Wolders gespaltene Hufe wühlten mit jedem Aufschlag den weichen Waldboden auf, wobei ihm die Erdklumpen um seine Ohren flogen. Die vorüberstreifenden Äste und Dornen konnten ihm nichts anhaben und zerbarsten unter seiner rasenden Wildheit. Unzählige starre Borsten schützten seine dicke Haut. Er war Wolder, der mächtigste aller Eber, er war unsterblich und in seiner Brust hämmerte unermessliche Wut. Sein Zorn kannte keine Grenzen, er brannte danach, seinen Gegner zu vernichten, koste es, was es wolle. Sei es die letzte zu vollbringende Tat in seiner Existenz, er sah rot. Seine Augen waren blutunterlaufen und färbten die Umgebung in purpurne Farben. Die Farbe des Zorns, des Hasses, einen anderen Weg gab es nicht, er musste ausbrechen, sich austoben, er kannte sich gut. Mit seiner Raserei wuchs seine Macht. Er liebte dieses Hochgefühl. Mit einem entsetzlichen Schrei ließ er den Boden erbeben und die Bäume erzittern. Die Welt gehorchte ihm, unterlag seiner Gewalt! Wer immer sich ihm entgegenstellen mochte, er würde ihn vernichten! Wolders furchtbarer Tierschrei wurde augenblicklich beantwortet. Ein Brüllen, so tief und laut, dass es direkt aus den Gedärmen der Erde zu kommen schien. Wolder kannte seinen Feind, nahm Witterung auf und raste mit gesenktem Haupt in die Richtung, aus der die Antwort auf seine Herausforderung gekommen war. Zwei unterschiedliche Gegner, die sich an Gewalt und Kraft in nichts nachstanden, würden ihren Streit in dieser Nacht austragen. Orthan, Herrscher über alle Bären, erwartete den Eber, richtete sich auf seinen Hinterpfoten auf und schnüffelte geräuschvoll in die stürmischen Lüfte. Der Wind konnte sein Verbündeter oder sein Feind sein. Doch in dieser Nacht würde ihn Wolder nicht überraschen. Er wusste, wann und von wo er kommen würde, dieser Unruhestifter, der sich aufspielte, als gehöre der Wald ihm. Orthan ließ sich wieder auf seine Pranken nieder, um aus Leibeskräften seinen Gegner herbeizurufen. Sollte er kommen. Er würde sich einen Spaß daraus machen, seine scharfen Krallen in sein Fleisch zu graben. Die Bäume neigten sich unter Wolders durchbrechendem Gewicht, doch Orthan ließ sich von so einem Schauspiel nicht beeindrucken. Wolder war und blieb ein altes Wildschwein, das mit gesenktem Haupt blindlings durch das Land raste, weil es von seiner Kraft überzeugt war. Hier war er, der König aller Bären! Seine Pranken erwarteten ihn. Seine Zähne lechzten nach Blut. Mit urgewaltiger Kraft donnerten die Erzfeinde aufeinander. Ihr unerbittlicher Kampf sollte bis zur nächsten Morgendämmerung dauern. Die Erde erzitterte unter ihrem Aufprall. Ihr Geschrei erfüllte die Luft und vermischte sich mit dem Brüllen des tosenden Windes. Birr, Meister aller Hirsche, wusste im Voraus, wie dieser Streit ausgehen würde. Die Elemente brauchten eine Weile, bis sie sich wieder in ihre geregelten Bahnen einordneten. Wind, Wasser und Erde wirbelten durcheinander und bildeten ein grandioses Spektakel, welches nur Wesen wie Birr oder seine kämpfenden Feinde sehen konnten. Er selbst hatte sein letztes Wort noch nicht gesprochen und überließ diese Nacht den beiden Streithähnen. Sowohl Orthan als auch Wolder waren im Ansehen Birrs nur raue Halunken, die des Waldes nicht würdig waren. Eines Tages würde seine Zeit kommen und dieser Moment war gewiss näher, als den beiden Dummköpfen klar war. Er nahm die Witterung des entflammten Kampfes in seinen bebenden Nüstern auf und fühlte die Kraft in seinen Gliedern pulsieren. Sein mächtiges Geweih schimmerte im silbernen Licht des Vollmondes, doch er griff nicht ein. Sollten sie sich nur gegenseitig Schaden zufügen, er konnte abwarten. Mit erhabenen Schritten wandte er sich von der lichten Anhöhe ab und dem Wald zu, doch er hielt seine scheinbare Ruhe nicht lange aus. Die Erregung des entbrannten Zweikampfes hatte ihn erfasst und er musste ihr Platz schaffen. Mit riesigen, weit ausgreifenden Sprüngen raste er durch sein Land, dass die Umgebung nur so an ihm vorüberrauschte. Hier kam Birr, der sich selbst als zukünftiger Herrscher des Waldes auserkoren hatte. Keiner konnte ihn bezwingen! Er würde sich nie einer Macht Orthans oder Wolders unterwerfen! Somit blieb ihm nichts anderes übrig, als sie herauszufordern und ein für alle Mal klarzustellen, wer der eigentliche Herr des Landes war.
*
Freitagmorgen, zwanzig nach sieben, in der engen Küche der überheizten Mietswohnung herrschte eine mühsam unterdrückte Spannung. Der Wetterbericht im Radio konnte das Ende der verheerenden Stürme nicht voraussagen. Im Grunde war die Wetterlage Herrn und Frau Dupont gleichgültig. Sie lebten in Paris, dort bekam man vom Wetter nicht so viel mit wie auf dem Land. Zwischen den Appartements und denBüros konnte man weitgehend vermeiden, sich Regen und Sturm auszusetzen. Von der vorherrschenden Wetterlage hing allerdings ihre wohlverdiente bevorstehende Verschnaufpause ab. Sie mussten sich eingestehen, dass seit einigen Jahren eine drückende Stimmung, um nicht zu sagen, dicke Luft zu einem Dauerzustand in ihrem alltäglichen Leben geworden war.
Würde ihr Sohn Thomas sich heute zeitig genug aus dem Bett begeben, etwas zum Frühstück essen, den Weg zur Schule gehen und tatsächlich am Unterricht teilnehmen? Unzählige Nervenkrisen und laut schreiende Streitereien gehörten mittlerweile zum Alltag eines zermürbenden Nervenkrieges. Bekannte und Verwandte sagten, dass dies eine normale Phase der Entwicklung eines jungen Mannes sei und sich geben würde. Weder Frau noch Herr Dupont konnten in ihren jungen Jahren damit rechnen, welche Ausmaße die sogenannte Pubertät annehmen würde. Zumal diese Phase normalerweise überstanden sein musste. Ihr Sohn wurde bald achtzehn Jahre alt. Thomas weigerte sich, mit Psychologen zu sprechen. Er wehrte sich, wo sich eine Gelegenheit bot, gegen alle Anforderungen eines geregelten Lebens. Allem Anschein nach hatte Thomas an diesem Morgen beschlossen, aufzustehen und sich sogar in der Küche blicken zu lassen. In nachlässig geschlossenen Turnschuhen schlurfte er über den altmodischen Fliesenboden. Seine Mutter tat so, als sei alles in Ordnung und erkundigte sich, ob er gut geschlafen habe, worauf er nicht antwortete. Sie warf einen vorwurfsvollen Blick über den Rand ihrer Kaffeetasse in die Richtung ihres Ehemannes. Fast so, als habe ihr müder Ehepartner in diesem Moment etwas falsch gemacht. Herr Dupont seufzte schwer und faltete geräuschvoll und mit übertriebener Sorgfalt seine Tageszeitung zusammen, dabei blieb der Teil über Wirtschaft und Aktien gut sichtbar. Möglich, dass er diesen Abschnitt anschließend in Ruhe lesen wollte. Thomas war an diesem Morgen mit relativ guter Laune aufgewacht, was wohl daran lag, dass ihm zwei Wochen lang die Schule erspart blieb. Doch allein der Anblick der lächerlichen Zahlen und Titel auf dem Papier dieser eingebildeten Zeitung schnürte ihm den Magen zu.
