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Dis iratis natus

 Krachend brach der harsche Schnee unter meinen Stiefeln, als ich für einen Moment innehielt und ein letztes Mal zum Dorf herübersah, dass ich nach meiner Tat für immer hinter mir lassen muss. Noch kennt man mich als liebenswerten, vielleicht etwas verschrobenen Mann, der das Herz am richtigen Fleck trägt. Viele Jahre habe ich mich stets bemüht das wilde Tier in mir auszublenden, es zu unterdrücken und nieder zu ringen, doch sollten mit der letzten Nacht meine Liebesmühen endgültig zum Scheitern verurteilt sein. Beim letzten Blick auf alles, was mir je vertraut gewesen ist, fragte ich mich, wie lange es wohl gehen wird, bis man sie findet? Bis man ihren geschundenen Leib aus dem See von Darkside-Springs zieht, oder gar ihr Fehlen bemerkt. Wie konnte ich mich nur so gehen lassen? Wie hat das eine nur so rasch zum anderen führen können? Ich schreibe mein Geständnis nieder, weil ich fürchte schon bald nicht mehr dazu in der Lage zu sein. Mir scheint als würde mein gesunder Menschenverstand stündlich schwinden und zurück bleibt nur jene Bestie, jenes wilde Untier – meine wahre Persönlichkeit.

 

Ich war schon immer sonderbar, anders als jene Menschen die mich auf meinen Wegen begleitet haben. Dies fiel mir schon im Kindesalter auf, doch besass ich die Gabe mich an mein Umfeld anpassen zu können. Ich lachte, wenn es die anderen taten, weinte, wenn es angebracht war, und prägte mir die gesellschaftlichen Konventionen so präzise ein, dass mir mein Schauspiel wahrlich von jedem abgekauft wurde. Doch, was war, wenn man hinter diese meisterlich geschauspielerte Fassade blickte? Was, wenn man mich sah, wie ich wirklich war? Nur eine Person konnte dieses unmögliche möglich machen. Dr. Tracy Spencer klärte meine Eltern über meinen Wesenszustand auf, als ich vielleicht sieben Lenze zählte.

„Ihr Sohn ist nicht dazu in der Lage irgendwelche Gefühle zu empfinden“, erklärte sie im Vertrauen und nichts ahnend, dass ich im Wartezimmer jedes ihrer Worte hören konnte. „Verstehen Sie mich nicht falsch“, sprach sie unbesonnen weiter und versuchte damit den Wind etwas aus den Segeln zu nehmen, „Jonathan leidet weder am Asperger-Syndrom noch an einer stärkeren Form von Autismus. Ihm ist es Zeit seines Lebens einfach nicht gelungen ein Gewissen zu entwickeln, was sich eines Tages immens auf seine Sozialkompetenzen auswirken kann.“

„Völlig unmöglich!“, fiel ihr mein Vater aufgebracht ins Wort, „Wenn er traurig ist, weint er doch glechermassen wie er lacht, wenn sein Herz mit Freude erfüllt ist. Und nun wollen Sie mir weiss machen, dass er nicht dazu fähig ist, etwas zu empfinden?!“

