Wir lebten auf dem Dorf und um mich herum waren schon seit ich geboren bin immer Tiere. Große und Kleine von vielen verschiedenen Rassen und Arten. Mein Vati gehörte zu einem Zuchtverein für Geflügel und somit hatten wir immer viele Verschläge voll mit verschiedenen Taubenrassen. Auch er ist mit Tieren aufgewachsen, so dass nicht nur Tauben unsere Ställe füllten. Schweine, ein Bulle Gänse, Enten, Kaninchen, Hühner, Bienen und zeitweilig einige seltene Arten wie Perlhühner und Puten. Es war immer etwas los und wenn wir zu Besuch bei jemandem waren mussten wir meist als erste wieder los, weil das Verschließen der Ställe und Verschläge anstand.
Nicht immer hatten wir Glück, manchmal war leider der Fuchs oder Marder schneller und es blieb dann nur, die Reste seines Festmahles, welche er nicht mehr geschafft hatte zu verstecken, aufzuräumen. Wenn ein solcher Räuber einen Stall findet und er es schafft einzudringen, bleibt leider meist kein Tier am Leben.
Meine Mutti kümmerte sich immer um Haushalt, Hund und Katzen. Unser Hund Molly, eine schwarz weiße Mischung mit etwas längerem Fell, wohnte im Flur unserer Wohnung in einer schönen Hütte. Leider mochte er Vati nicht so recht. Wenn Vati im Hof unseres Mehrfamilienhauses um die Ecke bog wussten wir das schon, weil Molly sich sofort sehr geräuschvoll in seine Hütte verzog und diese nicht mehr verließ bis Vati auch wieder seinen Aufgaben außerhalb der Wohnung widmete.
Blacky
Die Katzen wurden leider nie sehr alt, da vor unserem Haus eine Straße verlief. Einer unserer Kater war Nachtschwarz. Eines Abends, es war schon stockfinster, bekam ich von der Mutti den Auftrag etwas aus dem Auto zu holen. Also lief ich los, schob das Tor nach oben und suchte nach dem gewünschten Dingen im Fahrzeug. Da das Tor unter der Decke der Garage entlang geschoben war und ich es durch meine Größe nicht gut erreichen konnte, war ich gezwungen zu springen um es wieder zu schließen. Dadurch achtete ich nicht genug auf meine Umgebung und leider hab ich den armen Kater auch nicht gesehen. Erst durch einen markerschütternden Schrei des Tieres bemerkte ich ihn. Doch da war es schon zu spät, denn sein Schwanz war zwischen Garagentor und Wand gefangen. Mir liefen sofort die Tränen als ich bemerkte wie er sich wand um dem Schmerz zu entgehen. Ich zog das Tor wieder auf und lockte ihn mit ins Haus. Mutti hatte aus dem Fenster des Schlafzimmers alles gehört und nahm uns in Empfang. Sie untersuchte den Schwanz des armen Katers. Dieser war gebrochen und hatte nun für immer einen Knick. Dadurch war er ein Erkennungzeichen für den Kater geworden.
Molly
Auf einem Spaziergang mit Molly an einem sehr schönen warmen Tag kamen wir an einem sehr zugewachsenen Teich vorbei. Zwischen all den Seerosen und anderen Wasserpflanzen konnte man das Wasser nicht mehr sehen. Molly rannte ausgelassen und übermütig vor uns auf dem Weg herum. Er mochte Wasser nicht sonderlich gern und wenn es ihm möglich war machte er sich auch aus dem Staub bevor er nass wurde. Nun hatte er einen Stock gefunden, mit dem er ausgelassen tobte und ihn im Maul hielt. Er wurde immer schneller und hielt auf den Teich zu. Zum stoppen kam er erst durch unsere Rufe mitten im Teich denn durch seine großen Sprünge konnte er auf den großen Blättern auf der Oberfläche des Wassers laufen. Nun blieb er stehen und ging natürlich sofort unter. Wir sahen wie er paddelte, doch helfen konnten wir ihm ja leider nicht. Als er es nach einer gefühlten Ewigkeit an Land geschafft hatte schüttelte er das Wasser aus dem Fell und von diesem Tag an passte er besser auf.
Seppel
An einem schönen sonnigen Tag arbeiteten wir in unserem Garten und jeder war mit sich beschäftigt. Unkrautzupfen gehörte nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen von uns Kindern. Eine Nachbarin kam in den Hof gelaufen und fragte meine Mutti ob das unser Bulle wäre der auf der Straße zwischen den Autos herumtanzt. Wir konnten das gar nicht glauben was wir da hörten, da Bulle Seppel durch den Fliederbusch von unserem Garten aus nicht zu sehen war. Doch die Aufregung stieg als wir dem Gesicht der Nachbarin Moni ansahen, das ihre Frage ernst gemeint war. Mein Vati war nicht greifbar, also was sollte nun werden? Mit einem Bullen dieser Größe ist nicht zu spaßen, wie wir schon oft beim Füttern oder ausmisten im Stall gesehen hatten. Spuren von den Hufen zeugten von seiner Kraft an der gegenüberliegenden Wand. Wir trauten uns selten an seinem Stand vorbei.
