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Albensilber

In Altanida gab es bunte Leuchtkugeln. Gelb, rot und violett strahlten sie von ihren Sockeln und ließen den unpolierten Granit des Ganges glitzern. Fiammetta machte sich so schwer wie möglich, ließ ihre Absätze über den Boden scharren um Zeit zu gewinnen, doch Nonna Ursina zerrte sie einfach weiter. Die Finger umklammerten Fiammettas Handgelenk, klemmten das Armband darunter ein, sodass die Bernsteinperlen in ihre Haut bissen.

"Du tust mir weh, Nonna!"

Großmutter drehte nicht mal den Kopf.

"Kind, wir sind zu spät", brummte der Großvater. "Auf dem Heimweg können wir trödeln."

Fiammetta schob ihre Unterlippe vor. Daheim hatten sie nur weißes Licht, und höchstens ein Dutzend der Glasbälle. Wieso durfte sie nicht jetzt schauen?

Nonno Audax hob seine buschigen Brauen, wie immer, wenn er keine Lust hatte, sich zu streiten.

Also gut. Er hatte sie die Stiefel anbehalten lassen, wahrscheinlich sollte sie sich erkenntlich zeigen. Fiammetta beschleunigte, bis sie neben ihrer Nonna herging.

Sie erreichten einen Durchgang in einen Saal, der von Wächtern in blinkender Rüstung bewacht wurde. Wenigstens hier blieben die Großeltern stehen.

In der Halle waren drei lange Tafeln aufgebaut, um die unzählige Leute herumstanden. Wie der Bote gesagt hatte: Alle Edlen des Valtacité waren geladen, um einen Gast der Königin zu ehren. Sogar die Kinder. Und alle hatten Kleider mit Gold- oder Silberstickerei aus den Truhen geholt.

Hoch oben an den Wänden gab es viele schmale Fenster, durch die der Abendhimmel schien. Hinter dem Thron links spiegelte ein riesenhafter Gong das Licht. Die Figur in den weiten Röcken davor musste die Königin sein; ihr rotes Kleid glänzte mit dem Gong um die Wette.

Ein Diener hieb mit einem Stab auf den Boden. "Der Edle Audax Pol-Salvan. Die Edle Ursina Pol-Salvan. Die Edle Fiammetta Gannes."

Einige der versammelten Adligen wandten sich von ihren Gesprächen um und neigten die Köpfe zur Begrüßung. Nonna Ursina zog wieder an Fiammettas Hand, führte sie die beiden Stufen hinauf zum Thron.

Die Königin – Noctuola Gannes, Tochter von Fiammettas ältestem Onkel – funkelte neben einem blonden Mann in einer schwarzen Robe wie ein Schmuckstück. Ihre braunen Locken türmten sich unter einem Netz voller gelber Edelsteine, und die gleichen Farben funkelten in ihren Ohren. Etwas spitzer als der Durchschnitt. Ob man sich wohl an ihnen pieksen konnte?

Ihre Haut schimmerte wie von Perlmutt, und als sie sich zu Fiammetta und ihren Großeltern umwandte, lächelte sie.

Fiammetta wurde der Magen leicht. Nie war ihr eine so schöne Frau begegnet.

Großvater verneigte sich, Großmutter und Fiammetta knicksten so tief wie an den Schreinen für die Ahnen.

Nonna sollte doch froh sein, dass Fiammetta ihre Stiefel hatte, denn in den samtigen Absatzschühchen, die sie eigentlich hätte anziehen sollen, wäre sie umgekippt.

Die Erwachsenen redeten. Der Mann in Schwarz war der Zauberer der Königin, Magus Lucian Orco. Fiammetta knickste auch für ihn, betrachtete dann weiter die Ohren der Königin, und lauschte ihrer Stimme, die ein bisschen klang wie Waldhonig schmeckte.

Plötzlich stand die Königin direkt vor ihr. "Cousine." Sie musterte Fiammetta einmal von oben bis unten. Was sie wohl von ihr hielt? Fuchsrote Haare zu gelben Gannes-Augen. Das Kleid, das ein bisschen zu kurz war, weil die Zeit nicht gereicht hatte, um den Saum auszulassen, das eine Loch in der Goldspitze des linken Ärmels und die schweren Stiefel dazu.

Vielleicht hätte Fiammetta die Samtschuhe doch nicht verstecken sollen? Sie schluckte gegen den Kloß in ihrem Hals. "Majestät."

Die Königin beugte sich zu ihr herunter. Sie hatte Augen wie Gold. "Ich warte seit einer Stunde auf ein mutiges Kind wie dich."

Fiammetta holte Luft und machte den Rücken gerade. Andere Erwachsene meinten höchstens, wie groß man geworden war. Aber richtig angeschaut wurde man dabei nicht. "Dankeschön, Majestät."

"Ich brauche deine Hilfe, Cousine."

Oh. Fiammetta lehnte sich zu ihr hin; sie roch ein bisschen nach Rosen. "Wirklich?"

"Ich habe Besuch, das weißt du. Was du noch nicht weißt, ist, dass mein Besuch ein Mensch ist."

Ein Mensch! "Ehrlich?"

"Ehrlich." Die Königin schmunzelte. "Und er hat seinen Lehrling dabei. Einen kleinen Jungen, etwas älter als du."

Jemand, mit dem sie spielen konnte? Fiammetta nickte.

"Der Junge ist in einer so fremden Umgebung sicher einsam. Meinst du, dass du auf ihn aufpassen, und dafür sorgen kannst, dass er sich willkommen fühlt?"

Wie oft gab es wohl solch eine Gelegenheit? Sie würde einen Menschen kennenlernen, und der schönsten Frau hier einen Gefallen tun! "Bestimmt kann ich das, Majestät."

"Vielen Dank. Wirst du hier bei mir und Magus Lucian bleiben, während ich die beiden den anderen Gästen vorstelle? Dann könnt ihr euch später zu den Kindern dort hinten an den Tisch setzen."

Das klang überhaupt nicht schwierig, auch wenn es schön gewesen wäre, einen Platz an Noctuolas Tisch zu haben. "Ganz gewiss, Majestät."

Die Königin drückte Fiammettas Schulter. Nonna Ursina schien zu wissen, was die Königin und Fiammetta besprochen hatten, sie zupfte an Fiammettas Ausschnitt und ermahnte sie, sich gut zu benehmen.

Dann zogen sich die Großeltern zurück, an einen Tisch, wo ein paar Orcos und Salvanels saßen, die Fiammetta von Besuchen und Feiertagen kannte.

 

Fiammetta wollte ein Gespräch mit der Königin anfangen, doch kaum hatte sie dafür Luft geholt, klopfte der Diener mit dem Stab um Ruhe.

"Noch einmal einen guten Abend, euch allen", sagte die Königin. "Wie ich in der Einladung verraten habe, hat das Valtacité außergewöhnliche Gäste. Ich darf vorstellen: der Magus Flavio Orso und sein Schüler."

Trotz der Namensähnlichkeit hatte der Mensch, der nun aus einem Seiteneingang trat, wenig Gemeinsamkeiten mit der Albenfamilie Orco. Er konnte über Magus Lucian hinwegsehen, und hatte viel breitere Schultern. Seine Augen waren braun, nicht Orco-Türkis. Er trug ein blaues Wams ohne Ärmel und sein graues Haar kurzgeschoren. Auf diese Ideen wäre kein Alb jemals gekommen. Seine runden Ohren wiesen kein einziges Loch auf, nicht mal ein zugewachsenes wie Großvater, der seine Ringe rausgenommen hatte, als Fiammettas Eltern gestorben waren.

Der kleine Junge, den Magus Flavio dabeihatte – na, klein traf es nicht wirklich, denn er überragte Fiammetta um etwa eine Handbreit. Schwarze Kringellocken versteckten seine Ohren – aber bestimmt waren die auch rund. Seine Augen schienen dunkler als die von allen Leuten, die Fiammetta kannte, und seine Haut sah aus, als würde er jeden Tag ohne Hut in die Sonne gehen.

Sein Lehrmeister hatte ihn in schwarze Sachen gesteckt, was zu seinen Haaren passte. Aber es war langweilig, und Nonna Ursina behauptete immer, dass außer den Magoi niemand etwas in schwarzen Kleidern verloren hatte.

Fiammetta winkte dem Jungen zu. Er lugte hinter seinem Meister hervor und dann zu diesem hoch, als hätte er nicht mal die Erlaubnis, sich nach vorne zu lehnen. Jetzt hielt die Königin eine Ansprache. Fiammetta begriff nicht, worum es ging, aber Noctuola strahlte mit den gelben Edelsteinen um die Wette. Dann bedankte Magus Flavio sich für die Einladung. Die Gäste klatschten, und Magus Lucian stupste Fiammetta an, damit sie es auch tat.

 

Während die Adligen sich ihre Plätze suchten, stellte die Königin Fiammetta den beiden Menschen vor. Magus Flavio zeigte seine Zähne, er wollte wohl nett dadurch wirken. Außerdem roch er komisch, als hätte er in Essig gebadet. "Ein Vergnügen, Edle Fiammetta."

Fiammetta knickste so flach, wie es gerade noch höflich war.

"Der da ist Alea. Lehrling? Die Edle Fiammetta wird dir zeigen, wo dein Platz ist. Benimm dich, hörst du."

Der Junge – Alea – nickte und murmelte "Ja, Meister."

Beide Menschen sprachen ein bisschen seltsam, doch es reichte, um einander zu verstehen.

"Komm." Fiammetta griff nach Aleas Hand. Er wich zurück, und hatte die Stirn gerunzelt, wie Nonna Ursina, wenn sie im Garten einer Kreuzotter begegnete. Nicht richtig ängstlich, aber vorsichtig.

Fiammetta würde ihm einfach zeigen müssen, dass sie nicht gefährlich war. Sie zuckte die Achseln, versuchte es mit einem Lächeln, und winkte ihm. "Wir müssen nach da hinten."

Es war nicht still im Saal. Alle Leute murmelten, Fiammetta spürte ihre Blicke im Rücken, als sie Alea an der Wand entlang bis zum letzten Tisch führte, wo am hinteren Drittel die Kinder saßen. Neben Olivia Salvanel und Sincera und Tempest Orco war kein Platz mehr frei, deswegen mussten Fiammetta und Alea bis ans Ende, zu ein paar größeren Jungen, die sie nicht kannte.

Ihre Freunde hätten doch ahnen können, dass Fiammetta auch eingeladen sein würde. Zur Strafe blieb sie nicht stehen, um sie zu begrüßen.

Also die beiden Stühle am Tischende. Die Jungs standen auf als Fiammetta dazukam, wie es sich gehörte. Sie sah Alea an, aber der schien nicht zu begreifen, was das alles zu bedeuten hatte.

"Du musst mir einen Stuhl herausziehen, damit ich mich setzen kann", erklärte Fiammetta ihm. "Und ihn mir dann zurechtrücken", fügte sie hinzu, vorsichtshalber. Wie konnte man so etwas nicht wissen?

Alea senkte den Kopf. Er war ein bisschen rot geworden, aber an seinen Stuhlrückkünsten war nichts zu bemängeln.

Sie reckte den Hals, doch von ihrem Platz aus konnte sie nicht mal Noctuolas Ellenbogen entdecken. Wie schade.

Der Junge gegenüber Fiammetta lehnte sich herüber, als Alea sich schließlich niedergelassen hatte. "Man sollte meinen, dass du noch nie einen Stuhl gesehen hast."

Das war gemein. Wenn Magus Flavio ihn nicht richtig erzogen hatte, konnte Alea doch nichts dafür.

Alea antwortete nicht und sah das Tischtuch an.

Seltsam. Offensichtlich hatte die Königin Fiammetta ausgesucht, weil Alea sehr schüchtern war und beschützt werden musste. "Du könntest dich wenigstens vorstellen, bevor du jemanden beleidigst", sagte sie zu dem frechen Kerl.

"Laurin Eguane, zu deinen Diensten, Edle ...?"

"Fiammetta Gannes. Und er heißt Alea."

Irgendwer prustete.

"Das ist ein Mädchenname", meinte Laurin.

