Die temperamentvolle Bikerin Zoe von den Devil’s Daughters, dem Schwester-Club der Devil’s Neighbors, fühlt sich ausgerechnet zu Elias, einem Mitglied der Banshee Raiders hingezogen. Letztere sind der Erzfeind ihrer beiden Clubs, aber offenbar ist es vom Schicksal vorherbestimmt, dass sich ihre Wege immer wieder kreuzen.
Sie können ihre Finger nicht voneinander lassen, obwohl die Konsequenzen daraus für beide die schrecklichsten sind, die einem Biker widerfahren können.
Fiktive Personen können – sofern dies im Plot nicht vorgesehen ist – weder krank noch schwanger werden.
Im echten Leben gilt Safer Sex.
Zoe
Die neue Kneipe namens Luna’s Lunatic Bar hat endlich in Greenwich aufgemacht, einem gottverlassenen Kaff irgendwo zwischen Beartown und Fawnty, also im Grenzgebiet. Ich bezweifle, dass es auf irgendeiner Landkarte auftaucht. Es ist pure Ironie, dass man das Kaff nach der bekannten englischen Stadt benannt hat.
Ich bin Road Captain des Motorradclubs Devil’s Daughters. Bei uns dürfen nur Frauen rein, und das ist auch gut so, denn wir machen unser eigenes Ding und brauchen dabei keine Männer oder deren Zustimmung.
Greenwich hat noch keiner der Motorradclubs aus dieser Gegend für sich beansprucht, weil es bisher zu unbedeutend gewesen war. Doch das kann sich, wie man ja jetzt sieht, schnell ändern. Gerüchten zufolge wollen sie hier auch eine Tankstelle aufmachen.
Ich schwinge mich auf meine Harley Davidson CVO Breakout, um die Lage abzuchecken und eine kühle Blonde zu zischen. Die Maschine ist schwarz, doch auf dem Tank und über den Felgen befindet sich ein Flammenmotiv.
Einige meiner Schwestern und Brüder von den Motorradclubs Devil’s Daughters und den befreundeten Devil’s Neighbors halten mich für barbarisch, weil ich mir von Ace einen Beiwagen habe anpassen lassen, aber meinen großen, schwarzen Mischlingshund nehme ich fast überall mit. Auch heute ist Ozzy natürlich an meiner Seite.
Ich habe ihn nach Ozzy Osbourne benannt, dem Ex-Black-Sabbath-Sänger. Oder mein Bruder Red hat ihn danach benannt. Genau erinnere ich mich nicht mehr, wer von uns zuerst auf den Namen gekommen ist, denn wir waren beide ziemlich dicht gewesen. Ich weiß von dem Abend eigentlich nur noch mit Sicherheit, dass man Haschisch und Whiskey lieber nicht miteinander kombinieren sollte …
Der Wind zerrt an meinem langen, tizianroten Haar. Das ist meine Naturhaarfarbe, für die ich als Kind in der Schule anfangs gehänselt worden bin, was sich schnell gegeben hat aufgrund meiner schlagkräftigen Argumente, dass man so etwas lieber nicht mit mir macht. Das ist besser für die Gesundheit. Heutzutage ist mein Haar mein Markenzeichen.
Die Maschine surrt wie eine Wildkatze unter mir. Ich genieße das Gefühl der Freiheit, wenn ich auf der Straße unterwegs bin. Ozzy sitzt ruhig in seinem Beiwagen. Er liebt das Fahren ebenso sehr wie ich und das schon, seit er ein Welpe war. Jetzt ist er vier Jahre alt.
Vor der Kneipe stehen bereits zwei mir unbekannte Harleys. Offenbar haben schon ein paar Leute von einem der anderen MCs ihre Geierkrallen nach dem Laden ausgestreckt. Mit einigen von denen stehen wir zwar auf Kriegsfuß, aber ich lasse mich von niemandem einschüchtern.
Ich stelle meine Maschine ab, und Ozzy springt aus dem Beiwagen, während ich unsere Helme verstaue. Nicht, dass sich die Polizei noch beschwert, weil mein Hund keinen trägt. Allerdings hat es schon den einen oder anderen Unfall gegeben, weil die Autofahrer zu sehr auf Ozzy, seinen Helm oder meinen Arsch gegafft haben.
