Ich löffle die letzten Erdbeeren aus dem Eisbecher und schaue ihn an. So liebenswert, so freundlich so nah und doch so unerreichbar. Das ist mein bester Freund, aber almählig wird mehr... zumindest bei mir. Ich weiss es wird alles zerstören, aber ich kann nun mal nichts dafür. Ich habe mich nun mal in ihn verliebt, aber ich habe keine Ahnung wie ich ihm das sagen soll. Soll ich es ihm überhaupt
sagen?
Der Kellner kommt. Wir zahlen. Wir stehen auf. Wir fangen an den Kirchplatz durchzuqueren. Wir reden. Wir lachen. Wir haben einfach Spaß, aber ich bekomme einfach nichts mit. Also ob nur Watte in meinem Kopf wäre. Es fühlt sich taub an. Ich weiß nicht wie er es schafft, aber er fragt mich tatsächlich was mit mir los ist, obwohl ich das größte Lächeln auf den Lippen habe, aber wahrscheinlich zeichnet genau das einen sehr guten Freund aus.
"Ach nichts! Ich denk nur ein bisschen zu viel nach.", antworte ich ihm.
Wir laufen 12 Minuten schweigend nebeneinander her. Wir kommen in den Park an. Mitten auf der Wiese steht ein Stein. Ich vergesse meine ganzen Gedanken, schubse ihn leicht an und renne auf den Stein zu. Er rennt mir hinterher und fängt an mich zu kitzeln und ich stolpere und wir beide fallen hin und lachen herzlich. Wenn ich mit ihm bin fällt das Lachen nie schwer, ich kann mich einfach fallen lassen. Jetzt muss ich wieder daran denken.
"Sag mal, hast du jemals daran gedacht, dass dein Leben eine Kreuzung sein kann?", frage ich ihn.
"Wie meinst du das?"
"Na stell dir vor: Du stehst in der Mitte einer Kreuzung und musst eine Entscheidung treffen. Ach vergiss es. Doofe Frage." Ich winke ab und fange an zu lachen.
"Nein, erklär's mir ruhig.", sagt er gelassen.
"Ist es ok für dich, wenn ich es ein ander mal tue?"
"Aber nur wenn du mich auf ein Kaffe einlädst!"
"Also schön!"
Er nimmt sein Fahrrad und fängt an es zu schieben. Wir laufen richtung sein Zuhause. Es fäng an zu tröpfeln. Na super! Der Tag hat doch so schön angefangen.
Wir laufen und sagen wieder nichts. Vorher konnten wir unsere Wortwasserfälle ja auch nicht stoppen.
Wir biegen ein. Die Straße kenn ich doch! Aber so sind wir noch nie gelaufen! Es fängt an richtig zu regnen.
"An was denkst du gerade?", fragt er mich wieder ganz gelassen.
"Ich glaub das weisst du schon."
"Ja kann sein, aber warum sagst du es mir nicht?"
"Vielleicht aus Angst? Aus Angst vor der Vergangenheit?"
"Wie meinst du das?"
Ich bleibe stehen. Er auch. Ein Auto fährt vorbei und spritzt mich nass. Es regnet schon so stark, dass man nicht mehr sieht, was in 10 Metern liegt. Die Tröpfchen tropfen von meiner Nasenspitze. Tränen füllen sich in meine Augen. Nicht vor Trauer. Ich weiss es eigendlich selber nicht warum. Es ist komisch. Ich glaube es ist einfach, dass ich nicht weiss was los ist. Ich meine was los ist in meinem Inneren. Er hat es noch nicht gesehen... Gott sei dank nicht.
Ich rase los. Ich renne. Noch ein bisschen, dann habe ich mein Ziel erreicht, ich habe doch gesagt, dass ich diese Straße kenne. Ich höre, wie er auf sein Fahrrad steigt und versucht mir verzweifelt hinterherzujagen. Der arme Kerl tut mir leid, hat keine Ahnung was mit mir los ist.
Noch 10 Meter, dann hab ich es geschafft.
