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Kapitel 1



Eine Motte suchte sich ihren Weg in die Freiheit. Immer wieder schlug sie gegen das Glas in dem sie gesperrt war. Nach vergeblichen Befreiungsversuchen blieb sie auf einem kleinen Stück Holz sitzen um sich einen Moment auszuruhen. Ausruhen. Das versuchte auch Viktor, der in seinem Bett lag und sich den Schlaf herbeisehnte. Er schaute aus dem Fenster hinauf zum Vollmond. Er hasste diese Abende. Der aktuelle Freund seiner Mutter kam mal wieder sturzbetrunken nach Hause. Es dauerte keine 10 Minuten da ging der Streit auch schon los. Viktor ging ihren Freunden, die sie, gefühlt, jeden Monat aktualisierte, aus dem Weg. Nicht nur weil sie allesamt Alkoholiker, Junkies und aggressiv waren, sondern auch weil sie Viktor wie ein Stück Dreck behandelten.
Er setzte sich auf, rieb sich die Augen und ging dann zu seinem Kleiderschrank. Als er sich eine Hose und einen Pulli angezogen hatte, fiel sein Blick auf die Motte im Glas. Er ging näher heran und klopfte vorsichtig dagegen. Sofort war die Motte in Aufruhr und versuchte wieder aus dem Glas zu entkommen. Das Glas hielt sie auf, doch sie probierte es dennoch immer und immer wieder. Wieviel die beiden gemeinsam hatten, dachte er sich. Gefangen an einem Ort an dem sie nicht sein wollten. Er klopfte noch einmal kurz aufs Glas und ging aus seinem Zimmer.

Darauf bedacht so wenig Geräusche wie möglich zu machen ging Viktor auf Zehenspitzen über den Flur ins Bad. Er klatschte sich etwas Wasser ins Gesicht und in die Haare. Seine schwarzen Haare waren ein einziger Strubbelhaufen. Seine blauen Augen waren mit dunklen Augenringen umrandet, die ihn noch blasser wirken ließen.
Er verließ das Bad und ging den dunklen Flur entlang zur Wohnungstür. Als er an der Küche vorbeiging stellte sich ihm ein unrasierter schlaksiger Mann in den Weg. Er trug dreckige Klamotten und stank mehr als nur nach Alkohol. >> Ich bin dein neuer Daddy mein Kleiner. <<, lallte er Viktor entgegen und seine Hand strubbelte sein Haar. >> Rudi, lass ihn in Ruhe und leg dich hin. <<, sagte eine weibliche Stimme hinter Viktor. Er drehte sich um und sah seine Mutter am anderen Ende des Flurs stehen. Rudi torkelte langsam in Richtung Schlafzimmer und Viktor ging schnell zur Wohnungstür. An der Türschwelle hielt er kurz inne und drehte sich noch einmal um. Seine Mutter stand immer noch dort, rauchte nervös, und fixierte ihn. Dann schmiss er die Tür zu.

Sie wohnten in einem widerlichem Viertel. Hier wird sich mittags auf ein Bier getroffen, um Drogengeschäfte zu schließen oder Einbrüche oder Überfälle zu planen. Wie gesagt, ein Viertel voll von Sünde und Abschaum.
Viktor ging in den angrenzenden Park. Es war eine stürmische Nacht. Der Park war überraschenderweise leer. Kurz bevor er am anderen Ende des Parks angekommen war, schaute er sich um ob er auch wirklich nicht beobachtet wurde. Nichts. Dann ging er durch die dichten Büsche. Mitten im Gestrüpp befand sich eine Treppe. Er hörte das Rauschen des Flusses der in der Nähe endete. Die Treppe ging steil nach unten. Sie war schmal, hatte kein Geländer und verlief an einer steinigen Wand. Vorsichtig folgte er ihr. Dank des Mondlichts konnte er den Weg gut erkennen. Als er unten ankam, bot sich ihm ein vertrauter Anblick, bloß um einiges faszinierender.
Gras mischte sich mit dunklem Moos. Bäume wuchsen dicht beieinander. Viktor folgte einem kleinen Pfad der zwischen den Bäumen entlangführte. Es roch alles nach Natur. So als ob die Stadt, die ein paar Meter entfernt war, gar nicht existierte.
Er hörte ein Rauschen und freute sich schon diesen Anblick im Schein des Vollmondes zu genießen. Er betrat eine Lichtung. Ein kleiner Wasserfall der von der Felswand hinunterlief ließen seine Augen groß werden. Unten angekommen floss das Wasser einen ruhigen Bach entlang, hinein in den großen See. Durch die Bäume konnte man dessen Wasseroberfläche funkeln sehen.
Viktor setzte sich auf einen kleinen Felsen nahe des Ufers. Kleine Wassertropfen sprühte der Wasserfall auf seinen Arm. Er wischte ihn an seiner Stirn ab und fühlte wie erfrischend es war. Wie konnten sie dort oben nur so schrecklich miteinander umgehen wenn hier unten ein solch wunderschöner Ort war? Doch die Frage die ihn am meisten beschäftigte war die, das niemand hier hinunter kam. Dieser Ort war völlig unberührt von deren Müll und sonstigem Dreck.
Er war schon öfters hier am Wasserfall gewesen und hatte die märchenhafte Umgebung genossen. Hier konnte er alles vergessen und sich fallen lassen. Hier gab es keine Mutter die einen Trunkenbold nach dem anderen nach Hause brachte. Keine Mitschüler die ihn bei jeder Gelegenheit versuchten zu terrorisieren. Besser gesagt 3 bestimmte Typen. Bei den jüngeren in der Schule hießen sie die schrecklichen Drei. Bei den älteren waren sie das TEK, das Terror Einsatz Kommando. Doch die Gedanken an sie waren hier überflüssig.
Dies alles war wenn er hier war weit entfernt. Doch tief in seinem Kopf, egal wie schön es hier war, machte ihn der Gedanke diesen Ort wieder verlassen zu müssen, mehr als verrückt. Er wusste jedoch was er tun musste. Dieser Ort war perfekt. Mit der rechten Hand griff er in seine Hosentasche und holte einen kleinen Gegenstand heraus. Es musste sein. Er klappte ihn auseinander. Die silberne Klinge in seiner Hand strahlte im Licht des Mondes. Er zog den linken Ärmel seines Pullovers hoch. Er wollte diesen Ort nicht mehr verlassen.
Plötzlich zuckte Viktor zusammen. Schnell schaute er nach oben. Nichts. Nur vereinzelte Wolken die am Nachthimmel entlangzogen. Hatte er es sich eingebildet? Ihm war als wenn ein großer Schatten über ihn hinweg schoss. >> Das sind die Nerven. Nur die Nerven. Entspann dich. Atme tief durch. <<, sagte er zu sich selbst. Der Griff um die Klinge wurde fester und er spürte wie sein Puls schneller wurde. Seine Hand schnellte nach oben, er biss sich auf die Lippe und...da war er wieder. Noch schneller als beim ersten Mal schaute er sich in alle Richtungen um. >> Hallo? Ist da wer? <<, rief er nervös. Nichts. Dort gab es nichts außer ihn und den tosenden Wasserfall. Viktor drehte sich wieder um und vor Schreck war er soweit zurückgewichen das er um ein Haar über den Felsen gefallen wäre.
Ein paar Meter vor ihm, auf einem weiteren kleinen Felsen, hockte jemand. Besser gesagt etwas. Viktor wusste nicht für welchen Ausdruck er sich entscheiden sollte. Die großen Flügel die dem Wesen aus dem Rücken ragten ließen ihn sprachlos werden.

Kapitel 2


Die Klinge fiel lautlos ins Gras. Viktor ging immer weiter zurück bis er gegen die Felswand stieß. Er starrte fassungslos dieses ,,Wesen” an, dass immer noch auf dem kleinen Felsen hockte und ihn anschaute. Es schien weiblich zu sein. Jedenfalls ließ die Figur darauf schließen. Es hatte langes goldblondes Haar. Blaue Augen, die so intensiv waren wie bei keiner anderen Person der er bisher begegnet war. Die Haut war makellos. Es hatte den Anschein als brachte etwas darunter sie zum leuchten. Sie strahlte einen außergewöhnlichen Glanz aus. Es trug etwas, das eine Mischung aus einem weißem Kleid und Schleier war. Dann waren da diese Flügel. Sie waren schneeweiß. Anmutig und grotesk. >> W-Was bist du und was willst d-du von mir? <<, stotterte Viktor. Das Wesen glitt vom Felsen und schlug die Flügel zusammen. Dann, Viktor dachte schräger kann der Moment nicht mehr werden, da glitten die Flügel nach hinten und sie schienen sich zu verflüssigen und im nächsten Moment waren sie Teil ihrer Kleidung. >> Die Frage ist wer du bist und was du von dir willst. <<, antwortete das Wesen mit einer zarten Stimme. Sie war definitiv weiblich. >> Mein Name ist Aurelia. Ich bin das was du wohl als einen Engel bezeichnen würdest. <<, fügte sie hinzu. Viktor war sich nicht sicher ob er sich der Angst oder der Erleichterung hingeben sollte. Unsicher, aber gefasster als vorher fuhr Viktor weiter, >> Ähm...und was genau möchtest du von mir? <<. Sie legte den Kopf leicht auf die Seite. Sie standen sich nun genau gegenüber. >> Ich will was du willst Viktor. <<. >> Ahja, und was genau will ich? <<, fragte er. >> Das kannst nur du wissen. <<. Viktor kam sich etwas dumm vor. Was sollte diese widersprüchliche Konversation? >> Also wenn ich nicht eben diese Dinger aus deinem Rücken gesehen hätte, würde ich tippen das ein paar Menschen mit weißen Kitteln dich irgendwo stark vermissen. <<, gab er lachend zurück. >> Also ich geh dann mal. Ich finde du solltest auch zurück gehen, wo auch immer du hergekommen bist. <<. Dann verschwand Viktor zwischen den Bäumen und lief zurück nach Hause.

Aurelia setzte sich ins Gras. Ihre Augen fixierten etwas. Sie hob eine silberne Klinge auf. Sie sah ihr Gesicht sich darin spiegeln. Sie hielt die Klinge fest umschlossen und schloss die Augen. Das Geräusch des Wasserfalls schien lauter zu werden und das Rauschen der Bäume anzuschwellen. Ein leichter Wind setzte ein. Sie öffnete ihre Augen und pustete in ihre Hand. Wo eben die Klinge gewesen war, flogen nun unzählige Motten in die Nacht. Jede einzelne zog einen glitzernden Staubwirbel hinter sich her.

Viktor lag an diesem Abend hellwach im Bett. War sie das was er dachte was sie war? Ein Luftzug wehte durch den Raum. Er stand auf und ging auf den Spiegel an der Wand zu. Zuerst sah er sich in seinem dunklen Zimmer. Dann jedoch sah er Aurelia am Ufer des Wasserfalls. Ihre Flügel waren weit ausgebreitet. Was erst Angst war, verwandelte sich in Faszination. Er fand sie auf eine seltsame Art und Weise wunderschön. Er legte sich wieder hin. Diese Nacht schlief er gut und ohne Alpträume. In Gedanken sah er sich den nächsten Tag wieder am Wasserfall sitzen.

Der nächste Tag fing turbulent an. Viktor wurde durch einen morgendlichen Streit seiner Mutter, mit ihrem Freund, geweckt. Wahrscheinlich der gute alte Rudi. Immer für einen dummen Spruch und eine vollgeschissene Hose zu haben. Auf seinem Schulweg sah er das übliche Bild der Gegend. Eine Gruppe von Menschen die ihr morgendliches Bier hinunterspülten wie andere Leute Kaffee. Den Schultag verbrachte er ohne großes Aufsehen zu erregen. Zeitgleich mit dem Klingeln der Schulglocke sprang er auf und machte sich auf den Heimweg. Zuhause schmiss er den Rucksack in sein Zimmer und ging in die Küche. Er wollte schnell noch eine Kleinigkeit essen bevor er sich auf den Weg zum Wasserfall machte. >> Du! Du bist genau wie er. <<, kam es aus dem Flur. Ruckartig drehte Viktor sich um und sah seine Mutter in der Küche stehen. Sie hatte ihren Morgenmantel an und hielt ein Glas Whiskey in der Hand. Viktor wusste worauf das hinauslaufen würde. >> Genau wie dein Vater. Rücksichtslos, egoistisch und ein Penner. Ein Nichtsnutz. <<, sagte sie kichernd. Viktor ballte die Fäuste zusammen und versuchte sich nicht provozieren zu lassen. >> Du kannst nichts dagegen machen mein Sohn. Die Gene, seine Gene. Sie werden dich dazu bringen genau so ein sinnloses Leben zu führen. << KLIRR!!! Scherben vom Teller lagen verteilt auf dem Boden. >> Er hat versucht dir alles zu bieten. Er ging von morgens bis abends arbeiten und hat sich den Arsch für dich aufgerissen! Doch du musstest dich anderen Männern an den Hals werfen. Musstest mit jedem in die Kiste springen. Also rede nicht von einem sinnlosem Leben. Alles ist besser als eine Hure als Mutter zu haben! <<, schrie er sie an. Sie sah ihn entsetzt an. Viktor schob sich an ihr vorbei und verließ mit einem lauten Knall die Wohnung.

