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Was hält mich hier?:

„Warte! Linda! Du kannst doch nicht…!“ Ich verstand nicht mehr genau was Lukas sagte. Ich hörte nur die Verzweiflung und Hilflosigkeit in seiner Stimme. Es tat weh. Ich schluckte schwer und gleichzeitig liefen mir die Tränen über mein Gesicht. Ich hatte nicht viel Zeit der Zug würde gleich abfahren. Lukas hatte mich schon fast eingeholt. Ich hörte den Aufruf für meinen Zug und rannte so schnell wie es mein Füße zuließen.

Alles begann am ersten Ferientag .Nachdem ich wieder ein anstrengendes Schuljahr geschafft hatte. Ich ging mit Lukas, meinem festen Freund ein Eis essen. Zur Feier des Tages. Es war die über aus „ausgefallene“ Idee von Lukas. Natürlich taten das an diesem Tag alle! Hand in Hand schlenderten wir an der Donau entlang. Die erdrückende Hitze war kaum auszuhalten. Als wir im Eissalon ankamen war alles voll. An der Theke drängelten sich hunderte Schüler und Eltern, kleine Kinder. Jeder wollte sein wohlverdientes Eis als süßen Start in die Ferien. Wir setzen uns auf einen Tisch der trotz der vielen Leute noch frei war, und die junge nette Kellnerin nahm unsere Bestellung auf. „ Für mich einen Schockoladenbecher mit viel Sahne!“ Ich konnte es nicht verstehen. Lukas bestellte immer das gleiche Eis. Wir waren so verschieden. Er hatte nie Lust auf was Neues. Ich wünschte mir so sehr, dass er mich mal fragte woran ich denke, was mich bewegt. Außerdem teilte er mit mir weder mein Fernweh noch meine Entdeckungslust für die Welt und andere Kulturen, andere Länder, die stieg, je länger ich mit ihm zusammen war.

Aber er wusste nichts von dem ganzen. Ich hatte immer das Gefühl ich würde ihn damit langweilen. Mit meinem Traum die Welt zu bereisen. Ein einziges mal habe ich ihn gefragt ob er nicht mal was neues ausprobieren will so generell. Ich war irgendwie wütend als er einfach nur "Nö" sagte. Ich konnte es nicht fassen. Wie kann man nur so viel Agst vor neuem haben?Ich wollte damals vor allem unbedingt mal nach Venedig. Dies Stadt fasziniert mich und ich wollte sie sehen. Denn ich kannte sie vorher nur aus unzähligen Filmen. Am liebsten wollte ich mit Lukas dort hin. Ja ich weiß, unverholfen romantisch. Ein verliebtes Paar in Venedig. Aber ich konnt es mir schon genau ausmalen. Lukas hatte bald Geburtstag und ich hatte schon zwei Karten nach Venedig gekauft. Er musste einfach mitfahren wenn ich ihm erst von Venedig erzählte.

Ich hatte Lukas vor einem Jahr auf einem Musikfestival kennengelernt. Wir waren sofort in einander verliebt. Das einzige was wir wirklich gemeinsam haben ist die Liebe zur Musik und das hat und warscheinlich so lange zusammen gehalten.
Am Abend saß ich alleine zu Hause vorm Fernseher und schaute mir irgendeinen Scheiß an, der mich sowieso nicht interessierte. Ja! Genauso hatte ich mir meinen ersten „Ferienabend“ vorgestellt. Mein Freund hatte Bandprobe. Ich durfte nie mit. Keine Ahnung wieso. Warscheinlich hatte dieser Dani was dagegen. Ich wusste nicht wie Lukas mit diesem frauenfeindlichen, dummen Idioten zu tun haben konnte geschweige denn mit ihm befreundet sein konnte. Lukas hat mir die Band einmal vorgestellt. Darauf kam ich sogar ein paar Mal mit, aber irgendwann interessierte es mich nicht mehr. Dani’s „ Witzte“ und die ganze Stimmung bei diesen Treffen. Irgendwann ging Lukas nur mehr alleine hin.

Ich beschloss der Band an diesem Abend mal wieder einen Besuch ab zu statten. Ich wusste noch genau wo Daniel wohnt. Früher hatte ich sogar eine bisschen mit seiner Schwester zu tun. Wir waren oberflächlich befreundet und irgendwann brach der sowieso nicht wirklich flüssige Kontakt ganz ab.

