Morgens früh um halb sechs wird die Fee Clara von ihrem putzwütigen Elfenmann geweckt, in dem er das Bett, in welchem sie noch gemütlich eingekuschelt liegt, abziehen will. "Was soll das, Schatz?", fragt Clara schlaftrunken. "Es ist ja noch nicht einmal hell?" Er zieht weiter an der Decke rum, bis diese endgültig abgezogen ist. "Ich will nur schnell die Wäsche anstellen. Kannst ruhig noch liegenbleiben", sagte er leise. "Du bist witzig. Wie soll ich denn jetzt wieder einschlafen können?" Wenn sie nicht ausschlafen kann, ist sie immer etwas kratzig, aber das kennt er ja schon. Halb schlaftrunken quält sie sich aus ihrem Bett und geht in die Küche. Und ihre Maulerei ging weiter. Wenn sie richtig wach war, dann war sie eine wirklich vorbildliche Fee, aber sie neigte auch etwas zur Morgenmuffeligkeit. Und welche Fee steht schon gerne um halb sechs auf, vor allem sie, die noch bis in die tiefe Nacht Feenarbeiten verrichtet hatte. "Bevor du mich geweckt hast, hättest du zumindest schon mal das Frühstück machen können", maulte sie mürrisch. Aber der Elfenmann nahm es ihr nicht übel. selbst wenn sie maulte, war sie noch eine liebe Fee. "Du weißt doch, wie gerne ich es sauber und frisch habe", entgegnete ihr Gatte. "Außerdem gibt es frischen Elbensaft, gepaart mit Elfenmus und frisches Cheechen" (ihr Lieblingsbrot aus Weizen und Honig). Gegenüber war auch schon seit Stunden der Putzwahnsinn ausgebrochen. Paolala und Hanko waren seit Jahren mit ihnen befreundet und selbst bei ihnen gab es eine Rangordnung, was das Putzen betraf. Nur es war Paolala, die wie wild morgens um fünf Uhr das Putzen begann und ihren Gatten irrsinnig machte.
Clara hätte am liebsten gelacht, wenn sie nicht so mufflig wäre. Sie versuchte einen etwas neutraleren Ton, anstatt zu maulen. "Das ist aber lieb", sagte sie und holte zwei Brettchen und zwei Gläser hervor, dann noch zwei Messer und ruckzuck war der Frühstückstisch gedeckt. Sie schnitt das Brot in Scheiben und ihr nerviger Ehemann kam sofort mit Handfeger und Kehrblech herbei. "Nicht das sich die Krümel gleich festtreten", sagte er überglücklich, als wäre es die Erfüllung seiner Wünsche, die Krümel gleich wegzufegen. Nachdem sie ausgiebig gefrühstückt hatten, klopfte es an der Elfentüre. Hanko ihr Nachbar stand darin und Clara bat ihn herein. "Ich muss euch warnen! Syrob ist ausgebrochen! Und was das heisst, kannst du dir ja denken!" "Wir müssen schnell handeln, denn sonst sind die Wünsche der Kinder in Gefahr", erwiderte Clara und war jetzt hellwach. Batlan, ihr Elfenmann, stammelte nur mehr: "Syrob, Syrob", während er mit zittrigen Händen das Geschirr wegräumte. Sie dachte mit Schrecken an eine Situation vor einigen Wochen zurück. Damals war jener auch schon einmal ausgebrochen und hätte sie beinahe schwer verletzt. Nun ungern mochte sie sich daran erinnern. Und diese Situation erneut erleben, das wollte sie schon gar nicht. Sie ging zu ihrer persönlichen Elfenkugel, blies etwas Zauberstaub darüber, um zu sehen, wo Syrob sich aufhielt. Sie erschrak, als sie erkannte, wie nahe er schon war. Sie sandte einen Zauber aus, dass sich die Wurzeln des Baumes, bei dem sich Syrob aufhielt, um dessen Füße schlangen und ihn so am Weiterbewegen hinderten. Syrob strampelte und versuchte sich loszureißen, doch das gelang ihm nicht. So sehr er auch zerrte und zog, die Wurzeln hielten ihn eisern fest. "Ich habe ihn erst einmal daran gehindert hierher zu kommen", verkündete sie voller Stolz. "Doch wir müssen die Zeit nutzen, um die Wünsche der Kinder zu retten." "Na dann nichts wie los", meinte Hanko. Während ihr Mann noch immer wie der Teufel durch das Haus rannte und alles sauber machte, machte sie sich zusammen mit Hanko auf den Weg. Nachdem sie etwas überstürzt das Elfenhaus verlassen hatten, meinte sie zu Hanko: "Ich werde erst einmal einen Zauber um den Wunschbaum der Kinder legen, damit er geschützt ist. Doch du weißt genau, er hält nur vierundzwanzig Stunden an." "Ja, ich weiß, aber das gibt uns erst einmal einen Vorsprung."
