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Marines

Scheich Kalim stand auf einer Anhöhe und schaute auf die weite endlose Fläche des Meeres. Hoffentlich ist das kein Fehler, dachte er. Er hatte einem Impuls nachgegeben und sich entschlossen auf der Insel Marines ein Haus zu kaufen. Ausschlaggebend war seine Langjährige deutsche Freundin Eva Mering, die seit gut zwei Jahren mit dem Banker Alejandro Tabora verheiratet war und auf der Insel lebte.

Entschlossen drehte er sich um und ging auf das Haus der Familie Tabora zu.

Eva stand bereits in der geöffneten Haustüre und winkte der hochgewachsenen Gestalt fröhlich zu.
„Kamil, endlich… ich erwarte dich schon lange. Wurdest du aufgehalten?“

Er nickte zerstreut und erwiderte Evas stürmische Umarmung. „Wie immer, die Geschäfte“, murmelte er.

„Na komm schon herein, Alejandro müsste auch bald da sein.“

Kamil betrat den wohnlichen Eingangsbereich und atmete erleichtert auf. „Wenn ich dein Haus betrete, fühle ich mich so wohl, als würde ich hier wohnen.“

„Ich freue mich, wenn es dir bei uns gefällt.“

Sie hatten mittlerweile die Terrasse erreicht. Er schaute Eva nachdenklich an, schwieg jedoch.

„Kalim, rede mit mir.“

Wieder seufzte er, „Morana meine erste Frau hat das Kind im fünften Monat verloren. Es war ein Sohn.“

„Das ist doch schon das dritte Kind, das deine Frau verloren hat. Wie kann das sein? Was sagen die Ärzte dazu?“

„Sie können es sich nicht erklären. Morana ist gesund. Ich weiß mir langsam keinen Rat mehr. Ich brauche einen Erben und wenn meine erste Frau dazu nicht in der Lage ist, muss ich wohl oder übel mit der zweiten Frau ein Kind zeugen.“

„Du lieber Himmel Kalim, du hörst dich an, als müsstest du ein Kamel besteigen.“

Kalim brach in Lachen aus. „Eva du bist unmöglich, weißt du das? Du kennst doch unsere Sitten und Gebräuche.“

„Ja schon, aber in der heutigen Zeit, legt sich nicht jeder Scheich vier Frauen zu.“

„Stimmt, aber ich bin nicht „Jeder“. Mein Vater hat mich noch zu seinen Lebzeiten mit vier Frauen verheiratet. Es ging dabei nicht um Liebe, sondern um den Frieden. Jede Frau kam aus einem anderen Gebiet und erst durch die Heirat war der dauernde Krieg beendet.“

„Warum willst du ausgerechnet auf Marines ein Haus kaufen? Du kehrst doch deiner Heimat nicht den Rücken zu. Das glaube ich dir nicht.“

Kamil lachte, „das würde ich niemals tun. Nein, es geht mir darum, Morana eine Weile aus der Gefahrenzone zu bringen. Außerdem hoffe ich, dass du Morana ein wenig aufheiterst.“

„Aus der Gefahrenzone? Dann hegst du den Verdacht, dass…“

„Es ist nur ein Verdacht. Hier auf Marines könnte sich Morana erholen und vielleicht doch noch einmal schwanger werden.“

„Kamil, du liebst deine erste Frau?“

Er seufzte abgrundtief auf, „ja, mehr als gut für mich ist. Den anderen Frauen ist das ein Dorn im Auge. Besonders meine zweite Frau Asifa unternimmt alles, um in meiner Gunst zu steigen.“

„Morana ist aber kein arabischer Name?“

„Nein, serbisch-kroatisch. Der Name bedeutet Umorana, die Erschöpfte. Moranas Ur-ur-Großvater kam aus einer kroatischen Königsfamilie.“

„Kamil, was für eine Freude dich zu sehen“, lachte Alejandro und kam mit ausgestreckter Hand auf den Scheich zu. „Ich komme eben von der Baustelle. Die Umbauten in der Villa gehen zügig voran. Ich hoffe, dass alles zu deiner Zufriedenheit wird. Bist du mit dem Pachtvertrag auf 99 Jahre einverstanden?“

„Alejandro, grüße dich und ja ich bin mit allem sehr zufrieden“, lachte Kamil den eintretenden Mann an. „Ich habe mir das Haus schon heute Morgen angesehen und ich war überrascht, wie gut und schnell deine Leute arbeiten. Nun komme ich noch mit einem Anliegen zu euch…“

„Raus damit, um was geht es“, unterbrach Eva den Scheich.

„Na ja, es ist so…, Morana ist auch schon hier.“

„Wo ist sie? Warum hast du sie nicht mitgebracht?“, wollte Eva verwundert wissen.

„Ich wollte euch erst um einen Gefallen bitten“, gab Kamil ein wenig verlegen zu.

Eva brach in erheiterndes Gelächter aus. „Kamil so schüchtern kenne ich dich gar nicht. Raus mit der Sprache, wo liegt das Problem?“

„Ich wollte Morana nicht schon wieder alleine im Palast der Willkür meiner anderen Frauen lassen. Darum habe ich sie mitgebracht, in der Hoffnung, dass sie bei euch so lange wohnen könnte, bis das Haus fertig gestellt ist.“

Eva ergriff Kamils Hände und rief aufgebracht, „aber Kamil, du bist mein bester Freund. Es bedarf keiner Frage, Morana ist herzlich willkommen in unserem Haus. Wie kannst du nur denken, dass wir dir das verwehren könnten. Ich bin wirklich emp…“

Weiter kam sie nicht. Kamil umarmte sie voller Freude, „ach Eva, wenn ich dich nicht schon lieben würde, dann jetzt bestimmt. Alejandro du hast dir ein Juwel ausgesucht.“

„Ja ein sehr seltenes“, gab der Spanier trocken zur Antwort. „Wo hast du deine Frau versteckt? Geh und bringe sie zu uns. Leider haben wir keinen Palast und keine große Dienerschaft. Morana ist sicher mehr Luxus gewöhnt.“

„Da täuscht du dich. Morana ist mit weniger genau so zufrieden. Ich werde sie selber vom Flugzeug abholen. Je weniger Leute wissen wo meine Frau ist, desto besser.“

„Bist du mit dem Wagen hier? Ich habe kein Auto gesehen“, und als Kamil den Kopf schüttelte, stand Alejandro auf. „Komm, ich fahre dich. Eva kann sich in der Zwischenzeit um Moranas Zimmer kümmern.“

„Geht jetzt noch eine Fähre auf das Festland?“

„Nein aber Ramon hat ein schnelles Motorboot. Liebling rufst du Gabriella an?“

„Bin schon dabei. Geht endlich. Wie lange soll die arme Morana noch im Flugzeug festsitzen.“

Als sie den Hörer abnahm und Gabriellas Nummer antippte, murmelte sie, „oh diese Männer. Immer alles auf Umwegen machen. Der ganze Weg wäre Kamil erspart geblieben, wenn er seine Frau gleich mitgebracht hätte.“

Gabriella meldete sich mit einem fröhlichen, „Hola, wie geht es Bibiana und Angel?“

„Ich wünsche dir auch einen schönen Tag und meinen Nervelchen geht es ausgezeichnet“, lachte Eva und berichtete von Kamils Ankunft.

„Und er hat seine Frau wirklich im Flugzeug zurück gelassen? Manchmal sind die Männer echt blöd und unsensibel“, schimpfte Gabriella. „Warte einen Moment, Ramon kommt eben.“

Nach einigen Sekunden meldete sie sich wieder. „Alles in Ordnung. Ramon ist schon auf dem Weg zum Hafen. Er fährt deinen Mann und Kamil zum Festland.“

„Gabriella du bist ein Schatz. Du hast etwas gut bei mir.“

„Ich wüsste schon etwas.“

„Sehr gut, schon so gut wie erfüllt.“

Gabriella konnte sich das Lachen nicht mehr verkneifen. „Eva du solltest nicht so leichtfertig mit Versprechen umgehen. Was tust du, wenn ich sehr viel Geld von dir verlange?“

„Ich kenne dich. Du würdest niemals etwas verlangen, eher noch etwas abgeben. Also, was kann ich für dich tun?“

„Ich möchte Morana kennen lernen. Lade mich doch in den nächsten Tagen zu einer Tasse Kaffee ein!“

„Das mache ich sehr gerne. Ich gebe dir morgen Bescheid.“

Nach ein paar herzlichen Worten zum Abschied, rief Eva nach dem Kindermädchen Sofia. Fast zur gleichen Zeit betraten sie die große überdachte Terrasse. Eva hob Bibiana aus dem Laufstall und drückte sie liebevoll an sich. „Liebling, heute bringt euch Sofia alleine in eure Betten. Wir bekommen hohen Besuch, um den ich mich kümmern muss.“

Sofia nahm Angel auf den Arm, der sich mit fröhlichem quietschen an das Kindermädchen klammerte. Sie folgte Eva nach oben in das Kinderzimmer der Zwillinge.

Eine knappe Stunde später, steuerte Ramon das Boot vom Festland auf das Meer hinaus in Richtung Marines.

Morana schaute Kamil erstaunt an und flüsterte, „traust du den beiden Männern?“

Er lächelte seine Frau beruhigend an und sagte ebenfalls in Arabisch. „Das sind unsere Freunde, Freunde die für einen Gefallen nicht gleich eine Gegenleistung von mir verlangen. Du wirst dich noch oft über ihre Geradlinigkeit und Offenheit wundern.“

Morana nickte erleichtert. Im Palast hatte sie gelernt jedem zu misstrauen. Wie sollte es hier anders sein?

Evas Gast

Alejandro schaute überrascht und erfreut den wunderschön gedeckten Tisch an. „Liebling, du bist wie immer unerreicht“, lachte er und drückte sie kurz an sich. Morana fühlte fast so etwas wie Eifersucht in sich. Ach, wäre das wundervoll, wenn Kamil sie einmal so herzlich in den Arm nehmen würde.

Eva löste sich aus Alejandros Armen und wandte sich der schwarzhaarigen, schönen Frau zu. „Sie müssen Morana sein? Ich bin Eva. Herzlich willkommen! Betrachten Sie unser Heim als das Ihre.“

Bevor Morana ein Wort sagen konnte, trat die Hausherrin auf sie zu und umarmte sie herzlich. Sofort verspannte sich die Araberin. Eva ließ die Frau erstaunt los und schaute Kamil fragend an.

„Morana ist noch ein wenig schüchtern. Das legt sich, wenn sie euch besser kennengelernt hat“, versuchte er seine Frau zu entschuldigen.

„Morana, es wäre mir eine Freude, wenn Sie sich bei uns wie zu Hause fühlen.“
  Morana schaute die Hausherrin verwundert und erstaunt an. Was für eine fröhliche und selbstbewusste Frau, dachte sie sich und setzte sich auf den Stuhl, auf den Kamil deutete. Sie schwieg während des Essens, obwohl sie die spanische Sprache sehr gut verstand. Die nächsten drei Wochen sollte sie hier bei Eva und Alejandro wohnen. Hoffentlich geht das gut, dachte sie wieder.

Eva, die nicht ahnte, dass die Araberin Spanisch sehr gut verstand, wandte sich Morana zu und fragte auf Englisch: „Ich werde Sie nach dem Essen herumführen. Sicher möchten Sie sich von der langen Reise ausruhen.“

Morana lächelte die Frau an und gab in einwandfreiem Spanisch zur Antwort, „ich verstehe Ihre Sprache sehr gut und Danke, dass Sie so freundlich zu mir sind.“
Eva klatschte erfreut in die Hände, „das ist wunderbar, Sie können mir sehr viel von Ihrem Land erzählen.“

Zwei Stunden später, saßen die beiden ungleichen Frauen auf der Terrasse. Alejandro hatte sich in sein Büro zurückgezogen, um noch zu arbeiten. Ein Anruf veranlasste Kamil sich eilig zu verabschieden, er wurde schon wieder irgendwo dringend erwartet.  

Eva lehnte sich mit einem zufriedenen Seufzer zurück. „Ich liebe diese Abendstunde. Meine Nervelchen sind im Bett und ich kann den Sonnenuntergang genießen. Morana, wenn Sie irgendeinen Wunsch haben, lassen Sie es mich bitte wissen.“

„Sie sind so freundlich zu mir, obwohl Sie mich doch gar nicht kennen.“

Eva lachte die Frau fröhlich an, „Sie sind Kamils Frau und er spricht in den höchsten Tönen von Ihnen. Seine Freunde sind auch unsere Freunde.“

„Kamil hat zu Ihnen über mich gesprochen?“

„Ja, denn er liebt sie wirklich von Herzen.“

Nachdenklich schaute Morana auf ihre verschränkten Hände und sagte leise, mehr zu sich selbst, „ich weiß nicht. Die letzten drei Jahre habe ich mit meinen Fehlgeburten seine Geduld sehr strapaziert.“

„Das war doch nicht Ihre Schuld. Wenn die Umbauten fertig sind und Sie sich hier eingelebt haben, dann klappt es sicher mit einer erneuten Schwangerschaft.“

„Ich hoffe sehr, dass Sie Recht behalten“, gab Morana mit einem tiefen Stoßseufzer zur Antwort.

 

 

Vierzehn Tage später war Morana nicht mehr wieder zu erkennen. Sie hatte sich von den Strapazen der Fehlgeburt sehr gut erholt. Gerade lachte sie über eine Geschichte, die Eva zum Besten gab. „Und du hast diesen Rodrigo tatsächlich rausgeworfen? Ich kann es fast nicht glauben. Du wirkst auf mich so freundlich.“

„Ja, aber da täuschen sich viele. Wenn mich jemand so beleidigt, wie es dieser Rodrigo getan hat, dann werde ich zur Furie“, gab Eva zur Antwort und fiel in das Lachen der Araberin mit ein.

„Morana was hältst du von einem kleinen Ausflug?“

„Gerne, wohin?“

„Nun zum Beispiel könnten wir das umgebaute Haus besichtigen.“

Morana schlug vor Begeisterung in die Hände, „das würde mich sehr freuen. Ich kann es kaum erwarten, dort mein Domizil aufzuschlagen. Eva bitte verstehe mich nicht falsch, ich fühle mich hier bei euch sehr wohl, aber…“

„Ich bin dir doch nicht böse. Jeder Mensch braucht einen Rückzugsort. Ich bin da nicht anders. Was glaubst du wie groß meine Freude war, als ich hier einziehen konnte. Alejandro war nicht gerade begeistert, als ich das Haus kaufte. Er wollte immer, dass ich zu ihm ziehe. Ich habe meinen Willen durchgesetzt und heute ist er ganz froh darüber.“

Morana nickte, „ja, Kamil hat mir schon erzählt, dass du sehr selbstbewusst bist. Ich könnte das nicht.“

„Morana, es würde deinem Ansehen nicht schaden, wenn du auch mal „nein“ sagst.“

„Ach und wie würde Kamil darauf reagieren? Sicher nicht gut.“

„Nein meine Liebe. Dein Mann würde es schätzen. Er hat sich schon lange von den starren Gepflogenheiten gelöst. Probiere es doch einmal aus. Sollte er böse auf ein Widerwort von dir reagieren, dann schiebst du die Schuld einfach auf mich.“

Morana umarmte Eva überschwänglich, „du bist einfach die Beste. Ich hoffe deine Freundschaft bleibt mir erhalten, auch wenn ich nicht mehr hier wohne.“

„Da kannst du sicher sein. Du bist genauso wie dein Mann Kamil in meinem Herzen. Freundschaft muss man sich verdienen und du hast dir meine Freundschaft mehr als verdient.“

Eine Stunde später betraten sie Alejandros ehemaliges Heim. Das Haus hatte sich sehr verändert. Die großzügige Eingangshalle war geblieben, genau so der Treppenaufgang. Die Wände aber, waren mit wundervollen Seidentapeten ausgestattet.

Langsam gingen sie von einem Raum in den anderen. Im Erdgeschoß befand sich die Küche, ein großes Esszimmer, an das sich ein sehr großes Wohnzimmer anschloss. Am Ende des Flures befand sich Kamils modernes, sehr teuer eingerichtetes Büro.

„Ich finde das Speise- und Wohnzimmer etwas überladen, außer Kamils Büro, das gefällt mir. Morana seufzte, „ich wollte es auch etwas europäischer.“

„Warum änderst du dann nichts daran?“

„Das hat Kamil so befohlen. Ich kann doch seine Wünsche nicht einfach ignorieren.“

„Ach ja? Und was ist mit deinen Wünschen?“

Morana zuckte mit den Schultern und betrat die geräumige Küche. Eva hörte einen Schrei und eilte Morana nach.

„Hast du dich verletzt?“

„Nein, nein, Eva schau dir die Küche an, das musst du gesehen haben. So modern würden mir auch die anderen Räume gefallen.“

Eva blieb überrascht auf der Schwelle stehen, „wow, das nenne ich High Tech. Der Küchenblock ist das Neueste was es auf dem Markt gibt, genauso all die anderen Geräte. Hier macht das Kochen Spaß. Komm lasse uns nach oben gehen.“

Alle Räume im Obergeschoß waren nach alter arabischer Tradition eingerichtet. Eva lachte plötzlich, „was hat sich Kamil dabei gedacht? Die Einrichtung ist ja an Kitsch nicht zu überbieten. Tradition ja, aber doch nicht Prinzessinnenräume aus 1001 Nacht. Ist euer Palast auch so…“

Morana schaute sich unglücklich um und seufzte, „nein, der Palast wird alle zwei Jahre auf den neuesten Stand gebracht. Ich kann kaum glauben, dass Kamil das in Auftrag gegeben hat. Das sieht mir eher nach Asifa aus.“

„Wie sollte das gehen? Sie hat doch gar keinen Einfluss auf die Innenarchitektur.“

„Ich weiß es nicht. Aber Asifa traue ich mittlerweile jede Gemeinheit zu.“

„Morana, lass uns gehen, bevor wir uns noch in einer Glasflasche wieder finden“, lachte Eva.

„Eva, geh schon vor, ich will mich noch ein wenig umsehen.“

„Gut, aber komme nicht zu spät zum Essen“, rief Eva und lief leichtfüßig die Treppe nach unten.

Asifa

Kaum war Eva zu Hause, läutete es Sturm. Mit einem, „was soll denn der Lärm“, öffnete sie die Türe und schaute erstaunt auf die zwei Personen, die sie wütend musterten.

„Wo ist Morana!“

Eva schaute die vor ihr stehende schwarzhaarige Schönheit erstaunt an. Das muss Asifa sein, dachte sie.

„Mit wem habe ich das Vergnügen?“

„Ich werde Dir gleich eins mit der Peitsche überziehen, du unverschämte Dienerin. Empfängt man so hohe Gäste?“

„Moment mal, so geht…“

„Geh zur Seite, du ungläubiges Stück. Ali gehe und hole sofort Morana“, fiel ihr die Frau ins Wort.

Als sich der große, dunkelhäutige Mann an Eva vorbeidrängen wollte, versperrte Eva ihm den Weg. Sie holte ihr Handy aus der Jackentasche und rief Gabriella an.

„Du glaubst nicht, wer gerade mit Gewalt Einlass verlangt“, rief sie wütend auf Spanisch.

Als Gabriella hörte, was sich vor Evas Haustüre abspielte, war sie empört. „Ich bin sofort bei dir. Ich werde auch Ramon Bescheid geben. Dieser Furie bringen wir das Fürchten bei.“

Mittlerweile aber, brachten sie Eva zum Fürchten. Die Araberin holte aus und ehe Eva reagieren konnte, verpasste sie ihr eine schallende Ohrfeige. „Und jetzt gehe aus dem Weg  du freches Stück Dreck. In meiner Heimat würde ich dir für diese Frechheit zehn Peitschenhiebe verabreichen.“

„Ja und in meiner Heimat nennt man das Hausfriedensbruch und Körperverletzung“, gab Eva trocken in englischer Sprache zur Antwort und rieb sich ihre malträtierte Wange.

Ali schob die vermeintliche Dienerin zur Seite und begab sich auf die Suche nach der Scheicha.

 Asifa ging wütend in der Eingangshalle auf und ab. „Ali wo bleibst du! Das kann doch nicht so schwer sein, in diesem winzigen Häuschen eine Frau zu finden.“

„Von wegen winziges Häuschen“, rief Eva erbost, „wenn ihr nicht sofort aus meinem Haus verschwindet, rufe ich die Polizei!“

Die Araberin blieb vor der vermeintlichen Dienerin stehen, „du hast hier überhaupt nichts zu melden, oder ist es dir gestattet, den Mund so weit aufzureißen. Ich werde deinem Herrn den

Vorschlag unterbreiten, dass er dich für ein paar Tage an mich ausleiht. Bei mir lernst du Gehorsam und Unterwürfigkeit. Daran fehlt es bei dir.“

Eva setzte zu einer geharnischten Antwort an, als Morana in der offenen  Eingangstüre stand.

