Cover


„Wann weiß man eigentlich mal was man will? Kann nicht einmal alles einfach sein?“ Laute Musik erfüllte das Haus. Ich war aus dem Raum in dem die Party hauptsächlich stattfand, in einen etwas ruhigeren Platz im Haus verschwunden und lies mich auf den Boden sinken.
„Wow woher kommen diese tiefgründigen Gedanken so spät abends?“ Die Worte kamen schon etwas lallend aus dem Mund meiner besten Freundin die mir gefolgt war. Ich nahm einen großen Schluck aus meinem Becher. Keine Ahnung was mir Julian da zusammen gemischt hatte, aber gut war es sicher nicht. „ Weißt du Emma ich kann deinen Zynismus jetzt echt nicht gebrauchen!“ Meine beste Freundin rollt mit den Augen. „Eigentlich wollte ich…“ „ Süße, bitte, ich dachte du gehörst nicht zu den Menschen, die wenn sie Alk getrunken haben, die deprimierten Stimmungskiller abgeben.“ Sie zog genussvoll an ihrer Zigarette. „War bis jetzt zumindest nicht so.“
„Ach fick dich doch!“ Ich sah sie noch ihre Schultern zucken. Ihren selbstgefälligen Grinser konnte sie sich sonst wo hin stecken. Warum fand ich diesen bloß so verdammt sexy?! Mit viel Mühe stand ich auf und bewegte mich wieder schwankend Richtung des Hauptgeschehens.
Ok ich hatte endgültig genug. Ich versuchte schon seit einigen Tagen mit ihr zu reden, aber es ging nicht. Entweder waren wir nicht alleine, oder wir waren so gut drauf, dass ich einfach selbst keine Lust, oder die Courage hatte mit ihr zu reden. Nachdem ich Lina das eklige „Juliangetränk“ andrehen konnte, suchte ich nach nem neuen Becher und beschloss nun endgültig mir richtig die Kante zu geben. Ich hatte keine Lust mehr. Ich wollte alles vergessen und endlich wieder mal gut drauf sein. „Was suchst du?“ Als ich mich umdrehte sah ich meinem Ex-Freund Timo in die Augen. In stockbesoffene Augen, die nach unten wanderten und auf meinen Titten hängenblieben. Na toll. Der rannte mir schon wieder den ganzen Abend hinterher. Wie viel deutlicher musste ich ihm noch zu verstehen geben, dass das zwischen uns nichts mehr werden würde. Zwar nicht mehr ganz so nüchtern wie es in meinem Kopf klang, aber noch ganz in Ordnung antwortete ich ihm ich suchte nen sauberen Becher. Seinem Blick zufolge hatte er mir genau überhaupt nicht zugehört oder war nicht mehr fähig dazu. „Vergiss es!“ „Nein…Amelie..warte!“
Leider wurde ich in der Küche nebenan auch nicht fündig und beschloss die Suche aufzugeben. Gleichzeitig fand ich aber eine halbvolle Flasche Wodka. Ich grinste. „Du gehörst mir…“ sagte ich bescheuert und hätte doch glatt angefangen mit der Wodkaflasche zu reden, nachdem ich einen großen Schluck nahm…Wenn da nicht Emma und Julian beschlossen hätten ihre offensichtlich heiße Knutscherei in die Küche zu verlegen. „Woohp! Bin schon weg! Love? No I prefer Vodka..isch hab noch n Date!!“ Ich ignorierte die Blicke meiner Freunde und schwankte in den Partyraum. Wouh, der Alkohol schien zu wirken, und zwar so plötzlich, dass ich den Drang verspürte etwas äußerst Intelligentes in die Runde zu werfen: „ Leute ich bin soo besoffen!“ Alle grölten. Hinter mir kam Emma mit Julian ins Zimmer und lallte ich wär nicht die Einzige. „ Hey Leute! Wir sollten...wir sollten Flaschendrehen spielen!“ „ Boah Max! Echt jetzt? Wir sind doch nicht mehr im Kindergarten!“ Lina sah so aus als hätte sie den Tequila in die Hände gekriegt. „ Ach kommt schon! Max hat recht! Das peppt die Party ein bisschen auf! Wir sind nur noch 8 Leute, die tapfer bis jetzt durchgehalten haben…Lasst uns eben das Flaschendrehen Ü18 spielen!“ Warum sah mich Emma dabei so komisch an?! „Na das klingt doch schon viel besser! Prost drauf!“ Alle lachten. „ Und wie sehn die Regeln aus Schlampe?“ Lina wurde immer sehr ehrlich und sehr gemein wenn sie was getrunken hatte. Emma ignorierte den netten Kosenamen erklärte die Regeln: „ Okay…sagen wir Max dreht die Flasche und sie zeigt auf Jonathan…“ Gekicher. „ Ach kommt schon Leute! Also…dann hat Jonathan die Wahl zwischen: Einen Shot trinken, ein Kleidungsstück ausziehen oder Max zu küssen.“ Max kippte den Rest des Getränks runter. „ Ok Fuck it...lasst uns das machen!“Wir setzten uns alle in einen Kreis. Neben mir saßen rechts Meike und links Jonathan. „ Amelie! Du guckst so...interessiert! Du fängst an!“ Ich lächelte und drehte die leere Wodkaflasche dessen Reste ich vorher geext hatte.