Dr. Spencer liess sich von Vaters Wut nicht aus der Fassung bringen. Stattdessen lehnte sie sich etwas vor, faltete die Hände ineinander und dachte einen Moment darüber nach, wie sie den aufgebrachten Mann würde besänftigen können. Die Wahrheit war selten einfach zu ertragen, doch war es dringend von Nöten ihr ins Auge zu blicken. „Man kann Jonathans Verhalten mit dem eines Kamelion vergleichen, dass sich von Ort zu Ort an die Gegebenheiten anpasst. Ja er weint, wenn ihm etwas traurig erscheint – allerdings nicht, weil es ihn berührt, sondern weil er gelernt hat, in manchen Situationen jene Regung zu zeigen, die man von ihm erwartet.“ An dieser Stelle brachen meine Eltern das Gespräch mit der Schulpsychologin ab und klärten mich darüber auf, dass ich Dr. Spencer nie wieder sehen müsse. Ich dachte mir nichts dabei, obschon mir damals schon klar war, dass die Worte der Seelenklempnerin alles andere als einer Lüge gleichkamen. Die ersten Anzeichen dafür zeigten sich nur ein paar Monate später, als ich dem Nachbarhund dabei zusah, wie er selbstständig das kleine Gartentor mit der Schnauze aufstiess und fröhlich das vertraute Heim verliess. Ebenfalls sah ich das Auto, welches ohne zu bremsen auf jenen Husky zusteuerte der blindlings auf die Strasse rannte. Der Fahrzeuglenker sah gewiss nicht das, was ich zu diesem Zeitpunkt bereits vorausahnen konnte. Ich hätte Lasso, dem Nachbarhund, das Leben retten können. Dazu hätte ich nur so laut seinen Namen rufen müssen, dass der in die Jahre gekommene Vierbeiner zu mir herüber lief. Stattdessen kam kein Ton über meine Lippen und ich wartete ohne mit der Wimper zu zucken auf den unweigerlich vorprogrammierten Aufprall – auf das herzzerreissende Aufheulen eines sterbenden Tieres.... und so geschah es!

 

Heute ist mir klar, dass ich mich mit der geschilderten Situation selbst testen wollte. Und ohne es für erschreckend zu empfinden, musste ich mir eingestehen das Dr. Spencers Diagnose auf mich zutraf. Mein Herz zerging nicht ob Mitleid und Trauer, als ich Lasso sterben sah.. nicht mal dann, als seine letzten klagenden Laute an mein Ohr drangen. An dieser Stelle dürfen sie mich nicht falsch verstehen. Ich verspürte an diesem Tag nicht nur keine Trauer, sondern gleichermassen keinerlei Freude oder gar Reue! In mir tobte nichts weiter als eine wütende Leere, die mit absoluter Taubheit einherging. Eines jedoch hat mich in den Bann gezogen; der metallene Geruch von Blut, der unweigerlich in meine Nase kroch, sollte mich von diesem Tag an bis heute beschäftigen. Zeitweilen drehten sich alle meine Gedanken nur um den Geschmack des Todes, den Geruch von frisch geronnenem Lebenssaft, doch kam mir anfangs nicht in den Sinn für diesen ghoulischen Hang ein neues Leben zu zerstören. Bis dato war ich mir sogar sicher, dass ich nicht dazu fähig wäre eine weitere Existenz für meinen seltsamen Blutfaible opfern zu können und so kam mir mit den Jahren eine Idee, die meine Leidenschaft zu einem regelrechten Fetisch heranwachsen liess. Mit einem Messer schnitt ich mir ins eigene Fleisch und begann mich an meinem eigenen Blut zu laben. Auch hier machte sich weder Erregung noch Befriedigung in mir breit. Ich mochte den Geruch, genoss es die roten Tropfen zu beobachten, wie sie von jedem Herzschlag aus der Schnittwunde gepresst wurden. Ja, zu diesem Zeitpunkt glaubte ich einen Weg gefunden zu haben meine Eigenart auszuleben. Zwar war es mir vergönnt mich darüber zu freuen, oder gar mich selbst dafür zu verabscheuen, doch schien es mir so, als hätte ich endlich etwas gefunden, wofür sich das Leben lohnt. Dass ich mir wenig später beidhändig die Pulsadern aufgeschnitten habe, war weniger ein Selbstmordversuch als der nächste Schritt in ein Chaos, dass kein normalsterblicher nur ansatzweise wird nachvollziehen können. Nichts lag mir ferner als meinem Dasein ein Ende zu setzen. Viel mehr wollte ich ganz einfach herausfinden, wie es ist, wenn das Leben mit jedem neuen Tropfen aus meinem hageren Körper wich. Gewiss begann sich Vater ab diesem Moment meiner Geschichte zu fragen, ob er Dr. Spencer Unrecht getan hatte. Obgleich ich mir grosse Mühe gab ein starkes Glied der Gesellschaftskette zu sein, fiel es mir von Monat zu Monat immer schwerer die angelernten Kamelionfertigkeiten zu meinen Gunsten einzusetzen. Natürlich war es mir auch hier in keinster Weise möglich die begangenen Taten zu bereuen, oder mich gar vor mir und meinem Handeln zu fürchten. In Anbetracht der Tatsache, dass mich mein merkwürdiger Blutfetisch nahezu das Leben gekostet hat, fühlte ich rein gar nichts!

