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Ich wachte auf! Grelles Neonlicht blendete mich und ich wusste nicht wo ich war.
Wieder einmal hatte ich zu viel von meinem Wundermittel genommen. Naja so nenne ich es jedenfalls.
Damals als mein Mann anfing mich zu schlagen, begannen die Schmerzen. Ich wusste nicht was ich tun konnte und wie es weiter gehen sollte, deswegen ging ich zum Arzt.
Er konnte nichts feststellen verschrieb mir aber Morphin.
Am Anfang war es schwer, oft musste ich mich erbrechen aber die Schmerzen gingen weg.
Heute weiß ich das es nur chronische Schmerze sind die mich seit Jahren quälen. Als mein Arzt das erkannte, hat er das Morphin abgesetzt und mich zu einem Psychater geschickt.
Die wollten mich sogar schon in die Klapse schicken! Aber nicht mit mir, hab ich damals gesagt…

Auf jeden Fall habe ich mir weiter heimlich Morphin beschafft.
Es war nicht leicht daran zu kommen aber es hilft immer noch, außerdem fühle ich mich wohler wenn ich es intus habe.
Obwohl die Schmerzen nicht mehr ganz weggehen kann ich dank des Mophins damit leben.
Ich versuche mich aufzusetzen und werde von irgendwas an meiner Hand zurückgehalten.
Verwundert drehe ich mich um.
„Was…..?“ stoße ich hervor als ich die eisernen Handschellen sehe, mit denen ich an das Bett gefesselt bin.
Ich ziehe daran, komme aber nicht los.
Verzweifelt versuche ich meine Hand durch die Fesseln zu zwängen, aber ohne Erfolg.
„Ganz ruhig“ sage ich zu mir, als ich merke wie mein Atem schneller wird.
Panik droht mich zu übermannen.
Ich schließe die Augen. Tief durchatmen. Das ist nur ein Traum. 1…2…3.
Erneut öffne ich die Augen doch es hat sich nichts geändert immer noch bin ich an das Bett gefesselt.
Enttäuscht Atme ich aus.

Erst jetzt wird mir klar, dass ich nicht zuhause bin.
Eine der möglichen Nebenwirkungen von Morphin sind Blackouts.
Oft habe ich sie nicht, aber es kam schon öfter vor, dass ich aufwachte und mich nicht zuhause befand. Deswegen ist das eigentlich nicht Angsteinflößend.
Meistens bin ich bei Monika zuhause wenn ich einen Blackout hatte. Meine einzige Freundin.
Alle anderen haben sich von mir abgewandt. Sie nicht.
Aber ich glaube das liegt daran, dass sie auch süchtig ist. Nicht von Morphin so wie ich. Nein sie ist Heroinabhängig.
Auch bin ich schon am Bahnhof in unserem kleinen Kaff aufgewacht wo alle um mich herum standen und gafften.
Aber das hier ist anders. Ich bin nicht bei Monika.

Flackernde Neonleuchten Hängen von der Decke und das Bett in dem ich liege ist ein Krankenhausbett.
Bin ich in der Klapse? Wollen sie mir mein Morphin wegnehmen?
Nein!
Ich habe zwar schon viel von Klapsen gehört aber so etwas noch nicht.
Ich schaue weiter. Ein paar leuchten sind Kaputt und flackern unheimlich.
Außerdem ist es recht kühl, eine Gänsehaut überkommt mich.
Von links zieht es unangenehm.
Ich schaue dorthin und sehe eine Betonwand. Ohne Putz, ohne Anstrich oder Tapete. Oben so ca 2 Meter über dem Boden ist ein kleines Vergilbtes Fenster. Es steht einen Spalt weit offen und ich sehe, das es draußen Nacht ist.
Rechts von mir ist eine Offene Dusche. Die Fliesen sind vergilbt und dreckig und der Duschkopf ist verkalkt.
Irgendwie erinnert mich das an Horrorfilme.
Denn offensichtlich befinde ich mich in einer alten Halle.
Groß, weit und dunkel.
Ein enge-Gefühl umschließt meine Brust und ich kann kaum Atmen.
Ohne es zu merken stemme ich mich gegen die Fesseln und versuche meine Hände auf meinen Brustkorb zu pressen.
Sollte ich hier ersticken?
Ist hier irgendwo Gift das ausströmt, ohne dass ich es merke?