Mit Ozzy im Gefolge schlendere ich in die Gaststätte. Wow, das Teil haben sie aber gut hergerichtet. Billig war das gewiss nicht gewesen. War das Gebäude nicht früher eine Scheune oder ein Kuhstall gewesen? Die Tränken und Futterboxen haben sie jedenfalls entfernt und eine authentische Wildwest-Kneipe aus dem Gebäude gemacht.
Da werden Jeannie und Lydia mit ihrer Pandora’s Box wirklich Konkurrenz bekommen. Andererseits waren Bikerkneipen bisher Mangelware gewesen. Die meisten anderen Kneipen in der Gegend sind entweder Senioren-Skatrunden-Treffpunkte oder Studentenbars. Vielleicht kann man sich ja mit den Pfeifen von den Banshee Raiders verständigen, dass es ein friedliches Grenzgebiet bleibt. Im Gegensatz zu denen kann ich teilen, und wenn sie nicht teilen wollen, dann teile ich eben aus.
Betrieben wird Luna’s Lunatic Bar von zwei jungen Kerlen, die aussehen wie Informatik-Studenten, aber man sollte die nicht unterschätzen. Mein Bruder war ja auch mal einer gewesen, und man sehe sich den Verrückten heutzutage an. Er ist die coolste Sau von allen – direkt nach mir.
Ich frage mich, welcher von den beiden Typen sich Luna nennt. Vielleicht ist er einer dieser Damenunterwäscheträger. Nicht, dass ich was gegen die hätte. Mein Bruder trägt selbst manchmal welche ... auf dem Kopf.
»Hi, Leute«, sage ich, als ich die Theke erreiche.
Dort hocken zwei Banshee Raiders, die mich misstrauisch beäugen, ein Quartalssäufer, eine aufgetakelte, blonde Tussi und zwei junge Kerle, die Holzfällerhemden tragen. An den versteckteren Ecktischen befinden sich jeweils zwei Pärchen, die so miteinander beschäftigt sind, dass sie mich kaum beachten.
Die beiden Inhaber und die Holzfällerhemdtypen erwidern meinen Gruß freundlich, und von Blondie kommt ein Lächeln. Der Quartalssäufer, ein Kerl um die fünfzig mit herausgewachsenem, blond-grauem Kurzhaarschnitt und glasigen Augen sieht nicht so aus, als könne er überhaupt noch sprechen. Ich wundere mich eher, dass er noch stehen kann.
Einer der Banshee Raiders, ein Kerl mit dunklem Haar, nickt mir freundlich zu, der andere, ein Typ mit rasiertem Kopf, starrt mich allerdings hasserfüllt an. Der sieht mir nach Ärger aus. Aber das ist sein Problem, das ich nicht vorhabe, zu meinem zu machen.
Ich hocke mich auf einen dieser hohen Barstühle und bestelle mir ein Ale, das mir der Barmensch ziemlich schnell bringt. Sein Kumpan hat sich in die Küche verdrückt. Sollte dies eine meiner Stammkneipen werden, so werde ich für Ozzy einen Wassernapf hier hinterlegen.
Der Ärger kommt früher als erwartet.
»He, Alte, was machst ’n du hier? Und dann noch mit ’nem verflohten Köter«, fragt mich einer der beiden Banshee Raiders, der Kerl mit dem glattrasierten, tätowierten Schädel und breitem Nacken.
Ich ignoriere ihn, doch er kommt zu mir rüber und baut sich vor mir auf. »He, Fotze, ich rede mit dir.«
»Ich will aber nicht mit dir reden. Arbeite erst mal an deinem Umgangston. Und mein Hund ist kein verflohter Köter«, sage ich gefährlich leise. Der Arsch soll vorsichtig sein, mit wem er sich anlegt.
»He, lass die Lady in Ruhe«, sagt sein Banshee-Raiders-Bruder, ein muskulöser Kerl mit etwas längerem, dunklem Haar, der offenbar mehr Hirn im Kopf hat als der andere. Doch den ignoriert dieser geflissentlich.