Als Viktor am Wasserfall ankam war er immer noch sauer und voller Adrenalin. Aurelia war nicht da. Wo war sie? Er hoffte das er sie sich nicht doch nur eingebildet hatte. Doch als er in den Himmel blickte sah er sie. Zwischen den aufgehenden Sternen glitt sie dahin. Auch sie hatte ihn gesehen. Mit einem kräftigen Flügelschlag stieß sie sich hinab.
Beide saßen am Ufer des Wasserfalls und unterhielten sich. Sie erzählte das sie schon lange an diesem Ort verweilte. Früher war sie ein Mensch gewesen. Als sie starb und sie zwischen den Welten schwebte, entschied sie sich für ein Leben als Engel. Wesen wie sie zogen sich an Orte zurück die man als magisch bezeichnen könnte. Als Viktor wissen wollte wieso sie nicht weiterging ins Jenseits, blockte sie ab. Er akzeptierte das. Viktor erzählte von seinem kleinen freudlosen Leben. Von zu Hause und der Schule. Und von Pia. Ein Mädchen der Schule das er mochte. Doch genau wie sie, blockierte er schnell ab bei diesem Thema.

Die nächsten Tage redeten sie weniger. Was jedoch mehr als genug von anderen Dingen ausgeglichen wurde. Sie sprangen in die herabstürzenden Fluten des Wasserfalls. Aurelia zeigte sich immer öfter in ihrer menschlicheren Gestalt. Trotz der Nacht schien das Wasser nicht kalt zu sein. So als ob Aurelia ihn und alles andere warm hielt. Sie hielt ihn am Leben. Sie streiften durch den Wald. Die Natur schien zu funkeln. Alles was Auerlia berührte schien danach stärker und gesünder zu sein. Sie war wie ein Licht das mit jedem Herzschlag Leben ausstrahlte.

Eines Abends gingen sie zum großen See. Sie blieben einfach nur dort stehen und bestaunten den riesigen Vollmond der am Himmel schien und alles zum glitzern brachte. Sie gingen eine zeitlang das Ufer entlang und wieder in den Wald. Viktor lief vor und Aurelia folgte ihm. Sie lachten und versuchten sich gegenseitig einzuholen. Viktor hatte einen guten Vorsprung. Doch dann hielt er an.
Der Wald veränderte sich je weiter er lief. Bäume und Büsche wurden kahler, bis irgendwann gar keine Blätter mehr an den Ästen hingen. Kein Gras wuchs mehr am Boden und auch die Magie war verschwunden. Von weiten konnte Viktor eine kleine Ruine ausmachen. Er bahnte sich einen Weg durch das dornige Gestrüpp. Dann stand er vor einer alten Ruine von der jedoch nur noch ein großer Steinhaufen übrig geblieben ist. Doch in einem der Bäume erkannte er etwas. Im Stamm eines Baumes erkannte er eine Gestalt. Vor ihr waren Riffeln die wie Gitter geformt waren. Er wollte gerade mit der Hand danach greifen als Aurelia neben ihn landete. >> Nicht! Das darfst du nicht machen. <<, sagte sie eilig. >> Warum? Was ist das hier?<<, fragte er neugierig. Aurelia sah sich die Gestalt in dem Baum genau an, atmete tief durch und fuhr fort, >> Dies ist Horlow. Der Racheengel. Er lebt von den dunklen und bösen Gedanken der Menschen. <<. Viktor schaute sich dabei immer noch die Gestalt an die im Baum war. >> Er wird festgehalten von der Natur. Sie verliert teilweise ihre Fruchtbarkeit, doch er kann nicht ausbrechen. Nur ein Schwur und Blut können ihn entfesseln. <<, ergänzte Aurelia. >> Warum ist er gerade an diesem Ort? <<, fragte Viktor sie. >> Weil zu jedem Guten die Gegenseite gehört. Wo etwas so Gutes herrscht, muss irgendwo auch das Böse lauern. <<, antwortete sie ihm. Langsam gingen sie wieder zurück. Als sie wieder in den fruchtbaren Bereich des Waldes kamen, merkte Viktor wie leicht ihm das Atmen wieder fiel.

Als Viktor diesen Abend in seinem Bett lag kreisten seine Gedanken mal nicht um Aurelia. Auch nicht um den Wasserfall. Als er seine Augen schloss sah er nur eins. Ein Gesicht in einem Baumstamm .... und eine Hand die nach ihm griff.

Kapitel 3


Augen starrten ihn an. Egal wohin er sah. Sie waren überall. Viktor stand auf einer Lichtung die umgeben war von vermoderten kahlen Bäumen. Der Wind stürmte und ließ die Äste gegeneinander schlagen und Laub durch die Luft schießen. Aus der Dunkelheit um ihn herum starrten sie ihn an. Sie funkelten bedrohlich. Geisterhafte dunkle Schatten schienen durch das Gestrüpp hin und her zu huschen. Aus dem Baum vor ihm floss Blut. Es kam aus der Rinde, tropfte von den Ästen und bildete eine große Pfütze. Dann riss der Baumstamm auf. Eine dreckige Hand schoss heraus und glitt die Baumrinde entlang. Eine Gestalt in einem langen schwarzen Umhang trat hinaus. Kälte breitete sich aus. Viktor sank auf die Knie. Die Gestalt stand direkt vor ihm. Viktor starrte hinauf, dorthin wo eigentlich das Gesicht sein müsste. Doch er starrte nur in rot leuchtende Augen. Sie griff nach ihm, doch Viktor sprang auf, drehte sich um und wollte fortlaufen, doch der nächste Anblick ließ ihn erstarren. Aurelia. Sie hing, mit einem Strick um den Hals, an einem Baum. Ihre Flügel hingen schlaff hinunter. >>NEIN!<<, schrie sein Innneres. Dann spürte er den Griff einer kalten Hand an seinem Hals. Sie riss ihn herum und die roten Augen näherten sich. Blitze zuckten am Himmel, der Donner brüllte, Äste brachen mit einem lautem Krachen ab. Doch die roten Augen interessierten sich nur für ihn. Der Umhang umwickelte ihn. Sie schlängelte sich um seinen Hals. Er bekam keine Luft mehr und alles schien immer ferner zu werden. Ihm wurde komisch und sein Blick wurde verschwommen.

Viktor schreckte hoch als er erwachte. Er war schweiß gebadet. Sein Atem ging schnell und sein Puls raste. Er starrte zu seinem Wecker. 4 Uhr morgens. Wieder ein Alptraum. Als sein Puls wieder ruhiger wurde stand er auf und trat ans Fenster. Die Nacht war neblig und kalt. Da alle Fenster im Haus nicht richtig isoliert waren, beschlugen sie schnell. Er zeichnete mit seinem Finger auf der Scheibe herum. Wie kleine Kinder es gerne im Auto taten, wofür sie von ihren Eltern oft getadelt wurden. Als er gerade zurück zum Bett gehen wollte blieb er stehen. Er drehte sich noch einmal zum Fenster. Ein Wort war groß und deutlich auf das beschlagene Fenster geschrieben worden. Es lag sicher daran das er noch im Halbschlaf war und geistesabwesend irgendetwas dort hingekritzelt hatte, doch warum sollte er gerade das schreiben? TOD, stand am Fenster. Viktor ging langsam näher heran, als traute er seinen Augen nicht. Das Wort prangte über die gesamte Scheibe. Draußen war kein Laut zu hören. Keine Bewegung auszumachen. Es war vollkommen still. Als er in der Spiegelung der Scheibe plötzlich ein rotes Augenpaar entdeckte. Er wirbelte herum und sah nur noch eine dunkle Hand auf ihn zukommen.

Vitkor schreckte erneut auf und schlug in einer hastigen Bewegung den Wecker vom Nachttisch. Er atmete schnell. Ein Alptraum in einem Alptraum, dachte er sich. Er hob den Wecker auf. 6 Uhr morgens. Da der Wecker in einer halben Stunde eh klingeln würde stand er gleich auf. Er zog sich an und ging in die Küche und machte sich eine Schale Cornflakes fertig. Als er in den Kühlschrank sah konnte er es nicht fassen. >> Schon auf Junge? <<, sagte eine Stimme hinter ihm. Viktor erschrak und klammerte sich an der Tür fest. >> Musst du dich so anschleichen? <<, antwortete er scharf. Rudi stand im Morgenmantel da. Dem Morgenmantel seines Vaters, wie Viktor verärgert feststellen musste. >> Jetzt stell dich nich gleich an wie ein Mädchen. Was gibts denn schönes? Cornflakes? <<, fragte Rudi. Er lallte zwar nicht, aber man merkte und roch das er den letzten Abend einiges heruntergespült haben musste. >> Nein die gibt es nicht. Da keine Milch da ist. Der Kühlschrank sieht eher so aus als sei er das Lager einer Brauerei. <<
>> Na und? Noch nie Cornflakes mit Schuss gegessen, Jungchen? << Viktor sah ihn ungläubig an. Rudi ging zum Kühlschrank, holte sich eine Flasche Bier und kippte den Inhalt in die Schale mit den Cornflakes, verrührte es und nahm sich einen großzügigen Löffel. >> Du hast sie doch nicht mehr alle. <<, sagte Viktor, wobei er sich einen kleinen Lacher nicht verkneifen konnte. >> Na jetzt sei mal nicht so frech. Schließlich bin ich jetzt hier der Mann im Haus und du zollst mir Respekt, verstanden? <<, zischte Rudi drohend hervor. >> Du bist vieles. Ein Alkoholiker, eine Schande für die Welt oder auch jemand dessen Geruch Pflanzen zum absterben bringt, aber ganz bestimmt niemand der von mir Respekt bekommt. << Mit diesen Worten verließ Viktor die Küche, schnappte sich seinen Rucksack und ging zur Wohnungstür.

Plötzlich traf ihn etwas am Hinterkopf und er wurde an die Wand gedrückt. >> Pass mal auf Freundchen <<, schrie Rudi. Seine gelblichen Augen traten weit aus seinen Augenhöhlen hervor. >> Ich bin derjenige der hier jetzt das sagen hat. Derjenige dem du zu gehorchen hast und dem du Respekt entgegen zubringen hast. Derjenige der es deiner Mutter Nacht für Nacht besorgt. Manchmal auch in diesem Mantel hier. Den hast du sicher erkannt oder? Der Looser der dich hervorgebracht hat ist weg. Glaub mir Jungchen, wenn du nicht gehorchst dann bist du bald ebenfalls weg! <<, schrie Rudi ihn weiter an und Spucke flog ihm dabei ins Gesicht. Rudi ließ ihn los und Viktor glitt zu Boden. Griff sich an die Kehle und atmete tief durch. >> So und jetzt geh und komm ja nich so früh nach Hause. Deine Mutter und ich wollen uns heute mal etwas ausbreiten wenn du verstehst. Da können wir dich nicht gebrauchen. <<, sagte Rudi grinsend und verschwand dann wieder im Schlafzimmer. Viktor stand auf und lief ohne seinen Rucksack aus der Wohnung. Als er draußen war starrte er nochmal hinauf. Er sah Rudi am Fenster stehen, der ihm zuwinkte. Knacken. In Viktor knackte es. Erst war es nur ein kurzes unscheinbares Knacken. Doch es wurde immer heftiger, sodass es sich wie ein Einsturz anhörte.

Da in der Schule Projekttage waren, war es nicht weiter tragisch das Viktor ohne Rucksack in die Schule ging. Das Projekt an dem Viktor mit seiner Gruppe arbeitete drehte sich um das Thema Sport. Genauer gesagt um Extremsportarten. Zu seiner Gruppe zählten noch drei andere Mitschüler. Tim, ein Durchschnittstyp der nicht weiter auffiel und über den Viktor auch nichts weiter wusste. Dann Jessica, eine Modetussi wie man sie sich vorstellt. Anstatt konstruktiv mitzuarbeiten, bewunderte sie andauernd die abgebildeten Muskeln der Männer auf den Bildern. Zu guter letzt war da noch Erik. Erik war ein Außenseiter. Er trug eine dicke Brille, hatte rote Haare, war blass und hatte viele Sommersprossen im Gesicht. Ein gefundenes Fressen wenn das TEK, das Terror Einsatz Kommando, seine Runde durch die Schule zog. Anführer dieser Truppe war Derek. Körperlich zwar nicht gerade ein Ass im Deck, aber er verstand es Schüler seelisch abzufertigen. Erik hatte solche Angst vor ihnen das er ein paar Mal dabei erwischt wurde wie er sich in der Pause auf dem Mädchen Klo vor ihnen versteckte. Was natürlich Kanonenfutter für die ganze Schule war. >> A-Also ich f-finde das so e-e-extreme Sportsachen n-nicht gesund sind. <<, sagte Erik. Zu allem Überfluss stotterte er zudem noch. Was an sich nicht schlimm ist. Jedoch sahen das viele als das i-Tüpfelchen bei der Mission ihn zu ärgern. Sie achteten nicht auf seine Aussage.