Als wüsste Fiammetta das nicht. Nonna hatte eine Gärtnerin angestellt, die so hieß. Fiammetta warf Alea einen Seitenblick zu. Er schaute immer noch zu Boden.

"Nun, er ist ein Junge. Also ist es bei den Menschen auch ein Jungenname."

"Hast du einen Beweis, dass das ein Junge ist?", fragte Laurin. "Alea hat einen Mädchennamen, weiß nicht, wie man sich gegenüber Damen benimmt, und sagt nichts. Wie eine schüchterne Prinzessin."

Oh. Wenn Fiammetta nicht so klein gewesen wäre, hätte sie ausgeholt, um ihn unter dem Tisch zu treten.

Bevor sie sich entscheiden konnte, über den Tisch zu klettern und dem Kerl eine blutige Nase zu verpassen, straffte Alea die Schultern. "In Centerre sitzen wir auf Liegen, beim Essen." Er sprach leise. Fiammetta wollte wetten, dass außer ihr keiner mithören konnte, obwohl alle schwiegen, um das Schauspiel besser zu verfolgen, das Laurin und sie beide boten.

"Wie geht das?", fragte sie stattdessen. "Auf Liegen sitzen zum Essen?"

Alea musterte die anderen, und beschrieb dann, immer noch sehr leise, wie sich drei Liegen um einen niedrigen Tisch gruppierten, und dass es deswegen außer Löffeln kein Besteck gab, sondern dass alle mit den Händen aßen, oder Brot zum Greifen benutzten. Fiammetta wollte unbedingt einmal dort hin und das ausprobieren. Einmal ungestraft Soße vom Finger lecken dürfen!

Immerhin beschlossen dann die anderen, dass Alea langweilig war. Ein bisschen starrte vor allem Laurin noch, während Alea lernte, mit einem Messer und einer Gabel zu essen. Bei ihm daheim benutzten nur die Köche Gabeln.

Es brauchte aber bis zum Dessert, bis er anfing, ebenfalls Fragen zu stellen. Warum man denn Albenfrauen den Stuhl herausziehen musste. Ob Altanida wirklich vollständig aus dem Fels herausgehauen war. Und wo der König zu Königin Noctuola steckte.

"Nun, ihr Vater war bis zum Winter König. Aber er ist plötzlich krank geworden und gestorben. Nonna sagt, dass er vergiftet wurde."

Alea riss die Augen auf.

"Und hinterher hat die Königin ein halbes Jahr lang Trauer getragen, wie es sich gehört." Zumindest hatte Nonna behauptet, Noctuola sei in Weiß gegangen. "Wahrscheinlich sucht sie jetzt einen Ehemann?" Darüber wollte Fiammetta nicht weiter nachdenken.

Alea machte "hmm".

Dann räumten die Diener ab. Überall erhoben die Erwachsenen sich, riefen nach ihren Kindern. Fiammetta konnte ihre Großeltern nirgends entdecken. Alea schien keine Schwierigkeiten zu haben länger stillzusitzen, also blieben sie beide erst einmal an ihren Plätzen.

"Laurin war richtig gemein zu dir."

Alea zuckte mit den Achseln und wirkte nicht so, als hätte er eine Meinung dazu.

"Wieso hast du dich nicht gewehrt?"

Aleas Blick flackerte, als wollte er sich vergewissern, dass niemand ihn beachtete. "Wenn ich mich wehre", flüsterte er, "dann wissen sie, wie sie mich beleidigen können."

Na, so gut konnte er aber nicht schauspielern, dass keiner merkte, dass sie ihn verletzten. "Hast du keine Angst, dass sie dich für einen Feigling halten?"

Wieder zuckte Alea mit den Achseln. "Ich muss einen guten Eindruck machen." Er rieb sich die Schulter. "Und. Wenn Meister Orso wütend wird." Ein Kopfschütteln.

Offensichtlich war Magus Flavio noch viel schrecklicher als Nonna Ursina. Für eine Prügelei hier würde Fiammetta mindestens eine Woche Hausarrest bekommen. Wahrscheinlich ließ sich so eine Strafe noch steigern, indem man Kindern die Spielsachen wegnahm.

Aber Nonna rief nach ihr, ehe sie fragen konnte.

Die Großeltern standen mit Königin Noctuola, Magus Lucian und Magus Flavio am Ende des Tisches.

"Alea!", donnerte Magus Flavio, noch bevor Fiammetta ihren Stuhl zurückgeschoben hatte. So groß war der Saal aber nicht, dass man so brüllen musste.

Sie nahm die Beine in die Hand, und Alea hastete ihr hinterher.

"In einem Saal rennt man nicht", schnauzte Magus Flavio.

Fiammetta verschränkte die Arme. Also, entweder sollte man sich beeilen, oder man durfte nicht rennen. Beides gleichzeitig ging nicht. Aber Alea senkte den Kopf und bat um Verzeihung für sein schlechtes Benehmen.

Magus Lucian hatte die Brauen gehoben. Großvater presste die Lippen zusammen. Die beiden tauschten einen Blick, und Großvater zuckte mit der Nase. "Fiammetta. Ihre Majestät hat einen Vorschlag."

Oh. Fiammetta griff sich zwei Handvoll ihres Kleides, und wandte sich Noctuola zu.

Diese lächelte. "Die Schule für die Magoi hat über den Sommer geschlossen, wie du weißt."

"Ja, Majestät?"

"Ohne andere Kinder wird es Alea sicher sehr langweilig hier. Hast du Lust, für ein paar Monate hier im Palast zu wohnen, um ihm Gesellschaft zu leisten?"

Fiammetta klatschte in die Hände. Was für eine Frage! Den ganzen Sommer in Noctuolas Nähe sein zu dürfen, und noch dazu jeden Tag jemanden zum Spielen zu haben. Die Ahnen mussten allesamt auf sie herunterlächeln. "Oh, bitte, Majestät. Bitte, Nonna?"

Großmutter schien nicht begeistert, denn sie schaute, als hätte sie gerade einen Fleck an ihrem Kleid entdeckt, aber sie nickte. "Dies ist eine sehr großzügige Einladung."

Ein Sommer im Palast. Alea und Fiammetta könnten Geheimgänge suchen oder –

"Der Magus Rixor Tarandone wird euch im Lesen und Schreiben unterweisen", sagte Magus Lucian.

Wie bitte? Fiammetta zog eine Schnute. So richtig Unterricht wie in einer Schule? Das war für Magoi, weil die außer anderen Magoi niemanden hatten, der ihnen etwas beibringen konnte, und für Kinder von armen Leuten, weil deren Eltern arbeiten mussten, und keine Zeit für so etwas hatten.

"Das ist eine einmalige Gelegenheit." Nonna schlug einen Ton an, der keinen Widerspruch duldete. "Nicht jedes Kind lernt bei einem Magus." Sie wackelte befehlend mit den Brauen.

Ach so. Fiammetta knickste. "Vielen Dank, Majestät. Edle Magoi."

Die Erwachsenen verabschiedeten sich voneinander, auf diese grauenhaft langatmige Weise, die den Großvater immer an Nonna störte. Fiammetta grinste Alea an, und er lächelte zurück. Nur ein bisschen, aber genug um zu sehen, dass er vorne keine Zahnlücke hatte.

 

Natürlich durfte Fiammetta nicht gleich im Palast übernachten. Mit dem Eselkarren fuhren sie zu dritt heim nach Pergulu. Nonna Ursina sprach in einem fort darüber, was für eine Ehre es war, und dass Fiammetta keinen Unsinn machen sollte, weil die Familie Pol-Salvan nach den Ereignissen vor sieben Jahren an Einfluss verloren hatte. Sippenhaft, schimpfte sie, und dass der alte König Solanus ein machtgieriger Unhold gewesen sei, der seinen frühen Tod mehr als verdient hatte. Aber davon sollte Fiammetta nichts im Palast verraten.

Fiammetta nickte zu allem und überlegte sich, welche Spielsachen sie einpacken wollte.

 

Am nächsten Tag brachte Großvater sie mit einer Truhe voller Kleider und einem Sack mit Spielzeug nach Altanida. Sie hatte einen Ball, ein Springseil, ihre einzige Puppe und ihre zwei Stoffesel eingepackt. Nonna hatte die Wachstafel mit dem Griffel dazugetan. Zum Lernen. Bäh.

Im Palast wurden sie von Magus Rixor in Empfang genommen, einem blassen Mann mit hüftlangen schwarzen Haaren. Er führte sie zu dem Gästezimmer, das Fiammetta bewohnen würde. Direkt neben Aleas, war das schön. Außerdem hatte sie ein eigenes Badezimmer, wie daheim.

Großvater half ihr beim Auspacken und verabschiedete sich mit einem Kuss auf ihre Stirn, weil er noch bei Licht nach Hause wollte. Somit blieb Fiammetta mit Magus Rixor alleine.

"Ich zeige dir jetzt, wo du und der Menschenjunge die Mahlzeiten einnehmt."

"Aber." Sie runzelte die Stirn. "Ich dachte, wir essen im Saal?"

"Kinder haben im Thronsaal nichts verloren." Der Magus sah zu ihr herunter. "Gestern war eine Ausnahme. Wissen die Ahnen, warum Ihre Majestät dem Magus Flavio so schmeicheln wollte, dass sie sogar dieses Balg zum Essen eingeladen hat."

Fiammetta musste blinzeln. Alea war so leise, der konnte unmöglich ein Balg sein. Nonna Ursina behauptete manchmal, dass Fiammetta eins war, wenn sie sich wirklich schlecht benahm. Aber. Sie ballte die Fäuste. "Dann kann ich die Königin überhaupt nicht treffen?"

Magus Rixor verdrehte die Augen, obwohl Nonna immer schimpfte, wenn sie Fiammetta dabei erwischte. "Die Königin hat Wichtigeres zu tun, als sich um dich zu kümmern. Und jetzt genug der Widerworte." Er wirbelte herum und eilte den Gang entlang.

Fiammetta streckte seinem Rücken die Zunge heraus bevor sie ihm folgte. Und zwar möglichst langsam, und mit schleifenden Schritten, damit er hörte, dass sie ihn nicht mochte. Sie erwartete nicht, dass die Königin sie hütete! Aber es konnte doch nicht sein, dass sie monatelang hier in Altanida lebte und Noctuola trotzdem nie zu Gesicht bekam. Irgendwie musste sie diese trüben Aussichten ändern.

Bloß durfte Rixor nichts davon wissen, weil er sonst wegen jeder Kleinigkeit petzen gehen würde.

 

Wenigstens traf Fiammetta Alea zum Abendessen. Unter der niedrigen Decke des Speisesaals der Magoischule saßen sie beide an einem Ende der langen Tafel, und Magus Rixor am anderen. Der Magus hatte die Brauen zusammengezogen, als wollte er eine Fliege in den steilen Falten auf seiner Stirn zerquetschen. Die Frau, die das Essen auftrug, sah ähnlich aus. Wahrscheinlich, weil sie den weiten Weg laufen musste, obwohl sie drei statt vierzig Leute zu bedienen hatte.

Außerdem lauschte Magus Rixor, also konnten Fiammetta und Alea nicht offen sprechen.

Das war einerseits nicht schwierig, weil Alea sowieso wenig sagte, andererseits grauenvoll schwierig, weil es hieß, dass Fiammetta nichts reden durfte. Stattdessen ließ sie ihre Füße unter dem Stuhl schwingen.

"Edle Fiammetta", schnarrte Magus Rixor.

Alea zog den Kopf ein, obwohl er nicht gemeint war.

Sie hielt inne und setzte ihr bestes unschuldiges Gesicht auf. Das, bei dem Großvater immer vergaß, dass er schimpfen wollte. "Ja, edler Magus?"

"Du machst Kratzer auf den Boden mit deinem Gezappel."

Ha. "Da sind schon ganz viele Kratzer auf dem Boden. Da kommt es auf einen mehr auch nicht an."

Aleas Blick sprang zwischen Fiammetta und dem Magus hin und her, als wäre der Magus ein wütendes Wildschwein.

"Du wirst trotzdem stillsitzen, Edle Fiammetta. Andernfalls werde ich der Königin berichten, wie ungezogen du bist."