Der Glatzkopf starrt mich weiterhin an. »Was machst ’n hier? Du bist doch eines der Ficklöcher der Devil’s Neighbors?«
Jetzt reicht es. Ich springe von meinem Stuhl. »Bin ich nicht. Der Posten ist noch frei, du kannst dich also bewerben«, erwidere ich trotz meiner Wut in aller Seelenruhe, doch wachsam.
Die Antwort kommt wie erwartet früh genug. Der Bursche holt mit seinem wuchtigen Arm aus. Ich springe zur Seite und trete ihm in den Magen. Mit bulligen Typen wie ihm spielt man nicht, die erledigt man sofort, sonst hat man mit meiner Statur keine Chance mehr. Kaum klappt er zusammen, trete ich ihm zusätzlich gegen das Schienbein, in die Eier und setze ein paar Schläge von oben nach. Der Arsch geht wie geplant vor Schmerz winselnd zu Boden.
»Elias, tu doch was, die Killerschlampe macht mich fertig«, jault das feige Arschloch.
Und so etwas will ein Biker sein. Dafür sollte ich ihm eigentlich noch in die Fresse treten, doch dafür hat mich meine Mom zu gut erzogen. Mein Hund ist es aber nicht, denn der pisst dem Idioten ins feiste Gesicht. Aber der ist ja auch keine Dame und hat keinen Ruf zu verlieren.
Sicherheitshalber trete ich zwei Schritte zurück, damit ich Platz zum Manövrieren habe, falls der Arsch mich nochmal angreift.
Elias’ Mundwinkel zucken, er unterdrückt also ein Lachen. »Du hast die Lady beleidigt. Mit der Sache brauchst du dich nicht hinter dem Club zu verstecken. Als großer, starker Biker wirst du ja wohl mit einer einzigen Frau fertig werden.«
Der Flachwichser rappelt sich hoch und starrt mich an. »Das wirst du noch bereuen, du verdammte Schlampe. Einmal konntest du mich überraschen ...« Er schlägt in Richtung meines Kinns, doch damit habe ich gerechnet als jahrelang Straßenkampferprobte. Ich springe zur Seite, ergreife einen Barstuhl und lass ihn den Idioten küssen. Sein Zahnarzt wird sich freuen, falls das nicht ein Fall für den Kieferchirurgen wird. Diesmal gehen bei ihm alle Lichter aus.
Ich nehme mein Ale und setze mich in einiger Entfernung wieder an die Bar, um es dort auszutrinken.
Elias’ Blick wandert immer mal wieder zu mir, aber auch zu seinem bewusstlosen Kumpel. Wenn der Arsch wieder aufwacht, wird er höllische Kopfschmerzen haben. Mich wundert es, dass keiner die Polizei anruft. Biker regeln das für gewöhnlich unter sich selbst, aber von einer der anderen Personen wäre das zu erwarten gewesen.
Ich trinke mein Bier aus, bezahle und verlasse mit Ozzy das Lokal. Eigentlich ist das kein schlechter Laden. Dort könnte ich mit meinen Schwestern vom Club öfters hingehen.
Elias
Ich bin wirklich pervers, denn ich habe mich in dieses schlägernde Höllenweib verliebt, das meinen Bruder – leider zu Recht, denn er war wirklich ein totaler Arsch gewesen – zu Brei gehauen hat.
Höllenweib ist gut ... die Lady ist tatsächlich heiß wie die Hölle. Schon als sie mit diesem gefährlich aufreizenden Gang in die Kneipe gekommen ist mit ihrer Killer-Figur, ihren smaragdgrünen Augen und ihrer langen Mähne tizianroten Haares, hat sie alle Blicke auf sich gezogen. Sogar der Barbie-Verschnitt, der dort an der Bar so offensichtlich seine Vorzüge zur Schau gestellt hat – nicht dass sie wirklich mein Typ gewesen wäre, aber man ist auch nur ein Mann –, war vergessen gewesen. Ich hatte nur noch Augen für die rothaarige Hexe.