Als Viktor aufsah konnte er es nicht fassen. Derek kam gerade um die Ecke und hatte die Gruppe schon ins Auge gefasst. Die Gruppen verteilten sich in der kompletten Schule. Um wirklich ungestört zu sein war Viktor´s Gruppe in die Gänge gegangen die teilweise renoviert wurden. Dies wurde jetzt eindeutig zu ihrem Nachteil. >> Was haben wir denn da? <<, bellte Derek mit seiner kratzigen Stimme. >> Der Rotfuchs. Na, mit deiner Brille könntest du die Erde vor nem Meteoriten retten was? Nur Spaß Pumuckel, ich weiß doch das du selbst Angst vor deinem eigenen Schatten hast. <<, feuerte er gleich los. >> Derek, heute ist echt kein guter Zeipunkt um uns zu zeigen wie toll du bist. <<, entwischte es Viktor. Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, schon bereute er es. Er wusste doch das er auch sehr gern gesehen bei ihm war. Die Wut über Rudi schien ihn wohl übermütig zu machen. Derek sprang sofort drauf an und wandte sich an Viktor. >> Hat unsere Fledermaus gerade gepiepst? <<, fragte Derek lachend. >> Sag mal Viktor, wenn die Penise die deine Mutter genießt, eine gewisse Zahl erreichen. Meinst du sie bekommt dann einen Eintrag in der Hall of Fame im Bordell unten am Park? Ach stimmt, sie ist ja sogar zu dumm um Geld zu nehmen. Schade, sie hätte sicher viel Geld zusammen und müsste mit dir nich hausen wie eine Ratte. <<, hauchte er Viktor genüsslich ins Ohr. Dann verschwand Derek lachend. Viktor starrte die Wand an. Das Knacken war wieder da.

Viktor stand auf und ging den Gang entlang. Er musste raus. Als er im Forum ankam sah er die Gruppe in der Pia mitarbeitete. Er hatte schon lange etwas für sie übrig. Doch viele Worte hatten sie bisher nicht gewechselt. KNACK. Er wusste nicht was los war. Er stürmte hinaus, rannte über den Parkplatz, und ging in den Park.

Der Tag war sonderbar dunkel. Dicke Wolken schirmten den größten Teil des Sonnenlichts ab. Alles war mit einem leichten Nebel umhüllt. Viktor steuerte auf das Gebüsch zu. Ohne sich umzusehen ging er hindurch und lief die steinernde Treppe hinab. Ohne diesmal den Anblick des Ortes zu bewundern lief er über die kleine Brücke und blieb erst an seinem Stammplatz stehen. Dem Felsen am Wasserfall. Er setzte sich. Das Rauschen, dass ihm langsam immer vertrauter wurde, beruhigte ihn allmählich. Einige Minuten vergingen bis ein weiteres Geräusch hinzukam das ihm sehr bekannt war. Das Schlagen von großen Flügeln. Viktor sah langsam auf. Aurelia saß ihm gegenüber. Ihre blauen Augen waren auf ihn gerichtet. Ihre Haut schien zu strahlen. Ihr Blick hatte einen mitfühlenden Ausdruck. >> Was ist passiert Viktor? <<, fragte sie ihn ruhig. Viktor räusperte sich kurz und erzählte ihr von den Ereignissen. Von Rudi der komplett übergeschnappt war, von Derek und von Pia. Die Alpträume erwähnte er nicht. >> Das ist furchtbar, aber du darfst das alles nicht zu nah an dich heran lassen. Du bist ein starker Mensch. <<, antwortete Aurelia langsam. Viktor stand auf. Er war Aurelia dankbar für so vieles. Sie machte seinen Zufluchtsort erst perfekt. Sie war wunderschön und strahlte so viel Wärme und Ruhe aus. Deshalb schmerzten ihn die Worte umso mehr als er sie aussprach. >> Kannst du mal aufhören die ganze Zeit von alles ist gut solange du dies und das nicht tust und dem ganzen Scheiß zu reden? <<, brach es aus ihm heraus. >> Das Leben ist nicht so ein süßer Regenbogen wie du es beschreibst. Du chillst hier eine Ewigkeit und hast keine Ahnung wie es im echten Leben zugeht! <<, diesmal schrie er die Worte hinaus. Aurelia sah ihn weiter mitfühlend an. Als ob sie seine Worte nicht gehört hatte. >> Ich weiß was du fühlst. <<, fing sie an, doch Viktor hob die Hand und hab ihr damit zu verstehen ruhig zu sein. Dann ging er durch die dichten Bäume in Richtung des großen Sees.

Als er am Ufer stand war er wieder ruhiger. Aurelia landete neben ihm. >> Tut mir leid was ich gesagt habe. Ich hab es nicht so gemeint. Du bist die einzige Zuflucht die ich habe. <<, sagte Viktor leise. Es stimmte. Alles. Bis auf das es ihm leid tat. Es tat ihm nicht leid es gesagt zu haben. >> Schon gut. <<, flüsterte Aurelia und legte ihm ihre Hand auf die Schulter. Er spürte wie sich an der Stelle seines Körpers ein Kribbeln ausbreitete, gefolgt von einer starken Wärme. >> Ich lass dich ein wenig alleine. <<, sagte sie und mit einem kraftvollen Stoß flog sie empor. Viktor schaute ihr nach. Mit jedem Schlag ihrer Flügel flog sie höher. Sie flog eine kleine Schneise und mit einem einziehen der Flügel stürzte sie hinab in einen Sturzflug. Wenige Meter über dem Erdboden breiteten sich ihre Flügel wieder aus und sie glitt über das Ufer hinweg und wirbelte dabei etwas Sand auf. Wind wehte durch Viktors Haar als sie über ihn hinweg flog. Er musste ein wenig schmunzeln. Bei ihren ersten Treffen war er voller Panik bei dieser Flugeinlage und rannte hysterisch das Ufer entlang. Aurelia flog langsam über die Bäume und verschwand.

Nachdem er ein paar Meter gegangen war, genoss er die Landschaft. Als ihm plötzlich etwas ins Auge fiel. Der Wald war fruchtbar und stark bewachsen. Bis auf einen Bereich der im Schatten der Felsen lag. Die Bäume wurden kahler und die Landschaft ungemütlicher. Das musste der Ort sein an dem die zerstörte Ruine lag. Etwas regte sich in ihm. Er schaute sich um. Aurelia war nirgendwo auszumachen. Er folgte dem Waldrand. Nach einem kurzen Fußmarsch fing der Wald an lichter zu werden. Er verschwand im Gestrüpp.

Der Wald war kein Wald mehr. Tote Bäume, herausgerissene Wurzeln, Dornengestrüpp und einen immer dichter werdenden Nebel gab es hier. Dann kam er an die Stelle an der er mit Aurelia gewesen war. Die zerstörte Ruine. Doch etwas anderes schenkte er seine Aufmerksamkeit. Einem dicken Baumstamm, dessen Krone abgerissen war. Im Stamm war ein großes Loch und der Baum schien teilweise hohl zu sein. Er trat näher heran. Das Loch war ,,vergittert” konnte man sagen. Feiner Efeu wuchs im Inneren an ihm entlang. Wieder regte sich was in Viktor. Er wusste nicht was es war. Da fiel es ihm schlagartig wieder ein. Aurelia sprach von einem weiteren Engel der in diesem Baum sein sollte. Jedoch sei er böse, meinte sie. Racheengel. Ja Racheengel, das waren ihre Worte. Das Knacken in ihm wurde zu einem Beben. Er schloss die Augen.

Er sah seine Mutter neben einem versoffenem Mann liegen, wie sie an einer Zigarette zog und der Mann sich verschwitzt ein Bier öffnete. Dann seine Eltern zusammen mit ihm auf einem Spielplatz. Viktor war klein und sein Vater gab ihn auf der Schaukel leichten Anschwung während seine Mutter ihn anlachte. Eine Gruppe von Jungen wie sie ihn in der Pause verprügelten. Leute die sich vor dem Haus zu Gruppen zusammenfanden und gemeinsam den ganzen Tag einen Klaren nach dem anderen leerten. Leute die sich im Keller des Hauses Spritzen setzten. Kinder die, zurückgelassen in Wohnungen, einsam vor sich hinschrien.

Viktor öffnete seine Augen. Seine nächsten Bewegungen waren zielsicher und bestimmt. Er ging auf den Busch neben dem Stamm zu. Dornen wuchsen wild an ihm. Viktor nahm eine Ranke voller Dornen in die Hand und presste sie fest zusammen. Er fühlte wie warmes Blut durch seine Finger floss. Dann stellte er sich direkt vor den Baumstamm. Er wusste nich warum, aber er schien den Ablauf zu kennen. Er wischte seine blutende Hand am Efeu ab das am Loch entlang wuchs. Sich am Stamm abstützend hielt er seinen Kopf so nah ans Loch wie möglich. >> Horlow, Rächer tausender leidender Seelen. Erwache, auf das die Schrecken einen nie wieder quälen. <<, flüsterte Viktor.

Schweigen. Viktor konnte nicht einmal den Wind pfeifen hören. Dann plötzlich. Der Stamm schien leicht zu vibrieren. Viktor trat weiter zurück. Ein lautes Knacken durchflutete den gesamten Baum. Das Loch vergößerte sich durch einen Riss nach dem anderen. Dunkler Nebel entwich aus ihm. Er kam auf Viktor zu. Viktor entfernte sich noch weiter, stolperte und landete auf seinen Knien. Wind peitschte das Laub auf. Blitze zuckten am Himmel und Donner ergoss sich über alles. Dann sah er es. Das Blut. Es tropfte von den verbliebenden Ästen, drang aus der Ringe und floss aus dem Loch, dass nun am Boden angelangt war. Der dunkle Nebel umhüllte alles. Dann sah Viktor überall um sich herum Augen die ihn anstarrten. >> Nein! <<, schrie Viktor in Panik. Er drehte sich um. Aurelia war nicht da. Dann sah er sie. Eine dreckige Hand kam aus dem Loch und glitt die Rinde entlang.

Rote Augen starrten ihn aus dem Baumstamm aus an. Die Luft fuhr Viktor aus den Lungen. Eine Gestalt in einem dunklem Umhand trat hinaus und ging direkt auf ihn zu. Sie stand direkt vor Viktor. Die Hand ausgestreckt vor seinem Gesicht. In Viktors Gesicht breitete sich ein Grinsen aus als er von pechschwarzen Flügeln eingehüllt wurde.

Kapitel 4


Scherben lagen verteilt auf dem dunklen Laminat. Kleine Splitter funkelten zwischen großen spitzen Glasscherben, die in alle Richtungen ausgerichtet waren. Zwischen dem Trümmerhaufen lag sie. Eine kleine Motte. Sie krümmte sich und schlug hin und wieder aufgebracht mit ihren Flügeln. Sie war nicht verletzt, aber orientierungslos. Als sie, eingesperrt in einem Glas, vom Tisch auf den Boden hinab fiel, wurde sie komplett durchgeschüttelt. Sie krabbelte schnell unter einem der Schränke als sie ihre Orientierung teilweise wiedererlangte. Neben dem Schrank unter dem sie gekrabbelt war, saß ein Junge. Seine schwarzen Haare waren zersaust und seine blasse Haut erkannte man sogar in einem dunklen Zimmer. Das Zimmer war verwüstet. Schubladen waren herausgerissen, Poster und Bilder sind von den Wänden gerissen worden und die Vorhänge hingen nur noch zur Hälfte an ihrem eigentlichen Platz. Viktor raufte sich die Haare. Hatte er wirklich das richtige getan? Als er es tat war er sich vollkommen sicher gewesen. Doch später kamen ihm Zweifel. Was würde er anstellen? Langsam stand er auf und atmete tief durch, um einen klaren Kopf zu bekommen. Dann ging er ins Bad. Als er in den Spiegel schaute zuckte er leicht zusammen. Er sah aus, als hätte er Nächte nicht wirklich geschlafen. Seine Augen sahen gereizt aus und waren leicht gerötet. Er musste raus. Er brauchte dringend frische Luft. Ohne darauf zu achten leise zu sein, ging er aus der Wohnung.

Er kam gerade unten im Treppenhaus an und wollte aus der Haustür, als etwas seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ein Knallen. Viktor sah sich um. Es kam aus dem hinteren Bereich des Hauses. Vom Hof. Mit äußerster Vorsicht ging er langsam den langen Korridor in Richtung der Hoftür entlang. Nach allem was er die letzten Tage erlebt und gesehen hatte, war er vorsichtiger geworden. Vor der Hintertür stehend, atmete er einmal tief ein, riss die Tür auf und sah sich schnell auf dem gesamten Hof um. Er konnte nichts entdecken.