Mein Kopf brummte. Wo war ich? Moment…war das da Julian nur in Boxershorts neben mir im Bett? Kurz überlegte ich laut los zu schreien, aber dann dämmerte mir langsam wo ich war. Die berühmte Max Party hatte stattgefunden. Mein Kopf fühlte sich so an als würde mein kleiner Bruder mit seinen Fußballschuhen in meinem Kopf herumtrampeln. Außerdem war mir kotz übel.
Wo waren den alle? Ganz vorsichtig und langsam richtete ich mich auf und bemerkte, dass ich nur noch meinen BH und meine Jeans trug. Oh Shit! Nun wusste ich wieder wo ich genau war. In dem total verwüsteten Partyraum lag Max ganz nackt auf dem Bauch und pennte. Was hatten wir eigentlich gestern für Scheiße gebaut?! Trotzdem musste ich lachen. Aber bereute dies gleich wieder, da mein Kopf nicht mit machen wollte und nach absoluter Ruhe verlangte. Außerdem befand sich in dem Zimmer noch Lina nur in Unterwäsche auf einem Sessel, eine diesmal leere Tequilaflasche in der Hand und schnarchte lauter als mein Opa. Ihre Schlafposition sah nicht gerade bequem aus. Okay...Ich erinnerte mich noch daran, dass wir Flaschendrehen spielen wollten. Ich hatte als erstes gedreht und die Flasche zeigte auf Timo. Mehr wusste ich nicht mehr. Ich hoffte nur, ich hatte mich für den Shot oder mein T-Shirt entschieden. Bei dem Gedanken, ich hätte es nicht getan, schüttelte ich mich. Ich verließ das Zimmer in dem alle „gemütlich“ weiter pennten und rutschte fast auf einer leeren Flasche aus. „Fuck!“ Lina murmelte irgendwas und schnarchte weiter. Nun machte ich mich auf die Suche nach einer Wasserflasche. Irgendwas hatte Max doch von Wasserflaschen für den nächsten Tag gelabert als er uns zu seiner Party willkommen hieß. Aber wo waren die verdammten Dinger?
Ich ging langsam in jedes Zimmer und suchte nach Flüssigkeit. Die Küche kam auf jeden Fall nicht in Frage. Da lag Timo und daneben, sein, so nahm ich das mal an, sein Erbrochenes. Wenn ich das so sah, wurde mir noch schlechter außerdem schaute es rein vom durch den Türrahmen betrachten nicht so aus als würde ich es in diesem Raum lang aushalten. Ich bereicherte Menschen ja gerne aber nicht mit meinem Erbrochenen. Wobei das Wort bereichern da vielleicht etwas unglücklich gewählt wäre.
In Max Zimmer lagen auch noch halbnackte Menschen. Also genauer gesagt Meike kuschelnd mit Jonathan und Leon. Nun konnte ich nur hoffen, dass ich im Bad fündig werden würde. Zuerst viel mein Blick endlich auf einige noch verpackte Wasserflaschen. Die kalte Flüssigkeit tat gut in meinem vertrockneten Mund.
„Oh mein Gott!“ Ich ließ die Wasserflasche fallen und sah Emma in ihre halboffenen Augen. Ich bekam den Schock meines Lebens, als ich sie in der Badewanne liegen sah. Wie konnte ich sie nicht bemerkt haben?! „Sag mal spinnst du? Ich…“,sie richtete sich auf. „Was schreist du hier so…Oh Hi Amelie…“ „Sorry ich…ich hab mich nur erschreckt! Hab dich irgendwie nicht bemerkt. Ich war nur auf der Suche nach Wasser.“ Emma lächelte schief. „What a night…“ Ich lächelte ebenfalls. Ich hob die Wasserfalsche die ich Gott sei Dank vor meinem Schreck verschlossen hatte, auf und nahm wieder einen großen Schluck Wasser. „Scheiße, ja.“ Ihr den Rücken zukehrend ging ich zum Waschbecken und wusch mir das Gesicht. Ich nahm gerade ein Handtuch aus dem Schrank, als ich den ersten Flashback bekam.


„Also Amelie was machst du?“ „Ich zieh mein T-shirt aus wasn sonst!?“
„Hey du kannst jetzt nicht kneifen!“ „Ich zieh mich doch nur gern aus!“ „ Du weißt was du wählen musst!“



„Was isn mit dir los? Du schaust drein …“ „Ich hab keine Ahnung was gestern passiert ist. Ab unserem „kleinen Spiel“ weiß ich nichts mehr!“ Meine beste Freundin lachte wieder. „ Oh da sind wir schon zwei.“ Sie zwinkerte mir zu. Ich hatte noch nie zuvor einen Filmriss gehabt. Ich hatte es wohl echt ein bisschen übertrieben. „Was hältst du davon wenn wir abhauen? Du kannst noch mit zu mir den Kater ausschlafen und was essen, bevor du nach Hause gehst.“ „Okay..“ „Vielleicht solltest du dir was anziehen!“ Sie zwinkerte mir zu und stieg dann etwas unelegant aus der Badewanne. Da fiel mir auf, dass Emma wohl die Einzige geblieben war, die kein Kleidungsstück abgelegt hatte. „ Du kannst eins meiner Tanktops haben. Ich hab ein zweites mitgenommen für alle Fälle.“ Ich war ihr dankbar dafür. Ich hatte nämlich keine Ahnung wo mein T-Shirt abgeblieben war nur meine Handtasche war Gott sei Dank noch immer im Vorzimmer und hang auf der Gaderobe vor sich hin. Emma und ich zogen uns gerade unsere Sneakers an, als Max, (oh Wunder!)angezogen, ins Vorzimmer kam. „ Heeeey! Seid ihr schon weg?“ Er grinste ganz schön verschwörerisch. „Morgen Max! Wieder angezogen?“ Kurz entglitten ihm die Gesichtszüge. Aber kurz darauf wieder dieses blöde Grinsen. „ Danke Max! Es war echt ne krasse Party!“, Emma stupste mich an und gab mir mit einer Geste zu verstehen, wir sollten abhauen. Das war auch das was ich wollte aber unser guter Freund musste noch ein bisschen prahlen. „Oh jaa das war sie! Wie alle meine Parties! Ich bring die Leute…zusammen.“ „Mhm… Klar Max! Tschüss und danke. “ „Bis Montag Ladies!“ Ich schloss die Tür hinter uns.
„ Manchmal frag ich mich warum wir mit diesem Trottel befreundet sind.“
„ Weil er nun mal die besten Parties macht. Zigarette?“ Ich schüttelte den Kopf. „ Hast du mich schon mal nüchtern rauchen sehn?“
„ Naja ganz nüchtern sind wir sicher noch nicht.“
„Das zählt nicht! Komm es ist arschkalt und unser Zug müsste gleich da sein.“
„Lustig wie du: „ Wir nehmen mein Auto das da vorne steht und ich fahr uns zu mir“ aussprichst!“ „ Darf ich dich daran erinnern, dass du mit Restalkohol nicht fahren darfst und vor allem nicht solltest?“
„Oh Gott Amelie! Du bist immer so vernünftig!“
„Nein, nur nicht lebensmüde!“
„Willst du wirklich schon nach Hause?“
„Nein.“
„ Dann steig ein verdammt und mach nicht immer alles komplizierter als es ist.“
Ich hatte einen totalen Kater und deswegen null Bock mit ihr zu diskutieren also stieg ich ein und hoffte einfach wir würden wie gewünscht und heil an unserem Ziel ankommen.