Es sind nicht nur ihr Aussehen, ihre Selbstsicherheit, ihre Blicke und die Art, wie sie sich bewegt, sondern sie besitzt auch eine besondere Ausstrahlung, wie ich sie noch nie bei einer Frau erlebt habe. Sie hat etwas in den Bann Ziehendes, etwas zutiefst Faszinierendes.
Sie geht mir unter die Haut. Ich befürchte, ich werde sie nicht vergessen. Dabei ist sie eine vom Motorradclub Devil’s Daughters. Die sind befreundet mit dem Männerclub Devil’s Neighbors, die wiederum Feinde unseres Clubs sind. Die Lady riecht nach Ärger, aber ich kriege sie einfach nicht aus meinem Kopf.
Zoe
Ich sehe gar nicht ein, warum ich mir Luna’s Lunatic Bar von irgendwelchen dahergelaufenen Trotteln madig machen lassen soll. Dawn, meiner Presi, habe ich natürlich von dem Vorfall mit dem Banshee Raider berichtet. Sie ist der gleichen Meinung wie ich. Das Kaff ist noch nicht beansprucht, und wir haben dieselben Rechte darauf wie die Banshee Raiders.
Die haben außerdem schon einen dubiosen Schuppen in Fawnty, und unser Bruderclub, die Devil’s Neighbors, haben die Pandora’s Box als Stammkneipe, aber wir können noch keine unser Eigen nennen. Klar hängen wir auch bei Jeannie und Lydia in der Pandora’s Box ab, aber was Eigenes zu haben ist doch wieder eine andere Sache. Wir werden das Kaff für uns beanspruchen und damit basta.
Eigentlich wollte Dawn heute Abend mitkommen, doch sie hat Clubbusiness zu erledigen. Also nehme ich Shannon und Natalya mit. Natalya ist im Gegensatz zu Shannon eigentlich keine von unserem Club, sondern Property der Devil’s Neighbors und kümmert sich freiwillig und vor allem willig um die diversen Bedürfnisse der Clubmitglieder. Aber die werden uns den Laden nicht streitig machen, schließlich arbeiten wir zusammen. Natalya ist in Ordnung, ich mag sie sehr.
Ehrlich gesagt habe ich auch schon mal eine Affäre mit ihr gehabt. Daher weiß ich auch, dass der Slip, den wir damals im Clubhaus gefunden haben, ihrer war. Wenn sie nicht den Schneid hat, so etwas zuzugeben, dann muss sie damit rechnen, dass ich Schabernack damit treibe. Sie kennt mich schließlich gut genug.
Also ziehen die hellblonde Natalya, die Oglala-Sioux Shannon und ich los, um den Laden aufzumischen. Wir drei Frauen verbreiten schon die richtige Stimmung, dessen bin ich mir sicher.
Natalya hat leider keine eigene Maschine. Ich habe versucht, sie zu überreden, unserem Club beizutreten und ihr eigenes Ding durchzuziehen, aber sie will das nicht. Offenbar träumt sie von Prince Charming, der auf seiner Maschine daherkommt und mit ihr davonfährt. Jeder das ihre.
Daher fährt Natalya bei mir mit. Ich habe ja zum Glück immer einen Ersatzhelm dabei. Natalya hat immerhin den Motorradführerschein gemacht, vermutlich, damit sie mal ihren Prince Charming nach Hause fahren kann, wenn der Typ besoffen ist.
Was die Männer können, das kann ich auch. Das ist ein weiterer Grund, Natalya dabeizuhaben.
Vor der Kneipe halten wir an und schlendern hinein. Sollte sich größerer Ärger zusammenbrauen, so können wir jederzeit Verstärkung anfordern. Natürlich würden mir auch mein Bruder Red, mein Vater Logan oder ein anderer der Devil’s Neighbors helfen, genau, wie wir ihnen umgekehrt helfen.
Schließlich sind wir kein Supportclub, sondern machen unser eigenes Ding, auch wenn manche Idioten uns aufgrund der Namensähnlichkeit für so etwas halten. Die Clubs sind zur selben Zeit entstanden und ich schwöre, dass die ähnliche Namensgebung reiner Zufall ist. Wir stehen den Jungs in nichts nach, außer beim Weitpinkeln, da sind die besser. Aber das ist auch schon das Einzige.