Sein Vater las so etwas und kam sich dabei nicht nur gut, sondern auch noch wichtig und klug vor! Wie er dieses sinnlose Getue hasste! Der Junge schüttete seinen bitteren Geschmack im Mund mit etwas Orangensaft direkt aus der Flasche runter. „Thomas, könntest du dir bitte ein Glas nehmen! Andere wollen auch davon trinken“, ermahnte seine Mutter.Thomas schnaufte kurz auf, was man als ein sarkastisches Lächeln interpretieren konnte, nahm einen weiteren Schluck und sprudelte mit dem Saft in seinem Mund herum, wie man es mit klarem Wasser nach dem Zähneputzen zu tun pflegt. Kaum hatte er geschluckt, fragte er kühl und distanziert: „Hast du den Satz in einer der amerikanischen Serien gestern Abend gehört? Diese geistlosen Programme, die man ordentlichen Arbeitern und Steuerzahlern serviert, damit sie davor einschlafen können.“ Bei seinen Worten beobachtete er, nicht ohne Missfallen, wie seine Mutter noch blässer wurde, als sie ohnehin schon war. Offenbar lag er richtig und setzte noch eins oben drauf: „Du weißt, was ich meine? Diese aktuellen Serien amerikanischer Superpolizisten, die von ihrer Arbeit und vom schlechten Gewissen aufgefressen, sich für ihre Fälle aufopfern und zwischen Scheidungen und neu komponierten Familien jonglieren müssen. Solche Geschichten vermarkten sich besonders gut. Der Satz, den die Mutter ihrem Teenager mit betonter Geduld sagt, weil er O-Saft aus der Flasche trinkt, um ihrem neuen Lover zu provozieren.“„Mein Sohn, deine Mutter und ich haben nicht die geringste Absicht, uns scheiden zu lassen …“, wagte sein Vater einen Vorstoß. Er hatte seine große Stimme aufgelegt aber sein Sohn schnitt ihm sofort das Wort ab:
„Ich weiß Pa, bin auf dem Laufenden. Du solltest dir vielleicht ein paar Aktien von diesen Produktionen kaufen. Vielleicht verdienst du da mal was.“„Ich verbiete es dir, über Dinge zu sprechen, von denen du keine Ahnung hast!“ Herr Dupont hingegen lief rot im Gesicht an. Ein paar Minuten hatten gereicht und die Provokationen seines Sohnes brachten ihn aus der Fassung. Sein Puls beschleunigte sich. Er hatte seine Blutdrucktabletten noch nicht genommen. „Ich dachte, es wäre gut, wenn Kinder mit ihren Eltern sprechen“, fügte Thomas scheinbar lässig hinzu und trank einen weiteren großen Schluck aus der Saftflasche. „Du solltest eine Kleinigkeit essen. Orangensaft ist sehr aggressiv für den nüchternen Magen“, warf Frau Dupont beschwichtigend ein.„Och, das ist nicht schädlicher für meine Gesundheit, als die verpestete Luft, die wir hier in der Stadt atmen“, brummte Thomas und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. „Du hast recht! Wir müssen miteinander reden!“ Herr Dupont erhob sich von seinem Stuhl und baute sich in voller Größe vor seinem Sohn auf. Mittlerweile waren ihre Gesichter auf gleicher Höhe und er sah insgeheim ein, dass er seinen Sohn fürchtete. So, wie gerade in diesem Augenblick. Thomas blickte ihn unter einer langen Haarsträhne aus seinen hellbraunen Augen an. Er liebte die Herausforderung, Leute, die ihm gegenüber autoritär sein wollten, aus der Fassung zu bringen. Eines musste man dem jungen Kerl eingestehen, er kniff nie und verfügte über einen außergewöhnlichen Mut. Das hatte er bereits mehr als einmal bewiesen. Doch Dupont riss sich zusammen und seine Stimmeklang fest und bestimmend, als er fortfuhr: „Die vergangenen Unwetter der letzten Tage haben sich gelegt. Vorläufig wissen wir noch nicht, ob die Jugendfreizeit in Fontainebleau stattfinden kann. Doch Nadine wird uns noch heute Morgen Auskunft geben, was der Wetterbericht entscheidet. Du wirst an dem Ausflug teilnehmen, ob du willst oder nicht. Deiner Mutter und mir steht auch etwas Urlaub zu!“ Üblicherweise hätte Thomas daraufhin geantwortet, aber zu hören, dass seine Eltern mal wieder die verdammte Nachbartochter einschalteten, um ihn mundtot zu machen, brachte ihn völlig aus der Fassung. Vehement stellte er die Flasche neben sich auf die Küchenablage, nahm seinen abgewetzten Rucksack aus schwarzem Kunststoffmaterial auf, warf seinen Eltern einen strafenden Blick zu und wollte so schnell wie möglich das Appartement verlassen. Seine Mutter rief ihm etwas nach, aber er hörte nicht. Genau in dem Augenblick, in dem er den Griff der Eingangstür in der Hand hielt und aufreißen wollte, ertönte der nervige Klingelton, wenn jemand eingelassen werden wollte. Thomas fand sich plötzlich Nase an Nase mit der niedlichen Nadine. Das Abbild jugendlicher Unschuld gepaart mit frischer Intelligenz und entsetzlichen Optimismus. Wie immer adrett gekleidet, wie es von einem modernen Mädchen erwartet wurde, sauberen blonden Haaren und dezenter Schminke. Er begrüßte sie nicht, schob sich an ihr vorbei und eilte die Treppen hinunter. Es wollte nicht wie ein Tölpel auf den Aufzug warten, jetzt musste er einfach so schnell wie möglich von der Bildfläche verschwinden. „Guten Morgen, Thomas!“, hörte er die sanfte Mädchenstimme in seinem Rücken. Daraufhin seine Mutter. „Guten Morgen, Nadine! Wie freundlich von dir, dass du gekommen bist! Hast du Zeit für einen Kaffee?“, begrüßte Frau Dupont das nette Mädchen, doch diese verneinte höflich. „Ich habe heute Morgen ein Mail vom Direktor des Vereins bekommen. Seiner Meinung nach hat sich die Wetterlage stabilisiert und er meint, er kann den Ausflug bedenkenlos antreten.“Auf dem Gesicht der Frau zeichnete sich sichtbare Erleichterung ab.