„Was ist denn hier los? Asifa was tust du auf Marines?“

Die Araberin drehte sich um, als sie Morana erkannte, veränderte sich ihr Gesicht schlagartig. „Meine Liebste Morana, ich bin entsetzt, dass du dich in einem so winzigen, armseligen Haus aufhalten musst. Ali sucht dich schon überall. Natürlich kommst du sofort mit uns, das ist kein Aufenthaltsort für Kamils erste Scheicha.“

Morana war mit wenigen Schritten bei Eva, „was ist geschehen, warum bist du so wütend.“
„Was geschehen ist, willst du wissen? Dieses Biest hat mir eine Ohrfeige gegeben. Ihr sauberer Diener sucht die oberen Räume nach dir ab und außerdem verlangt sie von meinem Herrn, dass er mich einige Tage an sie übergibt, um ihren Frust an mir auszulassen.“
„Von deinem Herrn?“, fragte Morana erstaunt. Sie drehte sich zu Asifa um. Ihre Augen funkelten die Zweitfrau voller Spott an. „Asifa heute hast du dir sehr geschadet. Wenn ich Kamil erzähle, was du hier im Hause seiner besten Freundin angestellt hast, wirst du dich die längste Zeit als Scheicha bezeichnen dürfen.“
„Was meinst du damit?“
„Asifa, wie dumm kann man sein, sich widerrechtlich Zugang zu einem völlig fremden Haus zu verschaffen, die Hausherrin zu schlagen und zu demütigen? Das wird Kamil nicht gefallen.“
Da beide Frauen Arabisch sprachen, konnte Eva nichts verstehen. Aber an Asifas angespannter Haltung konnte sie sich denken, was Morana zu ihr sagte.
„Sie ist keine Dienerin?“
„Nein ist sie nicht. Sie ist die Hausherrin, wie ich schon erwähnte, Kamils beste Freundin und…sie ist die einzige europäische Frau, mit der Kamil in Geschäftsverbindung steht.“
Asifas Gesichtsfarbe veränderte sich rapid. Der Schrecken fuhr ihr in die Glieder. Wie konnte ihr so ein Fehler unterlaufen. Sie hatte schon öfter von einer europäischen Ungläubigen gehört, die mit Kamil große Geschäfte tätigte und die in seinem Ansehen sehr weit oben stand.
„Morana, du wirst Kamil von diesem kleinen Zwischenfall nichts sagen. Solltest du es dennoch wagen, werde ich Kamil erzählen, dass du deine drei Kinder noch im Mutterleib getötet hast, weil du keine Kinder von ihm haben wolltest.“
„Ach und warum sollte ich…?“
„Morana, ich weiß aus sicherer Quelle, dass die Kinder nicht von Kamil waren.“
Morana war fassungslos über so viel Frechheit. „Asifa, nimm deinen Lieblingssklaven und geh, bevor ich die Inselpolizei rufe.“
„Ich erwarte dich in Kamils Haus meine liebe Morana. Überlege nicht zu lange. Ach übrigens dein zukünftiger Herr „Scheich Faisal hat sicher nicht so viel Verständnis für dich.“
„Was hat denn Faisal…“
Asifa unterbrach Morana voller Spott. „Faisal hat mich geschickt, damit ich alle Besitztümer von Kamil besuche. In der Zwischenzeit hat er Kamil abgesetzt. Nun hat unser geliebter Scheich Faisal das Sagen. Kamil gehört nichts mehr.“ Mit diesen Worten drehte sie sich triumphierend um, winkte Ali, der gerade die Treppe herunter kam und verließ hoch erhobenen Hauptes das Haus.
Morana stand zur Salzsäule erstarrt und schaute Asifa entsetzt nach.
Eva griff nach ihrem Arm, „Morana was ist los. Rede mit mir, was hat Asifa gesagt.“
„Eva…sie hat…, sie hat…“, stotterte Morana, dann fing sie an zu weinen. Eva zog sie in eine feste Umarmung.
„Komm, wir setzen uns auf die Terrasse, dann erzählst du mir alles.“
Widerstandslos ließ sich die Araberin ins Freie führen. Mit einem lauten Schluchzer ließ sie sich in den Gartenstuhl fallen. Eva wartete geduldig bis sich ihre Freundin etwas beruhigt hatte. Nach einiger Zeit, seufzte sie gequält auf, „ach Eva, es ist alles so traurig. Wenn es stimmt, was Asifa mir gerade erzählt hat, dann beginnt eine schlimme Zeit für uns alle. Jetzt wird mir auch klar, warum Faisal in den letzten Wochen vor meiner Abreise immer voller Spott zu mir gesagt hat, dass er sich schon freue, wenn ich endlich in seinen Armen liege.“
„Morana du glaubst doch Asifas bösartiges Gerede nicht. Kamil geht doch nie und nimmer in einer von Faisal aufgestellten Falle.“
„Und wenn doch?“
Eva schüttelte vehement den Kopf, „nein und nochmals nein. Hast du mir nicht erzählt, dass sein bester Geschäftspartner und Freund, Scheich Sadin al Asmari immer an seiner Seite ist?“
„Ja schon, aber wie sollen zwei Männer mit Faisal, Asifa und seinen Getreuen fertig werden? Du hast ja keine Ahnung was im Palast für Intrigen gesponnen werden.“

„Morana, ich glaube dieser Asifa nicht ein Wort.“

„Dein Wort in Allahs Ohr“, seufzte Morana und nahm dankend das angebotene Glas.
Mittlerweile erreichte Asifa mit ihrem Diener Ali, die renovierte Villa. Kaum hatte sie das Haus betreten, riss sie die Herrschaft an sich. Moranas gesamte Dienerschaft wurde zum Arbeiten in die Küche verbannt. Nur ihre eigenen Leute durften sich im Haus frei bewegen.
Davon ahnte Morana jedoch noch nichts.

Asifa rief Omari, Moranas persöhnlichen Diener zu sich. „Omari du fährst sofort zu der kleinen Hütte von dieser Ungläubigen und bringst Scheicha Morana hier her. Sollte dir das nicht gelingen, dann weißt du ja, was dir blüht. Zwanzig Peitschenhiebe sind dir dann gewiss.
Omar nickte dienstbeflissen und verließ die Villa. Omari war zwar Moranas engster Vertrauter, doch gegen Asifas Befehle konnte er nichts unternehmen.
Was für ein herrschsüchtiges Weib, dachte er wütend und trat das Gaspedal durch, dass der Wagen fast ins Schleudern kam.

Kein Frieden in Sicht

Als Morana sich von ihrer Freundin verabschiedete, läutete es. „wenn das wieder dieses Biest ist“, rief Eva aufgebracht, „dann kann sie was erleben!“

Omar starrte erschrocken in das wütende Gesicht einer Frau, die er schon des Öfteren in Scheich Kamils Begleitung gesehen hatte.

„Bitte verzeiht die Störung, aber ich suche die Scheicha Morana. Asifa hat mir aufgetragen, sie zu holen.“
„Omari, warum kommst du mich holen? Ich bin selber mit dem Wagen hier.“
„Scheicha Morana, Asifa hat mir befohlen, dich sofort in die Villa zu bringen. Solltest du nicht mitkommen, lässt sie mich auspeitschen.“
„Das sieht dieser Furie ähnlich“, rief Eva aufgebracht. „Lasse den Wagen hier stehen, wenn ich dich besuche, bringe ich ihn  zurück.“
„Ich danke dir und auch für deine Freundschaft. Komme Omari, lassen wir unsere Feindin nicht länger warten.“
Eva schaute dem sich entfernendem Auto nachdenklich nach. Die unterschwellige Angst in Moranas Stimme war ihr aufgefallen. „Hoffentlich läuft sie nicht in eine Falle“. Dieser Frau traute Eva mittlerweile jede Gemeinheit zu.
Wie Recht Eva mit ihrer Befürchtung hatte, erfuhr Morana sofort, als sie die Villa betrat.
 „Na meine Liebe, auch schon da“, rief Asifa hämisch aus, als sie ihre Widersacherin sah.
„Ali begleite die Scheicha in ihre Räume. Du bist verantwortlich, dass sie die Zimmer nicht mehr verlässt. Bis zum Eintreffen von Scheich Faisal hat sie Zimmerarrest.“
Morana schüttelte den Kopf, „Asifa geht es dir noch gut? Das ist mein Haus und du hast hier nichts zu sagen.“
„Das war dein Haus“, rief Asifa voller Spott. „Jetzt gehört es Scheich Faisal und du gehörst ihm genauso. Bald wird er hier eintreffen und dann meine Liebe, wird er dich reiten, als wärst du seine Stute. Ich kann kaum erwarten, dich in seinen Armen zu sehen.“
„Das glaubst auch nur du“, rief Morana aufgebracht, „nie und nimmer werde ich das Bett mit Faisal teilen. Der einzige Mann mit dem ich schlafe, ist Scheich Kamil und sonst niemand.“
„Da unterliegst du einem Irrtum“, sagte Asifa hämisch. „Nicht nur dass Faisal mit dir schläft, ich werde es auch filmen und dieses Filmchen werden wir Kamil ins Gefängnis schicken. Dann erst ist Faisals und meine Rache vollkommen. Los, geh endlich, oder soll Ali ein wenig nachhelfen.“
Morana wandte sich der Treppe zu. Ihre Miene blieb ausdruckslos. Die Angst die sie empfand, sollte ausgerechnet Asifa nicht sehen. Hocherhobenen Hauptes schritt sie die Treppe nach oben. Ali, Asifas Lieblingsdiener folgte ihr wie ein Schatten.
In ihrem Zimmer angekommen, versuchte sie Kamil zu erreichen. Doch er meldete sich nicht und Moranas Angst nahm immer mehr zu. Sie befürchtete, dass Kamil sich in großen Schwierigkeiten befand. Sie ahnte nicht, dass Kamil gerade eine Menge Ärger mit Asifas Cousin Faisal hatte. Faisal, der sich bisher sehr gut um alle Belange Kamils gekümmert hatte, wollte nun selbst  Herrscher über den Palast, die Ländereien, das riesige Vermögen  und vor allem über alle Frauen werden. Besonders Asifa und Morana hatten es ihm angetan. Asifa hatte er bereits des Öfteren in seinem Bett gehabt. Morana eine sehr schöne Frau und Kamil treu ergeben,  wollte er um jeden Preis. Immer wieder hatte er sie mit falscher Freundlichkeit umworben, doch bei Morana hatte er kein Glück. Er war von dieser schönen Frau  geradezu besessen. Dass ausgerechnet ihm etwas vorbehalten wurde, ging nicht in seinen Kopf. In Gedanken spielte er das Szenario, wie er Morana in sein Bett bekam, immer wieder durch. Gerade diese für ihn so erfreulichen Gedanken, lenkten ihn von seinem Plan, Kamil gefangen zu nehmen, ab.
Als er sein protziges Büro betrat, sah er sich nicht seinen ihm ergebenden Dienern gegenüber, sondern Kamil höchst persönlich stand vor ihm.
„Mein lieber Cousin was treibt dich in mein Revier? Gibst du endlich auf und lässt dich gefangen nehmen? Ich wusste, dass du bald ganz alleine bist“, höhnte Faisal und ging siegessicher auf Kamil zu.
„Faisal, dass du dumm bist, wusste ich schon immer, aber dass du so überheblich, eingebildet und verrückt nach Macht bist, hätte ich nicht für möglich gehalten.“
Faisal griff nach Kamil, doch der Mann wich behände zur Seite aus. „Nein, Faisal hier ist dein Angriff zu Ende.“ Kamil hob die Hand und rief: „Männer, nehmt ihn fest und sperrt ihn ein.“
Ehe Faisal wusste wie ihm geschah, war er gefesselt. Hasserfüllt schaute er seinen Cousin an. „Ich bin noch nicht am Ende. Ich werde dich in die Knie zwingen, verlasse dich darauf und wenn ich deine heißgeliebte Morana in meinen Armen halte und sie heiß und innig liebe, schicke ich dir den dazugehörigen Film.“
Kamil drehte sich schweigend um und begutachtete die Papiere, die sich auf Faisals Schreibtisch türmten. Minutiös hatte Faisal den Putschversuch geplant.
Dank seiner vertrauenswürdigen Berater, Diener und Wachen wurde der Plan vereitelt.
Welch ein Glück, dass ich auf mein Bauchgefühl gehört habe und Morana von hier fortbrachte, dachte Kamil. Allerdings dachte er mit Sorge an den zu erwartenden Gerichtstermin. Er wusste nur zu gut, dass Faisals und Asifas großer Familienclan sicher einiges gegen ihn unternehmen würde.
 

Nach den aufregenden Wochen trat Ruhe ein, doch sie währte nur zwei Tage.
Im Palast Gefängnis arbeitete einer der zahlreichen Cousins von Faisal und dieser Mann verhalf dem Gefangenen zu fliehen.
Mit Kamils Privatjet flog er in den Süden Spaniens. Noch von unterwegs rief er Asifa an, damit sie ihn vom Festland abholte.
Zufrieden lehnte sich Faisal in seinem Sitz zurück und betätigte den Sicherheitsgurt. Endlich kam er seinem Ziel näher, er war auf dem Weg zu seiner Traumfrau…, Morana.
Asifa, die gerade damit beschäftigt war, Morana mit hämischen Worten zu beleidigen, zog wütend ihr Handy aus der Tasche, das permanent klingelte.
Unfreundlich nahm sie den Anruf entgegen, doch als sie die Stimme Faisals hörte, veränderte sich ihr Gesicht.
„Faisal, welch eine Freude deine Stimme zu hören. Wenn dein Flugzeug landet, erwarte ich dich. Ich werde dich mit dem Heli abholen. Kamil hat ihn in weiser Voraussicht  unweit der Villa auf einem extra dafür angelegten Landeplatz abgestellt. Ach ja, Morana kann es kaum erwarten, dich zu begrüßen.“ Asifa beendete das Gespräch, steckte das Handy in ihre Tasche und drehte sich zu ihrer verhassten Rivalin um und brach in höhnisches Gelächter aus. „So meine Liebe, jetzt musst du mich entschuldigen. Faisal landet in zwei Stunden. Ich werde ihn mit dem Helikopter abholen. Jetzt beginnt eine andere Zeit für dich. Nicht nur, dass du den Status der ersten Scheicha verlierst, nein du wirst Faisals zweite oder dritte Ehefrau und unterstehst in Zukunft  auch mir.“ Ein Lied vor sich hin summend, verließ sie Morana.
Seufzend wählte Morana Evas Nummer.
„Morana, was ist geschehen!  Geht es dir gut! Soll ich zu dir kommen?“
Die Araberin schluchzte gequält auf, dann unterrichtete sie ihre Freundin über die neuesten Geschehnisse.
„Morana, du glaubst doch nicht, dass Faisal dich mit Gewalt nehmen würde?“
„Doch, das glaube ich nicht nur, sondern bin mir sicher. Asifa hat mir voller Häme erzählt, dass sie alles filmen wird, um es dann an Kamil zu schicken. Ach Eva, ich befürchte, dass Kamil überwältigt wurde. Faisals Putschversuch ist wohl ein voller Erfolg. Warum wäre er sonst auf dem Weg hier her?“
„Morana, halte durch. Ich komme mit Verstärkung und wir holen dich da raus. Keine Sorge. So und jetzt muss ich telefonieren. Wir sehen uns bald.“
„Ach Eva“, murmelte die Araberin verzweifelt, „was kannst du schon gegen diese Übermacht ausrichten.“
Da täuschte sie sich allerdings. Eva überlegte nicht lange.  Als erstes rief sie Gabriella an und schilderte, in welcher Gefahr sich ihre Freundin befand.
„Eva, du rufst Susi an und ich werde Josefina anrufen. Wir treffen uns in zwanzig Minuten bei dir.“
Gesagt, getan. Zehn Minuten später traf Susi mit ihrer kleinen Tochter bei Eva ein. Minuten später hielt Gabriellas Wagen vor Evas Haus. Sie hatte Josefina gleich mitgebracht.
„Wollt ihr etwas trinken?“
„Eva, wir haben keine Zeit“, begehrte Susi auf. „Wenn dieser Faisal vor uns in der Villa eintrifft, ist Morana verloren. Kann ich mein Prinzesschen bei dir lassen?“
„Natürlich, das weißt du doch. Bei uns ist sie gut aufgehoben. Wie gehen wir vor?“
Gabriella schaute ihre Freundinnen an und meinte überlegend, „wir fahren mit einem Wagen zur Villa. Wie kommen wir aber an den Wachen am Tor vorbei?“
„Dafür sorge ich. Wenn es nicht anders geht, dann eben mit Gewalt“, meldete sich Susi zu Wort und hielt einen Revolver hoch.
Josefina konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. „Na dann sind wir ja gut gerüstet. Kommt endlich, oder sollen wir zu spät in der Villa eintreffen.“
„Gut gehen wir“, sagte Eva und fügte hinzu, „wir nehmen meinen Wagen. Ich fahre und du Susi, sitzt neben mir. Schließlich musst du ja den Weg für uns freimachen!“
„Oder schießen“, warf Josefina trocken ein und setzte hinzu, „hoffentlich schaffen wir das. Sollten wir nicht wenigstens Ramon und Walter Bescheid sagen? Nur zur Sicherheit, wenn es nicht so klappen sollte, wie wir uns das vorstellen.“
Gabriella nickte, „ich bin gerade dabei, Ramon anzurufen. Hola Ramon, ich… das heißt wir…, sind gerade auf dem Weg zur Villa.“
„Wer wir“, unterbrach Ramon Gabriellas Gestammel.
„Na ja, Susi, Eva, Josefina und ich. Wir müssen Morana aus den Klauen eines Scheichs retten.“
„Was soll denn der Blödsinn. Fahrt sofort wieder nach Hause“, rief er aufgebracht in den Hörer. Er stellte das Gespräch auf laut und winkte Walter zu sich.
„Glaubst du wirklich, wir fahren fröhlich nach Hause, während unsere Freundin vergewaltigt wird“, schrie Gabriella aufgebracht. „Wir fahren in die Villa! Ende und Aus!“
Susi drehte sich zu ihrer Freundin grinsend um, „da kommt einiges auf uns zu. Walter wird toben und dein Ramon nicht minder.“
Eva bremste vor dem großen Eisentor ab und brummte, „wir sind da. Susi jetzt bist du an der Reihe. Hoffentlich versteht der Kerl englisch.“
Susi nickte, stieg aus und ging furchtlos auf den riesigen Araber zu. Ihre Stimme klang herrisch als sie den Mann anfuhr, „öffne das Tor. Die Scheicha Asifa erwartet uns.“
„Davon weiß ich nichts“, entgegnete der Mann.
„Wie ist dein Name?“
„Warum willst du das wissen?“
„Damit ich mich bei Asifa über dich beschweren kann. Du weißt doch wie sehr sie es hasst, wenn Jemand zu spät kommt. Ich werde ihr sagen, dass du daran die Schuld trägst. Du kannst dir selbst ausmalen, was für eine Strafe dir dann blüht.“
Unsicher schaute der Wachmann, er hieß Abadi,  in Susis wütendes Gesicht. Wenn diese Ungläubige die Wahrheit sprach, konnte er mit mindestens zehn Peitschenhieben rechnen. Die Scheicha ließ sehr schnell ihre dreischwänzige Lederpeitsche sprechen.
Susi sah, wie der Mann mit sich kämpfte und setzte noch etwas drauf. „Rufe deine Herrin an und frage, ob du mit ihrem Befehl, uns das Tor zu öffnen, einverstanden bist.“
Der Wachmann verdrehte die Augen. Er drehte sich um, ging in sein Häuschen und leise schoben sich die beiden Tore auf.
Mit einem Ruck hielt Eva den Wagen vor der Freitreppe an. „Mädchen, aussteigen, wir sind in der Höhle des Feindes.  ich wünsche uns allen Glück.“
Die Eingangstüre wurde geöffnet und Eva wappnete sich schon, einem Diener von Asifa gegenüber zu stehen. Doch es war Omar, der mit unglücklichem Gesicht vor ihnen stand.
„Omar, wo ist Morana?“
„Oben in ihren Räumen.“
„Wer ist noch bei ihr?“
„Scheich Faisal und die Scheicha Asifa. Bitte helft meiner Herrin!“
„Omar, darum sind wir hier. Zeige uns ihr Zimmer.“
„Danke Scheicha Eva“, sagte er leise und lief die Treppe förmlich nach oben.
Susi konnte das Grinsen nicht unterdrücken. „Scheicha Eva. Anscheinend bist du aufgestiegen.“
„Lass den Spott Susi. Wenn ich Zeit hätte, wäre ich über dieses Kompliment sehr erfreut. Jetzt zählt erst einmal Moranas Rettung.“
Vor der Türe zu Moranas Räumen, wurden sie abrupt gestoppt. Ein arabischer Wachmann verstellte ihnen den Weg.
„Gehen Sie wieder nach unten in die Halle. Hier haben Sie nichts verloren.“
Der zweite Wächter, es war ausgerechnet Ali, schüttelte den Kopf: „Malek, lasse es gut sein.“
„Ali bist du verrückt oder lebensmüde. Was denkst du macht Scheich Faisal mit uns, wenn wir diese Ungläubigen durch lassen?“
„Malek gib den Weg frei. Sie sind die Einzigen die der Scheicha noch helfen können.“
„Nein, ich habe meine Befehle und an die halte ich mich.“
„Susi hielt dem erstaunten Mann eine Waffe unter die Nase. „Entweder du gehst zur Seite, oder ich streichle dein Knie mit meiner Waffe.“
„Nein…“
Ungerührt, senkte Susi die Waffe und schoss. Mit einem Aufschrei ging der Mann zu Boden.
Ali war mit zwei Schritten an der Türe und öffnete sie.
Der Anblick, der sich den Eintretenden bot, war erschreckend. Ein großer Araber kämpfte mit Morana. Seiner Kraft hatte sie nichts entgegen zu setzen. Den ungleichen Kampf auf dem Bett, musste sie unweigerlich verlieren. Asifa stand einige Meter entfernt mit dem Handy und filmte das Geschehen.
Mit einem lauten Schrei stürzte Eva nach vorne. Sie ergriff den Mann am Kragen und riss ihn mit ihrer ganzen Kraft zurück. Faisal war ein paar Sekunden so überrascht, dass er Morana los ließ und sich wütend befreite.
„Was soll denn das“, rief er aus und drehte den Kopf in Richtung des vermeintlichen Angreifers. Als er allerdings in die zornigen Augen einer Frau schaute, fing er an zu lachen.
„Wo kommst du denn plötzlich her. Ich wusste ja nicht, dass sich die Frauen auf Marines um mich schlagen.“
„Schlagen ist das richtige Wort“, schrie ihn Gabriella an und schlug ihn ins Gesicht. Faisals Gesicht verzog sich bösartig. Er gab Eva, die ihn immer noch am Hemd hielt, einen kräftigen Stoß, dass sie rückwärts taumelte und sich auf dem Boden wieder fand. Gabriella aber, packte er und presste sie an sich. „Keine Frau hat es jemals gewagt, mich zu schlagen und so eine kleine Puta schon gar nicht.“
Josefina hatte Asifa ins Visier genommen. Mit einer raschen Bewegung schlug sie der Araberin das Handy aus der Hand und verdrehte ihr den Arm, bis sie Schmerzgepeinigt aufschrie.
„Auf die Knie oder ich breche dir alle Finger einzeln“, zischte Josefina ihr ins Ohr. Wimmernd ging Asifa zu Boden. Susi wollte Gabriella zu Hilfe eilen, da zückte Faisal ein Messer und schrie, „verzieht euch oder ich steche diese kleine Schlampe ab.“
Susi starrte eine Sekunde auf die erhobene Hand, dann hob sie ebenfalls den Arm. „Ich würde dir raten das Messer fallen zu lassen. Solltest du meine Freundin töten, bist du ebenfalls tot.“
Faisal lachte hämisch. Er glaubte dass die junge Frau nur bluffte und das war ein sehr großer Fehler. Susi fixierte die erhobene Hand und schoss. Faisal stieß einen Schrei aus, als das Messer in hohem Bogen durch die Luft flog. Jetzt konnte sich Gabriella befreien. Sie drehte sich um und schlug dem Mann mit der Faust ins Gesicht. „So jetzt geht es mir besser.“
„Susi lege die Waffe weg“, ertönte eine harte Stimme von der Türe her.
Sie schüttelte den Kopf und zielte weiterhin auf den Araber, der von Susis Schuss und Gabriellas Haken etwas benommen war.
„Kann mir mal jemand Handschellen geben? Ich kann diese Furie nicht ewig festhalten.“
Eloy und Paul kümmerten sich um den verletzten Faisal, während Ramon zu Josefina trat.
Kopfschüttelnd half er Asifa aufzustehen. „Was hattet ihr euch dabei nur gedacht?“
Josefina schaute Ramon empört an. „Sollten wir vielleicht zusehen, wie diese zwei Monster unsere Freundin vergewaltigen?“
Walter hatte seine Frau erreicht und nahm ihr die Waffe ab. „Bist du von Sinnen? Wie kannst du auf einen Menschen schießen!“
„Das ist kein Mensch, sondern ein Ungeheuer“, stieß Susi aus. „Oder wie würdest du das nennen?“
„Ich sehe nur, dass ihr euch widerrechtlich Zugang in ein Haus verschafft habt. Das wird Konsequenzen haben, meine Liebe“.
Susi schaute ihren Mann an, als hätte er plötzlich Hörner bekommen. „Sag mal, bist du noch ganz bei Sinnen? Ach, ihr hättet wohl gerne zugeschaut, wenn dieses Monstrum Morana vergewaltigt hätte. Vielleicht hättet ihr so lange gewartet, bis Asifa mit filmen fertig geworden wäre. Du meine Güte, was seid ihr nur für Männer.“
„Susi, höre auf, es reicht.“
Sie riss sich los und zischte, „rühre mich nicht an. Überlege dir lieber, ob es dir gefallen hätte, wenn ich das Opfer gewesen wäre.“
Eine Hand legte sich auf Walters Arm. Als er sich umdrehte, stand Morana vor ihm. „Walter, ich weiß nicht wie ich euch danken soll. Ihr habt mir das Leben gerettet.“
„Morana, was ist hier eigentlich los? Meine Frau stammelt immer etwas von einer Vergewaltigung.“
„Ja, das stimmt. Faisal wollte mich mit Gewalt zu seiner Scheicha machen, um meinen Mann Kamil zu demütigen. Ich rief Eva zu Hilfe. Ich habe nicht geglaubt, dass ihnen das Unmögliche gelingen würde.“