 

Nach diesem leidlichen Vorfall beschloss die Jugendfürsorge, dass ich in einer psychiatrischen Klinik fürs Erste am Besten aufgehoben wäre. Sicherlich war diese Annahme durch den vermeintlichen Versuch mir selbst das Leben zu nehmen durchaus gerechtfertigt. Anfangs tat ich mich schwer darin Anschluss zu finden, doch bald schon traf ich auf Alex Green und stellte zu meiner Überraschung fest, dass wir beide uns in so manchen Dingen erschreckend ähnlich waren. Ganz zur Freude der dortigen Betreuer freundete ich mich mit Alex an, nur um wenige Wochen später mein Einzelzimmer zu verlassen und mit ihm gemeinsam einen Schlag zu beziehen. Man war sich der Sache sicher und glaubte fest daran, dass eine solche Freundschaft pädagogisch gesehen von grossem Wert sei. Keiner dieser Ahnungslosen hätte jemals geglaubt, dass wir uns gegenseitig aufzustacheln wussten. Mein neuer Freund war ein Borderlinder und somit das perfekte Gegenstück zu meiner Person. Bald schlossen wir einen Packt der da hiess, dass ich auf ihn aufpasste, wenn er mich lediglich beim Ritzen zusehen liess. Und so schmiedete sich allmählich eine Verbindung, die über einfache Freundschaft weit hinausging. Ich lehrte ihm die Kunst auf andere normal zu wirken und er dankte es mir wortwörtlich mit Blut aus seinen eigenen Adern. Was mir allerdings völlig zu entgehen schien – vielleicht weil ich mit derlei Dingen überhaupt nichts anfangen konnte – war die Tatsache, dass Alex Green homosexuell veranlagt war. Dieser arme Kerl hat meine Absichten völlig fehlinterpretiert und ich selbst fühlte mich enorm vor den Kopf gestossen, als sich eines Abends seine Lippen auf die meinen legten. Dennoch verspürte ich weder Hass oder Wut, noch fühlte ich mich von ihm angewidert. Wenn ich heute daran zurückdenke, muss es sehr herzlos gewirkt haben, als ich ihm auf meine kalte Weise offenbarte, wie wenig ich für ihn empfand … weder als Geliebter noch als Freund oder gar als Mensch. Da er mir etwas geben konnte, wozu wahrlich niemand sonst in der Lage war, entwickelte ich an ihm ein eigennütziges Interesse und dabei blieb es. Auf meine wirre Art und Weise wollte mir mein irrationaler Verstand einreden, dass ich für ihn nicht mehr war als er für mich. Wie eine Zärtlichkeit alles zunichte machen kann, ist mir in dieser Nacht nur zu deutlich vor Augen geführt worden. Dennoch distanzierte ich mich nicht von ihm, ganz im Gegenteil! Mir wurde klar, dass eine derlei starke Gefühlsregung mit Leichtigkeit ausgenutzt werden kann. So rückte ich noch näher an ihn heran und zog aus seiner Liebe meinen eigenen Nutzen. Was dann geschehen ist, überraschte mich zwar, war aber ebenfalls nicht dazu in der Lage mein Herz zu erweichen.

 