Ich machte mich auf den weg. Schließlich war ich nur noch einige Meter von dem Haus entfernt. Ich sah das Licht brannte aber ich hörte nichts was sich nach einer Band anhört. Ich wollte gerade zum Haus hingehen, als ich lautes Gelächter hörte. Ich versteckte mich hinter einem Baum. Die Tür öffnete sich und viele mir unbekannte Leute kamen heraus. Am Ende blieben nur noch drei Leute im Türrahmen stehen. Dani, Dani‘ s Schwester, die übrigens Melissa heißt und Lukas. Er hatte seine Hand um ihre Hüfte gelegt! Das versetzte mir einen Stich ins Herz. Die Tür schloss sich und wieder hörte ich lautes Gelächter nur diesmal wusste ich von wem und das beruhigte mich kein bisschen. Ich konnte nicht anders und schlich ums Haus wie eine verrückte Stalkerin. Bei einem Fenster aus dem Licht drang, blieb ich stehen. Es war gekippt und so konnte ich verstehen was sie sagten. Ich kam mir so blöd vor. Was man nicht alles tut für die… „Liebe?“

Es war offensichtlich das Wohnzimmer, indem sich Melissa, Lukas und Dani befanden. „ Yo Leute ich geh jetzt mal pennen! Gute Nacht ihr Turteltäubchen!“ Ich hasste Daniels lachen so ein lautes, dummes lachen. Vor allem hasste ich es in diesem Moment. Den es war ein verräterisches viel-spaß-euch-zwei- Lachen! Turteltäubchen?!! Was ich in diesem Moment sah, verletzte mich zutiefst und brachte in mir viele Fragen auf. Lukas küsste Melissa sanft. Aus sanft wurde aber dann leidenschaftlich. Plötzlich begann Lukas Melissas’ s Bluse aufzuknöpfen. Und sie zog ihm sein T-Shirt aus. „ Endlich Allein!“, schrie Melissa glücklich und Lukas lachte. Ich liebte sein lachen. Aber was sollte ich jetzt davon halten?! „ Hei Süsse! Du weißt schon das ich eine Freundin habe?“ Tzzz! Das fällt ihm in diesem Moment ein?! Das fand sogar ich lächerlich. Aber es war wohl eher eine nüchterne Information für Melissa als ein Satz der das ganze stoppen sollte. " Ja und jetzt mach weiter...denn dein gequatsche über diese Verrückte ineressierte mich mal garnicht!" Naja jetzt wusste was sie von mir hält. Sie küsste ihn übertrieben. So als hätte sie gewusst dass ich vor dem Fenster befand. Bei diesem Gedanken entfernte ich mich kurz von dem Fenster, doch meine Neugier war zu groß. Denn kurz darauf knutschten sie wild weiter. Melissa kicherte nervös. Er berührte sie vorsichtig aber sicher. So als würde er es öfters mit ihr….Oh mein Gott! Ich wollte gar nicht daran denken! "Hast du ein Kondom dabei?" ,fragte Melissa keuchend.
Sie wechselten von Sofa auf Boden und so konnte ich nur noch eine Gürtelschnalle hören und augenblicklich wurde mir schlecht und schwindelig und ich wollte nur noch weg!

Völlig außer Atem kam ich zu Hause wieder an. Ich weinte so sehr und ich konnte nicht damit aufhören! Wie konnte mir dieses Arschloch das nur antun?! Zitternd sperrte ich die Wohnungstür auf. Meine Eltern waren zu einem Abendessen bei Freunden eingeladen. Ich lief in mein Zimmer schmiss meine Jacke weg, und ließ mich auf mein Bett fallen. Ich weinte und weinte. Die ganze Zeit und immer wieder fragte ich mich? Wieso? Wieso? Wieso? Wie….

„Nein! Nicht!“ Schweißgebadet wachte ich auf. Ich blickte auf meinen Wecker. 3:00. Meine Augen brannten vom vielen weinen. Ich richtete mich auf. Einen fürchterlichen Albtraum hatte ich.
Immer wieder sah ich vor mir wie Lukas mit Melissa in einen Zug nach Venedig einstieg und mich auslachten. Dann sah ich plötzlich einen riesigen Schockoladenbecher und ich hörte Dani' s Lachen. Und dann fiel ich und fiel ich und es hatte keine ende mehr. Ich lag eine Weile einfach so da. Wach. Denn jedes mal wenn ich die Augen schloss sa ich wieder die Schrecklichen Bilder. Irgendwann schlief ich wieder ein, weinend.

