Captain Sina Hope - Captain der USS Liberty
Lt. Cmdr. John Woods - der erste Offizier
Lt. Tamiko Yoshida - Sicherheitschefin auf der USS Liberty
George Winters - Manager von EnergyWin
Schiffsarzt Dr. Ronald Norton
Lt. Walter Hastings - Navigationsoffizier
Lt. Cmdr. Bernard Leigh - Chefingenieur der USS Liberty
Theodor Cleese - hochrangiger Diplomat
Elenius Kley - ein Tech
Admiral Kissinger - ein Veteran mit vielen Auszeichnungen
Aiden Hope - Bruder von Sina, Pizzalieferant, begibt sich für seine Schwester in das Abenteuer seines Lebens
Chen Jiang Li - chinesische Privatdedektivin
Huang Hao - Raumhändler, guter Freund Chen Jiang Li´s
24. Juni 2300
Das Shuttle umrundete den Mond in nur wenigen Minuten und gab den Blick frei auf die Werft, an der die USS Liberty andockte. Sina Hope sah das Schiff, das sie in den kommenden Monaten befehligen sollte. Es war ihr erstes Kommando.
“Stolzes Schiff.” sagte Lt. Dekker, der das Shuttle steuerte.
“4l8 Meter lang, Platz für 1200 Menschen, ausgestattet mit EW-Sprungantrieb, leichte Bewaffnung, bioneurale Sensoren, Tagungsraum, Krankenstation, Erholungsdeck. Ja, ein tolles Schiff.” pflichtete Bernard Leigh bei, dem Chefingenier des neuen Raumschiffes.
“Ist Mr. Winters schon an Bord?” fragte Sina Hope.
“Mr. Winters? Der Manager von EnergyWin? Oh ja, der ist schon gestern angekommen. Und er war extrem ungeduldig. Ich glaube, er wäre am liebsten gestern schon aufgebrochen.”sagte Dekker.
Die Liberty hatte den Auftrag, Mr. Winters nach Palena Prime zu bringen. Er und Theodor Cleese, ein hochrangiger Diplomat der US-Regierung, sollten dort die Verhandlungen mit den Tech´s führen. Die Zeit drängte, ein Krieg zwischen den Tech´s und den Menschen schien unausweichlich.
Das Shuttle flog in den Hangar der USS Liberty, wo bereits das Begrüßungskomitee wartete.
“Na dann.” Captain Sina Hope prüfte, ob ihre blonden Haare noch richtig saßen, dann stand sie auf und ging zum Ausgang des Shuttles.
Das Schott öffnete sich. Hope, Leigh und Dekker verließen das Shuttle.
“Willkommen an Bord der Liberty.” sagte Lt. Tamiko Yoshida, die Sicherheitschefin auf der Liberty.
Hope blieb nicht stehen, sondern verließ mit Tamiko Yoshida den Hangar. Die anderen folgten ihnen.
“Admiral Kissinger ist an Bord, Mam, und er wünscht in einer Stunde mit ihnen allen zu Abend zu essen, damit alles besprochen werden kann. Das Schiff soll morgen früh pünktlich um null sechshundert starten.” sagte die japanischstämmige Sicherheitschefin.
“Na toll. Ich habe mir meine Ankunft ruhiger vorgestellt.” sagte Sina Hope. “Na denn, wir wollen den Admiral nicht warten lassen.”
*
Es waren schon alle da, als Sina Hope den Konferenzraum betrat, in dem das Abendessen stattfand.
“Ah, Captain Hope. Wir wollten schon ohne sie anfangen.” sagte Admiral Kissinger mit einem Lächeln. Sina Hope setzte sich zu seiner Rechten. Neben ihr saß ihr erster Offizier, Lt. Cmdr. John Woods. Zu Admiral Kissingers Linken saß George Winters, der Manager von Energy Win. Ihnen gegenüber saßen Sicherheitschefin Tamiko Yoshida, der Diplomat Theodor Cleese, Chefingenieur Lt. Cmdr. Bernard Leigh und... Sina Hope stutzte. Ein Tech?
Die Tech´s waren ursprünglich einmal Menschen gewesen. Vor 150 Jahren war es auf der Erde dazu gekommen, dass sich immer mehr Menschen technisch “aufrüsten” ließen. Ein bionischer Arm, elektronische Augen oder ein hypersensibles Gehör waren die harmlosesten Beispiele hierfür. Irgendwann kam es zu Streitigkeiten zwischen “normalen” Menschen und den sogenannten “Tech´s”. Im Jahr 2159 kam es auf der Erde zum “Tech-Krieg”. Die Tech´s verloren, was auf der Erde das Ende des Hypes auf “menschliche Aufrüstung” hatte. Die Tech´s verließen in zahlreichen Raumschiffen die Erde.
Heute hatten sie eine neue Heimat, auf dem Planeten “Tecato III”. Die Tech´s besiedelten seitdem mehrere Planeten, waren technologisch den Menschen überlegen.
Der Tech, der am Tisch saß, hatte silbern glänzende Augen.
“Oh, ich sehe, sie sind überrascht, einen Tech am Tisch zu sehen.” sagte der Admiral. “Aber ich fand es gut, dass wir einen Tech an Bord haben und habe ihn gleich zum Dinner eingeladen.”
“Herzlich willkommen an Bord.” sagte Sina Hope an den Tech gewand. Der Manager von EnergyWin schüttelte fast unmerklich den Kopf. Er schien von der Anwesenheit des Tech´s nicht begeistert zu sein.
“Danke. Mein Name ist Elenius Kley, Händler von Tecato III.”
Das Dinner wurde aufgetischt. Jeder bekam eine Kleinigkeit auf den Teller. Zu wenig, wie Sina Hope fand. Sie hatte seit dem Morgen nichts mehr gegessen. Es gab Kartoffeln, Gemüse, das nicht zu identifizieren war und Fleisch. Rind, vermutete Sina Hope.
Nachdem sie angefangen hatten zu essen, ergriff Admiral Kissinger das Wort.
“Ich will ihnen allen nocheinmal den Auftrag erklären, den dieses Schiff in den nächsten Wochen hat. Erstens: bringen sie unseren hochgeschätzten Diplomaten und George Winters, den Manager von EnergyWin nach Palena Prime. Dort werden sie die Friedensverhandlungen mit den Tech-Welten führen. Anschließend fliegt die Liberty weiter, ohne Winters und Cleese, zu den Grenzwelten, genauer gesagt zum Aussenposten Delta-1. Es gibt Gerüchte über seltsame Raumschiffe, die jenseits des bekannten Universums geortet werden. Erkunden sie das.”
Noch eine ausserirdische Spezies? fragte sich Hope. Reichen die Selarianer denn nicht? Die Selarianer waren die geheimnisvolle Spezies, die die Erde schon seit über 7000 Jahren regelmässig besuchten. Lange graue Körper mit einem kleinen Kopf. Große schwarze Augen und ein kleiner Mund. Bis heute hat es kaum diplomatische Kontakte zu den Selarianern gegeben. Wenigstens waren sie friedlich. Die Selarianer waren es auch, die den Menschen den Überlichtantrieb beschert hatten und somit interstellare Reisen überhaupt erst möglich gemacht hatte.
“Friedensverhandlungen! Pah!” platzte es aus George Winters heraus. “Die haben meinen Konzern gnadenlos ausspioniert. Einer unserer Wissenschaftler war ein Androide! Ein ANDROIDE! Die Tech´s haben ihn bei uns eingeschleust!” Dabei sah er immer böse funkelnd zu Elenius Kley, obwohl der gar nichts dafür konnte. Aber er war ein Tech.
“Na ja, die Anschuldigungen der Tech´s ihrem Konzern gegenüber sind auch nicht ohne!” sagte Admiral Kissinger.
“Haltlos!” sagte Winters. “Haltlose Anschuldigungen!”
“So wie ich das sehe, ist die Situation aussichtslos!” mischte sich Tamiko Yoshida ein. “Die Tech´s verlangen rückhaltlose Aufklärung über den EW-Sprungantrieb, der nahezu eine exakte Kopie ihres neuesten Sprungantriebes ist, der noch gar nicht serienreif ist. Ansonsten würden sie EnergyWin dem Erdboden gleichmachen, was eine Kriegserklärung an die Erde wäre. Da EnergyWin niemals zugeben wird, geklaut zu haben, wird es zum Krieg kommen.”
“Na mal halblang, junge Dame. Meine Aufgabe ist es, das zu verhindern.” sagte Theodor Cleese, der Diplomat.
Den Rest des Essens wurde weitesgehend geschwiegen.
“Wie dem auch sei, morgen werde ich wieder auf der Erde sein und dieses Schiff wird Kurs nehmen auf Palena Prime.” sagte der Admiral abschliessend.
*
Am nächsten Morgen herrschte rege Betriebsamkeit auf dem Schiff. Admiral Kissinger war noch am Abend nach dem Dinner mit einem Shuttle zur Erde zurück geflogen.
Captain Hope war auf der Brücke, ebenso ihr erster Offizier John Woods , Navigator Hastings, Sicherheitschefin Yoshida und die übrige Brückencrew. Ausserdem waren noch Diplomat Cleese und der EnergyWin-Manager Winters auf der Brücke, um sich den Start anzusehen. Hektisch wurden letzte Startvorbereitungen getroffen, ehe alle auf ihren Plätzen saßen.
"Maschinenraum einsatzbereit." meldete sich der Chefingenieur über Funk. Nach und nach meldeten sämtliche Stationen auf dem Schiff Einsatzbereitschaft und der Start konnte eingeleitet werden.
"Mr. Hastings, starten sie die Stellartriebwerke, bringen sie uns aus der Werft raus." sagte Sina Hope, der man ansah, dass sie froh war, dass es endlich losging.
"Aye, Mam!" sagte der Navigator und das Schiff begann, sich langsam aus der Werft zu bewegen. Majestätisch schwenkte das Schiff einmal um den Mond. Die Mondstadt New Paris lag unter ihnen. Langsam wurde der Mond hinter ihnen kleiner.
"Wie sieht es mit dem Sprungantrieb aus?" fragte Captain Hope, während sie die Taste drückte, die sie direkt mit dem Maschinenraum verband.
"Alles klar, Captain. Der Sprungantrieb ist einsatzbereit!" meldete sich Chefingenieur Leigh.
"Sie haben es gehört, Lt. Hastings, starten sie die Triebwerke. Kurs: Panela Prime"
"Aye, Mam!" antwortete der Navigator und zündete die Sprungtriebwerke. Ein kurzes Vibrieren verriet fast unmerklich, dass das Schiff auf Überlichtgeschwindigkeit gegangen war.
"Ich gratuliere ihnen, Gentleman, wir sind auf Kurs." sagte Sina Hope.
George Winters verzog das Gesicht. "Hatte ich mir spektakulärer vorgestellt." sagte er und drehte sich um, um die Brücke zu verlassen.
Sina Hope lächelte ihm nach. Ein Typ, der immer irgendetwas zu meckern hatte.
"Wie lange wird die Reise dauern, Mr. Hastings?" fragte Sina Hope.
"2 Wochen bis Panela Prime, Mam."
"Ich bin in meinem Quartier, wenn sie mich brauchen." sagte sie und verließ die Brücke wieder.
*
Manager George Winters befand sich auf dem Erholungsdeck des Schiffes. Hier gab es zahlreiche Möglichkeiten, sich zu vergnügen. Eine Spielhalle, ein Schwimmbad und eines dieser modernen Go-In-Movies. Dabei befand man sich in einem ca. 60 m² großen Raum, in dem der Film dreidimensional dargestellt wurde. Man befand sich mitten drin im Film, sogar die Illusion einer weiten Landschaft mit Horizont war möglich.
Die Liberty war mit 12 GIM-Räumen ausgetattet. George Winters wollte gerade einen der Räume betreten, als jemand nach ihm rief. "Warten sie, Mr. Winters!" rief Sina Hope. "Möchten sie bei ihrem Film etwas Gesellschaft?"
"Na, wenns sein muss." sagte er.
"Ich kucke keinen Film. Ich erfreue mich nur an der Illusion eines Dschungels."
Sie betraten den Raum. Als sich die Türen schlossen, ging das Licht aus. Doch die Dunkelheit dauerte nur eine Sekunde, dann standen der Captain und der Manager inmitten eines grünen Dschungels. Sogar die Geräusche wurden imitiert. Natürlich ließ sich nichts anfassen, da alles nur eine 3D-Illusion war.
"Es wirkt beruhigend auf mich, diese Natur. Ich bin froh, wenn wir diese unsäglichen Verhandlungen hinter uns haben. Ich habe soviel zu tun, dass ich eigentlich keine Zeit für so einen Mist habe."
"Na ja, dieser Mist kann uns alle in den Krieg stürzen."
"Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Die Tech´s haben meinen Konzern ausspioniert. Betriebsspionage! Ich verlange eine Entschuldigung von ihnen."
"Die werden sie von den Tech´s niemals bekommen. Sie müssen Kompromisse eingehen, wenn sie diesen Krieg verhindern wollen."
"Ich soll was?" Winters war empört. "Gar nichts werde ich. Und ich werde den Tech´s gegenüber auch nicht die Entwicklung unseres EW-Sprungantriebs offenlegen, wie sie es verlangen. Niemals! Hören sie?" Er wurde lauter. "Ich bin doch hier nicht auf der Anklagebank!"
Sina Hope sah ihn ernst an. "Wenn sie nicht einen Millimeter nachgeben, wird es zum Krieg kommen. Das ist sicher."
Goerge Winters wandte sich zum Ausgang um. Der Dschungel verschwand, als die Tür aufging. "Das war´s wohl mit meiner Entspannung. Vielen Dank!" sagte er und verließ den GIM-Raum.
*
Nach drei Tagen im All hatten sich die Abläufe an Bord normalisiert. Jeder wusste, was er zu tun hatte und Sicherheitschefin Yoshida hatte nun deutlich weniger zu tun.
Sie war im Liberty´s, dem schiffseigenen Restaurant. Sie saß an einem Tisch und wartete auf das Tagesmenü, das sie bestellt hatte.
“Ist hier noch ein Platz frei?” fragte Lt. Cmdr. John Woods. Er war ziemlich gutaussehend, fand Tamiko Yoshida.
“Klar.” sagte sie nur und Woods setzte sich.
Nachdem Woods auf dem digitalen Speiseplan sein Menü angeklickt und damit bestellt hatte, wandte er sich an Tamiko.
“Sie kommen aus Japan?”
“Das sieht man ja.” sagte sie lächelnd. “Ich bin in Tokyo geboren. Mit vier Jahren kam ich in die Staaten.”
“Essen sie jeden Tag hier?” fragte John.
Sie sah ihn an. “Finden sie´s raus.”
Zeitgleich wurde ihr Essen von einem Kellner serviert.
“Ihh, was ist denn das?” fragte Tamiko, als sie seinen Teller beäugte.
“Garnelen in einer leckeren irgendwas-Sauce.” sagte er.
Sie begannen ihr Mahl, und Tamiko fand Gefallen am Ersten Offizier. Ein bisschen behämmert, aber nett, dachte sie.
Captain Hope stand auf der Aussichtsplattform auf dem obersten Deck. Sie war schon als Kind Hobbyastronomin gewesen und mit Dad´s Sternenteleskop in den Weltraum gekuckt. Und es war das größte Erlebnis für sie, als sie das erste Mal mit 9 Jahren Urlaub auf dem Mars machten.
Sie sah durch die Glaskuppel die Sterne, die über dem Schiff zu sehen waren. Sina Hope kannte sich ein wenig in Sternbildern aus und... irgendetwas stimmte absolut nicht.
Sie betätigte ihr Funkgerät. “Lt. Cmdr. Woods?”
“Ja, Mam?”
“Wie ist unser Kurs?”
“Panela Prime, Mam!” sagte er überrascht.
“Sehen sie im Computer nach.”
Stille.
Dann meldete sich ihr erster Offizier wieder über Funk. “Mam, wir sind nicht auf Kurs. Im Gegenteil, wir sind über 10 Lichtjahre von der Position entfernt, auf der wir eigentlich sein müssten.”
Sina Hope machte sich auf den Weg zur Brücke.
“Lt. Cmdr., wo ist -” begann sie, da bekam sie auch schon Woods Antwort über Funk: “Navigator Walter Hastings ist nicht auf seinem Posten, er muss ihn eben verlassen haben.”
“Lt. Yoshida, Walter Hastings muss unbedingt gefunden werden!”
“Aye, Mam!” kam die Antwort der Sicherheitschefin.
Als sie die Brücke betrat, begann das Licht für einen Moment zu flackern, dann war es kurz dunkel, nach einigen Sekunden jedoch ging die Beleuchtung wieder an.
“Was war das denn?” fragte der Captain.
“Fehlfunktionen, Mam. Wir haben seit etwa fünf Minuten in fast allen Bereichen Ausfälle und Fehlfunktionen.”
“Maschinenraum?” fragte sie ins Mikrofon.
Es rauschte, als sich der Chefingenieur mit “Ja, Mam?” meldete.
“Finden sie raus, was das für Fehlfunktionen sind.”
Sie setzte sich auf den Stuhl des Captains.
Da ging die Tür zur Brücke auf und Sicherheitschefin Yoshida trat ein. “Mam, wir haben Walter Hastings, er hat sich selbst gestellt.”
“Er hat uns einiges zu beantworten!” sagte sie und verließ die Brücke.
*
Nur Minuten später trafen Captain Hope und Lt. Cmdr. Woods im Besprechungsraum ein, wo bereits Sicherheitschefin Yoshida mit einigen Sicherheitsleuten und Walter Hastings warteten.
“Für wen arbeiten sie?” fragte der Captain sofort aufgebracht.
“Oh, das kann ich ihnen nicht sagen.”
“Sie werden es uns sagen, glauben sie mir!” sagte Sina Hope darauf.
“Nein, sie verstehen es nicht. Ich weiss nicht, für wen ich arbeite.”
Die Anwesenden runzelten die Stirn.
“Es ist nicht in meiner Programmierung vorgesehen, zu wissen, für wen ich arbeite. Ich habe meine Arbeit erfüllt.” sagte Hastings.
Lt. Cmdr. Woods trat vor und wollte bei Hastings einen Puls fühlen.
“Ich glaube, er ist ein Androide.” sagte er.
Sina Hope wandte sich zum gehen. “Lassen sie Hastings genauestens untersuchen. Wir müssen seine Programmierung genau studieren. Vielleicht erfahren wir dann, wer dahinter steckt. Ich möchte in einer Stunde eine Besprechung mit allen Führungsoffizieren!”
*
Eine Stunde später betrat Sina Hope erneut den Besprechungsraum. Ihr erster Offizier John Woods war anwesend, ebenso Sicherheitschefin Tamiko Yoshida, der Chefingenieur Bernard Leigh, Kommunikationsoffizier Schneider, EnergyWin-Manager George Winters und Gerald Kutter, Spezialist für Programmierung künstlicher KI.
Captain Hope setzte sich.
“Und, was haben wir bisher?”
Lt. Cmdr. John Woods ergriff das Wort. “Wir sind 10 Lichtjahre von unserer eigentlich geplanten Position entfernt, haben mittlerweile mehrere Fehlfunktionen an Bord. In der letzten Stunde haben sich mehrere Systeme komplett abgeschaltet. Die Wasserwiederaufbereitung ist komplett ausgefallen, um nur ein Beispiel zu nennen.Wir haben einen Androiden an Bord, der den Posten des Navigators inne hatte und uns so auf einen völlig falschen Kurs gebracht hat.”
Lt. Riley, der momentan die Brücke führte, erschien auf dem Monitor.
“Sir, die Lebenserhaltungssysteme schalten sich nacheinander alle ab.” sagte er.
“Mam?” fragte Chefingenieur Leigh.
“Ja?”
“Wir haben den Grund für die Fehlfunktionen und Abschaltung der Systeme gefunden. Nanobots. Sie sitzen auf allen Leitungen, in allen Computersystemen. Wir können es nicht mehr aufhalten. In einer Stunde wird das Schiff vollkommen manövrierunfähig sein. Aber das schlimmste ist, dass, wenn jetzt die Lebenserhaltungssysteme ausser Betrieb sind, in etwa vier Stunden keiner mehr hier an Bord leben wird.”
Man sah Captain Hope an, dass sie angestrengt nachdachte. Es schien keinen Ausweg aus dieser Situation mehr zu geben.
“Lt. Cmdr. Woods, welche Planeten sind in Reichweite unserer Rettungskapseln?”
Das Schiff verfügte über 60 Rettungskapseln, die jeweils Platz für 20 Menschen boten.
Der erste Offizier tippte auf dem integrierten Computer auf dem Tisch des Besprechungsraumes.
“So ein Mist!” fluchte Woods. “Die Sensoren sind ausgefallen, die Sternenkarten funktionieren nicht richtig. Wir wissen, in welche Richtung wir fliegen müssen, um ein Sternensystem zu erreichen, allerdings kann ich nicht sagen, ob wir es bis dorthin schaffen. Die Fehlfunktionen sind einfach zu groß.”
“Was ist mit dem Androiden?” fragte Sina Hope den Computerspezialisten Gerald Kutter.
“Ich habe seine Programmierung gecheckt. Er weiss wirklich nichts. Er ist nur streng seinem Programm gefolgt.”
“Ist er noch eine Bedrohung für uns?” fragte Hope.
Kutter überlegte kurz. “Nein, nachdem seine Programmierung abgelaufen ist, geht keine Bedrohung mehr von ihm aus. Allerdings habe ich einen Algorythmus entdeckt, der eine Programmierung aktiviert, falls wir den Weg zurück aus diesem Dilemma finden.” Er zögerte. “Die Programmierung besagt, dass er in dem Fall zuerst George Winters und danach uns alle töten muss.”
“Okay, da die Wahrscheinlichkeit, dass wir gerettet werden, gleich null ist, habe ich vor, Walter Hasting mit zu nehmen.” Bernard Leigh schnaufte laut aus. Er schien davon nicht begeistert zu sein. Einen Androiden mitnehmen, der die Programmierung inne hatte, sie alle zu töten, falls sie gerettet werden?
“Wie heisst das Sternensystem eigentlich?” fragte Sina Hope.
“Z4R24 lautet die Bezeichnung.” sagte Lt. Cmdr. Woods.
“Okay,Z4R24. Informieren sie die Besatzung, dass wir das Schiff verlassen. Lt. Yoshida, sorgen sie dafür, dass die gesamte Mannschaft reibungslos in die Rettungskapseln geht. Lt. Cmdr. Woods, wir müssen soviel wie möglich von Bord mitnehmen, was wir evtl. gebrauchen könnten. Nehmen sie Nahrungsmittel mit, Bewaffnung. Vergessen sie die Übersetzungsmodule nicht.”
Sie stand auf.
“Was passiert eigentlich, wenn wir das System nicht erreichen?” fragte George Winters.
“Dann werden wir in den Rettungskapseln vollkommen manövrierunfähig durchs All schweben, und zwar so lange, bis wir alle verhungert sind.” antwortete ihm der Chefingenieur. Winters wurde blass.
“Machen sie sich an die Arbeit.” beendete Sina Hope die Sitzung.
*
Die Zerstörung der Systeme durch die Nanobots ging schneller voran, als es Tamiko Yoshida lieb war. Sie leitete die ordnungsgemäße Evakuierung des Schiffes. Alle 1200 Menschen wurden auf die Rettungskapseln verteilt. Der Chefingenieur hatte versichert, dass die Rettungskapseln noch nicht mit Nanobots verseucht waren, was wohl daran lag, dass die Rettungskapseln vernab jeglicher wichtiger Elektronik lag.
Sie lief einen Gang entlang, auf dem Weg zu einem Schott zu einer Rettungskapsel, wo es Probleme gab.
Als sie um die Ecke bog, hörte sie schon aufgeregte Stimmen durcheinander rufen.
“Endlich sind sie da!” sagte einer ihrer Sicherheitsleute. Ein Jüngling, der mit der Situation vollkommen überfordert war.
“Was ist los?” fragte Yoshida. Leider war die Sprechverbindung abgebrochen, als der Jüngling sie über Funk angefordert hatte.
“Das Schott öffnet sich nicht mehr. Dieser Mann hier hat daraufhin eine Panikattake bekommen, die Situation hier wäre fast eskaliert!” sagte der Jüngling aufgeregt.
“Treten sie zurück.” sagte Tamiko Yoshida und wartete, bis alle vom Schott zurückgetreten waren.
Sie zog ihren Blaster und zielte auf das Schott.
Sie feuerte und nach einem ohrenbetäubenden Lärm prangte ein rauchendes Loch in der Mitte des Schotts. “Bitte sehr!” sagte sie und wandte sich zum gehen.
Es wurde Zeit, Tamiko Yoshida musste die letzte Kapsel erreichen, in der auch Captain Hope und die anderen Führungsoffiziere sein würden.
*
Die Rettungskapseln boten nicht sehr viel Platz. Captain Hope, Lt. Cmdr. John Woods, Sicherheitschefin Tamiko Yoshida, Chefingenieur Leigh, Manager Winters, Diplomat Cleese, der Tech Elenius Kley, Dr. Ronald Norton, der Androide Walter Hastings und 11 weitere Personen waren in der letzten Kapsel, die das Schiff verließ.
Durch ein Bullauge konnte Sina Hope einen letzten Blick auf die USS Liberty werfen, die manövrierunfähig im All schwebte. Die Lebenserhaltungssysteme waren durch die Nanobots irreparabel beschädigt, sie arbeiteten nicht mehr. Sina Hope hatte keine andere Wahl gehabt, sie musste die Evakuierung des Schiffes befehligen.
George Winters sah aus dem Bullauge, sah die Liberty, die immer kleiner wurde, und die unendlichen Weiten des Weltraums.
“Oh Gott, wir werden alle sterben!” sagte er unter Tränen und fiel auf die Knie. Er vergrub sein Gesicht in seine Hände und begann, hemmungslos zu weinen.
Sina Hope ging zu ihm hin und legte ihm ihre Hand auf die Schulter.
“Lassen sie mich in Ruhe!” Unsanft schlug er ihre Hand weg.
Dr. Ronald Norton stand auf, kramte einen Injektor aus seinem Koffer und spritzte es dem Manager ungefragt in die Schulter.
“Was ist das?” fuhr er den Arzt an.
“Das war nur ein Beruhigungsmittel, regen sie sich nicht auf.”
Der Manager wollte noch etwas sagen, doch dann entschied er sich anders und sah wieder aus dem Bullauge.
“Wie sieht es aus?” wollte Sina Hope von ihrem ersten Offizier wissen.
Lt. Cmdr. Woods sah auf die Instrumente der Rettungskapsel. “Alle Kapseln sind unterwegs.. Der Bordcomputer errechnet gerade den Kurs. Wir werden -” John Woods stockte. “Captain, es wird nicht reichen. Laut Bordcomputer wird der Treibstoff der Kapseln zu Ende gehen, bevor wir einen Planeten erreichen.”
“Ich wusste es!” George Winters fing wieder an, zu wimmern.
Sina Hope stand auf, ging hin und her.
Der Androide meldete sich zu Wort. “Es gibt noch eine Möglichkeit.”
“Was?” fragte Captain Hope.
“Laut meinen persönlichen Berechnungen müsste der Treibstoff fünfzig bis hunderttausend Kilometer vor einem potenziellen Ziel zu Ende gehen. Wir müssten die Kapseln vorher in einen optimalen Winkel bringen, um sie den letzten Weg der Reise ohne Treibstoff treiben zu lassen, bis sie in die Atmosphäre in einen Planeten eintauchen zu lassen.” Walter Hastings sah emotionslos zu Sina Hope.
“Dem kann man doch nicht trauen, der will uns alle umbringen!” sagte der Chefingenieur aufgebracht.
“Es ist die einzige Möglichkeit, die wir haben.” sagte Sina Hope.
“Lt. Cmdr. Woods, lassen sie den Bordcomputer den entsprechenden Kurs berechnen und geben sie ihn an alle Kapseln weiter.”
“Bei allem Respekt, Captain, aber das ist sehr riskant. Unsere Chancen, den Eintritt in die Atmosphäre zu überleben, liegen bei -” sagte Lt. Cmdr. Woods
“1:7” beendete Walter Hastings den Satz.
1:7. Das bedeutete, dass viele Kapseln den Eintritt in die Planetenatmosphäre nicht überstehen würden...
Mehrere Tage flogen die Kapseln durch das All.
“Captain, es wird jetzt Zeit, die Kapseln in die richtige Position für einen Einflug in die Planetenoberfläche zu bringen!” sagte Lt. Cmdr. Woods.
Nachdem die 60 Rettungskapseln in das nächstgelegene Sternensystem eingeflogen waren, konnten die Planeten gescannt werden. 4 Planeten zählte das Sternensystem Z4R24, der zweite lag in der Zone um die Sonne, in der Leben möglich war.
“Machen sie es.” sagte Sina Hope. Der Befehl wurde auch an die übrigen Kapseln weitergegeben und alle korrigierten ihren Kurs für einen optimalen Eintritt in die Atmosphäre.
Die Sonne hatte eine rötliche Farbe, anders als die Erdsonne. Den Planeten hatte die Besatzung “Rescue II” getauft. Rescue für Rettung.
“Der Treibstoff ist zu Ende.” sagte Woods. Man konnte hören, wie das leise Summen der Kapseln verstummte. Jetzt mussten sie abwarten und konnten nur noch darauf vertrauen, dass der eingestellte Eintrittswinkel stimmte.
Es dauerte einige Stunden, bis der Planet näher kam und man ihn durch das Bullauge sehen konnte.
Die ohnBesatzungen der Rettungskapseln fingen jetzt an, sich anzuschnallen.
“Also, jetzt wird es ernst. Wir sehen uns auf dem Planeten.” sagte Sina Hope, und fügte ein leises “Hoffentlich!” dazu.
Die ersten Kapseln tauchten in die Atmosphäre ein, was gut daran zu erkennen war, dass sie anfingen, einen Schweif hinter sich her zu ziehen.
Auch die Kapsel von Sina Hope tauchte ein, an Bord ruckelte es. Wären sie nicht angeschnallt gewesen, wären sie wohl wild durch die Kapsel geflogen.
George Winters hatte Schweissausbrüche, doch um ihn konnte sich im Moment niemand kümmern.
Sina Hope saß am Bullauge und sah nach draussen.
Die Kapseln glühten, als sie durch die Atmosphäre schossen.
Da geschah es. Captain Hope konnte sehen, dass die erste Kapsel ausseinanderbrach und in einem Feuerball explodierte. Sie hatte wohl keinen optimalen Winkel gehabt.
“Aussentemperatur kritisch!” schrie John Woods, damit man ihn bei dem Lärm, den der Eintritt in die Atmosphäre machte, verstehen konnte.
Die zweite Kapsel explodierte, und bald konnte Sina Hope mehrere Feuerbälle durch das Bullauge erkennen.
Unter ihnen kam die Welt immer näher. Es würde keine sanfte Landung geben, aber das war ohne Treibstoff auch nicht mehr möglich.
Der Planet schien nur aus Wäldern zu bestehen, wie Sina Hope durch das Bullauge sehen konnte.
“Aufprall in 10 Sekunden!” sagte John Woods.
Jetzt wurde es also ernst. Entweder sie schafften es, oder dies waren die letzten Sekunden ihres Lebens.
“Oh Gott, wir werden alle sterben!” heulte George Winters.
Tamiko Yoshida krallte sich an ihrem Sitz fest, sah zu John Woods, der auf seine Instrumententafel starrte.
Dann kam der Aufprall.
Es war ohrenbetäubend laut, Sina Hope hatte das Gefühl, ihr Magen würde quer durch ihren ganzen Körper geschleudert werden.
Nach endlosen Sekunden kam die Kapsel endlich zu stehen.
“Sind alle ok?” fragte Sina Hope.
Sie sah durch die Kapsel, alles schien ok zu sein.
Sie schnallte sich ab.
“Lt. Yoshida, stellen sie Trupps zusammen, die die nährere Umgebung erkunden. Lt. Cmdr. Woods, erkundigen sie sich nach den anderen Rettungskapseln, wir müssen wissen, wieviele es geschafft haben.”
Die Angesprochenen machten sich an die Arbeit.
Dr. Ronald Norton war gerade dabei, George Winters zu behandeln.
“Er hat einen Schock.” sagte der Arzt.
“Dr. Norton, machen sie sich bereit. Wir brauchen möglichst schnell ein funktionierendes Lazarett, ich denke, dass andere Kapseln nicht so glimpflich davon gekommen sind wie wir.”
“Ja, Mam.”
Sina Hope begab sich zum Ausgang, es wurde Zeit, einen Blick auf die Planetenoberflläche von Rescue II zu werfen.
*
Sina Hope stand ein wenig abseits der Rettungskapsel, mit der sie gelandet waren. Die anderen Rettungskapseln waren nicht zu sehen, was auch wegen der hohen Bäume nicht möglich war. Die Kapsel hatte eine Schneise in den Wald gezogen.
Sina Hope konnte eine Vielzahl unbekannter Pflanzen entdecken, auch die Art der Bäume war ihr unbekannt. Eines schien der Planet mit der Erde gemein zu haben. Pflanzen waren zumeist grün.
Auch Geräusche machte der Captain aus. Waren das eine Art Vögel? Das Gezwitscher ließ darauf schliessen.
Ihr erster Offizier und die Sicherheitschefin kamen aus unterschiedlichen Richtungen zu ihr gelaufen.
“Captain, ich habe einen ersten Bericht zu den übrigen Rettungskapseln.” begann Lt. Cmdr. Woods.
“Ja?”
“Nach jetztigem Stand haben es 37 Kapseln geschafft. Es gibt nur Leichtverletzte. Von den anderen Kapseln fehlt jede Spur, vermutlich haben sie es nicht geschafft.”
“23 Kapseln sind zerstört. Das sind 460 Menschen.” sagte Captain Hope bedrückt. “460 von 1200.”
Nach einem kurzen Moment des Schweigens ergriff Tamiko Yoshida das Wort.
“Ich habe mehrere Erkundungstrupps losgeschickt. Wir stehen in Funkkontakt mit ihnen. Wir sind wohl in einem riesigen Waldgebiet gelandet. Es gibt Insekten, es gibt Tiere, so eine Art Säugetiere, wir haben allerdings noch keine Hinweise auf intelligentes Leben. Wir können noch nicht sagen, wie gefährlich es hier ist.”
“Ich habe vor, den Planeten selbst zu erkunden. Lt. Yoshida, nehmen sie sich zwei ihrer Leute, holen sie ausserdem Lt. Cmdr. Leigh, wir brechen in zwanzig Minuten auf.”
*
Captain Sina Hope, Lt. Tamiko Yoshida, Lt. Cmdr. Bernard Leigh sowie die zwei Sicherheitsleute Frank Starr und Patrick Kruger verließen die Lichtung, die die Rettungskapsel gerissen hatte. Das Klima war nicht tropisch, es war angenehm, fand Sina Hope.
Sie liefen eine ganze Weile durch den Wald, aufmerksam, auf alles achtend, ehe sich erneut eine Lichtung vor ihnen auftat.
Lt. Tamiko Yoshida sah auf ihren mobilen Scanner, den sie bei sich trug. “3 km in westlicher Richtung ist eine weitere Rettungskapsel gelandet.”
Sina Hope trat vor. Sie standen vor einem kleinen See. Ein Wasserfall plätscherte aus ca. 6 Metern Höhe darin hinein.
“Wasser.” murmelte sie.
Lt. Yoshida ging mit ihrem Scanner zum Wasser. “Absolut rein. Über Wassermangel brauchen wir uns keine Gedanken mehr zu machen.”
Dann geschah es.
Die Menschen waren nicht die einzigen, die vom Wasser angelockt wurden.
Etwas schoss aus dem Gebüsch heraus. Ein Tier, dass sich mit einem beängstigendem Gebrüll auf Bernard Leigh warf, der sofort zu Boden ging.
Das Tier war offenbar ein Säugetier, es hatte Ähnlichkeit mit einem irdischen Hund, allerdings war es viel größer. Die Vorderläufe waren viel länger als seine Beine. Es hatte messerscharfe, spitze Zähne, die eine Länge von ca. 20 cm zu haben schienen.
Das Tier hatte sich längst in Bernard Leigh festgebissen, als sie die Sicherheitsleute endlich reagierten und schossen. Sie brauchten drei Schüsse aus ihren Blastern, ehe das Tier tot zu Boden sank.
Sofort waren sie bei ihrem Chefingenieur, der stark aus einer riesigen Wunde aus der Schulter blutete.
“Das Mistvieh!” röchelte er unter großen Schmerzen.
“Los, wir tragen ihn zur Kapsel!” sagte Sina Hope.
Die beiden Sicherheitsleute schnappten sich den schwerverletzten Chefingenieur und sie traten den Rückweg an.
*
Bernard Leigh hatte bereits das Bewusstsein verloren, als er auf einem Feldbett vor Dr. Ronald Norton lag.
“Doktor, wie sieht es aus?” wollte Captain Hope von dem Mediziner zu erreichen.
Dr. Norton sah schweissgebadet hoch.
“Die Wunde ist zu groß. Ich habe nicht die Möglichkeiten hier, um seine Blutung zu stoppen. Es tut mir leid, aber Lt. Cmdr. Leigh wird sterben.”
Wortlos verließ Sina Hope das Lazarett. Der Planet war gefährlich, soviel war jetzt klar.
Sie suchte nach Lt. Yoshida. Sie fand sie ein paar hundert Meter weiter, wo ihre Sicherheitschefin dabei war, einigen Arbeitern dabei zu helfen, Unterstände zu bauen, in denen sie heute nacht schlafen konnten.
“Lt. Yoshida!” rief sie.
Die Sicherheitschefin drehte sich um. “Ja, Captain?”
“Gibts was neues von den Erkundungstrupps?”
“Ja, der Planet ist nicht ungefährlich. Es hat weitere Zusammenstöße mit diesen Viechern gegeben. Aber es gab dabei nur leichtverletzte.”
Sina Hope senkte den Kopf.
“Allerdings habe ich auch gute Nachrichten.” sagte die Sicherheitschefin. “Wir haben essbare Früchte und Beeren gefunden, in großer Zahl.” Sina Hope nickte.
Als sich Sina Hope abwenden und gehen wollte, wandte sich Tamiko Yoshida noch einmal an sie.
“Captain?”
“Ja?”
“Wird die Erde nach uns suchen?”
Der Captain wandte sich wieder an die Japanerin um.
“Sie werden nach uns suchen. Aber ich mache mir nichts vor. Sie werden uns nicht finden. Wie auch? Das Gebiet, das sie zu durchsuchen gedenken, wird ganz wo anders sein und viel zu groß sein.”
Damit wandte sich Sina Hope ab. Sie war am Ende. Sie suchte ihren Schlafplatz auf und wollte nur noch schlafen.
*
Es war die dritte Nacht auf Rescue II, als Tamiko Yoshida ihren geheimen Aussichtspunkt auf einem kleinen Hügel aufsuchte, von dem aus sie die Rettungskapsel sehen konnte. Gestern abend war Bernard Leigh gestorben, er wurde etwa 400 Meter von der Kapsel entfernt beerdigt. Es hatte sich herausgestellt, dass es auch Geistliche unter den Passagieren gab, sodass der Chefingenieur standesgemäß beigesetzt werden konnte.
Plötzlich hörte sie ein Geräusch hinter sich.
Langsam zog sie ihren Blaster.
“Ich bins nur!” sagte eine bekannte Stimme.
Lt. Cmdr. John Woods kam zwischen den Büschen hervor.
“Was machen sie denn hier?”
“Du.”
“Was?”
“Was machst DU denn hier.” antwortete der erste Offizier.
Er stellte sich neben sie, sah die Aussicht auf die Lichtung, wo die Überlebenden der Liberty waren und die Rettungskapsel.
“Ich bin jeden Abend hier.” sagte sie und sah in den Himmel. Rescue II verfügte über zwei Monde, einen grauen Gesteinsbrocken und einen etwas größeren, der rötlich wirkte.
“Ich weiss.” sagte John Woods und lächelte sie an.
Tamiko sah weiter auf die beiden Monde, die eng beieinander zu stehen schienen. Ihr kamen die Tränen. Die ganze Zeit hatte sie ihre Gefühle unter Kontrolle gehalten, die starke Sicherheitschefin gespielt, die alles unter Kontrolle hatte. Doch nun brach es aus ihr heraus.
Er legte ihr die Hand auf die Schulter.
“Meine Familie lebt in Washington. Meine Schwester lebt auf dem Mars und meine Großeltern leben noch in Tokyo. Und ich...” Sie schluchzte. “...ich werde sie nie wieder sehen.”
Sie wandte sich ihm zu und er nahm sie in den Arm.
“Es ist ok.” murmelte er ihr zu.
Sie standen eine ganze Weile so. Dann löste sich Tamiko wieder und zwang sich, wieder ruhig zu sein.
“Zu keinem ein Wort von diesem Ort hier.” sagte sie. “Ich hätte gern einen Ort, an dem ich allein sein kann.”
“Klar.” antwortete John.
Sie lächelte ihn an. “Naja, auf deine Gesellschaft möchte ich nicht immer verzichten.”
Er sah ihr in die Augen und konnte nicht anders, als sie nocheinmal zu umarmen.
*
Shanghai, Jing´an
Aiden Hope saß auf seinem Speedbike und flog mit seinem Gefährt über den Stau hinweg, der nach wie vor in der Innenstadt Shanghais ein Problem war. Die Pizza lag im Wärmefach seines Bikes. In 2 Minuten würde er sein Ziel erreicht haben. Holografische Werbung lief am Strassenrand, in der Firmen ihre Produkte anprießen.
Das Speedbike setzte wieder auf den Asphalt auf und fuhr auf seinen zwei Rädern in einen Hinterhof. Aiden schwang sich vom Bike, schnappte sich die Pizza und betrat einen Hausflur, der auch schon bessere Tage gesehen hatte. Ein Chinese mit Dreitagebart und schmierigem Unterhemd öffnete eine altmodische Tür und nahm die Pizza entgegen. Aiden nahm das Geld entgegen und verschwand wieder, so schnell er konnte.
Das wars. Er hatte für heute Feierabend. Ein paar Strassen weiter war “Joe´s American Restaurant”, wohin ihn sein Speedbike brachte.
Aiden war dort Stammgast und bestellte sich einen Hamburger. In der Wand über der Theke war ein Bildschirm integriert, der das Programm des Nachrichtenkanals “StellarNews” abspielte.
“Mach mal lauter!” sagte Aiden zum Wirt, als er die USS Liberty auf dem Schirm erkannte. Der dickliche Asiate machte lauter.
“...gab es keine Verbindung mehr zum Schiff.” sagte die Frauenstimme aus dem Off. “Sensorenabtastungen blieben erfolglos. Es sei so, als ob das Schiff einfach verschwunden ist, so ein Sprecher der US-Regierung.”
Aiden hatte keinen Appetit mehr. Seine Schwester war der Captain der USS Liberty, Sina Hope. Aiden war zehn Jahre jünger als seine Schwester, hatte nie so wie seine Schwester Karriere gemacht und war deshalb von Dad nie so gut behandelt worden wie sie.
Er errinerte sich an eine holographische Werbung, die er auf dem Weg am Strassenrand gesehen hatte. Eine Privatdedektivin bot dort ihre Dienste an. Wie hieß sie noch gleich? Angestrengt dachte Aiden nach.
Liang? Tiang? An chinesiche Namen hatte er sich noch nicht gewöhnt, obwohl er schon seit vier Jahren in Shanghai wohnte.
Chen Jiang Li! So war ihr Name. Und Aiden fasste einen Entschluss.
*
Chen Jiang Li sah auf den Datenstick in ihren Händen. “Was für ein Geheimnis birgst du?” flüsterte sie. Sie saß vor ihrem Computer, doch der Datenstick war so gut verschlüsselt, dass es wohl noch eine Weile dauern würde, bis sie den Code geknackt hätte.
Da stand plötzlich ein junger Kerl in der Tür zu ihrem Büro.
“Hi!” sagte er ein wenig schüchtern. “Bist du Chen Jiang Li?”
“Wer will das wissen?”
“Ich bin Aiden Hope. Ich suche meine Schwester, sie ist....” Da wurde er von einem Piepton von Jiang Li´s Computer unterbrochen.
Die hübsche Chinesin sah auf den Schirm. “Shit!” sagte sie.
Drei Männer hatten das Haus betreten. Offensichtlich hatten sie Waffen bei sich, weswegen der Alarm losgegangen war. Jiang Li konnte sie über die Kameras, die überall im Gebäude vorhanden waren, auf ihrem Computer verfolgen. Sie sah, wie die Männer ihre Energiepistolen zogen und weitergingen.
“Gibts ein Problem?” fragte Aiden.
“Wenn sie gerne weiterleben möchten, folgen sie mir!” sagte Jiang Li. Aiden folgte ihr durch eine Tür ein Büro weiter, wo es einen Ausgang zur Feuerleiter gab. Sie gingen hinaus und liefen die Feuerleiter nach unten.
Als sie fast unten angekommen waren, fiel ein Schuss aus einem Blaster, der die Hauswand streifte.
Zwei weitere Chinesen zielten mit Blastern auf sie.
Jiang Li überwand die letzten zwei Meter von der Feuerleiter mit einem Sprung.
“Springen sie!” rief sie Aiden zu.
Aiden zögerte. Ein weiterer Schuss, der ihn nur um Millimeter verfehlte, gab ihm den nötigen Mut, zu springen. Jiang Li half ihm hoch und sie rannten los, gefolgt von den zwei bewaffneten Chinesen.
Plötzlich blieb Jiang Li stehen, vor ihrem Auto machten sich ebenfalls zwei Chinesen zu schaffen, die schwere Blaster trugen.
“Hast du ein Fahrzeug?” fragte sie Aiden.
“Was?”
“Ob du ein Auto hast?”
“Ein Speedbike.”
Sie sah ihn vorwurfsvoll an. “Naja, besser als nichts. Wo?”
Aiden zeigte in die entgegengesetzte Richtung und sie rannten los. Als sie das Speedbike sahen, schlug dicht neben ihnen wieder eine Salve aus einem Blaster ihrer Verfolger ein.
“Ich fahre!” rief Jiang Li während sie sich auf das Speedbike schwang. Während sie losfuhr, stieg Aiden hinter ihr auf.
Er hielt sich an ihr fest, während Jiang Li gekonnt das Speedbike in die Luft steuerte.
Aiden dachte schon, dass sie es hinter sich hätten, da tauchte hinter ihnen Jiang Li´s Fahrzeug auf, das von einem schwarzen Glatzkopf gesteuert wurde, der viel zu groß für das kleine Auto wirkte.
Jiang Li wagte einen Blick zurück, sah den Schwarzen am Steuer und quittierte das wieder mit einem “Shit!”.
Sie steuerte das Speedbike durch die engen Gassen von Shanghai, doch der Schwarze folgte ihnen auch dorthin.
“Halt dich fest!” sagte Jiang Li und bog scharf ab. Durch eine noch engere Gasse schafften sie es, dem Verfolger zu entkommen. Der Schwarze stoppte das Fahrzeug und sah dem Speedbike nach.
“Ich kriege dich noch.” sagte der schwarze Hüne.
*
Aiden Hope und Chen Jiang Li befanden sich auf dem Shanghai Airport. Aiden Hope saß im Wartebereich des Airports, als Jiang Li vom Serviceschalter zurückkehrte.
“Was machen wir hier?” fragte Aiden.
“Wir warten auf die nächste Mondfähre. Sie startet in einer Stunde.”
“Eine Mondfähre?”
“Ja. Ich bin hier nicht mehr sicher. Und du willst die Liberty finden.” sagte sie und blickte auf den Datenstick in ihrer Hand.
“Wieso sind die hinter ihnen her?” fragte Aiden.
“Auf diesem Stick ist etwas. Etwas wichtiges.”
“So wichtig, dass sie dafür töten.”
“Ja. Ich kenne jemanden, der uns helfen kann. Er ist auf dem Mond. Und er hat ein Raumschiff.” sagte Jiang Li.
“Er kann DIR helfen.” berichtigte Aiden.
“Wenn einer ein verlorenes Schiff wiederfinden kann, dann er.”
“Oh. Wer ist das?”
“Huang Hao. Der gerissenste Halunke, den ich kenne.” erklärte die Chinesin.
Aiden Hope holte für Jiang Li und sich einen Cappucino und die Stunde verging ohne weitere Zwischenfälle.
Als sie die Mondfähre jedoch bestiegen, bemerkten sie nicht, wie sich der schwarze Hüne, der sie verfolgt hatte, ebenfalls unter die Passagiere mischte.
*
Zwei Monate waren vergangen auf Rescue II. Mittlerweile hatten sie herausgefunden, dass der Planet langsamer rotierte als die Erde, was ihnen zwei zusätzliche Stunden am Tag einbrachte. Sina Hope hatte die Uhren darauf umstellen lassen. Von nun an hatte der Tag 26 Stunden und die Uhren sprangen erst nach 25:59 Uhr auf 0:00 Uhr um.
Ausserdem hatten sie begonnen, im Wald Holz zu fällen und einfache Hütten zu bauen. Sie konnten ja nicht dauerhaft unter freiem Himmel schlafen. Sie sprachen jetzt immer vom “Dorf”, wenn sie von ihrer neuen Wohnstätte sprachen. Auch hatten sie eine Task Force “Nahrung” eingerichtet, die sich darum kümmerte, dass Nahrung auch nachhaltig vorhanden war.
Sina Hope, Goerge Winters und die beiden Turteltäubchen John Woods und Tamiko Yoshida streiften durch die Wälder, als es passierte.
George Winters und Sina Hope unterhielten sich ausgelassen, John Woods pflückte sich gerade ein paar Beeren, als Tamiko Yoshida den anderen mit erhobener Hand Zeichen gab, sofort anzuhalten.
Sie blieben stehen und sahen, was Tamiko sah.
Vor ihnen standen drei humanoide Wesen, sie hatten eine Haut, die dunkellila zu sein schien, ca. 190 cm groß, dunkle Haare. Sie waren nur mit einem Stück Stoff bekleidet, dass wohl einer Art Boxershorts entsprach. Zwei von ihnen trugen etwas, was wie ein Speer aussah.
Der Unbewaffnete trat vor.
Er sagte etwas in einer Sprache, die sie nicht verstehen konnten.
“Lt. Yoshida, wo haben sie ihr Übersetzungsmodul?” fragte Sina Hope.
Sie kramte es aus ihrem Rucksack hervor. Als sie es einschaltete, leuchtete es zuerst rot, dann grün.
Das Übersetzungsmodul war auch ein Geschenk der Selarianer gewesen. Ein beachtliches Gerät, dass sich innerhalb weniger Sekunden eine fremde Sprache aneignen konnte. Wie das funktionierte, was selbst den besten menschlichen Wissenschaftlern ein Geheimnis geblieben.
Sina Hope trat vor, mit dem Übersetzungsmodul in der Hand.
“Ich bin Sina Hope. Wir sind auf diesem Planeten vor einiger Zeit notgelandet.”
Der Unbewaffnete sprach wieder. Es dauerte etwas, ehe das Übersetzungsmodul übersetzte, es hatte die in etwa die Größe einer Hand und war rechteckig.
“Ihr seid diejenigen, die in diesen seltsamen Maschinen vom Himmel gefallen sind.” kam es aus dem Gerät.
Sina Hope lächelte. “Ja, das sind wir.”
Der Mann schien zu überlegen. “Aber wo kommt ihr her? Und wozu?”
“Ich werde ihnen alles erklären. Darf ich sie einladen in unser kleines Dorf?”
“Nein. Ich möchte sie einladen, zu uns zu kommen. Ich bin der Erstgeborene des Häuptlings, ich werde euch in unsere Stadt geleiten. Sie liegt 3 Tagesmärsche von hier.”
“Okay. Mr. Winters, gehen sie zurück ins Dorf. Wir bleiben in Funkkontakt.. Mr. Woods, Mrs. Yoshida und ich werden die Einladung annehmen und ihre Stadt besuchen.” sagte Sina Hope.
Der ehemalige Manager von EnergyWin machte sich sofort auf den Weg.
“Mein Name ist übrigens Far´Pon, der Sohn des Far´Zet. Wir sind vom Volke der Toriden. Wie nennt man euer Volk?”
“Uns nennt man Menschen.” sagte Sina Hope.
“Lasst uns zu meinem Vater gehen.” sagte Far´Pon und sie machten sich auf den Weg. 3 Tagesmärsche lagen vor ihnen. Sina Hope und ihre beiden Begleiter waren gespannt auf die Einwohner dieses Planeten. Sie waren also nicht allein.
*
Der Marsch in das Dorf der Toriden war lang und beschwerlich. Gut, dass ihre toridischen Begleiter genau wussten, wo Wasser und Nahrungsmittel zu finden waren.
Doch als sie das Dorf erreichten, staunten Sina Hope, John Woods und Tamiko Yoshida. So ähnlich mussten die Dörfer auf der Erde lange vor Christi Geburt ausgesehen haben. Häuser, meist aus Holz und Stroh errichtet, erwarteten die Besucher.
Far'Pon führte die drei Menschen zielsicher ins Zentrum des Dorfes. Dutzende neugierer toridischer Augen beobachteten die Neuankömmlinge.
"Sie haben noch nie Menschen gesehen." bemerkte Tamiko Yoshida.
"Wartet hier." sagte Far'Pon und verschwand in einem Haus, das im Gegensatz zu den meisten Häusern aus Stein gefertigt war.
Die drei Menschen sahen sich um. Es war, als ob sie im frühen Mittelalter gelandet waren, wenn da nicht die Toriden wären mit ihrer seltsamen Hautfarbe.
Nach einigen Minuten kehrte Far'Pon zurück und bat die Gäste herein.
Er führte sie durch einen kleinen Flur in einen großen Raum, in dem sich zwei weitere Toriden aufhielten. Sina Hope erkannte sofort, wer von ihnen Far'Pons Vater war, denn er trug auffallenden Schmuck, wie sie ihn bei keinem Toriden bemerkt hatte.
"Kommen sie rein. Mein Sohn hat mir berichtet. Sagt, ihr kommt wirklich von den Sternen?"
"Ja, so unglaublich es klingen mag." antwortete Sina Hope. Sie machte einen Knix, obwohl sie nicht wußte, ob dies bei den Toriden angebracht war. "Freut mich, sie kennen zu lernen. Hoheit."
Far'Zet wandte sich um und befahl seinem Diener, etwas zu essen zu holen.
"Unglaublich, ja. Die Alten Schriften berichten allerdings von diesem Tag." Far'Zet wurde nachdenklich. "Allerdings gibt es geteilte Meinungen über die Auslegung der Texte. Die Optimisten sagen, es wird uns von großem Nutzen sein, die Pessimisten behaupten, eure Ankunft wird zu Tod und Unheil führen."
Sina Hope dachte an die Geschichte der Menschheit, an das Zeitalter der Entdecker, als die ersten Europäer Amerika entdeckt hatten. Diese Begegnung brachte den Ureinwohnern ebenfalls Tod und Unheil. Sie hatte nicht vor, die Geschichte zu wiederholen.
Sie sprachen noch einige Stunden, ehe man den Menschen ihre Schlafstätte für die Nacht zeigte.
New Berlin, Mond
Unter einer riesigen Glaskuppel lag die Mondmetropole New Berlin. Jiang Li führte sich und ihren Begleiter Aiden Hope zielsicher quer durch die Stadt zu einem Gebäudekomplex, von dem auch kleine Handelsschiffe in den Weltraum starten konnten. Dazu nutzten sie ausgiebig das öffentliche Verkehrssystem auf dem Mond, das genauso unzuverlässig war wie auf der Erde. Doch nach 2 Stunden Irrfahrt durch die Stadt hatten sie ihr Ziel erreicht.
Aiden Hope hatte auf der Fahrt mit diversen Mondbussen große Parkanlagen mit Bäumen gesehen. Durch das Terraforming innerhalb der Glaskuppeln gab es hier Luft und Wasser, Pflanzen wuchsen hier fast besser als auf der Erde. Außerhalb der Kuppel war die Mondoberfläche noch immer die lebensfeindliche Umgebung, die sie schon immer war.
Jiang Li betrat dicht gefolgt von Aiden die große Halle des Gebäudekomplexes, in dem rege Betriebsamkeit herrschte. Zahlreiche Händler, Kaufleute und zwielichtige Gestalten wickelten hier ihre Geschäfte ab. Jiang Li blieb stehen und sah sich um, sie schien sich zu orientieren.
"Wissen wir, wo wir hin wollen?" fragte Aiden skeptisch.
"Hier lang!" sagte sie bestimmt und zeigte nach rechts.
Sie gingen quer durch die Halle, an vielen Menschen vorbei. An einer Bürotür, die in einen kleinen Nebenraum führen musste, blieb Jiang Li stehen. "Piratehunters" stand auf der Bürotür. Jiang Li lächelte und wollte eintreten.
"Stop!" hörten sie eine Frauenstimme hinter ihnen. "Sie können da nicht rein!"
"Warum nicht?" fragte Jiang Li.
"Haben sie einen Termin bei Huang Hao?" fragte die Brünette, die sie offensichtlich auf gar keinen Fall in dieses Büro lassen wollte.
"Ich brauche keinen Termin, ich kenne Huang Hao schon länger als du!"
Die Brünette wollte etwas erwidern, da ging die Tür auf.
"Hatte ich es doch richtig gehört. Jiang!" sagte der kleine, dickliche Chinese, der aus dem Raum kam.
Der kleine Chinese lächelte Jiang Li an, doch nur kurz, dann verfinsterte sich sein Blick.
"Wenn du hier bist, dann bedeutet das Ärger!" sagte er.
Jiang Li lächelte. "Wie immer hast du Recht. Ich brauche deine Hilfe."
Huang Hao sah auf Aiden Hope.
"Das ist Aiden Hope. Mein Mandant, sozusagen." stellte sie ihn vor.
Die Brünette stemmte die Hände in die Hüften und schien nicht sehr glücklich darüber zu sein, dass sie die beiden nicht abwimmeln konnte.
"Das ist meine Pilotin, America Fangaro. Sie ist die beste Pilotin der Milchstrasse!" sagte Huang Hao.
Er bat die Besucher ins Büro, sie setzten sich an einen Schreibtisch, America widmete sich 4 Überwachungsmonitoren, mit denen man offensichtlich verschiedene Bereiche des Gebäudes überwachen konnte.
Jiang Li packte ihren Stick aus.
"Was ist da drauf?" fragte Huang Hao.
"Das wüsste ich gerne von dir. Ich habe diesen Stick bei meinem letzten Auftrag bekommen. Leider ist der Vorbesitzer des Sticks tot."
Diese Geschichte hatte sie Aiden noch nicht erzählt, deshalb hörte er genau zu.
"Ein Mann rief mich an, er hätte etwas unheimlich wichtiges, eine Verschwörung von ungeheurem Ausmaß. Die Beweise wären alle auf einem Stick. Bei der Übergabe wurde der Mann erschossen. Ich weiss nicht, wer er war. Seitdem werde ich verfolgt."
Huang Hao hielt den Stick in den Händen.
"Verschlüsselt, was?" sagte er und drehte den Stick. "Das kriegen wir raus. Wir müssen dafür aber auf die PirateStar."
Aiden Hope sah auf die Überwachungsmonitore. Am Eingang des Gebäudes unterhielt sich ein ihm bekanntes Gesicht mit ein paar zwielichtigen Gestalten.
"Das ist der Schwarze!" rief er erschrocken.
Jiang Li und Huang Hao wandten sich um.
Der schwarze Hüne hatte sie also bis auf den Mond verfolgt. Man konnte erkennen, dass er sich mit ein paar Männern auf den Weg zu Huang Hao's Büro machte.
"Wir dürfen keine Zeit verlieren. Wir starten sofort!" sagte Huang Hao, blickte zu America Fangaro, die sich sofort erhob.
"Folgt mir, wir gehen zum PirateStar-Shuttle." sagte sie.
*
Tamiko Yoshida hatte einen leichten Schlaf. So hörte sie in der Nacht, wie ein wenig Unruhe ins Dorf der Toriden kam. Sie stand auf und sah aus dem fensterlosen Fenster. Glas kannten die Toriden scheinbar nicht.
Yoshida sah, wie zwei toridische Wachen einen Toriden mit Gewalt durch die Straßen zerrten, bis sie sie nicht mehr sehen konnte.
Tamiko Yoshida sah auf ihre beiden Begleiter, die tief schliefen. Sie beschloss, sich wieder hinzulegen und die Sache morgen mit dem Captain zu besprechen.
*
Sie schliefen noch, als Far'Pon ins Zimmer kam und die drei aufweckte. "Es ist etwas passiert!" sagte Far'Pon.
"Hat es etwas mit der Person zu tun, die heute Nacht geschnappt wurde?" fragte Tamiko Yoshida und erntete verwirrte Blicke von Hope und Woods.
Far'Pon zögerte kurz, dann antwortete er. "Ja. Eure Freunde in eurem Dorf sind in Gefahr."
Sina Hope erhob sich. "Was ist passiert?"
"Leider sind nicht alle Toriden so friedfertig wie wir. Die Stämme im Norden greifen die südlichen Stämme immer wieder an. Gerade eben ist ein Trupp auf dem Weg in euer Dorf. Sie haben euch wohl entdeckt."
Hope sah Yoshida an. "Nehmen sie Kontakt mit dem Dorf auf. Sie sollen Vorsichtsmaßnahmen treffen."
Tamiko Yoshida drehte sich um und holte ihren Kommunikator hervor.
"Mein Vater erwartet sie außerdem zum Frühstück." Hope nickte dem Toriden zu. "Wir freuen uns."
Einige Minuten später saßen sie mit einigen Toriden an einem Tisch. Es gab Frühstück. Da war etwas, das wie Brot aussah und einige Früchte, die die Menschen noch nicht kannten.
Es schmeckte, aber Hope konnte das Frühstück nicht genießen. Zu groß war die Sorge um die anderen Menschen im Dorf.
"Wir schätzen ihre Gastfreundschaft, aber angesichts der Bedrohung unseres Dorfes müssen wir sie verlassen." sagte sie schließlich.
"Dafür habe ich Verständnis." sagte Far'Zet. "Allerdings bestehe ich darauf, dass euch meine beste Kriegerin mit ihrem Trupp begleitet. Zu eurem Schutz!" Eine hochgewachsene Toridin mit weisser Kriegsbemalung trat vor.
"Darf ich vorstellen: Na'Jin."
Sina Hope sah, dass es keinen Sinn machte, dieses Angebot abzulehnen.
Und so machten sich die Menschen mit Na'Jin und einem zwölfköpfigen Trupp an toridischen Kriegern auf den Weg.
*
Das Shuttle der PirateStar stand in einem der vielen Hangarhallen der Mondstadt unweit von Huang Hao's Büro. Gerade als Aiden und seine drei Begleiter den halben Weg in der Halle zurückgelegt hatten, wurden sie von hinten beschossen.
"Schnell, ins Schiff!" rief America Fangaro, was überhaupt nicht nötig gewesen wäre, denn die Anderen erhöhten ohnehin die Geschwindigkeit. Mittlerweile war auch der schwarze Hüne im Hangar und schoss gezielt auf Jiang Li. Diese rettete sich mit einem Sprung ins Innere des Shuttles.
Huang Hao war der Letzte, der das rettende Schiff erreichte, bevor sich die Luke schloss und die schießende Meute draussen ließ. Fangaro startete das Shuttle und sie verließen den Hangar.
Der schwarze Hüne blieb zurück und sah dem startenden Shuttle nach. "Ich kriege dich." murmelte er und verließ den Hangar. Seine Mitstreiter, die auf seine Anweisungen warteten, ließ er ratlos zurück.
Die PirateStar war ein kleines, allerdings für einen kleinen Händler relativ großes Schiff. Das Shuttle landete sicher im Hangar des Schiffes, das im Orbit des Mondes per Autopilot kreiste. Die Passagiere begaben sich in das Cockpit, das größer und komfortabler war als das des Shuttles.
"Was machen wir jetzt?" fragte America, während sie auf dem Pilotensitz platz nahm.
"Erstmal weg hier." sagte Hao, der sich seinen Arm hielt.
"Bist du verletzt?" fragte Jiang Li und wollte nach seinem Arm sehen, doch Huang Hao drehte sich weg.
"Nur ein Streifschuss." sagte er genervt. "In was für eine Scheisse reitest du mich da rein? Wer sind diese Leute?"
Er schien wirklich wütend zu sein.
"Tut mir leid." sagte Jiang Li leise. "Ich weiß es nicht."
Huang Hao sah sie eindringlich an. "Diese Leute scheinen sehr viel Einfluss zu haben. Die Mondsicherheit hat nicht eingegriffen, als sie uns im Hangar attackierten. Was auch immer auf dem Stick ist, es ist wirklich wichtig."
Er ging zu den Computern, steckte den Stick hinein.
"Das wird ein Weilchen dauern, das zu entschlüsseln."
Mittlerweile hatten alle irgendwo Platz genommen, America Fangaro steuerte die PirateStar aus dem Orbit des Mondes in den Weltraum hinaus.
Huang Hao musterte Aiden Hope.
"Was hat er eigentlich damit zu tun?"
"Eigentlich nichts. Er war nur zur falschen Zeit am falschen Ort." antwortete Jiang Li.
"Ich habe sie -" - er deutete auf Jiang Li - "- aufgesucht, weil meine Schwester verschollen ist. Sie ist der Captain der USS Liberty."
"Das Schiff, das verschwunden ist?" fragte Huang Hao.
"Ja." antwortete Aiden. "Miss Chen meinte, wenn einer das Schiff findet, dann sie."
"Meinte sie das!?"
Aiden blickte zu Jiang Li, die zuerst Aiden, dann Huang Hao ansah. "Ich weiß, dass du jedes kannst."
Dann wandte sie sich wieder an Aiden. "Und nenn mich Jiang."
Huang Hao blickte durch das Cockpitfenster ins All. "Da das mit dem Stick noch eine Weile dauern wird, können wir ja jetzt ein Raumschiff suchen gehen." sagte er.
"Nur mal so zum Verständnis. Wie wollen sie ein Raumschiff finden, das selbst die interstellare Flotte der Erde nicht finden kann?" fragte Aiden ungläubig.
Huang Hao blickte Jiang Li an.
"Du kannst ihm vertrauen." sagte sie.
"Sagst du!" sagte er und lief einmal auf und ab. "Sie sehen vor sich den wohl einzigen Händler der Erde, der jemals Geschäfte mit den Selarianern gemacht hat."
Stolz lächelte Huang Hao die Anwesenden an. Als er bemerkte, dass er damit keinen Eindruck machte, verschwand das Lächeln von seinem Gesicht. "Herrgott nochmal, die Selarianer verhandeln nicht mit Menschen. Sie lassen überhaupt keine Menschen rein!"
"Wie hast du das gemacht?" fragte Jiang Li, die offenbar schon davon wusste, aber nicht, wie er das geschafft hatte.
"Das ist eine lange Geschichte. Später vielleicht. Fakt ist, dieses Schiff ist gespickt mit Selarianertechnologie und es wohl das einzige in der Erdflotte, das ein verschwundenes Raumschiff finden kann."
Er wandte sich an Fangaro.
"Such in der Datenbank nach der Liberty und halt Ausschau nach der Schiffssignatur."
Aiden Hope setzte seinen skeptischen Blick auf. Er war kein Technikexperte, überhaupt nicht, aber er wusste, dass noch vor zwanzig Jahren jedes Schiff beim Sprung in den Hyperraum eine Signatur hinterließ, die man scannen und verfolgen konnte. Bei den neuen Schiffen funktionierte dies nicht mehr, da sie ihre Energie aus dunkler Materie bezogen. Und die Liberty war ein neues Schiff.
America Fangaro bemerkte Aidens skeptischen Blick. Sie sah von ihrer Konsole auf. "Selarianische Technologie." erklärte sie. "Wir können messen, wo und von welchem Schiff dunkle Materie genutzt wurde."
Huang Hao stand auf. "Bis wir ein Ziel haben, bleiben wir im Sonnensystem."
*
Nahezu ohne Pause marschierte der Trupp Richtung Dorf. Nur nachts gönnten sie sich drei bis vier Stunden Schlaf. Sie wussten nicht, wann die feindlichen Toriden die Menschen erreichen würden.
Sie waren noch vier Stunden vom Dorf entfernt, als sie sich noch einmal hinlegten, um zu schlafen.
John Woods und Tamiko Yoshida lagen wach und ein wenig abseits von den anderen, während ihr Captain, die Toridin Na'Jin und ihre Krieger fest zu schlafen schienen. Zwei der toridischen Krieger waren etwas abseits und hielten Nachtwache.
Tamiko Yoshida sah zum klaren Nachthimmel hinauf.
"Es ist schon seltsam. Der Himmel scheint genauso auszusehen wie auf der Erde. Aber wir sind nicht auf der Erde." Leise fügte sie hinzu: "Und die werden wir wohl nie wieder sehen."
John Woods sah zu ihr, indem er den Kopf drehte. Lief da eine Träne über ihre Wange?
Er nahm ihre Hand.
Sie schien leicht überrascht zu sein, drehte den Kopf in seine Richtung.
"Es ist alles so fremd hier." sagte sie. "Ich bin froh, dass du da bist."
John lächelte. "Ich bin auch froh, dass du da bist."
Sie sahen wieder zum Nachthimmel.
Sina Hope hatte ihr Lager neben der toridischen Kriegerin Na'Jin aufgeschlagen. Das Übersetzungsmodul trug sie bei sich.
"Wie konnten sie solche Maschinen bauen, die in den Himmel fliegen?" fragte Na'Jin.
"Das ist schwer zu beantworten." sagte Sina Hope. "Vor einigen hundert Jahren waren wir genau da, wo sie jetzt stehen. Ich bin mir sicher, dass auch die Toriden eines Tages zum Himmel aufbrechen werden."
Na'Jin schien erstmal zufrieden zu sein, war aber neugierig, wie es schien. "Führen die Menschen auch Krieg gegeneinander?"
Sina Hope blickte die toridische Kriegerin an. "Leider ja, wir haben auf der Erde unzählige Kriege geführt, und auch heute ist es nicht vorbei. Aber wir versuchen uns zu bessern."
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir uns je bessern." sagte Na'Jin. "Wir hassen die Toriden im Norden regelrecht."
"Vorurteile hatten und haben wir Menschen auch gegen Menschen anderer Hautfarbe, Religion oder Nationalität. Wir haben drei schreckliche Kriege geführt, die uns beinahe ausgerottet hätten. Aber, ich würde sagen, es ist möglich, man kann sich bessern. Es ist nie zu spät. Auch für die Toriden nicht. Ihr habt uns offener empfangen, als wir es je getan hätten."
Sina Hope schien so etwas wie ein Lächeln auf dem Gesicht der Toridin zu erkennen. Sie hatte eine harte, unerbittliche Kriegerin erwartet, stattdessen war die toridische Kriegerin empfindsam und nachdenklich.
"Wir sollten noch ein wenig schlafen." sagte die Kriegerin. Sina Hope drehte sich auf die Seite und war nach wenigen Minuten eingeschlafen.
Der Marsch am nächsten Tag verlief ereignislos. Als sie sich jedoch dem Dorf näherten, hörten sie bereits von weitem den Kampflärm.
Laserpistolen trafen auf mittelalterliche Pfeile und Schwerter.
Sie beschleunigten ihren Gang, nutzten die Bäume und Sträucher als Deckung.
Sie erblickten das junge Menschendorf. Die Bewohner hatten sich provisorisch hinter Brettern und Bäumen verschanzt und schossen auf die Toriden, die von Norden aus den Wäldern angriffen.
Hope und Woods schlichen sich an Dr. Norten heran, der sich hinter Sträuchern versteckte.
"Captain!" sagte er. "Sie kamen vor einer halben Stunde. Wir sind trotz aller Vorsichtsmaßnahmen überrascht worden."
Sie winkte zu Yoshida und Na'Jin, die ebenfalls zu den Sträuchern geschlichen kamen.
"Die Toriden sollen angreifen, mit Pfeil und Bogen. So, dass man sie sehen kann. Yoshida, sie übernehmen das Kommando der Sicherheitskräfte im Dorf. Dr. Norten, wo ist der Androide Hastings?" sagte der Captain.
"Er ist bei den Hütten im Westen."
"Okay. Sie bleiben hier. Machen wir es so, ich schlage mich zu Hastings durch."
Tamiko Yoshida machte sich auf den Weg zu den Sicherheitsleuten, Na'Jin ging zu ihrem Trupp und Sina Hope machte sich auf den Weg zu den Hütten, was die schwierigste Aufgabe war, da sie ins Schussfeld der Toriden geraten würde.
*
Die PirateStar trieb bewegungslos im All, irgendwo zwischen Erde und Mars. Die Triebwerke waren abgeschaltet, die selarianischen Scanner suchten nach Spuren von dunkler Materie, die von der Liberty genutzt worden war.
Jiang Li und Aiden hatten sich in den hinteren Teil des Schiffes zurück gezogen.
Aiden trank einen Kaffee aus Huang Haos Kaffeemaschine.
"Du bist sehr mutig - oder dumm." sagte Jiang Li.
"Warum?"
"Die Chancen, deine Schwester wiederzusehen, waren gleich Null, wenn nicht mal die Erdregierung eine Spur hat."
"Ich habe nichts zu verlieren. Meine Schwester ist alles, was ich habe."
Jiang Li setzte sich neben ihn.
"Wir werden herausfinden, was passiert ist." versuchte Jiang Li, ihn zu trösten.
"Was hast du eigentlich mit diesem Huang Hao zu schaffen?"
"Ich kenne ihn, solange ich denken kann. Er hat mir schon oft geholfen, und ich ihm auch. Wenn man einem vertrauen kann, dann ihm."
Aiden sah ihr in die Augen.
"Du warst Geheimagentin. Hammer." sagte er ungläubig.
Sie lächelte.
"Seit wann bist du gefeuert?"
"Sechs Wochen."
"Das heißt, ich bin dein erster Fall als Privatdetektivin?"
Sie antwortete mit einem langgezogenen "Jaaa.".
"Wir haben was!" rief Huang Hao aus dem Cockpit, also begaben sich Jiang Li und Aiden dorthin.
Huang Hao und America Fangaro saßen vor einem Monitor, der unzählige Dateien zeigte. Eine davon öffnete Fangaro, indem sie mit dem Finger drauf tippte.
Huang Hao wandte sich an Jiang Li, hinter ihr stand Aiden.
"Wie ich schon sagte, sehr wichtig." sagte Hao. "Wir haben Dateien mit Namen von hochrangigen Politikern und Militärs, die ganz offensichtlich geschmiert oder erpresst werden. Was ich jetzt gesehen habe, reicht das bis ins Weiße Haus und das Erdparlament."
"Wer den Stick besitzt, hat die Typen in der Hand." sagte Jiang Li.
"Das ist noch nicht alles. Da sind noch mehr Dateien, die noch besser verschlüsselt sind. Das dauert noch." sagte Hao.
"Ich möchte wissen, was da drin steht." fügte America hinzu.
Da blinkte eine andere Anzeige auf.
Fangaro holte die neuen Informationen auf den Bildschirm.
"Wir haben das Schiff." sagte sie.
Aiden war aufgeregt, sah auf die Karte auf dem Schirm.
"Der Navigator muss aber gewaltig einen an der Birne gehabt haben." sagte Fangaro weiter. "Die sind ja Lichtjahre vom Kurs abgekommen."
Sie zeigte auf einen Punkt im freien Weltraum.
"Hier sind sie aus dem Hyperraum gekommen. In diesem Bereich müssen wir suchen."
"Das können wir aber nicht allein. Wir müssen die Flotte kontaktieren." sagte Huang Hao.
"Ich kenne den Namen von Sina Hopes Vorgesetzten. Er hat sie auf diese Reise geschickt: Admiral Kissinger." errinerte sich Aiden.
"Okay." Jiang Li wandte sich wieder zum gehen. "Wir fliegen dahin und kontaktieren währenddessen Admiral Kissinger."
Huang Hao hob die Schultern. "Wer hat auf diesem Schiff eigentlich das Sagen?"
Jiang Li war schon draußen, rief aber noch ein "Tschuldigung!" in Richtung Huang Hao.
*
Sina Hope hatte sich hinter einem der Bretter verschanzt, die notdürftig als Verteidigungsschutz überall aufgestellt worden waren.
Sie zug ihren Blaster. Sie kam aus ihrer Deckung hervor und schoss in Richtung der Angreifer.
Sie sah, dass mittlerweile die toridischen Krieger von Na'Jin Stellung bezogen hatten und ihre Pfeile losschickten.
Sina Hope schoss noch einmal und rannte los. Sie sah aus den Augenwinkeln, dass Pfeile auf sie geschossen wurden. Sie rannte, so schnell sie konnte, sie musste die Hütten erreichen.
Nur noch wenige Meter, sie konnte die Pfeile surren hören.
Gerade, als sie die erste Hütte erreicht hatte, spürte sie einen stechenden Schmerz im Bein!
Ein Pfeil hatte ihr Bein durchbohrt.
Sie stürzte in die Hütte, die aus nur einem Raum bestand.
Dort stand Walter Hastings, der Androide, durch den sie erst in diese Lage gekommen waren.
"Mr. Hastings, ich brauche ihre Hilfe." sagte Sina Hope.
"Wie kann ich helfen?" fragte der Androide emotionslos.
"Wie gut hält ihr Körper einen Beschuss mit Pfeilen aus?"
"Meine biologische Haut wird Schaden nehmen, allerdings werden die Pfeile nicht durch die erste Schicht Metallpanzerung kommen."
Sina Hope hatte eine Entscheidung getroffen. "Gehen sie raus, greifen sie die Toriden mit meinem Blaster an. Gehen sie auf sie zu! Sie müssen Angst vor ihnen bekommen!"
Sie übergab ihm ihren Blaster und er verließ eilig die Hütte. Hope quälte sich mit ihrem schmerzenden Bein zur Tür. Sie sah durch den Türspalt, dass Hastings sogleich beschossen wurde und von gleich zwei Pfeilen getroffen wurde, die jedoch nicht steckenblieben, sondern auf den Boden fielen.
Sie öffnete den Türspalt weiter.
Es hatte sich gelohnt.
Die Toriden von Na'Jin waren auf dem Vormarsch, die Dorfbewohner hatten unter der Leitung von Tamiko Yoshida endlich so etwas wie ein Verteidigungskonzept und der Androide ging schiessend und völlig ohne Angst auf die nördlichen Toriden zu, die ihre Pfeile nun auf den Androiden konzentrierten.
Dann bließ der feindliche Anführer zur Flucht.
Der Androide blieb mit einigen Blessuren stehen. Pfeile waren kein geeignetes Mittel gegen ihn.
Die Dorfbewohner jubelten, auch die Toriden Na'Jins stimmten nach einigem Zögern ein.
Texte: Stefan Seidel
Tag der Veröffentlichung: 11.10.2012
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