Erleichtert drehte er sich um und starrte geradezu in bekannte rote Augen. Mit einem ersticktem Schrei fiel er auf den Boden. >> Was zum? <<, fing Viktor an. Doch der große Schatten mit den roten Augen brachte ihn, mit einem Schritt auf ihn zu, zum Schweigen. Wind kam auf und der dunkle Rauch der die Gestalt umhüllte schien sich zu verziehen. Das Rot in den Augen wurde kleiner und verschwand. Dann zog sie Viktor auf die Beine. >> Was willst du? <<, fragte Viktor. >> Ich will was du willst, Viktor. <<, antwortete Horlow mit einer kalten stechenden Stimme. >> Du hast mich erweckt und das hatte ja wohl seinen Grund. <<, fügte er hinzu. Viktor beobachtete Horlow genau. Er sah eigentlich nicht bedrohlich aus. Dunkle Augen, spitze Nase, glatte schwarze Haare die ihm leicht ins Gesicht hingen und er trug einen langen schwarzen Mantel. Die blasse Haut errinnerte Viktor ein bisschen an sein Spiegelbild. In Viktor´s Innerem kam es wieder. Aus den tiefsten Schluchten seiner Gedanken fiel es ihm wieder ins Gedächtnis. Horlow hatte recht. Es hatte einen Grund. Einen sehr wichtigen noch dazu. >> Es muss bald getan werden Horlow, sonst weiß ich nicht was geschehen wird. <<, sagte Viktor bestimmend. Horlow grinste argwöhnisch. >> Gleich morgen wird es beginnen. Du hast mein Wort Viktor. <<, gab er ebenso bestimmend zurück. Als Horlow sich zum gehen umwandte wollte Viktor eine Sache noch wissen. >> Warum kannst du hierher kommen und Aurelia bleibt die ganze Zeit über an einem Ort? <<. >> Aurelia interessiert sich nur für sich selbst. Ihr sind andere egal. Sie kann es gut verstecken nicht wahr? In all der Zeit in der du bei ihr warst hat sie die sorgenvolle und verständisvolle Hure abgegeben, oder? Sie erzählt nicht viel von sich, richtig? Ich jedenfalls bin anders. Ich habe Ziele und natürlich Helfer. So wie du einer bist. <<, antwortete er zwinkernd. >> Okay. Bis morgen dann. <<, flüsterte Viktor leise und dachte über seine Worte nach. Horlow´s Mantel wurde rauchig und aus dessen tiefen schossen große dunkle Flügel, die Viktor in einem großen Schatten fallen ließen. Horlow drehte sich noch einmal um. >> Dies ist der letzte Tag. Der letzte Tag der Qualen. << Dann schoss er in den Nachthimmel.

Am nächsten Morgen war es neblig und außergewöhnlich dunkel. Die Wolken ließen weniger Sonnenlicht durch als üblich. Viktor stand auf einem Hügel nahe seines Wohnhauses. Von dort oben aus hatte er einen guten Ausblick. Das Hochhaus in dem er wohnte mit dem ganzen Abschaum, dass sich darin und auf dem Platz davor tummelte. Den Park, der durch den Nebel nicht leicht auszumachen war. Noch schwerer zu erkennen, aber er wusste genau wo sie von dort aus lag, seine Schule. Horlow trat von hinten langsam neben Viktor. Sie schauten sich kurz an. >> Du tust das für mich und dann ist alles vorbei, richtig? <<, fragte Viktor Horlow. Horlow sah ihn mit seinen dunklen Augen an. >> So ist es. <<, sagte er knapp. >> Dann los. <<, gab Viktor zurück und auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus.

>> Bist du vollkommen bescheuert Schlampe? <<, schrie Rudi. >> Hast du keine Augen im Kopf oder was? <<. Rudi hörte wie die Tür aufging. >> Ah, dein dummer Junge kommt nach Hause. Ey Jungchen, hast du das mitgebracht was ich dir aufgeschrieben habe? <<, brüllte er vom Sofa aus in Richtung Flur. Viktor kam in die Stube. Sein Mantel unterstrich seine Blässe. Er holte einen zerknüllten Zettel aus seiner Tasche. >> Du meinst Bier? <<, fragte Viktor flapsig. Rudi funkelte ihn böse an. >> Ja ganz genau. Gib es her, sonst setzt es was! <<, schrie er ihn an. Viktor sah zu seiner Mutter. >> Mutter, geh lieber ins Schlafzimmer. Das könnte vielleicht etwas hässlich werden. <<, sagte er vergnügt. >> Was? Was redest du für einen Scheiß Jungchen? <<, schrie Rudi. >> Du kannst dir jede Bierpulle einzeln sonst wo hinschieben! <<, schrie Viktor diesmal zurück. Kurz war es still. >> Jetzt reicht es du Haufen Scheiße! <<, brüllte Rudi, stand auf und marschierte auf Viktor zu. In dem Moment betrat Horlow den Raum. Rudi blieb sofort stehen. >> Was bist du denn für´n Clown? <<, fragte er ihn provozierend. Horlow trat nahe an Rudi. Es schien als würde er an ihm riechen. Wie ein Hund der seine Fährte aufnahm. >> Der Geruch von Abschaum. <<, hauchte er in Rudi´s Ohr. Rudi, dessen Augen bösartig funkelten, schien sich nicht bewegen zu können. Horlow packte ihn am Hals und warf ihn, durch den Raum, gegen die Wand. Viktor´s Mutter schrie. Horlow sprang auf Rudi zu. Er nahm seine wahre Gestalt an und schlug aggressiv mit den Flügeln. Er packte Rudi wieder am Hals und drückte ihn an die Wand. Horlow´s schwarze Augen fokussierten ihn. Die schwarzen Flügel waren weit ausgebreitet und ein leichter dunkler Rauch ging von ihnen aus. Spitze kleine Zähne, die scharf wie Dolche waren, gierten danach sich in Rudi´s Fleisch zu bohren. Er sah an ihm hinunter. >> Oh Mann, du pisst dich nicht gerade wirklich ein oder?, <<, fragte er ihn lachend. Seine Stimme war hoch, kalt und hatte einen bedrohlichen Ton. >> Komm mit! <<, schrie er. Er rannte, Rudi fest im Griff, auf die Balkontür zu. Beide schlugen durch das Fenster hindurch und Horlow zog ihn mit in die Tiefe. Viktor sah sie nur hinab stürzen. Seine Mutter schrie und schluchzte am Boden.

Viktor rannte auf den kleinen Balkon. In dem Moment schoss Horlow, am Balkon vorbei, in die Höhe. Seine Flügelschläge waren hastig und schnell. Er hinterließ eine leichte Rauchspur. Viktor konnte erkennen das er Rudi immer noch im Griff hatte. Er baumelte kopfüber. Viktor musste anfangen zu lachen. Horlow flog über das Dach mit ihm. Dann blieben sie stehen. Ohne ein weiteres Wort zu sagen ließ Horlow ihn los. Rudi stürzte hinab. Viktor wich leicht zurück als er am Balkon vorbeifiel. Horlow stürzte mit einer hohen Geschwindigkeit hinterher. Kurz bevor Rudi am Boden ankam, griff Horlow nach ihm und zog ihn wieder hoch. Die Leute unten konnten nicht glauben was sie sahen. Sie schrien, ergriffen die Flucht oder bestaunten das Schauspiel ohne zu begreifen was wirklich los war. Über einer Statur eines Reiters blieb Horlow mit Rudi wieder stehen. >> Deine Seele gehört mir. <<, flüsterte er in sein Ohr. Dann ließ er ihn wieder fallen. Diesmal fing er ihn nicht auf. Rudi fiel auf die Spitze des Speeres die der Reiter in der Hand hielt. Die Passanten schrien. Blut tropfte die Statur hinab. Viktor stockte der Atem. Er hatte ihn getötet. Langsam ging er zurück in die Wohnung. >> Was ist los Viktor? Was ist das für ein Ding und was hast du damit zu tun? <<, schrie sie. Viktor versuchte klar zu denken. Er hatte Rudi einfach getötet. Er wollte Rache, aber so? Doch eigentlich ist es kein Verlust und solche Menschen hatten selbst Schuld. Er starrte seine Mutter an. >> Rudi ist tot Mutter. Horlow ist jemand der alles wieder gerade rücken wird. Ich habe ihn befreit und er gehorcht alleine mir! <<, schrie er. Dann ging er aus der Wohnung.

Als er aus dem Haus ging, schien alles verlassen. Sie waren alle geflüchtet. Horlow saß auf der Reiterstatur. Er sprang auf, ließ seine Flügel ein paar Mal kräftig schlagen und kam vor Viktor zu Boden. >> Es ist getan. <<, sagte Horlow. >> Nein! Noch nicht! Einiges gibt es noch zu tun. <<, gab Viktor zurück.

Die Schule brannte als Viktor aus dem Gebäude hinaustrat. Er lehnte sich gegen das Treppengeländer. Seine Gedanken waren ein komplettes Durcheinander. >> Reiß dich zusammen! <<, befahl er sich. Horlow hatte sich die Terrormitglieder von Derek geschnappt. Simon und Ole. Simon war das Treppenhaus hochgerannt. Horlow hat ihn oben ein Seil um den Hals geschnürt und ihn baumeln lassen. Schüler liefen panisch die Gänge entlang. Sie schubsten und überrannten sich. Horlow fand Ole in einer der Toiletten. Er war gerade damit beschäftigt einem anderen Mitschüler Geld abzunehmen. Horlow packte Ole, flüstere ihm etwas ins Ohr und warf ihn wieder zu Boden. Daraufhin ging Ole geistesabwesend in eine der Kabinen und fing an sich zu übergeben. >> Ja, kotz du Witzfigur. Kotz dir im wahrsten Sinne des Wortes die Seele aus dem Leib. Denn sie gehört mir! <<, knurrte Horlow.

Aus der Ferne hörte Viktor Sirenen. Die Schule hatte wohl Polizei, Feuerwehr und sicher auch den Notarzt verständigt. Er musste verschwinden. Er lief ins Gebäude. Immer noch liefen dutzende Schüler und Lehrer durch die Korridore. Einige von ihnen waren verletzt. Mitten im Eingangsbereich konnte er Horlow stehen sehen. Vor ihm lag Derek, der zitternd zu ihm hoch sah. Horlow starrte ihn an. Viktor ging langsam auf ihn zu. Derek sah Viktor flehend an. >> V-Viktor, hilf m-mir, b-bitte. <<, wisperte er leise und Tränen liefen seine Wangen hinab. Horlow beugte sich zu ihm hinunter und packte seinen Kopf. >> Niemand wird dir helfen. <<, sagte er im spöttischen Ton. Dann schlug er Dereks Kopf hart auf den Boden. Einmal. Zweimal. Dreimal. Beim vierten Mal rührte sich Derek nicht mehr und Horlow ließ seinen schlaffen Körper los. Viktor stand zitternd da und sah in seine ausdruckslosen Augen. >> Komm! <<, sagte Horlow zu Viktor. Er zog ihn mit in Richtung Hinterausgang. Beide liefen über den Schulhof, hinein in einen angrenzenden kleinen Park. An einem kleinen Tümpel machten sie halt. >> Was hast du da drin getan? <<, schrie Viktor. Horlow´s Mantel bauschte sich im Wind auf und er hatte seine menschliche Gestalt wieder angenommen. >> Das wonach du dich immer gesehnt hast. <<, antwortete er ihm. >> Ich wollte Rache aber keinen töten. <<, verteidigte sich Viktor. Horlow grinste abfällig. >> Doch das wolltest du. Du kannst und brauchst mir nichts vormachen. Ich kann in dein Innerstes sehen und ich sehe brodelnden Hass. << Viktor setzte sich auf einen dicken Baumstamm und versuchte nachzudenken. >> Was machen wir jetzt? <<, fragte Viktor nach ein paar schweigenden Minuten. >> Wir machen weiter. <<, kam es von Horlow.

Es wurde Nacht. Viktor saß einsam am Wasserfall und weinte vor sich hin. Was hatte er getan? Horlow hatte all die Menschen ohne mit der Wimper zu zucken getötet. Natürlich hatte er das. Tief im Innern wusste Viktor doch was geschehen würde. Horlow hatte vollkommen Recht. Er wollte das diese Menschen Schmerzen erfuhren. Er wünschte sich ihren Tod. Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen und weinte noch stärker. Wärme breitete sich auf seinem Rücken aus und als er aufsah erkannte er Aurelia neben sich. Scham kam in ihm auf. >> Es tut mir leid. Das alles hier tut mir leid. <<, flehte Viktor. Aurelia sah aus wie immer. Ihre Haut schien zu strahlen und ihre blauen Augen waren so intensiv wie bei ihrem ersten Treffen. >> Du bist nicht der erste der der Versuchung erlegen ist Rache zu üben. Viele Menschen vor dir haben ihn heraufbeschworen. In allen Zeitepochen dieser Welt. <<, sagte sie auf ihre gewohnt beruhigende Art. Viktor zitterte noch immer. Horlow war davongeflogen nachdem Viktor ihm sagte sie sollten aufhören. Bevor er jedoch davonflog meinte Horlow das dies erst der Anfang sei. >> Wann hört er auf, Aurelia? <<, fragte Viktor. Zum ersten Mal erkannte er in Aurelia´s Gesicht einen Anflug von Schmerz. >> Niemals. <<, sagte sie knapp. >> Niemals? Er hat sie sich doch alle geholt die mein Leben zur Hölle gemacht haben. <<, sagte er aufgebracht. >> Er wird sich noch mehr holen. Er wird sich Pia holen, deine Mutter, ja sogar deinen Vater. <<, antwortete sie und ihr Ton hatte etwas trauriges. >> Nein! Ich muss zu ihr. Ich muss zu meiner Mutter. <<, schrie er und rannte los. >> Viktor warte, du weißt zu wenig über ihn. <<, rief sie ihm hinterher. Doch Viktor hörte sie nicht. Er sah seine Eltern vor sich und Pia. Er konnte nicht zulassen das sie ebenfalls starben.