Wir Kinder bekamen große Angst als Mutti beschloss sich der Sache anzunehmen und den Bullen einzufangen. Sie hatte die Nachbarin losgeschickt um einen Nachbarn zu informieren, der nicht weit von uns in einem Bullenstall arbeitete und ihn um Hilfe zu bitten. Moni schlich in großem Bogen um den nun schon sehr irritierten Bullen herum um die Hilfe für Mutti zu organisieren. Mir schlug das Herz bis zum Hals als wir aus der für uns sicheren Wohnung zusahen wie Mutti langsam und beruhigend auf ihn einredend auf Seppel zulief. Er stand zwischen den Autos, die angehalten hatten und starrte sie an. Als sie dann nahe genug heran war um ihn zu greifen, schnappte sie sich den kurzen Kettenrest, der noch um seinen Hals baumelte und führte ihn von der Straße. Es war beeindruckend, wie sich dieses imposante Tier, welches schon einige Zentner wog von meiner kleinen, zarten Mutti führen ließ. Man sah ihr nicht an ob sie Angst hatte und mein Respekt für sie war in diesem Moment so groß wie noch nie.
Als Nachbar Kalle vom Rad stieg um bei der Bullenjagd zu helfen, hatte Mutti ihn schon an einem Pfahl festgebunden und nun wurde mit vereinten Kräften versucht den Ausreißer wieder in seinen Stall zu bringen. Seppel lief zwischen den beiden als ob er das schon öfter gemacht hätte und das die normalste Sache der Welt wäre. Zum Glück sind sich die meisten Bullen ihrer Kraft nicht bewusst so das sie noch immer lenkbar bleiben und keinen großen Schaden anrichten. Sicher war auch er froh als er seinen Stall wiederhatte und er nicht mehr der Aufregung der Straße ausgesetzt war. Es war auch der letzte Bulle den wir hatten. Erst viel später hat Mutti mir eingestanden das auch ihr das Herz in die Hose gerutscht war und sie einfach nur mit dem Bullen mitlief wohin er sie geführt hatte. Wenige Monate später wurde er vom Fleischer abgeholt.
Hoppel
Eines Tages kam Vati mit einem kleinen Feldhasen nach Hause. Seine Mutter hatte wohl nicht aufgepasst oder wollte ihr Kind schützen und war dabei unter die Räder eines Traktors geraten, was sie nicht überlebte. Als er gefunden wurde hoppelte er um seine Mama herum. Das Häschen war nicht mehr als eine Handvoll und auch noch zu klein um alleine zu fressen. Eine Häsin in unserem Stall hatte gerade Junge, die ungefähr im gleichen Alter waren. Leider nahm sie sich des kleinen Hasens nicht an. Er wurde mir in die Obhut gegeben. In der Küche bekam er einen warmen Platz in einem Karton, der mit Heu gepolstert war. Mutti hatte ein Nuckelfläschchen und Milchpulver besorgt. Jeden Morgen war nun meine erste Aufgabe dem Hasenkind eine Flasche zu machen und ihn damit zu füttern. Bis Mittags nach der Schule musste er dann warten dann bekam er alle 3 – 4 Stunden eine Flasche. Es war nicht zu übersehen das er wuchs und es ihm gut ging. Nach einiger Zeit versuchten wir dann ihm auch feste Nahrung anzubieten. Haferflocken und auch die klein geschnittenen Möhren schmeckten ihm von Tag zu Tag besser und er begann nun auch aus seinem Karton zu flüchten. Als dann auch Gras schmeckte und er erste sichtbare Schäden in der Küche hinterließ musste er in einen Kaninchenstall umziehen. Nun übernahm Vati die morgendliche Fütterung und ich ging nur noch abends nach ihm sehen. Er war nun fast ausgewachsen und ich freute mich immer ihn zu sehen. Doch an einem Sonntagmorgen dann der Schock. Er hatte die Nacht nicht überlebt! Wie sehr hab ich geweint als wir ihn beerdigen mussten! Woran es gelegen hat das er gestorben ist werden wir wohl nie erfahren.
Als ich dann mein Elternhaus verließ und meinen eigenen Haushalt gründete, tat ich das auf einem Bauernhof. Nun hatte ich selbst die Möglichkeit Tiere zu haben. Keine großen natürlich. Wir hatten Katzen und einen Hund. Vielmals half ich auch beim versorgen der Tiere des Bauernhofes wo auch Bullen und Schweine zu Hause waren. Ich fand gut das auch meine Tochter nun mit Tieren aufwuchs.
Hansi
Der Exot des Hofes war Hansi der Pfau. Er war ein Schmuckstück mit seinen langen Federn die er auch gern zum Rad schlug. Selbst die Kinder aus dem Kindergarten des nahe liegenden Dörfchens kamen hin und wieder nachschauen wie es ihm ging. Eine Leibspeise von ihm waren Stollenkrümel, für die er gern auf seinen Namen hörte. Majestätisch nahm er die zerkleinerte Stollenscheibe entgegen und wenn der letzte Krümel verspeist war schritt er wieder zurück zu seiner Hühnerschar. Er hatte leider keine echte Pfauenhenne, mehrmals war versucht worden ihm wieder eine Frau zu besorgen. Leider brüteten diese im angrenzenden Wald und wurden immer von Raubtieren wie Fuchs und Marder geschnappt. Nun gab er sich mit den „normalen“ Hühnern zufrieden für die er sein Rad schlug. Auch der echte Gockel akzeptierte ihn im Stall. Im Herbst verlor er immer seine prächtigen Federn, die dann von uns aufgesammelt wurden. Hansi versteckte sich dann meist und verzichtete auf seine Spaziergänge durch Wiese und Gehöft. Erst als er sich wieder in ganzer Pracht zeigen konnte war er wieder der „Alte“.
Tag der Veröffentlichung: 17.04.2012
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