"Genau das meinte ich", erwiderte sie und kramte in ihrer Tasche. "Mist, ich kann den Zauberstab nicht finden! Den habe ich wohl in der Aufregung zu Hause vergessen." Flugs rannten sie zurück, denn allzuweit hatten sie sich ja noch nicht entfernt. Clara rannte zurück ins Haus, übersah jedoch den mit Schmutzwasser gefüllten Kübel, den ihr lieber Gatte mitten im Weg stehen gelassen hatte, stürzte und rutschte auf dem Seifenwasser bis ans Ende des Raumes. Auch Elfen können wütend werden und sie fuhr ihn an: "Welcher Trottel war das?"
Mühsam rappelte sie sich wieder hoch. Das hätte bös schiefgehen können. Sorgsam überprüfte sie, ob alle Glieder in Ordnung waren. Aber außer ein paar blauen Flecken, schien sie keine weiteren Blessuren davongetragen zu haben. Eine kleine Heilmixtur würde diese schnell wieder in Ordnung bringen. Aber ihr Mann, der konnte was erleben!
Hanko, welcher mit ihr mitgerannt war, konnte auch nicht mehr rechtzeitig bremsen, stürzte über den umgefallenen Kübel geradewegs Clara in die Hände, welche abermals zu Boden fiel und sich an der Wand den Kopf blutig schlug. Dann sank sie ohnmächtig zusammen. Durch den Lärm angelockt, rannte auch ihr Elfenmann in den Raum, wo er vorher geputzt hatte, rutschte aus und legte sich zu den anderen dazu. Dabei riss er Hanko um, der gerade im Begriff war aufzustehen. Die beiden Köpfe knallten zusammen, sodass sie Sterne sahen.
"Aua, aua, auu, tut das weh", stöhnte Hanko auf. Beide sahen sich verwirrt an und mussten lachen. "Es tut mir fürchterlich leid, ich konnte ja nicht ahnen, dass ihr so früh wieder zurückkommt. Denn dann hätte ich den Eimer nicht dort stehen lassen. Ich hatte nur schnell einen Schwamm holen wollen und dann ..." Er sah Hanko mitleidig an und dieser meinte schnell: "Schon gut, aber wir müssen uns jetzt erst einmal um Clara kümmern. Sie scheint in Ohnmacht gefallen zu sein."
Beide rappelten sich mühselig aus dem Seifenwasser auf. Doch ihre Sorgen waren unbegründet. Clara rappelte sich nämlich in diesen Moment auch wieder auf. So schnell konnte eine Elfe nichts umhauen und sie, Clara, schon gar nicht. Allerdings taten die blauen Flecken, zu denen nun noch einige hinzugekommen waren, doch recht weh. "Ihr seid mir vielleicht ein paar Elfen", sagte sie schließlich und schaute mit verschmitzten Augen die Seifenschaumbedeckten an.
"Los, zieht euch um. Ich hole nur meinen Zauberstab und dann können wir gehen", sagte Clara und nach kurzer Zeit zogen sie los. Der Weg zum Wunschbaum war lang und beschwerlich. Erschöpft kamen sie nach einigen Stunden an. Es war eine große und schon sehr alte Eiche, unter der sie sich niederließen.
"Gott sei Dank, wir sind da", sagte Hanko.
"Ja, aber jetzt müssen wir alle Wünsche zählen, die am Baum hängen", erwiderte Clara. "Das sind ja hunderte..." jammerte Hanko. Clara kicherte und meinte: "Hanko, das ist doch ganz leicht. Schau es dir genau an. Es sind Büschel und pro Büschel sind es immer fünfundzwanzig Wünsche. Na, los wir teilen uns auf! Jeder nimmt sich einen Stamm vor. Da der Baum exakt drei Stämme hat, wird es leicht sein, die Wünsche zu zählen", sagte sie und flog sogleich zu einem Stamm hin. Die anderen beiden taten es ihr gleich. Und schneller als sie dachten, waren sie fertig mit Zählen. Zweitausendachthundertfünfundsiebzig Wünsche haben wir zusammen, und was jetzt?", fragte Batlan, der auch mitgekommen war.
"Zweitausendachthundertfünfundsiebzig Wünsche die sind rein,
Zweitausendachthundertfünfundsiebzig Wünsche die sind mein,
Zweitausendachthundertfünfundsiebzig Wünsche die sollen es sein",
sang sie mit ihrer lieblichen Stimme, und dabei schwang sie den Zauberstab hin und her, machte kreisförmige Bewegungen und mit etwas Sternenstaub, den sie in die Eiche blies, beendete sie ihren Zauber. Der Baum erstrahlte jetzt in einem sagenhaft schönen Licht. Der Sternenstaub ließ ihn in allen Farben dezent und dennoch ausreichend hell erscheinen. Jetzt sangen die Wünsche in einem märchenhaften Chor:
"In Zauberkraft wir sind erwacht,
zu geben unsere magische Macht,
zu schenken den Träumen Realität
bis sich letzter Zweifel verweht.