Viktor hielt erst kurz vor seinem Wohnhaus an. Überall war Blaulicht, Polizisten standen herum und achteten darauf das niemand dem Tatort zu nahe kam. >> Viktor! <<, rief jemand aus dem gegenüberliegenden Haus. Er erkannte jemanden am Fenster im Erdgeschoss. Er ging auf das Haus zu. Als er an der Haustür ankam öffnete sie schon jemand. Es war Herr Lehmann wie er jetzt erkannte. Viktor wollte gerade etwas sagen, doch Herr Lehmann zog ihn schnell ins Haus. >> Na los, schnell rein. Erste Tür links. Los los. <<, befahl er Viktor eilig. Viktor ging schnell in die Wohnung und Herr Lehmann folgte ihm nervös. Die Wohnung war neblig und ein seltsamer Geruch stieg ihm in die Nase. Herr Lehmann schob ihn in die Stube. >> Gott sei Dank! <<, sagte Viktors Mutter erleichtert und nahm Viktor in die Arme. >> Was ist hier los? <<, fragte Viktor verdattert. >> Das ist meine Frau Leonie. <<, kam es von Herr Lehmann. >> Hallo. <<, sagte die Frau mit den langen blonden Haaren die auf dem Boden saß. Viktor fiel Herr Lehmann´s komischer Ton auf mit dem er redete. Er sah auf den Tisch und als er erkannte was dort lag wusste er auch was für ein Geruch in der Luft lag. >> Kiffen sie hier? <<, fragte Viktor verblüfft. >> Ganz ruhig. Du kannst mich Phil nennen. <<, sagte Herr Lehmann. Das Paar Lehmann war ihm schon oft aufgefallen weil sie immer sehr ausgefallen rumliefen und sich komisch benahmen. Jetzt wusste er auf jeden Fall warum. Trotzdem wusste er nicht warum er hier war. Plötzlich fiel ihm Horlow wieder ein und die Pläne die er verfolgte. >> Mama, wir müssen hier weg, schnell. <<, sagte er aufgebracht. >> Das tut ihr ganz sicher nicht. <<, befahl eine kratzige Stimme hinter ihm.

Schnell drehte sich Viktor um und er erkannte einen alten Mann, der aus dem Zimmer nebenan hereinkam. >> Wer sind Sie denn? <<, fragte Viktor. Die ganze Sache schien ihm immer komischer zu werden. >> Der ist schon seit 2 Tagen hier. Wir haben ihn für ein paar Tage aufgenommen weil er meinte es sei gefährlich draußen. <<, sagte Phil und zog kräftig an seinem Joint. >> Son Quatsch! Ihr habt mich draußen gefragt warum ich so ernst aussehe und meintet ich solle mal am Regenbogen ziehen. Doch es erschien mir in der Tat sinnvoll lieber in geschützter Deckung zu verweilen. <<, polterte der alte Mann los. Dann wandte er sich wieder an Viktor. >> Wir beide. Wir haben sehr viel zu bereden. <<, sagte er zu ihm. >> Tut mir leid, ich habe gerade wirklich verdammt wichtigere Dinge zu tun. <<, sagte Viktor. >> Oh ich weiß das du das hast. Doch bedenke das du verantwortlich dafür bist das Horlow die ganzen Menschen getötet hat und noch weitere töten wird! <<, zischte der Mann. Viktor stand nur da und starrte den älterten Mann an. Er hatte weißes Haar, dass ziemlich durcheinander war, ein faltiges Gesicht und er trug einen braunen Ledermantel. Der alte Mann atmete schwer. >> Ja ich weiß von ihm. <<, sagte er leise. Dann ging er in den Raum aus dem er kam und ließ die Tür offen stehen. >> Komm rein, Junge. Ich glaube du solltest etwas erfahren wenn du die anderen Menschen und dich selbst retten willst. <<, rief er aus dem Zimmer. Nach kurzem Zögern ging Viktor langsam hinein und schloss die Tür.

Kapitel 5


Der Raum lag im Dunkeln. Die Vorhänge waren zugezogen. Das Chaos draußen hörte man nur gedämpft. Die einzige Lichtquelle waren ein paar Kerzen auf einem Tisch, der in der Mitte des Raumes stand. Dort saß der alte Mann, der ihn nicht aus den Augen ließ. >> Setz dich, Junge. <<, sagte er und deutete auf den Stuhl gegenüber von ihm. Viktor schluckte schwer und ließ sich auf den Stuhl fallen. >> Mein Name ist Leonard Grend. <<, sagte der alte Mann und genehmigte sich einen Schluck aus einem Flachmann. >> Ja. Sehr erfreut Herr Grend, doch wir sollten nun zum eigentlichen Thema kommen. Jede Sekunde die untätig verstreicht könnten Menschen sterben. << >> Oh es sterben Menschen. Das ist sicher Viktor. Aus welchen Gründen hast du ihn befreit, hm? <<, fragte er Viktor und seine Augen ließen nicht von ihm ab. Viktor räusperte sich. >> Ich wollte mich für gewisse Dinge rächen. <<, antwortete er und schaute auf seine Hände. >> Okay, Junge. Ich erzähle dir jetzt eine Geschichte. Sie handelt von einer armen Familie die vor Jahren hier ganz in der Nähe wohnte. <<, fing Herr Grend an. Viktor schaute auf. Die Flammen der Kerzen spiegelten sich in den Augen von Herrn Grend. Doch man konnte noch etwas anderes darin erkennen. Viktor wusste jedoch nicht was. Herr Grend fing an zu erzählen...

Die Geschichte von Elias & Alisea

Die Luft im Wald war frisch und man konnte riechen das der Sommer langsam dem Ende zuging. Die Sonnenstrahlen fielen spärlich durch die Baumkronen und die Bäume zogen lange Schatten. Ein junges Mädchen ging, 2 Eimer Wasser tragend, durch den Wald. Ihre langen blonden Haare wehten im Wind und ihre großen blauen Augen genossen den Anblick des Waldes. Als die Sonne fast schon untergegangen war, kam sie an einem kleinen Steinhaus an. Sie stellte die Eimer auf der Veranda ab und klopfte an der Tür. Eine Frau mit streng aussehender Miene öffnete. >> Da bist du ja Alisea. <<, sagte die Frau erleichtert, aber dennoch mit Schärfe in der Stimme. >> Dein Vater und ich haben uns schon Sorgen gemacht. << Alisea stellte die Eimer in der kleinen Küche ab und ging weiter ins Wohnzimmer. >> Ah Alisea, schön das du wieder da bist. <<, sagte der Mann im Sessel. Er hatte dichte schwarze Haare und einen struppigen Vollbart. >> Warum hat es so lange gedauert? <<, fragte er. Alisea schaute aus dem Fenster. >> Ich saß noch eine Weile am Bach. <<, antwortete sie. >> Wehe wenn ich rausbekomme das du dich mit diesem Burschen vom Berg getroffen hast. <<, fuhr ihr Vater fort. Alisea schloss die Augen. Ihr Vater meinte Elias. Er war ein gutaussehender junger Mann, der alleine in den Bergen lebte. Seine Eltern waren bei einem Spaziergang überfallen und ermordet worden. Die einzige Person die er hatte war seine Großmutter. Sie lebte jedoch nicht in den Höhen des Berges, sondern in den Tiefen des Waldes. Man munkelte sie befasse sich mit schwarzer Magie. Weswegen ihr Vater ihr auch den Umgang mit Elias untersagte. >> Ich weiß Vater. <<, antwortete sie.

In der Nacht, ihre Eltern schliefen fest, schlich sie sich leise aus dem Haus. Sie folgte einem kleinen Pfad durch den Wald. Er führte sie zu einem großen See. Die letzten Meter zum Ufer rannte sie und sie wurde von starken Armen umschlungen. Ein junger Mann mit schwarzen Haaren und stechend grünen Augen begrüßte sie und gab ihr einen langen Kuss. >> Ich hab dich so vermisst. <<, hauchte er ihr ins Ohr. >> Ich dich auch, Elias. <<, gab sie zurück. Ihre Umarmung löste sich und sie gingen, sich an der Hand haltend, das Ufer entlang. Der Vollmond erhellte die Umgebung und ließ den Schein erwecken Hunderte von Diamanten würden auf dem Wasser treiben. >> Hast du es deinen Eltern gesagt? <<, fragte Elias. Alesia ließ den Kopf hängen. Sie fing an zu weinen. Elias stellte sich vor sie, berührte ihr Kinn, sodass sie ihn ansehen musste und küsste sie ein weiteres Mal. >> Mein Vater würde es nie erlauben. <<, sagte Alesia. >> Dann werden wir es in der übernächsten Nacht machen. Wir hauen ab. Raus aus diesem Kerker ihrer Regeln und Gesetze. Wir bauen uns irgendwo ein eigenes Leben auf. Nur du und ich. <<, fuhr Elias weiter fort und musste dabei lächeln. >> Was sagst du? <<, fragte er sie. Sie schaute ihn verblüfft an. >> Ähm... ja. Ja das klingt gut. Mein Vater erdrückt mich mit seinen Regeln und Vorschriften. <<, gab sie zurück und fiel ihm in die Arme. So blieben sie noch einige Minuten stehen. Im Schein des Mondes, der der einzige Zeuge ihres Versprechens war.

Alesia packte 2 Nächte später ein paar Sachen in einen Beutel ein. Die letzten Tage hatte sie nicht viel geredet und alles brav befolgt was ihre Eltern ihr sagten. Langsam schlich sie sich wieder einmal aus ihrem Zimmer. Als sie auf der Veranda ankam überkamen sie tiefe Wellen der Erleichterung. Sie hatte es fast geschafft. Sie ging langsam in Richtung der schützenden Bäume. >> Wo soll es denn hingehen? <<, fragte eine tiefe Stimme. Sie drehte sich erschrocken um und sah ihren Vater hinter dem Haus hervorkommen. >> V-Vater, was machst du so spät noch draußen? <<, fragte sie nervös. Ihr Plan schien gerade einzustürzen. >> Dein Verhalten ist das was mich wach hält, Alesia. <<, antwortete ihr Vater schroff. Beide schwiegen sich an. >> Du wirst nicht zu ihm gehen! <<, sagte ihr Vater in einem herrischem Ton. Tränen schossen in Alesia´s Augen. >> Oh doch, das werde ich! <<, gab sie scharf zurück. Dann drehte sie sich um und ging in den Wald. >> Alesia! <<, schrie ihr Vater ihr hinterher. Ihr Vater eilte zur Veranda und schnappte sich seine Axt. Im Wald war es nachts gefährlich. Dann rannte er ihr hinterher.

Elias wartete an der Schlucht des Wasserfalls. Der Mond stand hoch oben am Himmel. Der Wald war ruhig. Er dachte an die Zukunft mit Alesia als er plötzlich Stimmen hörte. Eine der Stimmen kam ihn sehr vertraut vor. >> Alesia! <<, keuchte Elias. Schnell lief er los in die Richtung aus der sie kamen. Alesia und ihr Vater standen sich, etwas abseits des Weges, gegenüber. >> Alesia, hör mir zu! <<, drängt ihr Vater >> Es geht nicht direkt gegen Elias. Du weißt was sich die Leute erzählen. Schwarze Magie die dieser Familie innewohnt. << Alesia schnaupte abfällig. >> Das ist doch nicht dein ernst. <<, sagte sie. Elias sah Alesia und ihren Vater. Er versteckte sich hinter einem dicken Baum und überlegte was er als nächstes tun sollte. Er sah die Axt des Vaters und wusste das er schnell handeln musste. Er musste alles auf eine Karte setzen und den Überraschungsmoment ausnutzen. Langsam kroch er durch das hohe Gras. >> Bitte Vater, ich liebe ihn. <<, flehte Alesia. >> Ich sagte Nein! Und jetzt ab nach Hause! <<, brüllte ihr Vater. Dann ging alles sehr schnell. Alesia´s Vater drehte sich zum gehen um. Elias sprang auf und versuchte ihm die Axt zu entreißen. >> Was willst du denn hier, Bursche? <<, schrie Alesia´s Vater. >> Elias! <<, schrie Alesia weinend. >> Sie tun ihr nichts an und lassen sie gehen! <<, brüllte nun auch Elias. Sie kämpften um die Axt und taumelten in alle Richtungen. Elias versuchte mit einem kräftigem Ruck die Axt aus dem Griff ihres Vaters los zu bekommen. Doch sie stolperten beide über eine Wurzel die, im hohen Gras, unerkannt geblieben war. Alesia´s Vater und Elias hörten nur ein kurzes Keuchen und etwas dumpfes. Sie ließen voneinander ab und blieben schwer atmend am Boden liegen. Elias sah sich um >> Wo ist Alesia? <<, fragte er erschrocken. Alesia´s Vater wurde noch panischer. Elias stand auf und er entdeckte eine schmale Kluft im Boden. Er ging auf sie zu und schaute hinunter. Eisenketten schnürten seine Brust ab und er sank auf die Knie. >> NEIN! <<, schrie er aus Leibeskräften. Alesia´s Vater kam ebenfalls näher und auch er ließ sich fallen. Tränen fielen von Elias Wangen. Die leblosen Augen von Alesia starrten zu ihnen beiden hinauf. Sie lag zwischen spitzen Steinen. Eine rote Pfütze bildete sich um ihren Kopf herum.