„Das ist wunderbar! Ich muss mich für das rüpelhafte Benehmen meines Sohnes entschuldigen. Er macht eine schwierige Entwicklungsphase durch.“Nadine zuckte verstehend mit den Schultern und strich sich mit einer selbstbewussten Geste ihr Haar von einer Seite auf die andere. „Wo wirst du die Ferien verbringen?“, erkundigte sich Frau Dupont.„Mit dem Verein fahren wir in die Savoie. Dort gibt es herrliche Gebiete zum Klettern. Ich denke, wir werden auch Kanu fahren. Entschuldigen Sie mich, aber ich muss jetzt gehen.“„Aber natürlich und danke für die Auskunft!“Nadine schenkte ihr ein bezauberndes Lächeln und ging mit beschwingten Schritten zur Treppe. Frau Dupont fragte sich, ob ihr Leben ebenso verlaufen wäre, wenn sie damals eine Tochter bekommen hätte. Das Mädchen beeilte sich, sobald sie aus der Sichtweite ihrer Nachbarin war, denn sie wollte Thomas einholen. Im Grunde hätte sie die Mail einfach weiterleiten können, doch sie versäumte keine Möglichkeit, an der Tür der Duponts zu klingeln. Sie war zwei Jahre jünger als Thomas, ging jedoch in dieselbe Klasse. Im Gegensatz zu ihm war sie nicht nur eine Musterschülerin, sondern dermaßen begabt, dass der Schulrat entschieden hatte, sie ein Jahr überspringen zu lassen. Und so gut, wie sie war, würde sich das wahrscheinlich dieses Jahr wiederholen. Das war Nadine im Moment egal, sie hattenur einen Gedanken. Sie wollte diesem finsteren jungen Mann begegnen, den sie heimlich in jeder freien Sekunde beobachtete. Er war hochgewachsen und kräftiger als all die anderen Jungs. Seine Stimme klang so herrlich tief und die Mädels tuschelten, dass Thomas sich jeden Morgen das Gesicht rasieren müsste, wie alle anderen Männer auch. Wahrscheinlich hatte er ein Schuljahr irgendwann wiederholen müssen. Er gehörte nicht nur zu den Größten in der Klasse, sondern an der gesamten Schule. Die Familie Dupont wohnte erst seit einigen Monaten in diesem Stadtviertel. Möglich, dass sie wegen ihres schwierigen Sohns hatten umziehen müssen. In der Schule jedenfalls hatte er rasch dafür gesorgt, sogar von den Härtesten respektiert zu werden. Nichts und niemand schien ihm Angst zu machen. Aber er benutzte seine Kraft nicht, um andere damit zu verängstigen oder zu quä-len, was Nadine darauf schließen ließ, dass er im Grunde einen guten Kern hatte. Thomas war unglaublich sportlich, hasste allerdings nichts mehr als Wettbewerbe und weigerte sich, daran teilzunehmen. Fast alle Mädchen schwärmten von ihm und er hätte sich wahnsinnig beliebt machen können, wenn er nur nicht so stur und sarkastisch wäre. In der Klasse tolerierte er keinen Sitznachbarn neben sich und zog es vor, eine Existenz als Einzelgänger zu fristen. „Was habe ich schon wieder Falsches gesagt?“, fragte Herr Dupont mit hängenden Armen, hoffnungslos im Flur stehend. Seine Gattin schloss sorgfältig die Eingangstür. „Mach dir keine Vorwürfe, Dieter! Willst du noch etwas zum Frühstück, bevor du zur Arbeit gehst?“ Sie sprach bewusst sanft und melodisch, um die Stimmung abzudämpfen, doch Dieter hatte den Eindruck, sie spielten beide eine Komödie. Außerdem ahnte er, dass seine Frau wieder zu den Beruhigungstabletten gegriffen hatte, von denen sie sich eine gewisse Erlösung erhoffte. „Was ist nur mit diesem Bengel los? Hübsche Mädchen scheinenihn absolut nicht zu interessieren. Freunde hat er keine. Denkst du, er ist schwul? Würdest du das schlimm finden?“Frau Duponts Gesicht verschloss sich noch mehr und sie ging wortlos an ihrem Gatten vorbei in die Küche. Er selbst wusste nicht, wie er über diese Tatsache denken sollte, das war im Moment auch nicht sein Problem. Ihn interessierte nur, wann endlich diese ständigen Kleinkriege mit Thomas abklingen würden. Seine Frau Gabi hatte sich einen weiteren Kaffee eingegossen und blies gedankenverloren über das heiße Getränk. „Dabei war er so ein aufgewecktes Kerlchen, als er noch klein war! Erinnere dich, wie wissbegierig er sich in den Museen verhielt. Es schien, als könnte er nie genug erfahren. Diese Zeit ist wohl endgültig vorbei. Damals war ich so stolz auf ihn. Wenn seine Noten nicht so schrecklich in den Keller gegangen wären, hätten wir ihn auf eine bessere Schule schicken können“, sagte sie, wobei Dieter nicht sicher war,ob sie eine Antwort erwartete. Deshalb kam sein Kommentar nur halbherzig: „Wir haben unser Bestes getan. Oder nicht …?“Gabi blickte auf ihre Armbanduhr, stellte die volle Tasse auf den Unterteller und begann, den Tisch abzuräumen. „Beeilen wir uns lieber, anstatt dummes Zeug zu reden, sonst kommen wir zu spät zur Arbeit!“Herr Dupont war sich nicht sicher, wie sinnlos solche Gespräche waren. Es schien ihm, seine Frau und er seien überhaupt nicht mehr imstande, eine richtige Unterhaltung bezüglich ihres Sohnes führen zu können. Nadine entdeckte endlich die lange Silhouette von Thomas zwischenden anderen Passanten wieder. Er war im Begriff, den Platz zu überqueren, wie jeden Morgen auf dem Schulweg. Das Mädchen umfasste ihre Tasche fester und rannte los, um ihn einzuholen. „Thomas warte!“ Er hatte sie wohl gehört, verlangsamte unwillig den Schritt, würdigte sie aber kaum eines Blickes. „Ich finde es echt cool, dass du dich auch für Freeclimbing interessierst. Du wirst sehen, sportlich, wie du bist, wirst du bald ein hohes
