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1.Kapitel Bei den Mecklens




Ich lag in meinem Bett, las ein Ponymagazin und träumte zum hunderttausendsten Mal von meinem eigenen Pferd. „Katarina, Kati!“ Eine Stimme riss mich aus meinen Gedanken. „Träumst du schon wieder von deinem eigenen Pferd?“ Meine Mum, Klaudia Maran, sah mich an. „Ist was?“, fragte ich. „Wir sind heute bei unseren Nachbarn, Herr und Frau Mecklen, eingeladen“, erklärte Mum. „Ich bin doch schon 15! Kann ich nicht zu Hause bleiben?“, bettelte ich. Meine Mutter sah mich streng an. „ Nein, deine Schwester kommt ja auch mit!“ Aha. Meine Schwester, Pauline. Sie war das komplette Gegenteil von mir. Ich hatte blondes Haar und meine Schwester schwarzes mit rosa Strähnchen. Während meine grünen Augen freundlich strahlten trugen Paulines braune Augen fast immer einen eitlen Blick. Nun kamen mein Dad, Georg Maran, und meine Schwester ebenfalls in mein Zimmer. „ Kommt ihr?“, fragte Dad. „Wir müssen los.“ Meine Familie und ich stolperten die Treppe herunter, zogen uns Jacke und Schuhe an, schlenderten zum Haus unserer Nachbarn und klingelten an. Frau Mecklen machte uns die Tür auf. Die kugelrunde Frau führte uns in das Wohnzimmer, wo Herr Mecklen uns freundlich anlächelte. „ Setzen Sie sich doch.“ Frau Mecklen deutete mit ihrem dicken Finger auf ein Sofa, Herr Mecklen zeigte auf ein anderes. Wir verteilten uns auf die beiden Sofas. Meine Schwester und ich auf das linke, Mum und Dad auf das rechte. Herr Mecklen ließ sich neben Mum und Dad auf das Sofa fallen und zu Paulines und meinem Bedauern setzte Frau Mecklen sich zwischen mich und meine Schwester. Zum großen Überfluss musste unsere Nachbarin auch noch ihre Arme um uns legen. „ Ach so, Katarina“, räusperte sich Frau Mecklen und sah mich an. „ Ich glaub ich hab da was für dich. Du magst doch Pferde, oder?“ „ Ja!“ Ich nickte. Unsere Nachbarin sprach weiter: „ In 2 Wochen, also in den Sommerferien, gibt es eine Pferdeauktion… Würdest du da nicht gern dein eigenes Pferd haben?“ Ich wandte mich meinen Eltern zu und bettelte: „Oh, ja! Bitte, bitte, bitte!“ Meine Mutter schaute meinen Vater an, der nickte und sie sagte: „Also gut, einverstanden.“ „ Juhu!!!!!!!“ Ich stand auf und umarmte stürmisch meine Mum und fast, aber auch nur fast, wäre ich Frau Mecklen auch um den Hals gefallen.


2. Kapitel Wie wird mein Pferd aussehen?


Ich saß mit meiner besten Freundin Franzi Müller auf meinem Bett. Franzi hatte einen Laptop auf ihrem Schoß. "Die Pferdeauktion ist in Essen- Haarzopf, oder?", fragte sie. "Genau", erwiderte ich. "Wie wird mein Pferd wohl aussehen?" "Ich hab die Auktion gegooglet. Hier sind von ein paar Pferden Fotos!", murmelte meine Freundin. Sie zeigte mir ein paar Bilder. "Und? Wie findest du die Pferde? Die sind doch ganz süß!" Franzi schaute mich fragend an. "Die Pferde sind in Ordnung. Aber mein Traumpferd war da nicht bei." Ich schaute etwas enttäuscht drein. "Bei der Auktion gibt es ja auch noch andere Pferde! Komm, wir holen uns ein Eis!", schlug Franzi vor. Ich nickte, stand auf kramte aus einer Schublade etwas Kleingeld hervor und ging mit meiner Freundin runter ins Wohnzimmer. "Wo wollt ihr hin?", fragte eine Stimme als ich gerade die Tür aufmachen wollte. Ich drehte mich um, aber ich hatte aus irgendeinem Grund keine Lust zu antworten."Hallo!! Bekomm ich mal eine Antwort?",fragte meine Schwester genervt. "Wieso willst du das wissen?", fragte ich zurück. "Wieso denn nicht?" Pauline sah mich mit durchdringenden Blick an. Ich verschrenkte meine Arme vor meiner Brust und öffnete meinen Mund um etwas zu sagen, aber Franzi war schneller: "wir wollen zur Eisdile!" "Gut, ich komm mit!" Pauline streifte sich eine pinke Jacke über und zog dazu passende rosa Sandalen an.
Wir stiegen in den Bus ein. Die ganze Fahrt über wechselten wir kein Wort. Nach 2 Haltestellen stiegen wir aus. "Kommst du?", fragten Franzi und ich meine Schwester, die im Bus geblieben war. "Ähm, ähhh, ähä", stammelte sie. "Das geht euch nichts an!", meinte Pauline schließlich ernergisch. Ich öffnete meinen Mund um etwas zu sagen, da schloss sich die Bustür und der Bus fuhr weiter. "Sie macht mich so wütend!" Ich ballte meine Hände zu Fäusten und lief rot an. "Ach, lass sie doch!" Franzi packte mich am Arm und zog mich zu einem freien Tisch der Eisdile.
"Wie wird mein Pferd aussehen?", fragte ich mich immer wieder während ich mein Erdbeereis aß.