Ramon, der Moranas Worte gehört hatte, stieß einen lauten Pfiff aus und sofort schwiegen alle. „Hört zu, Asifa und Faisal sind verhaftet. Eloy, Paul, ihr bringt die beiden nach unten. Wenn Morana Anzeige erstattet, nehmen wir das saubere Pärchen mit.“ Er drehte sich zu dem Araber, der spöttisch lachte, „ach was für eine tolle Inselpolizei. Ihr wisst nicht, mit wem ihr euch angelegt habt. In spätesten zwei Stunden bin ich wieder frei. Ihr könnt euch ja inzwischen mit Asifa amüsieren. Sie liebt alle Männer.“

Asifa brachte kein Wort über die Lippen. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass Faisal sie nur benützt hatte. Ramon schaute den überheblichen Araber an, „du hast einen Denkfehler begangen. Du hast meine Frau mit einem Messer bedroht, dafür wirst du mit lebenslänglich belohnt. Ihr unterliegt hier nicht arabischen Gesetzen, sondern unseren.“

Das freche Grinsen in Faisals Gesicht verrutschte ein wenig. „Deine Frau hat mich angegriffen, ich habe mich nur gewehrt.“

Ramon schaute ihn voller Spott an, „ein kräftiger Mann wie du, kann sich nur mit einem Messer gegen eine Frau wehren, die einen ganzen Kopf kleiner ist als du?“ Der Kommodore drehte sich abfällig von dem Araber weg.



 

Der letzte Flug

 Zehn Minuten später versammelten sich alle Bewohner der Villa vor dem Haus. Morana hatte sich wieder gefasst und rief ihren persönlichen Berater zu sich. „Omari, sorge dafür, dass alle Bediensteten sich in zwei Gruppen aufteilen. Meine mir treu ergebenen Angestellten und die Gruppe, die auf Asifas Seite stehen.“

Omari atmete erleichtert auf. Endlich konnte er gegen Asifas Leute vorgehen. Die Gruppe um Morana wurde immer größer. Plötzlich besannen sie sich, dass sie alle immer auf Scheicha  Moranas Seite gestanden hatten. Ihre Herrin hatte ein weiches Herz und sie würde sie sicher verschonen.

Omari deutete eine leichte Verbeugung an, „Scheicha Morana, die Leute haben sich in zwei Gruppen aufgestellt.“

„Gut, ich werde sie mir gleich ansehen. Zuerst muss geklärt werden, wie es mit Faisal und Asifa weitergeht.“
  „Scheicha Morana, darf ich Ihnen einen Vorschlag unterbreiten?“
  Erstaunt drehte sie sich zu dem Sprecher um, „Ali, was willst du von mir? Stelle dich zu deinen Freunden. Geh mir aus dem Weg.“
  „Bitte, ich habe in der Vergangenheit sehr viel falsch gemacht und möchte wieder etwas gut machen. Ich musste Asifas Befehle befolgen, wenn ich es nicht tat, ließ sie mich auspeitschen.“
  Omari verzog den Mund zu einem spöttischen Grinsen, „Ali, das glaubt dir jetzt niemand mehr. Du willst dich nur auf die sichere Seite schlagen.“
  Ali schüttelte verneinend den Kopf, drehte sich um und entblößte seinen Rücken. Eva, die zu Morana trat, stieß einen erschrockenen Laut aus. Alis Rücken war mit vernarbten  und neuen halbverheilten Striemen übersät.
  „Bei Allah“, rief Omari aus, „wer hat dir das angetan?“
  Morana wusste, dass Asifa sehr schnell mit der Peitsche  zur Hand war, doch so viele Verletzungen hatte sie lange nicht mehr gesehen.
  Eva war noch immer fassungslos, „Morana, ich verstehe das nicht. Seid ihr im Mittelalter stehen geblieben?“
  „Nein Eva, es ist schon lange nicht mehr üblich Bedienstete so drastisch zu bestrafen, aber Asifa hatte perverse Freude daran.“ Sie schaute Ali an und fragte: „Was möchtest du von mir?“
  „Ich bitte Sie, mir dieses eine Mal zu vertrauen.“ Als Morana zögernd nickte, fuhr er fort, „sagen Sie den Señores, dass es sicherer wäre, wenn wir die beiden Gefangenen zum Festland fliegen  würden. Ein Polizeifahrzeug könnte uns am Flughafen erwarten und die Beiden in Gewahrsam nehmen. Hier auf Marines ist es nicht sicher.“
  Eva nickte, “Morana, da muss ich Ali ausnahmsweise recht geben. Aber wer würde sie begleiten, doch sicher nicht einer von Faisals Freunden.“
  „Nein, ich würde mitfliegen.“
  Omari lachte laut los. „Ali das hast du dir sehr schön ausgedacht. Der Heli würde sicher überall landen, nur nicht auf dem Flughafengelände.“
  „Scheicha Morana, es könnte doch ein Beamter der Inselpolizei mitfliegen. Außerdem sind die Beiden gefesselt und können nichts anstellen. Der Pilot ist auch auf Ihrer Seite. Ich verbürge mich mit meinem Leben, dass Scheich Faisal und seine Freundin der gerechten Strafe zugeführt werden.“
  Morana schaute Ali ernst an, „kann ich mich auf dein Wort überhaupt noch verlassen?“
  Ali nickte, „ich versichere Ihnen, es wird sich alles zum Guten wenden.“
  Eva winkte Gabriella, die sich gerade mit Ramon und Walter unterhielt. Sie erklärte ihrer Freundin Alis Vorschlag.
  „Ich weiß nicht recht, ob das eine gute Idee ist. Vielleicht will sich Ali mit Faisal und Asifa absetzen.“
  „Nein, ich habe seine Verletzungen gesehen. Ich glaube ihm.“
  „Aha, und ich soll jetzt Ramon und Walter davon überzeugen, dass es das Beste ist. In einem Punkt muss ich dir zustimmen. Faisals Freunde würden mit Sicherheit das Gefängnis stürmen.“
  „Siehst du, das denke ich auch“, rief Eva.                      
  Ramon kam misstrauisch näher. Wenn seine Frau mit einer ihrer Freundinnen die Köpfe zusammensteckten, brüteten sie etwas aus. „Na ihr zwei, über was redet ihr gerade?“
  Gabriella atmete tief durch, dann unterbreitete sie ihrem Mann Alis Geschichte.
  „Meine Liebe, seit wann bist du so vertrauensselig. Diesem Ali kann man doch kein Wort glauben. Er will sich sicher mit den beiden aus dem Staub machen, oder besser formuliert, mit ihnen abhauen.“
  Eva schüttelte vehement den Kopf, „das glaube ich nicht. Ich habe seinen Rücken gesehen. Einfach entsetzlich. Ich denke, es bereitet ihm Genugtuung, wenn er seine Peiniger persönlich der Polizei übergeben kann.“ Ramon beratschlagte sich mit Walter und sie kamen überein, dass es tatsächlich für alle Inselbewohner sicherer war, die beiden Gefangenen auf das Festland zu bringen. Ali ließ es sich nicht nehmen, die kleine Gruppe zum Heli zu begleiten.
  Ramon winkte Paul zu sich, „du wirst die Gefangenen begleiten. Walter telefoniert bereits mit der Polizeistation. Sie werden am Helikopter Landeplatz auf euch warten.“
  Paul nickte, ließ Faisal und Asifa einsteigen und überzeugte sich, dass beide noch immer die Handschellen trugen. Ali ging um den Heli herum, stieg ein und machte sich an den Knöpfen und Hebeln zu schaffen.
  Paul, ließ sich in den Sitz neben Ali fallen und fluchte leise vor sich hin. Als die Rotoren anfingen sich zu drehen, schaute er zur Seite, „he, du bist doch nicht der Pilot. Steig aus.“
  „Ich lasse ihn nur warmlaufen, bis Rasim kommt.“
  „Kennst du dich damit aus?“
  „Fliegen kann ich dieses Ungetüm nicht“, lachte Ali. „Meine Scheicha winkt dir zu. Sie will dir noch etwas mitgeben. Du kannst beruhigt aussteigen und zu ihr gehen. Rasim ist noch nicht hier und er wird mit Sicherheit nicht ohne dich abfliegen.“
  Paul, der Ali nicht kannte, wurde nicht Misstrauisch. Er stieg aus und ging zu den Wartenden. Ali verschloss die Türen und der Heli hob langsam vom Boden ab. Immer schneller stieg er in die Höhe.
  „Ali du Teufelskerl“, schrie Faisal und Asifa fügte grinsend hinzu“, ich wusste, dass du dir etwas einfallen lassen würdest.“ Ali schwieg. Konzentriert schaute er auf das Meer unter sich, dann murmelte er, „das ist hoch genug.“
  Faisal bemerkte als Erster den Stillstand. „Ali, was ist los, warum fliegst du nicht weiter. Du vergeudest nur Sprit. Los mach schon, stell dich nicht so blöd an.“
  Ali drehte sich zu den beiden Insassen um und lächelte, „hier ist die Reise zu Ende. Ihr habt so viel Leid über andere gebracht, damit ist jetzt Schluss.“
  Asifa schaute ihren Diener wütend an, „Ali du fliegst sofort weiter, das ist ein Befehl, du möchtest wohl mit meiner Peitsche wieder einmal ein Stelldichein!“
  „Dafür hast du keine Zeit mehr Asifa.“
  „Ich habe dir nicht erlaubt mich zu duzen. Das wird ein Nachspiel haben.“
  „Ja, vielleicht treffen wir uns im Jenseits, was ich nicht  hoffe.
  Faisal wurde blass, „Ali was hast du vor?“
  „Ich will unserer Scheicha Morana endlich wieder Frieden bringen. In einer Minute wird von uns nichts mehr übrig bleiben, dann explodiert die Bombe, die ich eingebaut habe.“
  „Nein“, schrie Asifa panisch, „ich befehle dir…“
  „Du befiehlst mir nichts mehr! Nie wieder“, unterbrach Ali das Gekreische der Frau, die ihn Jahrelang gequält, misshandelt und gedemütigt hatte.
  Sie sahen die Stichflamme, dann hüllte die Dunkelheit sie ein. Von der Explosion bekamen sie nichts mehr mit, da waren sie bereits tot.

Walter fluchte und das in einer Lautstärke, die man in den hintersten Winkel des Vorplatzes hören konnte. „Paul du Riesenross, wie konntest du noch einmal aussteigen.
  „Walter, Ali sagte doch, dass er den Heli nicht fliegen kann. Er schaute immer noch fassungslos in den Himmel.
  „Ich habe ihm einmal vertraut und es war falsch“, murmelte Morana.
  Eloy schaute mit einem Fernglas dem immer kleiner werdenden Heli nach. „Er bleibt stehen, rief er, er fliegt nicht mehr weiter.“ Alle Augen richteten sich auf den kleinen Punkt, der weit draußen auf dem Meer in einer Höhe von ca. 1000 Meter bewegungslos in der Luft stand. Plötzlich konnte man eine Stichflamme sehen, die  zu einem großen Feuerball wurde. Nach allen Seiten flogen große und kleine Trümmer davon und fielen brennend hinunter auf das Meer. Ali hatte den Helikopter zur Explosion gebracht.
  Die Menschen auf dem Vorplatz schauten noch immer fassungslos in den Himmel, als von dem Helikopter schon nichts mehr zu sehen war.
  Eva legte einen Arm um Moranas Schultern, „Ali hat einmal das Richtige getan. Er wollte die Dinge geraderücken und das ist ihm wirklich gelungen. Morana es war kein Fehler ihm zu vertrauen.“
  Die Araberin nickte unglücklich. „Trotzdem, er hätte sich doch nicht für mich opfern müssen.“
  Susi, die Moranas Worte hörte, trat zu ihr, „ich finde Ali hat das einzig Richtige getan. Jetzt hast du endlich Ruhe vor diesen beiden…“
  „Susi, man wünscht niemandem den Tod“, unterbrach Walter schroff ihre Worte.
  „Du bist ganz still. Von dir will ich gar nichts mehr hören“, ereiferte sich seine Frau und drehte ihm demonstrativ den Rücken zu. „Morana, wie geht es jetzt weiter? Es sind noch genügend Anhänger von Asifa hier. Die werden dir das Leben nicht gerade erleichtern.“
  „Du hast recht Susi und ich weiß auch schon was ich tun muss. "Omari, haben sich alle Bedienstete in zwei Gruppen aufgestellt? Asifa und Faisals Anhänger auf der einen Seite, die Anderen, die mir weiterhin treu dienen wollen, auf der anderen Seite.“
  Omari nickte und trat zu den arabischen Männern und Frauen. Seine Stimme klang laut und autoritär über den Platz. Nach anfänglichem Gemurmel, teilten sich die Menschen auf. Omari überprüfte die Leute, die auf Moranas Seite standen, sehr genau.
  „Malek, was willst du hier. Du stehst falsch. Gehe zu deinen Faisal Freunden.“
  „Nein, ich möchte der Scheicha dienen.“
  „Ach so plötzlich? Warst du nicht der Wächter vor der Tür zu Scheicha Moranas Räumen? Geh, verschwinde, ich denke, dass dir die Scheicha diesen Vertrauensbruch nicht verzeihen wird.“
  „Ich habe doch nur Befehle befolgt“, murmelte er und ging mit gesenktem Kopf zur anderen Gruppe. Omari blieb unnachgiebig. Er holte noch eine Frau und drei Männer aus Moranas Gruppe und schickte sie zu Asifas und Faisals Leuten.
  Morana trat hoch erhobenen Hauptes zu den 15 Personen und schaute sie ernst an. „Ihr seid in meinem Hause nicht mehr willkommen. Ab dieser Minute seid ihr aus meinem Dienst entlassen. Geht in eure Unterkünfte, packt eure Sachen und verlasst das Grundstück. Wie ihr in eure Heimat kommt, interessiert mich nicht. Wer sich nach einer Stunde noch hier aufhält, muss damit rechnen, dass auf ihn geschossen wird.“
  „Aber warum denn, wir haben unsere Arbeit gut gemacht“, rief eine kleine Araberin empört aus.
  Omari, der sich neben Morana gestellt hatte, hob den Arm und rief: „Ihr solltet packen, die Stunde ist bald um, dann werdet ihr als Einbrecher behandelt.“
  „Das wird Scheich Kamil nicht recht sein. Schließlich sind wir ihm Rechenschaft schuldig und nicht der Scheicha.“
  Morana, die sich schon abgewandt hatte, blieb stehen und drehte sich zu dem Sprecher um. Ihre Augen sprühten vor Zorn und ihre Stimme klang eisig, „Nabil, was fällt dir ein. Hier habe ich das Hausrecht und wenn ich sage, dass ihr von hier verschwinden sollt, dann ist es so. Ich werde Scheich Kamil nicht nur von euren Unverschämtheiten berichten, sondern auch besonders von euren Gemeinheiten. Nabil, du hast dich besonders hervorgetan. Ihr werdet im Palast keinen Platz und keine Aufgaben mehr bekommen, dafür sorge ich höchstpersönlich.“
  Nabil öffnete den Mund, um zu widersprechen, da zog ihn Malek mit sich. „Du bist so ein Idiot. Die Scheicha sitzt im Moment am längeren Hebel. Willst du uns das gute Leben im Palast ganz versauen? Lass uns erst einmal nach Hause fliegen, dann sehen wir weiter. Scheich Kamil wird uns nicht einfach so vor die Türe setzen. Das glaube ich nicht.“
  „Wenn du meinst? Aber das werde ich dieser Hure heimzahlen. Mich macht die nicht so an.“
  Plötzlich fühlte er sich am Kragen gepackt und herumgerissen. Erschrocken schaute er in die zornig funkelnden Augen eines Arabers. „Wie hast du die Scheicha eben genannt?“
  „Idris mache nicht so einen Aufstand. Ich habe doch re…“ Weiter kam er nicht, denn Idris, ein sehr treuer Anhänger von Scheicha Morana, schlug ihm die Faust mit aller Kraft ins Gesicht. „Darauf habe ich mich die ganze Zeit schon gefreut“, zischte er und gab Nabil einen Stoß, dass er in hohem Bogen einige Meter weg geschleudert wurde und ziemlich unsanft auf dem Boden landete.