Niveau erreicht haben. Wer weiß, im nächsten Jahr kannst du vielleicht mit auf die Reise der Fortgeschrittenen fahren“, plapperte sie los. Endlich blieb er vor ihr stehen, bohrte seine Hände noch tiefer in die Taschen seiner dunklen Jeans und sah ihr ins Gesicht. „Lass dir gesagt sein, Kleines, ich werde bei diesem Quatsch mitmachen, weil mir meine Alten keine andere Wahl lassen. Diese Jugendfreizeit oder ein Internat, das sind die Optionen, die mir zustehen. Also erspar mir dein Gerede von sportlichem Niveau und Fortgeschrittenen!“, grollte er sie böse an. Nadine wich unwillkürlich zurück, blieb aber tapfer stehen. „Warum bist du so?“, fragte sie perplex.„Wie soll ich denn sein? Was sagen die anderen? Dass ich gegen alles bin? Warum nicht? Wofür soll ich sein?“ Er zerrte seine rechte Hand aus der Hosentasche und fuchtelte mit wilden Gesten vor dem Gesicht des hübschen Mädchens herum. „Was kannst du schon begreifen, wo du es so eilig damit hast, eine ambulante Kreditkartennummer zu werden, die das System ernährt?Dein Papa hat dir ein neues Handy zur Belohnung für deine Supernoten geschenkt! Bravo! Jetzt hast du den Beweis für deine Freundinnen in der Hand, dass du eine ganz Tolle bist. Nur zu, lauf schnell auf deiner Bahn entlang, gehorche und tu, was dir gesagt wird. Später setzt du Kinder in die Welt, die das genauso machen wie du, und dein Mann wird dich nicht mehr ansehen!“„Du bist völlig depressiv!“, hielt sie ihm entgegen, schüttelte den Kopf und presste die Lippen aufeinander. Thomas schnalzte mit der Zunge, wie wenn man ein Pferd zum Traben bringen will. „Nun geh schon! Zieh Leine! Du wirst sonst zu spät zur Schule kommen!“Nadine biss sich auf die Zunge, hielt sich an ihrer Tasche fest und machte auf dem Absatz kehrt. Ihr Kinn zitterte und sie hasste sich dafür, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Thomas war der Mädchenschwarm der gesamten Schule schlechthin, doch er machte sich überhaupt nichts daraus. Was hatte sie sich auch eingebildet? Nur, weil er gegen seinen Willen beim Klettern mitmachen muss, würde er ein Mä-del wie sie nie beachten. Er hatte Kleines zu ihr gesagt, aber nicht so, wie das Jungs tun, wenn sie verliebt sind, sondern eher, als sei sie ein kleines, unbedeutendes Ding, was zu einem in seinen Augen sinnlosen System gehörte. Bei ihm wirkte ihre Schönheit nicht. Gleich einer zornigen Windböe zerstörte er ihre allgemein bekannte Intelligenz wie einen kleinen Haufen trockener Blätter. Es war albern von ihr, sich von einem Kerl wie Thomas ärgern zu lassen. Für Thomas war klar, dass er, nachdem dieser Morgen so schlecht angefangen hatte, nicht in die Schule gehen konnte. Er konnte sich beinahe sicher sein, dass es heute am letzten Schultag vor den Herbstferien, keine schriftliche Ermahnung geben würde, wenn er abwesend war. Er musste seinem Ärger Luft verschaffen, einfach durch die Gegend latschen, über den Asphalt, zwischen den Leuten hindurch, mit lauter Musik in den Ohren, anonym und unbeachtet wie ein Vagabund, wie ein Obdachloser. Beim Laufen fiel sein Blick auf ein übergroßes Werbeplakat für ein neues Videospiel. Mit den Herbsttagen begann die Jagd nach Kunden für das Weihnachtsgeschäft. Je mächtiger ein Konzern, desto penetranter die Werbung für seine Produkte. An allen Straßenecken, in der Metro, im Internet und in der Fernsehwerbung konnte man zum Beispiel diesen riesigen Krieger sehen. Das Bild stellte einen Rächer der Ungerechtigkeit dar. Thomas blieb stehen. Waren die Menschen nur noch dazu gut, in virtuellen Spielen von Kämpfen zu träumen, die ihre Wichtigkeit hatten, um den Irrsinn ihrer realen Existenz besser zu ertragen?
Thomas verbat sich, weiter darüber nachzudenken, und zwang sich dazu, einfach an dieser Werbung vorbeizugehen. Manchmal befürchtete er, verrückt zu werden. Wenn seine zornigen Gedanken sich in einem unaufhaltsamen Wirbel ins aussichtslose Nichts steigerten, wusste er, dass er verloren war. Ihm standen nur zwei Wege zur Verfügung: Entweder sich zu fügen und in eine Form pressen zu lassen, wie alle anderen auch, damit er mit dem System funktionieren konnte, oder völlig abzudrehen. Er ahnte, dass er viel zu oft an diesem Punkt stand und er fürchtete den Absturz. Allein gegen alle Welt zu rebellieren war eine Sache. Tatsächlich unwiderruflich ins Unbekannte zu stürzen, fühlte sich leer und erbärmlich an. Er hatte Angst.
*
Drei Tage hatte der Zweikampf zwischen Wolder und Orthan gedauert, bevor endlich wieder Ruhe im Wald einkehren konnte. Im Grunde war es nie völlig still, irgendwelche Geister quälten sich immer mit ihren Streitereien, aber darum kümmerten die Großen sich nicht. Allmählich beruhigte sich die Kraft in ihren Adern und die Atmung wurde gelassener. Ihr Herz gehorchte dem Rhythmus der Erde, sie war die älteste aller Geister hier in dieser Gegend. Sie hatte die ersten Tage des Waldes erlebt, nachdem sich die Urmeere zurückgezogen hatten und ein neues Leben Fuß fassen konnte. Ihre Liebe zum Wald war grenzenlos und ließ Dinge geschehen, die sterbliche Wesen nicht begreifen konnten. Ihre Hand sah beinahe wieder wie die einer Menschfrau aus, ihre Klauen zogen sich allmählich zurück. Mit einer gemächlichen Geste hob sie ihre zerbrochene Waffe auf. Sie würde diese neu schmieden und eine andere Verbindung der Metalle ausprobieren. Alles blieb gleich und veränderte sich ständig. Diesen Widerspruch hatte sie seit ihrem ersten Lebenstag begriffen. Vielleicht machte dies ihre Stärke aus. Warum sie die Herrin des Waldes geworden war, konnte sie selbst nicht sagen. Sie war einfach immer für ihn da gewesen. Es war gewiss kein Zufall, dass sie immer wieder eine grundsätzliche Ruhe herstellen konnte. Einfach so, weil sie das für richtig empfand. Wie eine Mutter, der das Zanken ungezogener Kinder zu viel wurde. Sie ließ sich auf ihre Knie nieder, legte das zerbrochene Schwert ab und stützte sich mit beiden Händen auf den Erdboden. So spürte sie den Herzschlag der Erde, mehr brauchte sie jetzt nicht. Allein zu wissen, dass sie hier sein durfte, genügte ihr und erfüllte sie mit unendlicher Dankbarkeit. Wenn jemand sie in ihrer friedfertigen Trance in der flachen Herbstsonne hätte sehen können, war es schwer vorstellbar, sie zu unerbittlichen, blutigen Kämpfen fähig zu wissen. Doch dazu kam es nie. Noch keiner hatte sie bisher so gesehen, oder war anschließend noch lange genug am Leben, um davon zu berichten. Es kam vor, dass Menschen von Waldnymphen erzählten oder welche in Gemälden und Zeichnungen darstellten, doch diese Versuche entsprangen aus ihrer eigenen, kläglich gezügelten Fantasie. Die Wirklichkeit sah völlig anders aus, unbeherrschbar, mächtig und gefährlich. Die Erde und die Geister, die auf ihr lebten, duldeten die Existenz der ewig unzufriedenen Nörgler wie lästige Schwärme von Fliegen in Sumpfgebieten. Alles hatte seine Zeit. Und alles, was sich in Zeit bemessen ließ, ging einem Ende zu.