3. Kapitel Alles rückt näher


Ich lag in meinem Bett und las mein Ponymagazin weiter. Alles rückte näher: Die Zeugnisausgabe, die Sommerferien und die Pferdeauktion. Natürlich freute ich mich am meisten auf die Pferdeauktion. Doch als erstes kam die Zeugnisausgabe. "Vier Dreien, sechs Vieren und zwei Fünfen! Das gibt's doch nicht!", rief Franzi entsetzt. "Ach, egal! Was hast du, Kati?" "Sechs Einsen, vier Zweien und zwei Dreien", antwortete ich. Franzis Unterkiefer klappte nach unten. "Und was hast du, Pauline?", fragte sie weiter. "Das sag ich nicht!" Meine Schwester presste ihr Zeugnis fest an sich. "Komm schon!", drängte meine Freundin. "Lass mal sehen!" "Nein!", keifte Pauline und ging davon. "Alter Sturrkopf!", murmelte ich belustigt.
Als nächstes kamen die Sommerferien. Ich saß im Wohnzimmer. Mein Handy klingelte. Ich meldete mich: "Katarina Maran hier." "Hi, Kati", sagte Franzi. "Kommst du zur Eisdile?" "Okay, bis gleich" Ich legte auf und machte mich auf den Weg zur Eisdile. Franzi wartete dort schon auf mich. Ich lief auf sie zu. "Endlich Ferien" Meine Freundin lächelte. "Die Schule stand mir schon bis zum Hals!" Ich nickte. "Ich hab erst mal Ärger von meiner Mutter bekommen, wegen meinem schlechten Zeugnis", redete Franzi weiter. "Ich meine, wozu brauch ich Mathe, wenn ich später ein Model werden möchte?!" "Du? Ein Model?!", lachte ich. Die Vorstellung, dass Franzi in kurzen, engen Kleidern über die Bühne stolzierte war einfach zu komisch. "Wieso denn nicht? Ich bräuchte dann wenigstens kein Mathe!" Meine Freundin zuckte mit den Schultern.
Die Tage bis zur Pferdeauktion krochen da hin wie Schnecken. Doch endlich war es so weit.

4. Kapitel Wo ist Pauline?


"Wo ist Pauline?", fragte ich meine Eltern am Morgen der Pferdeauktion. "Ist sie nicht in ihrem Zimmer?" Meine Mutter nippte an ihrem Tee. "Nein, da hab ich schon nachgeschaut", antwortete ich. "Wo kann sie denn sein?" Mein Dad legte seine Zeitung bei Seite. "Ich hab in jedem Raum nachgesehen. Abgesehen vom Keller..." Ich rannte in den Keller. Pauline war nicht da. Aber ihr Fahrrad auch nicht. Ich wollte wieder hochgehen, da bemerkte ich einen Zettel der an der Kellertür hing. Ich brachte ihn meinen Eltern. "Ich binn von zu Hause wek gelauven. Keine Ankst, mir get es guht. Libe Grüze, Pauline", las meine Mutter entsetzt vor. Sie wurde kreidebleich. "Ziemlich viele Rechtschreibefehler", merkte mein Vater an. Das spielt doch keine Rolle!", rief meine Mutter. Wir verständigten sofort die Polizei."Am besten suchen wir nach Pauline, Klaudia", schlug mein Vater meiner Mutter vor. Sie nickte und streifte sich eine Jacke über. "Ich bin rechtzeitig zur Pferdeauktion wieder da!", sagte Mum an mich gewandt und verließ mit meinem Dad das Haus. Ich saß wie gelähmt auf dem Sofa. Pauline und ich hatten uns zwar bisher nicht sehr gut verstanden, aber sie war meine Schwester. Ich machte mir große Sorgen. Ob ihr etwas passiert war? Ich stand auf, holte mir einen Zettel, kritzelte drauf: "Ich suche Pauline, Kati" und holte mein Fahrrad aus dem Keller. Als erstes fuhr ich zum Kosmetiker, dann zum Kleiderladen, dann zum Friseur und anschließlich durchsuchte ich das Einkaufszentrum. (Das waren alles Läden, in denen man Pauline am häufigsten antraf). Es war inzwischen später Nachmittag. Ich wollte gerade nach Hause radeln, da fiel mir ein, wo Pauline seien konnte.

