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Beruht auf eine wahre Begebenheit


Wieder ist es Dezember, und als ob nicht schon oft genügend "Bettler" in der Stadt sitzen, hocken sie nun auf dem Weihnachtsmarkt zwischen den Fahrgeschäften und Buden.Ich haste daran vorbei, mit den Gedanken ganz woanders, denn schließlich muß ich ja noch sovieles selber kaufen. Da sind es die Geschenke, die Deko für den Festtisch, ja und was biete ich dieses Jahr überhaupt meinen Gästen an? Als ich endlich einen Großteil in meiner Tasche habe, stolpere ich fast über den großen Labrador zu meinen Füßen. Er sitzt brav auf einer Decke und "bewacht" die Habseligkeiten seines Herrchens. Der mich wiederum ziemlich rüpelhaft daraufaufmerksam macht, mal meine Augen zu öffnen! "Sicher," denk ich mir, "klar das der am Glühweinstand steht, während der arme Hund sich hier was abfriert."
Gerade weil ich soetwas häufiger beobachtet habe, schwöre ich mir, ja keinen Cent da in diese besagten Pappbecher oder ähnlichen Dinge zu tuen.
Zuhause angekommen hab ich das schon fast wieder vergessen.
Da wir an diesem Tag noch soviele Termine haben, Rezepte abholen, einen Anzug aus der Reinigung usw, holen wir uns auf dem Parkplatz vor dem Kaufhaus von einem Hähnchenstand eben solches. Im Eiltempo nach Hause, denn die Uhr scheint heute mal wieder zu rasen...
Während ich die Hähnchen in den Backofen schiebe, damit sie noch etwas wärmer werden, klingelt es. Auch das noch! Unangemeldeten Besuch brauch ich heute wirklich nicht auch noch! Mein Mann lacht, und öffnet die Tür. Vor ihm steht ein hochgewachsener, und eigentlich ordentlich gekleideter Mann. Afrikaner, soweit ich das beurteilen kann. Er bittet meinen Mann in sehr gebrochenem deutsch um etwas zu essen!
Mir fällt bald wirklich alles aus der Hand, das kann doch wohl nicht wahr sein, jetzt geht das schon soweit das man an der Türe bettelt? Und - was tut mein Mann? In aller seelenruhe geht er an den Backofen und holt eines der halben Hähnchen raus, verpackt es noch schön in Alufolie und legt noch Zewatücher bei! Drückt alles dem sehr verdattert dreinschauendem Mann in die Hand und wünscht einen guten Appetit!
Was nun kommt kann sich wohl fast jeder vorstellen - ich stehe kurz davor meinen Mann anzuschreien. "Was glaubst du, wo das wohl landet? Das kann ich gleich in der Mülltonne wiedersehen, oder am besten noch auf den Treppenstufen!" Mein Mann lacht auch noch! "Ach was, nu sei mal nicht so, es ist doch bald Weihnachten!" "Sicher, " sage ich,"darum geh mal schön und verteil alles was wir noch haben an die sogenannten Bedürftigen in der Stadt, damit sie es gleich in Flüssiges umtauschen!" Richtig wütend bin ich und verstehe wirklich nicht wie mein Mann da noch so gelassen bleibt! Dabei lieb ich ihn ja wirklich schon allein wegen seiner so herzlichen Art, aber so naiv kann man doch nicht sein! Wieder lacht er und schüttelt nur mit dem Kopf. "Weißt du was, wir gehen jetzt erstmal eine Runde mit dem Hund, und dann machen wir weiter. Komm beruhig dich erstmal wieder!"
Widerstrebend stelle ich den Herd ab, mir ist der Appetit sowieso vergangen. Also gehen wir erst mal "eine Runde drehen". Bloß schön tief atmen, die kalte Winterluft ist jetzt genau das richtige.
Als wir in den von uns bevorzugten Park einbiegen, reichen drei weitere Schritte - und ich versinke fast vor Scham in dem Erdboden! Ich fühle mich abrupt schlecht und elend, ob des sich uns zeigenden Bildes.
Da sitzt dieser Mann, mit einem Kind auf dem Schoß und neben sich (ich nehme es an), seine Frau. Und alle verspeisen genüßlich und langsam das was mein Mann ihm gegeben hat! Selbst meinem Mann bleibt der Mund offen stehen. Ich fühle mich so erbärmlich wie lang nicht mehr, ein halbes Hähnchen für eine Familie?
Große Güte was bin ich bloß für ein Idiot! Wie immer reicht ein Blick zwischen mir und meinem Mann, und er stürmt schon zurück nach Hause.
Urplötzlich ruft mich dieser Mann zu sich und obwohl ich diejenige war, die so rein gar nichts für seine überschwengliche Freude getan hatte, holte er mich zu seiner Familie und bedankte sich immer wieder. Nein, irgendwo muß es doch hier ein Loch geben in dem man verschwinden konnte! Als mein Mann endlich wieder auftaucht, hat er zwei volle Taschen gepackt, inkl. eines Weihnachtsmannes für das Kind. Ja, er lädt sie sogar zu uns nach Hause ein, da es doch wohl dort gemütlicher wäre am Tisch zu essen. Ziemlich verstört und ungläubig sehen uns nun diese Menschen an. Klar, das hätte ich wohl auch getan.

Drei Stunden später - wir kennen nun ihre gesamte Geschichte, ihre Namen und es wechselt noch manches uns nicht mehr passende Kleidungstück den Besitzer, denn sie können es besser gebrauchen bei diesen Temperaturen, als das es noch ewig im Schrank liegt.Der Abend verläuft so harmonisch und friedlich, als wenn wir uns schon immer kennen würden!Ich habe ihnen inzwischen auch erklärt, das ich vorher so gar nicht mit dem Handeln meines Mannes einverstanden war. Sie nahmen es mir nicht übel, kein bißchen!

Inzwischen sind drei Jahre ins Land gezogen, Familie G. ist wieder in Ghana und wir haben immer noch regen und guten, Kontakt.
Immer wenn ich heute durch die Straßen gehe und so manchen armen Menschen sehe, der da in der Kälte hockt und um etwas Bittet, (das Wort Bettler habe ich seitdem aus meinem Sprachgebrauch gestrichen)frage ich mich, welches Schicksal wohl dahinter steckt. Natürlich, manch einer ist halt wirklich sehr damit beschäftigt, alles schnell in "Flüssiges" um zu setzten, aber auch das hat Grund und Ursache! Vergessen wir das nicht! Auch kann ich nicht mit meinen bescheidenen Mitteln "die Welt" retten. Aber es war schon eine ganz lehrreiche Begegnung, der ich mich heute immer noch schäme. Denn es ist so typisch Mensch, leider. Und manchmal, zum Glück, lernt man - wie halt dieser "Ebenezar Scrogee", noch frühzeitig das der Weihnachtsgedanke mehr ist, als nur "Friede, Freude und Eierkuchen" im Dezember!

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Tag der Veröffentlichung: 18.12.2009

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