Diesmal ist es etwas voller in Luna’s Lunatic Bar. Ein paar Möchtegern-Cowboys – vermutlich Texaner ihrem Slang nach zu urteilen – hocken an der Bar und knallen sich die Ritze dicht. Dann gibt es wieder das eine oder andere turtelnde Paar. Zwei Mexikaner spielen gegeneinander Schach. Shannon winkt einem Cherokee zu, den sie offenbar kennt. Klar, zusammen mit ihrem Bruder Hawk führt sie einen Laden, der die Kunst der amerikanischen Ureinwohner verkauft.
Die meisten Ureinwohner hier in der Gegend sind Cherokees, die sich in ihrer Lebensweise am besten an die Weißen angepasst haben und entsprechend finanziell erfolgreicher sind als Angehörige anderer Tribes. Ob man das als gut oder schlecht bewerten will, bleibt jedem selbst überlassen. Eine Tatsache ist, dass es vielen in Pine Ridge einfach nur verdammt dreckig geht, weswegen der Vater meiner Freundin Shannon ja damals mit den Kids von dort abgehauen ist, doch den meisten gelingt es nicht, woanders Fuß zu fassen. Die Lakota hungern regelmäßig, haben im Winter keine Heizung und werden meist nur um die fünfzig Jahre alt. So etwas dürfte es mitten in einem reichen Land wie der USA eigentlich gar nicht geben. Es ist ein Skandal.
Meine Begleiterinnen und ich hocken uns an die Bar und bestellen uns Budweiser und einen Orangensaft für Natalya.
Wir plaudern ein wenig und trinken, da fällt irgendwann mein Blick zur Tür, durch die gerade ein hochgewachsener Typ hereinkommt. Kurz stockt mir der Atem. Er ist es, und er scheint diesmal allein zu sein.
Elias ist sein Name. Ja, den habe ich mir gemerkt, und es fällt mir schwer, das zuzugeben, aber der Typ hat Eindruck auf mich gemacht und geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf.
Er sieht noch besser aus als in meiner Erinnerung mit den breiten Schultern, der schwarzen Lederjacke, dem leicht südländischen Einschlag, den dunklen Haaren und den sinnlichen, dunklen Augen. Sinnliche, dunkle Augen? Mir wird doch nicht irgendein Typ von den Banshee Raiders den Kopf verdrehen? Nein, natürlich nicht. Aber ich kann meine Fresse einfach nicht halten und quatsche ihn an.
»Hi, Eli, wie geht’s denn so?«, frage ich laut.
Irritiert sieht er mich an. »Ich heiße Elias, nicht Eli.«
»Hast du denn keinen Spitznamen?« Das muss gerade ich fragen, denn ich habe bisher auch keinen bekommen außer Höllenweib, aber da der nicht von meinen Schwestern kam, zählt der nicht.
»Nö, du etwa?«
»Ich habe auch keinen. Braucht man sowas unbedingt?«, frage ich betont provokant, was er aber ignoriert.
»Es gibt kein Gesetz darüber, und man wird auch nicht erschossen, wenn man keinen hat. Diesel geht’s übrigens wieder relativ gut, mal abgesehen von einem blauen Auge und ein paar anderen Blessuren. Am meisten hast du wohl seinen Stolz verletzt. Nimm dich in acht vor ihm.«
»Wieso soll ich seinen Stolz verletzt haben? Das war ein fairer Fight, eine gegen einen. Außerdem hatte er mich zuerst beleidigt.«
»Weil du eine Frau bist.«
Der Spruch lässt mich hochgehen, ich kann einfach mein Temperament nicht zügeln. »Weil ich eine Frau bin? Was seid ihr denn für Chauvi-Arschlöcher? Der Idiot pöbelt mich an und ist dann auch noch beleidigt, wenn ich es mir nicht gefallen lasse? Schläge sind doch die einzige Sprache, die solche Typen verstehen.« Letzteres weiß ich leider aus Erfahrung, schließlich bin ich im sogenannten Glasscherbenviertel einer Großstadt aufgewachsen. Typen, die dich auf diese Weise anmachen, musst du verprügeln, damit sie Respekt vor dir bekommen, oder sie erlauben sich irgendwann etwas noch Schlimmeres mit dir.