*
Die Reise aus Paris hinaus verlief genauso, wie Thomas es befürchtet hatte. Mit allen anderen Wänsten zusammen in einem Bus verfrachtet, war er gezwungen, die unmittelbare Nähe der idiotischen Energie und
Freude der anderen Jugendlichen zu ertragen. Sämtliche Plätze waren belegt, also blieb ihm nichts anderes übrig, als einen fremden Typen an seiner Seite zu dulden. Dieser hatte sich mit Handschlag vorgestellt. Dieses absurde Spiel von Fingern und Fäusten zur kameradschaftlichen Begrüßung vermied Thomas gekonnt. Was bildeten sich solche Typen ein? Sie dachten, sie seien cool, weil sie das, was sie in amerikanischen Filmen gesehen haben, nachäfften? Ein weiterer Beweis dafür, dass Thomas in dieser Gesellschaft seinen Platz nie finden konnte. Er starrte stur zum Fenster hinaus, hatte seine Musik mit Kopfhörern in den Ohren stecken und so laut wie möglich eingestellt, damit er das Gequatsche und den Lärm der anderen nicht mitbekommen brauchte. Es standen ihnen mindestens zwei Stunden Fahrt bevor. Thomas wollte in Ruhe gelassen werden. Einer der Betreuer nutzte diese Zeit, um sich den jungen Leuten persönlich vorzustellen und ein paar Worte mit ihnen zu wechseln. Thomas sah ihn aus dem Augenwinkel unaufhaltsam näher kommen,Sitzreihe für Sitzreihe. Wenn dieser Typ doch einfach an seinem Platz vorbeigehen könnte! Einer dieser engagierten Junggebliebenen, die es verstanden, sich mit Heranwachsenden zu unterhalten. Das sollte er mal mit Thomas ausprobieren, er würde auf Granit beißen! Die Vorstädte mit ihren Industriegebieten und den riesigen Einkaufszentren reihten sich neben der Autobahn aneinander und verbildlichten alles, was Thomas verabscheute. Nun wollten sie ihn in eine scheinbar heile Welt verschicken, damit er den Kontakt zur Natur schätzen lernte. Was änderte das an der Sache? Nichts! All diese sinnlosen Tätigkeiten dienten in seinen Augen, ebenso wie Videospiele, nur dem einzigen Zweck, vor der absurden Existenz der Menschen abzulenken. Sie redeten sich ein, sich für etwas zu begeistern, sich für etwas einzusetzen, sich zu verlieben, um nur artig weiter im Grau der kontrollierten Masse abzustumpfen. Ein fester Stups an seine rechte Schulter riss den jungen Mann aus seinem finsteren Gedankenkreisel. Der Betreuer gab ihm mit einer herrischen Geste zu verstehen, die Kopfhörer abzunehmen. Thomas gehorchte. „Was hörst du?“„Musik.“„Darf ich mal sehen?“Der Angesprochene zögerte einen winzigen Augenblick und musterte den Betreuer wie einen Gegner. Dieser Mann verfügte noch über sein volles Haar, selbst wenn vereinzelte graue Strähnen darin wuchsen. Er trug es relativ lang im Nacken zusammengebunden. Allein an seinen ausgeprägten Schultern unter dem T-Shirt und den sehnigen Muskelsträngen an seinem Hals erkannte Thomas, wie kräftig dieser Typ war. Seine kühlen blauen Augen duldeten nicht den geringsten Widerspruch. Es war warm im Bus und die Fahrt hatte den Jungen schläfrig gemacht. Er weigerte sich nicht, kramte sein Telefon aus der Jackentasche und hielt den leuchtenden Bildschirm dem Gesicht des Betreuers entgegen. „Keine Telefone, so steht es in den wenigen Regeln dieses Ausfluges. Ihr werdet jeden Abend die Möglichkeit haben, mit euren Eltern und Freunden zu sprechen. Die Handys bleiben allerdings unter sicheren Verschluss.“„Bin ich im Gefängnis oder was?“, platzte Thomas heraus und zog verärgert die Augenbrauen zusammen. „Da ist meine Musik drauf!“„Tut mir leid. Andere haben ihre Player dabei. Aber Telefone sind verboten. Schalte es aus und gib es mir!“Thomas spürte, wie seine Wut in ihm zu kochen begann. Er wollte fluchen, sich wehren, keiner durfte ihm seine Musik abnehmen! Das war geradezu kriminell! Der Betreuer stellte sich vor: „Mein Name ist Steven! Wie heißt du?“„Thomas.“Der Mann sah den Jungen seinen Zorn runterschlucken. Er hatte begriffen, dass er diesen Kerl im Auge behalten musste. Scheinbar still und missmutig glitzerte doch eine wilde Kampfbereitschaft in seinen Augen. Er war nicht freiwillig in dieser Gruppe und noch weniger dabei, um sich zu amüsieren. „Keiner darf sein Handy behalten, da gibt es keine Ausnahmen. In zwei Wochen wirst du es wieder bei mir abholen. Ich werde es sicher aufbewahren.“Thomas stellte den kleinen Apparat aus, wickelte das Kabel der Kopfhörer darum und reichte es Steven. „Keine Sorge, das Ding ist eh nichts wert.“Die plötzliche Einsicht und diese tonlose Bemerkung überraschten den Betreuer. In der Tat war das wohl der älteste Apparat, den ihm ein Jugendlicher in der letzten Zeit anvertraut hatte. Er nickte dem Jungen kurz zu und ging eine Sitzreihe weiter, um sich mit anderen Reisemitgliedern zu unterhalten. Insgeheim hegte er die Hoffnung, Thomas würde sich irgendwann doch am Gespräch beteiligen. Dieser blieb allerdings stur und fest entschlossen auf seinem Platz sitzen und starrte scheinbar ungerührt zum Fenster raus. Was hatte dieser Bursche erlebt, um so zu sein? Seine Eltern schienen verständnisvolle, aufgeschlossene Leute zu sein, die mit Intelligenz in ihrer Zeit lebten. Was ging in ihm vor? Die anderen Jugendlichen lärmten und scherzten, machten blöde Bemerkungen und alberne Witze. Eine Rasselbande energiegeladener Halbwüchsiger. Jungen und Mädchen, die in den kommenden zwei Wochen unter seiner Verantwortung standen. Mit seinen Kollegen war er es gewöhnt, auf solche Leute achtzugeben und sie mit System und guter Laune zu ermüden.