„Kaffee?“ Emma bog konzentriert bei einer Kreuzung ab.
„Oh jaa! Lass uns noch bei Starbucks vorbeifahren, aber du gehst rein! Du siehst nicht so verkatert aus wie ich…“
„Na gut!“ Emma stieg aus dem Auto und kam nach 10 min. mit 2 Bechern unseres Lieblingskaffees aus dem Gebäude.
„ Diese Trottel hatten wohl auch nen Kater so langsam wie die waren!“
Nachdem mir meine gähnende Freundin ,die anscheinend trotzdem noch mehr Power als ich hatte, die Becher überreichte fuhren wir ohne weitere Zwischenstopps zu ihr nach Hause.
„Na dann Prost!“
„Oh nein bitte, das erinnert mich an gestern!“
Emma rollte mit den Augen „Ich dachte du kannst dich an nichts mehr erinnern!“
An manches konnte ich mich ja erinnern. „Hmm..“ Gedankenverloren nippte ich an meinem Latte. „Aua Scheiße ist der Kaffee heiß! Ahhh verdammt ich hab mir die Zunge verbrannt!“

Och kommt schon! Das war doch gar nichts! Kindergartenkuss sag ich euch!
„Zunge! Zunge! Zunge!“
„Ach halt die Klappe Max! Wir machen ja schon! Komm mal her Amelie!“
*Lachen*




Emma versicherte mir sie wüsste nichts mehr. Wahrscheinlich besser so. Wenn ich mich doch an alles erinnern hätte können. Aber da waren nur diese Brocken, kurze Szenen. Natürlich könnte man sich damit was zusammenreimen, aber ich wollte alles wissen. „..melie? Amelie? Halloo!?“ Ich war wohl total in Gedanken versunken und merkte nicht, dass mir Emma ein Glas Wasser mit Eiswürfeln hinhielt. „Oh sorry. Ich war in Gedanken! Danke.“
„Hat man ja gar nicht gemerkt.“ Ein sarkastischer Unterton war nicht zu überhören.
Ich lächelte gezwungen. „Sag mal kann ich schnell bei dir duschen?“
„Klar weißt ja wo das Bad und alles ist. Aber pass auf, du scheinst ja noch ziemlich von der Rolle zu sein!“
„Jaja danke, geht schon.“
„Hier nimm die Sachen. Was gemütliches zum Anziehen!“
„Hollister! Du Markensau!“
„Halt die Klappe und geht duschen. Du stinkst!“
„Danke, ich hab dich auch lieb!“
Ich genoss entspannt meine Dusche. Als meine Haare gerade fertig geföhnt waren, überkam mich plötzlich eine unfassbare Müdigkeit.
„Hey! Da ist sie ja wieder! Ist mein kleines Stinktier jetzt sauber?“
„Ja das große kann jetzt ins Bad!“ Emma streckte mir die Zunge raus.
„Na dann….“ Sie hüpfte zu ihrem Schrank und holte ein paar frische Sachen für sich raus. „Mach es dir gemütlich ich hab nen Film eingeschaltet!“ Mit diesen Worten verschwand sie hinter der Tür und hinterließ mir ihr super riesiges schönes Zimmer mit Flachbildfernseher, der mir irgendeine amerikanische Komödie zeigte. Erschöpft ließ ich mich aufs Bett fallen. Ihre tausend Polster und die kuschelige Decke ließen mich sofort in die Welt der träume sinken…

„Kommt mal! Timo hat die Küche vollgekotzt! Oh..“ Max tat echt so als wär das eine Attraktion. Alle anderen auch und mussten das natürlich sehn. Das saß ich nun alleine mit meiner besten Freundin und hatte unglaubliches Herzklopfen. Ich musste die letzten Minuten mal auf mich wirken lassen. Flaschendrehen. Dieses verdammte Spiel konnte also auch Spaß machen.
„Also..“
„Also?“
„Du küsst verdammt gut…“
Ich sah Emma irritiert an. „Danke…“
„Ich hab keine Ahnung wieso aber ich würd es gern wiederholen.“
„Ich auch, aber Emma. Weißt du ich muss dir was sagen…“ Doch ihre Nähe und ihre weichen Lippen ließen mich verstummen.
Schweren Herzens löste ich mich von ihr. „Was ist denn los Ami?“ So hatte sie mich schon ewig nicht mehr genannt. „Emma! Ich steh auf dich! Ich…“
„ Was? Komm her! Ja klar ich steh auch auf dich und wir sind beide betrunken.“
„Nein Emma! Du verstehst nicht. Ich bin in dich verliebt! Das hier wäre nicht richtig.“
„Glaubst du schaffst es einmal etwas zu tun was nicht…richtig ist?“
„Hey das ist nicht…“
Wie in diesen kitschigen Filmen legte sie einen Finger auf meine Lippen um mich zum Schweigen zu bringen. Zuerst sah sie mich nur an. Doch als sie nun ihre Hand auf meine Wange legte und ihr Blick an solch einer Intensität gewann, hatte ich keine Kraft mehr zu widerstehen.
„Komm lass uns wo anders hingehen! Die Meute wird gleich wieder da sein. So spannend kann Timos Kotze dann doch nicht sein.“
Sie schloss die Tür. Ich hatte keine Ahnung in welchem Raum wir uns befanden. Ich hielt noch immer Emmas Hand. Da drückte sie mich auch schon gegen die Wand und legte ihre unwiderstehlichen Lippen auf die meinen. Wie oft hatte ich sie beobachtet und geträumt wie es wäre genau das von meiner Freundin zu bekommen. Und nun waren wir allein in einem Raum und sie begann meinen Hals zu küssen. Langsam bedeckte sie meinen Hals mit kleinen Küssen und ließ ihre Lippen dann zu meinem rechten Ohr wandern um daran zu knabbern. Ein leiser Seufzer entfuhr mir. Emma lachte. Ihr Atem auf meinem Hals verschaffte mir Gänsehaut. Vorsichtig nahm ich ihr Kinn in die Hand und Zwang sie so mich anzusehen.
„Was?“ Sie grinste schelmisch. Ich konnte das einfach nicht fassen. Nun war ich es die eine erneute Knutscherei anfing. Gerade als Emma dabei war mein T-Shirt rauf zu ziehen ging die Tür auf. „Bringt Timo hier rein, der soll sich bloß in einem eigenen Raum…“ Max sah uns mit ungefähr genauso großen Augen an wie wir ihn.