Damit hatte er sie, der Blödian. Ganz, wie sie vermutet hatte. Fiammetta schnitt eine Grimasse, die er nicht sehen konnte, und löffelte dann weiter ihren Eintopf.

 

Nach dem Essen mussten sie beide auf ihre Zimmer. Weiter unten im Gang wachte ein Soldat mit einer Lanze, und einem Panzer aus schimmerndem Silberstahl. Bestimmt petzte der, wenn sie Alea besuchte.

Stattdessen lehnte sich Fiammetta weit aus ihrem Fenster. Das Zaubersiegel, das die Kälte aussperrte, strich über ihr Gesicht wie ein dünner Vorhang. Nicht so wie daheim, wo man durch ein Gefühl von Spinnweben musste. Keine zehn Schritte weiter rechts im Fels war die nächste Öffnung, die Alea gehören musste. "He", rief sie. "He, Alea!"

Es dauerte ewig, bis er seinen Kopf herausstreckte. "Selber he."

"Das ist so gemein, dass sie uns ins Bett schicken, obwohl es noch hell ist."

"Sie haben uns auf die Zimmer geschickt, nicht ins Bett." Dann kletterte er auf seine Fensterbank und ließ die Beine baumeln. Obwohl es noch zwei Stockwerke unter ihnen gab, bevor der Hang weniger steil wurde.

"Hast du keine Angst zu fallen?"

Er zuckte mit den Schultern. "Und wenn. Hast du keine Angst, dass der Magus Rixor dich schlägt, wenn du frech bist?"

Was? Fiammetta musste blinzeln. "Wieso sollte er mich deswegen hauen?"

"Aber ..." Alea runzelte die Stirn. "Wie erziehen dich deine Eltern denn sonst?"

"Ich habe keine Eltern mehr. Ich wohne bei meinen Großeltern", sagte Fiammetta. "Sie schicken mich früher ins Bett oder nehmen mir das Spielzeug weg oder lassen mich nicht draußen spielen. Und Nonna schimpft viel."

"Oh." Dann schwieg Alea, zog ein Bein an und schlang seine Arme darum. Oben am Himmel wurden die Wolkenränder rosa. "Ich habe kein Spielzeug."

Wie traurig. Wie langweilig. Fiammetta wollte ihn umarmen. "Ich kann dir was von meinem abgeben." Alles außer die Puppe, weil sie die von ihrer Mutter geerbt hatte.

Alea schüttelte den Kopf. "Nein. Das ist keine gute Idee. Der Meister – der Meister macht es nur kaputt, wenn er das nächste Mal wütend ist."

Dabei erweckte Alea den Eindruck, als könnte er manchmal ein Stofftier zum Kuscheln brauchen. Am liebsten, am liebsten hätte Fiammetta Magus Flavio die Puppe gegeben und Alea stattdessen behalten.

Sie holte Luft für einen aufmunternden Tonfall. "Weißt du was? Die Wolke da hinten schaut aus wie ein Hund."

Alea legte den Kopf schräg. "Meinst du nicht, dass es eher eine Ziege ist?"

Sie sahen die Wolken an bis es dunkel wurde.

 

Am Morgen weckte ein Gongschlag sie, und nach dem Frühstück – wieder in dem ansonsten verlassenen Saal der Magoischule – führte Magus Rixor sie in ein Schulzimmer. Eine Wand war dunkelgrün gestrichen und hatte Kreidespuren. Davor stand ein Schreibtisch, auf den setzte sich Rixor und winkte sie beide in die erste Reihe Pulte. Die Bank war zu groß für Fiammetta, ihre Füße reichten nicht bis auf den Boden.

"Kannst du lesen, Edle Fiammetta?"

"Ich kann alle Buchstaben, edler Magus." Für Wörter brauchte Fiammetta immer ein bisschen Zeit.

Er zuckte mit der Nase. "Und du?"

Alea straffte die Schultern. "Ich kann Centerrisch und Friedländisch lesen und schreiben, edler Magus."

Zwei Menschensprachen. Oh. "Die Königin hat gesagt, dass du ein kleiner Junge bist." Fiammetta stemmte die Fäuste in die Seiten. "Kleine Jungen können nicht lesen!"

"Ich bin neun." Alea lehnte sich von ihr weg. "Ist das klein?"

"Für Alben ist es klein." Magus Lucian lehnte in der Tür und hatte die Arme verschränkt. "Wir werden nicht so schnell erwachsen, aber wir leben auch länger."

Alea nickte. Natürlich antwortete er nicht, dafür hatte er rote Flecken auf den Wangen.

"Rixor, warum bringst du nicht ihnen beiden unsere Schrift bei, dann sind sie in etwa auf dem selben Ausgangspunkt."

„Sehr wohl, edler Magus.“ Rixor war jetzt genau so rot wie Alea.

Lucian verabschiedete sich.

Der Morgen verging erstaunlich schnell, weil Magus Rixor faul war, und Fiammetta die Arbeit überließ, Alea die Albenschrift beizubringen. Ab und zu schnauzte er sie an, weil sie einen Buchstaben nicht schön malte. Zu Aleas Malkünsten summte er, als wollte er seine Genehmigung erteilen.

Wenn Fiammetta nicht so viel zu tun gehabt hätte, dann wäre sie beleidigt gewesen, dass Alea das alles so schnell lernte.

 

Zu Mittag bekamen sie Brot und Käse. Anschließend schickte Magus Rixor sie zum Spielen nach draußen.

Sie fanden einen Garten mit Rosenbüschen im Westen von Altanida, wo sie sich hinter eine Hecke duckten und zwei Dienerinnen belauschten, die auf einer Treppe zu einem Balkon saßen und nähten. Die beiden kicherten. Eine stand auf, schob ihre Brüste mit den Händen hoch und stolzierte herum. "Ach", seufzte sie, "verzeih mir, edler Magus, aber ich glaube, deine Augen sind mir in den Ausschnitt gefallen."

Die andere krümmte sich vor Lachen und lief rot an.

"Ist das lustig?", flüsterte Alea.

"Nicht so richtig." Irgendwen verspotteten die beiden Frauen, aber wen? "Gehen wir weiter?"

Auf der Nordseite des Palasts gab es einen Bach, den Fiammetta auch von ihrem Fenster aus sehen konnte. An dem bauten sie einen Staudamm.

"Ist bei euch immer nur einen halben Tag Schule?", fragte Alea, als sie fertig waren, und die Füße in ihrem neuen Teich kühlten.

Fiammetta zuckte mit den Achseln. „Woher soll ich das wissen? Die jungen Magoi haben im Palast Unterricht, und für die Kinder von armen Leuten gibt es die Dorfschulen.“ Alle anderen Kinder lernten von ihren Verwandten. „Großvater setzt sich vormittags mit mir hin zum Lesen, für so ein, zwei Stunden. Nonna zwingt mich nachmittags zum Nähen und Spinnen und Weben, und erzählt mir nebenbei die Geschichten."

Alea sah in die Ferne. Auf der anderen Seite des Tals grasten Schafe. "Das ist so viel freie Zeit."

"Aber du kannst doch lesen und schreiben. Sogar in zwei Sprachen."

"Und rechnen, und ein bisschen reiten, und den Faustkampf, und einigermaßen zaubern. Ich übe gerade Blitze."

Was irgendwer mit Blitzen wollte, wusste Fiammetta nicht, aber Faustkampf? Sie rutschte näher. "Du hast wirklich gelernt, wie man sich richtig prügelt?"

Alea nickte.

"Kannst du es mir beibringen?"

Er lehnte sich nach hinten. "Wieso willst du es lernen? Du bist ein Mädchen."

Oh, der Blödmann. Fiammetta schöpfte eine Handvoll Wasser und spritzte ihn nass. "Mädchen sein ist langweilig! In den Geschichten sitzen die Mädchen bloß rum und nähen. Wenn sie nicht gerade heiraten oder in Gefahr sind. Wenn sie sich richtig prügeln könnten, dann müssten sie nicht immer gerettet werden." Sowieso passierte das immer Prinzessinnen und Königinnen wie Noctuola, und die belohnten hinterher die Helden.

"Stimmt", sagte Alea. "Das ist nicht gerecht, dass ihr Mädchen immer daheim bleiben müsst." Dann trat er nach Fiammetta. Eine riesige Welle schwappte über den gerafften Rock.

Der konnte was erleben! Sie sprang auf und zerrte ihn von seinem Stein in den Stausee.

Er gewann natürlich, weil er größer war, mit fünfmal gegen dreimal Tunken. Danach brach der Damm, und sie legten sich auf eine sonnenbeschienene Wiese zum Trocknen.

 

Irgendwann verschwand die Sonne hinter Altanida, es wurde kalt, also machten sie sich auf den Rückweg.

Eigentlich wollten sie sich in ihre Zimmer verdrücken und sich umziehen, bevor irgendwer merkte, dass ihre Kleider auf einmal zu viele Falten hatten, aber im Gang zu den Gästezimmern begegneten ihnen die Magoi Lucian und Flavio, vielleicht auf dem Weg in den Thronsaal zum Abendessen.

Magus Lucian hob die Brauen, lächelte aber ein bisschen, sodass seine türkisfarbenen Augen funkelten. "Ich sehe, ihr habt den Bach gefunden?"

Fiammetta grinste zurück. "Ja, edler Magus."

"Vielleicht solltet ihr das nächste Mal die Oberkleider ablegen, bevor ihr Schwimmen geht."

Ihre Ohren glühten. Wieso konnte er nicht einfach schimpfen wie andere Leute auch? Wieso musste er das lustig finden? "Jawohl, edler Magus."

"Ihr werdet bei den Dienerinnen für die zusätzliche Arbeit um Verzeihung bitten."

Daran hatte Fiammetta gar nicht gedacht. Sie nickte.

"Du wirst jetzt auf dein Zimmer gehen, Edle Fiammetta, und die nächsten Nachmittage drinnen verbringen. Ich schicke jemanden, die dir ein Bad einlässt. Und vielleicht auch für den jungen Mann?"

Magus Flavio hatte bislang stirnrunzelnd zugehört. Jetzt schüttelte er den Kopf. "Den nehme ich mir selbst vor." Er griff sich Aleas Arm, und zerrte ihn davon. Alea schien mit jedem Schritt zu schrumpfen.

Kurz darauf fiel eine Tür zu.

"Er verprügelt Alea, oder?" Fiammetta biss sich auf die Unterlippe. "Dabei habe ich angefangen."

"Ich glaube, das ist Magus Flavio völlig gleichgültig." Lucian legte seine langen Finger aneinander und tippte sich an die Lippen. Die vielen Ringe an seinen Händen hatte sie vorher gar nicht bemerkt. "Wenn überhaupt, sollte dies uns beweisen, dass Menschen sehr viel gröber und tierhafter sind als Alben. Sie würden aus ein wenig Anleitung Nutzen ziehen."

Fiammetta zuckte mit der Nase. Sie hatte viele Tiere gesehen, und sie wusste, wie Großvaters Hunde mit ihren Jungen umgingen. Schläge gehörten nicht dazu. Insofern könnte Magus Flavio mehr als ein wenig Hilfe brauchen. "Wieso leitest du ihn dann nicht an, edler Magus?"

"Politik", sagte Lucian.

Das war keine Antwort, aber der Magus sah über Fiammetta hinweg, und schien nicht geneigt, eine ausführliche Auskunft zu geben. Sie strich ihre zerknitterten Ärmel glatt. Schuldete sie Alea nicht wenigstens einen Grund, warum die Erwachsenen nicht eingriffen?

"Jetzt verschwinde schon." Lucian ruckte mit dem Kinn wie ein Huhn, das gleich nach ihr hacken würde.

"Ja, edler Magus." Aber sie lief besonders langsam, damit er noch länger bleiben musste und sich genauso schlecht fühlte wie sie.

 

Alea war nicht beim Abendessen und kam auch nicht ans Fenster, als Fiammetta ihn rief. Weil sie nicht ruhig sitzen konnte, wagte sie sich schließlich auf den Gang hinaus und hämmerte gegen Aleas Tür. Er antwortete nicht, aber nach einer Weile klopfte es dumpf. Genau so würde ein Kissen klingen, das Holz traf. Also lebte er wenigstens noch. Fiammetta wünschte ihm eine gute Besserung.

