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Kurzes Vorwort

In diesem Büchlein soll gesammelt werden, was es zur Religion des Scentismus zu sagen gibt. Dies ist ein kleines Projekt und ganz bin ich auch noch nicht im Bilde, aber von allen Religionen, die ich bisher kenne, sagt diese mir doch am meisten zu, da sie den Mensch Mensch sein lässt und keine unglaubwürdigen Dogmen einführt.

Aber lest selbst. :)

Was macht den Scentismus aus?

Um ein Scentist zu sein, bedarf es nicht viel. Im Grunde gibt es zwei Anforderungen:

  • Man muss verstehen wollen.
  • Man muss ein guter Mensch sein.

Die erste Forderung ergibt sich aus dem Menschenbild des Scentismus, nach dem ein Mensch ein Wesen ist, das existiert, lebt, erlebt und verstehen kann. Dies wird in den beiden folgenden Kapiteln erläutert.

Die zweite Forderung ist der gemeinsame Schnittpunkt mit vielen anderen religiösen und ethischen Systemen. Was genau unter "gutem" Verhalten im Sinne des Scentismus zu verstehen ist, wird in Kapitel 5 definiert.

 

Der Mensch im Sinne des Scentismus

Der Mensch besteht aus Materie, der Mensch ist der Zeit unterworfen. Dies teilen wir mit jedem Objekt dieser Welt, deren Teil wir sind. Auf dieser Ebene unterscheidet uns nichts von Steinen und Wassertropfen.

 Der Mensch lebt und sein Organismus ist auf der unbewussten Ebene so ausgerichtet, die Lebenszeit möglichst weit auszudehnen und das Leben in die nächste Generation weiterzugeben. Dies unterscheidet uns von reiner Materie, doch es verbindet uns mit jedem lebenden Wesen, sei es ein Bakterium oder ein Mammutbaum.

 Der Mensch fühlt und vermeidet intuitiv Schmerzen, der Mensch hat Hunger und besitzt eine Lieblingsspeise. Wir reagieren auf unsere Umwelt, interagieren mit ihr und erleben jede Sekunde unmittelbar. Tage zählen nicht so sehr wie der Moment, und wie viele Tiere ziehen wir durch die Welt, um nicht nur zu leben, sondern um zu erleben.

 Der Mensch denkt über all dies nach und ist sich seines Seins bewusst. Wie kaum ein anderes Wesen sind wir in der Lage, zu verstehen, was um uns herum geschieht, und in diesem Wissen zu handeln. Wir probieren aus, wir lernen, wir verinnerlichen und wir hinterlegen unsere gesammelte Erfahrung, damit andere davon profitieren können.

Die erste Eigenschaft eines Scentisten

Diese vier eben genannten Punkte sind die Gaben, die uns Menschen zu eigen sind, und diese wollen wir nutzen. Wir wollen existieren, wir wollen leben, wir wollen erleben und wir wollen verstehen. Dabei baut jede Ebene auf der vorhergehenden auf: nur wer existiert, kann leben; nur wer lebt, kann erleben; nur wer erlebt, kann verstehen.

 Der Scentismus versteht sich dabei als eine Lebenseinstellung, die auf den Menschen zugeschnitten ist, und definiert sich daher vorrangig über das Verstehen. Die drei anderen Ebenen stützen ihn als unumstößliche Prinzipien, und er geht noch einen Schritt weiter, um das Erleben, das Leben und das Sein zu steuern.

 Jeder Scentist ist daher ein Wesen, das in der Lage ist, zu verstehen, und das über dies hinaus auch verstehen möchte, um mit diesem Wissen sein Leben zu leiten. Dabei lässt die Realität nur ein begrenztes Maß an Verständnis und Wissen zu, doch soll uns dies nicht aufhalten. Jede Vermutung, die bestätigt oder widerlegt wurde, definiert einen Schritt in die richtige Richtung.

 Was genau einen Scentisten interessiert, ist dabei höchst unterschiedlich und vom eigenen Leben abhängig. Die kleinsten Dinge des Alltags können genauso interessant sein wie die Grundlagen des Universums, die Technik in einem Computer genauso wie das Rezept für leckere Kekse.

