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Als ich bei euch ankam warst du 10 Jahre. Du warst jung, aufgedreht und ziemlich doof (sorry, liebe Dosenöffnerin ). Du hattest mich beinahe erpresst, mein Fell zerwuschelt, mich mit deiner Freundin durch die Wohnung gejagt…ich könnte noch tausend Dinge nennen.
Doch du wurdest älter und reifer. Du hattest begonnen mich mit Respekt zu behandeln und ich hatte dir verziehen. Ich wurde dein “Schatzi“. Du warst meine beste Freundin. Du warst die einzige, die meinen Bauch streicheln durfte. Du warst die einzige, für die ich die Maus apportierte. Die einzige, die mich zum Sitzen und Betteln brachte. Die einzige, der ich zuzwinkerte. Ich liebte deine Nähe. Und du liebtest meine. Du konntest mir nicht böse sein. Ich dir auch nicht.
Dann hast du erfahren, dass Katzen zu zweit glücklicher sind. Das stimmte. Wir beide waren glücklich gewesen. Du und ich. Du warst meine Katzenfreundin. Doch du dachtest, dass ich einen Partner brauchte. Jemanden, mit dem ich spielen konnte, mit dem ich kuscheln konnte, jemanden, der mich verstand. Doch den hatte ich schon. Dich.
Du hattest deine Eltern gefragt, ob sie mir einen Katzenkumpel holen. Nach einigem Zögern hatten sie zugestimmt.
Dann seid ihr alle durchgedreht. Ihr hattet mir Fotos von kleinen, wuscheligen Katzenbabys vor die Nase gehalten. Ihr hattet einen neuen, kleinen Kratzbaum gekauft, der immer wackelte, wenn ich draufsprang. Ihr hattet mich betätschelt, und mir gesagt, dass ihr mich nie vernachlässigen wollt. Eines Abends kamst du an meinen Kratzbaum. Ich hatte dir Platz gemacht, damit du deine Hand neben mich in die Höhle legen konntest. So machten wir das immer. Du erzähltest mir, dass ich immer der Wichtigste bleiben würde und dass der Kleine mich nicht ersetzen könnte. Da begriff ich erst, dass das bald nicht mehr mein Revier sein würde.
Am nächsten Morgen war es soweit. Ein kleines Fellknäuel tapste in der Wohnung herum. In unserer Wohnung. Ich begann ihn anzufauchen .Ich wollte den Zwerg vertreiben. Aber ihr habt mich nur belächelt. Ihr habt den Kleinen in einen anderen Raum gesetzt, damit ich mich “abregen“ konnte. Aber ich wollte mich nicht abregen. Ich wollte, dass der Kleine verschwand. Doch das tat er nicht.
Ich begriff, dass es sinnlos war, mit ihm zu kämpfen. Also zog ich mich in eine Ecke zurück und wartete auf dich. Doch du kamst nicht. Du hattest mit dem Kleinen gespielt. Einmal hattest du mich angelächelt, und mir gesagt, dass ich gerne mitspielen konnte. Ich wollte nicht mit dem Kleinem spielen. Ich wollte mit dir spielen. Ich wollte wieder ungestört deine Nähe genießen. Nur deine Nähe.
So ging es immer weiter. Für euch alle zählte nur noch der kleine Ivo. Ich wurde weggeschoben. Du hattest dein Versprechen gebrochen. Der kleine, tollpatschige Ivo war dir wichtiger geworden, als ich. Du warst nicht mehr meine beste Freundin. Du warst seine beste Freundin. Doch ich konnte dir nicht böse sein. Ich lag nur still in meiner Ecke und weinte.
Jetzt verkrieche ich mich noch immer und weine. Ich weine um dich. Doch du weißt es nicht. Du weißt auch nicht, dass ich bald sterben werde. An FIP. Du würdest nie daran denken, dass ich FIP haben könnte, weil ich schließlich eine Wohnungskatze bin. Aber erinnerst du dich noch an das eine mal, als ich von dem nassen Fensterbrett gerutscht bin...? Auf jedem Fall habe ich FIP. Das weiß ich. Wir Katzen wissen immer, was uns fehlt.
Das, das mir am meisten fehlt, bist du. Deine Wärme. Das Gefühl der Geborgenheit in deinen Armen. Es tut mir leid, dass ich dir früher nicht gezeigt habe, wie sehr es mir gefällt mit dir zu kuscheln. Ich dachte, dass du das Schnurren nicht verstehst. Du hast ja auch nicht geschnurrt.
Bevor ich sterbe möchte ich nur noch einmal in deinen Armen liegen können, und dir zeigen, dass ich dich liebe.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 26.12.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meine 2 geliebten Kätzchen <3

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