„Spinnst du“?

„Nein aber du. Unsere Scheicha war immer gut zu uns. Nicht so bösartig wie Scheicha Asifa. Ich werde nicht dulden, dass du diese Frau in den Dreck ziehst. Flieg nach Hause und hoffe, dass Scheich Kamil dir noch Arbeit gibt.“

„Idris, der Blöde bist du. Du wirst schon noch sehen, was du mit deiner ach so tollen Treue für die Scheicha hast“, schrie Nabil und ließ sich von seinem Freund Malek auf die Füße helfen.

„Idris, du hast recht. Ich werde dafür sorgen, dass Nabil im Palast nicht mehr willkommen ist“, sagte eine Stimme. Nabil drehte sich erschrocken um und schaute in das wütende Gesicht der Scheicha. „Packt eure Sachen und verschwindet endlich von meinem Grund und Boden.“ Morana drehte sich endgültig um und ging auf den Eingang ihres Hauses zu.
Am nächsten Tag gab Morana ihrem Vertrauten, Sekretär und Haushofmeister Omari, den Auftrag in Marines Flyer für Arbeitsangebote auszuhängen.

Freiheit für Sara

 Sara ist ein fast achtzehnjähriges hübsches  Mädchen. Sie liebt ihre Mutter Alba abgöttisch, dafür fürchtet sie ihren Vater Sergio umso mehr. Der Spanier ist, seit er aus der Fischereigenossenschaft  wegen Trunkenheit rausgeflogen ist, öfter blau als nüchtern.

Wieder einmal kommt er mit Schlagseite nach Hause und schreit nach seiner Frau: „ du faules Stück, wo bist du schon wieder. Warum steht mein Essen nicht auf dem Tisch!“
Alba kam seufzend aus der Küche, „Sergio warum schreist du so. Ich konnte doch nicht wissen, wann du nach Hause kommst. Setz dich, ich bringe dir dein Essen gleich.“
„Gleich“, brüllte er. „Was heißt hier gleich? Ich will mein Essen auf der Stelle, du faules nichtsnutziges Stück Dreck!“
Alba schwieg und drehte sich um, um in der Küche das verlangte Essen zu holen. Was hätte sie auf diese Beleidigung auch sagen sollen. Es wiederholte sich doch jeden Tag. Gab sie ihm Widerworte, schlug er zu, also schwieg sie lieber.
Doch heute hob er die Faust und schlug mit aller Kraft auf ihren Rücken. Mit einem lauten Schmerzensschrei fiel sie zu Boden.
„Ich werde dir zeigen wer hier der Herr im Haus ist“, schrie er und stieß mit dem Fuß zu.
„Hör auf, höre sofort auf, du bringst Mama um“, schrie Sara und klammerte sich an den Bärenstarken Mann.
„Du wagst es mich davon abzuhalten, deiner faulen Mutter eine Ohrfeige zu geben? Was glaubst du wer du bist?“
Er schüttelte seine Tochter wie ein Insekt von seinem Arm und schlug nun auf Sara ein.
„Es wird Zeit, dass du einen Ehemann bekommst, der dir zeigt wo es lang geht. Hector kommt sicher noch heute vorbei, dann feiern wir Verlobung. Solltest du dich immer noch dagegen sträuben, schlage ich dich so lange, bis du ja sagst. Bringe mir ein Bier, auf den Fraß deiner Mutter kann ich verzichten.“
Sara rannte in die Küche, um eine Flasche zu holen, dann half sie ihrer Mutter auf und stützte sie. Langsam und unter Schmerzen erklomm Alba die Treppe in den ersten Stock.
Weinend ließ sie sich auf das Bett fallen. Sara versuchte ihre Mutter zu trösten, doch es nützte nicht viel. Lange unterdrückte Tränen bahnten sich ihren Weg. Hilflos hielt sie ihre weinende Mutter im Arm. Ein Gedanke, aus purer Verzweiflung geboren, ließ das junge Mädchen nicht mehr los. „Mama, wir müssen weg. Jetzt sofort. Komm, lass uns ein paar Sachen packen.“
„Kind, wie sollen wir uns unbemerkt aus dem Haus schleichen und wo sollen wir denn hin? Wenn er uns erwischt, schlägt er uns noch mehr.“
„Dann darf er uns eben nicht erwischen“, murmelte Sara und stand auf.
Gemeinsam packten sie einige Kleidungsstücke in eine alte Reisetasche. Alba zitterte vor Angst, als sie lautlos zur Treppe schlichen.
Hector, Sergios bester Freund und Saufkumpan betrat das kleine Häuschen, „Sergio mein Freund, wo bist du. Ich habe eine Flasche hochprozentiges zur Feier des Tages mitgebracht. Komm lass uns anstoßen. Ich feiere nicht jeden Tag Verlobung“, grölte er und stellte eine Flasche Schnaps mit lautem Knall auf den Küchentisch.
„Jetzt können wir uns verdrücken, sie sind in der Küche“, flüsterte Sara.
Zehn bange Minuten später hatten sie das Haus verlassen. Im Laufschritt entfernten sie sich von dem kleinen Haus, von ihrem Heim und von den täglichen Schlägen ihres brutalen Ehemannes und Vaters.
Eine Stunde später hatten sie den Marktplatz erreicht. „Kind, wo sollen wir jetzt hin?“
„Mama das wird sich alles finden. Komm, wir setzen uns in die Gartenlaube. Eine gute Tasse Kaffee können wir wirklich gebrauchen.“
Sara steuerte einen kleinen, versteckt liegenden Tisch an. „So hier sehen uns die Leute nicht sofort. Eigentlich ist es eine Liebeslaube“, kicherte Sara und ließ ihre Tasche auf einen Stuhl fallen.
„Woher weißt du denn so etwas“, fragte Alba kopfschüttelnd und setzte sich erleichtert.
Ein junger Mann in Kellner Kleidung  näherte sich ihnen. „Hallo schöne Damen, was darf ich Ihnen bringen?“
Sara sah auf und fing an zu lachen. „Lucas, ich glaube es nicht. Seit wann arbeitest du hier?“
Jetzt erst erkannte er das Mädchen und fiel in ihr Lachen mit ein. „Die kleine Sara, wow, was bist du für eine hübsche junge Dame geworden. Man erkennt dich ja kaum noch.“
„Na du bist auch nicht gerade hässlich“, entgegnete sie mit einem Schmunzeln. „Lucas wir brauchen erst mal einen großen starken Kaffee, wir sind nämlich von zu Hause abgehauen.“
„Sara sei still“, rief ihre Mutter erschrocken aus.
„Señora Alba, von mir erfährt niemand etwas. Meine Mutter würde mir den Kopf abreißen, wenn ich euch verraten würde.“ Dann eilte er ins Innere der Gaststätte, um das Bestellte zu bringen.
„Sara, sollen wir nicht doch lieber wieder zurückgehen?“
„Nein Mama, ich gehe nie mehr zu diesem Ungeheuer, das sich mein Vater nennt. Willst du wirklich, dass er mich an diesen Hector verschachert?“
Alba seufzte abgrundtief auf. „Du hast ja recht Liebes, aber wo sollen wir hin und vor allem, von was sollen wir leben?“
„Mama, das wird sich alles finden. Erst ruhen wir uns aus, dann überlegen wir weiter.“
Lucas, der die letzten Worte von Alba gehört hatte, stellte die Tassen auf den Tisch und zwei Teller mit belegten Broten. Dann setzte er sich unaufgefordert  zu ihnen. „Stärkt euch erst einmal, dann erzählt ihr mir, warum ihr abgehauen seid. Meine Mama würde ziemlich sauer auf mich sein, wenn ich euch nicht helfen würde.“
„Lucas, wie geht es Mama Theresa. Ich habe sie schon so lange nicht mehr gesehen“, wollte Sara wissen.
„Sie macht sich immer noch Sorgen um dich. Wie oft hat sie dich vor deinem jähzornigen Vater versteckt. Plötzlich warst du dann weg. Sie hatte Angst, es würde dir etwas passiert sein.“
Alba schüttelte traurig den Kopf, „nein, passiert ist nur, dass sie das Haus nicht mehr verlassen durfte. Es war ihm ein Dorn im Auge, dass sie sich so wohl bei euch fühlte.“
„Ich kann sehr gut verstehen, dass ihr weg gelaufen seid. Mit Sergio verträgt sich niemand auf der ganzen Insel. Was habt ihr jetzt vor?“
Sara zuckte mit der Schulter, „ich weiß noch nicht. Morgen fragen wir in den Lokalen nach Arbeit nach. Mama ist eine begnadete Köchin und ich scheue mich vor keiner Arbeit. Irgendetwas werden wir schon finden. Wie sieht es bei euch aus? Ist irgendeine Stelle frei?“
Lucas überlegte kurz, „leider nicht. Ich wollte unbedingt eine Lehrstelle als Koch und zu was haben sie mich verdonnert? Ich bediene jeden Tag zehn Stunden und mehr, neugierige Touristen.“
Das Mädchen nickte, „ja, du wolltest schon immer Koch werden. Vielleicht findest du ja irgendwann eine Lehrstelle, ich würde es dir so wünschen.“
Lucas lachte seine Jugendgespielin an, „ach Sara, du schaust immer noch, dass es anderen gut geht. Du hast dein gutes Herz noch nicht verloren. Aber warte mal, heute wurden bei uns Flyer abgegeben. In der Villa suchen sie Arbeitskräfte in allen Sparten.“
Lucas stand auf und kam kurz darauf mit einem grellbunten Flyer zurück.
Sara las die Stellenanzeigen aufmerksam durch, dann schaute sie ihre Mutter triumphierend an: „Mama, das ist die Erhörung unserer Gebete. Gleich morgen Früh machen wir uns auf den Weg.“
„Liebes, deine Freude ist ja gut, aber wir können weder Zeugnisse von Arbeitsstellen, noch Erfahrung in Betrieben vorweisen.“
„Mama sei nicht immer so pessimistisch. Das wird sich alles finden. Lucas, können wir diese Nacht hier in der Laube bleiben?“
„Das lässt sich machen. Wir haben öfter Gäste, die hier wegen des tollen Sonnenaufgangs schlafen wollen. Ich bringe euch ein paar Decken, frieren solltet ihr nicht. Der erste Ober kommt so gegen neun Uhr, da müsst ihr dann weg sein.“
„Kein Problem, um neun Uhr sind wir schon auf dem Weg zur Villa.“
Lucas nickte, dann verschwand er im Inneren des Gebäudes und kam kurze Zeit später mit einem Stapel Decken zurück. „So, das müsste reichen.  Hoffe, ihr könnt einigermaßen schlafen und für Morgen wünsche ich euch viel Erfolg.“
Dankbar wickelten sie sich in die Decken ein. Sara und ihre Mutter schwiegen. Jede hing ihren Gedanken nach. Der Mond hing rund und hell am nächtlichen Himmel, an schlafen war nicht zu denken.
„Mama, in der Villa suchen sie Hausmädchen, Küchenhilfen, eine Beiköchin oder Koch. Da müsste es doch mit dem Teufel zugehen, wenn wir keine Arbeit finden würden.“
Alba lachte plötzlich, „Sara du bist ein unverbesserlicher Optimist. Jetzt versuche ein wenig zu schlafen, sonst sehen wir morgen ziemlich zerknittert aus und sie lassen uns nicht einmal ins Haus.“

 

Auf Arbeitssuche

Kaffeeduft stieg Sara in die Nase. Sie öffnete gähnend die Augen und streckte sich ausgiebig. Ihre Mutter beobachtete sie schmunzelnd, „na du Langschläferin, endlich wach?“

„Wie spät ist es denn?“

„Gerade halb sieben. Schau, ein guter Geist hat uns Kaffee und belegte Brote gebracht.“

Sara nahm dankend die Tasse und schaute verwundert auf die Thermoskanne. „das war wirklich ein guter Geist. Ich glaube er heißt Lucas, wer sonst würde uns so verwöhnen.“

Alba nickte, „ja das denke ich auch. Er ist wirklich ein guter Junge.“

Eine halbe Stunde später, stellten sie das Geschirr vor dem Terrasseneingang auf einem Tisch ab und legten die Decken auf den Stuhl daneben.

Am Marktplatzbrunnen, erledigten sie ihre Katzenwäsche, nahmen ihre Taschen und machten sich auf den weiten Weg zur Villa. Immer wieder wurden sie von Autos überholt, doch niemand hielt an, um die müden Wanderer mitzunehmen.

Endlich schafften sie es dann aber doch. Sie hatten die große Villa erreicht. Das Tor stand weit offen. Saras Euphorie bekam einen gewaltigen Dämpfer, als sie die vielen Autos auf dem Parkplatz sah. „Du liebe Einfalt, sind das alles Arbeitssuchende?“

Ihre Mutter nahm die Hand ihrer Tochter und zog sie in Richtung der großen Eingangstüre. „Hast du plötzlich Angst?“

„Ehrlich gesagt, ja.“

„Und mit Recht“, murmelte ihre Mutter, als sie die vielen Menschen in der Vorhalle sah.“

Ein großer Insulaner drehte sich zu den Neuankömmlingen um, „na, habt ihr es endlich geschafft? So wie ihr ausseht, habt ihr sowieso keine Chance, eine dieser begehrten Stellen zu ergattern.“

Sara, die ihm gerade antworten wollte, sah zufällig nach oben und das Wort blieb ihr im Hals stecken. Auf der Treppe stand eine wunderschöne Frau. Die schwarzen, glänzenden Haare fielen in weichen Wellen bis weit über den Rücken. Das ebenmäßige Gesicht wurde von intensiv grünen Augen beherrscht, die jetzt überrascht auf die mindestens zwanzig Personen herab sah. „Das muss ein Engel sein“, flüsterte Sara und starrte die Frau wie eine Erscheinung an.

Morana, blickte ein wenig irritiert auf die junge Frau, dann hörte sie, wie eine neben ihr stehende Frau sagte: „Sara, halt sofort deinen Mund und starre diese Frau nicht so unverschämt an.“

„Aber Mama, das ist keine Frau, sondern ein Engel!“

Die Araberin versuchte krampfhaft das Lachen zu unterdrücken. Um Fassung bemüht, kam sie langsam die Stufen herab und blieb dann genau vor Sara stehen. „Wie ist dein Name?“
Als keine Antwort kam, sagte die Frau an ihrer Seite, „das ist meine Tochter Sara und mein Name ist Alba.“

„Ich bin die Scheicha Morana. Kommt mit, ich möchte mit euch reden.“

„Ich bin Raul und warte schon sehr viel länger hier. Diese beiden sind eben erst gekommen und müssen sich hinten anstellen. Vorgedrängelt wird hier nicht.“

Morana drehte sich zu dem Sprecher um und fixierte ihn von oben bis unten. „Raul oder wie auch immer du heißen magst, mit wem ich mich unterhalte, liegt nicht bei dir.“ Dann drehte sie sich um, winkte einem Mann, der in ihrer Nähe stand. „Omari, dieser Mann möchte gehen, ich lege auf seine Bewerbung keinen Wert.“

„Aber das geht nicht, ich habe die besten Zeugnisse vorzuweisen, was diese beiden Frauen sicher nicht haben.“

Plötzlich stand ein riesiger Araber neben Morana und schaute sie fragend an. Sie sagte etwas in ihrer Landessprache, der Mann nickte, ergriff seinen Arm und schob ihn vor sich her zum Ausgang. Omari, schaute den Insulaner kopfschüttelnd an und folgte hnen zum Ausgang. Raul riss sich von dem großen Mann los und drehte sich schnaubend vor Wut zu dem anderen Araber um. „Ich will sofort den Chef dieses Hauses sprechen. Was glaubt diese Frau eigentlich wer ich bin?“

Omari lächelte den wütenden Mann an, „sie sind nicht nur unverschämt, sondern auch sehr dumm. Die Chefin des Hauses ist die Scheicha Morana Kamil Amir ben Hakim ibn al Nesir, die Sie gerade beleidigt haben. Sie schätzt es gar nicht, von Untergebenen unterbrochen zu werden und ihr auch noch zu sagen, was sie zu tun hat. In diesem Haus werden Sie nie eine Anstellung erhalten. Also gehen Sie, bevor ich Abadi bemühe, damit er Sie mit ein wenig Zwang entfernt.“

Raul schluckte, dann meinte er kleinlaut, „aber ich wusste doch nicht, dass sie die Chefin ist.“

Omari drehte sich um, sagte etwas zu Abadi und verschwand im Haus. Der Araber begleitete Raul mehr oder minder freiwillig zu seinem Auto und blieb so lange stehen, bis der Wagen in einer großen Staubwolke aus seinen Blicken entschwand.

In der Zwischenzeit hatte Morana die beiden Frauen mit in ihr Büro genommen. „Setzt euch. Ihr seht aus, als hättet ihr schon länger nichts mehr gegessen und getrunken.“

„Danke gnädige Frau, uns fehlt nichts“, meinte Alba und warf ihrer Tochter einen warnenden Blick zu, damit sie nur ja den Mund hält. Doch Sara schüttelte den Kopf.

Morana betrachtete die junge Frau. Was für ein hübsches  junges Mädchen, dachte sie. Die zerzausten schwarzen Haare, die sich wiederwillig um ihr schmales Gesicht ringelten. Warme braune Augen, die Morana unwillkürlich an Schokolade denken ließ und die freche kleine Stubsnase, einfach süß.

„Scheicha Morana, wir sind wirklich erst gekommen und wollen uns nicht vordrängeln. Auch wenn meine Mutter und ich eine Anstellung bitter nötig haben.“

„Sara, halt endlich deinen vorlauten Mund.“

„Aber Mama, ich sage doch nur wie es ist.“

Morana verbiss sich nur noch mit Mühe das Lachen und selbst der immer sehr ernst dreinblickende Omari, der hinter dem Stuhl der Araberin stand, hüstelte verlegen, um nicht in schallendes Lachen auszubrechen.

„Ihr kommt doch sicher aus Marines? Wo habt ihr vorher gearbeitet?“

„Gnädige Frau“, stotterte Alba. Sara unterbrach sie, „Mama das heißt Scheicha Morana und nicht gnädige Frau.“

Jetzt konnte sich die Araberin nicht mehr beherrschen. Sie brach in lautes fröhliches Lachen aus und selbst Omari gestattete sich ein breites Grinsen.

Die Insulanerinnen schauten erschrocken und sichtlich irritiert in Moranas lachendes Gesicht. „Ach Sara, du bist wie ein sonniger Frühlingstag. Alba ist ihre Tochter immer so offen und ehrlich?“

„Ja gnä…Scheicha Morana. Sara sagt leider immer das was sie gerade denkt. Das bringt ihr nicht nur Sympathien ein.“

„Das ist sehr gut. Sara, dann wirst du mir auch erzählen, was euch in die Villa geführt hat.“

Sara starrte in das wunderschöne Gesicht der Frau und sie musste sich mehrmals räuspern, um endlich einen Ton heraus zu bringen. „Also, die Sache ist die“, begann sie umständlich. Wir sind von zu Hause ausgebüxt und suchen Arbeit, egal welche.“

Alba schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund. Jetzt konnten sie eine Anstellung vergessen. Sara aber holte tief Luft und berichtete wahrheitsgemäß, was sich alles in den letzten zwei Tagen ereignet hatte.