Mein Blick tastet suchend die Halle ab und dann sehe ich es.
Nicht weit vor dem Bett an das ich gefesselt bin steht ein Mettaltisch mit Rädern.
Darauf befinden sich: eine Flasche Morphin, ein rostiges Messer und mehrere Gabeln.
Endlich kriege ich wieder Luft. Hechelnd atme ich schnell ein und aus.

Unmittelbar über mir beginnt die Neonleuchte zu flackern.
Angstvoll blicke ich nach Oben.
Was ist hier nur los?
Mit einem leisen Knacken verlischt die Lampe für immer.

„Hallo Mama!“
Ich blicke in die Richtung aus der ich meinen Sohn gehört habe.
Aber ich sehe nur schwärze. Offensichtlich befindet er sich in der Gegenüberliegenden Ecke der Halle.
„Phil?“ rufe ich in die Dunkelheit.
Ist er auch gefangen? Was haben sie ihm angetan? Warum sind wir hier?
Ich kann kaum noch atmen. Die Angst um meinen Sohn ist überwältigend.
Werden wir sterben? Meine Kopfhaut fängt an zu kribbeln und mich juckt es überall. Ist das die Angst oder werde ich verrückt?

In dem Moment tritt er aus dem Schatten heraus. Ist unversehrt und nicht gefesselt. Langsam läuft er zum Tisch und inspiziert die Gegenstände darauf.
Stumm schaue ich ihm zu und meine Gedanken rasen.
Angst drückt mir die Kehle zu und meine Atmung wird schon wieder schnell.
Meine Hände beginnen zu zittern und die Fesseln daran klirren leise.
„Phil? Bitte mach mich los“ krächze ich angstvoll.
Er schaut teilnahmslos auf und greift sich eine Gabel.
„Wieso sollte ich?“ fragt er und schaut mich lächelnd an. Seine Eisblauen Augen blitzen. Vorfreude spiegelt sich in ihnen und in meiner Magenkuhle macht sich ein mulmiges Gefühl breit.
„Endlich kann ich dir alles heimzahlen.“ Flüstert er leise.
Was könnte er mir heimzahlen wollen? Ich war immer für ihn da. Ich habe nie geschimpft oder ihn geschlagen so wie sein Vater.
Mit schweren Schritten kommt er langsam auf mich zu. Alles in mir sträubt sich gegen die Fesseln und ich kann nicht glauben was ich sehe. „Aber Phil, Ich war immer lieb und habe dich getröstet wenn dein Vater dich geschlagen hat.“
„Ha!“ ruft er. „Du hast dich versteckt wenn er wütend war. Du hast nur dein dummes Morphin geschluckt. Du warst nie da. Du hättest verhindern müssen, dass er mich schlägt. Du hättest dich trennen müssen mich mitnehmen sollen und dein Morphin wegwerfen sollen. Aber das hast du nicht.
Du warst immer eine schlechte Mutter. In deiner Sucht gefangen und immer am weinen. Nie hast du mich beschützt!“ schrie er und blieb vor meinem Bett stehen.
Meine Lunge schmerzt als wäre ich bis eben einen Marathon gelaufen. Langsam wird mir übel. Ich beginne alles verschwommen zu sehen und erneut kribbelt meine Kopfhaut unangenehm. Es ist als würden unter meiner Kopfhaut hunderte von Ameisen langkrabbeln und an meinem Schädel nagen. Wenn meine Hände nicht gefesselt wären, würde ich vermutlich versuchen mir meine Kopfhaut vom Kopf zu ziehen.
Das ist Panik. Ich muss ruhig bleiben.
„Phil, Ich habe immer versucht für dich da zu sein.“ Flüstere ich.
Zu mehr bin ich nicht in der Lage.
Mittlerweile zittern selbst mein Knie vor Angst und ich bin schweiß nass.
„Das reicht nicht.“ Meint er und hält die Gabel dicht vor mein Auge.
„Was hast du vor?“ nuschel ich.
Mein Magen rebelliert. Will er mir das Auge ausstechen? Ich atme immer schneller. Drohe zu Hyperventilieren. Nicht mehr lange und ich übergebe mich.
Meine Gedanken rasen, ich kann nicht klar denken, alles was ich deutlich Wahrnehmen kann ist die rostige Gabel unmittelbar vor meinem Auge.
Ganz deutlich spüre ich wie ein Schweißtropen sich seinen Weg über meine schon leicht faltige Haut bahnt. Weitere Folgen, sie veranstalten ein wahres Wettrennen auf meiner Haut als ob es das letzte Mal wäre das ich schwitze.
Eine verirrte Strähne fällt in mein Gesicht und ich spüre mein Blut in meinem Innern pulsieren.
Deutlich nehme ich meinen Herzschlag an meinem Hals war.
„Ich werde dir alles heimzahlen und dich dann töten!“ zischt mein Sohn mir zu und setzt die Gabel an mein Auge.
Niemals zuvor habe ich mit solch einer Intensität alles an mir wahrnehmen können.
Ich dachte es wäre ein Scherz das man in der Lage sein soll sein Blut rauschen zu hören, aber das ist es nicht. Ich liege mittlerweile in einer regelrechten Pfütze aus Schweiß und bin mir nicht sicher ob ich nicht vielleicht auch vor Angst in das Bett gepinkelt habe. Aber das ist egal. Deutlich spüre ich wie mein Herz einmal aussetzt und dann stockend weiterschlägt.
In meinem Kopf dröhnt es als würde jemand mit einer Trommel gegen meinen Schädel schlagen.
Langsam senkt sich die Gabel weiter meinem Auge entgegen, bis sie den feuchten Augapfel berührt.
In dem Moment steht alles still. Ich erstarre, mein Herzschlag setzt aus und ich höre dumpf meine gequälten Atemzüge. Dann umfängt mich Dunkelheit.