„Linda! Linda! Mäuschen! Aufstehen! Es gibt Mittagessen! Sag mal du hast ja noch immer Jeans und T- Shirt an?!“ Langsam öffnete ich meine verklebten Augen und meine besorgte Mutter kam zum Vorschein. „ Guten Morgen!“ Naja, morgen….es war ja schon Mittag. Schlaftrunken tapste ich ins Bad. Gähnend zog ich mich aus. Ich stand nackt vor dem Spiegel. Ich musste an ein Versprechen denken, welches mir Lukas vor drei Monaten gab: „ Ich habe noch nie mit jemandem geschlafen. Du wirst die erste sein, das verspreche ich dir“, und dann sagte er die verflixten drei Wörter. Und ich schenkte ihnen völlig blind glauben. Bis gestern. Ob ich wirklich die erste war? Da erinnerte ich mich wieder und während das heiße Wasser auf meinen Körper herunterprasselte musste ich erneut weinen. Ich wunderte mich, dass ich noch Tränen hatte.

Am Mittagstisch setzte mich meine Mutter aufgeregt davon in Kenntnis, dass Lukas bereits 5 Mal angerufen hätte.Ich hatte augenblicklich noch weniger Appetit, als ich eh schon hatte und ging in mein Zimmer. Aufgeregt war sie aber eher weil sie mit Papa heute Nachmittag schon zu einer 3-Wöchigen Kreuzfahrt aufbrechen würde. Ich fuhr nicht mit. Ich fand mich selbst zu alt um mit meinen Eltern in den Urlaub zu fahren. Ich betrachtete mein Zimmer. Über meine Bett hangen Fotos von Lukas und mir. Ich nahm ein Bild nach dem anderen und zeriss sie in viele kleine Teile. Ich sank auf den Boden. Und da blieb ich sitzen und weinte wieder. Als ich mich wieder halbwegs beruhigt hatte hohlte ich mein Handy aus der Hosentasche. Ich blickte auf die Pinnwand über meinem Schreibtisch. In der Mitte waren zweit Fotos von meiner besten Freundin Sophie und mir. Sie war gerade im Urlaub auf Ibiza. Lauter karten von irgendwelchen Verwandten UND die Tickest nach Venedig. Ich rief Lukas an. Tuut, tuuut,…. „ Hallo?“ Seine Stimme. Ich musste mich beherrschen. „Hallo hier ist Linda!“ „ Oh! Hi, Schatz! Lass uns doch heute was unternehmen. Habe dich gestern vermisst.“ Dieser Lügner. Und das sollte das letzte sein, was ich für lange Zeit mit Lukas redete. Ich hohlte tief Luft. Nüchtern und ernst sagte ich mit, was mich selbst verwunderte, selbstsicherer Stimme: „ Ach verarsch mich nicht. Geh wieder zu Melissa. Vielleicht will sie wieder mal gevögelt werden und die „Band“ gibt es warscheinlich gar nicht mehr Was?! Wann wolltest du mir das sagen? Vergiss mich!" Ich hörte wie Lukas schluckte und es war leise an der anderen Seite der Leitung. " Ich, ich...woher.." " Woher ich das weiß? Das spielt keine Rolle! Wieso Lukas?" Mein Stimmer war nicht mehr so sicher aber laut." Es tut mir leid..." Das ist alles?! Ich war enttäuscht. "Ich bin weg!" Ich muss weg! Ich hab keine Lust, keine Kraft und keine Tränen mehr. Ich legte auf. Entschlossen packte ich meine Tasche. Was hält mich schon hier? Ich schlachtete mein „Reise-Sparschwein“ und packte alles nötige was in meine Tasche hinein passte ein. Auch die Tickets. Bis meine Eltern wieder da waren war ich es auch. Oder auch nicht? Und hier mit wären wir wieder am Anfang.
Ich befand mich mittlerweile schon am Bahnsteig und Lukas noch völlig außer Atem bei der Hälfte der Treppen. Ich stieg in den Zug nach Venedig. Lukas kam gerade zu spät. Und so fuhr der Zug buchstäblich ohne ihn ab. Ironischerweise fuhr ich jetzt in die Stadt der Liebe. Allein. Ich musste bei dem Gedanken lachen. Keine Ahnung wieso. Ich schaute aus dem Fenster. Und wieder fragte ich mich tausend Dinge. Was wird Lukas jetzt tun? Und vor allem was wird mich in Italien erwarten? Ich schaltete mein Handy aus und steckte mir mein Kopfhörer in die Ohren. Musik an, Welt aus. Die Sonne schien mir ins Gesicht und in diesem kleinen Moment war ich glücklich. Nachdenken wollte ich dann eigentlich nicht mehr, und ich ließ es auch.

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Tag der Veröffentlichung: 18.08.2011

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