Beim Frühstück am Morgen redete er auch nicht mit ihr, und beim Unterricht schrieb er mit der linken Hand. Am Nachmittag musste er ein Buch in altem Centerrisch lesen, das Magus Flavio ihm gegeben hatte.

"Und was soll ich solange machen?", fragte Fiammetta Magus Rixor.

"Hast du keine Handarbeit mitgebracht?"

Dabei war es nicht mal Nonna eingefallen, ihr Nähsachen mitzugeben. "Handarbeiten sind langweilig, edler Magus."

"Du bist ein Mädchen." Magus Rixor starrte auf sie herunter, als sei sie eine besonders hässliche Wanze. "Die oberste Pflicht von Frauen und Mädchen ist, ihrer Familie ein Heim zu bieten und sie mit Kleidern zu versorgen."

Sie kniff die Augen zusammen.

Er schien davon nicht beeindruckt. "Warte." Kurz verschwand er nach draußen, und viel zu bald brachte eine Dienerin einen Bausch Wolle und eine Drehspindel.

Fiammetta seufzte. Aber Lucian hatte ihr verboten ins Freie zu gehen, und allein in ihrem Zimmer spielen wollte sie auch nicht. "Lies vor", befahl sie Alea. "Wenn ich hier schon arbeiten muss."

Es war ein Buch mit Reden, die irgendein Mensch vor langer Zeit gehalten hatte, weil ihm der Stellvertreter des Imperators nicht passte. Lange Sätze, bei denen man nachdenken musste, weil die Hälfte der Wörter fehlte. Wie konnte eine Sprache nur ohne das Wort "ich" auskommen?

Irgendwann klaute sich Alea Wolle und zwirbelte daran herum. Es war nicht gerecht, dass er nicht mal hinschauen musste, um einen gleichmäßigen Faden zustande zu bringen.

"Wieso kannst du alles?", fragte Fiammetta, als Alea zum zweiten Mal herüberlangte und sie damit durcheinander brachte.

Alea blinzelte sie an. "Ich kann gar nicht alles."

Sie schob ihre Unterlippe vor.

Magus Rixor sah von seinem eigenen Buch auf. Erst schien er nicht zu begreifen, worüber sie stritten, aber dann fiel sein Blick auf Aleas Wollfaden. "Handarbeiten? Bist du sicher, dass du kein Mädchen bist?"

Alea hielt den Kopf gesenkt. Wie immer verteidigte er sich nicht.

Rixor zuckte mit der Nase. "Ein verweichlichter Junge und ein Mädchen, das sich wie ein Raufbold benimmt. Wissen die Ahnen, warum ausgerechnet ich mit euch beiden geschlagen bin."

Hatte Alea nicht gesagt, dass er Blitze konnte? Fiammetta wackelte mit den Fingern, damit er dem Magus den Hintern versengte. Leider begriff Alea den Hinweis nicht.

Den Rest seiner Lektion las er nicht mehr vor, als hätte er plötzlich vor seiner eigenen Stimme Angst.

Fiammetta fing an, das Lied zu summen, mit dem Nonna die Ungeheuer unter dem Bett vertrieb, doch der Magus schnauzte sie an, dass gefälligst Stille zu herrschen habe, wenn er arbeitete.

 

An diesem Abend zeigte Alea sich, und wieder saß er da, mit den Beinen im Freien.

"Wieso kannst du alles?", fragte Fiammetta noch einmal.

"Wieso glaubst du, dass ich alles kann?"

"Du kannst dich schlagen, und spinnen und zwei Sprachen und rechnen und ..." Jetzt fiel ihr nichts mehr ein.

"Ich kann auch Kleider flicken", meinte Alea. "Der Meister hat mir das beigebracht."

"Ehrlich?" Fiammetta reckte den Hals. Der machte Witze. "Dabei ist das Mädchenarbeit."

"Spinnen vielleicht, aber Nähen nicht." Alea hob einen Mundwinkel. "In Centerre gibt es viele Schneider. Die verdienen einen Haufen Geld, sagt der Meister."

Hm. Männer mit kurzen Haaren, die freiwillig Nadeln in die Hand nahmen? Centerre war ein seltsamer Ort. "Musst du deine Sachen oft flicken?"

Alea zuckte mit den Achseln. "Manchmal bin ich sogar schnell genug, dass er nichts davon merkt."

"Verhaut er dich, wenn er es bemerkt?"

Eine kurze Pause, als müsste Alea nachzählen. "Nicht jedes Mal."

Das klang trotzdem nach mehr als der Hälfte, und das war viel. Fiammetta faltete ihre Hände. An einem Riss in ihrem linken Daumennagel hing immer noch eine Wollfaser. "Es tut mir leid. Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich keinen Kampf angefangen."

Wieder ein Schulterzucken. "Mit ein bisschen Pech hätte ihn etwas anderes gestört. Wenigstens hat es sich diesmal gelohnt."

Eine Weile betrachteten sie die Wolken. Bald würde es Regen geben, so tief und grau, wie sie über dem Tal hingen. Es roch feucht, wahrscheinlich schüttete es außerhalb des Banns.

"Wieso kannst du nun Wolle spinnen?"

Alea zog die Beine an und schlang seine Arme darum. "Manchmal bin ich krank."

"So wie gestern Abend, meinst du?"

"Hm." Als könnte er sich nicht dazu durchringen, zuzugeben, wie schlecht Magus Flavio ihn behandelte. "In Aquilium, da hatten wir eine Magd. Die hat gesponnen, um sich etwas dazuzuverdienen. Manchmal – manchmal hat sie sich mit ihrer Arbeit zu mir ins Zimmer gesetzt. Sie hat gesungen und erzählt, und als mir einmal langweilig war, meinte sie, dass ich mich genauso gut nützlich machen könnte." Er zupfte an seinem Hosensaum. "Irgendwann hat der Meister rausgefunden, dass sie mich verhätschelt, und sie fortgeschickt."

Wie traurig. "Dein Meister ist doof."

Alea musterte sie aus dem Augenwinkel, widersprach aber nicht.

"Wenn du nicht diesen seltsamen Namen hättest, würde bestimmt niemandem auffallen, dass du nicht so blöd bist wie andere Jungen."

"Ich kenne nicht so viele Kinder.“ Alea lächelte schief. „Ich weiß nicht, wie viele Jungs blöd sind."

"Die meisten." Fiammetta piekste in die Luft. "Vor allem, wenn sie mal älter sind als zehn. Dann heißt es, du bist aber ein Mädchen, du darfst nicht mitspielen. Die meisten Mädchen über zehn sind aber auch blöd.“ Die achteten viel zu sehr auf ihre Kleider, um lustig zu sein. „Also hast du nicht viel verpasst."

Alea schnaubte. "Du bist jedenfalls nicht blöd."

Oh, das war lieb. "Dankeschön." Sie warf ihm eine Kusshand zu, die er fing. Dann starrte er seine Hand an, als hätte es ihn überrascht, dass Fiammetta sich freute.

 

Es dauerte fünf Tage, bis Magus Flavios Wut verraucht war. Nachdem Alea das Buch mit den Reden fertig hatte, bekam er ein neues mit lehrreichen Tiergeschichten. Jeden Tag musste er eine Geschichte lesen und eine Zusammenfassung schreiben. Das ging schneller, als diese grauenhaft langweiligen Reden zu verstehen, deswegen hatte er wenigstens den halben Nachmittag frei. Jetzt endlich konnte er Fiammetta beibringen, wie man sich richtig prügelte.

Aber zuerst zog er sich um – Sachen, die dreckig werden durften. Fiammetta verordnete er das Gleiche.

Dann suchten sie sich eine Wiese. Das erste, was Fiammetta üben musste, war richtig hinzufallen. Nach vorne rechts, nach vorne links, nach hinten, bis ihr schwummrig wurde, und sie sich ausruhen musste.

Währenddessen übte Alea, aber er begnügte sich nicht damit, einfach hinzufallen, sondern er lief im Handstand, machte Sprünge und richtige Salti, wie die Tänzer an den Feiertagen.

"Muss ich das auch können?", fragte sie ihn. Mit Röcken durfte sie das alles doch gar nicht.

"Nein." Er plumpste neben ihr hin, dabei zerquetschte er eine Butterblume. "Ich hab mir das selber beigebracht. Falls –" Alea sah über seine Schulter, als befürchtete er, dass wer lauschte. "Falls der Meister mal nicht aufpasst, dann verschwinde ich, und suche mir eine Gauklertruppe, die mich aufnimmt."

Fiammetta nickte. Das klang nach einem guten Plan. Sie riss sich einen Grashalm ab, um darauf zu kauen. "Wenn ich mal groß bin, will ich Abenteuer erleben. So wie Saipius, der Held aus den Liedern. Stell dir mal vor. Wir könnten gefangene Prinzessinnen retten und böse Könige töten." Noctuola wäre begeistert.

"Du meinst, wir sollen zusammen abhauen?"

"Was? Nein." Fiammetta stupste ihn mit dem Halm. "Ich kann keine Kunststücke und noch nicht mal richtig schreiben. Aber ich könnte dich suchen kommen, wenn ich groß bin."

Alea runzelte die Stirn. "Wie denn?"

"Ganz einfach. Du lässt mir etwas da, das nach dir riecht." Den Rest flüsterte sie ihm ins Ohr.

"Ehrlich? Das kannst du?"

"Klar. Nur noch nicht so gut."

"Zeig es mir."

Fiammetta schüttelte den Kopf. "Dazu müssen wir aus dem Bann. Hier drin geht es nicht."

Er schnaubte. "Ausrede. Wusste ich es doch."

Sie verschränkte die Arme. "Wenn wir mal länger Zeit haben, gehen wir raus, und ich beweise es dir. Wollen wir wetten?"

Alea lehnte sich zurück. "Um was?"

"Wenn ich es kann, dann musst du eine lebendige Schnecke essen."

"Gut." Alea streckte die Hand aus. Sie schlug ein.

"Bis du eine Heldin sein kannst, brauchst du aber noch viel Übung."

Fiammetta verdrehte die Augen, und rappelte sich wieder auf.

 

"Weißt du, was ich mir überlegt habe?", sagte sie, als sie am Abend wieder aus dem Fenster sahen. "Wir sollten Anschleichen üben. In feindlichen Burgen braucht man das."

"Hm-hm."

Sie ließ Alea in Ruhe nachdenken, und klopfte solange einen Rhythmus auf die Fensterbank.

"Wahrscheinlich hast du recht. Du solltest es lernen, weil du nicht zaubern kannst. Aber an wen sollen wir uns anschleichen?“ Er rieb sich den linken Arm. „Ich kenne hier niemanden."

"Na, du kennst Königin Noctuola, Magus Lucian, ein paar Dienerinnen und Magus Rixor."

Alea hob eine Braue.

"Wahrscheinlich ist es am schwierigsten, der Königin und Magus Lucian hinterherzuschleichen." Obwohl Fiammetta viel gegeben hätte, um Noctuola wiederzusehen, war es wahrscheinlich nicht so gut, sich an sie heranzupirschen. Sie würde es übel nehmen, wenn sie es herausfand. "Da sind doch so viele Wächter, die auf die beiden aufpassen."

Alea nickte. Er hatte wieder rote Flecken auf den Wangen.

"Dienerinnen sind langweilig, weil wir sowieso wissen, wo sie hinwollen. Bleibt Magus Rixor. Dem geschieht es sowieso recht."

"Ein bisschen schon."

Ein bisschen? Na, Alea würde bald merken, dass Rixor es verdient hatte.

 

Also versteckten sie sich am nächsten Tag, nachdem Rixor sie Spielen geschickt hatte, in einem Seitengang, bis er aus dem Unterrichtszimmer kam. Er trug einen Korb, und lief so schnell, dass seine schwarze Robe raschelte. Alea lugte um die Ecke, dann winkte er Fiammetta heraus. Drinnen, hatte er gestern erklärt, brauchte man nicht auf Zehenspitzen gehen, aber man benötigte Schuhe mit weichen Sohlen, und Kleider, die nicht gestärkt waren. Also hatte Fiammetta ihre Röcke gerafft, damit sie sich nicht bewegten. Wenn sie Heldin war, würde sie Hosen haben wie Aleas, die machten weniger Geräusche und blieben nicht so oft hängen.