Elias lag wach in seinem Bett. Nichts hatte mehr einen Sinn. Alesia war fort. Für immer. Warum hatte ihr Vater sie nicht einfach gehen lassen? Er sprang auf. Genau. Er war es. Besser gesagt ihre sturen Eltern. Mitten in seinen Gedanken, die sich überschlugen sah er etwas am Fenster vorbeihuschen. Er ging zum Kamin und nahm sich einen Schürhaken. Dann ging er langsam hinaus. Er war darauf vorbereitet sich Alesia´s Vater zu stellen, der ihm die Schuld an ihrem Tod gab. Doch was er sah war ein solcher Schock für ihn, das er schlapp zu Boden ging. >> Nein. Das kann nicht sein. Du bist tot. <<, sagte er weinend. Auf der Wiese stand, im Schein der Nacht, Alesia. Sie strahlte förmlich. >> Ich liebe dich. <<, sagte sie lächelnd zu ihm. >> Ich liebe dich auch. <<, schluchzte er. Langsam stand er auf. Seine Miene verfinsterte sich. >> Ich werde dich rächen, Alesia. Das verspreche ich dir! <<, zischte Elias. >> Es gibt nichts zu rächen. Es ist tragisch und traurig, aber es war ein Unfall. <<, antwortete sie ihm. >> Wie kannst du so darüber reden. Du bist tot. Unsere Zukunft ist nur noch ein Haufen zersplitterter Gedanken. <<, krächzte er hervor. Alesia streckte ihre Hand aus. Elias tat es ihr gleich. Kurz bevor sie sich berührten sah er Alesia´s Vater auftauchen und mit der Axt auf Alesias Hand schlagen.

Elias schrie auf und hielt sich die Hände vors Gesicht. Es dauerte einen Augenblick bis er begriff das er das nur geträumt hatte. Tief atmete er ein und aus. Er stand auf, zog sich seine Jacke über und ging hinaus in die Nacht. Er wusste was er tun musste.

Die Bäume standen dicht aneinander. Der Wald wirkte dunkler und das Gefühl für Tag und Nacht schien zu schwinden. Der Weg hierher war schon ein kleines Abenteuer gewesen. Spitze Felsen und eine wacklige Brücke über einem reißendem Fluss waren die Hürden. Zudem die immer dichter werdende Düsternis. Durch die Bäume konnte er, in einigen Metern, Licht brennen sehen. Als er näher kam hörte er Stimmen. >> Du gehörst verbrannt. Du und dein gesamtes Anwesen, Hexe! <<, schrie ein alter Mann, der vor dem Haus seiner Großmutter stand. Die Tür glitt auf und eine alte Frau in einem verschlissenen Gewand trat heraus. Elias trat zum Vorschein. >> Ah da ist die restliche Familie ja wieder zusammen nicht wahr? <<, sagte der ältere Mann spöttisch. Die alte Dame hatte trübe Augen und vergammelte schwarze Zähne. Sie ging gebeugt. >> Verschwinde! <<, schrie Elias den alten Mann an. >> Ihr seit allesamt verdorben und bringt nur den Tod. <<, fuhr der Mann ihn an. >> Jaja, ebenso. <<, winkte Elias ihn abfällig ab. Dann verschwand Elias mit seiner Großmutter im Haus.

Das Haus war ein kompletttes Durcheinander. Es schien einfach chaotisch aus dem Boden gewachsen zu sein. Mal war es gerade und an anderen Stellen war es komplett schräg. Holzbalken waren in allen Winkeln des Hauses. >> Ich brauche deine Hilfe Großmutter. <<, fing Elias an. Seine Großmutter schien etwas in den Schubladen zu suchen und sah ihn nur kurz an. >> Ich brauche IHN, Großmutter. <<, sagte Elias mit bewusster Betonung. Seine Großmutter hielt inne und schaute ihn nun direkt an. >> Er zu mächtig. <<, sagte sie, mehr zu sich selbst als zu Elias. >> Sie haben mir alles genommen. Sie versuchen dir alles zu nehmen. Es ist die einzige Möglichkeit. Du weißt das. <<, drängte er. Sie trat näher an ihn heran. >> Du wirst Angst bekommen. Große Angst. Nun gut. Du willst schwarzen Schatten? Du bekommst schwarzen Schatten. <<, sagte sie ernst.

Elias lag auf dem verstaubten Steinboden des Kellers. Kerzen brannten in den Ecken und seine Großmutter über ihm. Sie flüsterte unverständliche Worte und hielt einen kleinen Dolch in der Hand. Sie schnitt sich selbst in die Hand und ließ das Blut in den offenen Mund von Elias tropfen. Dann ging sie auf die Knie und packte Elias am Kopf. Sie flüsterte ihm verschiedene Sprüche ins Ohr. Ihre Augen verdrehten sich. Alles wurde still. Dann polterte etwas über ihren Köpfen. Es schien in der Stube und in der Küche zu sein. Es hörte sich an wie feste Schritte. Die Tür zum Keller flog auf. Doch man erkannte nichts. Elias Großmutter versuchte langsam aufzustehen. Auf einmal knallte es laut und sie wurde rücklinks zu Boden gerissen. Elias wurde auf seine Beine gerissen und sein Mund schien aufgehalten zu werden. Rauch bildetet sich um ihn herum und stieg überall in ihn hinein. Seine Augen verdrehten sich und er schrie in einem gurgelnden Ton. Elias spürte einen schrecklichen Schmerz im Rücken. Seine Großmutter krabbelte auf allen Vieren rückwarts an die Wand und konnte ihre Augen nicht vom Geschehen abwenden. Ihr Enkel trat aus dem dichten Rauch, doch er wirkte vollkommen verändert. Seine Augen waren rot. Man konnte den Hass in ihm förmlich sehen. Seine Zähne wurden zu spitzen Dolchen. Die auffälligste Veränderung waren jedoch die pechschwarzen Flügel die aus seinem Rücken traten. Elias Großmutter stand langsam auf und ging ein paar Schritte auf dieses Ding zu. >> Horlow, du verfluchter und ewig ins Fegefeuer verbanntes Monster. Vollbringe deine Taten und lass dann ab von ihm! <<, schrie sie ihn an. Doch Horlow lachte nur abfällig. Dann schoss er durch die Decke ins Wohnzimmer und von dort aus durch die Haustür. Er schrie in den Nachthimmel. Als er sich gerade davon machen wollte erkannte er einen alten Mann unmittelbar an der Haustür stehen. >> DU! <<, schrie Horlow. >> Nein bitte nicht! <<, flehte der alte Mann. Doch Horlow hatte sein Genick schon dreimal knacken lassen und seine Zähne in das sehnige Fleisch seines Nackens gebohrt. Elias Großmutter kam langsam hinaus. Sie war außer Atem. >> Elias. Für dich wird sich nichts ändern. Du darfst dich nur nicht in ihm verlieren. <<, rief sie. Horlow beugte sich zu der alten Dame hinunter und lachte. >> Wakanda, du aufspielende dreckige Hure. Ich kann deine Angst riechen. Sie quillt aus jedem Loch deines Körpers. Du kannst dich mir nicht in den Weg stellen! <<, rief er wütend. Dann schoss er hinauf in die Nacht.

Horlow hinterließ im nahegelegenden Dorf ein Blutbad. Fast alle Einwohner waren tot oder schwer verletzt. Hass trieb ihn an und er flog, hastig mit den Flügeln schlagend, durch den Wald. Von weit oben konnte er es sehen. Das Haus seiner geliebten Alesia. Ihr Vater hackte hinter dem Haus gerade Holz. Seine Tochter war tot und der Hurensohn hackte Holz! Er flog steil hinab, brach durch das Dach und fand sich in der Küche wieder. Alesias Mutter schrie auf. Er schlug sie so hart, sodass sie durch die dünne Hintertür nach draußen fiel. Alesias Vater packte seine Axt und bäumte sich vor seiner Frau auf. >> Komm her du Monster! <<, brüllte er. Horlow trat hinaus und breitete seine Flügel aus. Dichter Rauch stieg auf und die Augen glühten intensiver denn je. Er rannte auf Alesias Vater zu, schlug ihm die Axt aus den Händen und ihn zu Boden. Dann riss er seine Frau vom Boden und mit einem Wurf flog sie unsanft gegen einen der Bäume. Man konnte hören wie ihr Schädel zersplitterte. Dann packte er den Vater am Hals und schaute ihm tief in die Augen. Mit seinen spitzen Fingern riss er ihm seine Augen heraus. Er leckte langsam an ihnen und verspeiste sie. >> Man sagt, die Augen seien die Fenster zur Seele. <<, sagte Horlow im kalten Ton. >> Ich habe die Fenster geöffnet! Komm raus du kleine Seele! <<, schrie er. Als er fertig mit ihnen war, brannte das kleine Steinhaus bis auf die Grundmauern ab. Horlow flog durch die Luft und kam hoch oben auf einem Felsen zur Ruhe. Seine Augen glühten vor Zorn und Hass. Doch sein Durst war noch nicht gestillt. Er glitt über die Tannenspitzen, schrie und brüllte. Mit jedem Schrei schienen seine Augen mehr und mehr zu glühen. Er entdeckte einen einsamen Wanderer und ging in den Sinkflug. Er stürzte sich auf ihn und tötete ihn um ihm seine Seele auszureißen. Durch den ganzen Wald hörte man Horlow´s schrilles Kichern und seine hasserfüllten Schreie. Als Horlow wieder am brennenden Steinhaus ankam sah er Madanka dort stehen. Sie hatte einen Körper dabei, der reglos neben ihr lag. Horlow erkannte Alesia. >> Was willst du von ihr du dreckiges Stück? <<, schrie er Madanka an. Madanka schnitt Alesia leicht den Arm auf und hielt etwas darunter. >> Ich bringe dich um. Ich werde dich in deine kleinsten Einzelteile zerlegen und jeden Tropfen deines Blutes verzehren.! <<, krächzte Horlow. Er ging direkt auf Madanka zu. Kurz bevor er bei ihr war, drehte sie sich um und kippte ihm das Blut von Alesia ins Gesicht. Dann presste sie ihm ein eigenartiges Symbol auf die Brust und flüsterte einige Wörter. Horlow lehnte sich geschwächt an einen Baum und fixierte Madanka feindselig. >> Geh raus aus ihm! <<, schrie Madanka. Doch Horlow fing nur an zu lachen. Dann wurde er von etwas festgehalten. Efeuranken und Äste wickelten sich langsam um ihn. Sie zogen ihn in einen alten Baumstamm. >> NEIN! Du Hure, ich werde wieder kommen und dann solltet ihr euch alle in Acht nehmen. Ich werde euch eure Seelen herausreißen und sie verstümmeln! <<, schrie er in vollkommenden Hass. Dann verstummten seine Schreie und der Wald war wieder ruhig. Das Steinhaus war nur noch eine rauchende Ruine.

Der alte Mann räusperte sich und trank einen Schluck aus seinem Flachmann. Viktor starrte ihn ungläubig an. >> Das ist wirklich die Geschichte dahinter? <<, fragte Viktor den alten Mann ungläubig. >> Ohja, das ist sie. Mein Großvater hat sie miterlebt. <<, antwortete er. Viktor stand auf und ging aus dem Zimmer. Im Wohnzimmer sprach ihn niemand an. Als er draußen war holte ihn der alte Mann ein. >> Wohin willst du , Junge? <<, fragte er keuchend. >> Ich weiß jetzt was zu tun ist. Diese ganze Geschichte wird jetzt ein Ende finden! <<, sagte Viktor entschlossen. Dann fiel Viktor ein was er, außer den Flammen, noch in den Augen des alten Mannes sah. Es war Mitleid und Schmerz.

