteilung tätig?“ Er nickte freudestrahlend. Doch dann konnte ich mich nicht zurück halten. „Na, was sagt denn deine Freundin dazu? Wie findet sie es, dass du in Mädchendingen mehr Ahnung hast als sie? Aber, aber, warte…du hast ja gar keine Freundin! Wie schade für dich…bis dann!“ Natürlich sagte ich das NICHT; ich hatte es aber durchaus gedacht. Nur bei den meisten Menschen halte ich meinen Sarkasmus und vererbten Zynismus öfter mal zurück. Passt nicht so gut zu meinem Image als etwas bravere und umgänglichere Freundin von Breann Taylor, vor der alles und jeder einen Schritt zurück schreckte. Dabei war sie echt total lieb und nett – wenn sie wollte. Und sie wollte häufiger nicht. Genug der unnützen Erzählungen über schwarzhaarige Nerds mit blauen Augen (nur um sich Elliot besser vorstellen zu können). Er war einfach furchtbar.
Ich bog um die Ecke und sprach eine andere Verkäuferin auf das Parfum an. Tja, ich benannte es klassischerweise nach Ebony, suchte es aus, kaufte es und ging endlich nach Hause. Es war mittlerweile Abend geworden, und auch Bree hatte keine Lust mehr aufs Shoppen.

Zuhause angekommen, stellte ich wenig verwundert fest, dass meine Mutter nicht da war. Vermutlich hatte sie eine Verabredung mit Harris Adrian, dem Bibliothekar und unserem langjährigen Nachbarn.
Ich mochte ihn, er hatte mir schon oft bei meiner Suche für Schullektüre geholfen und mir damit eine Menge Arbeit erspart. Jedoch wusste ich auch, dass es meine Mutter selten zu einer Beziehung gebracht hatte, seit mein Vater ausgezogen war. Aber über meinen Vater will ich nicht reden, er hat uns für eine reiche Tussi verlassen und ist auf einem Schrottplatz mit seinem Hund Richie gelandet. Toll, nicht wahr?
Jedenfalls ging ich hoch in mein Zimmer und erschrak erst einmal fürchterlich, denn wen fand ich da, grinsend auf meinem Bett liegend? Meinen besten Freund Ian.
Normalerweise stieg er nicht einfach so an der Eiche hoch in mein Zimmer. „Du hast das Fenster sperrangelweit offen gelassen, Sydney“, sagte er sachlich, als ob das seinen „Einbruch“ rechtfertigen würde. Ich lächelte zwei Sekunden, brach abrupt ab und warf ein Kissen nach ihm. Plötzlich meinte er: „Ich muss dir etwas sagen. Du musst mir helfen, Sydney. Ich habe jemanden umgebracht.“

- Fortsetzung folgt-

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Tag der Veröffentlichung: 28.11.2010

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