Sie hasteten von einer Deckung zur nächsten, bis sie erkannten, dass Rixor nach draußen wollte. Die Soldaten, die am Tor Wache hielten, achteten nicht auf sie, genau wie in den letzten Tagen auch.

Doch auf den Wiesen war es schwieriger, nicht entdeckt zu werden. Sie mussten Rixor viel Vorsprung lassen. Zu allem Überfluss regnete es; alle Berggipfel und die höchste Spitze von Altanida verschwanden in den Wolken. Geduckt blieben sie auf dem Trampelpfad, folgten dem Magus den Hang im Westen des Palasts hinab und dann ein Stück wieder den Berg hinauf. Es gab kaum Deckung, und so kauerten sie hinter einem Findling, während er immer weiterkletterte.

Schließlich erreichte der Magus den Waldrand, wo er sich bückte. Etwas blitzte. "Der schneidet irgendwas ab. Sammelt er Pilze?"

"Wahrscheinlich."

"Kannst du erkennen, welche?"

"Woher soll ich wissen, welche Pilze hier oben wachsen?"

Vom längeren Betrachten wurden sie auch nicht schlauer, Rixor war einfach zu weit weg. Die Nässe kroch in Fiammettas dünne Schuhe. Wenn bloß Alea ihr nicht verboten hätte, die Stiefel zu tragen.

"Manche Leute sammeln Pilze, um sie zu essen", meinte Alea irgendwann.

"Aber Rixor bekommt doch gekocht.“ Höchstens, „Die Magoi kauen Pilze, um bessere Visionen zu haben."

"Hm. Manche Menschen machen das auch."

"Und außerdem gibt es Giftpilze. Nonna hat mir verboten, allein Pilze zu sammeln. Manche sind tödlich, wenn man sie nur anfasst."

Alea wackelte mit dem Kopf. "Das können aber keine von der gefährlichen Sorte sein, sonst hätte er Handschuhe an." Er kratzte sich am Kinn. "Vielleicht will er eine Vision? Oder ein Heiler hat ihn geschickt?"

"Heiler sammeln ihre Kräuter immer selber." Rätsel über Rätsel. Fiammetta hatte nicht gedacht, dass Rixor wirklich etwas zu verbergen hatte. Außer vielleicht eine schlechte Singstimme. Die Ahnen wussten, dass man Sincera Orco mit ihrem Krächzen wunderbar aufziehen konnte. "Wir müssen später wiederkommen und schauen, was er da gesammelt hat."

Alea zuckte die Achseln. "Wenn du meinst."

"Wieso vertraust du ihm?"

"Er ist ein guter Lehrer", sagte er. "Du kannst viel besser lesen als am Anfang."

"Er ist gemein!"

Alea hielt ihr den Mund zu. "Nicht so gemein wie Meister Orso. Aber jetzt verkriechen wir uns und sind still, weil Magus Rixor nämlich auf dem Heimweg ist."

Fiammetta nickte. Woher wusste Alea das? Er hatte genauso wenig hingesehen wie sie.

Sie warteten, bis Rixor vorbeigegangen war. Mittlerweile hatte sich Fiammettas Kleid bis zu den Knien vollgesogen, und ihre Zöpfe tropften. Es erinnerte sie an die ertrunkene Ratte in der Regentonne – von der musste sie Alea nachher erzählen.

In sicherem Abstand stapften sie zurück zum Palast. Fiammetta wechselte das Kleid, holte ihren Ball, und sie suchten sich einen leeren Gang, wo sie niemanden störten, wenn sie spielten.

 

Der nächste Tag zog genauso trüb auf wie der Unterricht langweilig war. Magus Rixor hatte ihnen ein Stück Text über Haushaltsführung zum Lesen gegeben, doch was wollten Helden mit einem Haushalt? Helden lebten in Zelten oder Gasthäusern. Sie mussten sich keine Gedanken darüber machen, wie sie Kohl oder Äpfel einlagerten.

Irgendwann klopfte es, und Magus Lucian rief Rixor heraus.

Als die Tür zu war, malte Alea eine Linie mit vier Zacken auf seine Wachstafel. "Hast du dieses Zeichen schon mal gesehen?"

Fiammetta legte den Kopf schräg. "Wieso?"

"Ich hab davon geträumt. Wahrscheinlich ist es wichtig."

Hm. Fiammetta drehte die Tafel in jede Richtung, aber das half auch nichts. "Sieht ein bisschen aus wie eine Schlange. Aber bekannt kommt es mir nicht vor. Tut mir leid."

Da ging die Tür auf. Fiammetta schnappte sich die Tafel, um damit zu winken. "Magus Lucian!"

Der Magus hob die Brauen.

"Alea hat was geträumt, edler Magus, und weiß nicht, was es bedeutet."

Alea duckte sich, lief rot an, aber der Magus lächelte.

"Dein Meister hat nicht erzählt, dass du eine Sehergabe hast."

"Er meint, dass sie nicht besonders wichtig ist."

"Hm. Meint er das? Dabei beneide ich jeden, der mehr sieht als ich." Lucian setzte sich auf ihr Pult, während Magus Rixor sich an die Wand lehnte und die Arme verschränkte. Vielleicht war er beleidigt, dass Fiammetta nicht ihn gefragt hatte.

"Zuerst muss ich in Erfahrung bringen, ob ich dir helfen darf. Betrifft die Vorsehung dich, oder jemand anderen?"

Alea schrumpfte noch etwas mehr. "Mich, edler Magus."

"Gut. Wir Alben dürfen Weissagungen erst aussprechen, wenn die Person, für die sie gelten, uns darum gebeten hat. Zudem ist es Pflicht, sich so klar wie möglich auszudrücken. Andernfalls droht uns der Verlust unserer Sehergabe."

Alea nickte und linste Lucian durch seine Wimpern an.

"Lass dir bei Gelegenheit die Geschichte jenes Mannes erzählen, der dank einer schlechten Weissagung seinen Vater erschlug und seine Mutter heiratete. Aber da wir nun wissen, dass es um deine eigene Zukunft geht, kann ich vielleicht weiterhelfen. Möchtest du, dass ich helfe?" Ein Seitenblick zu Fiammetta. Magus Lucian presste seine Lippen aufeinander, als wollte er lächeln.

Wieso fand er Fiammetta immer lustig? Sie kniff die Augen zusammen.

Von Lucians Spott schien Alea nichts zu bemerken, er beachtete allein den Magus. "Es ist bloß ein Zeichen. Aber ich habe es noch nie gesehen, und weiß nicht, was es bedeutet."

"Hm. Darf ich es anschauen?" Lucian streckte die Hand aus. Dabei ähnelte er einem Tänzer. Als wüsste er jederzeit, wo alle seine Finger waren, und als wäre alles an der Bewegung geübt, sodass sie möglichst fließend wirkte. Seine vielen Ringe glitzerten.

Fiammetta reichte ihm die Wachstafel, aber besonders langsam.

Auch Lucian drehte sie hin und her. "Die heilige Schlange eurer Heiler windet sich drei Mal, nicht wahr?"

Wieder nickte Alea. Er ähnelte einem Hund, der auf einen Happen vom Tisch hoffte. Wie seltsam.

"Dann kann ich dir leider nicht weiterhelfen. Wir Alben bevorzugen üblicherweise Symbole ohne Kanten."

"Trotzdem vielen Dank, edler Magus", murmelte Alea.

Lucian gab ihm die Wachstafel zurück und erhob sich.

Da flog die Tür auf, die Königin selbst stolzierte herein. "Da bist du!" Sie zeigte mit einem Finger auf Magus Lucian.

Der verneigte sich, genauso Magus Rixor. Fiammetta zerrte Alea auf die Füße, damit sie Noctuola ebenfalls begrüßen konnten.

Die Königin hatte ein Lächeln für Fiammetta übrig. "Meine liebe Cousine. Die Herren Magoi. Leider muss ich Lucian entführen."

"Du bist die einzige, bei der ich mich nicht wehre, meine Königin."

Er bot ihr seinen Arm an, aber sie hängte sich bei ihm ein, was sonst nur unter Freundinnen üblich war. Ach, Fiammetta hätte die beiden stundenlang betrachten können. Noctuola in einem dunkelroten Kleid mit passenden Steinen in den Ohren, dazu der Magus in Schwarz mit den blonden Haaren. Warm und kalt, Herbst und Winter.

Fiammetta seufzte.

Alea schielte zu ihr herüber. Fand er die beiden auch so schön?

Dann löste sich Magus Rixor von seinem Platz an der Wand. "Setzt euch gefälligst wieder", blaffte er, und Fiammetta hatte keine Zeit mehr darüber nachzudenken.

 

Auch, als sie für den Nachmittag entlassen waren, regnete es. Trotzdem lief Fiammetta gleich nach draußen um herauszubringen, welche Pilze Rixor nun gesammelt hatte. Alea folgte ihr ohne Einspruch.

Sie wanderten eine Zeit lang, ohne etwas zu sagen, dann räusperte sich Alea. "Du findest den Magus auch hübsch, oder?"

Fiammetta musste nicht darüber nachdenken, wen Alea meinte. "Ich finde die Königin noch hübscher als Magus Lucian."

"Hm. Ich weiß nicht. Ich", Alea griff nach Fiammettas Arm, lehnte sich zu ihr, und flüsterte, "aber ich will lieber, dass er mich anlächelt statt der Königin."

"Ich will lieber von der Königin angelächelt werden." Fiammetta grinste. "Dann müssen wir uns nicht um die beiden streiten!"

"Aber", Alea runzelte die Stirn, als wollte er die Falten dort eingraben, "ist das nicht, ich meine. Eigentlich sollte ich doch die Königin hübscher als den Magus finden, oder?"

Sollte er? Fiammetta kratzte sich hinter dem Ohr. "Na ja. In den Geschichten heiratet die Prinzessin immer einen Mann, oder der Prinz heiratet ein Mädchen. Du kannst keinen Mann heiraten, und ich keine Frau ..." Würde Fiammetta eine Frau heiraten, wenn sie dürfte? Um Noctuola immer um sich zu haben? Aber noch war sie zu klein dafür. Solange musste sie sich anstrengen, damit Noctuola richtig von ihr beeindruckt war. "Ab und zu gibt es das. Da wohnen dann zwei Frauen oder zwei Männer zusammen. Der Mann, der unsere Schafe hütet, zum Beispiel." Sie zuckte mit den Achseln. "Das ist dann eben so. Meine Großeltern sagen Inversi zu so Leuten." Zu so Leuten wie Fiammetta. Darüber hatte sie noch nie nachgedacht.

Alea blinzelte. "Du meinst, dass das nicht schlimm ist?"

"Was?" Fiammetta schüttelte den Kopf. "Wieso sollte es schlimm sein?"

"Bei Männern, wenigstens?" Alea ließ sie los und schien nicht zu wissen, wo er hinschauen sollte. "In Aquilium, da lästern sie immer über Männer, die sich wie Frauen benehmen."

Jetzt begriff Fiammetta gar nichts mehr. "Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun?"

Alea zuckte die Achseln. "Ich verstehe es auch nicht so richtig."

"Ich meine, Männer tragen Hosen und Frauen Kleider, und umgekehrt geht nicht, und du hast den Magus Rixor gehört, was er von unseren Spinnkünsten hält. Aber was hat denn das damit zu tun, wen man heiraten will?"

"Hm." Alea kratzte sich am Hals. "Sie glauben vielleicht, dass alle Männer, die lieber Männer heiraten wollen, sich wie Frauen benehmen? Nur, weil sie lieber einen Mann wollen?"