Lasst uns in die Welten streben,
wir sind der Macht des Zaubers ergeben.
Und wenn der Wunsch dann Wahrheit ist,
so wird er niemals mehr vermisst."
Damit endete der Gesang der Wünsche und das Licht des Wunschbaumes schien in die ganze Welt hinauszustreben.
Vor einigen Tagen, als Robin seinen größten flehentlichen Wunsch aussprach, er möge doch wieder sehen können, hatten die Ärzte seiner Mutter erklärt, dass er mit ziemlicher Sicherheit für immer sein Augenlicht verlieren würde, denn die schwere Operation, welche vor zwei Wochen an ihm durchgeführt wurde, zeigte nicht die gewünschte Wirkung. Heute sprach er ihn wieder mit der vollsten Überzeugung eines neunjährigen Jungen aus.
"Bitte lieber Gott, ich möchte auch wieder sehen können". Da er ganz fest daran glaubte, hing dieser Wunsch auch am Wunschbaum sowie die vielen Wünsche der anderen Kinder auch. Nur diesmal spürte Robin das Licht in seinem Körper, welches der Wunschbaum aussandte, und instinktiv wusste der kleine Junge, dass sein Wunsch in Erfüllung gehen würde.
Aber der Wunsch ging anders in Erfüllung, als er sich gedacht hatte. Es gelang den Ärzten doch noch, ein Auge zu retten. Und die unerklärliche Macht des Wunschbaumes gab ihm die Begabung, mit einem Auge genau so viel zu sehen wie mit zwei. Er selbst merkte gar nicht, dass er nach außen hin ein Einäugiger war, was ein Leben lang sein Markenzeichen bleiben sollte. Aber die Augenhöhle war nicht leer. Man konnte meinen, ein kleiner Stern leuchtet aus ihr. "Hast du auch das gespürt, Batlan?", fragte Clara. "Ja, da stimmt was nicht. Irgendein Wunsch wurde nicht richtig erfüllt."
"Ob das Syrob war?" "So große Macht hat er nicht"
"Vielleicht doch", erwiderte Clara. "Ganz sicher bin ich mir da nicht. Aber dazu brauchen wir die Hilfe von Althrabar, unserer Feenältesten. Nur sie kann uns noch einen Rat geben." Obwohl Clara zu den mächtigsten Feen zählte, war ihre Macht in diesem Fall begrenzt.
"Ja, du hast recht", sagte ihr Mann. "Wir sollten sie aufsuchen, damit sie uns helfen kann." Clara schaute Batlan an. "Ja! Und am besten sofort, ehe es noch weitere merkwürdige Zwischenfälle gibt."
Mit einem lauten PLUMPS fiel die Fee Clara aus dem Bett. Ihr Elfenmann Batlan war sofort bei ihr und half ihr hoch. "Was ist passiert?", fragte er sogleich und Clara meinte grüblerisch: "Ich weiß auch nicht, ich hatte einen sehr seltsamen Traum... - Na toll, vor Schreck hab ich ihn jetzt vergessen." Batlan schüttelte den Kopf und stieg wieder in das Bett.
"Leg dich noch einmal hin und schlaf etwas. Das kann auch nur dir passieren, mitten in der Nacht aus dem Bett zu plumpsen." Er gähnte herzhaft und sagte noch: "Gute Nacht", dann drehte er sich wieder auf die Seite und schlief ein. Der Traum ging Clara durch den Kopf, als sie Hanko herein bat. Sollte das ein Omen gewesen sein und sie war gespannt, was ihr Nachbar von ihnen wollte. Baltan schaute ihm ganz kritisch auf die Schuhe und meinte: Hast du sie auch ordentlich abgeputzt?, eigentlich wäre es mir am liebsten, du würdest sie ausziehen." Hanko streifte die Schuhe von den Füssen und stolperte sogleich darüber "Ich wollte Euch nur heute Abend zu einer Grillparty Einladen, die bei uns zu Hause stattfindet. Ich muss nur noch schnell Einkaufen gehen und dann sehen wir uns heute Abend, okay?" Die beiden freuten sich sehr und sagten sogleich zu, als Hanko dann seine Schuhe wieder anzog und gehen wollte stolperte er die eine Stufe zur Haustür herunter. "Oh man, ob das man gut geht?" fragte Batlan und seine Frau grinste und meinte "Na gut das seine Frau nicht so verstreut ist."
ENDE
Texte: Es haben sich wieder einige Beteiligt, dieses mal:
sunnyjayjay
datore
alpeko456
bessler
Tag der Veröffentlichung: 02.10.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Buch allen die Fantasy lieben :)