Als ich aufwachte, sah ich zwar den Abdruck meiner besten Freundin im Bett aber von ihr selbst war nichts zu sehen. Ich hatte das wage Gefühl, dieser Traum war eher ein Flashback als ein Traum. Ob ich das gut finden sollte wusste ich noch nicht! Ich musste noch mal mit Max reden. Ich war mir sicher er wüsste mehr. Vielleicht sogar alle auf der Party. Außerdem musste ich dringend eins herausfinden: Wenn ich daran dachte, dass Emma sich an mein kleines Geständnis erinnern konnte, bekam ich fast eine Panikatacke. Fürs Erste schob ich die Gedanken aber bei Seite und konnte nur hoffen.
Gähnend tapste ich in die große Küche nachdem ich dem himmlischen Geruch gefolgt war. Da stand Emma die blonden langen Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden, eine dunkelrote Jogginghose und ein weißes T-shirt tragend. Den Kopf leicht geneigt, schien sie sich ganz auf die Zubereitung der, wie sich heraus stellte, Pfannkuchen, zu konzentrieren und bemerkte mich gar nicht. Ich setzte mich auf den gemütlichen Barhocker und beobachtete sie lächelnd.
„Hey du, Geht’s besser? Ich mach uns Pfannkuchen, ich hoffe du hast Lust drauf. Wenn nicht, tja Pech!“, sagte sie gut gelaunt. Ich nickte nur. Außerdem bemerkte ich, dass sie ihren Nasenring seit Ewigkeiten wieder mal trug. Sie hatte ihn länger immer mit diesen dezenten Steinchen ersetzt.
„Ich sagte es schon damals….der Ring steht dir besser.“ , kommentierte ich ihren offensichtlichen Sinneswandel und schenkte mir etwas was von dem Mangosaft, der auf der Theke stand in ein Glas.
„Ja? Ich weiß nicht…Ich hatte wieder mal Lust auf Veränderung und naja meiner besten Freundin kann ich wohl vertrauen?“
„Klar kannst du das! Em und Ami…“
„…Ami und Em für immer!“ Ich grinste. „Wir waren echt kreativ als Kinder.“
„Oh ja das waren wir! Hier trag das bitte schon mal zum Tisch ich komm gleich mit den Pfannkuchen nach!“ Sie reichte mir Teller und Besteck. Ihren Anweisungen folgend, begab ich mich in den Wintergarten zum Esstisch. Die Aussicht ist wunderschön. Ich genoss sie immer wieder gerne. Diese Seite des Hauses richtete sich zur einem kleinen Wald und zeigte einen wunderschönen Garten. Natürlich wie könnte es anders sein, fand auch ein Swimming Pool plus Poolhaus seinen Platz.
„Na? Freust du dich schon auf den Sommer?“ Emma hielt ein Tablett mit frischen Pfannkuchen und allen möglichen Marmeladen und süßen Aufstrichen in der Hand.
„Ja klar…der Sommer mit dir ist immer schön.“ Meine beste Freundin stellte lächelnd das Tablett ab. Anscheinend war das noch nicht alles, denn sie verschwand erneut in der Küche um mit einer Schüssel Obst und einer mit Nüssen zurück zu kommen.
Ich staunte nicht schlecht. „Oh sieht das alles so lecker aus!“

„Sag mal wie spät ist es eigentlich?“, fragte ich meine Beste während ich schon meinen dritten Pfannkuchen mit Banane, Nuss und Nutella verspeiste.
„15:30.“

Nachdem Emma meinte ich könnte ruhig bei ihr übernachten, nahm ich das Angebot gerne an. Ich meldete mich nur zu Hause und sagte meiner Mutter Bescheid. Da sowieso Semsterferien waren hatten wir Zeit und meine Eltern wenig dagegen.
„Weißt du noch der Sommer in Schweden, als wir 12 waren?“ Es war schön. Wir redeten über alte Zeiten, über gemeinsam verbrachte Urlaube, verrückte Aktionen und wie wir unsere Eltern manchmal in den Wahnsinn trieben auch noch mit 17. Besonders mit 17.

„Sag mal, weißt du echt nichts mehr?“ Emma sah mich eindringlich an.  „Jap, keine Ahnung was gestern passiert ist.“ , log ich. „Ja ich auch nicht. Ich mein, Bruchteile sind da. Aber die Dinge an die ich mich erinnern kann ergeben zusammen keinen Sinn.“ Sie verzog etwas das Gesicht dabei. „Bin gleich wieder da.“ Ich verschwand kurz aufs Klo und atmete mal tief durch. Okay, sie konnte sich also nicht erinnern. Aber was wenn doch? Sollte ich mit ihr darüber reden?
Als ich zurück kam bestrich sich Emma gerade ihren 4 Pfannkuchen mit Nutella und Erdbeeren. So entspannt wie möglich setzte ich mich hin und beschloss sie demnächst mal darauf anzureden. Der restliche Tag verging ganz gemütlich. Wir gammelten auf dem Sofa herum weil es anfing zu regnen und von Stunde zu Stunde fühlte ich mich besser und der Kater verabschiedete sich. „Lust auf Pizza?“ Ich schüttelte den Kopf. „ Sag mal wieso bist du nur so abwesend heute?“ Weil ich ständig daran denken muss wie sich deine weichen Lippen auf meinen anfühlten. „Abwesend? Wieso das denn?“ „Hmm vielleicht irre ich mich auch nur…“
Nachdem wir uns zwei Filme angesehen hatten und ich weites Gähnen in regelmäßigen und immer kürzeren Abständen nicht mehr unterdrücken konnte, beschlossen wir ins Bett zu gehen. Ich ging schon mal ins Zimmer und setzte mich aufs Bett. Emma schaltete alle Lichter aus und kam ins Zimmer. Ich merkte wie verspannt ich war und rieb mir mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht meinen Nacken. „Bist du etwa verspannt?“ „Ja total. Ich könnt echt mal wieder ne Massage gebrauchen…aber egal das wird schon lass uns schl…“
„Ich könnte dich massieren. Also, wenn du willst. Mama hat mir letztens aus Ägypten ein tolles Massageöl mitgebracht.“
Ich sah sie unsicher an. Alles in meinem Körper schrie: JA JA JA! Tu es! „Nein ist schon gut..wirklich.“
„Jetzt zieh dich aus und leg dich hin!“ Ich musste lachen und an den Ärztetext denken. Weil ich so verliebt in dich bin…. „Nichts…jaja schon gut!“
Emma ging zu ihrer Kommode und nahm ein blaues Glasfläschchen und ein Feuerzeug mit. „Warte was machst du mit..“
„Ich zünde Kerzen an Dummerchen…soll ja perfekt werden.“ Sie streckte mir die Zunge raus. „Und nun zu dir Mäuschen. Bitte frei machen.“ Ich zog mir das T-shirt aus und saß nun in einem etwas zu kleinen BH den sie mir geliehen hatte, vor Emma. Sie sah mich ganz komisch an. Ihr Blick hatte sowas fesselndes. Langsam legte ich mich auf den Bauch und ließ meinen Kopf in die weichen bunten Kissen sinken. Während Emma fragte ob sie meinen BH öffnen durfte tat sie es auch schon. Allein diese Berührung war schon der Wahnsinn. Ich hörte hinter mir wie meine Freundin das Glasfläschchen aufschraubte und etwas Öl in ihren Händen verrieb. Dann legten sich auch schon ihre weichen, warmen Hände auf meinen Rücken. Zuerst ließ sie die da liegen um sich auf mich drauf zu setzten. Ich versuchte ruhig zu atmen. Die Kerzen gaben dem Raum eine warme Atmosphäre und dufteten herrlich. Genauso wie das Öl mit dem Emma geschickt mit gleichmäßigen Bewegungen meinen ganzen Rücken massierte. Ich konnte nicht anders als entspannt  zu stöhnen. "Es scheint dir zu gefallen…“ „Mmmh..“ Ich war nicht in der Lage zu antworten. In meinem ganzen Körper kribbelte es und ich genoss jede Berührung. Nach einer Zeit als ich schon ziemlich schläfrig war, spürte ich plötzlich keine Hände mehr auf meinem Rücken. Emma kletterte vom Bett, nahm sich ein Handtuch, dass sie vom Duschen noch im Zimmer hängen hatte, und wischte sich die Hände ab. „Weißt du…ich bin auch ziemlich verspannt…“ „Sicher massier ich dich!“ Ich lächelte verschlafen. „Wenn du mir den BH zumachst?“ Sie nickte und kurz darauf saß ich auf ihr um sie sanft zu massieren. Als sie zu stöhnen anfing, war das mein Verderben. Ich konnte mich kaum noch beherrschen. Ich starrte nur noch auf ihren Nacken und die eine Seite ihres Gesichts die frei lag. Sie hatte die Augen entspannt geschlossen. Ich konnte nicht mehr. Ich hatte dieses dringende Bedürfnis über sie herzufallen und kam mir wie ein Tier vor.
Mit meinen eindeutig nicht jugendfreien Gedanken beschäftigt,  bemerkte ich auch gar nicht dass ich aufgehört hatte sie zu massieren. „Ich bin verdammt müde. Tut mir leid…“ Sie lachte. „Ist schon gut. Du kannst echt gut massieren! Wahnsinn. Dir kann ich sowas ja sagen. Ich bin gerade ehrlich gesagt ziemlich geil geworden.“
„Und ich erst…“ rutschte es mir raus. Und ich bereute es auch sofort wieder. Doch Emma sah mich nur belustigt an. „Was?!“ Meine roten Wangen konnte man im Kerzenschein hoffentlich nicht erkennen. Plötzlich veränderte sich ihr Blick. Sie sah ganz ernst in meine Augen. „Weißt du wenn das so ist…also...wir könnten das ändern…“   Oh ja bitte lass uns das ändern wir könnten uns gegenseitig helfen. „Ja ich denk auch, wir sollten schlafen gehen.“
„Ich meinte nicht schlafen gehen Amelie.