Ach, bei den Ahnen. "Das ist Blödsinn", meinte sie. "Dass Frauen keine Hosen tragen dürfen, ist auch Blödsinn, aber eben Blödsinn, den alle glauben. Am besten machst du es so, wie meine Nonna immer sagt, wenn jemand mich aufziehen will: Du musst dir sagen, die sind neidisch. Und doof, weil sie lieber auf jemand anderem herumhacken, als zuzugeben, dass sie neidisch sind."

"Neidisch?" Alea hob eine Braue. "Weil sie vielleicht selber ein bisschen invers sind und es sich nicht eingestehen wollen?"

"Wahrscheinlich. Jedenfalls ist es nicht schlimm, hm?" Fiammetta hatte keine Ahnung, was Menschen so dachten, denn hier in Valtacité lästerte niemand deswegen über irgendwen anders. Sie holte Luft. "Wer als letztes den Waldrand erreicht, ist eine stinkige Socke."

Natürlich gewann Alea, aber höchstens mit zehn Schritten Vorsprung.

 

Sie schlenderten ein Stück zu der Stelle, wo Magus Rixor die Pilze gesammelt hatte. Unter einer Buche verrottete ein beindicker, heruntergefallener Ast. In seinem Schatten wuchsen noch zwei sehr kleine Fliegenpilze, die einen gelben statt eines roten Huts hatten.

"Die sind bestimmt nicht gesund", sagte Fiammetta.

„Hm.“ Alea ging in die Hocke, um die Punkte näher zu betrachten. "Die roten Fliegenpilze verursachen Visionen. Deswegen heißen sie so, weil Leute ohne Sehergabe sich fühlen, als würden sie fliegen."

"Und wenn man zu viel davon isst, stirbt man." Großvater hatte es ihr ausgemalt. Was man für Krämpfe bekam, wie man dann einschlief und nicht mehr aufwachte.

"Wahrscheinlich stirbt man auch, wenn man zu viele von denen hier isst."

Fiammetta rang die Hände. "Dann will Rixor doch jemanden umbringen?"

"Oder er hat sie für irgendwen anders gesammelt."

"Nein." Fiammetta riss Alea am Ärmel. "Für wen denn? Magus Lucian? Die Königin? Das würden die beiden nie tun."

Alea zuckte mit der Nase. "Aber vielleicht möchten er oder Magus Lucian eine Vorsehung haben?"

"Und wenn Rixor doch jemanden vergiften will?" War nicht König Solanus an Gift gestorben? Oh je. Fiammetta biss sich auf die freie Hand. "Bitte sag, dass er nicht die Königin ermorden will."

"Dafür müsste sie ziemlich viele Fliegenpilze essen, ohne es zu merken."

Fiammetta rüttelte an Aleas Hemd, aber er fiel nicht hin. Leider. "Und wenn Rixor einen Sud draus kocht? Wir müssen ihn noch besser beobachten."

Alea sah sie schief an, als zweifle er immer noch an Rixors Schuld, aber er ließ sich ohne weiteres zum Palast ziehen, um den Magus aufzuspüren. Doch alles Suchen war umsonst. Also befahl Alea, dass sie sich umziehen würden, damit Fiammetta das Fallen üben konnte.

Und das bei dem Regen. Bäh. Fiammetta wehrte sich nicht, weil sie nicht genau wusste, wie lange Alea noch zu Besuch sein würde, und außerdem wollte sie nicht, dass er sie für verweichlicht hielt. Echte Helden ließen sich nicht von schlechtem Wetter einschüchtern.

 

Am nächsten Morgen war der Himmel blau und alle Wolken hatten sich nach Osten verzogen.

Im Unterricht konnte Fiammetta kaum stillsitzen. Auch Magus Rixor zog die ganze Zeit vor ihnen Kreise, wie einer von Großvaters Hunden im Zwinger.

"Du kannst dein Pensum nach dem Abendessen lesen", sagte er beim Mittagsbrot zu Alea.

Der blinzelte zwei Mal, als traute er seinen Ohren nicht. "Vielen Dank, edler Magus."

Fiammetta hätte beinahe gequietscht. Rixor wollte lieber woanders sein. Das war die Gelegenheit, herauszufinden was er plante!

Sie zerrte Alea an die selbe Stelle wie vorgestern, um auf der Lauer zu liegen.

Er hatte die Stirn gerunzelt, und verlagerte immerzu sein Gewicht. "Sollen wir ihn wirklich verfolgen?"

"Du bist bloß dankbar, dass er uns den Nachmittag freigegeben hat."

Alea zuckte mit den Schultern.

Diesmal trug der Magus keinen Korb, als er einige Zeit nach ihnen aus dem Schulzimmer trat. Er wanderte vom Tor aus nach Westen um den Berg herum, bis er den Rosengarten erreichte.

Heute saßen drei Dienerinnen mit Näharbeiten draußen auf dem Balkon und unterhielten sich.

Der Magus nahm einen schmalen Durchgang zwischen den Büschen. Fiammetta kauerte sich so hin, dass sie durch ein Loch in der Hecke sehen konnte, und zog Alea neben sich. Über ihren Köpfen summten Bienen von Blüte zu Blüte. Es roch gut. Wie Noctuola.

Rixor stieg hoch in den Schatten, machte ein paar Bemerkungen über das Wetter, dass es noch länger heiß bleiben würde. Wo es Lavendel gab. Eine der Frauen verwies ihn nach Imanida, das nächste Dorf, dort zog jemand richtig wirksamen.

„Vielen Dank. Aber ich kann um den Umweg nicht böse sein. Ihr drei steht den Rosen ausnehmend gut zu Gesicht.“

Eine von ihnen kicherte. Wie auch immer. Mit Noctuola konnte es keine von den dreien aufnehmen, obwohl eine schöne schwarze Haare hatte, nicht so langweilige blonde wie die anderen beiden.

Magus Rixor schlenderte zum Eingang in den Palast.

"Halt", rief die Schwarzhaarige. "Edler Magus, dort geht es in die Gemächer der Königin."

"Dessen war ich mir bewusst. Aber ihr drei Schönen seid doch da herausgekommen?"

"Eben", sagte eine zweite. "Du aber nicht. Spürst du nicht das Siegel?"

Der Magus betastete den Stein. "Was für ein Beispiel herausragender Zauberkunst. Ich sehe, dass es keine Abkürzung gibt. Wenn ihr mich entschuldigen wollt?"

Die drei Frauen flöteten, dass sie sich über seinen nächsten Besuch freuen würden, doch die Schwarzhaarige schnitt eine Grimasse, sobald er sich umgedreht hatte. Rixor wirkte auch nicht sonderlich erfreut, als er die Treppe herunterstieg; er presste die Lippen zusammen. Und wieso hatte er keinen Korb, wenn er doch Lavendel sammeln wollte?

Heute mussten sie ihn unbedingt weiter auf den Fersen bleiben. Fiammetta wandte sich zu Alea, aber etwas kitzelte ihren Scheitel. Sie hob ihre Hand, um –

Blaues Flackern knisterte über sie hinweg. Fiammetta fiel auf ihren Hintern, es roch nach verbranntem Haar. "He!“, zischte sie. „Was war das, du Blödian?"

Der Kies knirschte unter schnellen Schritten. Gleich lehnte sich Magus Rixor über die Hecke. "Was geht hier vor?"

Fiammetta schaute von Alea zu Rixor und zurück und wäre am liebsten weggelaufen. Ach, hätte sie doch den Mund gehalten.

Eine der blonden Dienerinnen beugte sich ebenfalls zu ihr herunter. "Das arme Mädchen! Was hast du Mensch mit ihren Haaren angestellt?"

Alea stand auf. "Eine Biene. Sie hatte eine Biene im Haar und." Eine Handbewegung, die den gesamten Bann zu umfassen schien. "Ich wollte nicht, dass die Edle Fiammetta gestochen wird."

"Und deswegen ruinierst du einem Mädchen die Frisur!"

"Es tut mir leid", flüsterte Alea. Wie mutig er war, dass er nicht wegrannte.

"Bitte." Fiammetta kam auf die Füße und legte ihm eine Hand auf den Arm. Weil er nämlich tapfer für sie beide sein musste. "Du brauchst dich nicht bei denen entschuldigen. Es sind meine Haare, hm?"

Magus Rixor rieb sich die Nasenwurzel, aber Aleas Schultern sackten ein bisschen ab.

"Jedenfalls." Wenn sie frech genug war, vergaß Rixor vielleicht, dass sie sich versteckt hatten. "Ich will zuerst wissen, was der Schaden ist, bevor ich mich aufrege."

"Altkluges Balg", murmelte die Dienerin.

"Und was treibt ihr hier?", schnauzte Magus Rixor.

Oh-oh. Hatte nicht geklappt. Auf einmal waren Fiammettas Hände nass. Sie warf Alea einen Blick zu, damit er ihr half. Was taten sie denn hier?

Alea drückte den Rücken durch. "Wir wollten ein paar Rosen pflücken, edler Magus."

"Rosen." Rixor verzog die Nase.

"Für einen Zauber." Jetzt scharrte Alea mit der Stiefelspitze in der Erde, als sei es ihm doch peinlich. "Der verrät einem, wen man später heiratet."

Fiammetta nickte zur Bestätigung, obwohl sie Noctuola gar nicht heiraten konnte, und jemand anders kam nicht in Frage.

"Solche Zaubereien sind etwas für närrische Mädchen", sagte Rixor. "Und für dich, offensichtlich."

Alea zog den Kopf ein. Wie schaffte er es, so verlegen wegen etwas zu erscheinen, das gelogen war?

Die Dienerin seufzte. "Ich finde es süß. Aber solche Sprüche nützen meist nicht viel, Kinder. Ihr werdet darauf vertrauen müssen, dass eure Eltern euch passende Vorschläge machen."

"Ich habe keine Eltern", sagte Fiammetta.

"Ich auch nicht", fügte Alea hinzu.

"Ach, ihr Armen." Die Dienerin langte über die Hecke und wuschelte Fiammetta durchs Haar. Ein schwarzer Klumpen fiel zu Boden. War dies das Tierchen, das Alea getötet hatte?

Die Dienerin wandte sich ihm zu, doch anfassen schien sie ihn nicht zu wollen "Nun, junger Mensch, wen auch immer du später heiraten wirst, du solltest sicherstellen, dass du jener Dame nicht die Haare versengst."

Alea nickte, schaute aber nicht auf.

"Ähm." Fiammetta faltete die Hände. "Wenn es irgendwie geht, könnt ihr Magus Flavio nichts davon verraten? Wir haben ja nichts gestohlen, und meine Haare gehen den Magus nichts an. Bitte?"

Rixor zuckte mit der Nase.

Dann rieb Alea sich den rechten Arm. "Ich habe immer noch blaue Flecken." Andere Leute beschrieben einen Weg in diesem Tonfall; es war eine Auskunft, keine Bitte.

Die Dienerin zog die Brauen zusammen, während Magus Rixor sich zurücklehnte. "Geht schon." Er wedelte mit der Hand. "Bevor ich es mir anders überlege."

 

Fiammetta schleppte Alea mit auf ihr Zimmer. Dort drückte sie ihn einmal und hüpfte dann in ihr Badezimmer, um das Spiegelglas zu holen.

Von einer ruinierten Frisur wollte Fiammetta nicht sprechen. Nur dort, wo die Biene gesessen hatte, standen ihre Haare raspelkurz ab.

"Es ist nicht mehr so hübsch wie vorher." Alea hatte sich auf den Boden vor dem Bett gesetzt und umarmte seine angezogenen Beine, als wollte er sich verstecken.

"Pfft." Fiammetta betastete die Stelle. Wieso stach sie sich nicht an den Stoppeln? Ob sie alle ihre Haare abschneiden sollte? Aber gewiss würde irgendwer deswegen Nonna schreiben, und die würde sie von hier wegholen. "Weißt du was? Ich kann sie mit Öl ankleben und eine Strähne von weiter vorne drüberkämmen, dann fällt es nicht mehr auf. Sobald wir bei einem Festmahl eingeladen sind." Denn jeden Tag so einen Aufwand zu treiben, das kam nicht in Frage. Allein Noctuola verdiente das.