Elias hebt beschwichtigend die Hände. »Sachte, Lady, das bedeutet nicht, dass ich genauso denke wie er.«
»Das ist also einer der Typen, mit denen du letztens Ärger hattest?«, fragt Shannon.
»Mit mir hatte sie keinen Ärger«, meint Elias.
»Nö, der hat seelenruhig dabei zugesehen, wie ich den anderen verdroschen habe. Dabei wäre es ehrenhaft gewesen, seinem Bro zur Seite zu stehen.«
Es gibt ja den alten Biker-Spruch: Dein Bruder hat immer recht. Ich will wissen, wie er zu diesem Diesel und dem Club steht, daher provoziere ich ihn bewusst.
Shannons durchdringender Blick landet auf Elias. »Das hast du? Das ist aber nicht sehr brüderlich.« Offenbar weiß sie genau, was ich versuche.
»Wäre es euch lieber gewesen, wenn ich gemeinsam mit Diesel eure Sister verhauen hätte? Ihr Schnepfen habt doch alle ein Rad ab.«
Ich starre Elias wütend an. »Weil ihr ja alle so normal seid. Ihr habt keine Ehre, beleidigt Frauen und wolltet Jeannie und Lydia finanziell ruinieren, indem ihr in der Pandora’s Box eine gewaltige Schlägerei angezettelt habt.« Das ist eindeutig ein schwarzes Kapitel in der Geschichte des Banshee Raiders MC.
»He, davon hat sich mein Club distanziert und unser Presi ...«
Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen ist ihm der damalige Vorfall peinlich.
»Was euer Presi so macht, interessiert mich ungefähr so, als würde in China ein Schmetterling einen Furz lassen. Ihr steht ja nicht mal zu euren Taten, ihr feiges Gesindel. Feigheit ist Schwäche«, rede ich mich in Rage.
»Feigheit? Schwäche? Dich Schnepfe saufe ich doch unter den Tisch, bevor dein Hund das nächste Mal kackt.«
Der Kerl will mich herausfordern? Das soll er haben. Bedauerlicherweise hat Ozzy erst gekackt und wird es also so schnell nicht wieder tun, aber mich hat noch niemand ungestraft herausgefordert.
Kampfeslustig strecke ich mein Kinn vor. »Du willst es nicht anders. Mach dich auf deine Niederlage gefasst, Banshee Raider. Spätestens morgen früh wirst du dir die Seele aus dem Leib kotzen.«
Er grinst mich böse an. »Wir werden ja sehen, wer mehr kotzen wird, Kleines.«
»Kleines? Hast du Arsch Kleines zu mir gesagt? Das muss gerächt werden. Luna, zwei Budweiser bitte.«
Der blonde Typ hinter der Bartheke bewegt seinen Arsch langsam in meine Richtung. »He, ich heiße nicht Luna.«
»Das hier nennt sich doch Luna’s Lunatic Bar oder etwa nicht?«
Er hebt die Achseln. »Wir haben den Namen damals cool gefunden, da hatten wir aber gehascht gehabt.«
»Das erklärt einiges, aber bring uns jetzt endlich mal zwei Buds, Luna.«
Der Typ murrt irgendwas, bringt uns aber das Gewünschte. Das Battle kann beginnen ...
»Aber du hast dein anderes Bier doch noch nicht ausgetrunken«, sagt Natalya.
»Das kannst du haben, sonst behauptet dieser Banshee Raider noch, ich würde bescheißen, wenn ich das anrechne.«
»Aber du weißt doch, dass ich kein Bier mag.«
»Dann nehme ich es«, sagt Elias, nimmt das fast halbvolle Bierglas, setzt es an, wo meine Lippen zuvor waren, und leert es in einem Zug.
Ich kann nicht anders, als auf seinen Kehlkopf und das kantige Kinn zu starren, während er schluckt. Warum muss der Kerl so verdammt sexy und attraktiv sein? Eigentlich ist er nicht mal unsympathisch.