„Na wenn das so ist…“ Ich setzte mich wieder auf sie. Nur diesmal sah sie mir in die Augen. „…Lass mich dir helfen.“   Es fühlte sich so an als wären unsere Lippen wie für einander gemacht. Sie öffnete leicht ihren Mund und seufzte zufrieden. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich beide ihrer Hände festhielt und änderte das indem ich Gesicht in meine Hände nahm. Ihr wunderschönes Gesicht. Kurz ließ ich von ihr ab. Um von ihren atemberaubenden Küssen wieder Luft zu schnappen und sie zu betrachten. Sie hatte ihre Hände in meinen Nacken gekrallt uns sah mich erwartungsvoll an. Da konnte ich schon wieder nicht anders uns küsste sie leidenschaftlich. Ihr ganzes Gesicht bedeckte ich mit kleinen zarten Küssen. Immer noch außer Atem zog ich mein T-shirt aus, das ich nach der Massage wieder angezogen hatte. „Dieser Satz, dann lass mich dir helfen…Das klang wie in einem schlechten Porno.“ Zuerst wusste ich nicht was ich sagen sollte doch dann brachen wir beide in schallendes Gelächter aus. Wir konnten gar nicht mehr damit aufhören. Ich ließ mich seitwärts in die weichen Kissen fallen  Da waren wir nun. Lagen nur in Unterwäsche im Bett und lachten. „ Du bist so verrückt.“  „ Und du ziemlich süß!“ Ich lächelte verlegen. Und nun war sie es die sich auf mich legte um mich sanft zu küssen. Ihre Hand wanderte langsam meinen Körper entlang. Ich fühlte mich so unglaublich gut und glücklich. Es war so als wüsste sie genau was mir gefiel und wir genossen es beide.

„Morgen Schlafmütze! Es ist 10:30 du solltest nach Hause. Wenn ich mich recht erinnere...“ „Oh Shit! Die Familienfeier!“ sagte ich mit noch etwas verschlafener kratziger Stimme und bemerkte dass ich unter der Decke nur noch meine Unterhose trug. Emma lachte. Und ich erinnerte mich. Plötzlich war es unmöglich ihr in die Augen zu sehen. Wie konnte das gestern passieren? Als ich dran dachte musste ich lächeln, doch dann bekam ich Panik. Was würde passieren? Emma tat erstmal so als wäre nichts passiert. Total gelassen frisierte sie sich ihre Haare um sie dann zu einem Flechtzopf zu binden der locker über ihre linke Schulter fiel. „Kommst du noch frühstücken oder willst du gleich nach Hause?“ Ich murmelte dass ich gleich nach Hause müsste und sammelte meine Sachen zusammen. Dabei sah ich ihr weiterhin nicht in die Augen. Scheiße. Scheiße. Emma lachte. War ich etwa rot?  War es so auffällig?
Ich verschwand kurz im Bad. Danach schnappte ich mir meine Sachen und zog mir meine Sneakers und meine Jacke an. Meine Haare fielen mir störend ins Gesicht. „ Ich wünsche dir viel Spaß auf der Familienfeier!“ Ich sah sie skeptisch an. „Naja wird schon...ähm...ganz okay werden.“ Hektisch suchte ich vergebens nach einem Haargummi. Nachdem ich doch in der Tasche meiner Lederjacke fündig geworden war, band ich mir die Haare schnell zu einem lockeren Dutt zusammen. „Also dann…Tschüss.“ „Sag mal Amelie? Schaffst du es mir länger als eine Minute in die Augen zu sehen?“ Ich sagte nichts. „Also tschüss jetzt…“ „Krieg ich noch ne Umarmung?“ Noch während sie das sagte zog mich Emma in ihre Arme. Ich roch ihr Shampoo und hätte ewig so stehen bleiben können. Ehe ich mich versah spürte ich ihre Lippen wieder auf meinen. Sie legte ihre Hände auf meine Hüfte und küsste mich. Ganz sanft. „ So und jetzt ab nach Hause mit dir.“ Total verdattert stand ich wenige Sekunden später vor ihrer Haustür und atmete mal ganz tief durch. Was war da passiert? Völlig verwirrt machte ich mich auf den Weg nach Hause. Als ich mein Handy einschaltete, erschienen auch schon 5 Anrufe von meiner Mutter auf dem Display. „Hallo Mama? Ja tut mir leid ich…Ja ich bin auf dem Heimweg.“ Wenigstens hatte meine Mutter mir die Predigt über „Vereinbarungen einhalten“ schon am Telefon gehalten. Vielleicht würde es dann zu Hause erträglicher werden.