„Hm-hm.“

"Und überhaupt." Die Stelle war nicht viel größer als zwei Daumenabdrücke. "Deswegen haben die Erwachsenen sich aufgeregt?" Fiammetta ließ sich auf den Boden fallen. "Dabei ist das doch fast unmöglich, dass du nur die Biene und so wenige Haare erwischt hast."

Alea stützte sein Kinn auf ein Knie. "Meinst du?"

Fiammetta legte den Spiegel weg und sah Alea an. "Meine ich. Wie viele Leute können so gut mit einem Blitz zielen?"

"Ich weiß nicht."

"Sicher sind es ganz wenige."

Alea lächelte.

Wahrscheinlich sagte der Magus Flavio nie nette Sachen zu Alea. "Du kannst wirklich gut zielen. Und gut lügen kannst du auch." Dass Rixor die Sache mit den Rosen geglaubt hatte! "Vielleicht ist es sogar nützlich, dass du einen Mädchennamen hast."

Alea hob eine Braue.

"Alle glauben, dass Mädchen bloß für Hausarbeit taugen und dass sie hübsch sein wollen. Wenn die Leute denken, dass du dich wie ein Mädchen benimmst, kannst du sie umso besser hereinlegen!"

"Sie unterschätzen mich."

"Genau!"

Noch ein Lächeln. "Das ist sehr nützlich, stimmt."

Fiammetta nickte. "Wenn wir beide mal Helden sind, dann werden sie sich alle umgucken."

"Und wie." Alea stand auf, ohne Hände. "Wo wir dabei sind – du hast noch viel zu lernen."

Und dann zeigte er ihr, wie man Faustschläge austeilte.

 

Beim Abendessen rutschte Rixor auf seinem Stuhl herum. Dabei machte er bestimmt mehr Kratzer in den Boden als Fiammetta an ihrem ersten Abend.

Hinterher drückte er Alea das Buch mit den Fabeln in die Hand und schickte sie beide auf ihre Zimmer.

Alea schaute erst das Buch an, dann Rixor. "Edler Magus? Meister Orso sagte, dass ich nur unter Aufsicht lesen darf."

"Du wirst mit einem so wertvollen Stück vorsichtig umgehen, wie ich deinen Meister kenne."

"Gewiss, edler Magus." Alea duckte sich, aber ob das gelogen war, konnte Fiammetta nicht erraten. "Gute Nacht."

Fiammetta griff ihn am Ärmel um ihn hinauszuziehen, bis zu ihrer üblichen Abzweigung in einen unbeleuchteten Gang. "Der hat irgendwas vor."

"Ich weiß."

Endlich gab Alea zu, dass Rixor unehrliche Absichten hatte!

"Heute Mittag, als er das Siegel an der Gartentür untersucht hat, das hat mir auch nicht gefallen. Ich webe uns einen Tarnzauber."

Etwas prickelte, als hätte sich ein nasser Vorhang um sie beide gelegt. Wenn ein glitschiges Gefühl auf der Haut ihnen half, würde Fiammetta sich deswegen gewiss nicht beklagen.

Dann schwebte das Buch aus Aleas Händen nach oben, wie von einem Windstoß erfasst, und landete auf einem Sockel, wo sich wohl früher einmal eine Leuchtkugel befunden hatte. Dinge, die sich von allein bewegten! So etwas hatte Fiammetta noch nie gesehen, denn albische Magoi konnten so etwas nicht.

"Gib nicht so an", flüsterte sie.

Alea packte sie am Arm, als sie Magus Rixor folgten. Die Gänge schienen düsterer als sonst. Rixor, mit den dunklen Haaren und seiner schwarzen Robe, verschwand fast in den Schatten. An ein paar Abzweigungen hätte Fiammetta nicht weitergewusst; dort blieb Alea stehen, bevor er sie in die eine oder andere Richtung weiterzog. Wie ein Jagdhund auf einer Fährte. Hörte er Schritte, die Fiammetta nicht wahrnahm?

Sie passierten einige Wächter, die so ruhig über sie hinwegblickten, als wären Rixor und seine Schatten nie an ihnen vorbeigegangen. Einer säuberte seine Nägel mit einem Messer und achtete auf sonst nichts.

So gelangten sie in Teile des Palastes, die sie noch nicht erkundet hatten, bis sie den Thronsaal erreichten. Im orangefarbenem Abendlicht loderte der große Gong aus Silberstahl wie ein Drachenauge.

Fiammetta fühlte sich von allen Seiten beobachtet, doch der Diener, der die einzige Tafel im Saal mit einem Lappen wischte, schien sowohl für das Licht wie auch für Alea und sie blind.

Oben, gegenüber der Reihe Fenster nach außen, gab es eine Galerie, dort huschte eine Gestalt vor gelblichem Lampenschein.

Alea führte Fiammetta durch den Saal zu einem schmalen Eingang am anderen Ende und eine Wendelrampe empor. Sie stürmten einen wie von Gold erleuchteten Gang entlang. Etwas schepperte, als hätte jemand weit weg eine Schublade voller Besteck ausgekippt.

Sie rannten noch schneller.

Da saß ein Soldat an der Wand. Seine Augen waren so verdreht, dass man nur noch das Weiße sehen konnte. Vielleicht hatte sein Helm das Geräusch verursacht, als er zu Boden gesunken war.

Etwas weiter weg stand ein Tor offen.

Zuerst beugte Alea sich zu dem Wächter hinunter, griff an dessen Kehle. "Der lebt noch." Ein weiterer Griff, tiefer, und Alea zog ein Messer aus einer Scheide am Gürtel des Bewusstlosen.

Eine Waffe? Fiammetta verschränkte die Arme. "Wieso kriege ich kein Messer?"

Alea legte sich den Finger vor den Mund, kam auf die Füße und winkte Fiammetta durch das Tor. Der Gang dahinter setzte sich leicht ansteigend fort, die Tür zum ersten Zimmer links war aufgerissen.

Sie spähten hinein. Es duftete so sehr nach Blumen, dass Fiammetta beinahe niesen musste. Durchscheinende Vorhänge tauchten den Raum in weinrotes Licht. In das Bett hätten zehn Leute gepasst, auf dem Nachttisch lag eine dunkle Leuchtkugel. Magus Rixor hatte die pflaumenblaue Tagesdecke und ein Laken zurückgeschlagen, aus einem Gefäß in seiner Hand klopfte er ein feines Pulver, wie eine Köchin, die mit Zimt würzte.

Das war ein Einbruch. Auch wenn Fiammetta nicht wusste, wem das Zimmer gehörte. Aber warum musste man einen Soldaten ohnmächtig machen, um irgendetwas in fremden Betten zu verteilen? Unmöglich waren das gute Absichten.

"Was sollen wir jetzt tun?", hauchte Fiammetta.

Magus Rixor hielt inne. Schien zu lauschen, runzelte die Stirn. Stellte das Fässchen ab und langte an seinen Gürtel, wo ein Beutel hing, der so voll war, dass er sich beulte. Waffen?

Etwas glitt über ihre Haut wie Algen. Alea keuchte. Das glitschige Gefühl seines Zaubers verschwand.

Rixor sah Fiammetta an und runzelte die Stirn.

Keine Zeit für Pläne. Sie sprang mit einem Schrei auf seinen Rücken, umklammerte seinen Hals, hängte sich an ihn, trat nach dem Beutel.

Alea rief etwas.

Auf einmal ein Geräusch wie von Murmeln, die auf den Boden kullerten.

Rixor packte ihre Hand genau zwischen Fingern und Daumen. Autsch! Fiammetta musste ihren Griff lockern. Eine zweite riesige Hand an ihrem Oberarm, sie flog und landete auf dem Bett, rutschte bis zum Ende, schlug mit den Kopf an.

Etwas Warmes rann ihr über die Haut. Platzwunde?

Egal. Sie trat nach Rixors Bein, aber es half nichts, jetzt hatte er einen Arm um sie geschlungen und hielt ihr mit der anderen Hand den Mund zu. Er zwang sie, sich vor ihn zu stellen. Sie schlug nach hinten aus wie ein Esel, bohrte ihm ihre Fingernägel in die Haut, aber das schien ihn nicht zu stören.

Rixor wandte sich zu Alea. Der hielt sich am Türrahmen fest, sein Blick flackerte von Fiammetta zum Magus und zurück. Warum tat er denn nichts?

"Wenn du weißt, was gut für euch ist, dann kommst du jetzt hier herein, und schließt die Tür hinter dir."

Fiammetta versuchte den Kopf zu schütteln, und als das nicht ging, sagte sie, "Blitz." Es klang wie ein Keuchen. Nein. Auf einmal brach ihr der Schweiß aus.

Alea zögerte.

"Mach schon", knurrte Rixor.

Ein Schritt. "Du wirst ihr auch nichts tun?", fragte Alea.

"Ich werde nur dafür sorgen, dass ihr euch besser benehmt."

Alea trat von einem Fuß auf den anderen. Das konnte doch nicht sein, dass er sich auf so einen Plan einließ.

Fiammetta strampelte. "Hol Hilfe!" Aber sie hörte "m-mmmm". Magus Rixor würde ihnen die gelbgefleckten Pilze zu essen geben oder sie vergessen lassen, was geschehen war! Oder beides.

Alea machte einen zweiten Schritt, langte nach der Tür.

Die Leuchtkugel auf dem Nachttisch explodierte. Rixors Griff lockerte sich. Fiammetta warf sich herum. Bloß weg.

Ein Blitz knisterte, es roch verbrannt.

"Du kleine Ratte!" Rixor ließ sie los.

Der Magus war ein dunkler Schatten, der sich auf Alea stürzte. Seine Robe bauschte sich wie dunkle Schwingen.

Fiammetta erhaschte einen Zipfel und zerrte daran. Sie stemmte sich gegen das Fußende des Bettes, die Seide schnitt ihr in die Finger, riss.

Rixor stolperte, ruderte mit den Armen, und schlug hin. Mit seinen Händen fischte er nach einer seiner Murmeln.

Aber dann saß Alea ihm auf dem Rücken und hieb ihm mit dem Messerknauf an die Schläfe.

Der Magus bewegte sich nicht mehr.

Wieder Aleas Griff an die Kehle. "Der ist nur bewusstlos."

Ob er darüber enttäuscht oder erfreut war, hätte Fiammetta nicht raten wollen.

"Da sind Schnüre an den Vorhängen. Mach zwei los, damit wir ihn fesseln können."

Also lernte Fiammetta gleich noch, wie man jemandem richtig die Hände zusammenband. Obwohl Alea meinte, dass feuchtes Leder am besten dafür geeignet war.

Endlich führte er Fiammetta hinaus, und sie weckten den Soldaten auf. Der verriegelte das Tor, grunzte, dass sie hier bleiben sollten, und stakste davon.

Fiammetta lehnte sich gegen die Wand. Auf einmal zitterten ihre Beine, sie musste sich hinsetzen. Flau im Magen war ihr auch. Alea setzte sich daneben, und schlang ihr einen Arm um die Schultern.

"Du bist aber blass", sagte er.

"Ich. Er hätte uns bestimmt getötet!" Sie griff sich Aleas Hemd. "Ich hatte so eine Angst."

Alea rutschte noch ein bisschen näher. Er war warm. Schön. Sie sackte gegen ihn. "Du beschützt mich doch? Ja?"

"Wir beschützen uns gegenseitig." Sein Daumen beschrieb Kreise auf ihrem Oberarm. Immer eine Runde, dann Pause, dann fing er woanders wieder an. Eigentlich wollte sie die Augen zumachen, aber mit seinen Kreisen hinderte er sie daran.

Der Gong dröhnte. Jemand hieb dagegen, ding, ding, ding, bis das Metall kreischte und ganz Altanida zu wackeln schien. Fiammetta hielt sich die Ohren zu.

Wieder das Gefühl von nassem Stoff, und das Geräusch wurde leiser.

Irgendwann verhallte es. Plötzlich wimmelten Dutzende Leute um sie herum und redeten auf sie ein. Diener und Dienerinnen, Soldaten, Magus Lucian, die Königin mit aufgelöster Frisur und sogar Magus Flavio. Aleas Dämpfungszauber sperrte den Lärm aus. Als jemand ihm deswegen mit dem Finger drohte, schob er sein Kinn vor, wie ein Esel, der keine Lust auf etwas hatte.