Leise höre ich die Trommel, die wie wild in meinem Kopf gehämmert hat.
„Mama!“ hallt es in meinem Kopf immer wieder und ich weiß nicht ob das ein Fiebertraum ist.
Immer klarer wird das Trommel Geräusch und mit ihm kommt die Übelkeit zurück.
Vorsichtig taste ich neben mich.
Es fühlt sich feucht und weich an. Wie ein Bett.
Hat er mich immer noch???? Diese Frage springt in meinem Kopf hin und her und lässt mich endgültig durch die dämmrige Oberfläche stoßen.

Erschrocken fahre ich hoch und sehe mich um. Ich bin schweißnass und sitze in einer Pfütze. Es riecht unangenehm nach Urin.
Mein Auge! Vorsichtig fast ängstlich taste ich nach meinem Auge. Spüre meine langen Wimpern, mein Augenlied und dann taste ich nach dem Augapfel. Erschrocken zucke ich zusammen als mein Finger auf mein Auge trifft. Es ist noch da!
Ist das ein Traum? Bin ich Tod? Oder hat er mich mein Auge behalten lassen?
Verwirrt wühle ich durch mein Bett. Es ist schweißnass. Aber es ist definitiv mein Bett und meine Hände sind frei.
„Ein Albtraum.“ Sage ich erleichtert und fange an zu weinen.
„Hallo Mama!“ höre ich es von der Tür aus.
Ich blicke auf. Da steht Phil mit einer Gabel in der Hand.
Schlagartig ist alle Angst wieder da und ich schreie…

„Mama geht es dir nicht gut?“ Flüstert er und klingt besorgt.
„Doch mein Schatz.“ Erwidere ich und nehme ihn auf den Arm. Er ist noch so klein. Ich werde verhindern, dass er von seinem Vater geschlagen wird. Ich werde meine Sucht bekämpfen. Ich werde für ihn da sein.
„Komm mein Schatz, pack deine Sachen.“ Sage ich.
„Aber Mama ich habe Hunger.“
„Okay, wir essen was und dann packen wir unsere Sachen.“
Der Blick in seine Eisblauen Augen geben mir Kraft.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 21.12.2012

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