Ich laufe etwas rechts. Und schon bin ich mitten auf der Straße. Ein Auto hupt und bremst abrupt.
Ich laufe immer noch diagonal auf mein Ziel zu.
"Spinnst du? Geh von der Straße runter!!!", höre ich ihn rufen.
Da ist sie.
Die Kreuzung.
"Bleib da stehen!" Rufe ich ihm zu. Er steht am Zebrastreifen und schaut mich verwirrt an.
Ich muss richtig schreien, damit er mich hört, denn die Geräusche des Regens und der Autos macht es etwas schwer normal zu reden.
"Weisst du? Vorhin hab ich dich gefragt ob du weißt wie das ist... Ob du das kennst! Ich will es dir zeigen. Rechts ist ein Teil der Gegenwart. Zum Beispiel meine Familie. Es ist sehr schwer dort. Wenn ich dahinlaufe bereue ich es bestimmt bald!
Hinten ist die Vergangenheit. MIT den schönen Dingen, aber auch mit den schlimmen Seiten und ungelösten Problemen in meinem damaligen Leben, die mich sehr schnell einholen, denn ich musste an vielen Kreuzungen halt machen und sehen was ich tue. Da brauche ich eben mal mehr Zeit und dann kommen sie und packen sie mich und dann weiß ich erst recht nicht was ich machen soll. Vor mir ist fast der einfachste Weg, aber da brauche ich Hilfe um ihn zu überstehen, alleine schaffe ich das nicht..." Ich schreie diese ganzen Worte und werde langsam heiser, mir ist kalt und Autos fahren an mir vorbei und hupen und die Leute zeigen mit dem Finger auf mich, aber es ist mir egal. Meine Stimme zittert wegen den Tränen die ich vergeblich unterdrücke.
"Und derjenige der mir bei dem jetztigen vorderen Weg helfen kann, bist du, nur du, weil ich glaube, dass ich mich in dich verliebt habe... NEIN ich weiss es!
Aber links ist der Weg, den ich am meisten verabscheue aber am meisten laufe, nein sogar renne und noch präzieser ausgedrückt... Ich stürze mich hinein. Das ist das Schlupfloch. Mein Geheimversteck, aber wenn ich ihn immer wieder laufe, komme ich immer an den selben Platz zurück, wo ich angefangen habe. Ich muss auch andere Wege gehen. Diesmal will ich den vorderen nehmen, aber irgendwie fühlt sich das falsch an! Vielleicht wäre es besser nach hinten zu laufen, die Probleme lösen und von vorne anfangen, aber diese Probleme will
ich nicht lösen, ich bin zu feige dazu.
Ich will einfach ni..."
Meine Stimmer versagt und ich sinke zusammen und setze mich auf den nassen Boden. Er steigt vom Fahrrad und rennt zu mir, zerrt mich hoch, nimmt mich bei der Hand und bringt mich von der Straße. Er umarmt mich. Ich heule in sein sowieso schon nasses T-Shirt. Er beruhigt mich. Er sagt mir:
"Hey! Nicht weinen, komm schon! Es wird alles gut! Laufe den Weg nach vorne! Ich werde dir helfen, aber anders! Mit reiner Freundschaft Besiegt man alles. Es wird alles gut. Shhh. Hör auf zu weinen."
Ich weiss nicht ob es seine Worte waren, die mich beruhigen, oder ob es einfach nur die Tatsache ist, dass ich es ihm gesagt habe. Ich denke einfach mal, dass es beides ist.
Und ich bin ihm dankbar.
Und da merke ich, dass es egal ist, ob wir richtig zusammen sind, oder ob wir einfach nur sehr gute Freunde sind.
Denn immer wenn er in meiner Nähe
ist, scheint buchstäblich die Sonne, denn in dem Moment, als ich in seine Augen aufblicke, hört der Regen auf und in meinem Blickwinkel sehe ich einen Regenbogen.
Tag der Veröffentlichung: 29.05.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Mein Leben bleibt immer eine Kreuzung, egal was passiert.
Ali Danke dafür =)