Die Familienfeier war langweilig wie immer. Alles an was ich denken konnte war sie. Meine beste Freundin und ich haben mit einander geschlafen. Nachdenklich sah ich aus dem Fenster des Restaurants in dem wir saßen. Draußen regnete es aber ich war zuversichtlich dass es endlich wärmer werden würde.
„Na Maus? Wie war die Party?“ Mein Vater setzte sich zu mir und sah mich erwartungsvoll an. Ich freute mich ja dass er immer noch so interessiert an meinem Leben war aber, er kam nicht ganz damit klar dass ich ihm nicht mehr alles erzählte. „Voll lustig, Max Parties sind ja immer toll.“ Er grinste. „Du hast es mit dem Alkohol doch nicht übertrieben oder? Sowas macht meine Amelie doch nicht.“ Ich grinste gezwungen. Oh Papa in welcher Welt lebst du. Ich glaub manchmal tut ihm sein Job als Kinderbuchautor nicht gut. „Ich muss mal kurz telefonieren…“ „Ist gut Maus aber bleib nicht zu lang weg.“ Ich nickte und verließ den stickigen, verrauchten Raum.
Unter dem Dach des Eingangs blieb ich stehen und holte mein Handy aus der Tasche. EINE NACHRICHT VON EMMA: „Hey, du schienst heuet echt verwirrt…kannst du mich nach der Feier anrufen?“
Blöde moderne Messenger. Sie wusste dass ich es gelesen hatte. Dennoch ignorierte ich es und rief erst mal Max an. Er hob sofort ab.
„Hey ,hey Amelie, du gingst ja echt ganz schön ab freitags.“
„Hey Max…du hör mal, darum geht’s ja…Ich hab nen Filmriss und…“
Lachen am anderen Ende der Leitung. „Krass echt jetzt?! Amelie Steiner!“
„Naja an ein paar Sachen kann ich mich erinnern. Aber kannst du mir vielleicht ab dem Entschluss Flaschendrehen zu spielen berichten, was da so passiert ist?“
„Naja, hat dir das Emma nicht gesagt?“
„Was hat sie mir gesagt? Nein die hat doch auch nen Filmriss.“
„Oh man…Naja du gingst ganz schön ran und sie auch. Also knutschen kannste ja das muss man dir lassen…“
„Was?!“ Nun war ich leicht beunruhigt.
„Spaß! Du wolltest ja nur Emma küssen das hast du laut und deutlich klar gemacht.“
„Oh scheiße…“
„Hör mal Amelie ich muss jetzt aufhörn, Björn kommt hier grad mit ner Ladung Gras an.“
„Max warte mal!“ Ich konnte nicht fassen was für ein Trottel er war.
„Was ist denn noch? Weißt du was red mit ihr okay? Das is nicht meine Sache. Ich kenn mich nicht aus mit so nem Lesbenscheiß.“
„Ich…“
„Okay dann ciao.“ Und schon hatte er aufgelegt. Lesbenscheiß. Ich schüttelte den Kopf. Verdammt.
Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter. „Na Cousine?“ Ich schrie auf vor Schreck. Doch als ich sah wer das war bekam dieser sogleich eine stürmische Umarmung. Mein 20-jähriger Cousin Dominik hatte es geschafft zu kommen. „Ich bin so froh dass du da bist. Ich sterbe hier vor Langeweile.“
Wir hatten eine tolle Beziehung zu einander seit wir klein waren. Ihm konnte ich alles erzählen. Ich wusste im Moment auch als Einzige in der Familie dass er schwul war. Den Arm um meine Schulter gelegt zog er mich  wieder hinein und Dominik wurde erstmal freudig begrüßt.
Oma Waltraud konnte es nicht lassen: „Wann stellst du uns denn endlich mal deine Freundin vor? Ach Amelie hab ich ja schon aufgehört zu fragen wann ich ihren Prinzen kennenlerne.“ Mein Cousin küsste sie einfach auf die Wange und sagte nichts. Auch ich lachte nur. Familientreffen eben.
„Komm!“ Ich zog Dominik zu dem Platz neben mir, den ich in der Hoffnung er würde noch kommen freigehalten hatte. „Du bist die Beste!“ „Nein du bist der Beste!“ Mein Papa saß direkt neben uns. Dominik zog mich in eine Umarmung. Dabei flüsterte er mir ins Ohr: „Ich will sofort wissen was mit dir los ist, oder ich bin dazu gezwungen bei euch zu übernachten.“ Das Klimpern eines Glases erklang und alles war plötzlich leise. Die alljährliche Rede über Zusammenhalt und Liebe meines Onkels begann. Ich lächelte und formte mit meinen Lippen „Später“. Mein Cousin nickte und zwinkerte mir zu. Schnell flüsterte er noch: „Da wir uns später eine Flasche Wein bestellen werden muss ich sowieso wohl oder übel bei euch übernachten.“ Ich musste grinsen. Wie ich ihn vermisst hatte.

„..naja und jetzt weiß ich nicht mehr was das zwischen uns eigentlich ist.“ Dominik hatte mir die ganze Zeit über aufmerksam zugehört, ab und zu gegrinst oder die Augen weit aufgerissen oder die Hand vor den Mund gelegt, aber er sagte noch nichts. Irgendwie schafften wir es früher von der Familienfeier abzuhauen und saßen nun auf meinem Bett wo ich  ihm mein Herz ausschüttete. Unsicher wartete ich nun darauf was mein Cousin zu dem ganzen sagte.
„Oh man das klingt echt verdammt toll! Ich freu mich so für dich!“ Ich sah ihn entgeistert an. „Was?! Toll? Ich bin eigentlich ziemlich verzweifelt.“
„Ach Maus…bist du etwa in sie verknallt?“ Ich wurde rot und sah ihn nicht an. Auch wenn ich wusste dass man das in dem Licht meiner orangen Lampe nicht sehen konnte.
„Naja das macht einiges komplizierter.“ Als würde ich das nicht selbst nicht wissen. Außerdem nagte die Frage an mir was Emma eigentlich überhaupt wollte. War ich nur ihr Experiment? Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht vibrierte mein Handy zum gefühlt tausendsten Mal. „Willst du nicht mal rangehen?“ Ich schüttelte den Kopf.
Dominik hatte ja Recht, aber was sollte ich denn sagen? Wir einigten uns schließlich darauf, dass ich ihr eine Nachricht schreiben würde in der Stand, dass wir uns am nächsten Tag in unserem Stammcafé treffen würden. Wir redeten noch etwas. Er erzählte mir von Berlin und seinem Studium und meinte ich müsste ihn unbedingt mal besuchen kommen. Er war manchmal mein einziger Lichtblick. Das Gefühl ich säße fest in dieser kleinen Stadt machte mich wirklich manchmal wahnsinnig. Ich war auch froh eine Woche Abstand von meiner Klasse zu haben. Müde von dem Tag, müde von zu vielen neugierigen Verwandten und müde vom vielen Erzählen fielen wir wenig später in unsere Betten und ließen die Probleme in der echten Welt hinter uns um ins Land der Träume zu verschwinden.

