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Feuer ins Wasser


»Wer Wasser in das Feuer schüttet,
der soll nicht klagen, es sei kalt«,
riet ich einstmals einem Freunde,
der

dies kurz bedachte,

soviel sei gesagt,

und mich einen Dummkopf schalt:


»Wer Wasser in das Feuer schüttet«,

so hob er an,

und blickte belehrend hin zu mir,

»hat Gründe.
Einen derer, die ich nenne,
oder den kein Weiser fünde.


Vielleicht von Neugierde getrieben

wenn er Nasses zu dem Heißen gibt,

im Kopfe ein Gedanke wie:

›Ich frage mich,

was wohl passiert?
Wohl dieses noch beim nächsten Mal,
gar bei beliebig großer Zahl?‹
Als Skeptiker, als Philosoph:

›Ich frage mich,

ob das, was grad geschah,

einer Regel unterliegt,

und wohl stets passiert?
Mit Wasser aus Bechern,

mit Feuer auf Zweigen?
Unter welchen Umständen genau

– und wann hingegen nicht! –

wird der Effekt sich wohl zeigen?‹


Oder es ist an der Zeit,

das Feuer zu löschen,

denn erfüllt ist sein Zweck:
die Mahlzeit gebraten,

die Urne gebrannt,
der Hinweis gegeben,

das Untier verbrannt.
Oder es erfüllt gelöscht nur den Zweck:
gibt Rauch, Insekten zu tilgen

oder Zeichen zu geben,
Asche zum Malen

oder um den Phönix neu zu beleben.


Auch als großes Übel lässt es sich denken,

man frage nur nach

Wald-,

Haus-

und Pfannenbrand
(wobei letzterer

– ganz unpoetisch und klar gesagt –,

sobald Öl im Spiel ist,

nie und nimmer

mit Wasser begossen werden sollte,

da dies ein Feuerwerk

– im wahrsten Sinne –

nach sich ziehen würde,

das man wohl nie vergisst),
da wird aus dem neutralen 'Feuer'

das Ungemach, der 'Brand'.
Durch Leiden begründet,

dem Selbst entsprungen,
Ausdruck von Moral, Ethik,

oder von §306 StGB

– ›Wer [Fremdes] in Brand setzt,

oder durch eine Brandlegung

ganz oder teilweise zerstört,

wird [...] bestraft‹ –

besungen.


Zudem ist es natürlich möglich

(und nimmt gern heuttags überhand),

dass der Grund Verwirrtheit ist:
Man zürnt dem Freund,

und trifft schlicht daneben,
verspritzt nur aus Spaß,

oder gönnt dem Feuer

– der Allmutter allen Lebens –

kein Leben,
oder

– in früheren Tagen

als Form der Massenhysterie,

die von großem Übel war

und gelegentlich noch heute ist, –
sah in den Flammen Teufelsfratzen,

hörte Stimmen, die befahlen,
erblickte einen Dornbusch, der brannte,

und erlöste ihn von Feuerqualen.


Wer Wasser in das Feuer schüttet,
der kann

– du siehst –

ganz vielfach handeln;
es ist ihm nicht stets blödes Ziel,
das Wärmegut in Matsch zu wandeln.«


»Wer Wasser in das Feuer schüttet«,
sprach ich da, »der löscht das Licht,
das er begehrt.

Und du, mein Freund

der Logik und der Striktheit,
du verstehst Metaphern nicht.«

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Tag der Veröffentlichung: 12.01.2015

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