Viktor, Herr Lehmann und Herr Grend gingen schnell durch den dunklen Park. Als sie die steile Steintreppe hinunter gingen bekam es Herr Lehmann leicht mit der Angst zu tun. >> Um Gottes Willen ist das steil. <<, sagte er nervös. >> Mit Gottes Willen hat das hier nichts mehr zu tun. <<, sagte Herr Grend mürrisch. Als sie am Wasserfall ankamen rief Viktor nach Aurelia. Doch man hörte nur das Rauschen des Wassers und sah die dicht aneinander wachsenden Bäume. Herr Lehmann zog fest an einem Joint. >> Müssen sie den wirklich überall mit hinnehmen? <<, fragte Herr Grend gereizt. >> Das entspannt und man kommt auf die besten Ideen, Alter. << antwortete er. Während Herr Lehmann und Herr Grend sich leicht stritten sah Viktor es. Eine Bewegung zwischen den Bäumen. Als die Gestalt heraustrat keuchte Viktor auf und die beiden Streithähne verstummten ebenfalls. Horlow stand einige Meter vor ihnen. Seine Flügel waren nah an seinen Körper angelegt und seine Augen ruhten auf den Dreien. >> Ich weiß was passiert ist. Du brauchst das nicht tun. <<, sagte Viktor. Horlow lächelte verächtlich. >> Ich werde ihre Seele in die tiefsten und dunkelsten Schluchten der Hölle zerren. <<, gab er darauf zurück. Viktor schaute verunsichert. Er wusste nicht genau von was er redete. Dann warf Horlow ihm etwas vor seine Füße. Viktor hob eine braune Haarsträhne auf. Da verstand er es sofort. Er erkannte diese weichen Haare sofort. Pia. >> Du rührst sie nicht an! <<, schrie Viktor. Horlow lachte. Das Lachen hörte sich an, als wenn tausend dunkle Schatten sich gleichzeitig über ihn lustig machen würden. Horlow hob mit ein paar Schlägen der Flügel ab und verschwand im pechschwarzen Nachthimmel.

Über die kahlen Äste hing ein leichter Nebelschleier. Für diesen Ort nicht untypisch. Aurelia zwang sich langsam durch spitze Zweige und dicke Dornen. Sie trat auf die Lichtung und ihre Augen weiteten sich. Selbst nach all den Jahren war dieser Anblick für sie schmerzhaft. Vor Viktor konnte sie es gerade so verbergen und auf seine Fragen war sie nicht weiter eingegangen. Dichte Wolken zogen am Nachthimmel herauf und vereinzelt zuckten Blitze in, noch, weiter Ferne. Dann setzte Regen ein, der schnell stärker wurde. Ihre Haare waren durchnässt, doch ihre Flügel schienen wasserabweisend zu sein. Der Regen perlte an ihnen ab. Als sie den Anblick und die Erinnerungen an diesen Ort nicht mehr ertragen konnte flog sie davon. Hinein in den turbulenten Nachthimmel, dessen Blitze, die alten Mauern der Ruine für ein paar Sekunden erhellten.

Kapitel 6


Die Seitenwand des Regals war eingetreten und zum Teil zersplittert. Doch die Motte krabbelte, fest entschlossen den Weg nach oben zu bezwingen weiter hinauf. Sie wich den Spitzen Holzstücken gekonnt aus. Sie war jetzt in der richtigen Höhe. Mit ihrer letzten Kraft und ein paar schmerzhaften Flügelschlägen, schaffte sie es auf die kleine Fensterbank. Sie zuckte, da ihr rechter Flügel noch nicht ganz kuriert war. Leicht, mit den Fühlern am Flügel entlang wandernd, blieb sie liegen.

Der Nachthimmel zeigte keine Sterne. Leichter Regen fiel und deren Tropfen liefen langsam die Scheibe hinab, aus der Viktor´s Mutter Catherine schaute. Sie trug eine dicken Wollpulli und ihre Haare waren durchgekämmt und fielen leicht auf ihre Schultern. Ihre Augen waren glasig und parallel zu den Regentropfen floss eine Träne ihre Wange entlang. >> Machen sie sich keine Sorgen. <<, sagte die kratzige Stimme von Leonard Grend, dem alten Mann, der an ihre Seite trat und ihr tröstend seine Hand auf die Schulter legte. >> Ich mache mir nicht nur Sorgen, sondern auch Vorwürfe. <<, gab sie mit tränenbelegter Stimme zurück. >> Ich war eine schreckliche Mutter. Ich habe meine Ehe zerstört, habe mich mit mehr als einem fragwürdigen Typen eingelassen und was viel schlimmer ist, meinen Sohn vernachlässigt. Ich hätte als Mutter merken müssen das ihn Dinge bedrücken. Ich trage doch eigentlich die Schuld an all dem hier. << Herr Grend räusperte sich. >> An dieser ganzen Sache hier ist keiner Schuld. Viele andere sind diesem Dämon erlegen. Wenn dann trägt er, Horlow, die Schuld. <<, sagte er mitfühlend, drückte kurz ihre Schulter und ließ sie allein. Donner grollte tief in den Wolken. Catherine lehnte den Kopf an die Scheibe und ließ ihren Tränen freien Lauf.

Herr Grend war ins Zimmer nebenan, zu Phil und seiner Frau Leonie, gegangen. Beide ließen in letzter Zeit die Finger von ihren Joints. >> Horlow wird bald alles in seiner Macht stehende tun um für vollständiges Chaos zu sorgen. Wir sollten all unsere Gebete an Viktor schicken. <<, sagte Herr Grend. Stillschweigend, jeder für sich, tat in dem Augenblick sicher genau das. Ein Gebet in die Welt hinausstoßen.

Der Wald war dunkel. Es war still. Viktor kniete in einem Gebüsch, am Rande einer Lichtung. Er suchte den Himmel ab um sicherzugehen das er in Sicherheit war. Nichts. Er achtete auf jedes Geräusch. Das Rauschen der Blätter. Das Knacken des Gehölz im Wald. Doch nicht einmal diese Dinge machten auf sich aufmerksam. Die vollkommene Stille. Viktor starrte auf das skurril aussehende kleine Gebäude auf der anderen Seite. Eine kleine Hütte. Jetzt oder nie! Er spurtete los, durch das hohe Gras, zielgerichtet auf die Hütte zu. Die Hälfte war zurückgelegt als er sie sah. Geisterhafte Gestalten, die sich, in Form von Nebel, aus der Erde aufsteigend, bildeten. Es waren Dutzende. Viktor spürte ihre Blicke, doch rannte ohne, darauf Rücksicht zu nehmen, weiter. Sie schossen auf ihn zu. Er hielt sich beim Laufen die Hände vor das Gesicht. Doch die Gestalten flogen durch ihn hindurch. Sie konnten ihm nichts. Als Viktor das begriff, rannte er die letzten Meter noch schneller und kam vor der Tür der Hütte zum stehen. Er klopfte dreimal fest an. Er hörte Glas zerspringen. >> Wer ist da? <<, hauchte eine Stimme auf der anderen Seite der Tür. >> Mein Name ist Viktor und ich.. <<, fing er an, doch nachdem er seinen Namen nannte, öffnete sich die Tür.

Viktor ging vorsichtig hinein. Er war in einem Raum den man wohl als Wohnraum bezeichnen könnte. Einige Kerzen beleuchteten ihn spärlich. >> Was willst du? <<, sagte eine Stimme aus der dunklen Ecke des Zimmers. Viktor erkannte die Gestalt, die dunkel gekleidet war und deren Gesicht durch einen schwarzen Schleier verdeckt war. >> Sind sie Wadanka? <<, fragte Viktor. Die Gestalt rührte sich nicht. >> Die Menschen gaben mir viele Namen. <<, antwortete sie und in ihrem Ton war etwas wütendes. >> Ich brauche ihre Hilfe. Horlow ist frei und wenn er nicht aufgehalten wird tötet er jeden der ihm sich in den Weg stellt. << Wadanka stand langsam auf und kam auf ihn zu. >> Ohja, das wird er. Er wird sie alle zerreißen. Jeden Tropfen Blut aus ihnen pressen und ihre Seelen in die tiefsten Tiefen werfen! <<, brüllte sie. >> Sie wissen wie man ihn aufhalten kann, richtig? << Wadanka war nur wenige Zentimeter vor seinem Gesicht und Viktor konnte ihren Atem auf seiner Haut spüren. >> Wieso sollte ich das tun? Die Menschen haben mich ausgestoßen seit ich denken kann. Wieso sollte ich ihnen jetzt, da sie alle um ihr Leben bangen, zu Hilfe eilen? <<, fragte sie weiterhin wütend. Viktor wusste das er seine nächsten Worte mit Bedacht wählen musste. Er leckte sich die Lippen und hielt Wadankas Blick. >> Sie sollten es tun, weil Elias immer noch in ihm steckt. Er ist ihr Enkel. Er hat immer zu ihnen gehalten. Er würde dasselbe für sie tun. <<, sagte Viktor. Wadanka ging einige Schritte zurück. >> Verschwinde! Geh fort und such dir deinen Tod selbst aus, bevor ER es tut! <<, schrie sie und zerrte ihn Richtung Tür. Als Viktor nach draußen taumelte schlug sie die Tür zu. Verzweiflung und Wut breiteten sich in Viktor aus. >> Die Menschen hatten wohl allen Grund ihnen aus den Weg zu gehen. Sie egoistisches Stück! <<, schrie er aus Leibeskräften. Dann ging er über die Lichtung zurück in das Waldstück aus der er kam. Diesmal zeigten sich die geisterhaften Gestalten nicht. Viktor wurde klar weshalb es sie überhaupt gab. Sie waren heraufbeschworen worden um Horlow fernzuhalten. Wadanka hatte selbst große Angst vor ihm.

Der Wind peitschte um die steinige Klippe. Pia fror und zitterte am ganzen Körper. Gefangen in einem Käfig aus einer schwarzen Substanz. An dessen Stangen schlängelten sich schleimige Tentakeln. So würde sie sie jedenfalls bezeichnen. Unzählige von ihnen wanden sich um den Käfig wie boshafter Efeu. Sie weinte vor Panik. Sie verstand nicht warum sie hier gefangen war. Sie legte sich grad in ihr Bett, als dieses dunkle Wesen durch ihr Fenster brach, sie packte und mit ihr davonflog. Es hatte feurige Augen und dunkler Rauch umhüllte es. Es erwähnte den Namen Viktor. Sie konnte sich auf nichts einen Reim machen. >> Wundervolle Nacht, nicht wahr? <<, zischte eine Stimme neben ihr. Sie krabbelte vor Schreck und stieß einen spitzen Schrei aus. Das Wesen stand vor ihrem Käfig. Die roten Augen fixierten sie und dunkle Flügel hüllten ihr Gefängnis in einen tiefen Schatten. >> Was wollen sie denn von mir? <<, schluchzte sie hervor. >> Ich will deine Seele und es dauert nicht mehr lange, dann werde ich sie dir aus deinem jämmerlichen Körper reißen, du Miststück! <<, schrie er sie an. Horlow wandte sich von ihr ab und ging an das Ende der Klippe. Sie befanden sich aus einer steilen Klippe, die einen so tiefen Abgrund hatte, das man den den Boden nicht ausmachen konnte. Wie ein steiniger Schiffsbug ragte sie leicht in den Himmel. Horlow knirschte bedrohlich mit seinen messerscharfen Zähnen. >> Er wird bald hier sein um dich zu retten. <<, flüsterte er grinsend. Die Augen so rot wie pulsierende Lava.

Viktor kam am Wasserfall an und sah jemanden auf dem Felsen sitzen. Aurelia saß dort, den Kopf gesenkt und die Flügel schlaff herabhängend. >> Aurelia, was ist los? <<, fragte Viktor und setzte sich neben sie. Sie sah ihn an. Ihr magischer Glanz schien verflogen. Ihre blauen Augen hatten an Intensität verloren und waren gerötet. Ihr Haar war durcheinander und hatte ebenfalls an Glanz verloren. >> Du kennst die Geschichte von Elias. <<, sagte sie. >> Ja. << Sie atmete schwer. >> Ich habe ihn wirklich geliebt. Er war einer der gütigsten Menschen die mir je begegneten. <<, sagte sie mit belegter Stimme. >> Er ist immer noch in ihm. In diesem Dämon. Es ist nicht Elias. Horlow ganz allein handelt hier. Er brauch nur einen Körper den er benutzen kann. << Viktor legte seinen Arm um sie. >> Ich weiß. Wir müssen ihn aufhalten. <<, sagte er. Er strich ihr durchs Haar. >> Ich habe egoistisch und aus hasserfüllten Gedanken gehandelt als ich ihn befreite. Ich bin Schuld an vielen Toten. Und ich bin es der ihn aufhalten muss. Wadanka verweigert uns ihre Unterstützung. Man muss ihn aufhalten können! <<, fuhr er fort. >> Wie haben die anderen Menschen ihn aufhalten können? <<, fragte er. Aurelia stand auf schaute hinauf in den Nachthimmel der unheilvoll stürmisch war. Dann blickte sie zu Viktor. >> Sie starben. <<, antwortete sie knapp und Schmerz lag in ihrem Gesicht. >> Trotz ihres Todes konnten sie ihn nicht aufhalten. Er wurde noch nicht aufgehalten. Er bringt Tod und Verzweiflung über die Menschen, zieht sich vielleicht einige Zeit zurück, aber kommt immer wieder. << Viktor stand auf, ging um sie herum und schaute er direkt in die Augen. >> Diesmal nicht! Diesmal wird er für jede Seele die er sich genommen hat bezahlen. Mehr noch als das. Wir schicken ihn den Abgrund zurück aus dem er gekommen ist! <<, sagte Viktor mit solch einer Stärke in der Stimme das Aurelia kurz ihren Glanz zurückzubekommen schien. Aurelia breitete ihre Flügel aus, die so weiß waren wie immer. >> Dann los! <<, stieß sie mit mutiger Stimme aus. Sie fasste Viktor um die Hüfte und mit einem kraftvollem Flügelschlag stiegen sie hinauf. Viktor fühlte sich leichter als sonst. Sie flogen über die höchsten Baumwipfel. Als die über den großen See glitten durchfuhr Viktor ein brennender Schmerz. Auf der Oberfläche des Sees sah er Feuer, Menschen die darin verbrannten und schreiten und er sah Pia. Auf einer hohen Klippe sah er wie ihre Seele aus ihr herausriss und in einen dunklen Abgrund stürzte. Dann ließ der Schmerz nach und auf der Oberfläche des Sees sah er nur sich und Aurelia. >> Was ist los Viktor? <<, fragte sie. >> Ich weiß wo sie sind. <<

Viktor ging durch die Büsche langsam in Richtung der Klippe. Aurelia hatte ihn im Wald abgesetzt und war davon geflogen. Sie meinte sie komme so schnell wie möglich wieder. Viktor war an der Klippe angekommen. Er konnte nichts erkennen. Langsam ging er den steinigen Weg entlang. Der Wind peitschte ihm um die Ohren. Dann sah er etwas. Etwas dunkles. Er trat langsam näher. >> Pia! <<, rief er. Er rannte auf sie zu. Sie war gefangen. Kurz bevor er bei ihr war traf ihn etwas hart im Gesicht und er wurde zu Boden gerissen. >> Dummer naiver Junge! <<, sagte die kalte Stimme Horlows. Viktor sah seine roten Augen auf ihn herab gucken und wurde ohnmächtig.