„Hey.“„Hi.“ Die Begrüßung war wie immer aber es fühlte sich anders an. Emma tat so als wäre nichts passiert. Sie fing an mich über die Familienfeier auszufragen, wie es Dominik ginge und ob er endlich einen Freund hatte. „ Hast du Bock mit ins Schwimmbad zu gehen am Samstag?“„Ich weiß nicht…“„Komm schon! Ich weiß dass du schwimmen liebst und wir waren schon ewig nicht mehr zusammen unterwegs, außer es ging um eine Party.“ Wiederwillig stimmte ich zu. Niemand konnte Emmas Dackelblick wiederstehen. Geklärt war hier nichts aber ich konnte einfach nicht. Immer wenn ich sie darauf ansprechen wollte, was passiert war, bildete sich ein schrecklicher Kloß in meinem Hals. Wenigestens hatte ich die paar Tage bis Samstag zum nachdenken. Emma fuhr mit ihrer Familie wie jedes Jahr in den Semsesterferien Skifahren nach Österreich.Als ich wieder zuhause ankam, setzte ich sofort mal meinen Cousin davon in Kenntnis was ich für eine feige Sau gewesen war.  Aber er verstand es Gott sei Dank und meinte, Emma brauchte wohl auch Zeit. Die Tage bis zu unserer Verabredung vergingen quälend langsam. Aber ich hatte Dominik der eine super Ablenkung war und mit dem ich ziemlich viel unternahm.Nachdem ich mit Dominik noch einen neuen Bikini einkaufen war, traf ich mich also um 5 Uhr nachmittags mit Emma vor dem kleinen Hallenbad unserer Stadt. Der Abend war eigentlich nett. Es gab sogar Moment in denen sich alles wie früher anfühlte und ich vergaß. Aber dieses ungute Gefühl holte mich immer wieder ein. Als das Hallenbad kurz vorm zusperren war, mussten wir wohl oder übel unsere Sachen packen. „Oh shit..hab mein Shampoo im Spindt bei den Umkleiden vergessen, geh schon mal duschen!“Ich ging also in die Gemeinschaftsduschen die schon leer waren da sich kaum noch Leute im Hallenbad befanden, stellte mich unter eine Dusche und ließ das warme Wasser, das Chlor von meiner Haut spülen. Ich hörte wie Emma hereinkam aber machte mir nicht die Mühe die Augen zu öffnen, sondern genoss einfach die Dusche. Als ich die Augen öffnete um nach dem Shampoo zu greifen stand Emma neben mir. Ich ließ einen kurzen schrei los. „Oh mein Gott! Du schaffst es immer wieder mich zu erschrecken! Wie machst du das?!“„Das ist bei dir nicht so schwierig!“ Nun mussten wir beide lachen. Ich tat so als wäre es mir peinlich und nuschelte „ Ich weiß.“ „Dein Bikini gefällt mir übrigens. Ist der neu?“ während sie das sagte kam sie noch etwas näher. Ich schluckte schwer. Wie sie es schaffte mich aus der Fassung zu bringen, nur wenn sie mich so ansah. „Ja er is…der is neu.“„Mach ich dich nervös?“ fragte sie und konnte dabei wohl ein schelmisches Grinsen nicht unterdrücken. Ich lachte viel zu hoch und laut. „ Nein! Wieso solltest du?“„Schade.“ Somit drehte sie sich um und begann das Shampoo auf ihren Armen zu verteilen und in Kreisbewegungen einzumassieren. Ein weißer Schaum bildete sich, der ihren ganzen perfekten Körper langsam herunterrann. Die ganze Zeit sah sie mich dabei an. Ich stand einfach nur da und tat nichts, immer noch mein Haarshampoo in der Hand. Niemand von uns sagte etwas. Emma drehte die Dusche auf, warf den Kopf zurück und ließ nun das Wasser über ihren Körper strömen. Ich konnte mich nicht mehr kontrollieren. Nein nicht mal ich. Ich war auch nur eine hormongesteuerte Teenagerin die eben zufällig auf andere Teenagerinnen stand und jetzt sofort jede Stelle des Körpers ihres Gegenübers erkunden wollte. Dort. In dem Hallenbad. Unter der Dusche. Mit der Gefahr dass jemand das ganze ganz schnell beenden konnte. Ich ließ mein Shampoo fallen und ging zu Emma. Ich pinnte sie gegen die Wand, das Wasser noch immer auf uns prasselnd. Fast verzweifelt presste ich meine Lippen auf die ihren und schlang meine Arme um ihre Hüfte um sie anzuheben. Gierig küsste sie mich zurück und umklammerte nun meine Hüften mit ihren Beinen. Ganz schnell landeten unsere Bikinioberteile auf dem Boden neben uns. Eine meiner Hände wanderte nach oben zu ihrer weichen nassen Brust die andere nach unten in ihr Biknihöschen. Sie stöhnte in meinen Kuss und bohrte ihre Nägel in meine Schulter. Ich war gerade dabei ihr auch dieses auszuziehen als.. „ LIEBE GÄSTE! UNSER SCHWIMMBAD SPERRT IN EINER HALBEN STUNDE ZU. ICH BITTE SIE NUN ALLE DIE SCHWIMMBECKEN ZU VERLASSEN.“