Sechzehn Monate verbrachte ich mit Alex Green in der psychiatrischen Klinik, bis man mich für geheilt erklärte und mir offenbarte, dass meine Eltern schon in wenigen Tagen hierher kamen, um meine Entlassungspapiere zu unterzeichnen. Vielleicht hätte ich mich über diese Neuigkeit genauso freuen sollen, wie ich es meinen Betreuern vorgespielt habe, doch in mir drin spürte ich nicht die geringste Emotion. Es war mir schlicht und ergreifend Jacke wie Hose, ob ich nun hier war oder mein Dasein andernorts fristete. Von meinem neu gefundenen Freund würden mir lediglich sieben Liter in Form von rotem Lebenssaft ansatzweise fehlen können. Es war mir nicht möglich an meiner Entlassung etwas Positives zu sehen und gleichermassen fiel mir auch nichts Negatives ein, was ich darüber hätte sagen können. Alex hingegen nahm die Nachricht nicht besonders gut auf, denn er verlor schliesslich nicht nur einen Freund, sondern jenen Mann den er – wenn auch unerwidert – bedingungslos und ehrlich lieben konnte. Noch in derselben Nacht setzte er seinem Leben ein Ende und beschenkte mich mit Abendstunden, die ich niemals wieder vergessen werde. Ich schlief tief, als er sich mit einem aus dem Esssahl gestohlenen Messer die Pulsadern der Länge nach aufschlitzte. Als wäre es gestern geschehen kann ich mich noch erinnern, wie mich ein undefinierbares Tropfgeräusch aus meinen Träumen riss. Letzten Endes war es aber mehr der süssliche Gestank des Todes, der meine Sinne aus dem Schlaf heraus auf Hochtouren brachte. Ja, ich musste meine Augen nicht öffnen, um zu wissen was vor sich ging. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte ich, wie mein Zimmernachbar seinen letzten Atem aushauchte und mich somit in einer ungekannten Stille zurückliess. Nun gab es nur noch mich und das Blut meines Freundes, das in monotoner kontinuierlichkeit auf die bereits vorhandene Lache auf den Fussboden träufelte. Wäre mir in den Sinn gekommen aus dem Bett zu stürzen und nach Alex zu sehen, hätte ich ihn vielleicht sogar vor dem Tod bewahren können, doch muss ich gestehen, dass sein Verlust nicht einmal ansatzweise in meine Seele vordringen konnte. Das einzigartige Geschenk wusste ich zu schätzen, doch war mir gewahr, dass mir seine Freundschaft keine Sekunde fehlen würde.

 

Am nächsten Morgen gab ich vor seinen Selbstmord verschlafen zu haben und zeigte mich über sein Ableben bestürzt. Man bot mir neuerlich psychologischen Beistand an, doch lehnte ich diesen mit dem Vorwand ab keine Sekunde länger an jenem Ort verweilen zu wollen, den mein sogenannter bester Freund auf so fürchterliche Weise verlassen hat. Nur mit grossem Widerwillen machte man die zuvor gegebenen Versprechen wahr und entliess mich vier Tage später in die Obhut meiner Eltern. Diese wiederum brachten mich zu Grossvater aufs Land, wo ich ein neues Leben abseits der Vergangenheit beginnen sollte. Für mich änderte sich nicht viel, denn ob ich hier mein Schauspiel zum Besten gab oder irgendwo anders, war mir schlichtweg egal. Mittlerweile beherrschte ich meine Kamelionfertigkeiten im Schlaf. Wie sich herausstellen sollte, waren die Landmenschen auch wesentlich einfacher zu überzeugen. Kaum einer wusste von meinem Aufenthalt in der Psychiatrie, was mir den Einstieg in einen neues soziales Umfeld tatsächlich erleichterte. Mit den Jahren wurde ich ein neuer Mensch. Ebenjene Person, die man in mir sehen wollte! Ja, es gelang mir tatsächlich mich meinem Umfeld so perfekt anzupassen, dass kein einziger erahnen konnte wie es wirklich um mein Seelenheil stand. So schloss ich die Schule mit Bravur ab, heiratete, als man es von mir erwartete, und zeugte einen Sohn, weil es zu den natürlichsten Dingen dieser Welt zählt. Weder meiner Frau noch dem Kind habe ich jemals diese Liebe geben können, die sie möglicherweise verdient haben. Wie man sich sicher vorstellen kann habe ich den beiden nicht die kleinste Träne nachgeweint, als sie mich im letzten Frühjahr für immer verliessen. Zwar zeigte ich mich angemessen bedrückt, war allerdings recht froh meine Gedanken wieder zu jenen Dingen zurück lenken zu können, die vor so langer Zeit mein Interesse geweckt haben. Mittlerweile haben wir meinen Grossvater schon seit Längerem zu Grabe getragen und zum ersten Mal war ich wirklich auf mich alleine gestellt.