Der Bus verließ den dichten Stadtverkehr, fuhr von der Autobahn runter und schaukelte über immer enger werdende, sich windende Landstraßen. Wie es vorauszusehen war, wurde während des letzten Stücks der Reise einigen von den Passagieren übel. Steven und seine Kollegen kannten dieses Phänomen und stellten Tüten zur Verfügung. Der säuerliche Geruch des Erbrochenen machte die langsamen Kilometer unerträglich. Thomas fragte sich, ob seine Eltern ihn mit derselben Überzeugung zu diesem Ausflug geschickt hätten, wenn sie so eine Reise selbst mit durchmachen müssten? Alle Betroffenen waren heilfroh, als sie den Bus endlich verlassen und ihre Lungen wieder frische Luft atmen konnten. Der Bus stand auf einem Platz mit sandigem Boden geparkt und alle mussten ihr Gepäck zu der spartanischen Jugendherberge mitten im Wald schleppen. Thomas konnte nicht verstehen, über was sich die anderen ständig unterhielten. So viel Wichtiges konnten die Hohlköpfe nicht mitzuteilen haben, es sei denn, sie wiederholten sich ständig und lachten immer wieder über dieselben Witze. Wie sehr er seine Kopfhörer und seine Musik vermisste! Im Grunde vervollständigte seine chronische musikalische Begleitung von maximaler Lautstärke sein Schutzschild gegen den Rest der Welt. Im Lärm der Songs seiner Lieblings-Indie-Gruppen konnte er ungestört seinem Gedankenstrom nachhängen, ohne ständig von Geräuschen und Worten ohne irgendwelche Bedeutung abgelenkt zu werden. Was tat er eigentlich hier, inmitten einer Jugendgruppe vergnügter Strohköpfe? Die Einzigen, die einen Vorteil davon trugen, waren seine Eltern. Sie wollten für ein paar Tage ihre Ruhe haben. Daheim war er nicht mehr erwünscht. Eine bittere Feststellung für einen jungen Mann, der einfach einsehen musste, dass sein Elternhaus einem System gehorchte, das er weder begriff noch akzeptierte und dabei nicht mitspielen wollte, aus diesem Grunde aber früher oder später zu den Verstoßenen gehö-ren sollte. Den jungen Leuten wurden DIN-A4 Zettel ausgeteilt, auf denen die Regeln des Hauses gedruckt standen, die sie mit der schriftlichen Bestätigung, die Zeilen gelesen zu haben, unterschreiben mussten. Wahrscheinlich las niemand das, denn es wurde ihnen vorgesagt. Wann gegessen wurde, wann geduscht, wann Freizeit war, wie die Betten zu machen waren und wann Nachtruhe sein sollte. In zwei Monaten würde Thomas seinen 18. Geburtstag feiern, wenn er das so bezeichnen durfte. Ab dann gehörte er zu den Volljährigen und musste solchen, von seinen Eltern bestimmten Erniedrigungen, nicht mehr unterliegen. Im Grunde konnten sie ihn dann auch nicht mehr zwingen, zur Schule zu gehen. Das Abitur erschien ihm noch unglaublich weit entfernt. Er wusste, dass er Mist gebaut hatte, dass er in den letzten Jahren nicht gut gearbeitet hatte. Sollte er jetzt zwischen den Reihen stinkender Jungs und Mädchen bereuen, dass er für die Welt, die ihn umgab, nichts anderes als Abscheu empfinden konnte? Er gestand sich ein, dass die Mädchen nicht im direkten Sinn stanken, sondern sich mit synthetischen Parfums versuchten einzudieseln. Das bereitete ihm immer Kopfschmerzen. Wahrscheinlich fanden die Mädels sich selbst dabei sehr schick und raffiniert. Schlimmer war es, wenn reife Frauen diese Manie nicht ablegen wollten. Auch wieder nur eine einfallsreiche Art, Geld zu machen, wobei alle bedingungslos mitspielten. Er hatte mal einen Artikel darüber gelesen, wie viel Umsatz Geschäfte mit Parfums und Kosmetik machten. Und wehe dem, der öffentlich eingestand, dass er kein Parfum ausstehen konnte, der galt gleich als Aussätziger. Jeder musste den unausgesprochenen Diktaten gehorchen, lernen, was schön und gut ist, was Freude macht und was nicht …
Steven fragte ihn, ob alles in Ordnung sei. Er hatte nicht bemerkt, dass der Betreuer zu ihm gekommen war, und beantwortete überrascht aus seinen Gedanken gerissen bejahend diese Frage. „Worauf wartest du? Geh mit den andern und such dir ein Zimmer aus!“Thomas nickte, warf mit demonstrativer Leichtigkeit seine schwere Reisetasche auf seine rechte Schulter und ging zum Hauseingang. Ihm blieb nur noch ein Platz im kleinsten Zimmer mit einem anderen stillen Außenseiter. Ein paar Jahre jünger als er, blass und dünn, blickte er ihn durch dicke Brillengläser an. Thomas nickte ihm kurz zu, warf seine Tasche auf das Bett und legte sich, so wie er war, darauf, ohne die Schuhe auszuziehen. In Gefängniszellen war es schlimmer, sagte er sich und starrte in die Leere. „M … mein Name ist P … Patrick“, stotterte der Jüngere.„O.k., Patrick.“Dieser wagte kaum, aufzublicken und machte sich mit unbeholfenen Gesten daran, sein Bett zu beziehen. „W … wie heißt du?“„Thomas“„O … o.k.“Der restliche Tag stand den Neuankömmlingen zum Kennenlernen und für Freizeit zur Verfügung. Die Betreuer mischten sich geschickt in die Gruppen. Es wurden Karten und andere Gesellschaftsspiele gespielt. Oder einfach nur geredet. Die allgemeine Heiterkeit ging Thomas zunehmend auf die Nerven. Alle anderen hatten ihn als absoluten Außenseiter erkannt und einer von den tollen Oberschlaumeiern, ein regelrechter Platzhirsch, konnte es sich nicht verkneifen, ihn zu provozieren. Solche Kerle, die sich immer in den Mittelpunkt stellen mussten und sich bei allen beliebt machten, gab es in allen Gruppen. Solche Typen waren die Ersten, mit denen Thomas Schwierigkeiten bekam, selbst wenn er nicht die direkte Schuld dafür trug. „Hey, Dracula! Wie gefällt dir dein neuer schwuler Freund? Ist er nach deinem Geschmack?“, rief ihm der Typ entgegen. Seine blödeAnmache wurde von begeistertem Lachen der umstehenden Clique belohnt. An seinem Arm hing schon ein Mädchen, das gehässig kicherte. Um ihn herum standen andere Kerle, mit pseudocoolen Sportklamotten gekleidet, wie es sich für Menschen ihrer Klasse gehörte. Thomas runzelte die Stirn. Dass er wegen seiner Blässe als ein Vampir beschimpft wurde, konnte ihm einerlei sein. Aber alles andere war zu viel. Patrick stand im Abseits, hatte aber jedes Wort mitbekommen und wurde dabei noch bleicher, als er eh schon war. Er blickte scheu zu Thomas hinüber, der den Kopf ein wenig schief legte, um seine Gegenüber zu mustern. Mit den dunklen Jeans und seinen finsteren Klamotten erinnerte er gerade an einen einsamen Cowboy aus einem alten Western. Beide Beine fest in den Waldboden gestemmt, sah er aus, als würde er jeden Augenblick einen Colt hervorziehen und alle von aufgeblasenen Großtuern Gepeinigte rächen. „Hast du Probleme? Hörst du nichts, wenn die Sonne scheint, Dracula? Oder gefällt dir dein Freund nicht mehr? Bringt ihn her! Wo ist der Kleine? Wir wollen ihn auspacken!“, befahl der Anstifter und löste sich aus den Armen seiner Begleiterin. Patrick wollte sich gerade aus dem Staub machen, doch sein kläglicher Fluchtversuch scheiterte hoffnungslos. Zwei Jungs hatten ihn an den Armen gepackt und unter fiesem Gelächter zu ihrem Anführer gezerrt. Thomas sah, wie das Kinn des Jungen bebte, er die Kiefer fest aufeinander presste, dass seine Muskeln an den Wangen wie kleine Beulen unter seiner dünnen Haut hervortraten.