Morana schwieg lange und Alba wollte sich schon erheben, als die Araberin fragte: „Was für Arbeit schwebt euch vor?“

„Meine Mama kann sehr gut kochen. Sie ist die beste Köchin von ganz Marines.“

„Aha und du?“

„Ich? Ich kann putzen, oder in der Küche arbeiten. Ich erledige jede Arbeit, die mir aufgetragen wird.“

„Gut, dann probiere ich es mit euch beiden. Kost und Logie ist frei. Vierzehn Tage Probezeit, dann entscheide ich, ob ich euch eine Festanstellung anbiete. Omari kümmert sich um eure Unterkunft.“

Alba bedankte sich mit Tränen in den Augen. Sara sagte nichts, sie schwebte wie auf Wolken aus dem Raum. Ein junger Araber, der sich als Yasir vorstellte, brachte die beiden Frauen zu einer Reihe von kleineren Häuschen. „Im Letzten ist noch ein Zimmer frei, das andere Zimmer bewohnt Phillip unser Küchenchef. Ich kann euch gleich mit ihm bekannt machen.“

Als sie den dämmerigen Flur betraten, öffnete sich eine Tür und ein großer breitschultriger Mann stand im Türrahmen. „Yasir, wen bringst du da mit?“

„Phillip, das sind zwei neue Angestellte. Omari sagte mir, dass noch ein Zimmer frei ist.“

„Ja, das stimmt. Allerdings hatte ich gehofft, die Scheicha quartiert einen Beikoch und ein Herdmädchen hier ein.“

Yasir zuckte mit der Schulter, dann schloss er das freie Zimmer auf, reichte Alba den Schlüssel und meinte, „wenn ihr Fragen habt, wendet euch an den Küchenchef.“

„Danke für die Mühe, die sie sich gemacht haben“, sagte Alba und betrat den hellen Raum. Sara zwängte sich an ihrer Mutter vorbei und stieß gleich darauf einen begeisterten Schrei aus.

Phillip stürmte in den Raum, da er dachte etwas Schreckliches sei passiert. Da sah er, wie sich das junge Mädchen voller Freude drehte. „Mama, ist das schön. Schau nur die wunderschöne Couch. Der Schrank, diese tollen Vorhänge und…“

„Sara, jetzt beruhige dich doch“, unterbrach Alba lachend ihre Tochter. Sara hörte die Worte ihrer Mutter nicht mehr. Voller Neugierde betrat sie den nächsten Raum.

„Mama, da stehen zwei Betten, das ist super“, rief Sara und ließ sich auf eins der Betten fallen.

„Was ist denn das für ein Wirbelwind“, rief der Küchenchef erstaunt aus. Alba zuckte erschrocken zusammen, als der große Mann plötzlich hinter ihr stand. „Das ist…meine Tochter Sara. Sie ist ein wenig impulsiv.“
Phillip lachte und als Sara freudestrahlend aus dem anderen Raum auftauchte, meinte er schmunzelnd, „na hoffentlich gehst du mit dem Geschirr in der Küche etwas vorsichtiger um.“
„Sind Sie der Küchenchef“ und als er nickte, streckte sie ihm ihre kleine zierliche Hand entgegen. „Ich bin Sara und das ist meine Mutter Alba, die beste Köchin von ganz Marines.“
„Aha und wo hat die beste Köchin von Marines zu Letzt gearbeitet?“
Alba schaut erst Sara wütend an, dann murmelte sie verlegen, „meine Tochter übertreibt mal wieder schamlos. Ich habe nur zu Hause gekocht.“
Phillip kniff die Augen zusammen, dann drehte er sich zur Tür um. „Morgen um sieben Uhr beginnt euer Dienst. Dann werden wir ja sehen, ob deine Tochter übertrieben hat oder nicht. Die Scheicha wird sich schon was dabei gedacht haben, als sie euch einstellte.“ Dann schloss sich die Türe hinter ihm und sie waren alleine. Bevor Alba ihre Tochter  ausschimpfen konnte, umarmte Sara sie, „Mama, jetzt beginnt ein neues Leben für uns.“
„Dein Wort in Gottes Ohr“, seufzte Alba und hoffte inständig, dass Sara Recht behielt.

Ein neues Leben

 Trotz der vielen Aufregungen hatte Sara tief und fest geschlafen. Alba seufzte, „Kind, kannst du einen Moment mal still sein? Du redest wie ein Wasserfall.“

Sara umarmte ihre Mutter stürmisch, „ach Mama, wenn ich doch so froh bin, dass wir hier gelandet sind. Wenn auch der Küchenchef ein wenig mürrisch ist, du machst das schon.“

„So, so, ich bin also mürrisch, du kleine Hexe“, ertönte eine Stimme von der Türe her. Die beiden Frauen drehten sich erschrocken um. Entschuldigend hob Phillip die Hände. „Ich wollte euch nicht erschrecken. Ich habe mindestens viermal geklopft. Dachte schon, es sei etwas passiert.“

Alba wollte sich für ihre temperamentvolle Tochter entschuldigen, doch Phillip winkte lachend ab. Gemeinsam verließen sie das Personalhäuschen und machten sich auf den kurzen Weg zur Villa.
Unter den strengen Augen des Küchenchefs sollte Alba kochen. Nervös und mit zitternden Händen schälte sie Kartoffeln. Plötzlich legte sich eine große Hand auf ihre. „Alba, sei nicht so nervös. Ich reiß dir doch nicht den Kopf ab“, hörte sie Phillips Stimme.

„Du hast gut reden“, murmelte sie mehr zu sich, als zu dem neben ihr stehenden Mann.

„Ich muss mich um die Suppe kümmern und du um den Eintopf. Vielleicht hast du mehr Ruhe, wenn ich dir nicht so auf die Finger schaue“, meinte er und sein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. Alba atmete erleichtert auf.

Sara stand ein wenig verloren in der großen Küche. Sie wusste erst nicht was sie machen sollte. Eine kleine Insulanerin ergriff ihren Arm, „Sara kannst du mir bei den Töpfen helfen?“

„Aber gern Nora. Wenn du mir sagst wo die Blaugeschirrküche ist?“ Kurze Zeit später hörte man nur noch das Klappern der Töpfe, bis ein junger Araber die Geschäftigkeit der beiden Frauen unterbrach. „Was für eine Augenweide. Wie heißt du denn? Ich werde dir heute Abend alles Nötige zeigen, damit du dich sehr schnell hier eingewöhnst.“

„Ali verschwinde und lass uns unsere Arbeit machen. Du bist und bleibst ein elender Frauenheld.“

„Ach Nora, hast du es noch immer nicht verwunden, dass ich dich nicht mag? Aber so ein hübsches Häschen wie deine neue Kollegin, ja das ist etwas ganz anderes“, gab er mit anzüglichem Grinsen zur Antwort. Sara schaute den Araber aus zusammengekniffenen Augen an. „Nora hat Recht. Geh und lass uns alleine. Außerdem brauche ich keinen Fremdenführer. Ich finde mich auch so zurecht.“

„Mein Name lautet Ali ben Attkir der Zweite und wenn ich sage, dass ich Interesse an deiner Wenigkeit zeige, dann hast du mir zu gehorchen. Ich bin es nicht gewohnt, dass sich mir eine Frau verweigert. Hast du das verstanden?“

Sara stütze ihre Hände auf dem Tisch vor ihr ab. „Sag mal, bist du schwer von Begriff? Ich sagte laut und deutlich, dass ich niemanden brauche. Wenn ich einen Mann will, dann suche ich ihn mir selbst aus. Also lass die dummen Sprüche und verschwinde.“

Ali schaute Sara fast erstaunt an, „ich glaube es nicht. Du bist so was von frech. Es ist wohl an der Zeit, dass dir ein Mann deine Flügel stutzt und der werde ich sein. Heute Abend wirst du mit zu mir kommen, da gibt es keine Diskussion.“

Ehe ihm Sara eine geharnischte Antwort geben konnte, ertönte ein lauter Schrei. „Ali ben Attkir, komm sofort zu mir.“

Der Gerufene verdrehte die Augen und beeilte sich zu seinem Chef zu kommen. „Was ist los?“

„Was los ist? Probiere doch mal die Suppe du Nichtskönner. Hast du ein Kilo Salz verwendet?“

Ali probierte und verzog angewidert das Gesicht. „Tatsächlich die Suppe ist versalzen. Ich bin wohl verliebt.“ 

„Ich gebe dir gleich verliebt. Leere den Topf aus. Heute wirst du nur noch Töpfe schrubben. Gehe mir aus dem Weg, sonst knalle ich dir eine.“

Ali grinste, schüttete die Suppe in den Ausguss und trug den Topf in die Blaugeschirrküche. Er grinste immer noch. Das passt doch, dachte er und ließ den Topf mit lautem Plumps in das Spülbecken fallen. „Meine Damen unser Chef hat mich abkommandiert, um auf euch aufzupassen. Also los, macht euch an die Arbeit.“ Er trat nahe an Sara heran und ehe sie seine Absicht erkannte, schlang er seinen Arm um ihre Taille und zog sie an sich. Im ersten Moment stand sie reglos da und Ali dachte schon, dass er gewonnen hätte. „Jetzt bekommt der Sieger einen Kuss“, murmelte er und versuchte, seine Lippen auf ihren Mund zu pressen.

Sara zog ein Bein hoch und stieß es ihm in den Unterleib. Mit einem Schmerzensschrei ging er zu Boden. „Wenn du mich noch einmal anfasst, dann bekommst du ernsthaft Probleme mit mir. Hast du mich verstanden?“

Ali presste seine Hände in den Schritt. Er fluchte auf Arabisch so laut, dass das ganze Küchenpersonal angerannt kam.

„Was ist hier los“, bellte Phillip.

„Dieses Biest hat mich verletzt“, jammerte Ali „und das nur, weil ich ihr sagte, sie solle den Topf reinigen.“

„Sara was hast du dazu zu sagen?“

Sie hob empört den Kopf. „Nicht viel, nur dass er mich zum widerholten Male angegrabscht hat und mich auch noch küssen wollte.“

„Nora du bleibst heute am Herd, Sara du meldest dich bei der Scheicha und du Ali arbeitest alleine in der Blaugeschirrküche. Vielleicht dämpft das deine Arroganz ein wenig.“

Sara verließ mit gesenktem Kopf die Küche. Sollte sie wegen diesem A… ihre eben bekommene Stelle verlieren? Mit klopfendem Herzen öffnete sie nach der Aufforderung die Türe des Büros. Morana blickte von ihren Schriftstücken auf. „Sara, gut dass du kommst.“

„Scheicha Morana. Es ist nicht meine Schuld!“

„Was ist nicht deine Schuld?“, wollte die Araberin erstaunt  wissen.

„Ali ist in die Blaugeschirrküche gekommen und hat mich angemacht, angegrabscht und zu guter Letzt hat er versucht mich zu küssen.“

„Aha und dann?“
    „Na ja, ich habe ihm das Knie in den Unterbauch gestoßen.“

„Vielleicht nicht doch ein wenig tiefer?“

„Ja, genau in den Schritt“, gab Sara verlegen zu. Morana brach in schallendes Lachen aus. „Das hat Ali mal verdient. Er glaubt, er kann sich hier genauso benehmen wie zu Hause.“

„Dann feuern Sie mich nicht?“

„Aber Sara, warum sollte ich dich entlassen?“

„Ich dachte deshalb bin ich hier.“

„Nein ganz und gar nicht. Ich habe mir etwas überlegt. Die Büroarbeit wird immer mehr. Ich bräuchte eine Assistentin und da bist du mir spontan eingefallen. Kannst du mit Computern umgehen?“ Sara strahlte über das ganze Gesicht. „Ich bin sehr gut im Schreiben, Organisieren und Übersetzen vom englischen ins spanische.“

Morana klatschte erfreut in die Hände, „das ist mehr als ich erwartet habe. Ab heute bist du meine Assistentin und Gesellschafterin. Das heißt, ich erwarte von dir, dass du immer im Büro deine Zeit verbringst.“

„Ich soll…, ich darf…“, Sara hatte Tränen der Freude in den Augen. Ab jetzt durfte sie in der Nähe ihres Engels sein, wie sie die Scheicha insgeheim nannte.

Morana lächelte und setzte hinzu, „du wirst ab jetzt auch alle Mahlzeiten mit mir einnehmen.“

 

 

Am nächsten Morgen betrat sie etwas schüchtern den Speisenraum. Die Scheicha saß bereits am Tisch und winkte ihr. „Sara komm, setz dich. Ich freue mich, dass ich nicht mehr alleine essen muss.“

Das quirlige Mädchen setzte sich auf den zugewiesenen Stuhl und schaute mit großen Augen auf den reichhaltig gedeckten Tisch. „Wow, so eine reichhaltige Tafel habe ich noch nie gesehen.“

„Dann greif zu, lasse es Dir schmecken“, gab die Scheicha lächelnd zur Antwort.

Nach ein paar Tagen hatte sie sich jedoch daran gewöhnt, die Mahlzeiten mit der Scheicha einzunehmen. Im Büro lief es für Sara ebenfalls sehr gut. Morana deckte das Mädchen mit Arbeit ein und Sara machte sich mit Feuereifer über die Schreibarbeit her.

Zwei Wochen später hatten sich Mutter und Tochter so gut in der Villa eingelebt, dass sie fest in der Gemeinschaft integriert waren. Phillip verstand sich mit Alba mehr als gut und Sara zog ihre Mutter des Öfteren mit dem Küchenchef auf, was diese mit verlegenem Grinsen quittierte. Alba kannte nur ihren Streitsüchtigen Mann, der bei jeder Kleinigkeit zuschlug. Phillip fuhr nicht gleich aus der Haut, wenn sie einen Fehler machte. Im Gegenteil, er zeigt ihr, wie sie es richtig machen musste. Alba hatte sich in den ruhigen Mann verliebt und auch Phillip schien es ähnlich zu gehen.

Sara war glücklich, nur die ständige Anmacherei der arabischen jungen Angestellten ging ihr allmählich auf den Geist. Besonders einer der Jungköche, er hieß Ali ben Attkir der Zweite, stalkte sie regelrecht. Kaum sah er sie in der Eingangshalle, trat er an sie heran. „Na, meine Süße, heute Abend kommst du aber mit zu mir. Frauen sind auf der Welt um uns Männern Freude zu bereiten.“

Sara verdrehte die Augen und schob den schwarzhaarigen Mann zu Seite. „Ali lass mich endlich in Ruhe! Ich will nichts von dir.“

„Das ist mir doch egal. Ich will etwas von dir und nur das zählt.“

„Wie kann ein Mann nur so blöd sein“, gab sie mit einem abgrundtiefen Seufzer von sich.

„Ich werde dir zeigen, dass wir nicht blöd sind. Eine Nacht mit mir und du wirst wissen, wo dein Platz ist.“

„Lasse mich endlich in Frieden. Bei uns läuft das nicht so. Hier suchen wir uns die Männer aus, mit denen wir ins Bett gehen.“

Ali zuckte mit der Schulter und meinte verärgert. „Ich will dich und du willst mich auch und da…“

„Nein“, unterbrach sie ihn wütend, „Ich! Will! Dich! Nicht! Hast du das endlich kapiert?“

„Was ist hier los?“ Ali drehte sich erschrocken zu dem Sprecher um. „Nichts, alles in Ordnung.“

„Nichts ist in Ordnung“, wandte sich Sara an Omari. „Sagen Sie diesem Hohlkopf, dass er mich endlich in Ruhe lassen soll.“

„Ich habe sie nur etwas gefragt, mehr nicht“, verteidigte sich Ali.

Omari trat nahe vor Ali und fixierte ihn mit seinen schwarzen Augen, „Ali was hast du hier in der Eingangshalle zu suchen? Dein Platz ist in der Küche und wenn du nicht Augenblicklich dorthin zurückgehst, muss ich mit dem Küchenchef über dich sprechen. Haben wir uns verstanden?“

Ali warf Sara einen bösen Blick zu und wandte sich ab. Omari deutete seinen Blick richtig, „Ali, solltest du Sara noch einmal zu nahe treten, werde ich der Scheicha sagen, dass sie dich entlassen soll. Frauen sind hier kein Freiwild.“

Ali fluchte arabisch  und knallte die Küchentüre hinter sich zu. „Jetzt erst recht“, murmelte er. „Dieses Weib hole ich mir in mein Bett, das kann nicht einmal Omari verhindern.“

Omari schaute Sara sorgenvoll an. „Sara, ich möchte nicht, dass du abends alleine in deine Unterkunft gehst. In Zukunft wird dich entweder Achmed, Abadi oder ich begleiten.“

„Aber Omari, das ist doch nicht nötig. Jetzt wird Ali mich sicher in Ruhe lassen.“

Omari schüttelte den Kopf, „du bist viel zu gutgläubig. Ein arabischer Mann lässt sich nicht so leicht von etwas abbringen. Ich beobachte ihn schon ein paar Tage. Denke nicht, dass ich nicht mitbekomme, dass er dich stalkt. Er wird keine Ruhe geben, bis er dich in seinem Bett hat.“

Sara schaute Omari ein wenig unsicher an. „Na gut, wenn ich nicht mit Mama und Phillip nach Hause gehe, werde ich mit Achmed, Abadi oder dir gehen.“

„Braves Mädchen“, gab Omari zur Antwort und wandte sich zufrieden ab.

Heimkehr des Hausherrn

Eine Woche hatte Sara vor Ali Ruhe. Dass er nur eine günstige Gelegenheit abwartete, ahnte sie nicht.

Morana kam aufgeregt in das Büro und rief schon an der Türe, „Sara, Sara komme mit mir, wir müssen zum Heli, Kamil kommt.“

Morana begrüßte Kamil voller Wiedersehensfreude. Der Scheich hatte seinen Freund und Geschäftspartner mitgebracht, Scheich Sadin al Asmari. War Sara schon von dem guten Aussehen Kamils überrascht, brachte Scheich Sadin ihre kleine Welt restlos durcheinander. Er war fast so groß wie Kamil und seine schwarzen meist spöttisch blickenden Augen, fesselten sie. Während Scheich Kamil seine Haare modisch kurzgeschnitten trug, waren Sadins Haare Schulterlang. Eigenwillig ringelten sie sich um seine ausdrucksvolle Stirn. Erst seine Worte, „na was haben wir denn da für ein schönes Kind, da macht mir die Ankunft gleich noch mehr Freude“, brachten  sie in die Wirklichkeit zurück.

So ein Angeber, dachte Sara und ihre braunen Augen nahmen einen ablehnenden Ausdruck an. Sadin grinste sie vergnügt an. Er kannte seine Wirkung auf Frauen und dieses kleine Widerspenstige Ding würde er noch heute Nacht verspeisen. Morana wand sich aus Kamils Armen und trat einen Schritt auf Sadin zu. „Mein lieber Freund, du wirst Deine Finger schön bei dir lassen. Sara steht unter meinem Schutz und ich dulde es nicht, dass du sie für deine Spielchen missbrauchst.“

„Aber Morana, wer redet denn von missbrauchen. Sie wird mir die Nächte versüßen und ich werde sie dafür mit meiner Sympathie belohnen.“

Bevor Morana zu einer Antwort kam, schob sich Sara energisch vor die Araberin. Ihre Augen blitzen vor unterdrückter Wut, „Scheich Sadin al Asmari, wir Insulanerinnen sind keine Betthäschen für gelangweilte Araber. Lassen Sie mich in Ruhe meine Arbeit im Büro erledigen, denn dafür hat mich die Scheicha eingestellt.“
Sadin schaute Sara verblüfft an. Noch keine Frau hatte es gewagt, sich seinen Wünschen zu widersetzen. „Du bist ein kleines freches Ding und es wird Zeit, dass man dir die Flügel ein wenig stutzt.“

„Sadin lasse Sara in Ruhe, andernfalls müsste ich mir überlegen, ob ich auf dich als Gast nicht verzichten müsste.“

Kamil schüttelte den Kopf, „Morana jetzt reicht es. Niemand wird Sadin des Hauses verweisen, auch du nicht. Wenn er sich ein wenig ablenken will, dann lasse ihm doch diese Freude.“

Mittlerweile hatten sie die Eingangshalle erreicht. Verärgert und frustriert rief sie nach einem Mädchen. „Lena, bring frische Getränke ins Wohnzimmer.“

Lena nickte und drehte sich um. Als sie Sadin erblickte, strahlte sie den Mann unverhohlen an. Der Scheich schenkte ihr ein Lächeln, dass Sara glaubte, Lena würde sich gleich auf den Mann stürzen. Sadin warf Sara einen triumphierenden Blick zu, doch als er das abwertende Mienenspiel von ihr sah, ärgerte er sich und wieder einmal schwor sich ein Mann, dieses freche Weib in sein Bett zu bekommen.