5. Kapitel Das kleine Häuschenn im Wald


Früher waren meine Schwester und ich oft mit unseren Fahrrädern zu einem kleinen Häuschen im Wald gefahren. Wir nannten es "Märchenhaus". Dort hatten wir sehr viel Spaß gehabt. (Nicht dass wir uns damals verstanden haben). Ich radelte einen kleinen, schmalen Waldweg entlang. Der Pfad war sehr holprig. Schließlich gelangte ich an eine Lichtung. Dort stand das Märchenhaus. Ein Fahrrad lag auf dem Boden. Da öffnete sich die alte, leichtverrostete Tür des Häuschens. Meine Schwester trat hervor. "Pauline!", rief ich erleichtert, stieg von meinem Fahrrad ab, lief auf Pauline zu und fiel ihr um den Hals. "Was machst du denn hier? Wieso bist du nicht bei der Pferdeauktion?", fragte meine Schwester und befreite sich aus meiner Umarmung. "Zum Glück geht es dir gut! Warum bist du weggelaufen?" Ich setzte mich auf eine Bank. Pauline stand mir gegenüber und murmelte: "Weißt du noch, als ich neulichst mit dir und Franzi mit dem Bus gefahren bin? Da hab ich den Weg hierher getestet." "Ja, aber warum bist du abgehauen?", wiederholte ich meine Frage. "Na ja... Das war so ne' Art Test" Pauline vermied es mir in die Augen zu gucken. "Was für ein Test?", fragte ich weiter. "Ich wollte testen, ob dir die Pferdeauktion oder ich wichtiger bin." Pauline hackte mit ihren Schuhen im Sand herum. Ich warf meiner Schwester finstere Blicke zu. Nur weil Pauline einen blöden Test machen wollte, verpasste ich die Pferdeauktion. Das Blut pulsierte mir in den Adern. Doch ich beherrschte mich und sagte ruhig: "Komm, wir gehen erst Mal nach Hause."

6. Kapitel Das letzte Pferd


Zu Hause fiel Mum Pauline und mir um den Hals. "Tut mir Leid, dass Katarina die Pferdeauktion verpasst", entschuldigte sich meine Schwester. "Vielleicht wurden ja noch nicht alle Pferde verkauft" Mum streifte sich die Jacke über und schnappte sich den Autoschlüssel. "Was machst du denn da?", fragte ich. "Wir könnten es noch schaffen! Na komm!", rief meine Mutter.

Mum und ich stiegen ins Auto ein. Sie gab Vollgas. Nach etwa 15 Minuten bogen wir auf einen Hof ein. Wir stiegen aus und liefen auf einen Mann zu. "Entschuldigung, wir wollen ein Pferd kaufen", schnaubte Mum. "Da haben Sie aber Glück. Es ist noch ein Pferd da." Der Mann führte uns in die Ställe und zeigte auf eine Box, in der ein weißer Araber uns seinen Kopf freundlich entgegen streckte. "Es ist ein Wallach und er ist 8 Jahre alt. Einen Namen hat er nicht. Du kannst ihm einen geben", erklärte der Mann. "Ich nenne ihn Chikago!", sagte ich. Der Wallach stupste mich mit seiner Nase an. Zärtlich streichelte ich ihm über den Kopf und Flüsterte ihm ins Ohr: "Du bist mein Pferd!"

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Tag der Veröffentlichung: 19.02.2012

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