„Igitt, der Schlappschwanz bepisst sich!“, kreischte ein Mädchen mit schriller Stimme und zeigte auf den sich vergrößernden, dunklen Fleck auf der Hose des verängstigten Jungen. „Zieht ihn aus! Die Hose muss gewaschen werden und wir wollenDracula zeigen, was ihn heute Abend erwartet!“Unter grölendem Jubel machten sich die abartigen Kerle am Gürtel des armen Patrick zu schaffen. Mit weit aufgerissenen Augen stellte dieser sich stocksteif, wehrte sich aber nicht. Seine Widersacher waren ohnehin stärker als er. Thomas spürte, wie augenblicklich sein Blut in Wallungen kam. Mit wenigen ausgreifenden Schritten war er mitten in der Gruppe, packte den Anführer an den Schultern, riss ihn herum und versetzte ihm einen wohlplatzierten Kinnhaken. Überrumpelt verlor dieser das Gleichgewicht. Noch ehe die anderen sich zur Verteidigung ihre Kumpels aufraffen konnten, überhaupt begriffen, dass der Außenseiter sich ohne zu Zögern mit sieben anderen anlegte, hatte er in seiner Raserei schon zwei weitere angeschlagen. Die Mädchen sprangen panisch schreiend beiseite und riefen, er solle aufhören. Der Größte, der Unruhestifter und Anführer dieser Bande, raffte sich auf und sprang seinen neuen Feind von hinten an, zerrte fest seine Arme um dessen Hals, erntete dafür harte Hiebe zwischen die Rippen und in den Bauch von Thomas’ Ellenbogen. Der hatte nie einenKampfsport erlernt oder bei einer Selbstverteidigungsgruppe mitgemacht, aber in Schlägereien kannte er sich aus. Er ließ sich nicht unterkriegen. Ihm war es gleichgültig, ein Sieger zu sein, wenn er nur seinem Ärger Luft verschaffen konnte. Wenn sein Körper erst einmal von dieser bitteren Wut erfasst worden war, spürte er keine Schmerzen mehr. Nichts und niemand machten ihm Angst und er erkannte instinktiv die Schwachstellen seiner Widersacher. Je länger die Schlägerei dauerte, desto fieser wurden Thomas’ Attacken, es konnte böse ausgehen, er ließ nie locker, man hätte ihn töten müssen oder Stärkere mussten ihn überwältigen. Die Kämpfenden hörten die Rufe der Betreuer nicht. Wie verbissene Hunde waren sie vom Kampfrausch ergriffen. Steven und seine stärksten Kollegen waren gezwungen, selbst einzugreifen. Sie waren dafür ausgebildet und kannten Griffe und Techniken, die Kerle nicht nur auseinander zu zerren, sondern zur Unbeweglichkeit zu zwingen, wenn es erforderlich war. „Lass mich los!“, brüllte Thomas, seine Stimme kam ihm selbst tiefund fremd vor, aber das war ihm nun egal. „Dass ich mit dir Ärger bekomme, war mir klar. Dass du es nicht länger als zwei Stunden aushältst, sprengt den Rekord“, grollte Steven und zwang sich, ruhiger zu atmen. Er rief einem Kollegen zu, er solle Thomas’ Eltern anrufen. Dieser Junge würde abreisen.„Verdammt noch mal, lass mich los! Es ist mir scheißegal, ob ich zur Strafe nach Hause fahren soll. Aber frag den Patrick, ob er nicht lieber auch heimfahren will, als sich aus Angst vor Perversen jeden Tag anzupissen!“, rief Thomas mit schmerzverzerrtem Gesicht, denn Stevens harter Griff an seinen Armen im Rücken renkte ihm fast die Schulter aus. Der Betreuer sah, wie eine Kollegin dem schwachen Jungen dabei half, sich wieder anzuziehen. Patrick war erstarrt vor Entsetzen, offenbar wusste er nicht, wen er mehr fürchten sollte: die abartigen Typen der Gruppe oder seinen Zimmernachbarn. Im Blick der Jugendpflegerin konnte Steven erkennen, dass der Kleine in der Tat nach Urin stank und jetzt Hilfe brauchte. „Bringt sie ins Büro!“, ordnete Steven mit herrischer Stimme an, was augenblicklich befolgt wurde. Thomas hatte in kürzester Zeit den Ort in ein Schlachtfeld verwandelt. Nasen bluteten, Augen schwollen zu, einige stöhnten und jammerten vor Schmerzen. „Du kommst mit mir!“, knurrte der Betreuer an Thomas gewandtund stieß ihn vor sich her hinter das Haus, dort wo keine Fenster waren. Nach vorne gebückt, war der Junge gezwungen, zu gehorchen. Den Bruchteil einer Sekunde durchfuhr ihn der Gedanke, dass Steven ihm an den Kragen wollte. Als der ihn gewaltsam von sich stieß, fing sich Thomas so geschickt wie möglich ab und richtete sich in voller Größe, in einem gewissen Abstand zum Betreuer, auf. Er stand ihm um nichts an Körpergröße nach, fest entschlossen, sich weder beeindrucken noch unterkriegen zu lassen. „Was soll das? Was ist in dich gefahren?“„Frag das deine Ehrenmitglieder, dieser feinen Truppe und schicke mich nach Hause, mit einem Schreiben und Strafe und überhaupt.“Steven wunderte sich über die scheinbare Ruhe des Jungen, auch wenn er noch heftig atmete. „Mir ist Gerechtigkeit ebenso wichtig wie dir. Also verlange ich, von jedem seine Version zu hören.“Thomas lachte abfällig und schüttelte den Kopf. Wer war er, um einen wildfremden Mann zu vertrauen? Was sollte er schon erzählen? Er war allein gegen viele andere, die zusammenhielten. Diese Wänste würden schon dafür sorgen, dass er mit einem schlechten Bild aus dieser Geschichte rauskam. „Kennst du Patrick?“, erkundigte sich Steven und Thomas spielte einen Moment lang mit dem Gedanken, ihn eine blöde Geschichte zu servieren, um sich über diese Albernheit lustig zu machen. Doch er schüttelte nur kurz mit dem Kopf. Steven stemmte die Hände in die Hüften und seufzte schwer. „Gut, du bleibst. Aber ich sehe mich gezwungen, dich heimzuschicken, wenn du erneut den ergebenen Rächer der Schwachen spielst. Ist das verstanden?“Thomas runzelte verständnislos die Stirn. Sollte das bedeuteten, dass er für seinen Wutausbruch nicht bestraft wurde, so wie es sonst der Fall war? „Hast du mich verstanden?“, wiederholte Steven lauter und strenger, woraufhin Thomas kurz nickte. „Gut, nun geh in die Apotheke und lass deine Prellungen versorgen! Wir haben morgen einen langen Tag vor uns.“Mit diesen Worten ließ Steven den augenscheinlichen Unruhestifter einfach stehen. Er vertraute auf seinen gesunden Menschenverstand und wollte davon ausgehen, dass eine gemeine Provokation den finsteren Thomas aus seiner Fassung gebracht hatte. Im schlimmsten Fall würde sich so ein Vorfall in den nächsten Tagen wiederholen, dann konnte er ihn noch immer bestrafen und fortschicken. Und im besten Fall respektierten die anderen ihn, und die Schwächeren könnten sich vor miesen Gruppen sicher fühlen. Thomas war nahezu enttäuscht über den Verlauf der Dinge. Er war es dermaßen gewöhnt, sich ständig mit jeder Autoritätsperson zu streiten, dass der momentane Frieden ihn fast beunruhigte. Beinahe hatte er Lust, absichtlich Blödsinn anzuzetteln, um diesem OberschlaumeierSteven zu beweisen, dass er sich getäuscht hatte. Nachdenklich blickte er in den umliegenden dichten Wald. Die Sonne neigte sich zum Abend und die Strahlen fielen flach zwischen den Bäumen und Büschen. Unweit lagen alte Steinblöcke, wie es hier für diese Gegenden üblich war. Er wusste, dass solche Steinmassive sich zu einer Zeit gebildet hatten, als die Gegend noch von einem uralten Meer überschwemmt war.