„Scheicha Morana, ich habe noch Arbeiten im Büro zu erledigen. Kann ich gehen?“

Morana nickte erleichtert. Sie war froh, dass sich die junge Frau zurückzog. Sie musste mit den Männern erst noch einiges klarstellen und das konnte sie am besten in ihrer Heimatsprache.

Kamil ließ sich erleichtert seufzend in einen gemütlich aussehenden Sessel fallen. „Bin ich froh, dass wir endlich hier sind. Morgen werde ich mir alles ansehen und eventuell verschiedenes verbessern. Meine Liebe, ab jetzt kannst du dich entspannen, ich werde mich um alles kümmern.“

„Kamil du glaubst wohl, du bist in einer Räuberhöhle gelandet. Ich habe hier in etlichen Monaten einen reibungslosen Betrieb aufgebaut. Glaube ja nicht, dass ich mir das von dir jetzt so einfach abnehmen lasse. Du vergisst, dass du vor deiner Abreise ein Dokument unterzeichnet hast, indem du mich als Chefin eingesetzt hast.“

„Morana, Liebes, das ist mir bekannt, aber jetzt bin ich wieder da und nehme die Zügel in die Hand. Das Dokument ist mit meinem Kommen Gegenstandslos geworden.“

Morana stellte ihr Glas mit einem Ruck auf den Tisch. „Nein, ich werde dir die Zügel, wie du es so schön formulierst, nicht kampflos übergeben. Wir sind in einem westlichen Land und da gelten andere Regeln.“

„Ach und welche?“

„Kamil du weißt so gut wie ich, dass Frauen und Männer hier gleichberechtigt sind und…“

„Morana“, unterbrach er sie verärgert. Das ist mir auch bekannt, schließlich arbeite ich überwiegend mit europäischen Geschäftsleuten. Das hat aber noch lange nichts mit meinem Haus hier zu tun.“

„Aha, jetzt ist es plötzlich wieder dein Haus. Das ist interessant zu wissen.“

„Morana“, rief Kamil genervt aus. „Was ist denn in dich gefahren. Als ich dir das Haus überließ, da warst du zurückhaltend und misstrauisch jedem Fremden gegenüber. Ich erkenne dich nicht wieder. Wer hat dir so viel Selbstvertrauen eingeimpft?“

Die Scheicha lachte lauthals und Kamil schaute sie fasziniert an. Was war aus seiner immer ja – sagenden, schüchternen Ehefrau geworden? Irgendwie gefiel ihm die neue Morana. Vor allem, wie sie für ihre Vorherrschaft kämpfte.

„Mein lieber Kamil, du hättest mich nicht so lange in Evas Gesellschaft  lassen dürfen. Sie hat mir die Augen geöffnet und mich gelehrt, ich selbst zu sein. Daran wirst auch du nichts mehr ändern können. Kamil verzog das Gesicht, „na da hat mir meine Freundin ja einen schönen Streich gespielt.“

„Du siehst das als Streich? Ich glaube du verkennst die Situation. Ich habe mir den Respekt und die Anerkennung meiner Angestellten schwer erkämpft. Die Regeln, die ich aufgestellt habe, werden von allen eingehalten. Wer sich nicht daran hält, kann nach Hause fahren. Einer der wenigen, die immer wieder dagegen verstoßen, ist Ali ben Attkir der Zweite. Er denkt, er kann sich hier jede Frau nehmen, die ihm gefällt. Das lasse ich nicht zu.“

„Wo ist Ali jetzt?“

„Er sitzt in einer Arrestzelle. Da kann er über die Angriffe auf Frauen nachdenken. Sollte er noch einmal rückfällig werden, schicke ich ihn nach Hause zu seinem Vater.“

„Morana, das kannst du nicht tun. Ich kenne seinen Vater persönlich. Der wird uns das nicht so einfach verzeihen. Morgen werde ich ihn holen.“

„Wenn du das durchziehst, bin ich gezwungen, Sara wegzuschicken und das wird mir nicht gefallen.“

„Warum Sara“, mischte sich Sadin zum ersten Mal in das Gespräch.

„Weil Ali das Mädchen bereits dreimal überfallen hat und im letzten Augenblick vor einer Vergewaltigung gerettet wurde.“

„Sicher übertreibt sie maßlos“, mutmaßte Sadin grinsend.

„Das du das nicht verstehst, ist mir ja klar. Du bist überzeugt, dass jede Frau sich glücklich schätzt in deinem Bett zu landen. Es gibt aber viele, die sind strikt gegen diese Art der Liebe. Ich musste es am eigenen Leib erleben, als mich Feisal vergewaltigen wollte und mich Eva und ihre Freundinnen in wirklich letzter Sekunde vor diesem Grauen retten konnten. Keine Frau, die so etwas Schlimmes erlebt hat, übertreibt.“

Kamil schaute Morana erschrocken an, „Liebes das hast du mir noch gar nicht berichtet.“

Morana verzog ihren Mund zu einem freudlosen Lächeln, „Kamil du weißt noch einiges nicht.“ Sie erhob sich und meinte spöttisch, „Sadin, Lena wird dir deine Zimmer zeigen. Wie ich an deinem Gesichtsausdruck bemerkt habe, ist das genau in deinem Sinne. Kamil, dein Zimmer ist gleich geblieben, nur meinen Schlafraum  habe ich zu einer kleinen Bibliothek umbauen lassen.“

Verwundert schaute er sie an, „warum das denn?“

„Denkst du tatsächlich, ich hätte mich auch nur noch eine Nacht in das Bett gelegt, in dem Faisal mich…“ Moranas Stimme versagte. Kamil sprang auf und nahm sie tröstend in den Arm. „Du hast richtig gehandelt. Hast du dir ein anderes Zimmer eingerichtet?“

„Während deiner Abwesenheit habe ich in deinem Bett geschlafen, jetzt habe ich ein anderes Zimmer.“

„Liebes, du musst in keinem anderen Raum schlafen. Ich möchte, dass du in Zukunft bei mir bist.“

Morana schaute ihn skeptisch an, dann zuckte sie mit der Schulter, „wenn du meinst“,  dann drehte sie sich um und ging zur Tür.

„Morana, wo gehst du hin?“

„Ich kümmere mich um dein Gepäck, nicht dass Lena vor lauter Eifer deine Koffer in Sadins Zimmer stellt.“

Sadin schaute seinen Freund grinsend an: „Jetzt weiß ich endlich, warum du mich überredet  hast, mitzufliegen. Ich glaube, das wird eine aufregende Zeit. Morana hat sich wirklich sehr  verändert. Ihr selbstbewusstes Auftreten erinnert nicht im Geringsten mehr an das ängstliche, devote Benehmen. Alleine schon, dass sie dir ganz offensichtlich die Stirn bietet, finde ich einfach Klasse.“

„Du hast Nerven“, murrte Kamil, „ich bin es nicht gewohnt, dass mir eine Frau widerspricht, das werde ich ganz schnell wieder abstellen. Wo kommen wir denn da hin, wenn sich eine Araberin wie eine Ungläubige benimmt. Soll ich dir deine Räume zeigen? Ich will nur noch eins, so schnell wie möglich in mein vorgewärmtes Bett.“

Sadin konnte sich das Lachen nicht mehr verkneifen. Er brach in schallendes Gelächter aus, „Kamil, ich glaube es nicht. Du wirst mit deiner Ehefrau nicht mehr fertig und das dir…“

Kamil schaute seinen Freund wütend an. „Halte endlich den Mund. Du wirst sehen, morgen ist alles wieder bei der alten Tradition. Schlafe gut.“

Als der Scheich Moranas ehemaliges Zimmer betrat, blieb er erstaunt auf der Schwelle stehen. Der Raum hatte sich sehr verändert. Rundherum an den Wänden befanden sich Regale, voll mit Büchern. Nach jeweils zwei Metern unterbrachen sehr schön geschnitzte helle Abschlussleisten das Einerlei der Regale. In der Mitte des Raumes lag ein großer Teppich in wunderschönen Pastellfarben. Eine dunkelblaue dreier Sitzgruppe mit dazu passendem Tisch vervollständigte die Einrichtung.

„Gefällt es dir?“

Kamil drehte sich zu der Sprecherin um. „Hast du das alleine gemacht?“

„Du traust mir wohl keinen Geschmack zu. Asifas 1000- und eine Nachteinrichtung habe ich entfernen lassen.“

„Morana, ich bin tatsächlich angenehm überrascht. Hast du noch mehr Neuigkeiten auf Lager?“

„Im Moment nicht“, meinte sie mit einem Lächeln.
Kamil trat auf sie zu und zog sie in eine enge Umarmung. Ungestüm küsste er seine Frau und sie erwiderte den Kuss ebenso leidenschaftlich.

Das gefällt mir schon besser, dachte Kamil und schob sie in das angrenzende Zimmer.
Minuten später lagen sie beide nackt in Kamils großem Bett. Seine Hände hatten eine eigene Sprache, der sich Morana nicht widersetzen konnte. Zärtlich strich er mit den Fingern über ihre Brüste und knetete sie leicht. Als sich seine Lippen um eine Knospe schlossen, stöhnte sie laut auf. 

„Kamil,“ Stöhnte sie, komm und nimm mich. Ich habe so lange auf diesen Augenblick gewartet.“
     „Langsam mein Liebling, nicht so schnell“, lachte der Araber und schob seine Finger zwischen ihre Beine.



 

Nichts als Ärger mit Ali

  Kamil glaubte, dass nach dieser wundervollen Liebesnacht alles wieder beim Alten war. Morana beobachtete mit Sorge Alis immer unverschämteres Auftreten. Der Araber fühlte sich sicher, da Kamil mit seinem Vater ein Abkommen hatte, von dem Morana und auch sonst niemand eine Ahnung hatte. Wieder einmal traf er auf Sara. Voller Freude sie endlich für sich zu haben zog er die junge Frau in eine enge Umarmung und versuchte sie zu küssen. Sara war im ersten Moment so erschrocken, dass sie sich nicht gegen seine Umarmung wehrte. Erst als er versuchte, seine Lippen auf ihren Mund zu drücken, erwachte ihr Widerstand. Wütend und mit ihrer ganzen Kraft stieß sie den Mann zurück. Auf ihre plötzliche Gegenwehr nicht gefasst, verlort er das Gleichgewicht, taumelte und setzte sich auf seinen Hosenboden.

    „Du kleine unverschämte Hure, das wirst du mir büßen,“ schrie er. Mit einer fast eleganten Bewegung erhob er sich vom Boden. Mit zwei Schritten war er bei Sara und versuchte nach ihr zu greifen. Mitten in der Bewegung, wurde er von zwei starken Armen aufgehalten. Als er sich erbost nach dem vermeintlichen Angreifer umdrehte, schaute er in die vor Wut fast schwarzen Augen von Scheich Sadin.
   „Ali, jetzt reicht es. Wenn du Sara noch einmal belästigst, schicke ich dich eigenhändig zu deinem Vater zurück.“
   „Versuchen Sie es doch“, rief Ali hämisch und befreite sich mit einem Ruck aus Sadins Händen. „Sie wollen das kleine Luder wohl selbst in ihrem Bett haben. Da kommen Sie allerdings zu spät. Sara gehört mir und niemandem sonst. Sie ist meine Freundin und ich mache mit ihr was ich will. Wäre ja noch schöner, wenn sich eine Frau erdreistet, ihren eigenen Willen zu haben und eigene Wünsche anmeldet.“ Ali lachte, drehte sich um und verschwand in der Küche.
Sadin schaute Sara vorwurfsvoll an, „ist das so? Bist du Alis Freundin?“
   „Scheich Sadin, denken Sie doch was sie wollen. Mir glaubt hier außer der Scheicha und meiner Freundin Lena sowieso niemand.“ Verärgert drehte sie sich um und ging in Richtung Büro.
   „Sara, bleib sofort stehen, ich bin mit dir noch nicht fertig!“
   „Aber ich mit Ihnen“, rief sie und war verschwunden.
   „So ein kleines aufmüpfiges Biest“, murmelte Sadin grinsend und verließ die Villa. Den ganzen Tag beschäftigten sich seine Gedanken mit der kleinen Insulanerin. Seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, war sie in seinen Gedanken. Er wollte sie mindestens genauso sehr wie Ali.

Sara schloss mit einem Ruck die Bürotür und ging zu ihrem Schreibtisch. Kamil hob den Kopf von einem Schriftstück, das er gerade gelesen hatte. „Sara was war das eben für ein Lärm in der Eingangshalle?“
   Seufzend fuhr sie ihren Rechner hoch, „nichts Besonderes. Ali wollte wieder einmal unter Beweis stellen, dass ihm keine Frau widerstehen kann.“
   „Hat er dich angegriffen,“ wollte Morana wissen.
   „Ja, er versuchte mich zu küssen und ich wollte das nicht.“
Kamil lachte, „bei Allah, hättest du ihm doch einen Kuss geschenkt, was ist schon dabei. Er ist halt verrückt nach dir.“
Sara schaute den Scheich entsetzt an, „Sie verlangen von mir, dass ich mich prostituiere? Das werde ich nie und nimmer. Lieber kündige ich und verlasse die Villa.“
Morana schüttelte verärgert den Kopf, „nein Sara, das lasse ich nicht zu. Du bleibst, aber Ali geht. Dieser Kerl ist nicht mehr tragbar. Die Beschwerden über ihn häufen sich.“
   „Morana, jetzt sei nicht so kleinlich. Ali hat eben etwas zu viel Temperament. Du kannst ihn deswegen nicht nach Hause schicken. Sein Vater, Scheich Ali ben Attkir der Erste würde sehr ungehalten sein.“
Morana schaute ihren Mann empört an, „du stellst das Wohlergehen der mir anvertrauten Leute zurück? Nur um Alis Vater einen Gefallen zu tun?“
   „Liebes, hier habe ich das Sagen“, wollte Kamil einlenken.
   „Ja wenn das so ist, habe ich in der Villa nichts mehr verloren und ich…“
   „Morana“, unterbrach er sie, „nun mache doch aus einer Mücke keinen Elefanten. Ich bin hier der Verantwortliche und sage was zu tun ist. Das hatten wir doch gestern erst ausdiskutiert.“
   „Gut, wenn ich hier nichts mehr zu melden habe, dann werde glücklich mit deinem Ali. Ich werde Sara aus der Gefahrenzone bringen. Sara, Achmed oder Omari sollen dich in die Unterkunft begleiten und dir beim Packen behilflich sein. Wir verlassen die Villa.“
Morana stand auf, griff im vorbei gehen nach Saras Arm und zog die Verblüffte mit sich.
In der Eingangshalle angekommen, rief sie nach Omari und teilte ihm ihre Wünsche mit. Omari, Moranas langjähriger Vertrauter, nickte und rief über sein Armfunkgerät den Wachdienstleiter Achmed zu sich. Der riesige Araber war nur wenige Minuten später da und machte sich mit Sara auf den kurzen Weg.
Vor dem Personalhäuschen blieb er zögernd stehen und schaute Sara unsicher an.
   „Achmed, was ist los. Möchtest du mich etwas fragen?“
   „Ja“, gab er zur Antwort.
   „Na, dann heraus mit der Sprache.“
   „Es ist so…, du bist doch mit Lena befreundet.“
   „Ja, sie ist meine beste Freundin, warum?“
   „Na ja, Lena hat mir vom ersten Augenblick an sehr gefallen. Sie sieht mich aber gar nicht an. Könntest du sie fragen, ob sie eventuell Interesse an mir hat?“
Sara grinste, als sie die vor Verlegenheit hochroten Wangen des großen Arabers sah. „Achmed, du bist auch mein Freund und hast mir schon mehr als einmal aus sehr prekären Situationen geholfen. Wie könnte ich dir diesen kleinen Dienst nicht erweisen. Ich werde Lena fragen, versprochen.“
Erleichtert nickte er, „Danke, das werde ich dir nicht vergessen. In einer halben Stunde hole ich dich ab. Reicht dir die Zeit?“
   „Ja, in einer halben Stunde bin ich fertig.“

 

 

Morana warf ein paar Kleidungsstücke wütend in eine Tasche. „Nicht mit mir“, murmelte sie und holte den Kosmetik Koffer aus dem Bad.
Lena steckte den Kopf zur Tür rein, „Scheicha Morana benötigen Sie Hilfe?“
   „Nein Lena, das bekomme ich hin. Außerdem bin ich fertig.“
In der Zwischenzeit saß Kamil an seinem Schreibtisch und schob einen Brief hin und her. „Sie wird es nicht wagen, sich gegen meine Wünsche zu stellen“, murmelte er. Wenig später betrat Sadin den Raum. Suchend sah er sich um, „Kamil, wo ist Morana und Sara?“
Der Araber zuckte mit der Schulter, „meine liebe Frau meint, sie müsse ihren Liebling Sara aus der Gefahrenzone bringen. Wenn ihre Wut verraucht ist, kommen sie beide wieder zurück. Wie kann man nur so ein Aufhebens wegen eines Kusses machen. Schließlich ist Sara eine Bedienstete, wie alle anderen.“
Sadin schaute seinen Freund aus verkniffenen Augen an, „du bist also der Meinung, dass jede Frau hier Freiwild für ein paar Triebgesteuerte Kerle ist?“
   „Sadin, ausgerechnet du sagst das? Dich hat doch die Meinung einer Frau bisher nicht gestört.“
   „Kamil, die meisten der Frauen, waren doch Huren. Aber Sara ist nicht so. Außerdem habe ich ernsthaftes Interesse an ihr.“
Der Scheich lachte schallend, „dass ich das noch erleben darf! Du hast dich doch nicht etwa in dieses kleine Etwas verliebt?“
   „Nenne Sara nicht ein kleines Etwas“, rief Sadin wütend. „Sara ist eine bemerkenswerte, schöne junge Frau und… was mir sehr wichtig ist… sehr anständig. Sie ist keine bemalte künstliche Schönheit, die es nur auf das Geld eines Mannes abgesehen hat. Oder würdest du Morana auch ein etwas Kleines benennen.“
   „Sadin lasse meine Frau aus dem Spiel. Sie spielt in einer ganz anderen Liga mit. Im Übrigen, hast du Morana und Sara gesehen?“
   „Ich sah sie vor einigen Minuten in einen Wagen steigen und mit Achmed wegfahren.“
   „So ein stures Weib“, rief Kamil erbost. „Sie bietet mir die Stirn und das nur, um sich die Vorherrschaft im Haus zu sichern. Na, da werde ich wohl ein sehr ernstes Wörtchen mit ihr reden. So kann sie mich nicht brüskieren, das dulde ich nicht.“
Sadin schaute seinen Freund erstaunt an. „Langsam frage ich mich, was oder wer dir so in die Quere gekommen ist, dass du so ungerecht auf Moranas Bitte reagierst. Schicke Ali zurück zu seinem Vater und alles renkt sich wieder ein.“
Kamil fuhr sich mit der Hand durch seine Haare, „das kann ich nicht.“
   „Weshalb denn das?“
   „Ich habe vor einigen Jahren mit Ali ben Attkir dem Ersten bei einem Kartenspiel gewettet, dass ich seinen Sohn, wenn er das richtige Alter erreicht hat, unter meine Fittiche nehme und ihn zu einem anständigen Mann erziehe.“
   „Bei Allah, schicke ihn nach Hause. Ist doch kein Weltuntergang, wenn du ein Spiel verlierst.“
   „Sadin, ich verliere nicht nur mein Gesicht, sondern auch 3,5 Millionen Euro.“
   „Kamil, du bist verrückt. Dann gib ihm doch das Geld. Der Frieden mit deiner Frau, müsste dir das doch wert sein.“
   „Ist es eine Frau wert, das Gesicht und seine Glaubwürdigkeit zu verlieren?“
Sadin schaute ihn ernst an, „wenn ich eine Frau, wie Morana an meiner Seite hätte, würde ich jeden Ärger auf mich nehmen. Was hilft mir mein untadeliges Gesicht und meine Glaubwürdigkeit, wenn ich dafür die Liebe meines Lebens verlieren würde. Kamil, darüber solltest du ernsthaft nachdenken.“
   „Morana wird sich beruhigen und am Abend wieder hier sein“, spottete Kamil. Sadin spürte die Unsicherheit in den Worten seines Freundes. Seufzend drehte er sich um und verließ das Büro.

Dass die beiden Männer ohne Morana und Sara am Abendbrottisch sitzen würden, ahnten sie noch nicht.



 

Hotel zum leuchtenden Stern

  „Wir sind da Sara, aussteigen.“

Sara, die auf dem Rücksitz geschlafen hatte, setzte sich auf und rieb sich die Augen.
   „Ach, ich habe so schön geträumt“, murmelte sie und stieg aus dem Wagen.
Morana drehte sich zu Achmed um, „bringe das Gepäck rein, ich werde erst noch mit dem Rezeptionisten reden.“
Achmed nickte und holte die Taschen aus dem Kofferraum. Die große Eingangstüre öffnete sich, ein junger Insulaner kam angerannt, griff nach den Gepäckstücken und trug sie hinein.
Der Rezeptionist ließ es sich nicht nehmen, die beiden Damen persönlich in die große Suite zu bringen.
   „Achmed, du quartierst dich in dem kleinen Raum ein, der neben dem Flur liegt. So kann kein Unbefugter die Suite betreten.“
   „Morana, bleiben wir hier?“, wollte Sara wissen und legte ihre Tasche auf einen teuer aussehenden Stuhl.
   „Ja, so lange bis mein Mann endlich einsieht, dass von Ali eine nicht zu unterschätzende Gefahr ausgeht.“
Sara nickte, „na hoffentlich sieht der Scheich das auch so. Ich möchte mit diesem Casanova nichts mehr zu tun haben.“
   „Wirst du auch nicht. Such dir ein Zimmer aus, es gibt drei Schlafräume. Ich nehme das Zimmer gleich hier vorne.“
   „Wow, das ist ja eine richtige Wohnung“, staunte Sara und trat auf eine der drei Türen zu, die von dem Wohnraum abging. Der Schlafraum war groß und geräumig, sehr modern eingerichtet, mit einem begehbaren Schrank und einem ebenso geräumigen Bad ausgestattet.
   „Na, hier lässt es sich leben“, murmelte Sara und packte ihre Reisetasche aus.

 

 

Knapp drei Wochen, wohnten Morana und Sara bereits im Hotel. Sie telefonierte jeden Tag mit Omari und ließ sich über alle Neuigkeiten informieren.
   „Morana, seit Ali erfuhr, dass Sara nicht mehr in der Villa war, drehte er völlig durch. Scheich Kamil meinte, dass er sich schon wieder beruhigen würde.“
   „Und, glaubst du daran Omari?“
   „Wenn ich ehrlich bin… nein. Warum nur lässt der Scheich ihm so viel durchgehen. Ich verstehe ihn nicht mehr.“
Morana seufzte, „das leuchtet mir auch nicht ein.“ Nachdenklich beendete sie das Gespräch. Was ist nur in Kamil gefahren, dachte sie.

 

 

Besessen von Sara

 Zwei Tage später rastete Ali völlig aus, da er Sara nirgends finden konnte. Außer sich vor Wut griff er eines der Zimmermädchen an, das ihm zufällig in der Eingangshalle begegnete. Er schlug blindwütig auf das Mädchen ein, bis es blutend am Boden lag und sich nicht mehr bewegte. Omari kam zufällig in den Eingangsbereich und sah mit Entsetzen, wie Ali wie ein Rasender mit dem Fuß auf die am Boden Liegende eintrat. Mit ganzer Kraft versuchte er den Araber von der Verletzten weg zu ziehen.

Phillip, der Küchenchef hörte den Lärm und lief eilig in die Halle. Er sah Omari, der sich vergeblich bemühte, den Araber von der am Boden liegenden Frau weg zu ziehen.
Mit wenigen Schritten erreichte er die Kämpfenden, ergriff den jungen Burschen am Genick, drückte ihn zu Boden und hielt ihn fest. Omari beugte sich zu der bewegungslosen Frau, um ihr zu helfen.
Von dem Lärm angelockt kam das gesamte Küchenpersonal angerannt. Scheich Kamil und Scheich Sadin kamen ebenfalls. Kamil schaute kopfschüttelnd auf die makabre Szene. „Omari, was ist hier passiert?“
   Sadin hatte sich mittlerweile ebenfalls zu der am Boden liegenden gebeugt. „Omari, wer ist das?“
   Schneeweiß im Gesicht erhob sich Omari und schaute Scheich Kamil anklagend an.
   „Romina ist tot. Ali hat die junge Frau erschlagen.“ Er zog sein Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer.
   „Wen rufst du an?“, wollte Kamil wissen .
   „Die Polizei!“
   „Nein, lass das bleiben, wir kümmern uns selber darum.“
   „Nein Kamil, das werden wir nicht“, mischte sich Sadin ein. „Hier ist ein Mord geschehen und bedarf lückenloser Aufklärung durch die hiesige Polizei. Wir sind hier nicht in Arabien.“
Dreißig Minuten später hielt ein Krankenwagen vor der Villa. Fast gleichzeitig traf auch der Wagen der Kommandantur ein. Ramon und Walter ließen sich den genauen Hergang schildern. Ali schwieg zu den Vorwürfen. Als er in Handschellen abgeführt wurde, blieb er plötzlich stehen, drehte sich um und schrie: „Kamil, ich bin spätestens Morgen wieder da. Sorge dafür, dass Sara hier ist. Sie gehört mir und nur mir.“
Walter gab dem Burschen einen Stoß, dass er durch die Türe stolperte. „Du Misthaufen wirst die Villa so schnell nicht mehr betreten.“
   „Dass ich nicht lache, mein Vater holt mich so schnell aus euren läppischen Zellen, dass ihr spanischen Trottel nicht mal husten könnt.“
Ramon schob den Mann angewidert in das Fahrzeug und zischte: “Diese Beleidigung wird dir noch leidtun. Die Beamten auf dem Festland sind sehr nachtragend.“
   „Was soll ich denn auf dem Festland? Die kleine Puta hat doch hier ihr unnützes Leben ausgehaucht“, höhnte Ali und setzte selbstbewusst hinzu, „bei uns ist das Leben einer Frau weniger wert, als das Leben meines Pferdes.“
Walter schüttelte fassungslos den Kopf. „Ihr seid ja im Mittelalter hängen geblieben. Mord bleibt Mord und dafür wirst du lebenslang in einer Zelle sitzen.“
   „Walter lass uns fahren. Mir wird übel, wenn ich diesem Abschaum noch länger zuhören muss.“
   „Ramon, Ali bleibt doch bei euch im Gewahrsam?“
Ramon, der gerade im Begriff war, in den Wagen zu steigen, drehte sich zu dem Sprecher um.“ Nein, er wird noch heute auf das Festland ins Zentralgefängnis überstellt. Das sollte für dich aber nicht mehr von Interesse sein, oder bist du auch Alis Meinung, dass eine Frau nichts wert ist?“
   „Bei Allah, nein natürlich nicht. Ich muss Alis Vater von der Verhaftung in Kenntnis setzen. Sicher kommt er mit dem nächsten Flieger hierher.“
Ramon schaute Kamil verärgert an, „Kamil du überrascht mich,“ dann stieg er ein und brummte, „Paul gib Gas!“, sein Untergebener nickte und gab im wahrsten Sinne des Wortes Gas. In eine Staubwolke gehüllt, schoss der Wagen den Weg in Richtung Marines davon.
Mit einem abgrundtiefen Seufzer drehte sich Kamil zum Haus um und murmelte, „ihr habt ja alle keine Ahnung, was jetzt auf mich zukommt.“
Sadin, der auf der Treppe stand, schaute seinem Freund voller Sorge entgegen. Was war nur in Kamil gefahren. So unvernünftig hatte er sich doch noch nie verhalten. Was war in Arabien geschehen.     „Kamil, was ist los mit dir? Ich verlange eine Erklärung!“
Der Scheich winkte müde ab. „Ich werde dir alles sagen, aber lass mich erst Ali ben Attkir den Ersten anrufen.“
Das Telefonat war sehr kurz. Ali ben Attkir der Erste wollte so schnell wie möglich nach Marines kommen.
   „Kamil, du hast mir erzählt, dass du dem Scheich 3,5 Millionen Euro schuldest. Warum!“
   „Na ja, ich war noch sehr jung und das Kartenspiel hatte mich in seinen Fängen. Ali wusste sehr genau, wie er mich immer wieder zum Spiel brachte. Als mein Vater von den hohen Spielschulden erfuhr, drehte er mir den Geldhahn zu. Zu der Zeit beliefen sich meine Schulden auf ca. 4 Millionen Dollar. Nach heutigem Stand sind es etwa 3,5 Millionen Euro. Ali machte mir den Vorschlag, seinen Sohn, wenn er das richtige Alter erreicht hatte, unter meine Fittiche zu nehmen, um aus ihm ein anständiges Mitglied der Gesellschaft zu machen. Die Abmachung war, dass er mindestens 2-3 Jahre für mich arbeiten sollte. Ali ben Attkir der Erste, hoffte natürlich, dass sein Sohn bei mir im Palast wohnen und er dann als Vater freien Zutritt zum Palast bekommen würde.“
Sadin schüttelte den Kopf, „das hat sich der Kerl gut ausgedacht.“
   „Allerdings hatte sein Sohn ganz andere Ambitionen. Als ich das Personal für Marines aussuchte, meldete sich Ali sofort freiwillig. Er wollte aus der Reichweite seines strengen Vaters kommen.“
   „Ach, jetzt verstehe ich die ganze Problematik.“
Kamil schaute seinen Freund an und seufzte, „ich sitze sozusagen zwischen zwei Stühlen.“
   „Kamil, das finde ich gar nicht. Du musst diesem Idioten die Stirn bieten. So wie ich Alis ausschweifendes Leben kenne, gibt es doch sicher jede Menge Schuldscheine von ihm. Warum kaufst du sie nicht auf? Bei Allah, du hast doch das Geld dazu.“
   „Habe ich doch gemacht, allerdings hat er sich rundum gut abgesichert und mir ein teuflisches Schriftstück unterschreiben lassen. Unter anderem hat er schriftlich festgehalten, dass ich keinen einzigen Schuldschein bei ihm einkassieren kann.“
   „Warum hast du so einen Blödsinn unterschrieben?“
   „Weil ich in meiner jungen unsäglichen Dummheit gar nicht richtig darauf geachtet habe. Möchte mir gar nicht vorstellen, wie viel Alkohol ich in mir hatte.“
   „Ach so ist das! Darfst du die Schuldscheine wenigstens wieder verkaufen?“
   „Das darf ich.“
   „Dann verkaufe mir diese elendigen Zettel. Ich werde mein Geld dann bei ihm eintreiben.“
   „Sadin du hast ja keine Ahnung, wie hoch seine Schulden mittlerweile angewachsen sind.“
   „Wie hoch?“
Kamil blätterte in einem Ordner und las leise murmelnd die Außenstände.
   „Du meine Güte, der Mann hat ein ansehnliches Polster angehäuft. Im Moment belaufen sich seine Verbindlichkeiten auf 32 Millionen Euro.“
Sadin schaute seinen Freund geschockt an. „Das ist wirklich eine ganze Menge. Wenn Ali nun alles auf einmal zurückzahlen müsste, würde er das leicht verkraften?“
   „Nein, dann wäre er tatsächlich pleite.“
   „Das ist gut, dann verkaufe mir alle Schuldscheine, ich werde das Geld schon irgendwie bekommen.“
   „Nein Sadin, das ist gut gemeint von dir, aber du benötigst dein Geld für den Hotelbau. Du hast schon so viel in das Inselprojekt gesteckt.“
Sadin grinste, „na so arm bin ich nun auch wieder nicht. Natürlich kann ich mich mit deinem Vermögen von ca. 50 Milliarden Dollar nicht messen, kann es mir aber durchaus leisten, auch mal einige Euros zu verlieren.“
   „Erstens sind es keine Dollar, sondern Euro und zweitens, musst du damit rechnen sehr viel Geld zu verlieren.“
Sadin grinste, „wenn mir das Geld ausgeht, gibst du mir ein Darlehen.“
   „Und genau das geht nicht mein Freund. Ali ben Attkir der Erste hat auch daran gedacht. Es gibt eine Klausel, die besagt, dass ich Vertragsbrüchig werde, wenn ich einer anderen Person Geld für den Kauf der Schuldscheine vorstrecke.“
   „Auch gut. Kamil, ich will diese blöden Zettel, alle und jetzt sofort!“
   „Bist du dir da wirklich sicher?“
   „Ja, bin ich. Wozu hat man Freunde!“
   „Gut, dann lass uns beginnen.“
Zwei Stunden später war Kamil um 32 Millionen Euro reicher, Sadin dagegen saß auf einem Berg von Schuldverschreibungen.
   „Sadin, ich finde es trotzdem nicht richtig, dass du dich wegen mir so blank machst.“
Sein Freund schaute ihn empört an, „du glaubst wohl, dass nur du in Geld schwimmst!“
   „Höre auf, ich schwimme nicht in Geld. Der Größte Teil ist fest angelegt, genau wie bei dir. Wie willst du so viel Bares auftreiben?“
   „Kamil, lass das meine Sorge sein. Morgen ist alles auf deinem Konto. So und jetzt zu einem anderen Thema. Du wirst mir einen Wunsch erfüllen.“
Kamil schaute Sadin belustigt an, „was für einen Wunsch?“
   „Du wirst heute mit mir nach Marines fahren und Morana einen Besuch abstatten.
   „Auf keinen Fall! Das kannst du von mir nicht verlangen.“
   „Kamil, ich kann die Überweisung noch stoppen.“
   „Sadin, das ist Erpressung!“
   „Ja mein Freund, das ist es.“
   „Soll ich bei Morana etwa zu Kreuze kriechen und sie anbetteln, dass sie zu mir zurück kommt? Nein…niemals!“
Sadin verdrehte genervt die Augen, „du sollst sie nicht anbetteln, das würde ich nie von dir verlangen. Nein, du sollst dich mit deiner Frau zusammensetzen und die Karten auf den Tisch legen. Ich bin dieses Versteckspiel leid. Wenn das so weiter geht, bin ich alt und grau, bis Sara meine Frau wird.“
Kamil schaute Sadin erstaunt und überrascht an, „dir ist es mit Sara tatsächlich ernst! Darum der Geld Transfer. Bei Allah, dieses Mädchen ist dir all deine Millionen wert?“
   „Ja, ist sie und noch viel mehr. Ich bin in dieses aufmüpfige Weib verliebt. Kein anderer Mann wird dieses wundervolle Geschöpf sein Eigen nennen dürfen.“
Kamil fuhr sich ein wenig ratlos und von Sadins Geständnis überfordert, mit der Hand durch die Haare.
   „Ja, wenn das so ist, kann ich dir diese Bitte nicht abschlagen.“
   „Na, endlich“, murmelte Sadin und erhob sich. „Dann lass uns endlich fahren.“

 

Versöhnung

 

Kurze Zeit später entfernte sich eine Limousine von der Villa in Richtung Marines. Zwei Männer saßen im Fond des Wagens. Sadin schaute vergnügt grinsend aus dem Fenster, während Kamil verbissen vor sich hinstarrte.
Als der Wagen vor dem Hotel zum Stehen kam, schaute Kamil seinen Freund missmutig an.
   „Sadin, ich könnte dir den Hals umdrehen! Warum habe ich mich nur auf diese blöde Idee eingelassen.“
Sadin sprang aus dem Wagen und lief lachend auf den Hoteleingang zu. „Kamil, mein Freund“, rief er über die Schulter zurück“, weil ich dir keine andere Wahl gelassen habe.“
Achmed, Moranas persönlicher Begleiter und Chef der Wachsoldaten, klopfte an eine Türe und wartete auf die Aufforderung, den Raum betreten zu dürfen. Allerdings kam er nicht dazu, seinen Chef bei Scheicha Morana anzumelden, da dieser ihn brüsk zur Seite schob und das Zimmer betrat.
Morana schaute den Eintretenden erschrocken an. Sie hatte mit allem gerechnet, aber nicht mit ihrem Mann.
   „Kamil, was tust du hier?“
   „Dich nach Hause holen, was sonst“, brachte er bissig über die Lippen.
Jetzt erkannte sie auch den zweiten Besucher, der hinter Kamils breitem Rücken stand.
   „Sadin, welche Überraschung“, sagte sie spöttisch. „Jetzt verstehe ich. Du hast deinen Freund wohl überredet hierher zu kommen. Alleine hätte Kamil den Weg zu mir sicher nicht gefunden.“
Sadin zuckte mit der Schulter und wandte sich an Sara, die ihn mit großen Augen anstarrte.
   „Sara, du kommst mit mir, Morana und Kamil haben einiges zu bereden, genauso wie ich mit dir.“
Die junge Frau schüttelte den Kopf, „nein ich bleibe hier bei Morana.“
   „Sara, geh ruhig mit Sadin. Ich werde mit meinem Mann alles sehr schnell geklärt haben.“
Zögernd stand sie auf und als er ihre Hand ergriff, spürte er, dass sie zitterte.
   „Keine Angst“, sagte er leise, „ich beiße dich nicht.“
   „Da bin ich mir nicht so sicher,“ murmelte sie und ließ sich von Sadin aus der Hotelsuite führen. Im Aufzug entzog sie ihm ihre Hand und starrte ihn böse an. Der Scheich schwieg, bis sie vor der großen Eingangstüre standen.
Mehmet, der Fahrer der Limousine, kam auf sie zu, „Scheich Sadin, setzt euch in den Wagen, da ist es wärmer.“
Sadin nickte, dann schob er Sara, ohne auf ihre Zustimmung zu warten, auf den Rücksitz.
   „Was soll ich hier“, begehrte Sara auf und versuchte die andere Wagentüre zu öffnen.
   „Du bleibst hier und hörst mir zu“, brummte er verärgert und zog sie mit einem Ruck in seine Arme.
   „Sara, hier gehörst du hin und da bleibst du auch.“
   „Ach, und wie lange willst du mich hier festhalten?“
   „Ein ganzes Leben lang. Sara willst du meine Frau werden?“
Verblüfft platzte sie heraus, „nein, das will ich sicher nicht!“
Sadin legte eine Hand unter ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. „Sara, warum hasst du mich so sehr?“
   „Ich…!, ich hasse dich doch nicht“, stammelte sie.
Sadin beugte sich zu ihr. Als sich seine Lippen auf ihren Mund legten, war sie verloren. Er zog sich ein wenig von ihr zurück und schaute sie liebevoll an. „Sara, wie oft hast du schon einen Mann geküsst?“
   „Zwei“, als sie seinen wütenden Gesichtsausdruck sah, setzte sie leise hinzu, „Omari und Phillip, aber auf die Wange.“
Sadins Miene erhellte sich. Wieder zog er sie in seine Arme und küsste sie zärtlich. „Wirst du mich heiraten?“
   „Warum willst du ausgerechnet mich heiraten? Welche Nummer würde ich denn in deiner Sammlung bekommen? Die eins sicher nicht. Eher Ehefrau Nr. 2, 3, oder 4?“
Sadin schaute sie empört an. „Sag mal, spinnst du? Du wirst meine einzige Frau sein. Wie kommst du auf eine so absurde Idee!“
   „Lüge mich nicht an. Es ist doch Jedem bekannt, dass ihr bis zu vier Frauen heiraten könnt. Scheich Kamil hatte doch auch vier Ehefrauen. Dafür eigne ich mich nicht. Wenn ich heirate, will ich den Mann für mich alleine.“
   „Sara, das stimmt, aber wir sind in Europa und halten uns an die hier geltenden Gesetze. Außerdem ist Kamil ein Prinz und sein Vater hat ihm die vier Frauen auf das Auge gedrückt. Das war politisch unumgänglich, um den Frieden im Land zu sichern. Ich habe, Allah sei Dank, keinen Vater, der mich unter Druck setzen kann. Verdammt noch mal, ich will, dass du meine Frau wirst, weil ich dich liebe. Ich könnte es nicht ertragen, wenn dich ein anderer Mann anfasst.“
   „Sadin, dir laufen doch die schönsten, tollsten und sicher auch die reichsten Frauen nach. Was willst du ausgerechnet mit mir, ich bin ein Niemand!“
   „Sara, Sara, Sara, hörst du dich eigentlich selbst reden? Du bist kein Niemand! Du bist mit Abstand die schönste, tollste und begehrenswerteste Frau die ich kenne. Ich habe dir doch gerade gesagt, dass ich dich liebe. Wie oft muss ich dir das denn noch sagen, dass du mir endlich glaubst?“
Sara versank förmlich in seinen dunklen Augen. Sie verzog ihre Lippen zu einem breiten Lächeln, „am besten jeden Tag.“
Verdutzt schaute er sie an, dann dämmerte ihm, das dieser Satz von ihr, gleich bedeutend ein „Ja“ war. Überschäumend vor Freude zog er sie noch enger an sich und küsste sie voller Leidenschaft. Dieser Kuss hob Saras kleine Welt regelrecht aus den Angeln.
   „Liebling, lass uns in zwei oder drei Tagen heiraten, dann gehörst du für immer zu mir.“
Sara befreite sich aus seinen Armen und schob ihn entrüstet zurück. „Du spinnst wohl. Unterbreitest mir im Auto einen unromantischen Heiratsantrag! Der Höhepunkt ist, dass ich dich in wenigen Tagen heiraten soll, ohne Feier und ohne weißes Kleid! Das kannst du vergessen.“
Sadin schaute erschrocken in Saras wunderschöne Augen, die in Tränen schwammen.
   „Aber Sara, das hat sich gerade so ergeben. Natürlich bestimmst du den Tag unserer Hochzeit. Höre bitte auf zu weinen. Lasse uns in die Villa fahren und alles mit deiner Mutter besprechen.“ Sadin zog sie wieder in seine Arme und küsste sie zärtlich.

Mittlerweile hatte sich Kamil Morana gegenüber auf einen Stuhl niedergelassen. „Morana, wann gedenkst du, endlich wieder nach Hause zu kommen. Du fehlst nicht nur mir, sondern allen. Wenn du nicht bald kommst, zetteln die Angestellten einen Aufstand an. Ich muss jeden Wunsch oder Befehl dreimal wiederholen, weil sie sich quer stellen. Hoffentlich hat Sadin bei Sara mehr Glück.“
   „Was will er denn von Sara?“
Kamil seufzte abgrundtief auf. „Er will Sara heiraten.“
   „Was?“
   „Ja, du hast richtig gehört. Er ist fast so besessen von dem Mädchen, wie Ali.“
   „Das fehlte noch, dass er Sara das Herz bricht. Ich weiß ja, dass sie in diesen Casanova verliebt ist. Hat er sie erst einmal in sein Bett geholt, lässt er sie fallen, wie eine heiße Kartoffel. Das werde ich nicht zulassen! So ein Tunichtgut.“
   „Morana stopp! Sadin darfst nicht einmal du beleidigen. Er ist kein übler Kerl und hat ein gutes Herz.“
   „Wie kommst du auf so eine absurde Idee“, gab seine Frau zur Antwort und brach in schallendes Lachen aus. Kamil schaute wütend ihren Heiterkeitsausbruch an. „Morana, ich erkenne dich nicht mehr.“
Wieder ernst werdend, schüttelte sie den Kopf. „Kamil, was erwartest du von mit? Dass ich demutsvoll mit dir in die Villa zurückkomme und dem böswilligen Ali zusehe, wie er sich an jeder jungen Frau vergreift und du das augenscheinlich auch noch tolerierst? Es würde nicht lange dauern und ich wäre für deine Angestellten nur noch eine Untergebene, die nach deiner Pfeife tanzt. Nein, das mache ich nicht mit. So sehr ich dich auch liebe, das geht entschieden zu weit. Ich habe mir in Monatelanger harter Arbeit den Respekt der Leute verdient und werde nicht einen Schritt zurücktreten.“
Kamil lächelte plötzlich, streckte die Hand aus und umschloss ihre Finger. „Morana, solange du mich liebst, wird alles gut. Bevor du mir deine Bedingungen unterbreitest, muss ich dir etwas sagen. Es fällt mir nicht leicht, dir etwas zu erzählen, dass ich schon viele Jahre mit mir herumschleppe.“ Kamil fuhr sich nervös mit der Hand durch seine dichten Haare, dann gab er sich einen Ruck. „Sadin hat erst gestern gesagt, lege endlich deine Karten auf den Tisch, bevor du nicht nur deine Ehe, sondern auch dein Leben riskierst.“
   „Kamil, du machst mir Angst. Was bedrückt dich so?“
Wieder seufzte Kamil, „ich muss weiter ausholen. Die Geschichte begann schon lange vor unserer Vermählung.“ Kamil berichtete seiner Frau nun die ganze unselige Geschichte mit dem Glücksspiel, mit Ali ben Attkir dem Ersten, dem vielen Geld das er an Ali verlor und von Alis Sohn.
   „Glaube mir, das Geld kann ich leicht verschmerzen. Doch Ali kann mich geschäftlich ruinieren. Er wird alles tun, damit mein bisher guter Ruf Vergangenheit wäre.“
Morana schaute Kamil entsetzt an, „so wie ich dich kenne, bist du alle Möglichkeiten durchgegangen.“
Kamil nickte.
   „Gibt es Schuldscheine von diesem Ekel?“
   „Ja, die habe ich alle aufgekauft, aber laut Vertrag darf ich ihm keinen Schuldschein präsentieren. Er hat an alles gedacht, nur mit Sadins genialem Plan, den sich dieser ausgedacht hat, darauf ist er nicht gekommen.“ Dann berichtete er von Sadins Einfall.
   „Moment mal, Sadin kann sich doch nicht selbst verschulden. Er braucht dringend das Geld für den Bau seines Insel-Hotels!“
   „Hat er! 32 Millionen Euro sind bereits auf meinem Konto“
Morana schüttelte den Kopf, „Sadin ist vollkommen verrückt. Wie begründet er diesen Wahnsinn?“
Kamil lächelte, „er sagte, wozu hat man Freunde. Das Geld wollte er aber erst überweisen, wenn ich zu dir fahre und endlich mit dem ganzen Mist aufräume.“
   „Aha, freiwillig wärst du also nicht gekommen.“
Kamil druckste herum, bis er endlich mit der Wahrheit herausrückte. „ich wollte die letzten Tage schon kommen, war aber zu stolz dazu. Sadins Kampfansage war für mich die richtige Ausrede.“
   „Bei Allah“, lachte Morana, „du bist tatsächlich der sturste Esel, den es gibt.“
Kamils dunkle Augen funkelten listig, „dafür wirst du mir heute Nacht Abbitte leisten.“
   „Ach, und wo? Ich bin noch nicht bereit, mit dir in die Villa zurückzukehren.
   „Kein Problem, meine Liebe.“
Kamil stand auf, ging um den Tisch herum, griff nach Moranas Armen, zog sie hoch und schloss sie in eine feste Umarmung. Sein Kuss war wild und leidenschaftlich, dem sich seine Frau willig unterwarf.
   „Mein Liebling“, murmelte er an ihren Lippen, ich bleibe heute Nacht hier und es ist mir egal, wenn das ganze Hotel deine Lustschreie hört. Und damit fangen wir gleich an.“
   „Kamil, du bist verrückt,, das kannst du mir nicht antun. Was soll den Sara von mir denken!“
   „Sara ist dein kleinstes Problem“, lachte Kamil und fing an ihre Bluse zu öffnen.
   „Kamil… nein, nicht hier, komm.“ Morana zog ihn mit sich in ein angrenzendes Zimmer.
   „Sieh an, für wen ist denn das zweite Bett! Du hast doch nicht etwa einen Liebhaber?“
   „Höre auf mit deinen haltlosen Unterstellungen.“ Morana stöhnte auf, als Kamils Hand eine Brust umfasste und sie liebevoll knetete. Kamils heiseres Lachen bescherte ihr eine Gänsehaut. „Du kannst mir immer noch nicht widerstehen, das liebe ich an meiner Frau.“
Einige Minuten später lagen sie beide nackt auf dem Bett. Morana wand sich stöhnend unter seinen leidenschaftlichen Liebkosungen.
   „Du gehörst mir“, flüsterte er in Moranas Ohr und schob einen Finger tief in ihre Vagina.
   „Kamil.. komm endlich, nimm mich“, bettelte sie.
   „Nicht so schnell mein Liebling. Ich will dich vor Leidenschaft brennen sehen, du sollst mich anflehen dich zu nehmen, dann erst werde ich dich reiten, wie meine beste Stute.“
   „Du bist gemein“, stöhnte Morana und fasste mit festem Griff sein halb erigiertes Glied, dass sich sofort zu seiner vollen Größe aufstellte. Jetzt war es Kamil der laut stöhnte. „Meine kleine Hexe, du weißt wie du mich herausfordern kannst.“ Laut stöhnend zog er seine Finger zurück und schob sich über sie. „Liebling, lass mein Glied los, sonst komme ich sofort. Ich will mich in dir ergießen und nicht über deine Hand.“
Mit einem kräftigen Stoß versenkte er sich tief in ihr. Kamil war so erregt, dass es nur ein paar heftiger Stöße bedurfte und er über die Klippe stürzte. Mit einem lauten Schrei wurde er von einem Orgasmus überrollt, der auch Morana mit riss.
   „Bei Allah“, kam es stöhnend über seine Lippen,  „das war… das war unbeschreiblich!“
Morana war immer noch so erregt, dass Tränen über ihre erhitzten Wangen liefen. Kamil stützte sich auf seinen Unterarmen ab, um sie von seinem Gewicht etwas zu entlasten.
   „Morana, ich liebe dich mehr als mein Leben. Ich verspreche dir, dass ich alles tun werde, um dir das Leben zu erleichtern.“
   „Kamil, gib keine Versprechungen ab, die du dann nicht hältst.“
   „Lasse dich überraschen mein Liebling. Schlaf jetzt, denn morgen haben wir beide einiges vor.“
Morana war schon halb im Reich der Träume, als sie Kamils Finger spürte, die sich zwischen ihre Beine schob und ihre Klitoris verwöhnte.
   „Kamil“, stöhnte sie auf, Wenn du nicht aufhörst, will ich dich gleich noch einmal in mir spüren.“
Er lachte leise und schob sich über sie. „Genau das wollte ich von dir hören“, flüsterte er an ihrem Ohr und drang tief in sie ein.

 

 

Sandra setzte sich durch. Sie wollte Morana unbedingt Bescheid sagen, dass sie gezwungener maßen mit Sadin in die Villa fuhr. Als sie den Wohnraum der Suite betrat, schaute sie sich verwundert um.
   „Nanu, wo sind sie denn hin?“ Plötzlich hörte sie aus Moranas Schlafraum lautes stöhnen. Im ersten Moment wollte sie in das Zimmer stürmen, um der vermeintlich verletzten Scheicha zu Hilfe zu eilen, da wurde sie am Arm gepackt und zurück gerissen. Als sie sich wütend nach dem vermeintlichen Angreifer umdrehte, stand Sadin hinter ihr und legte ihr einen Finger auf die Lippen.
   „Komm“, flüsterte er und zog sie aus dem Wohnraum.
Als er Sara im Aufzug schweigend musterte, sah er ihre vor Verlegenheit roten Wangen. Er konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. Sie bemerkte seine Belustigung und fuhr ihn wütend an, „Schau mich nicht so überheblich an. Ich mag ja naiv sein, bin aber nicht blöd.“
   „Sara, niemand hält dich für blöd. Es hat mir eben gefallen, wie verlegen dich diese Situation gemacht hat.“
Sara brummte etwas von Macho vor sich hin, gab aber sonst keinen Kommentar ab.
Beide schwiegen, bis sie wieder vor dem Eingangsportal des Hotels standen.
Mehmet einer der Fahrer, stand an die Limousine gelehnt und telefonierte. Als er den Scheich erblickte unterbrach er sein Gespräch sofort und öffnete die Auto Türe. Sadin nickte dem großen Araber zu und dirigierte Sara zum Wagen.
   „Steig ein, da ist es warm. Hier draußen erfrierst du mir ja.“
Als Sara sich auf die breite Rückbank kuschelte, schloss Sadin die Türe und wandte sich an den Security.
   „Mehmet, ich möchte, dass du Achmed Bescheid gibst, dass er uns in die Villa fährt. Du bleibst so lange hier, bis Kamil dir einen anderslautenden Befehl gibt.“
Mehmet nickte und verschwand im Hotel. Sadin setzte sich zu Sara in den Fond des Wagens.
   „Sara höre mir zu. Achmed wird uns in die Villa fahren.“
   „Und was ist mit Morana und Kamil?“
Sadin seufzte, „Mädchen die Versöhnung der Beiden dauert bestimmt noch länger.“
Ihre Wangen färbten sich erneut rot, als sie an die eindeutigen Geräusche dachte.
Minuten später stieg Achmed ein. Sadin nickte dem Security Chef zu und sagte auf Arabisch,
   „Achmed halte vor dem Juweliergeschäft an und sage ihm, er soll mit seiner Ringtasche so schnell wie möglich in die Villa kommen.“
Achmed nickte und fuhr los. Sara schaute den Scheich missmutig an. „Immer wenn du arabisch sprichst, geht es um etwas, das ich nicht hören soll.“
Sadin drückte Sara lachend an sich. „Meine Blitzgescheite Braut. Wenn wir in der Villa ankommen, wird Achmed dich in meine Räume begleiten. Ich schicke dir Lena zur Unterhaltung.“
   „Warum das denn?“
   „Weil ich mit deiner Mutter sprechen will.“
   „Da kann ich doch dabei sein!“
   „Nein kannst du nicht mein Herz. Ich möchte ganz formell um deine Hand anhalten. Wenn du dabeistehst, bringst du mich durcheinander. Mach einmal das, was ich dir sage.“
   „Na so oft hast du mir das noch nicht gesagt“, maulte sie und stieg aus dem Wagen. Während Sadin mit langen Schritten auf das Haus zu eilte, blieb Achmed zögernd neben der offenen Wagentüre stehen.
   „Dann komm Großer“, meinte Sara verstimmt. Achmed ging neben ihr her. Als er ihr die Eingangstüre aufhielt, räusperte er sich vernehmlich. Sara schaute in seine dunklen fragenden Augen.
   „Achmed, du möchtest sicher wissen, ob ich schon mit Lena geredet habe?“
Als er nickte, grinste sie ihn an. „Habe ich. Als dein Name fiel, ist sie rot wie eine reife Tomate angelaufen und ja, sie hat dich sehr wohl bemerkt. Hat sich allerdings bei dir keine Chancen ausgerechnet. Jetzt musst du die Initiative ergreifen, sonst rennt ihr weiterhin mit blinden Augen aneinander vorbei.“
Achmed schaute Sara zufrieden an, „ja das werde ich.“
Der Araber brachte Sara bis zu Sadins Wohnräume, dann drehte er sich um und stieß ausgerechnet mit Lena zusammen. Bevor sie das Gleichgewicht verlor, hielt er sie an beiden Armen fest und grinste in ihr vor Verlegenheit rotes Gesicht.
   „Nicht so stürmisch, schönes Fräulein. Wir haben jede Menge Zeit uns näher kennen zulernen. Morgen Abend, 20 Uhr hole ich ab, dann fahren wir nach Marines zum Essen.“
Sprachs und ging mit sich und der Welt zufrieden die Treppe nach unten.
Lena sah ihm fassungslos hinter her.
   „Das glaube ich nicht. Was ist denn das für ein Selbstherrlicher Kerl?“
Sara brach in Lachen aus und zog ihre Freundin ins Zimmer.
   „Also so habe ich es nicht gemeint, als ich ihm sagte, er solle die Initiative ergreifen.“
   „Dann hast du ihm diesen Floh ins Ohr gesetzt. Er hätte mich doch wirklich fragen können, ob ich überhaupt mit ihm Essen gehen will.“
   „Dann sage ihm doch einfach ab!“
   „Sara bist du verrückt! Ich bin doch froh, dass er endlich den Mund aufmacht.“
Sara umarmte lachend ihre Freundin, „Lena freue dich doch auf Morgen und genieße den Abend. Jetzt sag mir endlich was Sadin in der Küche macht. Hat er sich mit meiner Mutter schon duelliert?“
Lena schüttelte den Kopf, „ich habe nicht viel mitbekommen, da der Scheich mich mit Gewalt aus der Küche bugsiert hat, mit dem Auftrag, dass du unter keinen Umständen die Treppe nach unten gehen darfst. Erst, wenn er dich ruft.“
   „Du meine Güte, der macht es aber spannend. Komm setze dich zu mir und erzähle, was sich in den letzten drei Wochen alles ereignet hat. Hoffe Ali sitzt im Keller in einer sicheren Zelle.“
Lena lieferte ihrer Freundin einen ausgiebigen Bericht. Sara schlug entsetzt die Hand vor den Mund, als sie von Alis Ausraster und dem tödlichen Angriff auf Romina hörte.

 


Sadin betrat die Küche und schaute sich suchend nach Alba um. Phillip kam gerade aus seinem kleinen Büro. „Ola Sadin, wenn du auf der Suche nach Sara bist, die ist nicht hier.“
   „Nein ich suche Alba.“
   „Ich bin hier“, sagte eine Stimme hinter ihm. „Um was geht es denn?“
Sadin drehte sich zu der Sprecherin, „Alba, ich möchte dich etwas fragen.“
   „Ach ja und was?“
   „Alba, ich bitte dich um die Hand deiner Tochter.“
   „Was sagt Sara dazu?“
   „Sie hat ja gesagt, mich aber im gleichen Moment als unromantischen Macho bezeichnet, da ich ihr den Antrag im Auto gemacht habe.“
Alba konnte sich nicht mehr zurückhalten. Sie brach in belustigtes Lachen aus. „Das klingt ganz nach meiner Tochter. Ich bin allerdings nicht sehr begeistert von deinem Antrag.“
   „Warum nicht?“
   „Soll Sara dann in einem Harem verschwinden? Welche Ehefrau wäre sie dann? Am Anfang sicher deine Lieblingsfrau und wenn du genug von ihr hättest würde sie die zweite, dritte oder vierte Frau werden.“
   „Alba, Sara wird meine einzige Frau sein. Wir werden hier auf Marines leben.“
   „Wenn du mir das garantieren kannst, hast du meinen Segen.“
Der Scheich umarmte Alba voller Freude. Er würde Sara auch gegen jeden Widerstand heiraten. Aber er wusste auch, wie sehr Sara an ihrer Mutter hing.
   „Alba, Phillip, jetzt brauche ich eure Hilfe.“
Als der Küchenchef von Sadins Plan hörte, erfüllte sein dröhnendes Lachen die Küche. Er klatschte in die Hände, rief ein paar Kommandos und schon erwachte die Küche zum Leben.
Plötzlich wurde emsig gearbeitet.
Mittlerweile war auch der Juwelier Jaroso eingetroffen. Sadin, Phillip, Alba und der Mann mit seinem teuren Koffer verschwanden im Büro des Küchenchefs. Alba klatschte vor Freude und Staunen in die Hände, als sie die wundervollen schillernden Ringe sah.
   „Alba. Was denkst du wird Sara für ein Ring gefallen?“
Der Juwelier reichte ihr einen wahren Traum von Ring. Sie probierte ihn, dann schüttelte sie den Kopf. „Nein, der ist viel zu wuchtig, viel zu protzig.“
Sadin ließ ihr einen Ring nach dem anderen probieren, doch bei jedem Stück hatte sie etwas auszusetzen. Phillip wechselte mit dem Schmuckverkäufer einen Blick. Sie hatten beide bemerkt, dass Alba einen schlichten Platinring mit kleinen Diamanten bereits zum dritten Mal anprobiert hatte. Ihre Augen leuchteten auf, wenn sie ihn an ihrem Finger bestaunte. Phillip nickte dem Juwelier zu, was dieser sofort verstand.
Sadin suchte immer noch nach dem passenden Verlobungsring. Plötzlich wurde er auf einen blauen Stein aufmerksam, den er bisher übersehen hatte. Ein blauer Diamant, eingerahmt von kleinen weißen Diamanten.
   „Das ist der Ring, der zu Sara passt“, rief er aus. Senior Jaroso lächelte, „das ist auch das schönste und teuerste Stück, das ich Momentan im Angebot habe. Blaue Diamanten von dieser Reinheit sind äußerst selten.“
Selbst Saras Mutter war begeistert und so war man sich schnell einig.
Phillip wandte sich an Alba, „würdest du bitte nach der Hummersuppe sehen? Saras Lieblingsessen soll doch einwandfrei werden.“
Alba nickte und verschwand aus dem Büro. Juwelier Jaroso überreichte den beiden Männern die kleinen Ringschächtelchen, die sie eilig in ihren Hosentaschen verschwinden ließen.
Jaroso verabschiedete sich und verließ zufrieden vor sich hinlächelnd das Haus. Der späte Besuch in der Villa hatte sich wieder einmal gelohnt. Ein Platinring für 3.200,00 € und der blaue Diamantring, ebenfalls Platin für 17.800,00 €, in einer guten Stunde verkauft.
Sadin betrat das Speisezimmer und blieb überrascht im Eingang stehen. Die Angestellten hatten in der kurzen Zeit wahre Wunder vollbracht. Der Raum wurde von vielen Kerzen in ein warmes Licht getaucht. Der Tisch war wundervoll für zwei Personen eingedeckt. Dekorativ standen überall Vasen mit Blumen in allen Farben und vervollständigten das bunte Bild.
   „Sadin hast du dir das so vorgestellt?“
Er drehte sich um und schaute in Albas lachende Augen.
   „Das ist so schön, mir fehlen die Worte Alba. Wo habt ihr auf die Schnelle diese vielen, wunderschönen Blumen her?“
Saras Mutter strahlte ob des Lobes. „Wir haben unseren Garten etwas geplündert. Ach ja, warum ich hier bin, das Essen ist fertig.“
   „Wunderbar, ich sage Sara sofort Bescheid.“

 

Impressum

Texte: Lissa Seebauer
Bildmaterialien: Cover von Horst Hübner
Tag der Veröffentlichung: 27.05.2015

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