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Eine dieser Nächte...

Ich sollte eigentlich Schlafen, doch ich kann nicht. Wie könnte ich auch, wenn er direkt neben mir liegt? Tomi.

 

Wir kennen uns schon seit etlichen Jahren und er ist einer meiner besten Freunde. So jemand der wirklich jeden Scheiß mitmacht und keine Wette ausschlägt. Er kann über alles Lachen, auch über sich selbst und er schreckt nicht davor zurück jemandem zu helfen. Er hat so viele gute Eigenschaften, dass es vermutlich die ganze Nacht dauern würde, diese alle aufzuzählen und selbst dann würden mir noch welche einfallen. Ich meine, sogar Dinge die mich stören sollten, finde ich an ihm einfach nur süß.

 

Die Art wie er alles überstürzt, ganz ohne nachzudenken. Dieser kleine, fiese Wirbel, der ihn immer stört, aber den er einfach nicht weg bekommt. Das er ständig irgendwas vergisst und es sich dann meistens – oder eigentlich immer – von mir schnorrt. Das er einen immer unterbricht, wenn ihm was eingefallen ist, weil er es sonst wieder vergisst oder, wie jetzt, das leise, stetige Schnarchen, dass schon so vertraut klingt und mir so viel Sicherheit gibt.

 

Ich bin mir schon lange dessen bewusst, dass ich Hals über Kopf in ihn verknallt bin, doch bis jetzt hatte ich einfach noch nie den Mut aufbringen können es ihm zu sagen. Nicht das ich Angst hätte er könnte mich hassen – Ich weiß das er nicht einer von diesen Doppelmoral-Idioten ist, die den ganzen Tag gegen Schwule hetzen und sich dann in der Nacht Lesbenpornos reinziehen – aber ich habe Angst, dass er meine Gefühle nicht erwidert und das reicht schon um mich davon abzuhalten es ihm zu sagen.

 

Klar, wäre es besser wenn er es wüsste und ich kann mir gar nicht sicher sein, dass er nicht das gleiche für mich empfindet, solange ich es ihm nicht gesagt habe, aber das Risiko ist mir einfach zu groß. Bestimmt würde er mich nur mitleidig anlächeln und mir sagen, dass es ihm leid tut und er nicht das gleiche für mich empfindet. Danach würde unsere Freundschaft einfach nicht mehr die selbe sein – nicht etwa weil er sich unwohl fühlen würde, sondern aus Rücksicht auf mich.

 

Er würde mich nicht mehr – wegen einer blöden, aber tollen Wette – küssen. Er würde seine Brust nicht mehr am meinen Rücken drücken, wenn er mir Mathe erklärt. Er würde mir nicht mehr sagen das ich toll aussehe, wenn ich mal wieder total verzweifelt an meinen Klamotten rumzupfe. Er würde auch nicht mehr einfach durch meine Locken wuscheln. Er würde nichts mehr tun, dass mich auch nur in irgendeiner Weise denken lassen könnte, es wäre mehr. Alles natürlich nur um mir keine falschen Hoffnungen zu machen und das könnte ich ihm auch nicht vorwerfen, aber mir gefällt es, so wie es gerade ist, auch, wenn es nicht immer einfach ist, mir nichts anmerken zu lassen.

 

Um nichts in der Welt würde ich unsere Freundschaft ändern wollen, all diese kleinen, perfekten Momente einfach daraus verbannen. Ich weiß, dass ihm das auch schwer fallen würde, immerhin ist das schon seit Ewigkeiten die Art wie wir miteinander umgehen und von Heute auf Morgen alles umzukrempeln ist schier unmöglich und doch würde er sich weiter bemühen. Selbst wenn ich ihm dann sagen würde, dass das alles gar nicht nötig ist, würde er weitermachen, ständig auf mich Rücksicht nehmen und nie etwas unüberlegtes in meiner Nähe tun.

 

Nein, dass will ich auf gar keinen Fall. Stattdessen bin ich einfach glücklich, so wie es jetzt ist. Natürlich wäre es mir lieber eine Chance zu bekommen, ihn – ganz ohne den Vorwand einer Wette – zu Küssen oder mit ihm zu kuscheln ohne so zu tun als würde ich Schlafen, aber im Grunde ist dass was ich jetzt habe nicht schlecht und das aufzugeben wäre dumm. Lieber begnüge ich mich damit in Nächten wie dieser, seine Hand zu halten. Er weiß nichts davon und ich kann die letzten Stunden der Nacht damit verbringen, davon zu träumen, wie es wäre das auch in der Öffentlichkeit zu tun.

 

Lächelnd rücke ich etwas näher an ihn und so langsam fallen mir doch die Augen zu.

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Tag der Veröffentlichung: 21.11.2015

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