Magus Flavio lief rot an. Wenn Fiammetta nicht aufpasste, würde er wieder Prügel austeilen.

Die anderen Erwachsenen tauschten ein paar Blicke, dann straffte Magus Lucian die Schultern und betrat Aleas Kreis. So, wie er das Gesicht verzog, ekelte er sich davor.

Seine schwarze Robe flüsterte, als er in die Hocke ging. Aus seinem Zopf ragten Haare. Ob er bereits im Bett gewesen war?

"Könnt ihr mir erzählen, was geschehen ist?"

"Eigentlich wollten wir Schleichen üben", fing Fiammetta an, "für wenn wir mal Helden sind. Aber dann – dann haben wir beobachtet, wie Rixor giftige Pilze gesammelt hat!"

Magus Lucian hob die Brauen.

"Gelbe Fliegenpilze", ergänzte Alea. "Und heute Nachmittag hat er versucht, über den Garten hier einzudringen."

Hier? Aber! "Wieso sagst du mir nicht, dass die Königin hier wohnt?"

Der Blödmann zuckte mit den Achseln. "Ich dachte, du merkst das? So viel Front nach Westen hat Altanida nicht."

Lucian lächelte.

Alea senkte den Kopf und sah ihn durch seine Wimpern hindurch an.

"Und, anstatt das Vernünftige zu tun, und einen Erwachsenen zu holen, seid ihr Magus Rixor gefolgt, um ihn festzunehmen." Die kleinen Fältchen um Magus Lucians Augen wurden noch ein bisschen tiefer.

Fiammetta nickte, während Alea von dem Lächeln zu benommen schien, um zu reagieren.

"Ich weiß nicht, ob ich euch für tapfer halten, oder euch für den Rest des Jahres Hausarrest verpassen soll. Für Dummheit sondergleichen. Hätte Rixor seine Waffen nicht verloren, hätte er euch sehr schaden können."

"Ich kann gut zielen", hauchte Alea.

"Hmm." Lucian neigte den Kopf. "Nur, weil wir weder Flammen noch Blitze schleudern können, sind wir nicht wehrlos, junger Mann."

"Ja." Alea räusperte sich. "Edler Magus."

"Ich denke, ich führe euch beide heute noch einem Heiler vor, und morgen werdet ihr dann mir, dem Hauptmann und der Königin alle Einzelheiten berichten."

"Gern, edler Magus."

Alea schaffte es nicht mal, zu nicken.

Dann strich Lucian Fiammetta die Haare glatt, und, nach einem Zögern, auch Alea. Ganz schnell. Sein Gesicht schien erstarrt, als dürfte er keine Gefühle zeigen.

"Lass den Zauber gehen, hm? Menschenmagie ist unsereinem nicht besonders angenehm."

Das Gefühl von feuchtem Stoff verschwand.

"Die beiden brauchen einen Heiler." Lucian winkte einen Soldaten. "Du wirst sie begleiten."

Der Mann verneigte sich, und bedeutete Fiammetta, sich ihm anzuschließen.

 

"Lucian hat mich vor dem Meister gerettet", flüsterte Alea, als sie auf einer Liege saßen und auf den Heiler warteten. Der Soldat war längst wieder verschwunden.

"Dabei – du weißt schon, dass das nichts werden könnte mit ihm", sagte Fiammetta. "Selbst wenn du groß wärst. Weil er dich nicht gern anfassen mag. Dein Zauber gerade hat sich angefühlt wie ein toter Fisch."

Alea seufzte.

Fiammetta tätschelte ihm die Schulter. "Irgendwann findest du bestimmt einen Menschen. Jemanden, der dich genauso gern anfassen will wie du ihn. Hm?"

Alea zog die Beine an, versteckte sein Gesicht, und fing an zu zittern. Obwohl er kein einziges Geräusch von sich gab, wusste sie, dass er weinte.

Ach je. So sehr konnte er doch nicht auf Magus Lucians Liebe gehofft haben?

Fiammetta rieb seinen Rücken, bis der Heiler eintraf.

Der Heiler fand natürlich Aleas blaue Flecken, und gab ihm eine Salbe, mit der er sie einreiben konnte. Fiammetta bekam ihre Platzwunde geflickt, dazu einen Amethyst, den sie in einem Beutel um den Hals tragen musste, und nachts unter ihr Kopfkissen legen sollte. Danach schickte der Heiler sie in ihre Zimmer. Die schwarzhaarige Dienerin von heute Mittag hatte schon ein Bad für Fiammetta eingelassen, und blieb, bis sie im Bett lag.

Magus Flavio tauchte glücklicherweise den ganzen Abend nicht mehr auf.

 

Aber er erschien, gemeinsam mit der Königin und dem Hauptmann, in dem Zimmer mit dem runden Tisch, wohin Lucian sie nach dem Frühstück am nächsten Tag führte. Solange die anderen Erwachsenen dabei waren, würde Alea nichts zustoßen.

Wie besprochen ließ Fiammetta ihn erzählen. Alea brauchte nicht so lange, weil er mehr Wörter kannte, außerdem sollten sie Magus Flavio nicht auf die Nase binden, dass sein Lehrling ihm irgendwann weglaufen würde, um ein Held zu sein. Fiammetta wollte wetten, dass sie sich verplappert hätte.

"Und dann haben wir den Wächter geweckt", sagte Alea schließlich. Er nahm seine Schultern zurück. "Wisst ihr, was Rixor mit dem Pulver wollte?"

"Leider nicht." Magus Lucian drehte seine beringte Hand in einer bedauernden Geste. "Er ist sehr verschwiegen."

Die Königin räusperte sich. "Euer Abenteuer war äußerst leichtsinnig. Ich denke, das begreift ihr?"

"Ja, Majestät." Alea wich ihrem Blick aus.

Fiammetta nickte. Viel war nicht passiert, aber im Kampf zwei gegen einen hätten echte Helden sicher keine Verletzungen davongetragen. Sie mussten noch viel üben.

"Ab morgen“, begann Magus Lucian, „wird einer meiner anderen Schüler eure Ausbildung überwachen."

Alea ließ den Kopf hängen.

"Außerhalb des Unterrichts werdet ihr die Zeit in euren Zimmern verbringen. Bis zum nächsten Vollmond."

Das waren noch etwa zehn Tage. Es hätte schlimmer kommen können. Fiammetta murmelte, "Vielen Dank, edler Magus", und Alea brummte etwas Ähnliches.

Noctuola erhob sich. "Trotzdem möchte ich mich erkenntlich zeigen." Sie öffnete eine Tasche an ihrem Gürtel, und holte zwei kurze Messer heraus. Die Klingen glänzten weiß, also bestanden sie aus Silberstahl. Eins hatte einen hellen, das andere einen dunklen Griff aus Holz. Dann winkte die Königin Fiammetta und Alea zu sich um den Tisch. "Ohne euch wären Magus Rixors Machenschaften wahrscheinlich erst viel später aufgefallen." Sie reichte das Messer mit dem helleren Griff Fiammetta, die es mit den Fingerspitzen nahm.

"Meiner Meinung nach braucht jede Frau einen verborgenen Stachel. Wenn ich mich richtig entsinne, sollte dieses hier in die Stiefel passen, die du so gern magst."

Fiammetta knickste. "Vielen, vielen Dank, Majestät."

Noctuola küsste sie auf die Stirn, und Fiammetta musste lächeln. Wie vorhergesehen hatte sie die Königin beeindruckt. Ein Kuss war sowieso viel besser als ein Abendessen. Um die Erinnerung zu bewahren, würde Fiammetta diese Stelle nie wieder waschen.

Alea bekam das andere Messer. "Für den ungewöhnlichen und rechtzeitigen Einsatz eines Knaufs. Wie du bewiesen hast, sollte ein Magus sich niemals allein auf seine Zaubereien verlassen."

Alea bedankte sich und fügte hinzu, dass er geehrt sei und ein so großzügiges Geschenk nicht verdiente. Als wollte er sich bei Noctuola einschmeicheln. Dabei runzelte Magus Lucian die Stirn. Fand er es falsch, dass Alea auch ein Messer hatte?

"Nun." Noctuola spitzte die Lippen, schaute von Lucian zu Magus Flavio und zurück. "Ich denke, es ist Zeit, dass ihr euren Stubenarrest antretet? Meine Herren...? Und wenn du so gut wärst, Lucian, diese beiden zu begleiten, damit sie unterwegs nicht vergessen, wohin sie gehen sollen."

 

Magus Lucian rauschte vor ihnen her zu den Gästezimmern.

"Entschuldigung, edler Magus?", keuchte Fiammetta. "Wieso willst du nicht, dass Alea ein Messer hat?"

Der Magus blieb stehen. "Das muss er mich selbst fragen."

Ohh. Fiammetta stieß Alea mit dem Ellenbogen an.

"Du hast eine Vision, edler Magus? Dieses Messer betreffend?" Alea zog den Kopf ein. "Darf ich sie hören, bitte?"

Magus Lucian seufzte. "Du wirst es in einigen Jahren gegen etwas tauschen, das du nicht verlieren und nur mit Mühe verstecken kannst."

Alea fuhr sich mit der linken Hand über das Gesicht. "Du schätzt das als einen schlechten Tausch, edler Magus?"

"Du wirst es als einen vollkommen notwendigen Tausch erachten." Der Magus lächelte. Trotzdem hatte er Falten auf der Stirn, als bemitleidete er Alea. "Wahrscheinlich hast du recht. Trotzdem tut es mir um dieses Stück Handwerkskunst leid. Silberstahl – Albensilber, wie ihr Menschen ihn nennt – ist sehr wertvoll."

Alea nickte, mit zusammengepressten Lippen. Ahnte er, dass Lucian einen Grund hatte, ihn zu bedauern? "Vielen Dank, edler Magus."

Später lehnten sie beide aus ihren Fenstern, um sich zu unterhalten. Alea ließ seine Beine nicht mehr baumeln, aber er verriet auch nicht, was er über Lucians Vision wusste. Fiammetta beschloss, nicht zu bohren, und fragte ihn lieber über Messer aus. Wie sie ihres am besten in ihren Stiefel tun sollte. Und ob Noctuola eines unter ihren Röcken herumtrug?

 

Es war nicht das letzte Mal, dass sie in diesem Sommer Stubenarrest haben sollten, und einmal lag Alea zwei Tage im Bett, weil er sich mit der Schnecke den Magen verdorben hatte. Aber es war das einzige Mal, dass Alea für eine Dummheit keine Prügel von seinem Meister bezog.

 

 

Fin?

Weiterlesen?

 

Albenbrut: Ein Bindender Eid

 

 

 

370 Seiten Gay/Queer Fantasy, erschienen bei dead soft

 

Sieben Jahre später. Eigentlich sollte Alea für seinen Meister nur eine Heilerin einschüchtern. Doch eine Vision seines eigenen Todes lenkt ihn ab, er macht einen Fehler, und die Heilerin stirbt. Meister Orso, der sich schon auf dem Thron wähnte, ist nicht erfreut. Außerdem lässt der König die Kriegsmagier vom Sonnenorden ermitteln: Das ist für Alea die Gelegenheit, Orso zu entkommen.

Dass er für den Sonnenorden zwangsverpflichtet wird, damit hat er nicht gerechnet. Seinen weiteren Fluchtplänen kommt der lichte Zauberer Tankred in die Quere, der mehr Anziehung auf Alea ausübt, als ihm lieb ist ...

 

Mehr Infos hier: http://carmilladewinter.com/albenbrut/

 

Mehr ist in Arbeit.

Dankeschön:

 

Iris – for being my enabler and plothole finder extraordinaire.

Der „echten“ Fiammetta für wertvolle Rückmeldungen, vor allem in Bezug auf Autoritätspersonen.

Meiner Frau Mama für das Korrektorat.

Kerstin K. für die Covergestaltung und den Scatterbrains-Baum.

Impressum

Texte: Carmilla DeWinter
Bildmaterialien: Carmilla DeWinter und Kerstin K.
Tag der Veröffentlichung: 23.11.2014

Alle Rechte vorbehalten

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