„Ich sollte gehen.“ Entgeistert starrte ich Emma an die nun viel zu weit von mir stand. „Ich..“Doch sie war schon weg. Ließ mich einfach so stehen. Ich war verwirrt, verletzt und komplett fertig. Müde von allem packte ich meine Sachen zog mich schnell an und sogar das Föhnen meiner Haare ging sich noch aus bevor das Bad zusperrte. Emma war nirgends mehr zu sehen. Sie musste wirklich schnell gewesen sein.
Draußen war es ziemlich kalt. Ich liebe die Stille die einen nach einem Hallenbadbesuch einhüllt. Kein Wasserrauschen, kein Gelächter, keine Gespräche die zu einem großen Geräusch werden. Ich war nun alleine mit meinen Gedanken.Während ich zur Bushaltestelle schlenderte holte ich mein Smartphone raus und schrieb Dominik eine Nachricht. Dort angekommen setzte ich mich auf die Bank. So wie’s aussah kam mein Bus erst 10 min später. Sollte ich ihr eine Nachricht senden? Sie anrufen? Zu ihr fahren? Ich wusste nur eins. Das ganze machte mich schon so fertig. Dieses hin und her und nicht miteinander reden aber mit einander vögeln. So konnte das doch nicht weiter gehen. Was sollte das werden?
Gerade als ich meinen Ipod und meine Kopfhörer aus meiner Tasche kramte, kam der Bus. Voller Hoffnung dass die Musik mich etwas ablenkte, stieg ich in die warme Fahrgelegenheit.  Aus dem Fenster schauend, wurde mir klar, dass am Montag wieder Schule sein würde. Die Semesterferien waren viel zu schnell vergangen. Nur noch den Sonntag hatte ich.
Zu Hause angekommen erwarteten mich meine Eltern, mein kleiner Bruder und mein liebster Cousin schon am Esstisch um mich zum Abendessen zu empfangen.„Ich hab mir Gedacht meine kleine Schwimmerin hat sicher Hunger und da es der letzte Samstagabend ist bevor die Schule wieder los geht, hab ich dein Lieblingsessen gemacht!“ Meine Mutter strahlte mich an. „Mmhh lecker! Danke Mama!“ Ich versuchte zu lächeln.„Alles in Ordnung? Du siehst so aus als hättest du geweint…“ Wieso bemerken denn Mütter immer alles? „Nein alles okay, das ist vom Chlor Emma und ich sind viel getaucht.“„Na gut. Wo ist eigentlich Emma? Wollte sie gar nicht mitkommen?“Autsch. Ich schluckte und schüttelte leicht den Kopf. „Sie musste nach Hause. Ihr Vater bestand darauf dass alle gemeinsam essen gehen.“, log ich. Damit schien sie wohl zufrieden zu sein und fragte nicht weiter nach.
Von Dominik bekam ich das ganze Abendessen über bemitleidende Blicke die von den anderen allerdings Gott sei Dank unbemerkt blieben. Außerdem erfuhr ich, dass Dominik am Sonntagabend wieder nach Berlin zurück fahren würde. Dass machte mich noch trauriger. Nach dem ich ziemlich unmotiviert den Tisch abräumte verzog ich mich in mein Zimmer, Dominik mir folgend. Ich erzählte ihm alles und dann war es still. Er sagte ganz lange nichts. Dann räusperte er sich. „ Wie wärs wenn du mal zu einer Lesbischwulen Jugendgruppe gehst? Da lernst du neue Leute kennen und kannst ein bisschen quatschen. Während du weg warst hab ich mir deinen Laptop ausgeliehen. Ich hoff das ist okay...naja auf jeden Fall gibt es hier 20 min. mit dem Bus entfernt jeden Freitagabend einen Jugendtreff für Leute in deinem Alter.“ Er grinste mich an.
Ich hatte schon oft darüber nachgedacht aber mich nie getraut. „ Ich weiß nicht. Ich mag die Idee nicht, dass wir uns so abgrenzen.“
Als Antwort bekam ich ein Augenrollen gefolgt von: „Du klingst schon wie mein Mitbewohner! Das hat doch nichts mit abgrenzen zu tun. Wir leben nun mal in einer heteronormativen Gesellschaft und gerade in deinem Alter ist es so schwierig Gleichgesinnte zu finden um sich austauschen zu können. Heteros sind dort ja auch willkommen!“
Ich nickte nur.
„Naja, überlegs dir Süße. Ich weiß am Anfang ist es nicht so leicht. Aber es wird besser. Wir haben das Glück dass wir eine super akzeptierende Familie haben.“
„Und warum hast du es dann noch niemandem gesagt?“
„Hast du etwa?“
„Nein. Naja du hast ja Recht. Wir leben in einem Land wo wir das auch ausleben dürfen. Ich möchte gerade nicht in Russland leben.“
„Genau! Und nach dem ganzen Gerede hab ich jetzt richtig Lust auf einen schönen Film!“Wir suchten uns also einen lustigen Film aus meinem DVD-Regal und ich kuschelte mich zu ihm. Schon bevor die Hälfte des Filmes vorbei war schlief ich ein. Ich war einfach viel zu müde.
Der letzte Tag war nicht sehr ereignisreich. Wir schliefen uns alle aus und beschlossen zu brunchen. Mein kleiner Bruder Linus verbrachte den ganzen Tag mit seinem besten Freund in einem Indoorspielplatz. Also hatten wir Ruhe und genossen den Sonntag. Ich beschloss einfach im Pyjama zu bleiben und nichts zu tun.Der Abend kam schneller als ich dachte.„So mein kleiner Rotschopf ich muss mich verabschieden!“ Ich war den Tränen nahe. „Ich werde dich so sehr vermissen. Bleib bei mir!“Dominik lachte. „Das geht nicht Süße aber es gibt Flugzeuge und Züge. Komm mich besuchen.“„Bestimmt!“„Vergiss nicht Amelie: Es wird besser.“ Er zwinkerte. „Tschüss Tante Anna, Tschüss Onkel Markus! Gebt Linus auch ein Küsschen von mir wenn er wieder kommt.“ Wir umarmten ihn und dann ging er zur Tür hinaus und war weg.

5:30. Eindeutig zu früh um für so etwas wie Schule auf zu stehen. Die 11. Dauerte nur noch ein halbes Jahr. Das versuchte ich mir immer vor Augen zu halten.Müde ging ich meiner Morgenroutine nach und saß schließlich eine Stunde später im Bus in die Schule. Das Gymnasium in das ich gehen wollte, war leider etwas weit weg aber Emma und ich beschlossen damals zusammen dort hinzu gehen. Also bedeutete mein täglicher Schulweg insgesamt 2h Busfahrt. 1h hin und eine zurück.
Dieser Tag war eindeutig ein „Pullitag“. So nannte ich die Tage an denen ich mich am liebsten verkriechen wollte. Also trug ich meinen dunkelgrünen, etwas zu großen und weiten Pulli und meine roten  schulterlangen Locken offen, so dass sie in mein Gesicht fielen. Das Wetter passte zu meiner Stimmung. Draußen war es grau und kalt und sah so aus als würde es im Laufe des Tages noch zu regnen beginnen. Im Bus blendete ich alle Geräusche um mich herum aus in dem ich mir meine Kopfhörer aufsetzte und mich von meiner „Rainy-Mood-Playlist“ berieseln ließ. 2 Stationen nach dem ich eingestiegen war, hätte eigentlich Emma einsteigen sollen. Aber sie kam nicht. Ich fragte mich wieso. Hatte sie ihren Vater wieder dazu überreden können ihr das Auto zu leihen? Warscheinlich.
Ich versuchte nicht weiter darüber nach zu denken und schloss die Augen. Noch 50 Minuten Busfahrt vor mir.

Impressum

Texte: Alle Rechte liegen bei der Autorin!
Bildmaterialien: Alle Rechte leigen bei der Autorin.
Tag der Veröffentlichung: 12.02.2013

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /