Endlich saß sie, nach endlosen langen Diskussionen, am Flughafen und wartete darauf, dass sie vom kühlen und nassen Nordrhein nach Kalifornien abheben konnte.
Sie hatte es eilig aus den Fängen zu fliehen, die ihr die Ungnade des Lebens richteten. Die Augen, die Gestalten die Soraya in stillen Momenten verfolgten. Dass sie niemals wieder zurückkehren und das all der Kampf, um ihre Familie und Frieden, in ein dunkles Licht rücken würde, ahnte ich nicht.
Ihre gut bezahlte Arbeit war fern gerückt, dass einzige was sie noch interessierte, waren ihre Träume, die sie nicht aus ihrem Kopf streichen wollte, sondern sie, um ihre Mutter und ihres Vaters Willen, verfolgen würde.
Die eigentlich erfolgreiche Sängerin dankte nicht zuletzt der Seelengrausamkeit die Zwangspause.
Zuweilen auch, ihr Gesicht auf sämtliche Titelbilder prangten, sich die Mäuler um den Mord zerrissen und ihr Fleisch von blutiger Begierde, der Reportern, verzehrt wurde.
Liebe tut weh, sehr weh und ist Rot. So Rot wie Blut.
Mit etwas Schwung erhob sich Soraya aus dem Sitz, in dem ihr schmaler Körper auf der schrägen Fläche nach hinten rutschte und wie ein kleines Kind Probleme hatte den Füßen wieder den Halt des Bodens zu geben. Noch einen letzten Kaffee und eine Zigarette, bevor sie abheben würde. Die Menschen, die hektisch an ihr vorbeiliefen, machten es ihr schwer, ohne angerempelt zu werden, gegen den Strom zu laufen. Jede Berührung eines Fremden, lies sie schaudern, jedes Husten lies sie erschrecken. Immer Achtsamer schlängelte sie sich durch, bis sie die Tür erreichte und die von Regen getränkte Luft in ihre Lungen zog.
Ihre unversehrte Gestalt spiegelte sich in dem Glas wider ehe sie darin den Körper, dessen sieht, der das Blut ihrer Eltern an den Händen trägt. Soraya presste ihre Augen fest zusammen, um das Bild verschwinden zu lassen. Sie erahnte ihre Tränen, als sie seinen Blick sah, ehe er an ihr vorbei verschwand. Sie versuchte den fesselnden Stein hinunter zu schlucken, der sich seit Wochen um ihre Seele gebildet hatte. Die Worte ihrer Mutter, die sie immer pflegte zu sagen, „hinter allem Unfassbaren versteckt sich ein Sinn und neben dessen eine Aufgabe“. Die Stimme ihrer Mutter hatte sie an den Flughafen geführt und je deutlicher sie wurden, umso weniger dachte sie darüber nach, warum er sie am Leben ließ. Soraya versuchte zu lächeln, die Menschen um sie herum durchdrangen wieder ihr Gehör. Langsam machte sie ihre Augen wieder auf, das Spiegelbild glich wie es sein sollte nur sie selbst. In wenigen schlucken trank sie ihren Becher leer und zog eifrig an ihrer Zigarette, ehe sie den Rucksack noch einmal über die Schulter warf, den sie nur an einem Riemen trug, dann wurde ihr Arm von einer Hand umfasst, „Vorsicht! Sonst erschlägst du noch jemanden damit. Ihre Gedanken türmten sich, hatte sie überhaupt derart ausgeholt, dass sie jemanden traf und es nicht mal bemerkte?
Soraya traute sich nicht zu entschuldigen, sein zügelloser und dennoch sanfter Blick schürte ihr die Kehle zu. Erst das Zucken seiner Mundwinkel zu einem Lächeln machte sie auf sein dichtes dunkles Haar, das sein ebenmäßiges Gesicht umschmeichelte aufmerksam. „Hallo?“, säuselte er fast schon bekümmert. Soraya ließ beinahe keuchend die eingehaltene Luft entweichen, ehe sie unweigerlich selber lächeln musste. Das erste Mal seit langen war dieses nicht gespielt, nur glücklicher machte sie es in diesem Augenblick nicht wirklich, als sie merkte, wie Rot sie geworden sein musste. Sie nickte hastig und bewegte ihre Hand noch zum kindlich wirkenden Abschied. „Pass auf dich auf“, waren die Worte, die ihre eiligen Schritte zurück in die Halle verfolgten. Erst am Terminal irrten ihre Gedanken den gewohnten Weg, versuchte zu verstehen, was für eine Bedeutung das eben Passierte trägt, warum sie den Mut nicht aufbringen konnte, etwas zu sagen und ihr Kopf nur noch wirre, vernebelte Bilder, die sie vorher klar in sich trug, hatte.
Im Flugzeug machte sich Soraya in einem der ersten Klasse Sitze am Fenster bequem, beobachtete die Blicke der Leute, die auf ihr gerichtet waren und missmutig das Gesicht nach ihr verzogen.
Wenn das alles gewesen sein sollte, dachte sie, könnten die Menschen ihre legere Kleidung, die aus dem hintersten Eck ihres Kleiderschranks kam, ruhig weiterhin anstarren. Sie quittierte diese mit einem Lächeln und nahm die Zeitung, die ihr angeboten wurde, dankend an.
Sie vertiefte sich in die Texte oder die Bilder der Zeitung, bis sie, von einem groß gewachsenen hellblonden Mann, der sich auffällig wie ein schwerer Sack, in den Sitz gegenüber fallen ließ, zurückgeholt wurde.
Ehe sie diesen Sack genauer in Augenschein nehmen konnte, machte es ein Anderer ihm neben ihr gleich. Ihre Augen, die hinter dem braunen Glas der Sonnenbrille, an ihm hoch wanderten, konnten es nicht Glauben, dass ein schmächtiger Mann wie er, so viel Wind beim hinsetzten machen konnte.
Sie presste sich resistent in den Sitz, kein benehmen, aber First Class Sitzplätze, dachte sie, der Flug wäre verflucht. Dennoch umkam sie nicht der Versuchung, einen Blick auf ihn zu werfen, in dem sie den merkwürdigen Mann von eben erkannte. Ihr Herz rutschte in den Magen, als er sie mit seinem scharfen und zugleich weichen Blick traf. Soraya versuchte ihre plötzlich aufkommende Schamesröte durch ein Lächeln zu überspielen, was ihr sichtlich nicht so gelang, wie gewünscht. Er nuschelte etwas vor sich hin, billigte sie mit Argwohn, eher er sein Gesicht in die Hände vergrub.
Sie darf ihn nicht anlächeln, wie sollte es werden, wenn sie freundlich zu ihm ist und bei all den guten Geistern, für ihn viel zu gut roch.
Lennes versuchte sich zu konzentrieren und zerbrach sich gleichzeitig den Kopf darüber, wie er ihr helfen könnte, wenn er sie doch gleich am liebsten begehren wollte.
War sein Auftrag nicht der, dass sie alles vergessen muss, damit die Mächte nicht gezwungen waren, mehr Leben zu nehmen, als unbedingt nötig?
Er musste Soraya von ihrem Vorhaben, nach ihren Träumen, die ihr der Alp bringt, zu forschen abbringen. Nicht nur um sein ewiges Leben zu schützen, ihres, das menschlich ist, war viel kostbarer. So kostbar, dass er es bei den Kreaturen, bei denen er in Schuld stand, nicht glauben konnte.
Während Soraya einschlief, machte sich sein Freund aufmerksam, in dem er über das Geschöpf sprach, für das er in diesem Flieger saß.
„Ey alter, die Soraya Klein, ist so heiß“ Bei dem Klang ihres Namens, schreckte sie hoch. Der Typen hielt eine Zeitung mit ihren Fotos in den Händen.
„Zeig mal her“, riss der neben ihr, dem anderen das Magazin aus der Hand und betrachtete Soraya fast nackt.
„Ich würde die ja gern mal …“ schoss es dem Gegenüber aus dem Mund, brach jedoch ab. Der Schönling neben ihr, verteidigte sie auf seine Art, nicht darauf einzugehen, warum auch immer. Sie wollte schon selber sagen das blond an Männern bei ihr nicht so gut ankommt, aber sie verkniff es sich. Keiner sollte wissen, dass Sie es ist und auf alberne Spiele mit Männern hatte sie die geringste Lust.
„Lass es“, zischte er, ihr Nachbar den anderen an, knüllte das Magazin ein wenig zusammen, legte es beiseite und sah mit einem schüchternen Lächeln auf Soraya. Er versuchte ihre Reaktion zu fesseln, herauszufinden, was sie wohl denken mag.
Doch verwirrt wandte sie sich den Wolken zu, konzentrierte sich auf diese, während die beiden in eine Tirade einstiegen, dessen Worte ihr zum Glück meist erspart blieben. Kontakte war eines, was sie von dem Blonden hörte. Kontakte, das war etwas, was sie neugierig machte.
Dass die beiden so etwas, um hier reinzukommen brauchten, hätte sie sich auch denken können. Beide waren ebenso wenig passend für die erste Klasse gekleidet, wie sie selbst, aber als Rüpel kann man nicht genug Geld verdienen, um so etwas hier zu bezahlen. Auch wenn sie sich noch so sehr bemühte und die Ohren spitzte, verstand sie den Rest nicht, so, dass sie den Glauben bekam, er würde mich sich selber reden.
Gereizt sah Lennes auf die Karte, die Soraya mittlerweile zwischen der Zeitung etwas verdeckt hielt. Zu seinem Überraschen hatte sie sich schon mehr Informationen über die kuriosen Bauten rund um Los Angeles geholt als zuvor vermutet. Unbemerkt blieb ihr die Neugier nicht, sie schlug die Zeitung zu und schloss die Augen. Sie betete. Irgendwann musste der Flug enden.
Lennes seufzte, er hatte erkannt, dass er auffiel, wenn auch nicht genau wie. Er rief sich zur Besinnung. Mehr Freundlichkeit, vielleicht ein wenig Humor, irgendetwas musste ihm einfallen, dass sie keine Angst vor ihm bekam und es kam gerade recht, das es kurz vor dem Landeanflug Turbolenzen gab, weil Soraya offensichtlich ihre angespannte Haltung auf das Rütteln des Flugzeuges gerichtete. Audrey, der Blonde, jammerte während Lennes ihn provozierend nach seinen letzten Wünschen fragte, prasselte er eine ganze Reihe herab, dessen Wörter er erneut so schnell aussprach, dass sie nicht folgen konnte. "Und Du, was würdest Du noch gerne tun?“ fragte er tief im Sitz versunken, die Hände fest an den Armlehnen gekrallt und mit verbissenem Gesichtsausdruck, nach dem auch seine Aussprache klang. So musste ihre Mutter ausgesehen haben, als sie Sie zur Welt brachte. Soraya lachte leise mit erkennender Schadenfreude vor sich hin. Wer so selbstgefällig nach Frauen trachtet, geschieht es ganz recht.
„Pass auf, was du sagst“, du weiß nie, wer in deiner Nähe ist“ schellte es neben ihr und diesmal war die Stimme so laut, dass sie von selbst verriet, dass es für sie mitbestimmt war. Skeptisch drehte sich Soraya zu Lennes, der ein Lächeln ansetzte, das keine Fragen diesbezüglich mehr hervorrief. Er wusste, wer sie ist, aber woher? Und warum wusste er es aber nicht der Mann ihr Gegenüber. Nebenbei es sah fast so aus, als freuten sie sich abzustürzen, als wäre es ein Abenteuer und der Blonde, würde sich zuvor als verdammt guter Schauspieler entpuppen.
Nach der Landung, die weniger von Aufruhr gezeichnet war, standen die beiden Herren, wie von einem Tornado gejagt auf. Nur Lennes hielt kurz inne, lenkte seinen Körper wieder zu Soraya, und ehe sie in sein Gesicht versank, fasste sich ihre Stimme. „Woher weißt du …?“, versuchte sie ihn zu fragen, doch sein Lächeln brach ihre Worte ab. Sie besann sich seinem Glänzen in den Augen, seinem Lächeln, das Soraya fast als surreal erscheinen ließ und bevor sie sich fangen konnte, war er weit und breit nicht mehr zu sehen. Ihr blieb nichts anderes übrig als ihren Atem zu zügeln, der zuvor Hecktisch ihren Brustkorb bewegte. Soraya hätte sich zu gerne Gedanken um dass, was passierte gemacht, aber wie zuvor blieb nur Leere in ihrem Kopf.
Unzufrieden stieg sie wie die anderen Passagiere aus dem Flugzeug und immer unbewusst auf der Suche nach diesem Mann, bei dem sie, für die wenigen Augenblicke in seiner Nähe, die Wirklichkeit vergas. Nun ließ sie sich von der Menschenmenge zum Kofferband treiben, den sie, nachdem sie ihren gefunden hatte, zog sie ihn mit dem Wissen, dass sie essen muss, zu einem der Imbissstände. Ihr Appetit jedoch lies sie die Pommes mit dem Ketchup auf dem Teller zu einem kunstvollen Gemälde verschmelzen, schmeckte lieber den Schmerz, der ihr das Hungergefühl gab und ihr zeigte, dass sie lebte. Langsam bekam sie ihre selige zufriedene Stimmung wieder. Der Lautstärkepegel wurde etwas leiser und sie sah sich um. Es gab eine reale Chance, ohne andere Körper zu berühren, nach draußen zu den Taxen zu gelangen langsam stand sie auf, hievte den Koffer zurecht und stellte das Tablett sorgfältig zurück.
„Soraya“ hörte sie ihren Namen geflüstert, und als sie sich umdrehte, stand wie aus dem Nichts, dieser seltsame Mann vor ihr. Sie schaute ihm direkt in die Augen, in dem dunklen klaren Braun, und sooft sie auch an diesem Tag in seine Augen hat sehen können, stellte Soraya erst jetzt erschreckend fest, dass sie sich selbst in diesen Augen nicht widerspiegelte.
„Es tut mir leid!“
Skeptisch sah sie ihn an und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Sollte sie es als Beleidigung auffassen oder einfach so hinnehmen, weil er sich, seinem zu Trotz, für seinen Freund schämte.
Er lächelte jedenfalls unsicher. Für ihn stand viel auf dem Spiel, das Audrey so im Beisein einer Frau sprach, konnte er nicht ahnen. Es blieb Lennes nicht außer Acht, dass ihr Atmen flach war, dass sie vor Neugier brannte. Sie seufzte eingeatmete Luft heraus,
„Hey, hör mal“ und steckte ihre Daumen lässig in die Gürtelschlaufen. Beeindruckt streift ihn der Gedanken, dass sie nicht schlechter als er war, im Bezug auf Gemütslaunen.
„Falls es dich beruhigt, ich wollte auch schon immer mit Lenny Krevits, Joacim Cans oder so ins Bett gehen. Es sei ihm also verziehen“, schüttelte sie den Kopf.
„Ich bin Lennes“ antwortete er lediglich, sein Augenmerk von ihrem Brustkorb abgelenkt.
„Es ist aber unhöflich einer Dame, so gegenüberzutreten!“
„Warum weißt du, wer ich bin, aber nicht er?“
„Mh“ machte er, zog die Augenbraue hoch und lächelte abermals. „Das ist eine lange Geschichte“.
„Erzähl sie mir. Ich habe Zeit!“
„Nicht jetzt und auf keinem Fall hier. Ich verspreche dir, wir werden uns wiedersehen“, hauchte er ihr entgegen und verschwand nach einem Augenaufschlag, dass Soraya nicht in der Lage war, ihn zu folgen. Dort wo ihr Herz zuvor noch kraftvoll schlug, war nun Enttäuschtes wummern. Vielleicht war es auch gut so, dachte sie, auch wenn ihr die Zeit nicht im Rücken stand, so hat sie diese Reise unter einer anderen Absicht begonnen, als sich um einen Mann Gedanken zu machen, der wusste, wer sie war und für sie, sichtlich mit ihr spielte.
Versunken schlürfte Soraya ihre Füße zu den Taxen. Es dauerte eine Weile, bis sie eines in dem Trubel bekam.
Mittlerweile klebte der Pullover auf ihre Haut und nicht das beste Deo hätte den Schweißflecken standhalten können.
Gestresst griff sie nach Mehrmaligen hin und her hetzen jemanden das Taxi vor der Nase weg und stieg ein. Der Mann im feinen Anzug sah sie bitterböse an und fluchte auf sie ein. Froh über sich selber so eingegriffen zu haben, machte sie gelassen das Fenster hoch, so, dass nur noch dumpfe Klänge in das Auto drangen.
Der Fahrer guckte skeptisch. Ihm wäre eindeutig der Herr lieber gewesen. Sie verdrehte die Augen und nahm einen Fünfzigdollarschein, der locker in ihrer Tasche steckte heraus und wedelte damit herum. Der Herr mit dem wilden Bartwuchs nickte zufrieden und fuhr sie zu der gewünschten Adresse.
Im Hotel duschte sie den getrockneten Schweiß von der Haut, zog eine enge Hose, ein schwarzes Top und Stiefel an. Fummelte sämtlichen Armschmuck drauf, lackierte ihre Nägel schwarz und schminkte sich zum Outfit passend. Sei es drum das sie diese wenigen Spuren folgen wollte, aber es spricht dafür etwas die Umgebung kennenzulernen, einschlägige Clubs zu besuchen und vielleicht ein paar interessante Menschen zu treffen. Am nächsten Morgen nahm sie sich vor, würde sie bei Thomas anrufen, ihre einzige bereits engere bestehende Bekanntschaft aus ihrem alltäglichen Leben.
Soraya schlenderten alleine durch einige Bars, hinterließ an der einen oder anderen etwas mehr Geld, bis sie an dem Club ankamen, der als Tipp von Freunden auf der Liste stand. Sie hatten noch nicht ihren Drink,- so besoffen konnte sie nicht sein, dass sie den blonden aus dem Flugzeug schon als Fata Morgana sah. Oder es waren eindeutig zu wenig.
Sie setzte den Whisky an und trank das Glas in einem Zug leer. Dass sie die Augen einmal fest zu kniff und sich schüttelte, brachte nichts. Als sie die Augen öffnete, stand er noch immer da. Er erhob ein wenig seinen Kopf um machte eine Handbewegung zur Bedienung und entdeckte die, mit der er gerne ein Bett teilen wollte, gleich. Von da an fühlte sie sich kontinuierlich beobachtet, bis er wenig später wagte, sie tatsächlich anzusprechen. Dank des Alkohols war es ihr nicht mehr wirklich ins Bewusstsein gedrungen, ob er es nun wusste, wer sie wirklich war, nämlich die zu der er eine würg Grimasse machte oder ob er gerade auf dem Weg vom Regen in die Taufe war. Eigentlich konnte man davon ausgehen, dass sein Kumpel ihm das gesagt hatte. Er sprach sie, nach ihrem Geschmack etwas zu locker an, ließ ihn jedoch reden.
„Hey, schön das Du hier bist. Ich wollte dich schon immer kennenlernen“ und reichte ihr seine Hand entgegen. Soraya erwiderte es ihm nicht.
„Ist Nageln nicht das Eigentliche kennenlernen bei Dir?“
Er sah sie verschmitzt an als würde ihr Satz nicht, aber auch gar nichts in seinem etwas Kopf bewirken.
„Nein, wie kommst du darauf?“
„mh“, zuckte unschuldig sie die Schulter und hörte ihm weiter interessiert zu.
„Man kann doch nicht sagen, dass man mit jemandem Sex haben möchte, den man gar nicht kennt. Da gehört für mich mehr dazu. Ich kenne es nur zu gut“. Soraya weitete ihre Augen, „ahhh“ floss ihre Stimme über die Lippen.
Ihre nüchternen Zellen sagten ihr, dass sein Kumpel es ihm nicht gesagt hatte und nun war es an ihr, das Lachen zu kontrollieren.
Wenn der genau wüsste, was er da für einen Mist erzählte. Sie rollte mit den Augen, wer lässt so einen Kerl hier rein.
„Hey Audrey, hör auf zu flirten und komm wieder her“ wurde er von einem aus seinem geschlossenen Kreis gerufen und winkten Soraya dezent mit einem lächeln zu.
Sie schenkte ihnen dankbar die gleiche Geste.
„Audrey passt zu Blondie“ sagte sie ohne große Betonung, als er kehrt machen wollte und sie mit den Worten „Tanzen wir gleich?“ und einem Augenzwinkern sich nur für kurze Zeit verabschiedete.
Sie nippte an ihrem Glas, wo sollte dieser Abend noch hinführen. Zwei kleine Schritte setzte sie voran, dann war sie wieder so nah an der Theke, dass sie sich stützen konnte. Neugierig verfolgte sie Audrey. Vom Gesicht her sah einer in seiner Runde mit dunklen lockigen Haaren und ein gutes Stück kleiner gewachsen als Audrey, jemanden unheimlich ähnlich aber sie konnte es in keinster Weise zuordnen. Wie viele Leute sieht man in solch einem Job, da konnte man bei Gesichtern kein fotografisches Gedächtnis mehr haben, wo noch der Stempel mit Namen drauf versehen war. Aber irgendwas Gehässiges würde ihr für dieses Blondchen schon noch einfallen, davon war sie sehr überzeugt.
Bei den Scherzen der Anderen an dem Tresen lenkte sie sich schnell wieder ab, aber es sollte nicht von langer Dauer sein,
warme Züge spürte sie an ihrem Hals, bis eine mittlerweile ihr bekannte Stimme flüsterte,
„ich habe es ihm nicht gesagt, wer Du bist. Es ist besser so für ihn.“
Ein wenig legte sie ihren Kopf zur Seite, lächelte und drehte sich um.
Soraya nahm das Glas von sich und hielt es lässig am Rand gehalten runter. Ihre Blicke harrten im Wechsel zu seinen beiden Armen, auf einer engen schwarzen Jeans und zu dem ganzen Mann passend, ein rotes Hemd. Alles war für Sekunden gut, bis ihr Blick auf seinem Hals innehielt sowie im gleichen Augenblick ihr Atem stockte, dann kniff sie die Augen zusammen. Seine Anwesenheit brachte ihren Puls in schwindelerregend höhe. Lennes betrachtete das schnelle Pulsieren in ihren Adern, er wusste noch nicht, was er mit ihr machte, wenn sie soweit wäre. Bei ihr dauerte es länger, als bei anderen. Nach tiefen Atemzügen stieg Charme ins Gesicht. Lennes unterbrach sie lächelnd in dem Er sie auf die Tanzfläche zog und in wenigen Sekunden so eng an sich zog, dass sie sein Einatmen an ihrem Bauch spürte.
„Weißt Du was mit der Frau im Flugzeug und Dir gleich ist?“ hauchte er an ihr Ohr. „Du riechst gut“
„Ich habe nach Menthol gerochen“ gab sie etwas kichernd zurück.
Er sah auf und schüttelte leicht den Kopf.
„Ein wenig, aber das Andere ist viel stärker“.
Er machte eine kurze Pause.
„Welches andere?“ fragte sie neugierig. Lennes wusste geschickt auszuweichen und bestellte nach.
„Was ist mit der Geschichte?“
Lennes grinste und legte seine Wange an ihre.
Die Sensoren fanden seinen Geruch vermutlich nicht weniger anziehend. Sie genoss bei jedem Atemzug ihn aufzunehmen und fühlte sich spürbar erregter, wenn wer nah an ihrem Ohr ausatmete. Genüsslich schloss sie ihre Augen und legte den Arm mehr um seinen kühlen Hals um diese Augenblicke festzuhalten. Nach kurzer Zeit löste er sich von ihr,
„komm trink etwas“ sagte er mit rauchiger Stimme, dafür sprachen seine Augen klare Worte. Sie lächelte und ließ ihre Hand sanft in seine Fallen.
Das heiße Blut in ihren Adern sackte schnell ins kühle und wirkte wie starr, als sie an der Bar ankamen und Lennes Getränke bestellte. Er wurde von seinen Freunden mit wichtigem Grund eingezogen und verabschiedete sich mit vielen entschuldigten Worten bei ihr. Der Abend hatte ihr das Beste genommen und so fuhr sie direkt zum Hotel zurück. Vorsorglich nahm sie eine Schmerztablette, zog ihre Schuhe aus und legte sich mit ihren Klamotten auf das Bett. Schneller als sie erwartet hatte schlief sie ein.
Am nächsten Morgen konnte Soraya sich nicht daran erinnern, über das, was war, noch nachgedacht zu haben. Nur mit Mühe öffnete sie die Augen und das Erste, an das sie dachte, war er, dass sie in Wiedersehen wollte. Die Welt nie klein genug. Die Chance ihn wiederzusehen war gerade zu an die Hundert Prozent aussichtslos, bis ihr einfiel, dass beide über ein ausverkauftes Konzert sprachen zu dem sie gerne gehen wollten. Dank Thomas, der immer wieder die passenden Beziehungen parat hatte, war es ihr tatsächlich gelungen noch Karten zu ergattern. „Vergiss es, hör auf zu fragen und mach einfach, ja?“ forderte sie Thomas.
Nach seiner Zusage machte sie sich fürs Frühstück fertig und tänzelte kurz darauf die Treppe herunter. Alles war noch ruhig. Die Uhr die hübsch verziert im Frühstücksraum hing sagte ihr auch den Grund dafür, 6:12 Uhr tickte sie willig vor sich hin. Drei Stunden zuvor war sie erst ins Bett gekommen und nicht wunderlich war Thomas gereizter Ton. Vom Elan verlassen, ließ sie sich auf einen der Stühle fallen und wartete ...
...Und wartete so lange, bis einer der Hotelangestellten ihren Kopf eine Stunde später von der Tischplatte holte und sie darauf hinwies, dass dies kein Schlafplatz sei. Völlig desorientiert rieb sie die Augen und wackelte, nachdem sie sich gefangen hatte, zum Aufzug. Im Zimmer, unter der Dusche stellte sie ihren Haarwuchs am Körper auf null und hüllte sich wenig später in bequemen Sachen. Passend klopfte es an der Tür und Thomas überreichte ihr zerknirscht die Bitte. Sie las die sorgfältig aufgeschriebenen Worte und reichte sie ihm zurück.
„Jetzt sagen Sie nicht, dass ich das Machen musste, damit Sie etwas zu lesen haben“ sagte er angesäuert.
„Nein“ spielte sie ihn wieder runter und erzählte ihm von den Typen aus dem Flugzeug. Soraya stellte sich so hoch, wie sie konnte auf die Zehenspitzen, um näher an sein Gesicht zu kommen,
„Würdest Du mir bitte einen Umschlag fertigmachen und zwei Karten für das Konzert reinlegen und sie über einen Boten ihm dies zukommen lassen?“ hauchte sie ihn so lieb, wie sie konnte ins Gesicht. Thomas stöhnte genervt auf, sie wusste, dass er ihren bittenden Blicken nicht standhalten konnte.
„Und warum zwei?“
„Damit er noch jemanden mitbringen kann, vielleicht mich?“
„Soraya!“
Thomas dachte mit einem amüsanten Gesichtsausdruck nach das Sie erst gar keine Worte fand.
„Schlägereien gibt es wenn auch ohne das dabei bist“
„Thomas!“ sagte sie warnend, „mach dich nicht lustig“.
„Nach der Geschichte, die Du mir erzählt hast, ist es mehr als lustig. Aber jetzt mal im Ernst. Wenn Du zwei Karten schickst, könnte es sein das der Blonde mitkommt, Du verstehst? Ich will nur helfen, nicht das er dich ignoriert“ sagte er noch, erhob kurz die Hände und verschwand, mit dem Namen auf dem Umschlag, amüsiert aus ihrem Zimmer.
Der Rest des Tages fand schnell den Abend. Thomas überbrachte ihr rechtzeitig, dass der Brief mit den Karten via Bote unterwegs sei und er telefonische Bestätigung gefordert hatte, sobald sie Lennes erreichen würde. Von da an zog sich die Zeit und jede gedankliche Bitte, die Zeiger langsam zur Stunde x zu bringen, schlug fehl. Sie wühlte ihre langen dunklen Haare zusammen und legte sie nach vorne über die Schulter, setzte sich auf den Boden und lehnte ihren Kopf an die Wand. Sie sah dem treiben zu, die erfreuten Gesichter der Anderen, die sich in der Lobby des Hotels sammelten. Lennes kam nicht wie erhofft, stattdessen trat Thomas neben ihr, „Hey Du wunderhübsche einsame Dame“, setzte sich zu ihr und reichte ihr ein Glas. „Es tut mir leid für dich.“ Sie nickte kurz und stieß ihres auf ein Wohl an seins.
Er legte seinen Arm um ihren Hals und drückte den Kopf runter fest an seine Brust.
Von der Rezeption lief ein Page auf sie zu, „Hier, das ist für sie eben abgegeben worden“, japste der kleine Mann.
Hallo Soraya,
es tut mir Leid, aber ich habe den Brief zu spät bekommen und konnte es nicht mehr schaffen. Was machst Du heute Abend, hast du vielleicht noch Zeit?
Lennes.
Unter seinem Namen stand eine Handynummer. Thomas hatte längst die Zahlen in sein Handy getippt und reichte es ihr „komm mach schon“ sagte er fordernd, „Wir wollen uns doch nicht den Abend verderben lassen weil ein Typ dir den Kopfverdreht hat“. Sie riss ihm das Telefon aus der Hand und ihre Lippen zogen sich zu einem breiten Grinsen, als sie die Nummern durchwählen ließ. Eine gute Stunde später war sie wieder dort, wo sie am Vortag aufgehört hatten. Lennes sah sie nicht auf dem Platz vor dem Club und auch nicht drinnen nahe am Eingang. Sie suchte sich durch, bis sie ihn aus der Menschenmenge heraus sehen konnte. Er trug wieder diese Schwarze enge Hose, diesmal mit einem engen weißen T-Shirt mit grauem verwirrendem Aufdruck. Er stand einfach da und schaute sie an. Soraya war wie angewachsen auf ihrem Platz stehen geblieben und hielt Augenkontakt, selbst als er die Schritte auf sie zuging, senkte er den Blick nicht länger als nötig.
Es schien als wollte er an ihr vorbei gehen, sah sie aber mit einem festen Blick und einem zarten Lächeln an und nahm ihre Hand. Schnell lief er und zog sie hinter sich her. Lachend fanden sie sich an der frischen Luft wieder, riefen ein Taxi und fuhren zurück ins Hotel.
„Puh“, machte sie, nachdem Soraya lange, die Luft von draußen einbehielt und er in der Lobby wieder ausatmete. „Alles klar“, fragte Lennes, als sie im Fahrstuhl standen. Sie schüttelte den Kopf. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie den Aufzug wieder verlassen konnten. Zögernd stiegen sie heraus. Lennes lief vor ihr her als wüsste er genau, welches Zimmer sie hatte. „Warte“, hörte sie den samtigen Klang seiner Stimme und Soraya wäre beinahe unsanft gegen seinen Körper geprallt. Er erhob seinen Finger und strich ihr die Haare nach hinten, roch an ihr und als er anfing an ihr Ohr zu knabbern, stieß sie einen erwartungsvollen Seufzer aus. So mächtig, wie er sie in die nächste erreichbare Ecke trug und derart leidenschaftlich wurde sie bisher nie geliebt. Während sie nach Atem rang, sah er zu, wie ihr Körper nach Normalität rang und das pulsieren in ihren Muskeln verebbte.
Durch einen dumpfen Knall, dem Stöhnen und Ächzen aus dem Flur, in dem sich Sorayas Zimmer befand, fuhren sie erschrocken zusammen. Soraya eilte, suchte seine Hand und befahl ihn nachzusehen. Ihren Mut bremste Lennes. Er nahm nur ihre Hand entgegen und drückte sie fest in seine. Es war ein Moment in dem er wieder begreifen musste unter Menschen zu sein. Er seufzte gerade so Laut, dass ihr sein genervtes Verhalten nicht entgehen konnte. Dann gingen sie langsame Schritte in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. Sie konnten ein immer leiser Werdendes trampeln hören, sonst war Stille eingebrochen. Ihre Zimmertür stand ein Spaltbreit weit offen. „Schau bitte nach Lennes“, bettelte sie. Angst stand in ihren Augen als sie versuchten durch den kleinen Türschlitz zu sehen. Soraya wandte sich wieder zu ihm. „Ich glaube es ist besser ich gehe alleine rein“, versuchte er erneut Soraya von Weiteren abzuhalten „Nein, nein“, fauchte sie und schlug ihn dabei mit der Faust auf seinem Oberarm. Er zog einmal Feste an ihre Hand, „jetzt hör auf“ zischte er. Lennes versuchte etwas sehen zu können und rieb sich mit der anderen Hand die Stelle, an der ihr Schlag ihn traf. Immer menschlich wirken pflichtete er sich bei. Er drückte langsam mit einem Finger die Türe auf. Soraya hielt den Atem an, als er das hellbraun lackierte Holz Zentimeter für Zentimeter weiter aufdrückte. Sie lehnte ihre Stirn gegen seine Schulter und presste die Hand in seine fester zu. Dann spürte sie wie Lennes aufatmete. Seine Haut am Hals wirkte glänzender als ihr zuvor je aufgefallen war und seine Ader wölbte sich deutlich hervor. Als sie ihn ansah, lächelte er jedoch, „Du bist genauso unordentlich wie ich“, stellte er fest und löste für einen Augenblick ein paar angespannte Muskeln. Als sie sich ein möglichstes Bild machen konnten, drückte Soraya die Tür mit flacher Hand sperrangelweit auf und Lennes betrat trotz seiner Entwarnung nur mit einem zögernd den Raum. Sonderlich erleichtert fühlte sich Soraya nicht. Lennes Spannung war genauso deutlich zu erkennen, wie die ihre. Das Zimmer war nicht nur unordentlich, es war durchwühlt. Aber es gab keinen Grund für die Ursache der höchst seltsamen Geräusche. Ratten, so waren sie sich sicher waren es nicht. Nicht in so einem Hotel und auch die Art von Geräuschen war aus der Natur bekannt. In dem Zimmer waren nur ihre Klamotten verteilt und eine Nachttischlampe lag quer auf den kleinen Tisch neben dem Bett. Lennes löste sich von ihr aber sie folgte ihm, dicht hinter ihn ins Bad, den einzigen noch möglichen Raum. Lennes Körper war schlagartig wie erfroren, er machte ihr Angst, und sie fing an zu zittern, als er „Oh Shit“, leise aber so deutlich sagte, dass Verzweiflung klar in seinen Worten stand. Lennes hielt sich am Türrahmen und sackte auf den Boden in die Hocke. „Lennes“, schrie sie, aber es war zu leise, ihre Stimme brach ab, als sich ihr der gleiche Anblick auftat und der Schock sich auch in ihr verteilte. „Blut, überall Blut“, keuchte sie. Soraya schloss die Augen, sie wollte etwas herunter schlucken aber ihr Mund war zu trocken. Sie merkte, dass ihre Augen dafür umso feuchter wurden. Langsam öffnete sie wieder, aber alles war trotz jeder Hoffnung gleich. Die Türe stand halb offen und hervorragte ein Lebloser in Blut liegender Arm. Vor ihnen ein großer Mann mit einer klaffenden Halswunde am Boden, sein Blut sickerte in ihre Richtung, und grade als es ihre Schuhe erreichte, sprang sie einen Schritt zurück, viel aber nach hinten und zog ihre Füße ein. Das Blut verschwand auf dem beige Teppich und färbte ihn in seinen Fasern dunkelrot. Eine Zeit lang sahen sie zu, wie es sich ein Muster malte. Ihr Blick starr wanderte wieder auf der Leiche, die Jacke, die Kette mit dem großen Anhänger und die langen blonden Haare. Sie erschrak kurz vor ihren eigenen Tränen die auf ihre Haut vielen. „Da, da, das ist ...“, stockte sie im nächsten Moment herum und sah zu Lennes auf dem Boden. „Jetzt sag nicht Du kennst ihn“, stieß er hervor und zeigte mit dem Finger ins Bad. Seine Hand, die er kurz zuvor noch zum Zeigen verwendet hatte, stütze er wieder neben sich auf den Boden ab. Sie schwiegen, bis er Sekunden später apathisch aufsprang. Die Tränen die an ihrer Haut herab glitten auf seiner Hand schienen ihn mehr zu erstarren als das Blutbad in ihrem Zimmer. Langsam musterte sie seinen Arm hinunter bis zu seiner Hand, auf der ihre Tränen ruhten. Der Anblick von ihm und den Leichen brachte ihren Körper beinahe dazu, völlig das Gleichgewicht zu verlieren. Dann hörten sie wieder Schritte, diesmal schienen sie auf zu zukommen. Erschrocken sahen sie sich um, als die Schritte nahe bei ihnen zum Stillstand kamen. Soraya blickte in Eisblaue und selbst vor schreckgeweitete Augen, die blitzartig verschwanden. Er sah sich Lennes genauer an und lächelte. Es vergingen einige Sekunden, bis sie aus der Trance raus kamen, während Lennes längst versuchte ihn zu folgen. Er rannte aus dem Zimmer und stolperte fast einen Pagen im Flur um. Die Tür für die Angestellten viel grade ins Schloss als Lennes den Griff nahm und sie wieder öffnete und der Person hinterherlief. Lennes stand gerade auf der Straße, als er Soraya erblickte. Völlig außer Atem, hechtete sie nach ihm. Der Mann fand seinen Weg weit weg von ihnen und Lennes paddelte mit seiner Hand nach Sorayas ohne sie anzusehen. „Wir gehen jetzt ganz normal rein und fahren mit dem Fahrstuhl wieder hoch. Dann ist alles vorbei“, sagte er langsam. Soraya reckte ihren Körper nach vorne und griff nach seiner Hand, damit er endlich mit dieser Bewegung aufhörte. Sein Blick war noch immer zur Straße gerichtet. Das, was sie in seinen Blick sehen konnte, war das Gefühl gerade unerwünscht zu sein, als könne er ohne sie schneller rennen. Als wäre er ohne sie stärker. Soraya hoffte, dass es nur ein übler Traum gewesen war oder ein Horrorfilm wie Brainscan. Alles passierte aber nicht wirklich. Dicke Tränen kullerten wieder über ihre Wange. Es war zu schmerzhaft, viel zu real und wie gerne hätte sie ihn getröstet aber er sah nicht geschockt oder gar traurig aus, lediglich verzweifelt und hilflos. Wie gerne hätte sie sich ihm in seinem Gefühl angeschlossen. Er drückte ihre Hand und wandte sich zu ihr um. „Wir müssen die Polizei rufen“, sagte sie und nickte zeitgleich vorsichtig. Das hätten sie sofort tun müssen. Aber für derartige Überlegungen war keine Zeit, der Schock war zu tief und nur der Instinkt hatte Lennes wiederrum die Treppe hinunter geführt. Er fummelte sein Handy aus der Hosentasche und tippte auf der Tastatur herum.
Sie umklammerte seinen Arm und presste fest ihre Lippen auf ihn und drückte die Augen zu. Lennes drehte sich und legte seinen Arm um sie, „Wir müssen hier verschwinden, Sie werden unsere Spuren über dem Blut finden“, und krallte seine Finger fest in ihre Haare. Nicht der Schmerz seiner Nägel brannte, nur die Angst auf der Haut. Im nächsten Augenblick rannten sie schnell aber so leise sie konnten die Straße entlang, bis Soraya sich ächzend in eine dunkle Gasse erschöpft auf den Boden vielen ließen. Ihre Frage, warum er nicht außer Atem sei, ignorierte er. Irgendwann würde sie aufhören Fragen zu stellen. Lennes wuschelte Soraya durch die Haare und drücke ihren Kopf an seine Brust. „Was sollen wir jetzt bloß tun?“ wechselte sie von selbst das Thema. Er presste seine Lippen gegen ihre Haare, sagte aber kein Wort. Sie lauschten den Rädern, die über die Straße rollten, hörten betrunkenen Menschen zu, die sich nach langer durchzechter Nacht auf den Weg nach Hause befanden und bei jeder noch so weit entfernter Sirene zuckte sie zusammen. Manchmal hörten sie am Atemzug des Anderen, das versuchte wurde, etwas zu sagen, blieben jedoch still. Erst das Knallen der Zeitungspakete, als die Sonne anfing aufzugehen, lies sie aus ihrer eingesteiften Position aufrichten. Lennes löste sich von ihr und richtete sich weiter auf um eines der Pakete an sich zu ziehen. Wie sie aus der Zeitung erfuhren, wurden beide Leichen ein unerklärlich hoher Blutverlust festgestellt. Soraya dachte an den von Blut gefärbten Teppich, aber für zwei Menschen war es selbst ihr zu wenig vorgekommen. „Amateurhaft“, stieß Lennes vor und schüttelte unglaubwürdig den Kopf. „Willst Du jetzt anfangen zu scherzen Lennes? Das ist nicht der richtige Augenblick dafür“. Kurz sah er von der Zeitung auf und fixierte ihre Augen mit seinen und schüttelte den Kopf. „Was sollen wir tun Lennes“, „Soraya?Wer war der Tote? Du hast auf ihn gezeigt als würdest du ihn kennen“, Lennes sagte es so schnell hintereinander das ihr klar war, das ihm das genauso gut entgangen sein musste wie ihr. „Der Mann der sah aus wie Thomas“, „Wer bitte ist Thomas?“ fragte er skeptisch und belustigend zugleich. „Thomas arbeitet für die gleiche Redaktion wie ich. Er ist so zu sagen ein Mädchen für alles“.
„Und was bitte sollte er in deinem Zimmer gesucht haben?“, „Lennes, ich weiß es nicht“. Dann wurden Gedanken über eine Lästerei wach die sie auch, als diese abgetan hatte, „Ich habe nur mal gehört, dass er in einer Gruppe Aktivisten war. Die Gruppe hatte ein gewisser Stinner, so nannten sie ihn, gegründet. Der Hauptumschlagplatz war hier in der Nähe von L.A., nur wenige waren aus Deutschland. Aber wo es genau drum ging, weiß ich nicht, mehr wurde mir nie erzählt.“, „Bei Redlands?“. Soraya runzelte die Stirn, „ich weiß ehrlich gesagt nicht, wovor ich mehr Angst habe. Davor das in meinem Hotelzimmer zwei Leichen fast ohne Blut liegen oder vor dir!“ Lennes Atmete nicht die Luft aus, eher glich es einem sarkastischen zischen, „such es dir aus“, murmelte er.
Sie konnte sich an dem Namen des Ortes gut erinnern. Einer ihre Bekannten aus Deutschland wurde in diesem Ort in einem kleinen Häuschen Tod aufgefunden.
Lennes drang darauf Soraya unterzubringen und das Haus, ohne sie ausfindig zu machen. Entgegen Soraya, wusste er ganz genau, was dort zu Gange war. Und seinen Gleichen war ein schwerwiegender Fehler unterlaufen. Nicht nur das sie ihn verfolgen so taten sie alles darum ihn in Schwierigkeiten zu bringen. Nach seiner Meinung war ihnen Thomas einfach nur über den Weg gelaufen. Ein unglücklicher Zufall, der seinen Tod forderte. Und nun hatte Soraya zu viel gesehen, obwohl sie es nicht mal wusste. Aber es war ein Urteil um ihren Fortbestand im Leben.
Ein Taxi konnten sie sich nicht erlauben. Er alleine würde nicht lange brauchen. Aber ohne sie aufzuklären, könnte er nicht mit ihr zusammen mit seiner Schnelligkeit sich auf den Weg machen. Es musste so natürlich aussehen wie nur möglich. Der Clan fände ihr Wissen ohne Probleme heraus und dann wäre sie Tod ohne ihn an ihrer Seite. Lennes schüttelte seine Idee Soraya irgendwo unterzubringen schnell ab. Er nahm ihre Hand und ging in die entgegengesetzte Richtung, als das Hotel war. „Hier lang, wir müssen in Richtung des Riverside, dann sind wir auf jeden Fall richtig, um hier rauszukommen“. Soraya zögerte für einen kurzen Moment aber Lennes gab ihr einen Ruck und lächelte zaghaft, „komm Bonnie“, und drückte seine Hand fester zu. Er winkte vor ihren Augen, damit sie wieder völlig in der Realität war. So schrecklich es auch war, entlockte Lennes ihr damit ein Lächeln, „Ist gut Clyde“. Er verschwand für wenige Minuten aus ihren Augen, um zu telefonieren. Was er am Telefon sagte, konnte sie auch nicht verstehen. Aber er kam mit Basecaps, Jacken und Geld zurück. Ein Busplatz war ganz in ihrer Nähe und mit dem Geld, das er hatte, konnten sie sich ein Busticket ohne Risiko leisten. Es fühlte sich an als wäre ein gutes Stück Last heruntergefallen, wenn sie auch noch nicht wusste, wieso er so schnell zu diesen Utensilien kam.
Nach den letzten Stunden hatte sie ein unbändiges Gefühl Lennes in die Arme zu nehmen. Seine Brustmuskeln wölbten sich durch sein Shirt, das sich regelmäßig bewegte. Das Weiße an dem Stoff war längst mit dem Schmutz der Straße und nicht zuletzt mit dem Blut des Toten beschmutzt. Seine Haut klemmte förmlich an seinem Shirt. Wären sie nicht in dieser elendigen Lage gewesen, hätte Soraya ihn aus einem ganz anderen Grund, an sich herangezogen. Ihre Brust spannte sich, sie spürte das sie dieser Anblick erregte. Lennes griff an dem Shirt in der Mitte und zog es sich von der Haut, damit es wieder lockerer saß. Soraya zuckte ein wenig aus ihren Gedanken. „Hey alles klar?“, fragte er, als er ihre Reaktion bemerkte. Übertrieben heftig nickte sie.
Lennes stieß sie nach einer Weile an, nur um das Schweigen zu brechen und wies als Erster auf etwas an, womit Soraya und ihre Zunge, seit einiger Zeit beschäftig war. „Du hast Mundgeruch“, lächelte er schüchtern, nur um ihr zu zeigen, dass er es nicht böse meinte. Zum Kampf gefordert, setzte sie ihre Hände auf der Hüfte, „Du stinkst viel mehr“, und grinste frech. Lennes zog den Mund zum Kuss zusammen und nuschelte mit dem Kopf immer näher kommend, „Küss mich Baby“. „Bah Lennes, Du bist ekelig“. Lachend drückte sie ihn mit flacher Hand seinem Mund weg. Lennes tat es ihr gleich. „Du lachst ja!“ stellte Soraya fest. Als ich sie aus seinem Griff löste und ihn an sah. „Dein Geruch ist wie Extasy das sich im Körper verteilt, wenn man damit in Berührung kommt“. Sie lachten immer lauter, bis es auf einmal dunkel wurde. Schreie pochten schmerzhaft in ihren Ohren.
Doch da war dieser starke Luftzug und ein heftiger Schmerz der Soraya zu Boden brachte.
Sie schrie, „Nein, nein“ und schüttelte energisch den Kopf.
„Sie wacht auf“, hörte sie eine immer heller werdende Stimme. „Lennes?“, fragte sie leise. Fremde packten sie und diesmal schrie sie „Lennes?“. Ächtzend spürte sie wieder einen Körper. „Ich bin da. Mach die Augen auf.“ Soraya riss ihre Augen auf und starrte auf Lennes, dessen dunkles Haar feucht glänzte. Das es Blut war konnte sie gut erahnen. In seinem Gesicht waren Spuren davon, dass sich die klebrige Flüssigkeit durch einfache Bahnen an seinem Auge und Schläfe den Weg nach unten suchte. „Du, wir“, mehr konnte sie nicht sagen, nicht einmal ihr Körper konnte sich überwinden einen Arm nach ihm auszustrecken, um ihn zu berühren. „Hast du auch so ein wirres Zeug geträumt?“, fragte er sie. Sorayas Stimme war heiser und atmete schnelle Züge der nach Blei riechenden Luft in ihre Lungen, anders als sie es zuletzt gesehen hatte. Sie sah in braune, ängstliche und wirre Augen, die sie zu trösten versuchten. Sie wollte es ihm gleich tun, ihn trösten und nicht dort liegen, wo sie sich kaum bewegen konnte. Das Einzige was sie wollte war ihn. Sie schloss ihre Augen und die angesammelten Tränen drücke sie heraus und sie liefen die Wange hinab. Langsam machte sie, die Augen wieder auf, es hatte sich wieder entgegen ihres Wunsches, nichts an der Umgebung geändert. Wirr sahen sich ihre Pupillen im Raum um. Harrte an Lennes Shirt, aus was am Rückenteil des Shirts mit Blut getränkt war, was er sich in dem Moment nach vorne ab von der Haut zog. Was war passiert? Mit Grauen wurde ihr bewusst das, dass nasse, was sie unter sich spürte, die gleiche Substanz sein musste, die Lennes am Shirt und im Gesicht hatte. Schrecken überkam, dass sie beide im Blut lagen. Sie versuchte zu nicken, obwohl sie nicht wusste, ob es wirklich so war, doch der stechende Schmerz in ihrem Kopf hielt mich davon ab. „Was ist passiert?“, keuchte ich nach dem Versuch, „und wo sind wir?“. „In Sicherheit. Du hast nur schlecht geträumt“. Mit ruhiger Stimme versuchte Lennes es ihr etwas zu erklären vorsichtig drehte sie sich ein wenig, mit zusammengebissenen Zähnen zu ihm um. Bis sie nichts mehr an ihm sah, was sich bewegte. Blitzartig drehte sie sich, mit einem heftigen Stöhnen, zu den anderen fremden im Raum, dann verschwamm alles erneut. Als sie wieder aufwachte, konnte Soraya die Sonne am Horizont untergehen sehen. Das Schmerzmittel und gut möglich das sie auch Beruhigungsmittel verabreicht hatten, ließen nach. An dem Schlaf, an die Fahrt ins Krankenhaus, das sie in das helle Zimmer gebracht wurde. All das wusste sie nicht mehr. Die Schwester brach die Stille im Raum und stellte ein Tablett, das sich, nach dem sie es abgedeckt hatte, als Abendbrot herausstellte. Bevor sie es ablehnen konnte, flimmerten die Bilder von dem Mann ihr vor den Augen, wie das Blut aus der klaffenden Wunde herausquoll. Fast im selben Moment übergab sie sich. Die Schwester drückte ihren Kopf zurück in das Kissen und versuchte sie zu beruhigen. „Wo ist Lennes?“ fragte sie, als ihr Atem wieder regelmäßiger wurde. Ärgerlich und angewidert entfernte die Frau die getroffenen Stellen, dann erst gab Sie eine Antwort, „Er wartet draußen. Mr. Carter hat sie ins Krankenhaus gebracht. „Sie haben eine Gehirnerschütterung und einen schweren Schock. Die junge Frau nickte, als sie weiter nach ihm verlangte, und ging mit dem Tablett wieder aus dem Zimmer. „Ich will wissen, wo Lennes ist“, schrie sie ihr nochmals hinterher bekam aber keine Reaktion darauf, „Blöde Kuh“ nuschelte sie vor sich hin, und wenn sie alle wieder weggehen, ohne ihr etwas zu erzählen, musste sie selber versuchen Lennes zu finden und setzte sich langsam auf. Schon in dem Moment kreiste das Blut verrückt in ihrem Kopf. Bis zur Tür würde sie es schaffen. In dem Moment wurde die Tür wieder geöffnet und Lennes herein. „Machen sie langsam“, sagte die gleiche Frau von eben ihr entgegen. Diesmal beachtete Soraya sie nicht. „Lennes“ lächelte sie, die einzige Sonne am Horizont die oben war. Er trug mittlerweile eine Jogginghose und ein einfaches, sauberes T-Shirt. „Hey“ lächelte er zurück, „war wohl eine ganz heiße Nacht mit uns“, versuchte er gleichzeitig zu scherzen. „Ja, sie war so hemmungslos“, kicherte sie erleichtert ihn zu sehen aber dennoch unsicher zurück.
Die Schwester verließ mit ihren knallfarbenen Gummischuhen wieder den Raum während Lennes sich zur Seite drehte und die hellgelbe Wand anstarrte, legten sie ihre Hände in den Schoß und warteten, bis einer den Anfang machen würde.
„Konntest Du was essen?“ und richtete seinen Blick wieder Soraya. Sie schüttelte den Kopf und wanderte Lennes mit ihren Augen ab der sich wieder zur Wand richtete. Sie räusperte sich, ihr Mund war trocken und so dauerte es, bis sie etwas Klares heraus bekam. Lennes krabbelte derweil mit seinen Händen Sorayas Beine hoch und nahm ihre Hände in seine und zog so an den Armen, dass sie unweigerlich in seine Richtung rutschte, bis sie auf seinem Schoß landete. Er ließ ihre Hände los und legte seine um ihren Brustkorb. Soraya schloss ihn so in die Arme, dass nur noch auf seiner Schulter Platz für ihren Kopf war. Rücksichtslose Lautstärke forderte beide auf sich zu lösen und kündigte den Arzt an.
„Hast du auch den Mann mit den eisblauen Augen gesehen“, fragte sie, als sie wieder alleine waren. Lennes schüttelte den Kopf. „Niemals werde ich diese Augen vergessen“ sagte sie noch. „Soraya du hast geträumt. Lediglich hast du dich am falschen Zeitpunkt am falschen Ort befunden und einen über den Kopf bekommen“. „Das kann nicht sein. Du hattest auch Blut an dir!“ „Das war deins von der offenen Kopfwunde. Du bist ganz schön hart erwischt worden. „Dann ist nichts von den Bildern wahr die ich gesehen hatte?“ „Nein, aber was hast Du noch geträumt?“ „Redland“. Lennes nickte überlegt, sein Ausdruck wechselte von Überraschen bis ins verzweifelte. Sein Plan schien nur zum Teil aufgegangen zu sein. Eigentlich sollte sie glauben alles nur geträumt zu haben. Marwens Schlag auf sie war zu feste, Bluten sollte sie auf keinen Fall. Wäre Marwin und er nicht schon so alt und geübt, wäre das ganze wahrscheinlich ganz anders ausgegangen. Als Soraya am Nächsten morgen neben Lennes aufwachte, bereitete er das Frühstück, das ins Zimmer gebracht wurde, zu. Er ließ den Joghurt in das Müsli träufeln und als er dabei war ihr eine Banane dazu zu schneiden hörte er Sorayas stimmte krächzend etwas fragten „was machst du da?“, „Frühstück“ antwortete er noch immer nachdenklich. „Erzähl mir mehr von deinem Traum“, forderte Lennes nach mehreren Minuten des Schweigens. Soraya schüttelte den Kopf, wie konnte man nur so schnell wieder daran denken, wo sie doch versuchte, etwas in den leeren Magen zu bekommen, um womöglich der Schwester wieder eine Aufgabe zu bereiten. Lennes schien sich tatsächlich tiefgründig damit befassen zu wollen. Sie schob ihre Müslischale von sich und fasste sich zusammen,
„ich habe Dir im Traum erklärt, wer Thomas ist und von dem Haus“. Sie machte eine Pause.
„Ich würde gerne wissen, was es damit auf sich hat und würde gerne dahin fahren“.
„Das ist keine so gute Idee“ unterbrach er sie sofort.
Zwei Tage lag sie noch im Krankenhaus. Lennes nahm sie mit sich in sein Haus. Soraya mochte es, wie es eingerichtet war und vor allem, den dunklen Esszimmertisch, an dem sie saßen. Er gab ihr durch sein Verhalten den Grund für ihre Heiterkeit und die Gabe durch diesen Vorfall ihn dennoch Atemberauben zu finden. Soraya kritzelte ungeachtet mit dem Bleistift auf einem Zettel herum und betrachtete Lennes immer nur unauffällig. Während sie all die Details die sie aus dem angeblichen Traum aufschrieb, fischte er ihr die Tabakkrümel aus ihrem Kaffee.
Lennes riss ihr, nach einer Weile den Bleistift aus der Hand, den sie schon annagte, ohne es zu merken. „Kommst du mit, wenn ich nach Redland fahre?“ Lennes nickte, auch wenn es ihm zuwider war. Der erste Plan von ihm ging nach hintern los und so musste ein weiterer her um sie davon abzuhalten. „Du grinst wie Huckleberry Finn Soraya, der seiner Tante erfolgreich die Speisekammer ausräumte“ kicherte er und versuchte unpassend ein wenig mit ihr zu flirten. Erst begriff sie nicht. „Aber Zäune streichen war und ist nicht mein Ding“, zeigte sie ihm einen Vogel.
Wenn er sie eindringlich ansah, kribbelte ihr Körper, und wenn sie schnell wieder wegsah, weil er ihren Blick eindringlich standhalten wollte, wurde sie Rot. Aber er hielt immer Distanz, was sie immer wieder enttäuscht feststellte.
Gemütlich fuhren sie die Straßen entlang, schauten alles an, bis sie das Ortsschild passiert hatten. Sie fuhren durch den dichten Wald, der nur noch ein Pfad bot, der einst ein richtiger Weg war, bis sie an der Stelle ankamen. Das Haus gab es nicht mehr. Es waren nur noch Stellen von einem Brand erkennbar. Sie stiegen aus und liefen die Stelle ab. Was sich Soraya davon erhofft hatten, wusste sie nicht mehr, ihre Fantasie sah anders aus. Lennes lachte erleichtert auf. „War das nicht ein Abenteuer?“ „Meinst du die Fahrt oder die Planung?“ Soraya war sichtlich enttäuscht während Lennes immer mehr seine Heiterkeit zurückerlangte.
Er sah in ihre Augen, von denen er mehr als ein Mal beeindruckt war, bis er vor ihren Augen verschwand und noch bevor sie irritiert sein konnte, umfasste er sie von hinten und drückte sie fest an sich, „und was ist jetzt mit uns?“, „mit uns?“ fragte Soraya zurück. Sie konnte es nicht fassen. Lennes drehte sie, dass sie ihn in die Augen sehen musste. Während Soraya dachte, dass er nur auf das eine hinaus wollte, zerbrach Lennes sich ganz anders den Kopf.
Er kannte dieses Gefühl nicht aber es bescherte ihm Glück und Schmerz zugleich. Er war niemals verliebt, nicht dass er wüsste und er merkte, dass er gerade jetzt etwas Falschen tat. Aber es waren zwei mit demselben Gedanken.
Liebe dürfte nicht wehtun und dazugehörten immerhin zwei. Soraya bekam weiche Knie, was sie ängstlicher machte als das ganze Geschehen. Wie sollte sie ihm etwas erklären, was sie selber nicht verstand?
Soraya schob seine Hände von sich und ging einige Schritte weiter. „Hey sorry unpassender als jetzt konnte es nicht sein“. Soraya verneinte es wortlos. „Was ist los?“, „Nichts lass mich einfach“ zischte sie und ging den Weg zurück zum Auto, bis sie auf Holz trat, in das sie einbrach. „Hast du dich verletzt? Soraya sag was“ dröhnte es von oben. „Nein alles gut“, sagte sie gelangweilt und staubte sich ab. Lennes machte sich daran das Holz freizulegen und immer wider vielen kleine Äste, Erde oder Blätter auf sie. Zwei Holzklappen hieb er schwer von der durchbrochenen Öffnung weg. Durch das Licht sah sie eine Leiter und rief ihm ihre Eroberung zu. Lennes Beine rannten das hörte sie durch das Laub und holte eine Taschenlampe. Nervös stieg er die Leiter runter. „Hier hast du noch etwas Abenteuer“ und leuchteten mit Lichtern durch den Keller. Sie betrachteten ein paar alte Möbel und Spuren, das dort jemand war und vermutlich Kisten raus holte. Auf dem matschigen Boden leuchteten sie Fußspuren und einen Wasserlauf, der durchging.
„Soraya hier ist nichts“, spielte er erleichtert, als sie darauf nicht antwortete, sprach er weiter, „Was ist los, hab ich was Falsches gesagt?“
Lennes wurde unsicher. Soraya hingegen reichte es. „Dich interssiert das alles gar nicht, stimmt? Warum nicht?“
Er versuchte sie in den Arm zu nehmen. Er konnte, er durfte es ihr doch nicht sagen. „Lass mich einfach in Ruhe“ und stieß seine Hand weg, als er versuchte sie wieder zu berühren. „Ich will das nicht mehr “„Was willst Du nicht mehr?“ „Na…“ winkte sie ab. Sie zog die modrige Luft in die ein,
Lennes versuchte ihr irgendetwas zu erklären jedoch prasselte alles sinnlos an ihr ab.
„Pah. Lass dein Gefasel. Ein Exposé eines Irren Menschen, brauche ich nicht“.
Lennes sah sie total irritiert an. „Weißt Du, was ich möchte?“
Lennes schüttelte noch immer perplex den Kopf. Durch so viel uneigennützige Männlichkeit fing ihr Blut an zu brodeln. Wie eine Furie ging sie ihn an, „ich möchte, an einem großen Strand eine riesige große Burg haben, und sämtliches Folterwerkzeug um dir sämtliche Haare einzeln auszuziehen, wenn Du verstehst, was ich meine?!“ und zeigte wütend von ihrer Stirn mit dem Finger auf ihn, „und das mache ich. Das schwöre ich!“ Lennes schien die Luft angehalten zu haben und sie versuchte ihre Wut durch Eingeschränktes hin und herlaufen zu kontrollieren, bis sie über Äste stolperte und mit dem Gesicht nach vorne in den Matsch viel. Als sie versuchte wieder aufzustehen, kniete Lennes, ohne Anstalten zu machen zu helfen, neben ihr und quietschte feststellend und amüsiert, „du hast dich in mich verliebt“ heraus. Sie versuchte in ihrer Position Luft die Rein war, einzuatmen. Zu ihrem Entsetzten aber nicht gelang und schlug mit geballten Fäusten in den Matsch bis Lennes sie umdrehte und sich halb auf sie legte. Um etwas sagen zu können, spuckte sie den angesammelten Dreck aus ihrem Mund und ihn mit Absicht direkt ins Gesicht. Er hielt ihre Hände fest, dann legte er sich mehr auf ihren Körper und Griff beide Handgelenke in einer seiner Hand allein. Als er sich mit dem Ärmel den Dreck wieder entfernte, zog er das Stück Stoff mit seinen Zähnen fast über die Hand und versuchte sie vom gröbsten zu befreien. Es ging so schnell das sie in der Zeit keinen Anlauf finden konnte, um seine Worte zu dementieren. Als er fertig war, sah er sie an, „und was machst Du mit den Geräten, wenn ich mich in Dich verlieben würde?“
Til 2 folgt
Texte: Bei der Autorin
Tag der Veröffentlichung: 04.04.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für meine Liebe. Für mein Leben