 

Um Haus und Hof in Schuss zu halten suchte ich mir Hilfe und es schien mir einem Wink des Schicksals gleich, als sich auf die von mir aufgegebene Stellenanzeige in der örtlichen Zeitung eine junge Frau meldete. Melanie, wie sie sich bei mir vorstellte, konnte man schlechthin als liebenswerte Schönheit bezeichnen, doch war es nicht ihr Liebreiz der mein Interesse weckte. Schon bei der ersten Begegnung beschlich mich das Gefühl als würde meine Haushaltshilfe vor irgendetwas wegrennen. Ihre schlanken Arme wiesen dieselben Narben auf, wie ich sie schon einmal bei Alex Green gesehen habe und mich überkam die Hoffnung in Melanie etwas finden zu können, was mir in den letzten Jahren doch irgendwie gefehlt hat. Jedes Mal wenn mein Blick auf ihren selbst zugefügten Narben ruhte, erinnerte ich mich an das einzigartige Geschenk meines einstigen Freundes. Vermutlich war ich deswegen auch so erpicht darauf mich mit dieser Frau anzufreunden, sie in meine Obhut zu nehmen. Dabei träumte ich jeden erbärmlichen Tag aufs Neue vom süssen Blut, welches ob dem selbstzerstörerischen Hang in feinen Rinnsalen über ihren wohlgeformten Leib rann. Als ich sie schliesslich ein paar Monate nach ihrem Einzug beim Ritzen erwischte, war es um mich geschehen! Noch heute stelle ich mir die Frage, weshalb mir diese Schönheit gewährte ein Teil ihres Blutrituals zu werden. Während Alex mir erlaubt hat ihm dabei zuzusehen, gestattete mir Melanie gestern Abend sogar selbst Hand anzulegen. Voller Zärtlichkeit legte sie mir das Messer in die Hand und lächelte aufmunternd. „Nur zu, ich vertraue Dir!“, kam es sanft über ihre wunderbaren Lippen. Ob sie nur ansatzweise damit gerechnet hat, dass sie diese Nacht nicht überleben wird, wage ich zu bezweifeln.

 

Von Ehrfurcht gepackt schlossen sich meine Finger um dem Knauf des scharf geschliffenen Küchenmessers, doch anstatt es auf einer heilen Stelle ihrer seidigen Haut anzusetzen konnte ich dem inneren Drang nicht widerstehen! Ich muss völlig neben mir gestanden haben, als sich meine Hand in mörderischer Geschwindigkeit hob und das Messer noch kurz im fahlen Licht der Schlafzimmerlampe aufblitzte, ehe es mit brachialer Gewalt auf Melanies Brustkorb hernieder sauste. Bereits nach dem ersten Stich konnte ich sehen, wie ihre Augen brachen, wie das Leben aus ihrem Körper wich, doch war mein unbändiger Durst noch längst nicht gestillt. Fünf mal habe ich auf mein Gegenüber eingestochen, ehe ich überhaupt verstehen konnte was vor sich ging. Nach weiteren drei Stichen kehrte die Ruhe zu mir zurück, jener undefinierbare Friede, den ich bisher nur ein einziges Mal in meinem Leben habe verspüren dürfen. Allerdings war es bei diesem jüngsten Ereignis noch weitaus intensiver als damals! Während mir Alex dereinst das Geschenk seines Blutes machte, habe ich das Lebenselixier in dieser Nacht selbst vergossen … und ich fühle mich besser als jemals zuvor! Heute Nacht ist ein Mensch von uns gegangen, während das Tier in mir zum Leben erwachte. Ihr werdet nicht das letzte Mal von mir gehört haben, doch fürchte ich bald schon nicht mehr dazu in der Lage zu sein meine Taten mit der eigenen Feder niederzuschreiben.

 

Ja, ich befinde mich unmittelbar an jenem Punkt, an dem es kein zurück mehr gibt. Mit jeder verstrichenen Minute entferne ich mich mehr vom gesunden Menschenverstand und löse mich von einer Welt, an die ich mich Jahrzehnte qualvoll angepasst habe.

 

Möge der Allmächtige euren Seelen gnädig sein

Jonathan

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Tag der Veröffentlichung: 19.05.2014

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