Viktor hörte Stimmen. Aurelia. Herr Grend. Phil. Seine Mutter. Es stimmte also. Bevor man starb sah bzw hörte man Menschen die einem im Leben begegnet waren. Doch irgendwas stimmte nicht. Viktor fühlte harten Boden und ein Pochen an seiner linken Schläfe. Er riss die Augen auf. Vor ihm stand Horlow. Aurelia, seine Mutter, Herr Grend und Phil waren ebenfalls anwesend. Zwischen ihnen loderte ein starkes Feuer, dass sie auf Abstand hielt. >> Viktor! <<, rief seine Mutter. >> Es wird alles gut. Ich verspreche es. <<, fuhr sie fort. Horlow drehte sich zu ihm. >> Wen haben wir denn da. Dann kann der Spaß ja beginnen. Meine alter Wirt ist langsam zu schwach für mich. Du, Viktor, wirst mein neuer sein. <<, sagte er zischend. Rauch und Schleim drang aus seiner Mundhöhle und er fiel zu Boden. Aus dem Gewirr aus Qualm erhob sich eine dunkle Gestalt mit feuerroten Augen, Flügeln aus dunklem Rauch, die zu brennen begannen. Am Boden lag eine abgemagerte Gestalt. >> Elias! <<, rief Aurelia. Sie stieß hinauf, flog über die Flammen und landete neben ihm. Man konnte Elias nur noch leicht wieder erkennen. Es schien als sei die Lebenskraft aus ihm gesaugt worden. Horlows streckte seine Krallen nach Viktor aus. Kurz bevor er ihn berühren konnte, wurde er zur Seite gerissen. Aurelia stürzte sich auf ihn. Er bekam einen wuchtigen Schlag ihrer Flügel. Er stieß einen dunkel kreischenden Ton aus. Aurelia bekam einen Schlag ins Gesicht der sie ebenfalls zu Boden riss. Sie wollte gerade aufstehen, als Horlow einen ihrer Flügel festhielt und mit seinen dornartigen spitzen Zähnen hineinbiss. Aurelia schrie auf, wurde am Hals gepackt, flog durch die Luft und landete neben Elias. Sie versuchte auszustehen, doch es gelang ihr nicht. Die Bissstelle war schwarz und es schien sich langsam auszubreiten. Zitternd lag Aurelia am Boden. Viktor sah zu Pia. Sie sah zitternd dem Geschehen zu. Horlows Aufmerksamkeit galt wieder Viktor. >> Wenn du ihn willst, dann musst du es erst mit mir aufnehmen! <<, schrie eine weibliche Stimme. Horlow sah sich um. Viktor wusste sofort wer es war. Catherine, Viktor´s Mutter stand hinter Horlow. Sie hatte leichte Verbrennungen, als sie über das Feuer gesprungen war, abbekommen. Sie rannte auf Horlow zu. >> Nein! <<, schrie Viktor im selben Moment. Horlow traf sie mit einem Schlag seiner brennenden Flügel und Catherine schlitterte über die Klippe und war nicht mehr zu sehen. >> Mama! <<, schrie Viktor. Er rannte ans Ende der Klippe. Seine Mutter hielt sich an einer kleinen Kante fest, die herausragte. >> Nimm meine Hand! <<, rief Viktor ihr zu. Seine Mutter sah ihm nur tief in die Augen. >> Ich liebe dich, Viktor. <<, sagte sie lächelnd. Dann rutschte ihre Hand weg und sie fiel in den dunklen Abgrund.

>> NEEEIIINNN! <<, brüllte Viktor. Er drehte sich um. >> Ich werde dich vernichten! <<, schrie er Horlow an. Er rannte auf ihn zu. Sie knallten aufeinander. Man konnte beide nicht mehr wirklich erkennen. Es war nur noch ein Durcheinander von Rauchschwaden. Das Feuer das Herr Grend und Phil von den anderen trennte, erlosch. Aurelia sah zitternd zu dem Punkt an dem sie Viktor auf Horlow zuspringen sah. Elias lag nur am Boden und starrte in den Himmel. Nach einigen Minuten erkannte man Viktor am Boden liegen. Horlow war nicht mehr da. Viktor atmete tief ein und aus. >> Viktor. <<, rief Herr Grend und ging auf ihn zu. >> Du hast es geschafft << Herr Grend lächelte. Viktor stand langsam auf. Herr Grend streckte seine Arme nach ihm aus. Viktor holte aus und schlug Herr Grend beiseite. Alle schauten Viktor geschockt an.

Viktor öffnete seine Augen. Sie waren rot wie pulsierende Lava. Aus seinem Rücken stießen pechschwarze Flügel. Er grinste Aurelia an. >> Die Welt wird vor mit niederknien. <<, sagte eine dunkle Stimme, die aus Viktor kam. Dann stieß er sich hinab und flog davon. Er verschwand in den dunklen Wolken. Blitze zuckten. Gefolgt von einem tiefen Donner.

Kapitel 7


Kinder spielten auf dem Spielplatz im Park. Eltern unterhielten sich auf den Bänken und schauten hin und wieder, dass ihre ,,Kleinen” keinen Unfug anstellten. Der Wind nahm stark zu. Die Bäume verbogen sich etwas in dessen Böen. Der kleine Ruben saß auf der Schaukel und er blickte in den Himmel. Er sah auf etwas, dass sich mit schneller Geschwindigkeit auf den Spielplatz zu bewegte. Dunkelheit schien sich auszubreiten als Viktor auf dem Boden landete. Die Eltern schrien auf und eilten zu ihren Kindern. Viktor starrte sie mit seinen roten Augen an, schlug aggressiv mit seinen schwarzen Flügeln und lachte höhnisch. >> Lauft. Lauft nur. Früher oder später bekomme ich euch alle! <<, schrie er ihnen hinterher.

Menschen rannten schreiend die Gänge des Kaufhauses entlang als Viktor durch die Decke stürzte, Läden verwüstete und sich den einen oder anderen schnappte und mit ihm wie eine Puppe spielte. Viktor stand auf dem Dach des Kaufhauses und sah vergnügt zu wie die Menschen in einem völligen Durcheinander über den Parkplatz flüchteten.

Mit einem Schlag wurde Viktor umgerissen und er stürzte, die Fassade hinunter, auf den harten Asphalt. Er blickte auf und sah Aurelia über den Platz fliegen. Hasserfüllt stieg er hinab und stürzte ihr hinterher. >> Du kannst mich nicht aufhalten! <<, schrie er ihr zu. >> Das bist nicht du. Du musst gegen ihn ankämpfen, Viktor! <<, schrie sie zurück. Er bekam sie zu fassen und ineinander verkeilt und kämpfend schossen sie durch die Luft. Sie striffen Baumkronen, flogen durch Parks, stießen mit Häuserfassaden zusammen und wichen Autos aus. Hoch oben trennten sie sich kurz. Aurelia stieg weiter hoch, legte sich in den Sturzflug, stieß mit Viktor zusammen und beide rasten den Erdboden entgegen. Die Äste der Bäume brachen an ihnen ab und mit einem wuchtigen Stoß fielen beide in den reißenden Fluss. In den starken Strömungen zog der Fluss sie auf den Wasserfall zu. Beide, Aurelia und Viktor, hielten sich an einem großen Felsen fest der am Abhang des Wasserfalls lag. Sie sahen sich in die Augen. >> Horlow! Du lässt Viktor in Ruhe! <<, schrie Aurelia. Horlow ließ Viktors Mund lächeln. >> Wie willst du das anstellen, hm? <<, flüsterte er und lachte erneut. Aus ihrem Umhang zog Aurelia etwas glänzendes. >> Was soll das denn werden? <<, fragte Horlow sichtlich verwirrt und sah auf die Klinge die Aurelia in der Hand hielt. >> Ein Schnitt. Nicht um zu töten, sondern um mit vergangenem abzuschließen und die Zukunft einzuläuten. Eine Zukunft in der es dich nicht mehr geben wird. <<, sagt sie grinsend. Sie schnitt sich in den Arm und sofort floss ihr Blut den Arm entlang. Es tropfte auf den Stein und ins Wasser. >> Wie wäre es, wenn du ein Bad nimmst. <<, fuhr sie fort. Horlow wurde panisch und wollte gerade davonfliegen als Aurelia ihn packte. Das Blut floss weiter ins Wasser und den Wasserfall hinab. Das Wasser schien sich zu verändern. Es wurde heller und glitzerte mehr als sonst. Aurelia griff Horlow an den Hals. >> Wenn du so willst, bin ich jetzt der Racheengel für all die Seelen die du verschlungen hast. <<, flüsterte sie ihn sein Ohr. Dann fielen sie beide ins Wasser und stürzten den reißenden Wasserfall hinab.

Viktor fühlte sich benommen als er aufwachte. Er lag, am Ufer des Bachs, im weichem Gras. Er erkannte Aurelia neben sich stehen. >> Ist es vorbei? <<, fragte er heiser. Aurelia gab keine Antwort. Doch sie schenkte ihm ein breites Grinsen. Sie küsste ihre Handfläche und strich sie über Viktors Stirn. Dann flog sie hinauf in den Himmel und einem strahlendem Licht entgegen. Viktor hatte nie etwas schöneres gesehen.

Aus dem Licht wurde langsam eine grell-leuchtende Lampe. Viktor versuchte angestrengt zu verstehen wo er war. Ein Arzt leuchtete in seine Augen und meinte zu einer Frau neben ihm, dass soweit alles in Ordnung sei. Viktor erkannte seine Mutter und, er konnte es nicht glauben, Pia. >> Was ist los? <<, fragte er leise. Pia kam langsam auf ihn zu. >> Es war ein Schock, Viktor. Ich bin den geheimen Park entlang gegangen, als ich dich am Wasserfall liegen sah. Ich habe sofort den Notarzt verständigt. <<, sagte sie und Tränen standen in ihren Augen. >> Wir haben zwar nicht viel miteinander zu tun, aber ich weiß das du öfters dort bist. Der Anblick war wirklich furchterregend. <<, fuhr sie fort. >> Welcher Anblick? <<, fragte er verwirrt. Viktors Mutter kam langsam näher. >> Viktor es tut mir leid wenn ich dir das Gefühl gegeben habe das ich mich nicht für dich interessiere. Es tut weh das erst so ein Vorfall mir dies deutlich macht. <<, sagte sie mit zitternder Stimme. >> Was denn für ein Vorfall? <<, fragte Viktor nochmals. Dieses Mal etwas lauter. Catherine atmete tief ein. >> Viktor du hast dir den Arm aufgeschnitten und eine Menge Blut verloren. Du hattest Glück das Pia dich so schnell gefunden hat. <<, antwortete sie ihm und brach in Tränen aus. >> Aber was ist mit Aurelia? <<, fragte er. >> Wen? <<, fragten Pia und Catherine gleichzeitig und schienen den Namen noch nie gehört zu haben.

Ein Monat später

Viktor war mit seiner Mutter in eine neue Wohngegend gezogen. Einer Gegend die gepflegter und anständiger war. Viktor wollte jedoch nicht die Schule wechseln. Es war schließlich praktisch mit seiner Freundin auf die gleiche Schule zu gehen. Beide saßen sie am Wasserfall. >> Ich liebe dich. <<, sagte Viktor und sah ihr in die Augen. >> Und ich liebe dich auch. <<, gab Pia lächelnd zurück. Er hatte erst gedacht, er hatte sich Aurelia, seinen Engel, nur eingebildet. Doch mit den Wochen wurde ihm etwas bewusst. Er hatte einen Engel an jenem Abend getroffen. Und diesen hielt er gerade im Arm.

ENDE

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Tag der Veröffentlichung: 04.02.2013

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