Zum Glück habe ich Zuhause noch eine Kleinigkeit gegessen, bevor wir losgezogen sind, sodass ich mehr vertragen dürfte. Grimmig lächelnd greife ich nach meinem Bier. Ich werde den Typen sowas von unter den Tisch saufen. Schließlich habe ich oft genug mit Red und meinen Schwestern auf diversen Feiern trainiert ...
»Hübsches Tier übrigens. Ein Rüde, nicht wahr?«, fragt Elias mit einem Blick auf Ozzy, nachdem wir uns das dritte Bier bestellt haben.
Stolz auf Ozzy erfüllt mich. Ich nicke. »Ja. Ich habe ihn von einem Kumpel bekommen. Der hat eine Hündin und sein bester Freund einen Rüden. Als die beiden besoffen waren – ich meine die Typen und nicht die beiden Hunde – sind sie, also die Hunde, übereinander drüber gegangen.«
Elias lacht, was Grübchen auf seine Wangen zaubert. Überhaupt hat der Kerl ein attraktives Gesicht mit einer starken Kinnpartie, hohen Wangenknochen und sinnlichen Lippen.
»Das sind die wahren Züchter«, sagt er grinsend und nimmt einen Schluck Bud.
Ja, Ozzys Entstehungsgeschichte hat schon fast jeden zum Schmunzeln gebracht. Dass er Humor besitzt, macht ihn noch sympathischer. Der Kerl scheint ganz in Ordnung zu sein – für einen Banshee Raider. Aber was weiß ich eigentlich wirklich über ihn? Männer verstellen sich schließlich allzu oft, besonders gegenüber Frauen.
»Wie alt ist er denn?«, fragt Elias mit, wie es scheint, aufrichtigem Interesse.
»Vier. Ich habe ihn, seit ich zwanzig bin.«
»Dann sind wir ja fast gleich alt«, sagt Elias.
Ich grinse. »Was? Du bist erst vier?«
»Ich bin fünfundzwanzig, geboren am vierten Februar.«
»Ich habe am neunundzwanzigsten Januar Geburtstag.«
Er grinst. »Eh, Klasse, da können wir ja zusammen Geburtstag feiern. So eine Woche lang Party machen wie die alten Römer.«
»Das wohl kaum, denn meine Schwestern würden dich zu Brei hauen. Banshee Raiders stehen bei uns auf der Beliebtheitsliste nicht gerade besonders weit oben. Eher auf der Zu-verprügeln-Liste.«
Er schenkt mir wieder dieses unwiderstehliche Lächeln, das meine Knie weich werden lässt. »Schön, dass ihr Prioritäten habt.«
»Hast du Haustiere?«, frage ich.
»Ja, eine arrogante Katze, die bereits siebzehn Jahre alt ist. Ich habe sie aus dem Tierheim. Wenn die denkt, dass sie nicht genügend Aufmerksamkeit bekommt, dann stellt sie sich nachts um halb drei in die Dusche und miaut die Wand an, sodass man es in der ganzen Wohnung hört.«
»Nicht genügend Beachtung bekommen und das nachts um halb drei?«
»Ich schätze, dann bin ich ihr einfach zu sehr mit dem Schlafen beschäftigt.«
»Deine Katze hat einen Knall.«
»Einer genügt nicht. Man gewöhnt sich dran oder schläft eben mit Ohrstöpseln. Im Sommer schmeiße ich sie raus, da kann sie draußen rumvagabundieren und andere Leute ärgern. Er ist ein Mischling, nicht wahr?«, fragt Elias mit einem Blick auf Ozzy.
Ich nicke. »Ja. Sein Vater sieht aus wie ein Schäferhund, war aber auch schon ein Mischling, die Mutter sieht aus wie ein geschrumpfter Schäferhund. Er selbst kommt
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: November 2016 Scarlett Draven
Bildmaterialien: Jimmy Thomas / RomanceNovelCovers, thonie321/Fotolia.com
Cover: 2017 Scarlett Draven
Tag der Veröffentlichung: 24.10.2017
ISBN: 978-3-7438-3769-0
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