Jeder möchte andere Dinge verstehen, doch uns allen gemein ist, immer noch mehr verstehen zu wollen oder unser Wissen mit anderen Teilen zu können.

Die zweite Eigenschaft eines Scentisten

Da es sehr viele Menschen gibt, die vor verschiedenen Hintergründen leben, fällt es schwer, allgemeingültige Verhaltensregeln aufzustellen. Was heute passend ist, kann schon morgen in den Abgrund führen. Daher liegt es auch dem Scentismus fern, verbindliche, allgemeingültige Vorschriften zu formulieren.

So bleibt nur eine einzige Regel, die auf der prinzipiellen Gleichheit aller Lebewesen aufbaut und in ähnlicher Form schon oft formuliert wurde und konsensfähig ist:

Verhalte dich stets so, dass die Interessen aller Beteiligten ausgeglichen werden.

Dies führt zu einer symmetrischen Situation, in der niemand übervorteilt wird, solange man in der Lage ist, die Interessen aller Beteiligten hinreichend genau zu bestimmen.

Hier schlägt die Stunde der Scentisten, die geübt haben zu verstehen, was die Welt – und damit auch alle Beteiligten und sie selbst – antreibt. Wann immer sie sich bewusst zu entscheiden haben, wägen sie die Interessen (und wohlgemerkt nicht die vielleicht unrealistischen Wünsche) gegeneinander ab, um von ihrem eignen Standpunkt aus entscheiden zu können.

Es gibt keine höhere moralische Instanz, die entscheiden kann. Jeder Scentist ist sein eigener Richter und nur seinem eigenen Verständnis der Welt unterworfen.

 Dabei muss der Scentist die Interessen der beteiligten Wesen nach bestem Gewissen, also insbesondere auch von deren Sichtpunkt aus, beurteilen. Auch eine Spinne hat dabei ein Interesse, am Leben zu bleiben, und das berechtigte Interesse (und nicht der aus Angst resultierende Wunsch) des Menschen, sie zu töten, ist aller Regel nach erheblich kleiner.

 

Religionskritik

Unbedingter Glaube an ein möglicherweise nicht existierendes göttliches Wesen

Da der Scentismus darauf aufbaut, die Welt zu verstehen, indem man Erfahrungen macht, lehnt er den unbedingten Glauben ab. Zum Weltbild des Scentismus gehört das, was erfahren werden kann, und oftmals gilt dies nicht für ein göttliches Wesen.

Sollte man allerdings durch persönliche Erfahrungen zu der Auffassung gekommen sein, dass eine Gottesexistenz wahrscheinlich ist, so ist es durchaus folgerichtig, an einen Gott zu glauben. Jedoch wird man diesen Glauben und die Gründe dafür hinterfragen.

 Festhalten an religiösen Vorschriften, die nicht zur aktuellen Zeit passen

 Um als Scentist zu leben, bedarf es lediglich der Bereitschaft, zu verstehen und nach seiner eigenen Erkenntnis zu leben. Damit ist jeder Scentist frei, sich sein Leben so einzurichten, wie er es in der Gemeinschaft mit anderen für richtig hält.

 Herabsetzen Anders- oder Nichtgläubiger

 Der Scentismus bildet keine geschlossene Gemeinschaft, die sich nach außen hin abgrenzt oder Wissen vorenthält. Wenn Interessen beurteilt werden, sind a prori alle Wesen, ob unbelebt, belebt, vernunftbegabt oder gläubig als gleich anzusehen.

Es kann dabei natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass ein Scentist durch Überlegung zu dem Schluss kommt, dass Andersgläubige schlechter zu behandeln sind.

 Unvereinbarkeit der Glaubenssätze mit weltlichen Gesetzen

 Es ist sehr gut möglich, als Scentist weltlichen Gesetzen zu folgen. Eine mögliche Argumentation wäre, dass der Scentist als Teil der Gesellschaft von ihr profitiert und daher auch deren Gesetzen gehorcht, um sie zu erhalten. Hier steht sein eigenes Interesse, Unrecht zu begehen, dem eigenen und dem Interesse vieler entgegen, ein intaktes Umfeld zu erhalten.

 

Impressum

Texte: Covasol Libri
Bildmaterialien: Covasol Libri
Tag der Veröffentlichung: 26.10.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
für all die Gottlosen

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