Was tat er hier? Warum war er hier? Um Klettern zu lernen? Am liebsten wäre er davongelaufen. Weit, immer weiter, solange ihn die Beine trugen, bis er vor Erschöpfung zusammenbrechen würde. Er wollte alles vergessen, seine Gedanken, den Irrsinn seiner Existenz, die Sinnlosigkeit des Seins. Einen langen Moment starrte er in die zunehmende Dunkelheit. Es wurde kühler und ein fröstelnder Schauer durchfuhr seine schmerzenden Muskeln. Ein leichter Wind ließ die Blätter in den Bäumen rauschen und ein paar Äste knacken. „Willst du nicht reinkommen? Wir essen bald“, störte ihn eine leise Mädchenstimme in der Ruhe seiner rastlosen Gedanken. Er erkannte eine der Zicken wieder, die vorhin noch nach Ansehen in der Gruppe der Tollen lechzte. Jetzt, wo er die Halunken verdroschen hatte und dafür nicht bestraft worden war, standen die Dinge wohl anders in ihren Augen. Mit einem trotzigen Tritt in den weichen Waldboden entschied er sich, doch endlich zur Jugendherberge zurückzugehen. Außerdem knurrte sein hungriger Magen. Wortlos wollte er an dem Mädchen vorbeigehen, doch sie ging einfach neben ihm her. „Hey, ich heiße Tanja. Du hast dich toll geschlagen für den armen Patrick. Die Mädchen schwärmen von dir und überhaupt, der …“,plapperte sie munter drauflos, bis er plötzlich stehen blieb und ihr erbost das Wort abschnitt: „Hör zu, du dumme Tussi! Mir ist es einerlei, was andere über mich denken, und ich rate dir, dich so weit wie möglich von mir zu halten. Von deinem billigen Parfum bekomme ich Migräne.“„O.k., morgen trage ich eben keins!“, warf sie ihm trotzig entgegen. „Mach, was du willst, Dummchen!“
Er ging seines Weges, wollte mit keinem anderen aus dieser Gruppe mehr als dringend nötig zu tun haben. In zwei Wochen waren die Ferien herum und er musste die Fratzen aus seiner Klasse erneut ertragen. Das reichte ihm.
*
Mit dem Vordringen der Nacht verkrochen sich die meisten Menschen in ihren Häusern. So war es schon immer gewesen. Sie mochten die Dunkelheit nicht, die mächtige Stille des Waldes machte ihnen Angst.Menschenkinder lebten im unwillkürlichen Zwang, ihre Zeit zwischen den Atemzügen ständig mit Worten und Geräuschen auszufüllen. Aber wenn die Nacht kam und nach Ruhe verlangte, breiteten sich andere Mächte aus und ließen die Worte der Sterblichen verstummen. Andere Wesen drückten ihre Gefühle und Verlangen aus. Besonders im Wald, dort wo es wenig Menschen gab und Urkräfte in jedem Augenblick ausbrechen konnten. Sie hatte einen Moment lang diesen jungen Menschenmann beobachtet. Wann hatte sie das letzte Mal einen Mann scheinbar grundlos und blutschwer entschieden, gegen eine Meute keifender Unruhestifter kämpfen sehen? Ohne Waffen, allein mit der Kraft seines aufgebrachten Willens und seinem Körper. Wie zerbrechlich und stark diese Geschöpfe waren! Sie lebten so widersprüchlich, wie nur wenige andere sterbliche Wesen dieser Erde. In ihnen wohnten unzählige Gegensätze. Die meisten von ihnen verdrängten den größten Teil davon und litten darunter. Oh, sie kannte die Menschen gut, denn sie war eine der wenigen Ihresgleichen, die sich einen Spaß daraus machte, Menschen zu beobachten, ihnen hin und wieder zu begegnen. Doch diese Neigung machte sie nicht ungefährlicher für die sterblichen Erdenbewohner mit ihrem unglaublichen Selbstbewusstsein. Eine Begegnung mit einer mächtigen Waldnymphe bedeutete für den oder die Betroffene selten Langlebigkeit. Thomas konnte an diesem Abend unbehelligt zu seinesgleichen in die Jugendherberge gehen, ahnungslos und unwissend. Doch wenn einer die Aufmerksamkeit von etwas Unsterblichen auf sich gezogen hatte, begleitete ihn in Zukunft diese Tatsache wie ein Schatten. Es war nur eine Frage der Zeit, und über die verfügte sie grenzenlos. Sie richtete sich aus ihrer beobachtenden Stellung auf und atmete tief ein. Ein uralter Jagdinstinkt hatte sich in ihrer Brust geregt. Hier war sie und sie hatte etwas gesehen, was sie interessierte. Sie würde mehr über diesen Menschen erfahren wollen. Bald würde sich zeigen, wann dieser Moment sein sollte.
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Texte: Stephanie Berth-Escriva
Bildmaterialien: Stephanie Berth-Escriva
Lektorat: Ecrilis Verlag
Tag der Veröffentlichung: 29.09.2013
Alle Rechte vorbehalten
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Ein Riesendankeschön an den Ecrilis Verlag !
Vollständige Taschenbuchausgabe Oktober 2013
Edition Ecrilis, Weil der Stadt
© 2013 Edition Ecrilis
© 2013 Stephanie Berth-Escriva
Alle Rechte vorbehalten
Illustration: Stephanie Berth-Escriva
Satz: Cornelia Beyer
Druck und Bindung: Digital Print Group, Nürnberg
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